Reincarnation's Heaven von Danntens ================================================================================ Kapitel 1: Neubeginn -------------------- Alles war schwarz. „Was zur Hölle ist denn jetzt los?“, murmelte Uhri und begann vor Ungewissheit zu zittern: „Was ist passiert? Warum sehe ich nichts? Ich war doch gerade noch … Moment, wo war ich gerade nochmal, was habe ich gerade noch gemacht?“ Uhri verstand nichts mehr, sein Kopf begann zu schmerzen. „Ok, beruhig dich erstmal!“ Er atmete tief ein und aus und dachte nach. Er fasste sich mit einer Hand an die Augen. „Ok meine Augen sind definitiv offen.“, sagte er laut und bemerkte dabei, dass zumindest seine Ohren einwandfrei funktionierten. Die Worte klangen sauber und es gab keinen Schall, der möglicherweise durch Wände entstehen könnte. Das einzige Problem waren seine Augen. Sie waren offen, doch er sah nichts. War er blind? Aber wovon war er blind geworden? Oder war er gar nicht blind, sondern seine Umgebung einfach dunkel. Das würde auch erklären, warum es so still war. Wurde er etwa gefangengenommen? Hatte ihm jemand von hinten auf den Kopf geschlagen, ihn entführt und in diesem lichtleeren Raum gefangen. „Tut deshalb mein Kopf weh?“ dachte er nun laut, um nicht den Verstand zu verlieren: „Ach was, so ein Schwachsinn, warum sollte man mich entführen?“ Erst jetzt fiel Uhri auf, dass er keinen Boden unter den Füßen hatte. „Befinde ich mich etwa in der Luft?“ Obwohl er sich langsam beruhigt hatte, kam in ihm wieder die Panik hoch. Aber er hing weder an einem Seil noch an etwas ähnlichem und er konnte sich frei bewegen. Uhri fühlte sich federleicht. „Falle ich?“, redete er erneut zu sich selbst, doch er widerlegte sofort seinen eigenen Gedanken. Er spürte weder Wind, noch Widerstand und tatsächlich hatte er nicht das Gefühl, dass er sich überhaupt bewegen würde. Uhri atmete wieder ein und aus und unterdrückte so auch sein Zittern. Nein, er fiel nicht, er schwebte! Ihm fiel keine Möglichkeit ein zu schweben, außer im Weltall, aber wie sollte er dorthin gekommen sein? „Nein, das kann nicht sein, es muss ein Traum sein. Ja genau, ein Traum. Das ist das einzige was Sinn macht“, redete er sich ein, setzte sich im Schneidersitz und mit verschränkten Armen in den leeren schwarzen Raum und schloss die Augen. Er würde sowieso nichts sehen können. „Und wie mache ich jetzt wieder auf? Ach ja…“ Er zwickte sich so stark er konnte in den Arm, doch nichts passierte. Er war nicht aufgewacht, er hatte ja nicht mal Schmerzen gespürt. Er versuchte es erneut, aber das gleiche Ergebnis. „Scheiße! Was jetzt?“ In diesem Moment kam ihm ein Gedanke, den Uhri am liebsten wieder vergessen würde. „Nein, oder? Das kann nicht sein!“ Und doch fiel Uhri keine andere Möglichkeit ein. Der Ort, an dem er sich befand, konnte weder physikalisch erklärt werden, noch konnte es sich um einen Traum handeln. Es fühlte sich einfach zu echt an. Also gab es nur diese dritte Möglichkeit. Er war gestorben. Ja, anders konnte er sich die Situation nicht erklären. Hieß das es gab auch einen Himmel und eine Hölle? Und einen Gott? Und wohin würde er jetzt kommen? Eher in den Himmel, weil er noch nie gemordet und geklaut hatte oder doch eher in die Hölle, weil er ein faules Leben geführt hatte. „Vielleicht ist dieser dunkle Ort auch schon mein Ziel, das Ewige Nichts. Aber warum und wie bin ich überhaupt gestorben?“ Uhri strengte seinen Kopf an, doch das Einzige woran er sich noch erinnern konnte, war, wie er abends ins Bett gegangen war. „Bin ich etwa im Schlaf gestorben?“, dachte er, als sich plötzlich die Dunkelheit lichtete und Uhri wieder auf festem Boden stand. Von der Helligkeit geblendet blickte er mit zusammengekniffenen und durch seinen rechten Arm vom Licht abgeschirmten Augen auf den Boden. Er stand auf einem weißen Stein, der wie Marmor aussah. Als sich Uhri‘s Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten, erkannte er, dass der Marmor, auf dem er stand zu einem runden Tempel gehörte, in dessen Mitte er sich befand. Dieser Marmortempel hatte einen Durchmesser von zwei Metern und eine Höhe von drei Metern und die Decke wurde von vier weißen runden Säulen getragen. Als Uhri nach oben blickte, entdeckte er auf der weißen Decke ein hell leuchtendes goldenes Symbol eingraviert, das allmählich an Leuchtkraft verlor bis es nur noch golden war und nicht mehr leuchtete. Uhri konnte das Zeichen nicht entziffern, doch es ähnelte stark einem großen griechischen Psi, oder einem Dreizack. Über eine kleine weiße Treppe verließ Uhri den Tempel und befand sich dann auf einem breiten, ebenfalls aus Marmor bestehenden Weg. Um ihn herum erstreckte sich eine weite, schier unendliche Wiese, die in hellem Grün leuchtete. Uhri schaute sich um, doch selbst in weiter Ferne konnte er nichts erkennen. Nur eine junge Frau, die in weiß gekleidet war und pinke Haare hatte stand einige Meter entfernt am Wegrand. Ihre Augen waren geschlossen und sie hatte ihre Hände jeweils im breiten Ärmel des anderen Armes versteckt. Zwei große eingeklappte Flügel ragten über dem Kopf der jungen Frau hervor. „Es ist also wahr“, dachte sich Uhri erschrocken: „Ich bin gestorben.“ Er musterte die Frau aus der Ferne: „Ein Engel? Also ist das der Himmel?“, fuhr er seine Gedanken fort. Uhri folgte dem Weg bis er kurz vor dem Engel mit den pinken Haaren stand. „Entschuldigung?“, fragte er sie, worauf sie schlagartig ihre hell leuchtenden, pinken Augen öffnete. Uhri war sprachlos. Er hatte noch nie so schöne Augen gesehen und konnte seine nicht von ihren wenden. Er fand sie wunderschön. Erst als sich der Engel vor ihm verbeugte und die Augen aus seinem Blickfeld verschwanden, kam er wieder zu sich. „Herzlich Willkommen, Uhri Aoki, Willkommen im Himmel. Wir haben Sie bereits erwartet. Wenn Sie mir bitte folgen würden.“ - „Wo gehen wir hin?“ - „Zur Verwaltung des Himmels.“ Sie begann, ohne auf ihn zu warten, den Weg entlang zu gehen, welcher sich durch die Landschaft schlängelte. „Verwaltung also. Nicht gerade, wie ich mir den Himmel vorgestellt habe“, dachte Uhri und beeilte sich ihr zu folgen. Anfangs war weit und breit nichts zu sehen, sodass Uhri sich nur auf die Frau vor sich konzentrierte. Er musterte ihre Flügel, die aus vielen kleinen schneeweißen Federn zusammengesetzt waren. Selbst obwohl Uhri noch nie in seinem Leben echte Engelsflügel gesehen hatte, musste er zugeben, dass ihre besonders schön waren. In Kombination mit ihren langen pinken Haaren und leuchtenden Augen war sie eine echte Schönheit. Nach einiger Zeit des Schweigens begann der Engel zu sprechen: „Sie haben sich schnell an die Situation gewöhnt. Normalerweise haben die Menschen die verschiedensten Reaktionen. Die meisten verstehen die Situation erst gar nicht, viele weinen, einige sind geschockt, manche wollen die Situation nicht akzeptieren. Ja, manche freuen sich sogar über ihren Tod. Aber Sie, Herr Aoki, zeigten keine Reaktion auf meine Worte. Was denken Sie von ihrer Situation?“ - „Wie heißen Sie?“ - „Emma Rosée“ - „Weißt du Emma, ich habe keine Ahnung was mich erwartet. Deshalb warte ich lieber bis ich alle Informationen habe und reagiere dann. Vielleicht ist das ja die Hölle, getarnt als Himmel.“ Der Engel begann zu kichern: „Ich verstehe.“ Auch Uhri musste lächeln. Er hatte es geschafft die hübsche Emma zum Lachen zu bringen. Darauf war er stolz. Als sich beide wieder beruhigt hatten, erblickte Uhri in der Ferne ein kleines Gebäude. „Was ist das für ein Gebäude?“, fragte er Emma. - „Das ist ein Gotteshaus, aber aus einer anderen als deiner Welt. Du wirst die Religion nicht kennen.“ - Warum gibt es hier denn überhaupt Gotteshäuser? Oder ist diese eine Religion etwa die einzig richtige?“, fragte er leicht entsetzt. - „Nein, es gibt hier viele verschiedene Gotteshäuser. Die Menschen, die hier leben, sollen weiterhin ihre eigene Religion ausüben können. So wie sie es in ihrer alten Welt getan haben.“, beruhigte Emma ihn. - „Das heißt alle Menschen hier sind bereits einmal gestorben?“ - „Leider ja.“ - „Du auch?“ - „Ja.“ Darauf schwiegen beide. In der Nähe der Gotteshäuser entdeckte Uhri auch die ersten anderen Menschen außer Emma. Sie waren alle weiß gekleidet und verließen oder betraten die Gotteshäuser. Es waren enorm viele Menschen unterwegs und doch hatte jeder wegen des breiten Weges genug Platz für sich selbst. Man fühlte sich wie auf einem Rummelplatz, doch ohne das ständige Gedränge. Die Gotteshäuser waren durch schmalere geschlängelte Nebenwege erreichbar, die von dem breiten Hauptweg ausgingen und Uhri entdeckte irgendwann sogar eine Kirche, eine Moschee und eine Synagoge. Doch die meisten Gebäude hatte er, wie Emma gesagt hatte, noch nie im Leben gesehen. Obwohl alle Gebäude von außen nicht größer waren als wie er es kannte, bezweifelte Uhri nicht, dass sehr viel mehr Leute hinein passten. Doch er hatte keine Lust dem jetzt auf den Grund zu gehen, außerdem musste er immer noch Emma folgen. Während die Zwei ihrem Ziel immer näher kamen, erregte er immer mehr Aufmerksamkeit auf sich. Viele der Leute um ihn herum betrachteten ihn interessiert und redeten leise über ihn. Manche zeigten sogar mit dem Finger auf ihn und lachten leise. Das war Uhri äußert unangenehm und er versuchte seine Umgebung zu ignorieren. Jedoch war es aber auch irgendwie verständlich. Schließlich stach der Junge mit seiner giftgrünen Jogginghose und seinem violetten Sport T-Shirt in Mitten der monoton weiß gekleideten Menschen stark hervor. Neben jenen, die ihn musterten, gab es aber auch diejenigen, die ihn gar nicht beachteten und einfach ihren eigenen Tätigkeiten nachgingen. Einmal stieß Uhri sogar mit einer Person zusammen, die in Eile in ihn herein gerannt war. Ohne sich zu entschuldigen stand dieser Mann auf und ging weiter, als wäre nichts gewesen. Uhri musste sich beherrschen, nicht wütend zu werden. „Sonst wäre ich ja nicht besser als diejenigen, die bei der Wahrheit randalieren und sie nicht akzeptieren wollen.“, dachte er sich zur Beruhigung. Still holte er Emma ein und lief von nun an ihrer Seite. Nach vielen weiteren Gotteshäusern, Menschen und Flüstereien hinter vorgehaltener Hand kamen die beiden am Ende des Weges und somit auch am Ende der großen grünen Wiese an. Vor ihnen lag, am Ende einer langen, weißen und wegbreiten Treppe, ein riesiges goldenes Tor. „Nun, das sieht mir doch schon eher nach dem Himmel aus, den ich mir vorgestellt hatte“, bestätigte Uhri leise, sodass es Emma nicht hören konnte und nickte. „Wir kommen gleich ins Zentrum des Himmels“, erklärte der Engel stattdessen und setzte einen Fuß auf die erste Stufe. Diese wich leicht unter ihrem Gewicht nach unten. Als Uhri dies sah, beeilte er sich es ihr gleichzutun und betrat auch die Treppe. Auch bei ihm sank die Stufe um seinen Fuß herum ab. Man konnte spüren, wie weich der Stoff war, aus dem sie bestand, und Uhri lobte ihn in den Himmel, obwohl er sich dort bereits befand. Denn trotz der angenehmen Federung des Stoffes war er nicht so weich, dass man in ihm versank oder das Gleichgewicht verlor, was das Laufen erschweren würde. „Was ist das für ein Stoff?“, fragte er erfreut. - „Das sind Wolken“, beantwortete Fräulein Rosée kurz und knapp. - „Auf Wolken kann man nicht laufen!“, widersprach Uhri, bereute seine Antwort aber sogleich. Wenn es einen Himmel gab, konnte man auch auf Wolken laufen. Emma erklärte es ihm so: „Diese Wolken stammen, wie die ganzen Religionen, aus einer anderen Welt. Die Beschaffenheit ist ganz anders, wie die bei euch. Deshalb kann man auf ihnen laufen.“ Sie stiegen weiter langsam einen Schritt nach dem anderen hinauf, bis sie schließlich bei dem Goldenen Tor ankamen. Von Nahem sah es nochmal viel größer aus, als von der Ferne. Es war bestimmt so groß wie ein Einfamilienhaus. Weil es bereits einen Spalt offen war, durchquerten er und Emma das Tor und fanden sich nun auf einem runden Platz wieder. „Das ist also das Zentrum des Himmels!“ Der Boden dieses Raumes bestand wie die Treppe vorher ebenfalls aus Wolken und in der Mitte befand sich ein großer kreisrunder Tempel, ähnlich zu dem, in dem Uhri erschienen war, bloß ein bisschen größer. Der Raum hatte keine Decke, stattdessen konnte man einen wolkenlosen Himmel bewundern und da wo Wände hätten sein sollen, waren fünf riesige identische Tore in einem Kreis angeordnet. Uhri und Emma gingen rechts am Tempel vorbei, wobei der Junge in der Mitte dessen eine Statue von einem jungen Mann erblickte. Er konnte sich jedoch nicht genauer damit beschäftigen und musste seinem Führungsengel durch den Spalt des Tores rechts gegenüber von dem, aus welchem sie gekommen waren, folgen. Der dritte Raum, den Uhri betrachten konnte, war nach dem Tor durch eine identische Treppe, wie die vorherige, nach unten erreichbar. Im Unterschied zu der großen Wiese im ersten Raum, bestand hier der ganze Boden aus Marmor, es gab keine Gotteshäuser, die man betreten konnte und er war allgemein viel kleiner. „Oder aber er wirkt nur kleiner, vielleicht dehnt er sich aus, wenn sich mehr Leute hier befinden?“ sprach er zu sich selbst, denn der Raum war menschenleer. Nur eine Frau war an einem Schalter vor ihm anwesend. Als Emma dann stehen blieb und sich erneut vor ihm verbeugte, wusste er, dass sie an ihrem Ziel angekommen waren. Förmlich sprach Emma: „Hier ist die Rezeption, Uhri Aoki, gehen Sie zu der Frau am Schalter vor Ihnen. Sie wird Ihnen alles weitere erklären.“ Sie richtete sich wieder auf, lächelte und fügte noch leise hinzu: „Wir können uns ja noch in den nächsten Tagen treffen.“ Dann verschwand sie die Treppe hinauf und durch das Tor. Uhri schaute ihr bis zu Schluss nach und schlängelte sich danach durch den für die Schlange vorgesehenen Durchlauf aus vergoldeten Seilbarrieren, bis er schließlich an seinem Ziel ankam. Eine Frau mittleren Alters mit grauen Haaren und braunen Augen begrüßte ihn. Sie hatte starke Augenringe und schaute müde aus. Gekleidet war sie, wie jeder andere auch in weißer Kleidung. Ihre Flügel wirkten fast schon grau. „Herzlich Willkommen Uhri Aoki“, begann sie etwas demotiviert, wobei sie sich ein Lächeln aufzwang: „Folgendes wird einige Zeit in Anspruch nehmen, also setzen Sie sich doch bitte.“ Uhri setzte sich und starrte die Frau vor sich an. Zuerst bestätigte ihm die Frau, die übrigens, laut ihrem Namensschild, Mina hieß, nur, was er schon vermutet hatte und von Emma erfahren hatte. Er war tatsächlich gestorben und befand sich nun im Himmel. „Bei Emma hat das Zuhören mehr Spaß gemacht“, dachte er sich, lehnte sich zurück und gähnte. Nur aus Höflichkeit schaute er den Rezeptionsengel an und nickte ab und zu. „Wie sie vielleicht schon bemerkt haben, wurden ihre Erinnerungen an den Tod komplett gelöscht. So sollen mögliche Traumata verhindert werden, die zum Beispiel durch heftige Qualen ausgelöst werden würden.“ Als er das hörte, schaute Uhri doch wieder interessiert auf. Die Frau erzählte weiter, dass ihm drei Möglichkeiten nach dem Tod offenstanden. Erstens: Fallen ins Ewige Nichts, gleichbedeutend mit der Höhle Zweitens: Ewiges Leben und Arbeiten im Himmel Drittens: Die Wiedergeburt Als Uhri das hörte, war er zuerst überrascht. Er dachte, dass jeder Gestorbene automatisch im Himmel sein Leben fortführen würde. Er hatte nicht mit einer Wiedergeburt gerechnet. Doch war ihm eines sofort klar. Weder wollte er aufhören zu existieren, noch sein Leben lang im Himmel arbeiten. Die Wiedergeburt war der einzige wählbare Weg für ihn. Bevor Mina zu den einzelnen Möglichkeiten Infos hinzufügen konnte, schoss es aus Uhri‘s Mund: „Wiedergeburt!“ Der Engel hielt kurz inne und begann dann herzlich zu lachen: „Verstehe!“ Plötzlich sah die ältere Dame wieder wie jung aus und ihr Gemütszustand heiterte sich auf. Mit Freudentränen in den Augen fuhr sie fort: „Dann muss ich die Details über die anderen zwei Möglichkeiten nicht mehr nennen und wir fahren sofort mit Wiedergeburt fort. Auch hier gibt es drei Möglichkeiten. Erstens: Die Wiedergeburt als Baby ohne Erinnerung. Da man seine gesamten Erinnerungen verliert, hat man hier die größte Auswahl. Zweitens: Wiedergeburt in deiner jetzigen Gestalt mit Erinnerungen. Da man seine Erinnerungen behält ist die Auswahl eingeschränkt. Und Drittens: Die Wiedergeburt als Neugeborenes mit Erinnerungen. Hier hat man die wenigsten Möglichkeiten. In welche Welten man wie darf, bestimmt das Heavenlaw, das Gesetz des Himmels. Stell dir vor in deiner Welt würde ein Kind geboren werden, das bereits sprechen und klar denken kann. Das wäre eine Katastrophe. Genauso wäre es auch ungünstig, wenn ein Mensch auftauchen würde, der keine Ausweise hat, sich nicht identifizieren kann oder vielleicht gar nicht zur menschlichen Rasse gehört.“ Alles, was die Frau erwähnte, konnte Uhri nachvollziehen. Es wäre tatsächlich problematisch, wenn so eine Person plötzlich auftauchen würde. Doch Uhri dachte nicht weiter darüber nach, denn er freute sich zu sehr auf die neue Welt. Er war ein riesiger Freund von Animes und Mangas und hatte auch schon einige Isekais gesehen. Er hoffte nur, dass es nicht so eine „Als ich eines Tages vom Bus überrollert wurde, in einer Fantasy-Umgebung als Toastbrot erwachte, um die Welt zu retten, mich einer Heldentruppe anschloss, einen Harem heranzüchtete, wieder rausflog, und dann Bademeister wurde.“-Geschichte. Darauf konnte er liebend gerne verzichten, auch auf den Harem. Das wäre ihm viel zu klischeehaft. Aber er befand sich ja auch in keinem Anime, sondern in der Realität. Der Engel an der Rezeption sah wie Uhri während seinen Gedanken das Gesicht verzog und musste wieder kichern. Das brachte den Jungen wieder in die Realität. Nachdem Mina sich wieder beruhigt hatte, musste sie ihr Lächeln nicht mehr aufzwingen, es wirkte ganz natürlich und sofort fühlte sich auch Uhri in ihrer Umgebung wohler. Er wollte eine Frage, die ihm vorher schon in den Sinn gekommen war, stellen: „Es gibt mehrere Welten, richtig?“, ging er sicher. – „Sicher.“, bestätigte die Frau lächelnd. – „Und in jeder Welt sterben täglich Menschen, richtig?“ – „Durchaus.“ – „Aber, wenn man davon ausgeht, sollte hier doch alles voll sein, oder etwa nicht?“ – „Ah, ich verstehe ihr Problem. Was sie sagen ist ganz richtig. Es gibt viele Universen oder Welten, wenn sie es so nennen wollen, in welchen täglich mal mehr und mal weniger Menschen sterben. Aber in einer Sache irren sie sich. Nicht jeder der Verstorbenen kommt automatisch in den Himmel. Menschen kommen nur in den Himmel, wenn sie von Gott eingeladen wurden, alle anderen fallen direkt ins Ewige Nichts.“ – „Von Gott?! Also gibt es einen Gott?“ – „Richtig, es war allein Gottes Wille, dass wir uns jetzt gegenüberstehen.“ – „Und wo ist dieser Gott? Ich würde ihn gerne mal kennenlernen.“ Bei diesen Worten verzog sich Minas Gesicht wieder. Giftig antwortete sie: „Als ob sich Gott einfach jedem zeigen würde, der es sich wünscht. Nein! Dieser Ort wurde von ihm geschaffen, damit er sich nicht um alles selber kümmern muss. Gott selbst reist durch die Universen und sucht nach vielversprechenden Kandidaten, die er markiert. Hat er jemanden markiert und diese Person stirbt, egal auf welche Weise, fällt die Seele nicht ins Ewige Nichts, sondern kommt stattdessen hierher. Und sie sind einer dieser vielversprechenden Kandidaten, so ist es.“ – „Also Gott hat mein Talent erkannt, mich markiert und deshalb bin ich jetzt hier?“ – „Hab ich doch gerade gesagt.“ Uhri war baff. Gott hatte ihn auserwählt entweder im Himmel zu arbeiten oder in einer anderen Welt wiedergeboren zu werden. Das warf neue Fragen in ihm auf. „Warum haben sie sich für ein Leben im Himmel entschieden?“ Auch bei dieser Frage schaute Mina wieder wütend, doch sie antwortete: „Ich habe einfach nicht die Möglichkeit bekommen. Bei mir hieß es Himmel oder Ewiges Nichts!“ Uhri entschied sich lieber nicht auf Minas Gesicht einzugehen und ignorierte es. Bevor er weiter etwas sagen wollte, dachte er nach: „Gott weiß von meinem Talent, doch obwohl ich immer versucht habe es zu ignorieren, gibt er mir eine neue Chance. Was soll ich jetzt machen? Ihn anbeten? Nein! Diesem Gott ist es egal, wen oder was man anbetet, das hat er deutlich mit den Gotteshäusern gezeigt. Aber ich muss mich jetzt anstrengen. Immerhin setzt ein Gott große Hoffnungen in mich und er hat mir immerhin diese zweite Chance ermöglicht.“ – „Räusper“ Mina unterbrach seine Gedanken mit einem wieder neutralen Gesicht: „Ich glaube wir sollten die Besprechungen für heute beenden. Wir können uns beim nächsten Mal um die Details der Wiedergeburt kümmern. Sie können sich morgen ein bisschen hier umschauen. Übermorgen können sie dann wieder hierher kommen. Dann besprechen wir die Details. Ich stelle ihnen für ihre Zeit hier im Himmel ein Zimmer im Wohngebiet zur Verfügung. Gehen sie im Zentrum einfach gleich durch das erste Tor links, dann kommen sie ins Wohngebiet … ah außerdem haben sie insgesamt nur 30 Tage Zeit um sich zu entscheiden, was sie machen wollen. Ihre Zeit ist begrenzt, also nutzen sie sie sinnvoll!“ Dann verabschiedete sich Mina von Uhri und verschwand im Gebäude hinter ihr. Uhri stieg die Treppe wieder hinauf, die er vorher herunter gekommen war und durchquerte das Tor. Er befand sich im Ursprung und wollte sich erstmal hier etwas umschauen. Zuerst ging er auf die Statue des jungen Mannes zu, die er zuvor schon im Tempel in der Mitte erblickt hatte. Die Person, die die weiße Marmorstatue abbildete, hatte große freundliche Augen und leicht zerzauste Haare. Die Kleidung der Person bestand aus einem einfachen Umhang, wie man ihn sich eben bei Gott vorstellte. Vermutlich handelte es sich bei der Person auch um Gott, doch es gab nirgends eine Beschriftung, die das bestätigte. Da sich sonst nichts mehr im Zentrum befand und sich Uhri langsam müde fühlte, beschloss er die Erkundung für diesen Tag ruhen zu lassen und in sein Zimmer zu gehen. Er durchtrat das Tor links von der Rezeption, ging die Treppe herunter und fand ewig lange Reihen von Häusern vor sich. Alle Gebäude waren identisch, in Größe, Form und Farbe. Nur die schwarzen Hausnummern an den weißen Haustüren variierten. Uhri lief zu seinem Haus und betrat es. Das Innere war größer als es zuerst von außen den Anschein hatte und ebenfalls schneeweiß. „Hier ist ja echt alles weiß.“ Durch die weiße Farbe wirkte zwar alles sauber, aber gewissermaßen auch trostlos. Uhri bereitete sich aufs Schlafen vor, zog seinen weißen, zur Verfügung gestellten Schlafanzug an und warf sich ins Bett. Nachdem er die Informationen des Tages verarbeitet hatte, schlief er ein. Er war tatsächlich gestorben! 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