Once upon a time, there were three little pumpkins sitting in a pumpkin patch... von WeißeWölfinLarka ================================================================================ Orangene Riesenbeeren --------------------- „Das ist doch eine amerikanische Tradition. Warum musst du da unbedingt mitmachen?“ „Weil es Spaß macht, Kai! Max sagt, er macht das jedes Jahr mit seiner Mutter, wenn er in den Staaten ist, und jetzt freut er sich umso mehr, weil er als großer Bruder Charlotte mit seinen Schnitzkünsten beeindrucken kann.“ Kai seufzte und nahm sein Schicksal ergeben an. Er hätte sich ein besseres Date vorstellen können, aber er nahm Takaos Hand und steckte sie in die tiefen, warmen Taschen seines Mantels. „Schon gut. Und was genau schwebt dir jetzt vor?“ „Wir gehen auf dieses Feld und suchen uns die schönsten Kürbisse aus. Und zuhause schneiden wir lustige Grimassen rein.“ „Hauptsache dein Opa kriegt keinen Herzinfarkt, wenn er sie sieht.“ Takao rollte mit seinen Augen: „Du wieder.“   Er drängte Kai voran. Die Fahrt nach Yumenoshima ins Tropenhaus dauerte knapp eine halbe Stunde. Und während Kai das Auto führte, hatte Takao ihm freudestrahlend von all den verschiedenen Pflanzen erzählt, über 1000 verschiedene Spezies, die es dort zu betrachten gab, und neben den Kürbissen, weshalb sie überhaupt dorthin wollten, freute sich Takao besonders auf den Dom mit Pflanzen aus dem Regenwald und dem Wasserfall.   Wenn Kai es sich genauer überlegte, war das doch ein guter Ort für ein Date: Takao strahlte über das ganze Gesicht und diese summende Vorfreude auf das große Gewächshaus übertrug sich auch auf Kai. „Wusstest du, dass der tropische Dom die größte Orchideen-Sammlung im Land hat?“ „Nein, das wusste ich nicht.“ An der Schwelle zum Botanischen Garten zahlte Kai den obligatorischen Eingang und ließ es sich nicht nehmen, eine etwas größere Spende in den Spendentopf zu werfen. „Und wusstest du, dass Orchideen zu den ältesten Blütenpflanzen der Welt gehören? Weil man überall auf der ganzen Welt verschiedene Arten gefunden haben, gehen die Botaniker davon aus, dass es schon Orchideen gab, bevor sich die Kontinente getrennt haben! Du weißt schon, Pangaea und so!“ Kai schmunzelte und lief neben Takao her. Er wollte nach seiner Hand greifen, aber wie immer, wenn der World Champion über etwas sprach, was sein Herz berührte, gestikulierte er so wild in der Gegend herum, dass es zwecklos war, ihn in irgendeiner Form einfangen zu wollen. Stattdessen ließ sich Kai von Takaos Wissbegier und guten Laune anstecken. „Da hat aber jemand seine Hausaufgaben sehr gründlich gemacht.“ Takao drehte sich zu ihm um. Das Funkeln in seinen Augen ließ Kais Herz höher schlagen. Je länger er in Takaos Augen sah, desto leichter und sorgloser fühlte er sich. „Es gibt mehr Arten als Säugetiere und Vögel auf der Welt, Kai!“ Dessen linke Augenbraue wanderte erstaunt nach oben. Er biss sich in die Unterlippe bei dem Versuch, sein Lächeln im Zaum zu halten. „Über 25.000 Arten von Orchideen, Kai! Kannst du dir das vorstellen?“ „Kaum.“ Takaos Begeisterung war berauschend und ansteckend zugleich. In Kais Brust breitete sich eine Wärme aus, die seinen ganzen Körper ergriff. „Und wusstest du, dass manche Gattungen sich sogar asexuell vermehren? Die Phalaenopsis zum Beispiel bildet einfach kleine Triebe, die man Keiki nennt, und aus denen werden Ableger und wenn man sie umpflanzt, hat man ganz einfach eine neue Orchidee! Ist das nicht großartig?!“ Takaos Stimme war so laut, als wollte er seine Begeisterung und die schiere Informationsflut mit der ganzen Welt – oder zumindest mit den übrigen Besuchern des Botanischen Gartens – teilen. Sonst war Kai das häufig unangenehm, wenn Takao durch seine Lautstärke auffiel, aber jetzt durchflutete ihn einfach nur ein wohliges Gefühl von Stolz. Sein Freund musste sich unglaublich zum Thema belesen haben, und das zeigte Kai ein weiteres Mal, wieviel Ehrgeiz in Takao steckte: Wenn er von etwas überzeugt war, wenn er sich aus tiefstem Herzen für etwas interessierte, sammelte er alle Informationen zu diesem einen Thema und sog sie wie ein Schwamm auf – auch wenn es hieß, mehrere dicke Wälzer an Büchern mit lateinischen Fachtermini zu lesen. „Ich sehe schon: Wir schauen uns jetzt zuerst die Orchideen an – und gehen danach zum Kürbisfeld.“ Auf dem Weg zum mittleren Dom, in dem die tropischen Pflanzen gezüchtet wurden, lagen bereits unterschiedlich große Geisterkürbisse verteilt. Einige davon sahen aus, als würden sie hundert Kilogramm wiegen. Ein großes Plakat kündigte zudem eine spektakuläre Halloweenparty für groß und Klein an – und einen „Carve your own pumpkin“-Kurs. „Geh doch schon mal vor. Ich melde uns zum Kürbisschnitzen an“, meinte Kai und richtete Takaos wetterfeste Jacke.     Sie hatten lange im Tropenhaus verbracht. Es war so stickig und schwül, dass Kai seinen Mantel und seinen Schal abgenommen hatte, aber Takao war voll in seinem Element und Kai brachte es nicht übers Herz, ihn zu unterbrechen. „... und die Phalaenopsis ist die beliebteste. Orchideen können bis zu hundert Jahre alt werden! Und mit der richtigen Pflege kannst auch du dir eine halten!“ „Hey!“ Kai stieß seinen Frechdachs mit der Schulter an. Trotz der Zuversicht hatte Kai einfach einen zu braunen Daumen, als dass er sich an den Besitz einer Orchidee wagen würde. Takao grinste zurück. „Außerdem sind die Blüten von Orchideen symmetrisch angelegt, genauso wie das menschliche Gesicht! Und... oh…” Takao stoppte. Er hatte gesehen, wie Kai verstohlen auf seine Uhr schaute. „Tut mir leid. Ich wollte dich nicht langweilen.” Kai blickte überrascht zu ihm, der in die Höhen des Kuppeldachs hineinsah. Schnell beeilte er sich, die kurze Distanz zu überbrücken, schlang seine Arme von hinten um die schmalen Hüften vor sich und legte sein Kinn auf Takaos Schulter. „Niemals. Aber wenn du dir noch den perfekten Kürbis aussuchen willst und wir pünktlich zu diesem Schnitzkurs erscheinen wollen, müssen wir jetzt gehen.“ „Oh!“ Bevor Kai sich von ihm löste, spürte Takao die sanfte Berührung von Lippen an seiner Wange. Er lächelte. Als sie das Gewächshaus verließen, traf sie ein Schlag kalter Luft wie aus dem Nichts. Das war ein deutlicher Temperaturunterschied zum fast schon warmen Nachmittag im spätherbstlichen Sonnenlicht – und dem feuchtwarmen Klima im Tropenhaus sowieso. Kai schüttelte sich und warf sich den Mantel rasch wieder über. Takao bückte sich, hob seinen Schal vom Boden auf, schlug ihn einmal aus und wickelte ihn um Kais Hals. „Komm!“ Der Jüngere hielt Kai die Hand hin und zog ihn flotten Schrittes zum Kürbisfeld. „Lass uns drei Stück aussuchen. Einen für dich, einen für mich – und einen schnitzen wir gemeinsam!“ „So viel schaffen wir doch gar nicht!“ „Griesgräme nicht herum, sondern mach dich an die Arbeit!“ „Du bist ein ganz schöner Kommandierstengel geworden, Takao!“ „Ich hab halt vom Besten gelernt!“, gab Takao keck zurück und erntete ein nur gespielt genervtes Augenverdrehen. Gelöst folgte Kai ihm, während er über das Feld schritt und sich kopfgroße Kürbisse ansah, ein paar aufhob und wieder absetzte (und andere gar nicht erst hochhieven konnte). „Der ist perfekt!“, verkündete er dann und drückte Kai einen weißlichen Kürbis in die Arme. Kurz darauf fand er einen weiteren, der seinen Kriterien entsprach. „Hey, den letzten will ich aussuchen!“, unterbrach Kai Takaos Suche und stapfte an ihm vorbei. Er entschied sich für einen breiten, klobigen Halloweenkürbis, der allen amerikanischen Klischees entsprach. „Den darfst du aushöhlen. Und jetzt los zum Kurs, sonst war’s das!“ Kai hatte das Gewicht unterschätzt, und deshalb trug nun er seinen gewählten Kürbis, während Takao die zwei etwas kleineren stolz zu ihrem Arbeitsplatz des Hobbykurses trug. Es waren auch einige Kinder mit ihren Eltern anwesend. Die erste Warnung ging vor allem an die Kinder, da sie mit Messern und scharfen Schnitzwerkzeugen arbeiten würden. „Arbeitet sorgfältig und nicht zu schnell – wir wollen ja nicht, dass ihr vielleicht einen Finger verliert!“ „Takao, die meint dich!“, zischte Kai ihm grinsend zu. Verhalten antwortete dieser, indem er Kai die Zunge herausstreckte. Nach der Einweisung in die Gerätschaften fingen beide mit ihrem Kürbis an. Takao öffnete seinen, indem er eine runde Form um den Stiel herum schnitt und den Kürbis aushöhlte. Während er das Fruchtfleisch entfernte, hatte Kai den Schritt übersprungen und war bereit dabei, eine gruselige Fratze auf die orangenen Rundungen zu zeichnen. „Du machst das falsch!“, neckte Takao ihn. „Ich mach das in der Reihenfolge, wie ich das will!“ „Hm... rebellisch!“ „Mhm-mhm... und du liebst rebellisch.“ Takao setzte zu einer Antwort an, aber Kais konzentrierter Blick ließ ihn eine schlagfertige Retorte vergessen.   Nach etwa einer Stunde friedlicher, sorgfältiger Arbeit war der Kurs leider schon vorbei und ihr dritter Kürbis noch gänzlich unbehandelt. „Den machen wir zuhause. Zur Not kannst du ja auch mit deinem Kendo-Schwert Hand anlegen.“ Zufrieden drehte Kai sich auf seinem Hocker zu Takao, der ihn unbeeindruckt ansah. „Das ist aus Holz...“ „Und...?“ Diesmal war es Takao, der auf das freche Grinsen wortlos seufzte. Sie verließen den Arbeitsplatz neben dem Kürbisfeld. Es dunkelte schon. Takao trug sein Meisterwerk selbst. Kai legte die anderen beiden Kürbisse auf eine Bank. Er wollte rasch nachsehen, wo er das Auto geparkt hatte. In weiser Voraussicht hatte er sich nämlich den Standort an sich selbst geschickt. „Gut, ich weiß wieder, wo wir hin müssen, wir...“ „Schau mal, wir können die auch als Masken tragen!“ „Was zum...?!“ Takao taumelte etwas schwerfällig neben ihn, sein Lachen klang hohl. Auf seinen Schultern thronte statt des fröhlichen Pferdeschwanzes mit Käppi eine riesengroße, feuerorangene Fratze. Kai kriegte fast einen Herzinfarkt. „Wie gefalle ich dir?“ „Du liebe Zeit...“, nuschelte Kai, dessen Herzrasen nur langsam abebbte. „Komm, setz das Ding ab, du hast nachher die ganzen Kerne und die Fasern im Haar – und das landet dann alles in meinem Auto!“ „Spielverderber...“, maulte Takao. „Äh...“ „Was ist jetzt?“, fragte Kai, die Augen am Display seines Handys festgeklebt, weil seine Kompassnadel verrückt spielte und er sich deshalb selbst im Kreis drehte. „Ich... ich kriegs nicht ab...“ Jetzt sah Kai auf: „Nicht dein Ernst!“ Takaos nervöses Lachen echote durch den Kürbis. Er drückte mit den Händen von unten gegen die Seiten, schaffte es aber nicht, sich zu befreien. „Hilf mir!“ Etwas unwirsch zog jetzt Kai an dem Stengel. „Aua! Au! Meine Nase! Mein Ohr!“ „Halt doch still!“ „Au! Sei doch sanfter! Und mach den Kürbis nicht kaputt!“ Welchen Fortschritt auch immer Kai mit seiner rabiaten Art geschaffen hatte, löste sich jetzt in Wohlgefallen auf, als er die Hände von ihm abließ. Er stieß geräuschlos einen großen Schwall Luft aus. Dann bugsierte er Takao auf die Bank, auf der ihre Schätze bereits lagerten. „Okay, du schiebst jetzt von unten, und zwar so, dass du dir nicht weh tust, und ich helfe vorsichtig von oben nach, okay?“ „Okay...“ Kam es Kai nur so vor, oder schniefte Takao wirklich? „Du kannst manchmal so ein Depp sein, ehrlich...“ Nach mehreren Anläufen und mit vereinten Kräften schafften sie es schließlich, Takao zu befreien. „Na also!“, rief Kai aus. Hämisch thronte der bösartige Kürbis noch auf Takaos Hinterkopf und schien sie beide auszulachen. Vorsichtig zupfte Kai einzelne Fruchtfleischfäden aus Takaos Haaren, während er den Kopf schüttelte. Takao biss sich auf die Unterlippe. „Mach doch nicht immer so einen Blödsi-“ Oh. Kais Lider wurden weich und er neigte sich den sanften Lippen entgegen. Den ganzen Nachmittag hatte er sich danach verzehrt, Takao zu küssen. Und endlich... Er brummte unzufrieden, als Takao sich von ihm löste. „Lass uns nach Hause gehen. Ich will mich ordentlich bei dir bedanken.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)