Zum Inhalt der Seite

Hand Overs

Seto x Duke
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
… in dem Tea sich ungeschickt anstellt, aber trotzdem Erfolg hat, Duke einfach nur nach Hause will und Seto die Ärmel hochkrempelt.

Viel Spaß! :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Bitte fragt mich nicht, wie bestimmte Dinge hier bewegungsphysikalisch funktionieren. Nehmt es, wie es ist, und freut euch einfach drüber 🙃 XD
Viel Spaß! Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
So, das hat doch ein wenig länger gedauert als erwartet, aber hinter mir liegen ein paar stressige Wochen und Wochenenden (gerade für mich als eingefleischten Routinier und Zuhausebleiber), die mich vom Schreiben abgehalten haben. 🙃
Dafür gibt es jetzt den versprochenen Kitsch. Nur für euch (und für mich) extra dick aufgetragen <3 Ich hoffe, es ist nicht zu schlimm, auf eine grenzwertige Weise trotzdem noch glaubhaft und gefällt!

Enjoy! :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Yay, letztes Kapitel, Freunde! :D
Ich bin echt überglücklich und ein bisschen stolz, dass ich trotz der widrigen Umstände in letzter Zeit hiermit meine erste „richtige“ Mehr-Kapitel-Fanfic abschließen kann. Auch Hand Overs hat mich ja nun eine Weile begleitet, wenn auch bei weitem nicht so lange wie Common Ground. ;)
Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen! Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

A little mystery

Tea Gardner wusste, wie man ein Geheimnis aufdeckt.

Nur wenige wussten von ihrer heimlichen Liebe, die sie in der sechsten Klasse gepackt und seitdem nicht mehr losgelassen hatte: Detektivgeschichten. Miss Marple, Hercule Poirot, Sherlock Holmes, Detektiv Conan – sie hatte sie alle regelrecht verschlungen, immer mit der Ambition, das Rätsel noch vor dem jeweiligen Meisterdetektiv zu lösen. Die jahrelange, wiederholte Lektüre der zahlreichen Fälle hatte auch ihr eigenes untrügliches Auge für Details geschult, das sich jedoch im wahren Leben oft genug als Fluch und Segen zugleich entpuppte. Segen, wenn sie im Bühnenbild oder den Kostümen ihrer Theater-AG Ungenauigkeiten entdeckte, die anderen entgangen waren, Fluch, weil sie keinen Film und keine Serie anschauen konnte, ohne Folge- und Schnittfehler zu entdecken, die sie immer wieder aus der Illusion rissen. Fluch auch dann, wenn sie mit einem Blick erkannte, dass die teure, neue Handtasche einer Freundin eine, wenn auch sehr gut gemachte, Fälschung war und besagte Freundin einen ganzen Nachmittag lang beleidigt schmollte, bis sie zugeben musste, dass Tea nicht einfach nur neidisch war, sondern recht hatte.

An einem ganz normalen Donnerstagvormittag sprang ihr im Matheunterricht einmal mehr eine eigentlich unscheinbare Kleinigkeit ins Auge. Zu Beginn jeder Stunde rief ihr Mathe-Lehrer einen Schüler nach vorn an die Tafel, um die Hausaufgaben sowie zwei bis drei weitere Aufgaben im aktuellen Themengebiet von ihm oder ihr vorrechnen zu lassen und das Ergebnis zu benoten. Den Auswahlprozess für das unschuldige Opfer zog er dabei jedes Mal unangenehm in die Länge und schien die Nervosität und Anspannung seiner Schüler regelrecht zu genießen, sodass in der Klasse schon lange die Mär über seine sadistische Ader die Runde machte. Als er schließlich nach über einer Minute qualvoller Stille Kaiba aufrief, ging ein nicht hör-, aber doch spürbares Aufatmen durch die Reihen der restlichen Schüler. Widerwillig klappte der Firmenchef seinen Laptop zu, schritt gelangweilt nach vorn und begann mit dem Rücken zur Klasse die Aufgaben an der Tafel zu notieren, die der Lehrer ihm ansagte. Als er dabei einmal kurz absetzte, um den rechten Ärmel seiner Uniform-Jacke leicht zurückzuziehen, damit der Saum nicht über die Kreide schleifte, wanderten Teas Augenbrauen unwillkürlich nach oben.

Was war das da um Kaibas Handgelenk? Schmal und enganliegend … ein Armband? Nein, dafür war es erstens zu schmucklos und zweitens Kaiba nicht der Typ. Unauffällig stützte sie ihren rechten Ellenbogen etwas weiter vorne auf ihrer Bank auf, legte ihren Kopf auf der Hand ab und kniff ein wenig die Augen zusammen.

Aber klar! Das war ein Haargummi! Kein ‚Standard-Modell‘, sondern flach, etwas breiter und grau schwarz meliert.

Wofür brauchte Kaiba denn bitte ein Haargummi? Seine Haare waren kurz genug, dass er sie nun wirklich nicht zurückbinden musste, auch nicht im Sportunterricht – der wohlgemerkt heute auch gar nicht auf dem Programm stand. Eine Verwendung als modisches Accessoire war vermutlich auch auszuschließen.

Aber warum sonst sollte er …?

Vielleicht war es gar nicht seiner?!

Ja, so musste es sein! Wahrscheinlich hatte Mokuba ihn verloren oder vergessen, Kaiba ihn gefunden und um sein Handgelenk gemacht, um ihn ihm später wiederzugeben. Natürlich, das ergab eine ganze Menge Sinn!

Zufrieden mit dieser Erklärung ließ sie das Thema los und konzentrierte sich wieder mehr darauf zu verstehen, wie auch das, was Kaiba da vorne an die Tafel schrieb, Sinn ergeben konnte.
 

Erst in der Mittagspause wurde Tea unfreiwillig wieder an ihre merkwürdige Beobachtung erinnert. Wie fast immer verbrachte sie die Dreiviertelstunde gemeinsam mit ihren Freunden auf dem Schulhof. Auf dem Weg zu den Basketball-Körben kamen sie auch an der Bank vorbei, auf der praktisch schon Kaibas Name stand, da er sie eigentlich jeden Tag besetzte und mit seinem Laptop dort weiter arbeitete. Unwillkürlich verharrte ihr Blick einen Moment länger bei dem Firmenchef. Gedankenverloren strich er sich mit der rechten Hand über das Kinn, wobei der Ärmel seiner Jacke minimal zurückrutschte. Sie musste noch ein zweites Mal hinsehen, um wirklich sicherzugehen und konnte nur knapp einen überraschten Laut unterdrücken.

Der Haargummi war weg!

Aber … wie konnte das sein? Sie hatte sich das doch vorhin nicht nur eingebildet! Und es war definitiv Kaibas rechtes Handgelenk gewesen! Da sie erst einmal davon ausging, dass ihr Verstand soweit intakt war, musste es eine andere, logischere Erklärung geben.

Mokuba konnte er ihn jedenfalls nicht gegeben haben, seine Schule war zwar in der Nähe, aber doch weit genug entfernt, dass Kaiba nicht mal eben in den letzten fünfzehn Minuten dort hätte hin- und wieder zurückspazieren können. Und so dringend und lebensnotwendig war ein Haargummi nun auch nicht.

Hatte er ihn einfach nur abgemacht, weil er ihn irgendwie gestört hatte, und irgendwo anders verstaut? Möglich. Wahrscheinlich. Vermutlich interpretierte sie schon wieder viel zu viel in diese Sache hinein.

Es war doch nur ein blöder Haargummi!
 

In der letzten Stunde des Tages stand für heute ein Test auf dem Plan. Da Tea sich gut vorbereitet hatte und ihr Biologie von allen Naturwissenschaften noch am meisten lag, war sie schon ein paar Minuten vor der gesetzten Zeit fertig. Noch ein letztes Mal überflog sie ihre Antworten, kam zu dem Ergebnis, dass sie zufrieden war und ging nach vorn zum Lehrertisch, um ihr Blatt abzugeben. Die halbe Stunde, die sie zur Bearbeitung der Aufgaben hatten, lief ohnehin in fünf Minuten ab, sodass sie, zurück an ihrem Platz, einfach nur die Stille genoss und ihren Blick wechselnd aus dem Fenster und durch den Raum schweifen ließ. Yugi schrieb noch wie wild, Tristan strich gerade mit äußerster Vehemenz eine Passage durch, Joey tippte mit dem Stift an seine Lippen und schüttelte immer wieder den Kopf. Ryou schien bereits ein letztes Mal zu kontrollieren und ebenfalls gleich abzugeben. Duke, schräg vor ihr in der Fensterreihe sitzend, legte gerade den Kuli weg, lehnte sich zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf.

Halt mal! Da an seinem Handgelenk, das war doch …

Teas Herzschlag beschleunigte sich. Nein, das musste ein Zufall sein! Vielleicht war es ein anderer …

Ihr Blick wanderte zu Dukes Haaren, die von genau solch einem Haargummi zusammengehalten wurden, wie er ihn jetzt am Handgelenk trug.

… wie ihn vor ein paar Stunden noch Kaiba an der gleichen Stelle getragen hatte.

Stopp! Ganz ruhig! Durchatmen, keine voreiligen Schlüsse ziehen! Was waren die Fakten? Kaiba hatte heute Vormittag einen Haargummi am Handgelenk gehabt, in der Mittagspause dann aber schon nicht mehr. Dafür hatte jetzt, um 14:45 Uhr, Duke einen ebensolchen – genau diesen? – Haargummi an seinem Handgelenk.

Das konnte doch kein Zufall sein!

Wenn es sich tatsächlich um ein und denselben Haargummi handelte, dann musste er irgendwann um die Mittagszeit den Besitzer gewechselt haben. Aber wie? Und vor allem: Warum?

Falls ihre Theorie bis hierhin stimmte, war das Wie schnell geklärt: Sie waren schon halb auf dem Weg auf den Hof gewesen, da war Duke noch einmal hochgegangen, weil er vergessen hatte, ein Entschuldigungsschreiben für eine arbeitsbedingte Fehlstunde Anfang der Woche im Sekretariat abzugeben. Kaiba war noch sehr in seine Arbeit vertieft gewesen, als sie das Klassenzimmer verlassen hatten, also war es sehr wahrscheinlich, dass sie dort noch einmal zusammengetroffen waren. Diese Gelegenheit musste Kaiba genutzt haben …

Blieb noch das Warum. Duke konnte den Haargummi hier in der Schule verloren haben. Kaiba hatte ihn gefunden, durch Zufall erkannt, dass er Duke gehörte und ihn ihm wiedergegeben …

Unauffällig drehte Tea sich halb nach hinten um und sah aus dem Augenwinkel zu dem Firmenchef, der ebenfalls schon vor einer Weile abgegeben hatte und bereits wieder leise auf seinem Laptop tippte. Nein, die Vorstellung war ziemlich abwegig. Wenn Kaiba hier überhaupt etwas auf dem Boden liegen sah, würde er es einfach liegen lassen und nicht weiter beachten. Folglich musste er den Haargummi irgendwo anders gefunden haben; irgendwo, wo ihm auffiel, wenn etwas herumlag, das nicht ihm selbst oder Mokuba gehörte. Das wiederum würde jedoch im Umkehrschluss bedeuten, dass er bereits gewusst haben musste, dass es Dukes Haargummi war. Sonst hätte er ihn wohl kaum schnell ums Handgelenk gemacht, in dem Wissen, dass er Duke hier sehen würde und ihm sein verlorenes Eigentum wiedergeben könnte.

Hm, Kaiba und Duke hatten auch außerhalb der Schule hin und wieder miteinander zu tun – geschäftlich, immerhin produzierte die Kaiba Corporation nicht nur die holographischen Arenen für Duel Monsters, sondern auch für Dungeon Dice Monsters. Hatten sie kürzlich einen gemeinsamen Termin gehabt und Duke den Haargummi in Kaibas Büro verloren oder vergessen? Daher vielleicht auch Dukes Fehlstunde … wenn sie sich nicht täuschte, war auch Kaiba an diesem Tag nicht da gewesen. Aber warum sollte Duke seine Haare in Kaibas Büro …

Ihre Gedanken wurden jäh unterbrochen, als die Lehrerin den Ablauf der Zeit verkündete und forsch durch die Reihen schritt, um die restlichen Tests einzusammeln. Duke nahm seine Arme wieder runter, um ihr sein Blatt auszuhändigen, sodass Tea der Blick auf das Objekt ihrer Neugierde ein weiteres Mal verwehrt wurde.

Ach, am Ende war es nur ein Reserve-Haargummi, der Duke in Kaibas Büro aus irgendeiner Tasche gefallen war! Kaiba hatte ihn gefunden, erkannt, dass es nicht Mokubas war, sondern sofort an Duke gedacht und ihn sich ums Handgelenk gemacht, um nicht zu vergessen, ihn Duke wiederzugeben.

Ja, das war die wahrscheinlichste Erklärung.
 

Bevor sich Tea und die anderen nach der Stunde auf den Weg nach Hause machen konnten, hielt Yugi sie alle noch kurz zurück: „Leute, ich weiß, das kommt ein bisschen spontan, aber ich – wir – könnten heute Nachmittag eure Hilfe gebrauchen. Großvater muss Inventur im Laden machen und wenn wir nur zu zweit sind, dauert das ewig. Darum wäre es echt cool, wenn ihr vorbeikommen und mithelfen könntet. Es gibt auch Pizza aufs Haus!“

„Ich wäre zwar auch ohne die Pizza dabei gewesen, aber jetzt, wo das im Raum steht …“, stimmte Joey grinsend zu, ohne lange nachzudenken.

Tristan und Ryou nickten und schlossen sich an, Tea natürlich ebenso. Nur Duke schüttelte mit einem entschuldigenden Lächeln den Kopf. „Sorry, Leute, ich kann leider nicht!“

„Warum?“, erkundigte sich Joey und da Tea ihn nun schon so lange kannte, entging ihr der leicht vorwurfsvolle Unterton der Frage keineswegs.

„Erstens – deinen Opa in allen Ehren, Yugi – hab ich keine Lust. Und ja, Joey, dazu stehe ich! Ich habe in meinem Laden erst vor knapp zwei Wochen Inventur gemacht und das tue ich mir freiwillig nicht so schnell nochmal an, noch dazu bei der Konkurrenz! Und zweitens hab ich einen wichtigen Termin.“

„Klar, einen ‚wichtigen Termin‘, den du jetzt einfach so aus dem Hut zauberst!“, lachte Tristan.

Auch Dukes Lippen umspielte ein Grinsen, als er den Kopf schüttelte. „Der Zauberer sitzt nicht hier, sondern da drüben.“ Teas Puls beschleunigte sich, als er auf Kaiba deutete, der gerade seinen Laptop zuklappte. „Außerdem steht der Termin nicht erst seit gerade eben, sondern schon seit anderthalb Monaten. Manchmal kann ich’s selber kaum glauben, aber die aktuellen DDM-Arenen sind schon wieder zwei Jahre alt! In der Zwischenzeit hat sich technisch einiges getan, es geht also mittlerweile nicht mehr nur um schnöde Updates, sondern vielleicht eine ganz neue Generation! Wenn mich Kaiba vor diesem Hintergrund und nach so langer Zeit mal wieder höchstpersönlich in sein schickes Büro einlädt, dann lasse ich das nicht sausen und erst recht nicht für eine Inventur!“

„Okay, ich geb’s zu, das ist nice!“, räumte Joey widerwillig, aber anerkennend ein.

„Ja, viel Erfolg! Ich bin echt gespannt!“, fügte Yugi hinzu und auch der Rest, Tea eingeschlossen, stimmte in die guten Wünschen ein.
 

Dukes Aussage hatte sie jedoch unweigerlich erneut ins Grübeln gebracht und auf dem ganzen Weg nach Hause konnte sie nicht anders, als über das kleine Rätsel nachzudenken, über das sie da durch Zufall gestolpert war. Wenn sie das vorhin richtig verstanden hatte, dann war Duke seit mehreren Monaten, wenn nicht Jahren, nicht mehr in Kaibas Büro gewesen. Demzufolge konnte er den Haargummi gar nicht dort verloren haben.

Nicht in der Schule, nicht in Kaibas Büro, wo hielt Kaiba sich ansonsten noch regelmäßig auf, außer …

Aber wie sollte ein Haargummi von Duke zu Kaiba nach Hause kommen, wenn Duke selbst nicht …

Oh! Aber konnte das wirklich sein?

Unwillkürlich kam ihr Sherlock Holmes mit seinem berühmten Credo in den Sinn: Wenn man alles Wahrscheinliche ausschließen konnte, dann musste das, was übrig blieb – so unwahrscheinlich es sich auch anhören mochte – die Lösung sein.

Duke war bei Kaiba zu Hause gewesen und hatte dort den Haargummi verloren oder vergessen. Kaiba hatte ihn gefunden und um sein Handgelenk gemacht, um ihn ihm in der Schule wiederzugeben. Alle Indizien deuteten in diese Richtung. Aber was tat Duke bei Kaiba zu Hause?

Hausaufgaben-Hilfe oder eine kleine Lerngruppe konnte man jedenfalls getrost ausschließen. War es wirklich möglich, dass die beiden mehr miteinander zu tun hatten, als sie und alle anderen wussten?

Nicht, dass Duke es ihr oder einem von ihnen jemals explizit erzählt hätte, aber dass er anscheinend auf beide Geschlechter stand, wusste sie schon seit etwas mehr als einem Jahr. Seit jenem verräterischen Kinobesuch, bei dem ihr aufgefallen war, dass sie sich nicht als einzige noch einmal nach dem äußerst attraktiven Kartenabreißer umgedreht hatte.

Und was Kaiba betraf … nun, da war wohl alles und nichts möglich.

Ihre Neugier war mittlerweile so groß, dass die Vorstellung, nicht zu erfahren, ob ihre Theorie stimmte, kaum zu ertragen war. Es gab nur eine Person, die ihr eine Antwort geben konnte (gut, eigentlich zwei, aber Person Zwei schied für eine entsprechende Nachfrage vollkommen aus).

Sollte sie Duke bei Gelegenheit darauf ansprechen?

Was, wenn er sie fragte, wie sie auf solche verrückten Ideen kam und sie gezwungen war, ihm ihren Gedankengang zu enthüllen, der in der Hauptsache auf einem einfachen Haargummi(!) basierte? Er würde nur den Kopf schütteln und sie für ihre Verrücktheit auslachen! Sie war doch nicht Sherlock Holmes, der glaubhaft aus einem einfachen Pantoffel den Verlauf einer ganzen Epoche deduzieren konnte.

Nein, das wahre Leben war nun einmal keine Detektivgeschichte und davon hatte sie eindeutig zu viele gelesen!

A truth and a beginning

Am folgenden Tag in der Schule ließ Tea Duke nicht aus den Augen, soweit das eben möglich war, ohne sich zu verraten. Hin und wieder sah sie sogar klammheimlich zu Kaiba, in der Hoffnung, irgendetwas zu entdecken, das ihre Theorie bestätigen konnte: Einen verstohlenen Blick hier, ein kurzes Augenzwinkern da, vielleicht ein zaghaftes Lächeln?

Schon in der Mittagspause brach sie das Vorhaben jedoch entnervt wieder ab: Sie hatte definitiv nicht ausreichend einkalkuliert, mit wem sie es hier zu tun hatte. Dass sich ausgerechnet diese beiden durch eine derartige Unvorsichtigkeit verrieten, darauf konnte sie lange warten. Dafür waren sowohl Kaiba als auch Duke viel zu sehr darauf bedacht, ihre wahren Gefühle zu verbergen, wenn auch auf Weisen, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Zumindest was Duke betraf, versetzte ihr diese Tatsache immer einen kleinen Stich, wenn sie, so wie jetzt, erkennen musste, dass sie ihn eigentlich gar nicht wirklich kannte. Sie waren nun schon so lange befreundet und trotzdem wusste sie im Grunde nur Oberflächlichkeiten über ihn und sein bisheriges Leben und eigentlich nichts darüber, wie es wirklich in seinem Inneren aussah.

Aber sei es, wie es wollte: Wenn sie wissen wollte, was Sache war, musste sie mit Duke sprechen, und zwar allein. Hier in der Schule war das ein Ding der Unmöglichkeit und viel zu auffällig noch dazu.

Nein, ein anderer Plan musste her …
 

Es war bereits später Nachmittag, als Tea durch die Straßen Dominos zum Black Clown spazierte. Einen guten Vorwand für ihren ungewöhnlichen Einzelbesuch hatte sie sich bereits zurechtgelegt, doch auch der konnte nicht verhindern, dass ihr Herz schneller zu schlagen begann und ihre Handflächen leicht schwitzig wurden, als sie vor dem Eingang stand.

Lampenfieber! Ausgerechnet jetzt!

Sie lief noch einmal um den Block, stellte jedoch fest, dass es ihre Aufregung keineswegs linderte. Schließlich überwand sie sich und betrat den Laden. Vorhang auf!

Der Black Clown war um einiges größer als das kleine, übersichtliche Geschäft von Yugis Großvater, sodass sie ein paar Minuten lang einfach ziellos durch die Gänge stromern und sich unauffällig nach Duke umsehen konnte – ohne Erfolg.

Völlig in Gedanken versunken blieb sie vor einer Vitrine mit besonders seltenen Duel Monsters Karten stehen und sah auf ihre Armbanduhr. Fast zehn Minuten war sie nun schon hier und noch immer keine Spur von Duke. War er heute überhaupt da? Krampfhaft versuchte sie sich daran zu erinnern, ob er in der Schule irgendetwas Besonderes erwähnt hatte.

Eine Berührung an ihrer Schulter ließ sie zusammenzucken und herumfahren.

„Hey Tea, was machst du denn hier?“ Duke lächelte sie freundlich an und hob entschuldigend die Hände. „Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken!“

Wann war sie eigentlich das letzte Mal mit ihm allein gewesen? Eigentlich … noch nie, wenn sie es genau bedachte. „H-Hi!“ Ihre Wangen wurden heiß. Wieso wurde sie denn jetzt auch noch rot? „Ich … ähm, … suche ein Geschenk für den Sohn meiner Cousine. Sie ist am Wochenende bei uns zu Besuch und der Kleine hatte erst Geburtstag und meine Eltern und ich haben es voll vergessen, darum …“, spulte sie hektisch ihre vorbereitete Geschichte ab.

„Versteh schon, es ist also dringend!“, erwiderte Duke amüsiert, aber mit einer verständnisvollen Wärme in seiner Stimme. „Wie alt ist er denn?“

Oh Himmel, mit derartigen Nachfragen hatte sie nicht gerechnet! Warum hatte sie das Improvisationsprojekt in der Theater-AG nochmal ausgelassen?! „Er ist … Moment, lass mich kurz nachdenken, … sieben?!“

„Mag er Brettspiele? Kartenspiele? Oder sollte es eher was für draußen sein?“

„Also ähm …“ Tea war überfordert. Ihr fiktiver kleiner Verwandter hätte definitiv eine bessere Hintergrundgeschichte gebraucht. „Ich schätze … Brettspiele?!“

„Okay, dann komm mal mit!“ Routiniert führte er sie zu einem Regal mit Brettspielen für diese Altersgruppe, ließ seinen Blick suchend über die vielen Kartons schweifen, dann beugte er sich nach unten und zog einen heraus. „Das hier ist eigentlich immer eine gute Wahl. Ein Würfelspiel – aber vielleicht bin ich da auch nicht ganz unparteiisch.“ Ein schelmisches Augenzwinkern, dann erklärte er weiter: „Bei diesem Spiel fordert man mit jedem Wurf immer wieder sein Glück heraus und es bleibt konstant spannend, weil es viel hin und her geht. Kinder lieben es, wenn sie sich mehr getraut haben als die Erwachsenen und es sich am Ende lohnt. Außerdem ist das Monster-Thema für Jungs in dem Alter echt ideal. Und als Erwachsener hat man auch eine Menge Spaß damit.“

„Super, das nehm ich!“, nickte Tea schnell und griff nach dem Karton, doch Duke ließ nicht los und neigte den Kopf. Unwillkürlich hielt sie den Atem an.

Grüne Augen musterten sie durchdringend. „Warum bist du wirklich hier?“

Sie stockte. „W-woher … ? Ach, vergiss es!“ Dass es nicht ihre schauspielerische Glanzleistung gewesen war, wusste sie selbst. Seufzend und mit einem vergeblichen Kopfschütteln ließ sie das Spiel wieder los, sodass er es an seinen Platz im Regal zurückräumen konnte.

„Ja, schwer hast du es mir jetzt nicht gerade gemacht.“, lachte Duke, als er sich wieder erhob und sie erneut ansah. Zum Glück schien er nicht sauer auf sie zu sein, lediglich ein neugieriges Funkeln lag in seinem Blick. „Also?“

Sie schluckte. „Ich … wollte mit dir reden. Unter vier Augen.“

Eine Sekunde lang runzelte er die Stirn, dann nickte er, legte ihr sanft die Hand auf den Rücken und führte sie zur Treppe. Zwei Etagen weiter oben betraten sie einen etwas kleineren Raum, bei dem es sich, dem Schreibtisch, dem Drehstuhl sowie den großflächig mit Ordnern vollgestellten Regalen nach zu urteilen, unzweifelhaft um Dukes Büro handeln musste. Zielstrebig ging er zu der simplen, mit dunklem Stoff bezogenen Couch, die an der Seite des Raumes stand, nahm seine Tasche herunter und bedeutete ihr Platz zu nehmen. Ohne sich anzulehnen oder wirklich in die Polster sinken zu lassen, kam Tea seiner stummen Aufforderung nach und hielt ihre Handtasche umklammert wie einen Rettungsanker.

Duke hingegen schien noch immer die Ruhe selbst zu sein, so, wie er sich halb zu ihr gedreht dazusetzte und einen Arm auf der Sofalehne ausstreckte. „Also? Was wolltest du mit mir besprechen?“

„Ich … also … es ist so …“, stammelte sie, ohne ihm wirklich in die Augen zu sehen. Ihre Finger konnten nicht aufhören mit den Griffen der Tasche zu spielen. War das wirklich eine gute Idee gewesen? Was, wenn sie mit alldem kolossal falsch lag?

Nein, sie war extra hierher gekommen und wollte sich nicht umsonst zum Affen gemacht haben! Sie kniff die Augen zusammen und ließ den Worten einfach freien Lauf: „Ach, was solls: Läuft da was zwischen dir und Kaiba?“

Im ersten Moment blieb sein Gesicht vollkommen unbewegt. Auch im zweiten, und im dritten ebenso. Was hatte sie auch erwartet? Pokerface konnte er. Schließlich schüttelte er leicht den Kopf und entließ ein leises Schnauben. „Zwischen mir und Kaiba?! Wie kommst du denn auf die Idee?“

Es war nur eine Nuance in seinem Tonfall, subtil, im Grunde nicht hörbar. Jemand, der weniger häufig mit ihm zu tun hatte, hätte mit Sicherheit nichts bemerkt …

Augenblicklich kam ihr Puls etwas mehr zur Ruhe. Sie löste den festen Klammergriff um ihre Tasche, stellte sie neben sich ab und lehnte sich nun ebenfalls zurück, den Kopf mit einem Arm an der Sofalehne abgestützt. „Nun, sagen wir, ich habe ein Auge für die kleinen Dinge.“

In seinen Blick trat ein herausforderndes Funkeln. „Zum Beispiel?“ Es klang eher amüsiert als defensiv.

„Zum Beispiel Haargummis, die auf mysteriöse Weise Handgelenke wechseln.“

Ein Blinzeln – kurz, unscheinbar, verräterisch. Ein Zucken seiner Hand, unbewusstes Aneinanderreiben der Fingerspitzen … es war ganz eindeutig. Doch noch immer schwieg er und hielt ihrem bohrenden Blick eisern stand.

Schließlich – nach fast zwei Minuten unendlich quälender Stille – entließ er einen langen Atemzug und senkte den Blick. „Das hast du bemerkt?!“

Eine Welle der Befriedigung rauschte durch ihren Körper, doch sie ließ es sich nicht anmerken, sondern zuckte nur sanft lächelnd die Schultern. „Zufall, mehr nicht. Morgens in Mathe hab ich ihn bei Kaiba gesehen und nachmittags dann an deiner Hand. Das hat mich eben zum Nachdenken gebracht.“

Anerkennend neigte er den Kopf, nahm seinen Arm von der Sofalehne und faltete die Hände locker in seinem Schoß. „Nicht schlecht, Detective Gardner!“

Unweigerlich schlich sich ein kurzes, triumphierendes Grinsen auf Tea Lippen, bevor sie vorsichtig und wieder etwas ernster weiterfragte: „Wie lange schon?“

Er knetete seine Finger und wich ihrem Blick erneut aus. War das da etwa wirklich ein ganz leichter, roter Schimmer auf seinen Wangen? „Etwa … ein halbes Jahr.“

„Und wie …?“, setzte sie an, schob dann aber schnell hinterher: „Also natürlich nur, wenn du …“

„Schon gut.“, beruhigte er sie und schmunzelte, „Wenn ich es dir nicht erzähle, würdest du es am Ende vermutlich auch noch irgendwie selbst rausfinden!“

Das entlockte auch ihr ein leises Kichern. Voller Spannung lauschte sie seiner warmen Stimme, als er zu erzählen begann.
 

~°~
 

Um kurz nach 20 Uhr an einem Mittwoch kniete Duke am Boden und verschloss gerade den linken Flügel der gläsernen Ladentür, als er aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm. Jemand kam die Treppe hoch. Ein routiniertes „Sorry, wir schließen jetzt!“ lag ihm schon auf der Zunge, doch der Blick auf schwarze, elegante Herrenschuhe, den Saum einer dunkelblauen Anzughose sowie eines Mantels ließ ihn innehalten. Er hob den Blick und traf auf blaue Augen, die kalt und ungeduldig auf ihn herabsahen.

„Kaiba?! Was machst du denn hier?“, fragte er verwundert und richtete sich auf.

Das Gesicht des Firmenchefs blieb so unbewegt und ausdruckslos wie eh und je. „Zeig mir deine kaputte Arena, Devlin, los!“

Im ersten Moment war Duke irritiert, dann verzogen sich seine Lippen zu einem ironischen Grinsen. „Natürlich, wenn du so nett und höflich fragst!“ Er ging einen Schritt beiseite und bedeutete seinem unerwarteten Besucher mit einer entsprechenden Geste einzutreten. „Ich kann mich gar nicht erinnern, den Chef-Service gebucht zu haben … oder kommst du zu allen deinen Kunden höchstpersönlich, wenn es Probleme gibt?“

„Spar dir gefälligst die Witzchen!“ Oh je, wie üblich schien Kaiba nicht in der besten Stimmung zu sein.

„Okay, okay!“ Mit einiger Mühe unterdrückte Duke ein amüsiertes Glucksen und deutete auf eine Treppe am Ende des geräumigen Verkaufsraums. „Geh schon mal runter – einfach den Schildern folgen! Ich mach hier nur noch schnell zu.“

Statt einer Antwort nickte der Brünette nur, marschierte geradewegs in die gezeigte Richtung und verschwand nach unten.

Duke schüttelte leicht den Kopf, schloss mit wenigen geübten Handgriffen auch noch die andere Seite der Glastür und löschte das große Licht im Laden, sodass nur noch die Schaufensterbeleuchtung übrig blieb. Dann folgte er dem Brünetten. Was auch immer Kaiba vorhatte, dauerte hoffentlich nicht allzu lange; eigentlich wollte er heute nur noch nach Hause, ein wenig auf seiner Couch entspannen und dann ins Bett.

Die DDM-Arena befand sich in einem großen Raum im ersten Untergeschoss, der außerdem nur noch ein paar verstreute Sitzgelegenheiten und Beistelltische für Wartende und Zuschauer enthielt. Die Absperrkordel mit dem ‚Defekt‘-Schild daran, die seit etwa anderthalb Wochen gut sichtbar vor dem vorderen Spielerterminal stand, war ein wenig beiseite geschoben worden. Kaiba hatte seinen Mantel über einen der Stühle geworfen, stand auf der Plattform und öffnete den Reißverschluss seines ledernen Laptop-Cases. „Also, Devlin, erzähl mir noch einmal ganz genau, wie es zu den Problemen gekommen ist – fass dich aber bitte kurz, ich habe keine Lust die ganze Nacht hier zu verbringen!“

Nun, da waren sie ja schon mal zwei. Der stechende Blick aus den blauen Augen brachte ihn dazu seine Fragen vorerst hintanzustellen und stattdessen wunschgemäß zu berichten: „Vor etwa zehn Tagen wurde beim Hochfahren der Arena angezeigt, dass es ein Update gibt. Abends nach Geschäftsschluss hab ich es dann installieren lassen. Beim ersten Spiel am nächsten Tag haben die Hologramme erst ganz komisch geflackert, dann wurden irgendwann gar keine mehr angezeigt. Mehrere Neustarts haben nichts gebracht. Ich musste mich also entschuldigen und hab den Kids jeweils einen DDM- und einen Duel Monsters-Booster geschenkt, als Entschädigung, weil sie ja eigentlich bezahlt hatten. Dann hab ich bei deinem Kundenservice angerufen und …“

„Ja ja, der Rest ist mir bekannt.“, wiegelte Kaiba unwirsch ab, zog ein Kabel aus seinem Laptop-Case und verband seinen Computer mit der Arena. Duke hielt es für einigermaßen ungefährlich, ein wenig näher zu kommen und ihm in angemessenem Sicherheitsabstand über die Schulter zu sehen. Das Diagnose-Tool, das gerade lief, kam ihm vage bekannt vor. „Ich kann mich natürlich irren, aber ich glaube, das haben deine Techniker jedes Mal gemacht, wenn sie hier waren.“

„Sicher haben sie das, aber ich überzeuge mich gern selbst.“, antwortete der Brünette scharf ohne vom Bildschirm aufzusehen oder das Malträtieren der Computertastatur einzustellen.

Duke nickte nur. Vermutlich war es besser, nichts zu sagen, auch wenn ihm die Frage förmlich auf der Zunge brannte, warum um alles in der Welt ausgerechnet Kaiba hier war. Ja, die KC-Techniker, die bisher gekommen waren und sich die Arena angeschaut hatten – fünf an der Zahl –, hatten nicht herausgefunden, wo das Problem lag, aber das war doch noch lange kein Grund, anstelle eines kompetenten Third-Level-Supports gleich den Erfinder höchstpersönlich hinzuschicken, noch dazu, wenn der auch ein vielbeschäftigter CEO war! Außerdem hatte Kaiba selbst seines Wissens nach mit der Entwicklung der DDM-Arenen gar nicht wirklich etwas zu tun gehabt. Abgesehen von zwei kurzen Terminen in Kaibas Büro, bei denen es hauptsächlich um Vertragswerk gegangen war, hatte er im Entwicklungsprozess sonst nur mit Angestellten aus anderen Abteilungen der KC in Kontakt gestanden.

Nach etwa fünfzehn Minuten hielt er die angespannte Stille nicht mehr aus, die nur gelegentlich von einem unzufriedenen Brummen seitens des Brünetten unterbrochen worden war.

„Schon etwas herausgefunden?“, erkundigte er sich vorsichtig.

„Ein Software-Fehler ist es nicht.“, gab Kaiba lakonisch zurück, ohne den Bildschirm aus den Augen zu lassen oder sich zu ihm umzudrehen.

Eine Spur von Ärger begann in seiner Brust hochzuköcheln. Dafür raubte ihm Kaiba ernsthaft seinen Feierabend?! Das hätte er ihm auch sagen können! „Zu dem Ergebnis sind deine Techniker auch gekommen. Die Hologramm-Generatoren haben sie auch alle geprüft, konnten aber nichts feststellen.“ Nicht, dass Kaiba diesen zeitraubenden Prozess jetzt auch noch wiederholen wollte!

Doch der Brünette schüttelte nur den Kopf und klappte energisch den Laptop zu. „Selbstverständlich konnten sie das nicht, das ist ja auch kompletter Blödsinn! Warum sollten die alle zur gleichen Zeit kaputt gehen?!“ Die blauen Augen blitzten auf. „Aber es wäre natürlich möglich, dass … “

Kaiba trat von der Plattform herunter, ging ein Stück an der Arena entlang und tastete einen Bereich an der Seite ab. Schließlich verharrte seine Hand an einer leicht vorstehenden Kante und betätigte einen offenbar gut verborgenen Knopf. Fast wie ein Handschuhfach im Auto öffnete sich eine kleine Klappe und auf einmal hielt der Firmenchef mehrere Schraubendreher – einen etwas größeren und drei sehr kleine – sowie zwei kompakte Zangen in der Hand.

Dukes Augenbrauen wanderten unwillkürlich nach oben. „Wow, ich wusste gar nicht, dass …“

„Wissen die wenigsten.“, schnitt ihm der Brünette das Wort ab und umrundete die Arena weiter. Auf der anderen Seite auf Höhe der Spielfeldmitte ging er in die Hocke und begann damit, zwei große Abdeckungen aufzuschrauben.

„Was wird das?“, erkundigte Duke sich zweifelnd. Kaiba wollte doch jetzt nicht etwa anfangen, die Arena auseinanderzunehmen?!

„Ich war eigentlich der festen Überzeugung, ich hätte mich einigermaßen klar ausgedrückt.“, antwortete der Brünette, während er die erste der beiden Metallplatten zur Seite stellte, „Ich versuche herauszufinden, was mit deiner Arena nicht stimmt. Hast du ein Problem damit?“

„Nein, natürlich nicht, aber …“ Was wurde aus seinem Feierabend?

„Schön! Dann wäre das ja geklärt. Und jetzt halt gefälligst den Mund und lass mich weitermachen!“

Dukes Kinnlade klappte leicht nach unten. Das war doch einfach unfassbar! Dieser Mistkerl wagte es, einfach so unangekündigt hier aufzutauchen, ihm ohne jede Erklärung seinen Mittwochabend zu klauen und dann auch noch so mit ihm zu reden?! In seinem eigenen Laden?!

Nein, nicht aufregen! Es ging um seine Arena, Kaiba versuchte sie zu reparieren und wenn er sie dafür halb auseinandernehmen musste, dann war das nun einmal so. Er atmete einmal tief durch und schluckte die schnippische Antwort, die ihm auf der Zunge gelegen hatte, für’s Erste widerwillig hinunter.

Ein leises Knacksen war zu hören, als Kaiba sich erneut hinhockte, um nach dem prüfenden Blick auf die Leiterplatten und unzähligen Kabel auf der Oberseite des geöffneten Bereichs auch noch die Unterseite zu begutachten. Wieder leises Murren und Kopfschütteln, dann legte der Brünette das Werkzeug auf dem Boden ab und richtete sich auf.

„Und?“ Geradezu genussvoll ließ Duke seine ganze Gereiztheit in dieses eine Wort fließen. So viel konnte er sich wohl erlauben.

Wortlos rauschte Kaiba an ihm vorbei, zog sein Jackett aus und hing es über denselben Stuhl, auf dem auch sein Mantel lag. Seine schlanken Finger benötigten nur wenige Handgriffe, um die Manschetten des blütenweißen Hemdes zu öffnen und die Ärmel nach oben zu krempeln, bevor er fast gemächlich zu der freiliegenden Technik zurückschlenderte. Was sollte das denn nun schon wieder? Konnte dieser Typ nicht einfach mal wie ein normaler Mensch erklären, was Sache war?!

Wieder beugte der Brünette sich nach unten und scheuchte ein paar Wollmäuse aus dem Zwischenraum der Metallsäulen, welche die Arena im Boden verankerten. Was zum … ? Dukes Augen weiteten sich, als der Firmenchef sich auf einmal auf den Rücken legte und seine obere Körperhälfte komplett unter der Arena verschwand.

Zugegeben, damit hatte er jetzt nicht gerechnet! Ungläubig trat er etwas näher heran und konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Aus diesem Blickwinkel hätte Kaiba auch glatt als Automechaniker durchgehen können … die Kleidungsfarbe passte ja auf jeden Fall schon mal.

„Steh da nicht nur dumm rum, Devlin, sondern sorg lieber für ein bisschen mehr Licht hier unten!“

Schon wieder dieser arrogante Befehlston! Sein Kiefer verkrampfte sich unwillkürlich. Mit jeder Minute konnte er Joey mehr verstehen: Normalerweise stand er ja über so etwas, aber heute … heute war er einfach nur fertig und wollte nach Hause! Dumm nur, dass das Business nunmal leider vorging und eine funktionierende DDM-Arena für den Laden immens wichtig war. Widerstrebend zückte er also sein Smartphone, hockte sich mit aktivierter Taschenlampenfunktion neben den angewinkelten Beinen des Firmenchefs hin und versuchte ihm irgendwie zu leuchten, ohne sich dabei den Arm zu auszurenken.

„Halt das Licht dahin!“, herrschte der Brünette ihn an und das Brodeln in seiner Brust wurde stärker.

Seine Finger schlossen sich fester um das Telefon, doch er presste nur die Lippen aufeinander und folgte dem harschen Befehl ohne Widerrede. Fragte sich nur, wie lange ihm das noch gelingen würde …

Kaiba nahm den Schraubenzieher, den er eben noch in der Hand gehalten hatte, quer in den Mund und griff stattdessen nach einem noch kleineren Modell, um zwischen den unzähligen dünnen, bunten Kabeln herumzustochern – so zumindest sah es aus Dukes Perspektive aus. Was auch immer Kaiba da suchte, er schien es jedenfalls nicht zu finden. Es folgten einige weitere, brüske Anweisungen das Licht anders zu halten, denen er zähneknirschend nachkam, doch der Gesichtsausdruck des Brünetten wurde, soweit er sehen konnte, nicht zufriedener und wenn er sich nicht ganz täuschte, konnte er sogar den einen oer anderen genervten Seufzer vernehmen.

Um ein Haar hätte Duke das Telefon fallen lassen, als Kaiba seine Hand mit dem Schraubenzieher kraftvoll und lautstark auf den Boden knallte. In einer fließenden Bewegung rutschte der Firmenchef wieder ein Stück unter der Arena hervor und sah ihn eiskalt und mit unverhohlener Geringschätzung an: „Mein Gott, Devlin, merkst du nicht, dass das so nichts wird?! Du musst mit dem verdammten Licht schon richtig her kommen, sonst sehe ich nichts!“

Moment mal, hatte die ganze passive Aggressivität der letzten Minuten etwa ihm gegolten?!

„Ehrlich, Kaiba, du …“, wollte er gerade zu einer entrüsteten Antwort ansetzen, doch eine drohend hochgezogene Augenbraue des Brünetten ließ ihn sich wieder auf seinen Vorsatz besinnen. Ungläubig deutete er auf den kaum einen Meter breiten Zwischenraum zwischen den Säulen. „Du meinst, ich soll mich da noch mit dazu quetschen?!“

„Ja doch! Und jetzt mach schon!“ Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, verschwand Kaiba wieder unter der Arena.

Mit einem extra lauten und langgezogenen Seufzen legte Duke sich ebenfalls auf den Boden. Sein neuer Pullover würde hinterher definitiv in die Wäsche müssen, aber was tat man nicht alles für’s Geschäft?! Der Brünette war noch ein Stück weiter nach rechts gerückt und hatte ihm so etwas Platz gemacht, sodass Duke mit dem leuchtenden Handy in der Hand neben ihn unter das Panel robben konnte. Auch das Werkzeug hatte Kaiba für ihn aus dem Weg genommen und es mangels Alternativen auf seinem Oberkörper abgelegt. Naja, wenn er schon nicht in der Lage war, Bitte zu sagen, war das wohl auch das Mindeste!

In dem Zwischenraum war es erwartungsgemäß eng. Das ungewohnte Gefühl der Nähe war kaum weniger unangenehm als die Wärme, die von Kaibas Körper ausging und sich mit seiner eigenen multiplizierte. Eine diffuse Aufregung machte sich in ihm breit. Soweit er sich erinnerte, hatte er Kaiba abgesehen von einem kurzen, kräftigen Händedruck beim Vertragsabschluss nie berührt; jetzt waren es nicht viel mehr als zehn Zentimeter, die ihre Körper noch voneinander trennten, an den Schultern sogar noch ein paar weniger. War irgendjemand Seto Kaiba schon einmal so nah gewesen? Noch dazu in einer so überaus … horizontalen Position?

Schnell schob er die Gedanken wieder beiseite und widmete sich ganz der optimalen Ausleuchtung der Technik über ihnen. Je schneller er die unangenehme Situation hinter sich brachte, umso eher konnte er in seinen sich stetig verkürzenden Feierabend starten. Von dem kleinteiligen Elektronik-Gewirr über sich hatte er keinen blassen Schimmer, sodass seine Augen sich wie von allein das nächstbeste, interessantere Beobachtungsobjekt suchten: Kaibas haselnussfarbene Haare hingen ihm nicht wie sonst in die Stirn, sondern fielen leicht nach hinten, sein Brustkorb hob und senkte sich ruhig und regelmäßig, seine langen, schlanken Finger schienen genau und fast von allein zu wissen, was sie da taten und welches der winzigen Schräubchen und Kabel sie wie zu lösen hatten. Es war zugegebenermaßen ebenso faszinierend wie beruhigend, dem Firmenchef dabei zuzusehen, wie er vollkommen konzentriert in einer Sache aufging, die er absolut zu beherrschen schien.

Wie aus dem Nichts riss Kaiba auf einmal ruckartig den Kopf nach oben, sodass Duke zum zweiten Mal beinahe das Handy fallen gelassen hätte. Die Bauchmuskeln unter dem weißen, schmal geschnittenen Hemd spannten sich erkennbar an, ein paar der Knöpfe sperrten durch die plötzliche Bewegung ein wenig auf und gewährten Duke so einen flüchtigen Blick auf die nackte Haut darunter.

Er musste unwillkürlich schlucken und bemerkte erst mit leichter Verspätung, dass Kaibas Hände still hielten und blaue Augen ihn regelrecht durchbohrten. „Wenn ich mehr als zwei Hände hätte, Devlin, würde ich mir liebend gerne selbst leuchten! Da dem aber nicht so ist, bin ich bedauerlicherweise auf deine Mithilfe angewiesen! Willst du, dass deine Arena funktioniert, oder nicht?!“

Offenbar hatte er, ohne es zu bemerken, das Handy sinken lassen und überhaupt nicht mehr darauf geachtet, ob er das Licht noch auf die richtige Stelle richtete. Seine Kehle war staubtrocken; mehr als ein stummes Nicken brachte er nicht zustande.

„Na also, dann konzentrier dich gefälligst und leuchte wieder dahin!“

Noch immer etwas durcheinander folgte Duke dem Fingerzeig und zwang sich erneut, das Telefon still zu halten, während Kaibas Hände nur wenige Zentimeter von seinen entfernt herumwerkelten. Der raue Tonfall den der Brünette weiterhin anschlug, wann immer er Korrekturen einforderte, ließ ihn seinen kurzen Aussetzer schnell wieder vergessen: „Mehr nach links! … Nein, wieder etwas mehr nach rechts!“

Duke musste die Zähne fest zusammenbeißen und tief ein- und ausatmen, um nicht jede Sekunde aus der Haut zu fahren.

„Himmel, ist das denn so schwer?!“, herrschte ihn der Brünette schließlich völlig entnervt an und schloss die Finger um sein Handgelenk, um ihn genau und unmissverständlich zu der richtigen Stelle zu dirigieren, doch Duke reagierte schnell. „Hör mal, Kaiba, so langsam reicht es mir!“, fauchte er zurück und entzog sich energisch dem Griff. Er ließ den Arm mit dem Telefon sinken, richtete sich ein wenig auf und funkelte den Firmenchef an. „Ich versteh dich ja: Offensichtlich hast keinen Bock hier zu sein – und keine Sorge, du bist damit nicht alleine: Ich habe mir meinen Abend ehrlich gesagt auch anders vorgestellt! Allerdings würdest du wohl kaum an einem Mittwoch abends um neun in meinem Laden unter meiner Arena liegen, wenn es nicht aus einem mir unerfindlichen Grund wirklich wichtig wäre! Zusätzlich bist du in Ermangelung anderer Personen auf meine Hilfe angewiesen, wie du ja schon selbst so zutreffend bemerkt hast! Also würde ich dir empfehlen, an deinem Ton zu arbeiten oder ich werfe dich hochkant hier raus und kann dann endlich nach Hause gehen!“

Unwillkürlich erschauderte Duke, als sich die Augen seines Gegenübers bedrohlich verengten, doch er ließ sich davon nicht einschüchtern und hielt dem Blick eisern stand. Die Kälte in den blauen Augen ließ ein wenig nach und vielleicht, ganz vielleicht, war tatsächlich eine winzige Spur von Respekt durch Kaibas Blick gehuscht. Jedenfalls folgte keine bissige Erwiderung, keine Drohung, dass die Arena dann eben kaputt bleiben würde und Duke einfach sehen sollte, wo er blieb. Stattdessen atmete der Brünette nur einmal tief durch und ballte seine Hand fest zusammen. „Würdest du an diese Stelle hier leuchten, Devlin … bitte?“ Er hatte die Worte regelrecht hervorgepresst und vor allem das letzte schien ihn einige Überwindung gekostet zu haben.

Dukes Lippen verzogen sich zu einem zufriedenen Schmunzeln. „Aber liebend gerne doch, Kaiba!“, erwiderte er mit zuckersüßer, übertriebener Höflichkeit und hob das Handy erneut nach oben. Na also, es ging doch! Warum denn nicht gleich so?

Die unterschwellige Anspannung zwischen ihnen ließ zwar nicht merklich nach, doch ihre Zusammenarbeit funktionierte in der Folge tatsächlich etwas besser: Wann immer Dukes Arm ermüdete, nahm er das Smartphone in die andere Hand und gab sich redlich Mühe, dabei nicht einen Millimeter von dessen aktueller Position abzuweichen; Kaiba – anscheinend nun mit seiner Leistung zufrieden – wechselte in einem Fort zwischen den verschiedenen Werkzeugen und suchte weiter intensiv nach was auch immer.

Wie spät war es eigentlich? Gefühlt lagen sie schon mindestens eine halbe Stunde hier unten …

Liebend gerne hätte er einfach nachgeschaut, doch das Display des Telefons zu aktivieren, würde eine plötzliche Bewegung des Lichtkegels auslösen, was wiederum Kaiba (vor allem zum jetzigen Zeitpunkt) gar nicht gefallen würde. Dessen Lippen waren fest aufeinander gepresst, die Augenbrauen zusammengezogen, seine Schultern und Arme sichtlich verkrampft. Mittlerweile wirkte er weniger konzentriert, als vielmehr gestresst. Hin und wieder rieb er sich mit dem Handrücken über die Stirn – zu recht, denn so langsam wurde es wirklich warm hier unten. Wie konnte Kaiba unter diesen Umständen nur immer noch eine Krawatte tragen?

Schließlich entließ der Brünette ein frustriertes Schnauben und ließ das Werkzeug sinken. „Der Hologramm-Splitter ist nicht die Ursache.“ Er schloss die Augen und massierte sich kurz mit Daumen und Zeigefinger die Nasenwurzel. „Verdammt!“, fluchte er ungewohnt heftig durch seine zusammengebissenen Zähne und Duke zuckte reflexhaft zusammen, als seine flache Hand im selben Moment mit einem lauten Knall auf die Metallsäule zu seiner Rechten traf.

Ganz offensichtlich war Kaiba sauer.

Verdächtig sauer.

Was hatte das alles nur zu bedeuten?!

Langsam ließ Duke das Handy sinken, deaktivierte das Blitzlicht und musterte den Brünetten eindringlich. In seiner Stimme lag kein Vorwurf, einfach nur ernsthaftes Interesse: „Jetzt mal ehrlich, Kaiba, was ist eigentlich wirklich los? Warum bist du hier, um an meiner kaputten Arena zu schrauben, und nicht einfach ein anderer Techniker oder einer deiner Ingenieure?“

Der Brünette begegnete seinem Blick nicht, sondern starrte einfach weiter gerade nach oben. Sekunden verstrichen. Offenbar schien es dieser Sturschädel vorzuziehen, sich weiterhin auszuschweigen. Duke entließ ein Seufzen und konnte angesichts von so viel Starrsinn nur den Kopf schütteln. Er streckte die Füße ein wenig weiter aus, bereit, sich im nächsten Moment nach vorne zu ziehen und aufzustehen.

„Es ist nicht nur deine Arena, Devlin.“

Augenblicklich hielt er inne und ließ sich zurücksinken.

Ungewohnt leise fuhr Kaiba fort, bemühte sich jedoch, trotzdem möglichst kühl und sachlich zu klingen. „Alle DDM-Arenen funktionieren seit dem Update nicht mehr. Niemand hat bisher eine Lösung gefunden. Kein Techniker, kein Ingenieur, alle vollkommen ratlos. Unter normalen Umständen wäre das schon schlecht, aktuell ist es eine mittelschwere Katastrophe.“

Unwillkürlich senkte auch Duke seine Stimme und wagte erneut einen vorsichtigen Blick nach rechts. „Warum das?“

Der Brünette atmete gedehnt aus und vermied es weiterhin standhaft, ihn anzusehen. „Pegasus hat mir vor ein paar Tagen mitgeteilt, dass er plant, dein Spiel noch stärker zu pushen, weil es sehr gut läuft.“ Duke nickte; die gute Nachricht hatte er ebenfalls bereits erhalten. „Wenn er zu Ohren bekommt, dass unsere Arenen streiken und das Problem nicht schnellstens behoben wird, könnte er auf ausgesprochen dumme Gedanken kommen.“

„Das heißt?“

Die blauen Augen verengten sich und Kaibas Griff um das Werkzeug wurde merklich fester. „Schröder Corp. Meinen Informationen zufolge hat er von Ziegfried mehrere konkrete Angebote vorliegen. Ich kann es mir also nicht leisten, dass gerade jetzt diese Arenen nicht funktionieren!“ Kaum hatte er geendet, rutschte Kaiba auf dem Boden nach vorn und erhob sich, fast, als wolle er ihm und damit auch der Wahrheit so schnell wie möglich wieder entfliehen.

„Verstehe.“, brachte Duke gerade noch hervor und tat es dem Brünetten dann gleich. So erhaschte er gerade noch, wie Kaiba die Hand mit den Schraubenziehern in die Hüfte stemmte und sich mit seiner freien Hand durch die Haare fuhr. Ohne das Werkzeug abzulegen, lehnte der Firmenchef sich mit vor der Brust verschränkten Armen an den Rand der Arena und starrte ins Leere.

Duke biss sich leicht auf die Unterlippe, bevor er die betretene Stille durchbrach: „Kann … ich dir was zu Trinken oder so anbieten?“

Es dauerte ein paar Sekunden, bis Kaiba aufsah; fast, als würde er von irgendwo ganz weit weg in die Realität zurückkehren. „Kaffee.“

Mit einem einzelnen Kopfnicken verließ Duke den Raum und entschwand zügig nach oben. Im Treppenhaus verlangsamte er sein Tempo allmählich und ließ sich mehr Zeit beim Erklimmen der Stufen zum Pausenraum.

Gott wusste, dass er eine Pause nach alldem, was er heute Abend bereits erlebt und erfahren hatte, wirklich gut gebrauchen konnte!

A coffee and some screwdrivers

Duke füllte die Kaffeekanne bis zum sechsten Strich mit Wasser, goss es in den dafür vorgesehenen Behälter der Kaffeemaschine und drückte auf den Knopf. Im Licht der neuen Erkenntnisse waren Kaibas Ärger und Frustration nur zu verständlich. Rechtfertigte es, wie er vorher mit ihm umgegangen war? Sicherlich nicht. Aber es war immerhin eine Erklärung für sein im Gegensatz zu sonst noch unfreundlicheres Verhalten, was ehrlicherweise irgendwie auch ein bisschen beruhigend war: Seto Kaiba war kein gefühlloser Automat, kein Eisklotz, wie ihn Joey immer so gern betitelte, sondern am Ende auch nur ein Mensch. Eine kritische Situation wie diese, die das Risiko barg, einen soliden Teil seines Geschäftes zu verlieren, steckte auch er nicht völlig ungerührt weg. Erst die kurzen Ausbrüche, dann der leere Ausdruck in seinen Augen … so distanziert und beherrscht, wie Kaiba sich meistens gab, war es leicht zu vergessen, dass er erst achtzehn war. Noch ein Teenager, genau wie er selbst. Und wenn er selbst schon von Zeit zu Zeit das Gefühl hatte, unter großem Druck zu stehen, wie musste es dann erst für Kaiba sein, der nicht nur fünf Mitarbeiter hatte, sondern Tausende, die im Gegensatz zu seinen auch eigene Familien hatten? Unfassbar viele Menschen hingen direkt oder indirekt von Kaibas Entscheidungen ab und davon, ob das, was er sich ausdachte, funktionierte und kommerziell erfolgreich war. Und jetzt gerade stand er mit dem Rücken zur Wand – ein Gefühl, das er selbst ebenfalls kannte und hasste, weil es ihm die eigene Jugend immer wieder schmerzlich vor Augen führte.

Das Gluckern der Kaffeemaschine wurde leiser und unregelmäßiger und versiegte schließlich ganz, als die letzten Tropfen in die Kanne entlassen wurden. Noch einmal atmete Duke tief durch, füllte zwei Tassen mit dem starken, schwarzen Gebräu und ging wieder hinunter.

Kaiba lehnte noch immer in nahezu unveränderter Haltung an der DDM-Arena. Mit einem vorsichtigen Lächeln kam Duke näher und händigte ihm das Getränk aus, was immerhin mit einem kurzen Nicken quittiert wurde. Ein paar Minuten lang standen sie einfach schweigend nebeneinander an die Arena gelehnt. Keine Ahnung, ob es am beruhigenden Aroma des Kaffees lag, aber Duke empfand die Stille im Gegensatz zu vorhin keineswegs als unangenehm. Sie schienen eine Art stumme Übereinkunft gefunden zu haben, auch wenn er noch nicht ganz sagen konnte, worin sie eigentlich bestand und wohin sie führte.

„Nicht viele Menschen trinken um diese Zeit noch Kaffee.“, riss ihn Kaibas ruhige Stimme aus seinen Gedanken.

Das ‚Außer mir.‘ hing für Duke so klar in der Luft, als hätte Kaiba es tatsächlich ausgesprochen. Schmunzelnd zuckte er mit den Schultern und nahm einen weiteren Schluck. „Kaffee geht immer.“

Er verlagerte sein Gewicht leicht nach links und erschrak beinahe ein wenig, als ihn einer der Schraubenzieher, die Kaiba noch immer in der Hand hielt, in die Rückseite seines Arms piekste. Ach ja, da war ja noch was …

„Und jetzt?“, fragte er leise in die Stille hinein.

„Hm.“ Der Brünette trank aus, stieß sich von der Arena ab und stellte seine leere Kaffeetasse auf den kleinen Beistelltisch neben dem Stuhl, auf dem seine Sachen lagen. Nachdenklich lief er ein paar Mal auf und ab und tippte dabei wiederholt mit der Rückseite eines der Schraubenzieher an seine Lippen. Schließlich zuckten seine Augenbrauen kurz nach oben und sein Blick hellte sich auf. Entsprechend neugierig folgten Dukes Augen jedem seiner Schritte. Kaiba ging zum Beistelltisch. Er legte das Werkzeug ab. Seine Hände wanderten zum Knoten seiner Krawatte. Unwillkürlich ließ Duke die Kaffeetasse leicht sinken.

Eine fließende Bewegung. Mehr brauchte Kaiba nicht, um den Knoten zu lösen und das seidige Stück Stoff unter dem Hemdkragen herauszuziehen. Duke schluckte. Achtlos wurde die Krawatte zu Jackett und Mantel auf den Stuhl geworfen und die schlanken Finger kehrten zum Hemdkragen zurück, wo sie mit wenigen, geübten Handgriffen die obersten zwei Knöpfe öffneten und damit einen ausführlicheren Blick auf Kaibas Hals und den Beginn seiner Schlüsselbeine erlaubten. Als der Brünette das Werkzeug wieder aufnahm und zielstrebig zu einer anderen Stelle der Arena ging, entließ Duke den Atem, den er offenbar unbewusst angehalten hatte, stellte seine Tasse ebenfalls beiseite und folgte ihm. Den Rücken des weißen Hemdes zierte ein leichter Grauschleier vom Staub des Bodens und für einen kurzen Moment überkam Duke der starke Drang, darüber zu streichen und den Schmutz abzuklopfen.

Kaiba musste sein fortgesetztes Starren als fragenden Blick interpretiert haben, denn er deutete mit dem Werkzeug auf die Stelle, wo er gerade erneut damit begann, zwei Außenabdeckungen abzuschrauben. „Das hier ist die zentrale Steuerungseinheit für die Animation der Hologramme. Wenn dort etwas nicht funktioniert, könnte das theoretisch Auswirkungen auf den Splitter und damit auch auf die Generatoren haben…“

Es dauerte einen Moment, bis die Worte tatsächlich zu Duke durchdrangen und die Frage verdrängten, wie sich der schlanke Rücken, den er durch den dünnen weißen Stoff leicht durchscheinen sehen konnte, wohl anfühlen mochte. (Entlang der Schulterblätter, die Wirbelsäule hinunter, bis zu den Hüften und …) Er blinzelte ein paar Mal und nickte schließlich mit leichter Verspätung, die Kaiba hoffentlich nicht bemerkt hatte. Kaum waren die Platten entfernt, rutschte der Firmenchef wieder unter die Arena und Duke erneut mit jenem merkwürdigen, nervösen Flattern im Magen links neben ihn.

Der Versuch, Körperkontakt weiterhin zu vermeiden, war in diesem noch engeren Zwischenraum ein absolut aussichtsloses Unterfangen: Ihre Schultern pressten sich aneinander, Dukes Hüfte, nein, fast seine gesamte rechte Seite berührte sanft die des Brünetten. Augenblicklich schien sich jeder Millimeter aufzuheizen und begann ebenfalls zu kribbeln, so als wären sie irgendwie statisch aufgeladen.

Duke entging keine noch so kleine Bewegung des Körpers neben ihm; jede einzelne gewann auf einmal eine fast unnatürliche Intensität: Die schnellen Wechsel von Anspannung und Entspannung in Kaibas Armen und Schultern, wenn er mit dem Schraubenzieher oder der Zange hantierte, die leichten Gewichtsverlagerungen seiner Hüfte, die sanfte Kontraktion seiner Bauchmuskeln, wenn er den Kopf ein wenig nach oben beugte, um ein anderes Werkzeug auszuwählen, welche er auch diesmal mangels Platz auf seinem Oberkörper abgelegt hatte. Dazu der dezente, aber durchaus angenehme Duft seines Parfüms, der Duke automatisch tiefer einatmen ließ. Sein Herz pochte laut und schnell gegen seinen Brustkorb, während Kaibas geschickte Finger Kabelklemmen lösten, Kaibas Augen konzentriert jedes der winzigen Bauteile auf das Genaueste prüften – tiefblau und ruhig, wie ein Ozean bei lauem Wind.

In Ermangelung echter Alternativen suchten Dukes Gedanken ihr Heil in der Abschweifung, drifteten irgendwohin, Hauptsache weit weg von hier und den verwirrenden Eindrücken, die seine unmittelbare Umgebung in ihm auslöste. Was normale Leute um diese Zeit wohl gerade taten? …

Ein leichtes Zittern des Lichtkegels verriet ihn, obwohl er eigentlich sicher war, sein Kichern ansonsten weitgehend unterdrückt zu haben.

„Was?“ Der Brünette hielt in seinen Bewegungen inne und sah fragend zu ihm.

„Nichts, ich dachte nur gerade …“ Mitten im Satz stockte Duke und schüttelte leicht den Kopf. „Vergiss es einfach!“

Der Brünette entließ ein genervtes Schnauben. „Jetzt spuck’ es schon aus, Devlin!“

„Nur ein bescheuerter Gedanke, nichts weiter!“ Ungewohnte Hitze stieg in seinen Kopf auf. Die blauen Augen musterten ihn ungeduldig. Wenn er nicht aufpasste, war der Sturm in ihnen ganz schnell wieder zurück – nichts mehr mit lauem Wind und Ruhe. „Okay, aber sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt!“ Er wich dem durchdringenden Blick aus und starrte stattdessen leicht schmunzelnd nach oben in das halb erleuchtete, halb im Schatten liegende Gewirr der Technik. „Ich hab mich nur gerade kurz gefragt, was wir eigentlich falsch gemacht haben. Ich meine, andere Leute liegen um diese Zeit mit ihrem Date auf einer Wiese und schauen in den Sternenhimmel – wir liegen hier auf einem staubigen Fliesenboden und schauen auf Kabelsalat und Halbleiter!“

Kaiba ließ den Schraubenzieher sinken und sah ihn an, als hätte er soeben behauptet, Joey sei für den Physik-Nobelpreis nominiert worden. „Hast du das hier“, er deutete mit dem Schraubenzieher zwischen ihnen hin und her, „gerade allen Ernstes mit einem Date verglichen?!“

Dukes Augenbrauen wanderten vielsagend nach oben und sein Schmunzeln wuchs zu einem schelmischen Grinsen. „Ist das allen Ernstes das, was du rausgehört hast?!“

Dem vorwurfsvollen Blick, der ihm entgegenschlug, hielt er problemlos stand und biss sich auf die Unterlippe, um nicht laut loszulachen. Das leichte Beben seines Oberkörpers konnte er allerdings nicht unterdrücken. Kaiba ein bisschen aufzuziehen war unerwartet lustig – eine Gratwanderung, ohne Zweifel, aber seit wann scheute er ein kleines Risiko? Der Brünette schüttelte nur den Kopf und wandte sich wieder der Technik zu, doch Duke glaubte, für den Bruchteil einer Sekunde auch ein kurzes Zucken seiner Mundwinkel gesehen zu haben. Das nervöse, aber gleichzeitig warme und angenehme Flattern breitete sich nach oben in seinen Brustkorb aus. Ein überschwängliches Gefühl, fast als wäre er leicht angetrunken, aber vielleicht lag das auch an seiner Müdigkeit. Nach müde kam ja bekanntlich blöd, wie man so schön sagte.

Kaiba schien seinen Fokus in der Folge weit schneller wiederzufinden als er selbst, aber da seine Aufgabe ja lediglich darin bestand, einen Lichtkegel nach oben auf eine ganz bestimmte Stelle zu richten, wirkte sich diese Tatsache glücklicherweise nicht weiter störend aus.
 

Einige Minuten vergingen, ohne, dass etwas Nennenswertes passierte, und Duke kam langsam nicht mehr umhin, sich zu fragen, ob sie heute überhaupt fertig werden würden, da bewegte sich Kaiba neben ihm leicht, um besser an eine andere Stelle zu kommen. In perfekt vorauseilendem Gehorsam richtete Duke das Licht dorthin, bemerkte jedoch aus dem Augenwinkel, wie sich ein paar der Werkzeuge auf Kaibas Brust gefährlich mitbewegten. Schneller als er oder Kaiba reagieren konnten, machte sich einer der Schraubenzieher selbstständig und folgte der Schwerkraft nach unten. Für einen kurzen Moment spürte Duke noch, wie er auf Höhe ihrer Taillen zwischen ihm und Kaiba klemmte, doch als sie sich beide im gleichen Moment reflexhaft bewegten, um den Absturz noch zu verhindern, fiel der Schraubenzieher klackernd nach unten und rollte davon.

„Ver-ammd!“, fluchte Kaiba, bedingt durch den anderen Schraubenzieher in seinem Mund jedoch nur halb verständlich. Sichtlich verärgert wanderte sein Blick wieder nach oben, vermutlich um zu erurieren, ob er eine seiner Hände gefahrlos lösen konnte, um nach dem verlorenen Schraubenzieher zu suchen. Das Ergebnis schien jedoch negativ ausgefallen zu sein, denn er rückte nur ein paar Millimeter nach rechts, ohne irgendetwas loszulassen und sah Duke mit hochgezogenen Augenbrauen auffordernd an.

„Oh, ja klar, warte, ich mach das schon!“, sprang er sofort darauf an, rückte ebenfalls so weit er konnte nach links, um so viel Platz zwischen ihnen zu schaffen, wie unter den räumlichen Gegebenheiten möglich war, und leuchtete mit dem Telefon in den schmalen Spalt zwischen ihnen. Leider konnte er aus seiner aktuellen Perspektive absolut nichts erkennen. Nun ja, weit konnte der Schraubenzieher nicht gekommen sein. Er hob seinen Körper ein wenig an, quetschte seinen Arm zwischen ihnen hindurch nach unten und begann, mit der rechten Hand den Untergrund unter sich abzusuchen.

Da er jedoch nur ins Leere tastete, war der Schraubenzieher vermutlich doch etwas weiter nach rechts gerollt. Kaiba erkannte offenbar, wohin seine Suchbemühungen nun zielten und gab sich redlich Mühe, ihm im Rahmen seiner Möglichkeiten noch etwas mehr Platz zu machen, ohne dabei auch noch das verbliebene Werkzeug von seinem Oberkörper rollen zu lassen. Sein Erfolg hielt sich jedoch in Grenzen und Duke wurde klar, dass seine suchende Hand unweigerlich auch mit Kaibas Körper in Kontakt kommen würde. Das Blut in seinen Adern begann schneller zu rauschen.

Langsam wanderte seine Hand auf dem Boden etwas weiter nach rechts oben; vorsichtig, nicht, dass er Kaiba noch versehentlich mit dem Ellenbogen in die Seite stieß. Die Wärme des Körpers neben ihm strahlte nahezu ungehindert durch den dünnen Stoff des Hemdes, das Gewicht drückte ganz leicht von oben auf seinen Handrücken. Sein Herzschlag beschleunigte sich. Die Sinneseindrücke auf der Oberseite seiner Finger waren ungewohnt, aber gerade darum auch irgendwie … aufregend: Auf Höhe von Kaibas Brustkorb gab die Haut durch die Knochen darunter nur wenig nach, dafür war das sanfte Nachbeben seines Atems umso deutlicher zu spüren. An Kaibas Taille bemerkte er die leichte Spannung der Bauchmuskeln, und doch war von dort an bis hinunter zu seinen Hüften alles weicher und strahlte weiterhin jene fast schon berauschende Wärme aus. In Dukes Bauch schien sich mittlerweile ein ganzer Insektenschwarm auszutoben. Das Gefühl war so angenehm wie es furchteinflößend war, aber am Ende überwog doch eine gewisse Dankbarkeit, dass der kleine, rote Schraubenzieher weiterhin hartnäckig verschollen blieb. Gezwungenermaßen glitt seine Hand weiter nach unten über das glatte, ebenfalls warme Leder von Kaibas Gürtel hinweg und wurde dank der Schwerkraft sanft in den etwas raueren, dünnen Stoff der Anzughose gepresst … und damit auch unweigerlich das davon umhüllte Körperteil, dessen leicht angespannte Muskulatur und sanfte Rundung er auch mit dem Handrücken noch zweifelsfrei ertasten konnte. Seine Bewegungen verlangsamten sich kaum merklich.

… schlecht war definitiv anders …

Duke musste schlucken. Gut, dass er das Licht gerade von sich weg hielt, denn sein Gesicht fühlte sich auf einmal sehr heiß an. Läge der Schraubenzieher dort, wo er gerade seine Hand hatte, hätte Kaiba ihn sicherlich bereits bemerkt. Vermutlich sollte er die Hand also besser dort wegnehmen, bevor Kaiba noch bemerkte, dass gerade sein Hintern befummelt wurde …

Mit aller Kraft und Flexibilität, die er aufbringen konnte, beugte Duke sich noch ein paar Zentimeter zur Mitte und konnte sich dadurch noch ein Stück weiter nach unten strecken – zum Glück ohne, dass sein Kopf dabei auf Kaibas Schulter zu liegen kam. Dank ihrer aufgestellten Beine konnte er seine Hand nun auch frei und weitaus unbefangener bewegen und spürte nach ein wenig Hin und Her endlich (endlich!) das harte, rund geformte Plastik des Schraubendreher-Griffs an seinen Fingerspitzen. Noch ein paar Millimeter, und …

„Ha! Hab ihn!“ Triumphierend zog er die Hand mit dem wiedergefundenen Werkzeug nach oben.

Gerade wollte Duke den Schraubendreher wieder an seinen angestammten Platz zurücklegen, doch im letzten Moment zögerte er. Wie Kaiba so dalag, mit einem Schraubenzieher im Mund, weiterem Werkzeug auf der Brust und den Händen im Kabelgewirr über sich, war zwar ein durchaus amüsanter Anblick, aber … ein sanftes Lächeln stahl sich auf seine Lippen und er schüttelte den Kopf. „Lass mich das mal lieber machen!“

Die blauen Augen seines Gegenübers weiteten sich überrascht, als Duke sich ein wenig drehte, den Ellenbogen aufstützte und seinem Klassenkameraden vorsichtig den Schraubenzieher aus dem Mund nahm. Sichtlich irritiert ließ Kaiba es geschehen und sein ruheloser Blick folgte Dukes Hand, die in einem Rutsch auch das restliche Werkzeug von seinem Oberkörper klaubte. Ganz sacht strichen Dukes Fingerspitzen dabei über das Hemd und Kaibas Brust. Sein Herz machte einen kurzen Sprung. Bildete er es sich nur ein oder hob und senkte sie sich ein wenig schneller als noch gerade eben?

Doch ein zweiter Blick offenbarte diesbezüglich nichts mehr, stattdessen lag nun ein spöttisches Blitzen in den blauen Augen. „Leuchten und das Werkzeug halten?! Bist du sicher, dass du das hinbekommst?“

Der offensichtlich amüsierte Tonfall des Brünetten ließ das merkwürdige Flattern in Dukes Brust erneut aufflammen. Er ließ sich davon jedoch nicht beirren, sondern antwortete nicht minder trocken und ironisch: „Deine Sorge, ich könnte mich überfordern, rührt mich wirklich zutiefst, aber ich denke schon, ja.“

Kaibas Mundwinkel zuckten verräterisch. Versuchte er da etwa ein Schmunzeln zu unterdrücken? „Also gut, dann gib mir den Zweier-Schraubenzieher!“

Etwas ratlos betrachtete Duke die drei Schraubenzieher in seiner Hand und versuchte geradezu verzweifelt, irgendwo eine entsprechende Bezeichnung zu finden. Nachdem er die Griffe ein paar Mal ergebnislos hin und her gedreht hatte, gab er seufzend auf. „Das wäre welcher?“

„Der, den ich im Mund hatte.“

„Ah!“ Sofort reichte Duke das gewünschte Werkzeug an und leuchtete bestmöglich auf die Stelle, an der Kaibas Hände weiter zu Werke gingen.

Die Konzentration wurde in den folgenden Minuten beinahe körperlich spürbar, die Ruhe nur unterbrochen, wenn Kaiba ihn aufforderte, ihm ein neues Werkzeug anzureichen. Letzteres funktionierte mit der Zeit immer besser und schon bald konnte er jedes einzelne problemlos zuordnen. Manchmal hielt er dem Brünetten sogar schon das richtige Werkzeug hin, bevor er überhaupt danach fragte, was Kaiba durchaus wohlwollend zur Kenntnis zu nehmen schien.

Die Zeit verging – wie viel genau, konnte Duke nicht sagen – doch langsam aber sicher holte ihn, sicherlich noch verstärkt durch die Wärme und ihre liegende Position, die Müdigkeit ein. Seine Hand mit dem Werkzeug wanderte zu seinem Mund, als er ein tiefes Gähnen nicht mehr länger unterdrücken konnte.

„Was denn, Devlin, schon müde?!“, kam es wieder mit leicht spöttischem Unterton von rechts.

„Hab letzte Nacht nicht wirklich geschlafen.“, erklärte er vollkommen unironisch mit einem trägen Schulterzucken, „Die Gehaltsabrechnungen waren dringend fällig und ich wegen dieses dämlichen Vortrags in Geschichte und einem Online-Workshop mit den Industrial Illusions-Leuten mal wieder viel zu spät dran. Ich glaube, in meinen Adern fließt mittlerweile wesentlich mehr Kaffee als Blut, ansonsten wäre ich heute nicht durch den Tag gekommen. Aber irgendwann hilft Kaffee eben auch nur noch begrenzt, egal wie stark er ist.“

Ein undefinierbarer Ausdruck mischte sich in das Meerblau von Kaibas Augen, sodass er schnell hinzufügte: „Aber keine Sorge, ich halte schon noch durch, ich hatte schon härtere Phasen. Also los, schraub schon weiter!“ Er fuchtelte ein wenig mit dem Telefon in seiner Hand, sodass das Licht ein paar Mal schnell über die Stelle huschte, an der Kaiba gerade zugange war. „Jeder Tag, den das Teil nicht funktioniert, kostet mich Einnahmen!“

Zum ersten Mal trat auf Kaibas Lippen ein echtes Schmunzeln, bevor er leicht den Kopf schüttelte und seine viel zu blauen Augen von ihm ab- und wieder der Technik zuwandte. Dukes Herz pochte so stark, dass es bis in seine Ohren nachhallte.
 

Zwar kam sein Körper wieder ein wenig zur Ruhe, als die Schrauberei und Sucherei ganz wie gewohnt (wenn man denn schon von so etwas wie „Gewöhnung“ sprechen konnte) weiterging, doch führte es auch dazu, dass seine Müdigkeit nur mit umso größerer Macht wiederkehrte. Seine Augenlider wurden schwerer und schwerer, sie offen zu halten, erforderte immer mehr Kraft. Er konnte doch aber jetzt nicht einschlafen! Was würde Kaiba denn von ihm denken?! Außerdem ging es um die Arena und sein Geschäft! … Aber vielleicht konnte er die Augen ganz kurz zumachen, nur einmal, ein paar Sekunden und dann …

Seine Lider schossen schlagartig nach oben, als neben ihm scharf die Luft eingezogen wurde. Beinahe wäre er zusammengezuckt. Gott, war er tatsächlich eingenickt und hatte das Telefon wieder sinken lassen?! Oder seinen Einsatz mit dem Werkzeug verpasst?! Der Lichtkegel hatte jedenfalls deutlich gewackelt, als er hochgeschreckt war. Er warf einen nervösen Seitenblick nach rechts und atmete kaum hörbar aus. Kaiba schenkte ihm überhaupt keine Beachtung, sondern schien völlig auf die Technik fokussiert. Vermutlich hatte er also nichts bemerkt. Zum Glück!

Plötzlich schlossen sich erneut warme Finger um Dukes Handgelenk, führten es ein paar Zentimeter weiter nach links und ließen nicht los. Beinahe blieb ihm das Herz stehen, sein ganzer Arm kribbelte, schien mit einem Mal unter Strom gesetzt zu sein. Vergessen war die Müdigkeit, er war wieder hellwach.

Kaiba verstaute den Schraubenzieher in seiner anderen Hand temporär in seiner Hosentasche und sah konzentriert auf eine ganz bestimmte Stelle irgendwo in dem Kreis, den Duke als seine halbmenschliche Taschenlampe gerade beleuchtete. „Ich wusste es!“

„Was?“

„Ich habe den Fehler gefunden!“ Ein triumphierendes Leuchten erfüllte Kaibas Blick, Stolz und seine gewohnte Selbstsicherheit schwangen in seiner Stimme.

„Wo?“ Hätte Duke eine Hand frei gehabt, hätte er sie sich vor die Stirn geschlagen. Wenn er demnächst alle W-Fragen durch hatte, konnte er dann endlich einen sinnvollen und zusammenhängenden Satz bilden?!

Kaibas rechte Hand, die auf einige Kabel knapp über seinem Kopf deutete, lenkte ihn jedoch wieder von seinen ungewohnt selbstkritischen Gedanken ab, wenn auch weniger effektiv als die andere, die weiterhin Dukes Handgelenk festhielt. „Hier!“

Anders als vorhin versuchte Duke noch nicht einmal, den Körperkontakt abzubrechen, war die Umklammerung doch diesmal wesentlich behutsamer und … angenehmer. „An den Kabeln?!“, fragte er unsicher, aber mehr konnte er aus seiner Perspektive nun einmal nicht erkennen.

„Nein, darunter!“, gab der Brünette denn auch zurück, als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt, „Hier!“

Kaiba drehte sich ein wenig, um es ihm noch genauer zu zeigen. Unweigerlich drückte sich sein Körper noch etwas mehr in Dukes Seite, der dünne Stoff des Hemdes strich sacht an seinem Oberarm entlang. Duke wurde heiß. „Ich seh’s nicht!“, gab er ehrlich und mittlerweile fast ein wenig verzweifelt zu. Himmel, und dabei zeigte Kaiba schon darauf! In etwa so musste sich Joey bei ihrem letzten Besuch im Zoo gefühlt haben, als alle außer ihm im Tropenhaus das Chamäleon entdeckt hatten. Mit bebendem Herzen rückte er ein kleines Stück weiter nach rechts, Kaiba entgegen, und neigte den Kopf, um endlich an den Kabeln vorbeispähen zu können. „Du meinst … das kleine quadratische Teil da?“

Sein Kopf touchierte Kaibas Schulter. Die schlanke Brust unter dem weißen Hemd hob und senkte sich in einem gleichbleibenden, beruhigenden Rhythmus. Die Wärme, der Duft des Parfüms, den er mit jedem Atemzug tiefer in sich aufnahm, drohten ihm die Sinne zu vernebeln. Er sah Kaibas Nicken nicht, sondern spürte nur, wie der Kopf des Brünetten seinen eigenen in einer leichten Auf- und Abbewegung streifte. Dukes Muskeln versteiften sich, er musste sich regelrecht zwingen weiter zu atmen. Kaibas Stimme schien direkt in seinem Kopf zu vibrieren, so nahe waren sie sich. „Diese Prozessoreinheit sieht bei Duel Monsters-Arenen anders aus. Offenbar wurde bei den DDM-Arenen eine leicht andere Baureihe verwendet. Niemand hat etwas gefunden, weil alle an der falschen Stelle gesucht haben! Nicht das Software-Update hat den Fehler verursacht, sondern das gleichzeitig ausgelieferte Firmware-Update!“

Vorsichtig drehte Duke den Kopf noch ein keines Stück, um Kaiba ansehen zu können und ihm zu bedeuten, dass er im Rahmen seiner Möglichkeiten verstand. Noch immer lag Kaibas Kopf leicht auf seinem, waren ihre Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. Federleichte, warme Luftzüge strichen sanft über Dukes Lippen hinweg, als der Brünette mit seiner Erklärung fortfuhr: „Das Firmware-Update hat unter anderem den Belastungsgrenzwert für die Prozessoren leicht erhöht und …“

Ihre Blicke trafen sich. Kaiba stockte.

Die blauen Augen fixierten Duke, ließen ihn nicht los und er ließ sich bereitwillig in die aufpeitschende See hineinziehen. Sein eigener flacher Atem vermischte sich mit Kaibas, sein Herz raste oder setzte aus, wer konnte das schon so genau sagen.

Dann war es vorbei.

Überstürzt ließ Kaiba sein Handgelenk los und neigte den Kopf wieder nach rechts, weg von seinem, um etwas mehr Abstand zwischen sie zu bringen. Er räusperte sich, bevor er etwas lauter und in betont sachlichem Tonfall weitersprach: „Das bedeutet, wir müssen das Firmware-Update zurückrollen und ein eigenes für die DDM-Arenen bereitstellen.“

Kaum hatte er geendet, rutschte er hastig nach vorne und ließ Duke einmal mehr allein unter der Arena zurück.

A die, some tools and ...

Die Wärme neben Duke verschwand schnell. Zu schnell. Sein Herz klopfte noch immer wie wild, als er sich ebenfalls wieder unter der Arena hervorschob, aufrichtete und seinen Blick durch den Raum schweifen ließ.

Kaiba hatte bereits wieder sein Jackett angezogen, war zu seinem Laptop gegangen und tippte mit versteinerter Miene darauf herum.

Wie am Anfang.

Als wären die letzten drei Stunden nicht passiert.

Als wäre nichts Besonderes vorgefallen.

Als hätten sie sich nicht gerade beinahe …

Duke senkte den Kopf und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Fuck! Sein Magen fühlte sich an, als sei er einmal um 180 Grad gedreht worden. Vorsichtig trat er in angemessenem Abstand wieder hinter den Brünetten, um an ihm vorbei auf den Laptop-Bildschirm spähen zu können. Letzterer wurde jetzt fast vollständig von einem schwarzen Fenster dominiert, in dem im klackernden Stakkato der Tastatur eine neue, weiße Zeile nach der anderen erschien.

Sollte er etwas sagen?

Nein, vermutlich war es besser, Kaiba erst einmal nicht zu stören. Er entließ ein kaum hörbares Seufzen, vergrub die Hände in den Hosentaschen und lief leise und ziellos entlang der Arena auf und ab. Immer wieder wanderten seine Augen sekundenlang zu dem Brünetten, der weiterhin konzentriert vor sich hin tippte und ihn anscheinend vollkommen ausgeblendet hatte.

Wie konnte Kaiba nur so ruhig sein? Er war doch gerade eben auch da unten gewesen! Und mit absoluter Sicherheit hatte er die plötzliche Veränderung ebenfalls bemerkt, sonst hätte er wohl kaum so überstürzt das Weite gesucht!

Aus dem Augenwinkel sah er, wie Kaiba den Kopf hob, und kehrte zum Spielerterminal zurück. Das Code-Fenster auf dem Computer war in den Hintergrund geschoben worden, stattdessen beherrschte ein sich gemächlich füllender Ladebalken die Bildschirmmitte. Als der Balken einhundert Prozent erreichte, blinkten die LEDs an der Arena drei Mal kurz hintereinander auf, dann erloschen sie für einige Sekunden, bevor sie wieder dauerhaft zu leuchten begannen. Offenbar führte Kaiba einen Neustart durch.

„Hast du das Problem behoben?“, fragte Duke zaghaft in die Stille hinein. Er glaubte zwar, die Antwort bereits zu kennen, aber Hauptsache, es wurden überhaupt wieder ein paar Worte gewechselt.

„Was glaubst du?!“, bekam er lediglich lakonisch zur Antwort. Gerade wollte er die Augen verdrehen, da drehte sich der Brünette plötzlich zu ihm herum. „Du hast nicht zufällig einen Würfel zur Hand?“

Ein vorsichtiges Grinsen breitete sich auf Dukes Lippen aus. „Was glaubst du?!“, imitierte er sein Gegenüber in der Hoffnung, wenigstens ein bisschen zu der Leichtigkeit von vorhin zurückkehren zu können. Kaibas Gesichtsausdruck blieb jedoch weiterhin kühl und distanziert. Schnell wich Duke dem unangenehm stechenden Blick aus, indem er in seine Hosentasche griff und beinahe augenblicklich einen roten Würfel zum Vorschein brachte. Zielsicher warf er ihn dem Brünetten zu, der ihn problemlos mit einer Hand auffing und auf dem Spielerdisplay platzierte.

Das entsprechende Quadrat auf dem großen Spielfeld leuchtete kurz auf, dann materialisierte sich der Würfel in der Arena. Ohne Umschweife drückte Kaiba das kleine Objekt auf dem Panel herunter und die Seiten des Würfels klappten auf, sowohl auf dem Spielerdisplay, als auch auf der Hologramm-Fläche.

Auf einem der Würfelteile sprühten wilde Funken in einer Art kleinem Tornado und gaben schließlich den Blick frei auf einen großen, bläulich-grünen Drachen. Die Schuppen des mächtigen Wesens irisierten bunt im Licht, als es seine mächtigen Schwingen entfaltete und einen kurzes, lautes Brüllen entließ.

Kaibas Augen weiteten sich und in seiner Stimme mischten sich Erstaunen und Anerkennung zu annähernd gleichen Teilen. „Schimmerdrache #2?“

Duke nickte wissend. „Eins deiner Lieblingsmonster, nicht?“ Er zuckte mit den Schultern und ging ein Stück weiter um die Arena, um den Drachen genauer zu betrachten. „Reiner Zufall. Aber man muss es ihm lassen: Er macht seinem Namen wirklich alle Ehre. Einfach wunderschön!“

Die blauen Augen des Firmenchefs blieben fest auf das Monster gerichtet; der Anblick der stolzen Kreatur vor ihm schien ihn komplett einzunehmen. „Warte erst, bis du ihn siehst, wenn ihn unsere neue Hologramm-Engine rendert! Damit erreichen wir ein ganz neues Level!“ Kaibas Worte und sein Tonfall brachten die feinen Härchen auf Dukes Unterarm und in seinem Nacken dazu, sich aufzustellen. Es war mehr als Kaibas üblicher Stolz, der da aus ihm sprach. Seine Stimme, das Leuchten in seinen Augen, das so viel mehr war, als nur die Reflektion der leuchtenden Kreatur vor ihm, es war … echte Leidenschaft.

In der Hektik und dem Stress des Alltags mochte es oft genug untergehen, aber hier und jetzt, in diesem Moment, konnte es kaum klarer sein: Kaiba arbeitete nicht einfach, er verwirklichte einen – seinen! – Traum. Jeden Tag.

Genau wie er selbst.

Das Flattern in Dukes Eingeweiden kehrte machtvoll zurück.

Seine Lippen kräuselten sich zu einem sanften Schmunzeln, als er mit dem Fuß zweimal leicht gegen den unteren Rand der Arena tippte. „Aber vermutlich nicht mehr mit dem Teil hier, oder?“

Jetzt erst löste Kaiba den Blick von dem Monster und schüttelte den Kopf. „Nein, die neue Engine braucht auch leistungsfähigere Hardware der neuesten Generation.“ Mit einem schnellen Handgriff entdimensionierte er den Würfel und entfernte ihn von der Spielfläche, dann stieg er von dem Spielerterminal hinunter.

Duke entfuhr ein halb amüsiertes, halb zynisches Schnauben. „Tja, das ist wohl der unvermeidliche Lauf der Dinge! Keine drei Jahre alt und sie gehört schon wieder zum alten Eisen …“ Er seufzte, dann hob er den Blick und fror förmlich an Ort und Stelle fest. Sein Puls beschleunigte sich. Kaiba stand genau vor ihm.

Das Weiß des Hemdes wirkte so hell, dass es ihn beinahe blendete. Schnell wichen seine Augen aus, weiter nach oben zu den geöffneten Hemdknöpfen, Kaibas Hals. Ein Hauch des Parfüms stieg ihm in die Nase. Er hielt den Atem an. Der Brünette streckte die Hand aus. Was zum …?!

Mit gezieltem Griff wurde Duke das Werkzeug aus der Hand genommen. Sein Herz schien für eine Sekunde auszusetzen. War da wirklich gerade eine kurze Berührung gewesen oder … ?

„So weit würde ich nicht gehen.“ Kaiba schüttelte sanft den Kopf, ging an Duke vorbei und räumte das Werkzeug wieder an seinen angestammten Platz hinter der Handschuhfach-Klappe. „Auch diese Generation ist bereits ein Meilenstein der absolut realistischen Hologramm-Projektion und kann noch wesentlich mehr leisten, als du dir vorstellen kannst.“

Zügig kehrte Kaiba zu dem Terminal zurück, öffnete den Reißverschluss seines Laptop-Cases, zog das Verbindungskabel von der Arena und seinem Computer ab und begann es aufzurollen. Beinahe kam es Duke vor, als würde es statt um Kaibas Hand um seine eigene Brust gewickelt und immer enger gezogen. Wieso ging das denn jetzt auf einmal alles so schnell?!

Er öffnete den Mund, durchwühlte sein Gehirn verzweifelt nach sinnvollen Worten, nach irgendetwas, das er sagen konnte, um Kaiba dazu zu bringen, innezuhalten.

„Zum … Beispiel?“ Es klang nicht einmal annähernd so herausfordernd, wie er es eigentlich gewollt hatte, aber vielleicht reichte es ja. Kaibas Hand verharrte am Rand des Laptop-Bildschirms, bereit ihn zuzuklappen. Dukes Atem stockte. Die Schlinge um seine Brust zog sich weiter zu.

Eine perfekt geschwungene, braune Augenbraue wanderte nach oben. „Zweifelst du etwa daran?“

Duke hob die Schultern und zwang ein keckes Grinsen auf seine Lippen. „Ich überzeuge mich eben gern selbst!“

Kaiba rollte mit den Augen und atmete betont scharf ein. „Wenn ich noch einen meiner eigenen Sätze aus deinem Mund höre, dann …“ Ohne die Drohung zu vollenden, entließ der Brünette den Atemzug wieder, nahm seine Hand vom Rand des Bildschirms und zog erneut das Kabel hervor. „Du willst also sehen, was deine Arena noch so alles kann, ja?!“

Duke nickte nur. Die Enge in seiner Brust löste sich und er hatte das Gefühl wieder freier atmen zu können.

Nachdenklich fuhr sich Kaiba mit dem Finger über die Lippen, dann blitzten seine Augen auf, was Dukes Herz augenblicklich einen vorfreudigen Sprung vollführen ließ.

„Also gut, geh zur Mitte der Arena und steig hinein!“ Kaiba drückte ein paar Tasten und verband das Kabel von Neuem mit der Arena. „Zieh aber gefälligst die Schuhe aus!“

Dukes Stirn legte sich in Falten. In die Arena? Er hatte immer gedacht, dass man die Spielfläche keinesfalls betreten durfte … Andererseits, wenn der Erfinder der Technologie höchstselbst ihn schon dazu aufforderte, wer war er, da zu widersprechen?!

Wie geheißen schlüpfte er also aus seinen Schuhen und kletterte nahe der Mittellinie über die etwa hüfthohe Umgrenzung. Das Glas der Spielfläche lag kalt und glatt unter seinen Füßen und mit vorsichtigen Schritten (bloß nicht ausrutschen!) trat er weiter bis in die Mitte. Dort angekommen verschränkte er die Arme und wartete – auf was auch immer das jetzt wieder werden sollte. Sein Herz schlug in gespannter Aufregung gegen seinen Brustkorb.

Mindestens zwei Minuten lang flogen Kaibas Hände nur so über die Tastatur, dann hörte das andauernde Tippen plötzlich auf und der Brünette hob den Kopf. Suchend blickte er sich im Raum um. Gerade als Duke fragen wollte, ob er ihm behilflich sein könnte, schien Kaiba jedoch bereits fündig geworden zu sein. Mit zügigen Schritten trat er von dem Terminal hinunter, ging zu den Lichtschaltern direkt neben dem Aufgang zur Treppe und betätigte einen nach dem anderen. In dem großen Raum war es mit einem Mal stockdunkel, bis auf das sanfte Leuchten des Computers und der LEDs an der Arena.

Der Wunsch zu erfahren, was Kaiba mit alldem bezweckte, wurde immer drängender, aber da die Auflösung vermutlich kurz bevor stand, machte eine Nachfrage jetzt wohl auch keinen wirklichen Sinn mehr. Beinahe geisterhaft erschien Kaibas Gesicht von Neuem in dem bläulichen Lichtkreis des Laptops.

Klack!

Auf einen einzelnen, entschiedenen Tastendruck hin begann die Arena um Duke sanft zu brummen und zu vibrieren. Bisher hatte er nie so genau darauf geachtet, aber jetzt, nach einem halben Abend so nahe an und mit der Technik, kam er nicht umhin das perfekte Zusammenspiel der vielen kleinen, filigranen Teile, von elektrischem Strom und Daten, zu bewundern. In einer vollkommen synchronen Bewegung richteten sich die Hologramm-Generatoren an den Seiten geschlossen nach oben. Die Decke des Raumes verschwand, die Kanten der Wände verschwammen, die Stühle, die Tische, alles trat zurück hinter einer gleichmäßigen dunkelblauen, fast schwarzen Fläche, die in der fast vollkommenen Dunkelheit tief, weit und leicht gewölbt erschien. Duke drehte sich einmal auf der Stelle im Kreis. Die schwarze Weite war allgegenwärtig.

„Was …?“ Er blinzelte mehrmals. Ein Lichtpunkt tauchte auf der Fläche auf. Da, noch ein zweiter! Mit Sicherheit war es keine Einbildung, kein Symptom seiner akuten Übermüdung, denn nach und nach erschienen überall um ihn herum kleine Lichtpunkte, erst nur einige wenige, dann immer mehr, bis der gesamte Raum um und über ihm von Abertausenden kleineren und größeren, helleren und dunkleren Lichtern übersät war.

„Hattest du nicht vorhin etwas von ‚Sternenhimmel‘ gesagt?“, drang Kaibas Stimme von irgendwo hinter der Schwärze an seine Ohren, doch er nahm die leicht amüsierte Frage nur halb wahr. Den Kopf in den Nacken geworfen, stand er mit weit offenem Mund da wie angewurzelt und hatte nur Augen für das beeindruckende Schauspiel um sich herum. Sein leises „Wow!“ war kaum mehr als ein atemloses Hauchen.

Es war absolut perfekt!

„Hab ich es nicht gesagt?!“ Duke zuckte zusammen. Kaiba stand direkt neben ihm und schien, dem Tonfall nach zu urteilen, einigermaßen zufrieden mit seiner Reaktion zu sein. „ ‚Altes Eisen’ … von wegen!“

Duke war sprachlos. Noch immer brachte er keinen zusammenhängenden Satz über die Lippen. Was hätte er auch antworten sollen?! Mit allem hatte er gerechnet: Monstern, phantastischen Landschaften, wilden Farben, aber nicht mit so etwas.

So nickte er nur stumm, ließ sich schwer auf das dicke Glas der Spielfläche sinken, stützte die Arme hinter sich auf und sah völlig gefesselt weiter nach oben. Natürlich hatte er von Astronomie keine Ahnung, aber irgendetwas sagte ihm, dass jeder Stern in seiner Größe, Leuchtkraft und Position absolut akkurat war.

Ein leichter Luftzug neben ihm brachte ihn dazu, sich einen Moment von dem überwältigenden Anblick zu lösen. Kaiba hatte sich neben ihn gesetzt. Sein Herzschlag beschleunigte sich. Schnell wandte er den Blick wieder nach oben, um sich erneut in dem Sternen-Panorama zu verlieren.

„Glaubst du, das wird dir jemals langweilig?“, fragte er leise in die merkwürdig aufgeladene Stille.

„Was?“, kam es ebenso leise zurück.

„Das hier.“ Er deutete nach oben. „Du weißt schon, deine Technologie. Dir irgendwas ausdenken zu können, ein paar Knöpfe zu drücken oder ein paar Zeilen Code zu schreiben und zack, schon ist es da.“

Dukes Augen hatten sich mittlerweile weit genug an das Dunkel gewöhnt, dass er nicht nur Kaibas Kopfschütteln, sondern auch das sanfte Schmunzeln erkannte, das dabei seine Lippen umspielte. „Nicht wirklich, nein.“

Wärme breitete sich in Duke aus wie flüssiges Sonnenlicht. „Gut. Wäre auch zu schade.“ Er entließ ein absichtlich lautes Seufzen. „Eine Wiese haben wir zwar trotzdem nicht, aber … egal!“ Mit einem kurzen Schulterzucken ließ er sich vollständig nach hinten sinken, überkreuzte die Füße und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Er wandte den Blick noch einmal nach rechts und begegnete blauen Augen, die ihn von oben herab skeptisch musterten.

„Oh, komm schon, Kaiba! Wann hast du das letzte Mal in den Sternenhimmel geguckt?!“ Noch einmal hob er seinen Oberkörper leicht an und stützte sich auf die Ellenbogen, ohne seinen amüsierten Blick von dem Brünetten zu lösen. „Der hier ist zwar nicht echt, aber glaub mir, wenn ich dir sage: Der ist so gut gemacht, das fällt gar nicht auf!“

Der Brünette atmete leise aus.

Dann ließ er sich ebenfalls langsam nach hinten sinken.

In Dukes Innerem tobte es.

Niemand sprach ein Wort. Vom kaum hörbaren Brummen der Arena abgesehen war die Stille vollkommen. Genau wie er selbst hatte auch Kaiba die Hände auf seinem Bauch verschränkt und schien völlig in den Anblick der Sterne versunken. Einfach so, ohne Ziel, ohne Zweck.

Wie oft konnte Kaiba eigentlich selbst die Ergebnisse seiner Technologie genießen?

Duke schüttelte kaum merklich den Kopf. Vermutlich genauso selten, wie er selbst zum Spaß Dungeon Dice Monsters spielte …

Sie waren sich wirklich gar nicht so unähnlich.

Ganz langsam und den Blick weiterhin starr nach oben gerichtet, löste Duke seine rechte Hand und ließ sie locker neben seinen Körper fallen.

Sein Atem ging ruhig und gleichmäßig, überlagerte das wilde Pochen in seiner Brust, zumindest für den Moment.

Stille. Sterne.

Eine unscheinbare Bewegung neben ihm. Ein kurzer Blick nach rechts, aus dem Augenwinkel nur.

Auf Kaibas Bauch lag ebenfalls nur noch eine Hand.

Er schluckte. Seine Augen blieben starr nach oben gerichtet, fixierten weiterhin den holographisch erzeugten Sternenhimmel, während seine Gedanken, seine gesamte bewusste Wahrnehmung zur Gänze von dem beherrscht wurden, was in ihm selbst und in seiner unmittelbaren Nähe geschah.

Alles passierte von allein, ganz ohne sein Zutun.

Seine Hand wanderte nach rechts. Einen Millimeter, noch einen und noch einen. Immer weiter, wie von einer fremden Macht gesteuert.

Der Kontakt fühlte sich an wie ein sanfter Stromschlag. Seine Handknöchel berührten Kaibas Handrücken. Federleicht, ganz zart nur, und doch unfassbar … aufregend.

Gleich … gleich würde es wieder aufhören, würde die andere Hand weggezogen.

Seine Lippen pressten sich fest aufeinander und er kniff die Augen zusammen.

Nichts geschah. Die Berührung war noch immer da.

Nacheinander schlug er die Lider wieder auf und spähte vorsichtig nach rechts, ohne den Kopf zu drehen. Kleine, kaum sichtbare Bewegungen der dunklen Silhouette: Kaibas Adamsapfel, ein leichtes Heben seiner Brust.

Das Kribbeln wurde stärker, dehnte sich weiter auf Dukes Handrücken aus und das obwohl seine Hand ganz still gelegen, sich nicht einen weiteren Millimeter bewegt hatte.

Wieder musste er schlucken.

Kaibas Hand hatte sich ein wenig gedreht – seiner entgegen.

Die Haut war weich und warm. Die Empfindung berauschte ihn, betäubte seine anderen Sinne, die ihm zum jetzigen Zeitpunkt ohnehin herzlich egal waren. Er streckte seine Finger aus, langsam und vorsichtig, einen nach dem anderen, und wagte es kaum zu atmen.

Zaghaft bewegten sich die Finger der anderen Hand den seinen entgegen und jeder neue, sanfte Kontakt ließ ein kleines Feuerwerk in seinem Inneren explodieren. Begierig erkundeten seine Fingerknöchel die neuen, fremden Erhebungen und Täler, entdeckten wärmere und kühlere, härtere und weichere Stellen.

Wie von selbst fanden seine Finger die richtigen Zwischenräume und kreuzten die anderen sacht. Für den Bruchteil einer Sekunde streiften sich ihre Fingerspitzen. Duke überlief ein Schauer. Die Erkenntnis, dass Kaiba gerade neben ihm hier lag, genau wie er standhaft nach oben in einen atemberaubenden, künstlichen Sternenhimmel starrte, ohne wirklich hinzusehen, mit ebenso rasendem Herzen, demselben innerlichen Zittern, ließ ungeahnte Wärme wie eine Welle durch seinen Körper schwappen.

Wieder bewegte sich seine Hand im Alleingang, löste die leichte Verschränkung ihrer Finger, ohne jedoch den Hautkontakt abreißen zu lassen. Seine Hand überwand die Barriere der anderen, sein Handgelenk strich über den Stoff des Hemdsaums und des Jacketts, der im Vergleich zur Haut darunter schon fast kratzig anmutete, und verharrte dort. Sogleich suchten und fanden sich ihre Fingerspitzen erneut, kreuzten sich ihre Finger erst zögerlich, dann immer entschiedener. Duke schloss seine Hand als erster, ließ seine Finger sanft auf den Knöcheln der anderen Hand ruhen.

Das Chaos in seinem Innern ließ langsam nach und machte einer ungeahnten Ruhe Platz. Der Defekt der Arena, die anfängliche Wut über seinen verpassten Feierabend und Kaibas Verhalten waren längst vergessen, ja, selbst der beeindruckende Sternenhimmel über ihnen war völlig in den Hintergrund getreten. Das Einzige, was zählte, war das Gefühl der anderen Hand, der schlanken Finger zwischen seinen, der winzigen, kreisenden Bewegungen, mit denen sich ihre Daumen gegenseitig forschend betasteten, die angenehme Wärme ihrer sich sanft berührenden Handflächen. Duke schloss die Augen.

Alles war gut.

Alles war richtig.

Dieser Moment, dieser Abend könnte noch ewig so weitergehen.
 

Als er die Augen wieder aufschlug, lag er noch immer auf dem glatten, harten Glas der Spielfläche seiner DDM-Arena. Um ihn herum war es stockfinster. Der Sternenhimmel war verschwunden, genau wie die Hand, die seine festgehalten hatte. Er wandte den Kopf nach rechts.

Da war niemand. Er war allein.

Leere breitete sich in seiner Brust aus.

Sein Körper fühlte sich fremd an, irgendwie hohl, so als würde er eigentlich jemand ganz anderem gehören. Vorsichtig begann er seine Arme, Beine, Hände zu bewegen und richtete sich langsam auf. Ein kaum hörbares Rascheln, etwas rutschte von ihm herunter und fiel in seinen Schoß.

Ein Kleidungsstück. Der Baumwollstoff an der Außenseite fühlte sich kühl und ein wenig steif an, das glatte, seidige Innenmaterial strahlte noch immer wohlige Wärme ab. Fast schon begierig vergruben sich seine Hände darin und führten den Stoff näher an sein Gesicht. Kaibas Duft war unverkennbar.

Langsam erhob er sich, warf sich das Jackett über die linke Schulter und sah auf sein Telefon. 03:12 Uhr – nach Hause zu fahren und ins Bett zu gehen lohnte sich also definitiv nicht mehr. Vorsichtig kletterte er aus der Arena, fand nach kurzer Suche seine Schuhe, zog sie jedoch nicht an, sondern lief kurzerhand in Socken die drei Etagen nach oben in sein Büro. Er zog die Tür hinter sich zu, hing das Jackett an den Kleiderständer daneben und ging zielstrebig weiter zur Couch. Die Schuhe ließ er achtlos zu Boden fallen und warf sich schwerfällig auf die gepolsterte Sitzfläche.

Noch immer war da diese merkwürdige Leere, die ihn nicht zur Ruhe kommen ließ. Mehrmals warf er sich von der einen auf die andere Seite, um eine passende Position zu finden, obwohl es doch nun wirklich nicht die erste Nacht war, die er auf dieser Couch verbrachte.

Seine Augen durchstreiften das schwach vom Licht der Straßenlaternen erleuchtete Büro und verharrten schließlich beim Kleiderständer. Ein plötzlicher Impuls durchzuckte ihn. Ächzend erhob er sich, durchquerte den Raum und nahm das Jackett vom Haken. Zurück auf der Couch breitete er es erneut über sich aus und zog es bis über seine Schultern.

Die Wärme kehrte zurück, ebenso der Duft und mit ihnen ein schwacher Abglanz des Gefühls, mit dem er vor ein paar Stunden eingeschlafen war.

A jacket, a number and a secret

Das Klingeln seines Handyweckers riss Duke pünktlich um sieben Uhr aus dem Schlaf. Langsam richtete er sich auf und streckte sich, um die Schmerzen in seinem Nacken und seinen Schultern zumindest ein wenig zu lindern. Nächte auf der Couch kamen zwar hin und wieder vor, aber sein Körper machte ihm doch jedes Mal aufs Neue deutlich, dass sie besser eine Ausnahme bleiben sollten. Das edle, dunkelblaue Jackett – Kaibas Jackett –, mit dem er sich zugedeckt hatte, war im Laufe der Nacht von seinen Schultern gerutscht, ein Ärmel schleifte zur Hälfte auf dem Fußboden. Vorsichtig nahm er das Kleidungsstück auf, strich mehrmals über den Stoff, um den Staub zu entfernen, und entließ dabei ein langgezogenes Seufzen.

Was sollte er denn jetzt damit machen? Es Kaiba zurückgeben, klar soweit, aber wie? In die Schule konnte er es nicht mitnehmen, das würde viel zu viele Fragen aufwerfen. Sollte er einen Termin bei Kaiba machen und es ihm ins Büro bringen? Aber was sollte er als Grund nennen? Nein, das funktionierte ebenfalls nicht.

Schwerfällig stand er auf, zog seine Schuhe an und hing das Jackett zurück an den Kleiderständer.

Erstmal abwarten und schauen, was Kaiba tat, wenn sie sich nachher in der Schule begegnen würden.

Wie er reagieren würde.

Ob er reagieren würde.

Am Ende betrachtete Kaiba das Ganze als dummen Fehler, den es totzuschweigen und schnellstmöglich wieder zu vergessen galt. Ein kurzes, bitteres Schnauben entwich ihm.

Das Ganze … als wäre irgendetwas Weltbewegendes passiert! Er schüttelte leicht den Kopf. Sie hatten Händchen gehalten, mehr nicht! Anders ausgedrückt: Es war rein gar nichts passiert! Und das würde Kaiba vermutlich auch so sehen.

Mit einem tiefen Seufzen verließ er den Raum und lief über den Gang in die Kaffeeküche, um sich die erste, dringend benötigte Ration zuzubereiten.

Die routinierten Handgriffe zum Befüllen der Kaffeemaschine trugen seine Gedanken wie von allein zum gestrigen Abend zurück, als er sie das letzte Mal ausgeführt hatte.

Nicht viele Menschen trinken um diese Zeit noch Kaffee.

Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen.

Wie sie nebeneinander an der Arena gelehnt, der Stille gelauscht und jeder für sich, aber doch gemeinsam ihren Gedanken nachgehangen hatten … mit Kaiba Kaffee zu trinken und dabei einfach nur zu schweigen war – überraschenderweise – nicht die schlechteste Art einen Abend zu verbringen.

Apropos: Die beiden leeren Kaffeebecher standen vermutlich immer noch unten.

Da der Kaffee ohnehin noch ein paar Minuten brauchte, bis er durchgelaufen war, nutzte Duke die Zeit, stieg die Treppen hinunter und entdeckte in der Tat die zwei Tassen auf dem Beistelltisch, auf dem sie sie gestern zurückgelassen hatten. Mit einer Hand nahm er beide auf einmal an den Henkeln und schüttelte versonnen den Kopf. Wenn er irgendwem von dem erzählen würde, was letzte Nacht geschehen war, man würde ihn für verrückt halten!

Sein Blick glitt über die Arena.

Dunkelheit.

Sternenhimmel.

Kaltes, glattes Glas unter ihm.

Weiche, warme Haut unter seinen Fingerspitzen.

Ein Zucken ging durch seine Hand und das Geräusch der zwei gegeneinander klackernden Kaffeebecher katapultierte ihn aus der Erinnerung zurück in die Realität.

Kaffee. Sicherlich war die Maschine schon durch.

Zwei Stufen auf einmal nehmend ging er wieder nach oben, stellte die zwei Tassen in den kleinen Geschirrspüler und füllte seine erste Tagesdosis Koffein in einen Thermobecher ab.

Zurück im Büro nahm er das Jackett vom Kleiderständer, faltete es zusammen, packte es so vorsichtig wie möglich in seinen Rucksack und machte sich in Rekordgeschwindigkeit auf den Weg nach Hause, wo er wie der Teufel durch die Zimmer jagte, um es noch irgendwie pünktlich zur Schule zu schaffen: Schlafzimmer – Jackett raus aus dem Rucksack, Wohnzimmer – Schulbücher rein, Küche – Lunchbox mit Resten vom Vortag, Bad – Katzenwäsche, Schlafzimmer – Schuluniform, Flur – Schuhe an, Schlüssel geschnappt, raus aus der Tür und wieder ab aufs Fahrrad.
 

Drei Minuten vor Unterrichtsbeginn stürmte Duke regelrecht ins Klassenzimmer. Suchend sah er sich im Raum um, doch das nervöse Flattern in seinen Eingeweiden, das mit jedem Meter, den er sich der Schule und dem Klassenzimmer genähert hatte, immer stärker geworden war, erstarb augenblicklich: Der vorletzte Tisch in der zweiten Reihe von rechts war verwaist.

An seinem eigenen Platz angekommen stellte er seinen Rucksack geräuschvoll ab und zerrte den Reißverschluss beinahe gewaltsam auf.

Kaiba war nicht da.

Das Japanisch-Buch knallte auf den Tisch.

War doch nichts dabei!

Zischend landete der Schreibblock darauf.

Kam doch immer mal wieder vor, dass er später oder gar nicht in die Schule kam!

Das Mäppchen mit den Stiften rollte beinahe von der Tischplatte, so schwungvoll wurde es aus dem Rucksack befördert.

Ganz bestimmt hatte es nichts mit letzter Nacht zu tun!

Das Stundenklingeln ertönte und mit einem langgezogenen Ausatmen ließ Duke sich auf seinen Stuhl fallen.

Ganz bestimmt nicht …
 

„Glaubt ihr, die Hafenöffnung von 1853 wird dran kommen?“

„Sicher, die war doch einer der zentralen Punkte!“

Die letzte Stunde vor der Mittagspause war Geschichte gewesen und auf dem Weg zum Schulhof diskutierten Yugi, Tea und Ryou aufgeregt über den Inhalt der soeben für übernächste Woche angekündigten Klausur. Tristan und Joey stritten derweil darüber, wer von ihnen Teamkapitän der Klasse für das schulinterne Volleyball-Turnier sein sollte:

„Aber ich hab doch viel mehr Erfahrung mit Ballsportarten als du!“

„Ach, red keinen Scheiß, Tris, ich bin durch meine natürlichen Führungsqualitäten prädika-, … prädyne-, … präd- … wesentlich besser geeignet!“

An Duke zogen die Worte und Satzfetzen einfach vorbei, während er den anderen fast schon mechanisch folgend die Treppen hinunterstieg. Kaiba war noch immer nicht aufgetaucht; vermutlich würde er heute also gar nicht mehr in die Schule kommen …

„Alles okay, Duke?“

Sein Name aus Yugis Mund ließ ihn unwillkürlich zusammenfahren. „J-ja, wieso?“

„Weil du gerade geseufzt hast wie ein schwerverliebtes Mädchen, das seinen Schwarm vermisst!“, schaltete sich Joey dreckig grinsend ein und knuffte ihn in die Seite.

„Ach, du hast sie doch nicht mehr alle!“, widersprach er schnell und mit einem vehementen Kopfschütteln, „Ich hab nur drüber nachgedacht, wie viel heute Nachmittag noch im Laden zu tun ist, das ist alles.“

Zum Glück neigte er nicht dazu rot zu werden! Joeys Treffsicherheit bei gleichzeitiger kompletter Ahnungslosigkeit war manchmal beinahe unheimlich. (Auch wenn der Vergleich mit einem Mädchen – noch dazu einem verliebten – natürlich extrem weit hergeholt war!)

„Na gut, ausnahmsweise glaube ich dir mal.“ Joey faltete die Hände vor der Brust und fügte gleich darauf mit einem breiten Grinsen und gespielter Mädchenstimme hinzu: „Aber wenn ich sehe, dass du Tsuzuki schöne Augen machst, mein Lieber, dann haben wir ein Problem, der gehört nämlich mir!“ Der Satz endete in einem kaum unterdrückten Prusten.

Spätestens jetzt konnte sich auch Duke ein Grinsen nicht mehr verkneifen. „Idiot!“
 

An ihrer üblichen Sitzgruppe angekommen packten sie ihre Lunchboxen aus und begannen zu essen. Für den Augenblick herrschte gefräßige Stille, sodass Duke genau wie Tristan und Tea sein Handy hervorzog. Nachrichten hatte er keine erhalten, aber über dem E-Mail-Symbol leuchtete eine rote Fünf. Mit routiniertem Blick scannte er die Absender und Betreffzeilen und blieb bei einer ganz bestimmten Mail hängen:
 

Von: 'headoffice@kaibacorp.jp'

Betreff: Kurzfristiger Termin heute Nachmittag?
 

Er schluckte und sein Herz begann schneller zu schlagen.
 

Sehr geehrter Mr. Devlin,
 

Mr. Kaiba würde es sehr begrüßen, wenn Sie sich heute Nachmittag um 17:30 Uhr in seinem Büro einfinden könnten.

Und bringen Sie ‚es‘ bitte einfach mit – Mr. Kaiba sagte, Sie wüssten schon, was gemeint ist.

Falls Sie es nicht einrichten können, geben Sie mir bitte umgehend Bescheid, damit ich mich schnellstmöglich um einen alternativen Termin bemühen kann.
 

Mit freundlichen Grüßen

Ana María González, Assistenz der Geschäftsführung

i.A. Seto Kaiba, CEO
 

Er überflog den Text noch ein zweites, dann ein drittes Mal und mit jedem Mal löste sich der Knoten in seiner Magengegend etwas mehr.

Kaiba wollte ihm nicht aus dem Weg gehen, im Gegenteil! Seine Abwesenheit heute in der Schule hatte also wirklich nichts mit dem zu tun, was gestern zwischen ihnen passiert war!

… oder aber Kaiba wollte einfach nicht in der Schule darüber reden.

… am Ende wollte er vielleicht gar nicht darüber reden.

… wollte er selbst überhaupt darüber reden?

Duke schluckte noch einmal schwer, doch der Kloß, der sich in den letzten paar Sekunden in seinem Hals gebildet hatte, blieb.

Mit fahrigen Bewegungen tippte er eine kurze Antwort zur Bestätigung und überprüfte sie noch zwei Mal auf Fehler, bevor er schließlich auf ‚Senden’ drückte. Um ein Haar wäre ihm das Telefon aus der Hand geglitten, als er es zurück in die Tasche seiner Uniformjacke stecken wollte, doch im letzten Moment konnte er es gerade noch so festhalten und eine Begegnung mit dem harten Asphalt verhindern.

„Ffleffte Nahrifften?“, fragte Tristan schmatzend und sah ihn, genau wie die anderen, prüfend an.

„Was?“ Es war, als würde er aus einer Trance erwachen. „Nein, nur ein spontaner Termin. Muss ein bisschen umdisponieren.“

„Ah, okay“, nickte Tristan und wandte sich wieder seinem Essen zu.

Langsam kehrten die anderen zu ihren Gesprächen zurück und Duke musste sich regelrecht zwingen, sich daran zu beteiligen. So wie er sich hier gerade anstellte, war es wohl besser, das Grübeln darüber, was an diesem Nachmittag noch passieren oder nicht passieren mochte, auf später zu verschieben, wenn er alleine war und kein weiteres Misstrauen erregen würde.
 

Mit ungewöhnlich großer Ungeduld fieberte Duke dem Klingeln entgegen, das den Schultag offiziell beschloss und fuhr statt in den Laden direkt nach Hause. Nicht nur, um das gewünschte ‚Es‘ zu holen, sondern auch, um sich noch einmal umzuziehen. So weit kam es noch, dass er in der Kaiba Corporation in Schuluniform auflief! Nach einigem Hin- und Herüberlegen entschied er sich für eine schwarze Jeans, ein dunkelgrünes Hemd, dessen Ärmel er bis zu den Ellenbogen hochkrempelte, sowie eine graue Anzugweste – insgesamt nicht zu förmlich, aber durchaus businesstauglich.

Kaibas dunkelblaues Jackett hatte er heute Morgen in seiner Hektik nur schnell auf sein Bett geworfen und nahm es nun erneut in die Hand, um es (vermutlich) zum letzten Mal in seinen Rucksack zu packen. Noch immer verströmte der Stoff jenen angenehmen Geruch, der ihn gestern so sehr eingenommen und heute Nacht so selig hatte einschlafen lassen. Unbewusst atmete er tiefer ein, ertappte sich jedoch dabei und stopfte das Kleidungsstück umso schneller in den Rucksack, bevor er sich erneut auf den Weg machte.
 

Um 17:20 Uhr erreichte Duke den KC Tower. An der Seite des Gebäudes entdeckte er eine Reihe von Fahrradständern und fand zum Glück noch einen freien Platz, um sein Rad anzuschließen. Mit klopfendem Herzen betrat er das riesige, gläserne Gebäude, in dem sich der weite Vorplatz, die gegenüberliegende Häuserzeile und die langsam untergehende Sonne spiegelten. Auch um diese Zeit herrschte noch reges Gewusel im Eingangsbereich, wichtig aussehende Männer in Anzügen und Frauen in Kostümen wuselten von A nach B, saßen telefonierend in einer der vielen Sitzgruppen, kamen mit einem Kaffee aus der angeschlossenen Cafeteria oder unterhielten sich beim Warten auf den Aufzug. Eine ähnliche Atmosphäre wie bei Industrial Illusions; ein bisschen einschüchternder vielleicht, aber das mochte zum einen daran liegen, dass hier nun mal nicht Los Angeles war und zum anderen, dass er keine Ahnung hatte, was ihm gleich bevorstand.

Zielstrebig trat er zum Empfangstresen, gab an, wer er war und dass Mr. Kaiba ihn erwartete und bekam, nachdem der Mitarbeiter seine Angaben überprüft hatte, einen Besucherausweis ausgehändigt. Das Procedere war ihm bereits vertraut, war er doch vor ein paar Jahren schon einmal häufiger hier gewesen, als die Arenen für Dungeon Dice Monsters sich noch in der Entwicklung befunden hatten – damals allerdings meist in irgendwelchen Meetingräumen auf den mittleren Etagen, nur zwei Mal ganz oben in Kaibas Büro. Der Empfangsmitarbeiter mit dem Headset nannte ihm noch die Etagennummer und wies ihm den Weg zum richtigen Fahrstuhl.

Der Weg nach oben war lang; Minuten vergingen, in denen immer wieder Leute ein- und ausstiegen, sodass Duke beinahe der Nacken schmerzte vom vielen stummen Nicken. Als nur noch zehn Etagen übrig waren, hatte er die Kabine endlich für sich und konnte ein letztes Mal sein Aussehen im Spiegel der Rückwand überprüfen. Mit kritischem Blick richtete er seinen Zopf und stopfte den Saum seines Hemdes noch einmal ordentlich in den Bund seiner Jeans – perfekt!

Ein leises Pling, dann kam der Fahrstuhl zum Stehen, die Türen glitten auf und Duke trat hinaus in ein elegant eingerichtetes Vorzimmer. Er hatte kaum einen Fuß auf den hellen Teppich gesetzt, da sah Kaibas Sekretärin – eine andere als bei seinem letzten Besuch – schon von ihrem Bildschirm auf, nahm ihn mit einem freundlichen Lächeln in Empfang und bat ihn auf einem der Sessel Platz zu nehmen, die geschmackvoll um einen Couchtisch aus dunklem Holz herum arrangiert waren. Sie mochte vielleicht Ende zwanzig sein und war mit ihren langen, schwarz-glänzenden Haaren, die sie offen trug, sowie dem enganliegenden, weißen Etuikleid, das ihren etwas dunkleren Teint betonte, eine unbestreitbar attraktive Erscheinung.

„Es wird noch einen Moment dauern, Mr. Kaiba telefoniert noch. Kann ich Ihnen so lange etwas zu Trinken anbieten? Kaffee, Tee, Saft, Wasser?“

Nicht viele Leute trinken um diese Zeit noch Kaffee.

Mit einem kaum merklichen Kopfschütteln ließ er die Erinnerung los und erwiderte ihren fragenden Blick mit seinem charmantesten Lächeln. „Kaffee bitte, schwarz.“

Sie nickte und ging zu einer kleinen, vollautomatischen Kaffeemaschine auf einem Sideboard rechts von ihm und stellte eine Tasse darunter. Ein Piepen erklang, als sie den großen Startknopf drückte, die Maschine brummte leise und entließ gluckernd dunkle Flüssigkeit in das weiße Porzellangefäß. Wie oft sie wohl dasselbe für Kaiba tat?

„Bitteschön.“ Das Klirren der gefüllten Tasse, die vor ihm abgestellt wurde, unterbrach seine Gedanken.

„Vielen Dank.“

Ein paar Sekunden lang folgten seine Augen noch der schönen Assistentin, die sich wieder hinter ihren Schreibtisch setzte und leise weiter vor sich hin tippte, dann umfasste er mit klammen Fingern den Henkel der heißen Kaffeetasse und nahm sie in beide Hände. Diesmal atmete er ganz bewusst tiefer ein, um das vertraute Aroma in sich aufzunehmen, und ließ sich nach hinten in den weichen Sessel sinken.

Nur monotones Tippen aus Richtung des Schreibtischs erfüllte den Raum. Das enorm große, abstrakte Gemälde an der gegenüberliegenden Wand strahlte eine wohltuende Ruhe aus, doch seine ganz und gar ruhelosen Gedanken sprangen zu schnell weiter, als dass es seine Wirkung wirklich entfalten konnte.

Als die kleine Kaffeetasse geleert war, stellte Duke sie wieder auf dem Tisch ab und wollte sich gerade erneut zurücklehnen, da nahm er aus dem Augenwinkel wahr, wie die Assistentin das Telefon abnahm.

„Sí, ya está esperando. Por supuesto, lo haré entrar*“, sprach sie in den Hörer und nickte, bevor sie wieder auflegte. „Ich helfe Mr. Kaiba, sein Spanisch zu perfektionieren“, erklärte sie mit einem amüsierten Schmunzeln in seine Richtung – anscheinend war ihm die Verwirrung nur zu deutlich ins Gesicht geschrieben gewesen –, stand auf und bedeutete ihm ihr zu folgen, „Er ist nun bereit, Sie zu empfangen.“
 

Obwohl er nicht zum ersten Mal in Kaibas Büro war, verschlug ihm der Eindruck des Raumes doch jedes Mal aufs Neue den Atem, hätte sein eigenes Büro im Laden doch in dieses mindestens fünf Mal hineingepasst. Zu seiner Rechten befand sich eine ausgedehnte Sitzecke bestehend aus zwei Sesseln und einer Couch, gruppiert um einen niedrigen Couchtisch, an den Wänden reihten sich Regale und Sideboards mit Büchern, Ordnern, ein paar Kunstobjekten und gerahmten Fotos aneinander. Die Fensterfront zu seiner Linken, vor der auch Kaibas massiver Schreibtisch stand, reichte vom Boden bis zur Decke und erstreckte sich über die gesamte Breite des Raumes, sodass es beinahe wirkte, als würden sie auf einer Plattform im Himmel schweben.

Auf das leise Klicken der zufallenden Tür folgte nahezu absolute, erdrückende Stille. Langsam trat er auf den Schreibtisch zu, hinter dem Kaiba bereits stand und ihn mit versteinerter Miene ansah.

„Setz dich!“

Duke entschied sich für den linken der beiden Sessel vor dem Tisch und stellte den Rucksack zwischen seinen Beinen ab.

„Wir haben heute den ganzen Tag mit Hochdruck an einem Update-Patch gearbeitet“, fuhr Kaiba ohne Umschweife fort und öffnete routiniert den obersten Knopf seines dunkelgrauen Anzugs, als er sich ihm gegenüber in seinem Bürostuhl niederließ. „Heute Abend sollte er ausgerollt werden und damit diese überaus unerfreuliche Angelegenheit endlich ausgestanden sein.“

„Dir ebenfalls einen guten Tag, Kaiba!“, warf Duke frech grinsend ein, doch der vollkommen unbewegte Gesichtsausdruck seines Gegenübers ließ seine Mundwinkel umgehend wieder nach unten wandern. Er räusperte sich einmal leise. „Das … freut mich natürlich zu hören.“

„Du solltest das Update ebenfalls durchführen. Ich habe das Problem zwar gestern bereits behoben, aber der offizielle Patch ist noch etwas umfassender.“

Beim Wort ‚gestern‘ horchte Duke unweigerlich auf, doch Kaibas Blick blieb so kalt wie eh und je und ließ durch nichts erkennen, dass gestern mehr passiert war als die Reparatur der Arena.

„Verstehe.“

„Außerdem erlischt sonst deine Garantie.“

„Alles klar.“ Der unsichtbare Knoten in seiner Brust zog sich immer mehr zu.

Kaiba sprach nicht weiter, sondern sah ihn nur an; die Ungeduld in seinem Blick war unmissverständlich.

Dukes Augenbrauen wanderten nach oben.

„Mein Jackett!“, beantwortete Kaiba sogleich die unausgesprochene Frage. Die Worte klangen eisig und schneidend, keine Regung auf seinem Gesicht verriet auch nur im Entferntesten, was ihn gestern dazu bewogen hatte, besagtes Kleidungsstück zurückzulassen – noch dazu auf diese Weise.

Dukes Herz krampfte sich zusammen.

„Achja.“ Mit einem gezwungenen Lächeln beugte er sich nach unten, um seinen Rucksack zu öffnen, zog das Jackett daraus hervor und drapierte es behutsam auf Kaibas Schreibtisch. Mehrmals warf er dabei kurze, prüfende Blicke zu seinem Gegenüber, noch immer auf der Suche nach einem Zucken, einem Aufleuchten in den blauen Augen, irgendeinem Zeichen dafür, dass diese greifbare Erinnerung an den gestrigen Abend etwas in Kaiba auslöste.

Doch nichts.

Kaiba sagte kein Wort, bedankte sich nicht, sondern nickte einfach nur kurzangebunden. Ärger züngelte in Dukes Brust hoch wie eine Stichflamme. Offenbar wollte dieser verdammte Sturkopf wirklich so tun, als sei überhaupt nichts gewesen! Tja, das konnte er vergessen!

„Weißt du, Kaiba“, begann Duke und lehnte sich absichtlich provokant auf den Tisch, „als du gestern einfach so unangekündigt bei mir aufgekreuzt bist, hätte ich echt nicht gedacht, dass ich das sagen würde, aber … ich für meinen Teil hatte eine überraschend gute Zeit. Also …“

Kurzerhand schnappte er sich den Stift und eines der vermutlich immens wichtigen Papiere, die vor Kaiba auf dem Tisch lagen, drehte es um und notierte seinen Vornamen und seine Telefonnummer auf die unbeschriebene Rückseite.

„Hier.“ Mit einem Klicken versenkte er die Mine des Kugelschreibers und schob ihn zusammen mit dem Blatt über das glänzende Holz des Tisches zurück zu Kaiba. „Falls es mal wieder ein Problem mit den DDM-Arenen gibt, das du dir persönlich anschauen willst.“

Mit einem eiskalten, bedrohlichen Funkeln in seinen blauen Augen und ohne das Papier auch nur anzusehen, erhob sich Kaiba, zog das Jackett vom Tisch und strich es mit forschen Bewegungen glatt. „Vielen Dank für deine Zeit, Devlin, aber ich habe noch zu tun. Wenn du mich also jetzt bitte entschuldigen würdest?“

Gerade so konnte Duke ein entrüstetes Schnauben unterdrücken. Was für eine überaus charmante Art ‚Du kannst mich mal!‘ und ‚Verschwinde gefälligst aus meinem Büro!‘ zu sagen!

„Aber selbstverständlich!“, gab er nicht weniger frostig zurück, stand ebenfalls auf und marschierte schnurstracks zur Tür. Was für eine Zeitverschwendung! Aber was hatte er erwartet?! Natürlich wollte Kaiba so tun, als wäre nie etwas passiert! Wirklich schade, er hätte nur zu gerne gewusst, wie es weitergeg- …

„Devlin?“

Er war schon im Begriff gewesen die Türklinke nach unten zu drücken. Mit bebendem Herzen hielt er inne und sah noch einmal zu Kaiba.

„Ich glaube, das ist deiner!“

Reflexartig fing er das kleine Objekt, das auf ihn zugeflogen kam, mit einer Hand auf: Es war der rote DDM-Würfel mit dem Schimmerdrachen; vermutlich war er noch in einer der Taschen des Jacketts gewesen.

Er schüttelte leicht den Kopf und ein verwegenes Grinsen stahl sich auf sein Gesicht.

„Weißt du was?“ Seine Augen blieben fest auf Kaibas fixiert, während er langsam zum Schreibtisch zurückging und den Würfel mit einem nachdrücklichen ‚Klack‘ auf dem Blatt mit seiner Handynummer ablegte. „Behalt ihn! Betrachte ihn als Andenken an unser kleines … Beinahe-Date.“

Duke überlief ein Schauer, als sich die Augen seines Gegenübers gefährlich verengten. Mit wenigen Schritten hatte Kaiba den Schreibtisch umrundet und baute sich mit verschränkten Armen unmittelbar vor ihm auf. Die plötzliche Nähe, Kaibas Wärme, sein Duft und seine schiere Präsenz vernebelten Duke für einen Moment die Sinne.

Beinahe-Date?!“

Kaibas drohend gesenkte Stimme holte ihn schlagartig zurück ins Hier und Jetzt. Seine Mundwinkel zuckten triumphierend nach oben. Na bitte! Endlich eine richtige Reaktion!

„Deinen Sternenhimmel hast du doch bekommen, Devlin! Was hat deiner überaus qualifizierten Expertenmeinung nach denn noch gefehlt? Die Wiese?!“

Verärgerung, Hohn und kalter Spott schwangen in Kaibas Stimme, aber auch noch etwas anderes, das Duke erst nicht ganz zuordnen konnte: Ein feiner, kaum wahrnehmbarer Unterton, der die Härchen in seinem Nacken dazu brachte, sich aufzustellen.

„Was gefehlt hat?!“, wiederholte er die Frage und packte Kaiba kurzerhand am Revers seines dunkelgrauen Maßanzugs. „Ganz einfach: Das hier!“

Ohne weiter darüber nachzudenken stellte er sich auf die Zehenspitzen und hauchte einen federleichten Kuss auf die Lippen seines Gegenübers.

Derart überrumpelt zog Kaiba scharf die Luft ein, sein Kiefer spannte sich ebenso an wie seine Brustmuskeln, die Duke durch den Stoff des Anzuges hindurch spüren konnte, doch die Verkrampfung war nur von kurzer Dauer. Kaum eine Sekunde später bewegten sich Kaibas weiche Lippen sanft gegen seine und erwiderten den Druck vorsichtig und tastend.

Siegesgewiss löste er den Kuss, bewegte seinen Kopf ein wenig zur Seite und flüsterte ganz nahe an Kaibas Ohr: „Schreib mir! Meine Nummer hast du ja jetzt!“

Dann ließ er von ihm ab und wandte sich zum Gehen.

Das Letzte, was Duke sah, bevor er die Tür hinter sich zuzog, war das Funkeln der ersten Sterne am tiefblauen Abendhimmel und ein noch immer wie angewurzelt dastehender Kaiba, der sich gedankenverloren mit den Fingern über die Lippen fuhr.
 

~°~
 

„Naja, und der Rest …“

„… geht mich eigentlich auch gar nichts an!“, beendete Tea lächelnd seinen Satz. Wie lange sie da gesessen und regelrecht an Dukes Lippen gehangen hatte, konnte sie kaum sagen. Draußen dämmerte es jedenfalls bereits und wenn sie gleich nach Hause kam, würde sicherlich schon das Abendessen auf sie warten. „Danke, dass du das mit mir geteilt hast! Ich hatte ja keine Ahnung, dass …“

Seine Augenbrauen wanderten fragend nach oben, als sie stockte.

„Ach, nicht so wichtig!“ Mit einem Kopfschütteln griff sie nach ihrer Tasche.

„Wenn du meinst.“ Schulterzuckend erhob Duke sich ebenfalls und begleitete sie schweigend wieder nach unten.

Ob er sich der Tatsache bewusst war, dass diese Geschichte etwas vollkommen anderes war, als die belanglosen Flirts und Abenteuer, in die er sich normalerweise stürzte?

Vielleicht war er es, aber falls nicht, musste er es selbst herausfinden. Die Hinweise waren jedenfalls ganz eindeutig: Mehr als einmal hatten seine Augen beim Erzählen auf eine ganz bestimmte Art und Weise geleuchtet, hatte eine unglaubliche Wärme in seiner Stimme gelegen, war das sonst so prahlerische Grinsen einem echten Lächeln gewichen, das man in dieser Form nur selten bei ihm sah und das ihm zugegebenermaßen ausnehmend gut zu Gesicht stand.

Nachdem sie sich voneinander verabschiedet hatten, wollte Tea schon durch die Ladentür nach draußen treten, da fasste Duke sie noch einmal am Arm und hielt sie zurück.

„Ich kann mich doch darauf verlassen, dass das unter uns bleibt?“

Es war mehr Feststellung als Frage, doch sein ernster Blick und die Art, wie er es sagte – die Vorsicht und unterschwellige Skepsis, der Hauch von Verletzlichkeit in seiner Stimme – sorgte für einen kurzen Stich in ihrem Herzen.

„Mach dir darüber mal keine Sorgen!“, lächelte sie und legte vertrauensvoll ihre Hand auf seine Schulter. „Von mir erfährt keiner auch nur ein Sterbenswörtchen!“
 

Ja, Tea Gardner wusste, wie man ein Geheimnis aufdeckt.

Aber noch besser wusste sie, wie man eines behielt.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Nun, ursprünglich sollte diese ganze Story hier nur die „Haargummi-Sache“ umfassen (die meisten meiner Stories starten erstmal als eine „-Sache“) und sich ausschließlich darum drehen, wie Tea den beiden in der Schule auf die Schliche kommt, aber dann hat sich eine andere „-Sache“ regelrecht aufgedrängt, um auch noch die Hintergrundgeschichte zu erzählen. Ab diesem Zeitpunkt ist es dann eskaliert, sodass ich statt einem einzigen zum jetzigen Zeitpunkt mit etwa fünf Kapiteln rechne 🙃

Naja, ich hoffe, der kurze Auftakt hat euch schon mal Spaß gemacht und eure Neugier geweckt ;)
Bis zum nächsten Mal!
LG
Eure DuchessOfBoredom Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Wer wissen will, welches Spiel Duke Tea empfiehlt: Ich dachte an King of Tokyo - das macht echt voll Laune, kann ich nur empfehlen! :D

Hier kommt nun also zusätzlich zur „Haargummi-Sache“ die „Reparatur-Sache“ als Hintergrundgeschichte mit ins Spiel. Ursprünglich hatte ich die für Seto und einen noch nicht näher ausgearbeiteten OC im Rahmen einer Art AU-Story im Sinn, aber dann kam Duke um die Ecke und wollte diese einmalige Experience viel lieber haben. 🙃
Nun ja, seid gespannt, welche weiteren Abenteuer unter der DDM-Arena noch auf die beiden warten ;D
Das nächste Kapitel wird vermutlich noch in etwas zügigerer Folge kommen, aber für die beiden abschließenden kann ich euch das leider noch nicht versprechen ^^°

So oder so, bis zum nächsten Mal!
LG
Eure DuchessOfBoredom Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hach, ich mag es einfach, wenn es zwischen den beiden so ein bisschen hin und her geht und man merkt, dass Duke es schafft – gerade, weil er mit Kaiba auf professioneller Ebene connecten kann – ihn auch sonst ein bisschen mehr zu erweichen und aufzutauen. <3
In der Beschreibung der FF hatte ich ja vor Kitsch gewarnt und der erwartet euch dann beim nächsten Mal 🙈
Bis dahin,
LG
Eure DuchessOfBoredom Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Jetzt mal ehrlich, wer braucht schon Küsse und Schmuddelkram, wenn man auch einfach nur Händchenhalten kann?! XD Irgendwie entdecke ich beim Schreiben immer noch mehr Ebenen, auf denen der FF-Titel voll Sinn macht o.Ô
Kaibas Perspektive wäre hier sicher auch mega-interessant, aber leider ist nun mal Duke der Erzähler und kann allen Gemeinsamkeiten zum Trotz leider nicht in Setos Kopf gucken. 🙃
Naja, bis zum nächsten Mal - da bringen wir die ganze Sache dann auch zum Ende ;)

LG
Eure DuchessOfBoredom Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
* Ja, er wartet bereits. Natürlich, ich schicke ihn rein.

Für alle die sich fragen, warum ich bei Kaibas Assistentin so oddly specific bin: Sie kommt aus Argentinien und ich habe meine ganz eigenen Geschichten zu ihr und Kaiba im Kopf (allerdings nichts, was sich lohnen würde, in eine Story zu packen, außer man steht voll auf weirdes OOC-Zeug ohne wirkliche Handlung ^^°). Ich kann mir generell gut vorstellen, dass Kaiba sich gerne mal den ein oder anderen Native Speaker ins Haus holt, um seine Sprachskills aufzubessern. ;) Die dürfen und sollen ihn dann auch aktiv korrigieren.
Nun ja, genug von meinen merkwürdigen Headcanons!

Ich hoffe, es hat euch gefallen, bedanke mich von ganzem Herzen für eure Treue beim Lesen und Kommentieren und hoffe wir sehen uns bei der nächsten Story wieder! <3

Bis dahin!
Eure DuchessOfBoredom Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (12)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: Karma
2023-03-26T11:39:02+00:00 26.03.2023 13:39
😍❤️
Me likez, auch wenn ich Seto ein paar Mal gerne gehauen hätte. Der Klotz, der.
😤
Aber das Beste war eindeutig Dukes Demonstration dessen, was zum perfekten Date noch gefehlt hat.
😁😁😁😁😁😁
Antwort von: Karma
26.03.2023 13:39
Oh, und mich würde die Story zu der Assistentin durchaus interessieren.
😉😘
Antwort von:  DuchessOfBoredom
26.03.2023 21:37
Dankeschön! <3

Jup, Seto, der alte Sturschädel muss immer zu seinem Glück gezwungen oder zumindest mit Nachdruck überredet werden XD
Die Dynamik zwischen ihm und Duke war anfangs noch anders (Duke war erst ziemlich passiv), aber dann hab ich gemerkt, dass das überhaupt nicht passt, gerade weil ich am Ende genau diese Szene haben wollte. Das ist ja gerade das Schöne an Duke, dass er sich auch nicht alles gefallen lässt bzw. Seto auch mal in die Schranken weist, wenn dessen Verhalten ihn anpisst, aber eben auf eine viel coolere und smoothere Art, als das z.B. ein Joey würde. (Also so empfinde ich es zumindest. 🙃)

Jaja, die Sekretärin ... so eine richtige Story hat sie eigentlich (noch) gar nicht. Bis zu diesem Kapitel hatte sie ehrlich gesagt noch nicht mal einen Namen XD Sie ist eher das Ergebnis dessen, was in meinem Kopf an Szenen und Bildern entsteht, wenn ich lateinamerikanische Musik höre und dann irgendwie versuche, das in meinen Geschichten-Kosmos zu integrieren. ;D Das endet dann in aller Regel irgendwie damit, dass Seto zum Tanzen gezwungen wird (was er in meinem persönlichen Headcanon sehr gut kann, aber nicht gerne tut – anders als Duke, der ebenfalls ein fantastischer Tänzer ist, was wiederum durch "Rainy day" Teil meines Headcanons geworden ist. Also danke an der Stelle auch nochmal dafür 😘❤️)
Mal gucken, ob ich in das Thema irgendwann mal etwas mehr Gehirnschmalz reinstecke, um etwas draus zu machen, das nicht in kompletter OOC-ness für Seto endet 😂
Von: Karma
2022-09-09T22:35:38+00:00 10.09.2022 00:35
😁
Irgendwie kommt mir der Sternenhimmel sehr bekannt vor.
😁😁😁😁

Ich bin begeistert, überwältigt und einfach nur... wow. 😳😍
Das passt einfach so perfekt, ist von vorne bis hinten stimmig und es ist kitschig, ohne verkitscht zu sein.
🥰🥰🥰🥰🥰🥰🥰🥰🥰🥰🥰🥰🥰
😍😍😍😍😍😍😍😍😍😍😍😍😍

Je mehr ich von dir lese, desto mehr weiß ich, warum ich die beiden so sehr zusammen liebe.
♥️♥️♥️♥️♥️♥️♥️♥️♥️♥️♥️♥️♥️♥️♥️♥️♥️♥️♥️♥️♥️
❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️

Danke für den tollen Start ins Wochenende!
😘
Antwort von:  DuchessOfBoredom
10.09.2022 07:48
Haha, ja, du würdest auch nicht glauben, wie oft ich Fun Fair schon gelesen habe und immer wieder lese! Das ist alles schon so fest in meinem Kopf eingemeißelt! XD
Sternenhimmel sind aber eben auch einfach romantisch :D
Ich kann mir auch sehr gut vorstellen, dass das so eine Art unbewusste Strategie von Seto ist. Also Menschen, an denen er ein entsprechendes Interesse zeigt, mit Hilfe seiner Technik beeindrucken zu wollen und damit seine Zuneigung zu zeigen: Einfach mal was hinzuzaubern, so nach dem Motto "Sieh her, das kann ich Tolles machen (weil ich, nebenbei gesagt, auch echt toll bin!) und das hier habe ich nur für dich gemacht!". Vor allem, weil er ja nicht wirklich in der Lage ist, seine Gefühle so direkt zu verbalisieren, wie das andere Menschen tun.

Oh Mann, dankeschön für das Lob 🥰 Ich kann gar nicht sagen, wie sehr mich das freut! <3<3<3

Dir auch ein wunderschönes Wochenende! :)
Von:  Perle93
2022-08-14T18:37:21+00:00 14.08.2022 20:37
Ich finde das Kapitel spannend geschrieben, man kann da richtig in die Handlung eintauchen.
Ich mag deinen Schreibstil und bin gespannt wie es weitergeht.
Von:  Perle93
2022-08-14T09:31:16+00:00 14.08.2022 11:31
Das ist eine schöne Geschichte. Ich bin gespannt wie es weitergeht.
Von: Karma
2022-08-12T09:25:52+00:00 12.08.2022 11:25
Eigentlich sollte ich gerade ja arbeiten, aber da ich ein Päuschen brauchte, hab ich mir das Kapitel gegönnt. Ich liebe es, wenn die Luft zwischen den beiden knistert und man die Funken förmlich fliegen sieht.
✨✨✨✨✨✨✨✨
Und es ist herrlich, wenn Seto die Coolness verlässt und er sich mal ein bisschen menschlicher zeigt als üblich.

Irgendwie hab ich jetzt aufgrund deines Nachwortes eine halbgare Idee, die an meinen Hirnwindungen nagt. Mal schauen, ob da noch was nachkommt.

Bin auf jeden Fall schon mal gespannt, was hier noch so alles passiert.
😘🤩
Antwort von:  DuchessOfBoredom
14.08.2022 20:31
Ja, auf einige der Szenen in dem Kapitel habe ich auch schon regelrecht hingearbeitet - die Sache mit Dukes Date-Vergleich (die wird noch wichtig) und natürlich die "Duke-befummelt-ganz-aus-Versehen-ein-bisschen-Setos Hintern"-Sache XD

Uuuuuh, das wäre ja ganz wundervoll, wenn aus deiner Idee tatsächlich etwas entsteht! Ich würde mich echt riesig freuen, mal wieder etwas Neues von dir zu lesen! 😍❤️😍❤️😍❤️😍

Wie gesagt, hier kommt jetzt erstmal Kitsch 🙈 Muss mal gucken, wie ich es schaffe, dass wenigstens der Weg dahin nachvollziehbar und realistisch bleibt 🙃
Von:  Mopsfloh
2022-07-24T08:58:10+00:00 24.07.2022 10:58
Na kaiba geht ja diesmal ganz schön ran, nur leider noch nicht an der richtigen Stelle :D aber das wird sicher noch.

Was ich mich aber frage: sollte Duke als Erfinder und Verkäufer von DDM nicht eigentlich mitkriegen, wenn alle Arenen nicht mehr funktionieren?

Ansonsten wieder alles tippitoppi und ich freu mich auf die Fortsetzung :)
Antwort von:  DuchessOfBoredom
24.07.2022 12:29
Naja, bewusst geht er natürlich nicht ran und Spaß macht es ihm auch nicht (noch *höhö*), mit Duke da so eng unter der Arena rumzuliegen. Seto ist halt extrem genervt, hat keinen Bock, sieht nichts und Duke denkt aus seiner Sicht zu wenig mit und rafft nix XDDD

Zu deiner Frage: Kann sein, dass ich mir da schon wieder viel zu viele Gedanken gemacht habe bzw. das bedingt durch meine juristische Unkenntnis kompletter Bullshit ist, aber here we go 🙈
In meiner Vorstellung steckt Duke Devlin, in seiner Funktion als Erfinder von DDM, tatsächlich gar nicht so tief drin im Daily Business rund um sein Spiel. Er hat es natürlich erfunden, klar, aber die Produktions- und Vermarktungsrechte etc. liegen komplett bei Industrial Illusions, die haben also eigentlich fast alles in der Hand und managen das. Er bekommt dafür Anteile am Gewinn. Pegasus beauftragt ihn immer wieder, wenn es um die Weiterentwicklung des Spiels geht (als so eine Art Creative Director auf Freelancer-Basis oder so ;D) und er wird manchmal zur Beratung in kritischen Fragen herangezogen, aber sonst ist er da weitestgehend raus.
Das gleiche gilt für das Business mit den Arenen. Das ist in meiner Welt primär ein Vertrag zwischen Industrial Illusions und der Kaiba Corp, also zwischen Pegasus und Kaiba. Duke hat als Erfinder des Spiels bei der initialen Entwicklung der Arenen beratend zur Seite gestanden und hat vielleicht auch das eine oder andere abgenickt, aber das war es dann auch schon. Auch hier: Produktion und Vertrieb sind komplett in der Hand von Kaiba. Duke hat keinen Plan, wer wie wo noch so eine Arena rumstehen hat - vielleicht maximal, wie viele Arenen grob in welche Länder verkauft wurden, weil Pegasus das mal so nebenbei im Gespräch gedroppt hat, als gerade aktuelle Zahlen von Kaiba kamen, aber weiter reicht sein Überblick da nicht.
Duke Devlin, der Ladenbesitzer, ist als Besitzer einer DDM-Arena erstmal ein Kunde von Kaiba Corp. wie jeder andere auch (bzw. wenn es um das klassische, physische DDM-Spiel geht, ein Kunde von Industrial Illusions wie jeder andere auch). Darum hat er erstmal nur mitgekriegt, dass seine eigene Arena nicht funktioniert und ist den klassischen Weg des Kunden gegangen. ;) Den vollen Überblick über das Dilemma hat zu diesem Zeitpunkt nur die Kaiba Corp., weil bei deren Kundenservice natürlich die Hütte brennt. Und gegenüber Industrial Illusions (und auch der restlichen Welt) will Kaiba das ganze natürlich so klein wie möglich halten, um die Gefahr für sein Business bzw. dessen Reputation (die Aktienkurse!) zu mindern. Ich stell mir das tatsächlich auch so vor, dass die Presseabteilung der Kaiba Corp da gerade voll am Rad dreht, weil die alle Hände voll damit zu tun haben, zu verhindern, dass das ganze Ausmaß irgendwie nach draußen dringt. Es wäre also sogar gefährlich für Seto, wenn Duke oder überhaupt jemand wüsste, dass es wirklich alle Arenen betrifft.

TLDR: Duke hatte keine Ahnung und das ist auch ganz gut so XD
Antwort von:  Mopsfloh
24.07.2022 16:28
oha XD das ist mal ne ausführliche erklärung und auch eine plausible :D ich bin zufrieden :D
Antwort von:  DuchessOfBoredom
24.07.2022 19:57
Puh, da bin ich ja beruhigt, dass es sich zumindest irgendwie logisch und nachvollziehbar anhört, unabhängig davon, ob es wirklich so ist/sein kann 😅
Alles für die Zufriedenheit meiner Leser! ✊ XD
Von: Karma
2022-07-23T06:04:04+00:00 23.07.2022 08:04
So kann der Arbeitssamstag beginnen.
😁
Das wird definitiv für gute Laune sorgen, auch wenn die Kunden gleich noch so nervig sein sollten.
🤣😉
Bin auf jeden Fall schon sehr gespannt, was du dir noch so einfallen lassen wirst.
Ich mag's unheimlich, wenn die beiden zusammenarbeiten.
Antwort von:  DuchessOfBoredom
23.07.2022 10:02
Ich drücke trotzdem die Daumen für nette Kunden! ;)

Ja, sind Seto und Duke jeder auf seine Art grumpy und sie brauchen auf jeden Fall erstmal ein bisschen Anlauf. XD Aber wir wissen ja schon um die einende Wirkung des Kaffees ... ;D (Langsam wird es fast schon ein Klischee, aber ich kann irgendwie einfach nicht drauf verzichten 🙃)
Von:  Yui_du_Ma
2022-07-22T20:02:06+00:00 22.07.2022 22:02
Ein tolles Kapitel.
Hat sich gut lesen lassen.
Man fiebert richtig mit Tea mit.
Einfach genial.
Danke schön dafür. Da freut man sich auf mehr.
Von:  Mopsfloh
2022-07-17T15:31:56+00:00 17.07.2022 17:31
Oha fünf Kapitel werden es jetzt :D Das klingt vielversprechend.
Und was man aus einem einfachen Haargummi alles schließen kann, ist auch verrückt :D Da hat Tea ganze Arbeit geleistet ;)

Bin sehr gespannt, wie das ganze weiter geht und wie die Hintergrundgeschichte aussieht.
Freue mich wie immer auf mehr :)

MfG Mopsfloh
Von: Karma
2022-07-17T00:11:49+00:00 17.07.2022 02:11
Also mir hat's auf jeden Fall schon mal gefallen. Tea als Sherlock Gardner find ich einfach super. Klar, frau bemerkt solche Kleinigkeiten, die die Herren der Schöpfung geflissentlich übersehen. Herrlich, ich grinse immer noch - und freue mich selbstverständlich auf mehr. Du weißt ja, dass ich deine Stories liebe.
😍🤩🤍💛🧡❤️💚💙💜🤎🖤


Zurück