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Geschichtenerzähler

von

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Prolog

Du kennst mich vielleicht schon, weißt, dass ich eine rein fiktive Figur bin und nie wirklich gelebt habe. Ich wurde erschaffen. Kreiert, um in diversen Geschichten die Hauptrolle zu spielen. Vieles war geplant, viel wurde verworfen und ich als Figur habe überlebt.
 

Mein Schöpfer brachte es nicht übers Herz, mich einzumotten, zu vergessen oder liegenzulassen. Meinen ersten Auftritt hatte ich lange vor einer Kurzgeschichte, in der es darum ging, mich auf den Scheiterhaufen zu bringen. Eine trostlose Story, gefüllt mit Folter und meinen Gedanken.
 

Danach folgte ein kurzer Auftritt in einer Sammlung an Mythen zu Blutsaugern. Ich nahm Rache, erklärte meine Sicht der Dinge und Mutterkorn so verheerend in seiner Wirkung machte. Dann verschwand ich, wurde in eine Schublade abgelegt und mein Schöpfer erfand Lea, Lena und auch Paula.
 

Alles Mädchen, die immer wieder auftauchten und mir die Show stahlen. Ich will nicht undankbar sein, er hat einen kreativen Kopf, sprudelt vor Ideen und in einer Sache sind wir uns sehr ähnlich.
 

Wir lieben es, Geschichten zu erzählen.
 

Meine erzählen vielseitig, so, als wäre ich dabei, hätte überlebt. Ein Zeitzeuge, der vieles zu berichten hat. Nichts davon ist jedoch wahr, ich bin eine fiktive Figur und brenne darauf, euch mitzunehmen. Wer weiß, vielleicht laufe ich Ella über den Weg. Sie ist genauso von Eleonore angetan, wie ich es bin. Vampire faszinieren nicht nur unseren Schöpfer.

Vergessen, aber niemals ganz weg

Irgendwo hat er doch... Ach da ist es ja. Sehr schön, denn ich denke, ich sollte euch einmal zeigen, was mein Schöpfer über mich verfasst hat. Vielleicht bekommt ihr dann ein genaueres Bild von mir.
 

Keine Sorge, ich erzähle nicht nur über Schöpfers Kapitel, ich erzähle auch eigene Geschichten und Kurzgeschichten. Viele werden so erzählt, dass ich mitwirke, aber selber eher erzählt werde. Die Ich-Perspektive nutze ich wenn, um über mich selbst zu reden oder ich mich auf Zeitreisen begebe. Mir kam da tatsächliche eine in den Sinn und das habe ich einem aufmerksamen Leser zu verdanken. Überhaupt bin ich überwältigt, wie groß hier die Anteilnahme an mir als Person ist. Oder eher fiktiven Charakter.
 

Aber jetzt mal zu der Geschichte, die ich eigentlich aus den Tiefen seiner Schublade gezogen und ganz weit unten vorfand. Mein Erschaffer hebt einiges auf, wenn auch recht chaotisch und ich musste einige Stunden danach suchen. Sein Ideenreichtum ist erstaunlich und man findet vieles, was nicht überlebt hat. Schade, aber nicht alles muss erzählt werden. Nicht von ihm, aber vielleicht wird es von mir erzählt. Einiges über Vampire und Hexen hab ich ebenso in dieser wundervollen Schublade entdeckt und wenn mein Schöpfer gnädig ist, lässt er sie mich erzählen.
 

Aber jetzt zeige ich euch das Kapitel, welches mich erschaffen hat, sich Prolog nennt und euch in eine bayrische Stadt führen wird. Ja, Bayern hat einige Ecken, die lohnen, erwähnt zu werden und wieder kommt mir ganz spontan eine in den Sinn. Dazu komme ich noch, denn nun möchte ich euch meine Person nahelegen und wünsche viel Vergnügen.
 


 


 


 

Sein Tag war lang und Eric ziemlich durch. Beinahe zwölf Stunden war er jetzt schon auf den Beinen, hatte Gäste bedient, ihnen Kaffee zubereitet, nebenbei Kundenaufträge für Reparaturen am Fahrrad angenommen und abkassiert. An sich nichts Großes, doch heute hatte er alleine im Café gestanden und musste obendrauf immer mal wieder in die angrenzende Fahrradwerkstatt springen, die mit an diesem hing und ein Projekt der Stadt Erlangen war. Während man kleine Reparaturen an seinem Fahrrad erledigen ließ, hatte man zeitgleich die Möglichkeit im gleichen Gebäude einen Kaffee oder einen leckeren Cappuccino zu genießen.
 

Ein Job, der leicht klang und doch ging es ziemlich in den Rücken und in seine Beine. Eric entschied sich deshalb zu Hause eine Kleinigkeit zu essen, danach zu baden und den Abend vor dem Fernseher zu verbringen. Während er durch den Wiesengrund nachhause radelte, begegnete er einigen Bekannten und musste erneut feststellen, dass Erlangen wie ein Dorf war. Dabei war lange schon aus dem Dorf eine Großstadt geworden, die unweit bei Fürth und Nürnberg lag und liebevoll die Stadt der Fahrräder genannt wurde.
 

Dabei war Erlangen eher für seine Universität bekannt, ebenso für die Hugenotten, die Ende des 17. Jahrhundert von Frankreich nach Erlangen geflüchtet waren. Seither hatte sich die Stadt ziemlich verändert, zahlreiche Plätze wurden durchzogen von breiten, geraden Straßen und saubere, großzügig angelegte Häuserreihen entstanden. Einheit und Ordnung, Luft und Licht herrschen dort, wo sonst dunkle Gassen und krumme Winkel bestanden. Was den Erlangern von den Franzosen bis heute blieb, war der französische Charme der Neustadt. Die kleinen Cafés und Gassen, die großen Plätze und gerade Straßenzüge. Ein Sinnbild wie der Schlossgarten und seine Orangerie. Und inmitten dieser Idylle lebte Eric nun schon mehrere Jahre, in einer kleinen Mietwohnung nahe am Kanal.
 

Im Winter sah er sogar Schiffe, selten aber Eisbrecher und bisher kam es nur einmal vor, dass er den Kanal ganz zugefroren sah. Dafür hatte er jedoch mitbekommen, dass man schon oft Menschen aus ihm zog und viele es nicht überlebt hatten. Eric schüttelte den Kopf, verdrängte die Bilder der letzten Wasserleiche, radelte an der Hedenusschule vorbei und die letzten Meter zu seinem Haus, welches am Ende der Straße lag und einige riesige Baustelle klaffte.
 

Vor einigen Tagen hatten sie begonnen, die Straße aufzureißen und umzugestalten. Bäume wurden gepflanzt, neue Parkplätze sollten geschaffen werden und ganz wichtig, die Straße wurde deutlich enger und war nur noch von einer Seite befahrbar. Eric stieg ab, grüßte die mittlerweile vertrauten Bauarbeiter und kettete sein Fahrrad vor dem Haus an, ehe er in seiner Hosentasche nach dem Haustürschlüssel suchte und rauszog.
 

Doch bevor er den Schlüssel in die untere Eingangstür stecken konnte, wurde diese bereits von seiner Nachbarin geöffnet. Eine ältere Dame, dazu nicht mehr ganz so gut auf den Beinen und mit zwei Müllbeuteln in der Hand. "Eric, wie schön. Hast du schon Feierabend?", lächelte sie. "Seit gut einer halben Stunde", erwiderte er mit tiefer Stimme, welche dennoch sanftmütig klang, der netten Frau mit grauen Haaren, die sehr viel kleiner als er selber war und schritt langsam und beschwerlich an ihm vorbei. "Warten Sie." Eric eilte ihr nach, schloss ihr zumindest die eiserne Tür zu den Müllcontainern auf und öffnete diese für sie. Dankbar nickte sie, hievte den schweren Beutel hoch, den Eric unterstützend fasste und gemeinsam in die Tonne warf. "Danke, du bist ein so lieber Junge."
 

Eric erwiderte ihr Lächeln, begleitete sie zurück ins Haus und wünschte ihr noch einen schönen Tag, ehe er die Treppe bis hoch in den dritten Stock lief und seine Wohnungstür aufschloss. Eric atmete tief ein. Es tat gut, wieder zu Hause zu sein, die Füße hochzulegen und abzuschalten.
 

Leise pfeifend betrat Eric seine kleine Küche, öffnete den hellen, holzverzierten Hängeschrank neben dem Herd und holt zwei Packungen dieser fertigen Nudeln aus Asien heraus. Schnell gemacht und obendrein waren sie lecker und machten mit entsprechenden Beilagen satt. Heute verzichtete er jedoch auf ein hartgekochtes Ei und Frühlingszwiebeln.
 

Während das Wasser in einem mittleren Topf auf dem Herd kochte, ging Eric schnell rüber ins angrenzende Badezimmer und warf einen Blick in den Spiegel. Deutlich sah man, dass er müde wirkte, seine blauen Augen von Schatten gezeichnet waren und irgendwie kam es ihm vor, als wirke seine Haut fahl. Eric seufzte während er mit der rechten Hand über seine schmalen Wangenknochen fuhr und feststellte, dass es an der Zeit war ein Peeling zu machen.
 

Kurzerhand band er sich dafür seine langen platinblonden Haare erneut zu einem Zopf zusammen und steckte diesen am Oberkopf fest. Kurz betrachtete er sich nochmals, schnitt Grimassen und verließ schließlich leise lachend das Badezimmer, nur um kurz ins Wohnzimmer rüberzugehen und nachzuschauen, was es heute im Fernsehen gab. Wie zu erwarten nichts, was ihn interessierte und zum dritten Mal wollte er sich die Titanic nicht geben. Eric legte seufzend die Zeitung weg, erhob sich von seinem schwarzen, mit Stoff bezogenem, Sofa und schritt zurück in die Küche. Keine Sekunden zu spät. Das Wasser kochte, sprudelte in dem Topf und wartete darauf, dass er die Nudeln dazugab. Überlegend, welchen Tee er sich machte, öffnete er den Hängeschrank neben dem Herd und besah sich verschieden Teesorten. Fenchel, Kümmel und grüner Tee sagten ihm heute nicht zu, ebenso normaler Früchtetee und selbst der gute Earl ließ ihn heute kalt.
 

Der Himbeersahne-Tee sprach ihn jedoch mehr als deutlich an, wurde aus dem Schrank geholt und dabei stellte Eric fest, dass dieser noch verschlossen war. Wann genau er ihn gekauft hatte, wusste er nicht mehr, kontrollierte das Haltbarkeitsdatum und nahm schließlich den ersten Beutel heraus. Ein feiner Duft stieg ihm in die Nase, die Süße der Himbeere, die frech zu kitzeln begann und Lust auf eine Tasse Tee machte.
 

Eric holte sich eine Tasse, setzte den Wasserkocher auf und rührte einmal die Nudeln um, ehe er diese durch ein Sieb schüttete und auf einen großen Teller gab. Die dazugehörige Soße kippte er kalt dazu, schnappte sich seine Holzstäbchen und mischte einmal grob alles durch, ehe er den Teller rüber ins Wohnzimmer brachte und auf dem Couchtisch vor dem Sofa platzierte.
 

Bevor er sich seinen Laptop schnappte und auf YouTube die neuesten Dokumentationen durchstöberte, erhob sich Eric nochmals, holte sich seinen Tee aus der Küche und ein paar dieser leckeren Haferkekse aus dem Supermarkt. Einen klemmte er sich zwischen die Lippen, während er sich setzte, den Laptop auf seinen Schoß nahm und in der Suchleiste "Mittelalter" eingab. Ein Thema, was ihn seit seiner Schulzeit faszinierte und ganz besonders Hexen, die Pest oder auch Könige, wie Heinrich der Achte.
 

Kelten und Römer standen ebenso auf seiner Liste und Eric hatte vor Jahren das Glück in einem Museum zu arbeiten, wo Kelten ganz weit oben standen. Aber auch die Mongolei und das Karpatenbecken, welches nahe an Siebenbürgen lag und für Eric noch spannender war. Vlad Tepes. Die Vorlage Draculas, die genauso faszinierte wie der schwarze Tod im Mittelalter. Eric entschied sich für die Pest, startete die Dokumentationen "Der Schwarze Tod - Die Pest im Mittelalter" und lehnte sich endlich entspannt zurück. Kaum später flimmerte das Bild, Reiter zu Pferden griffen an und die ruhige Stimme des Sprechers setzte ein.
 

Kaffa, das heutige Feodossija, liegt auf der Halbinsel Krim am Schwarzen Meer. Dschani Beg Khan und seine Reiterhorden versuchen im Jahr 1346 die Handelsstadt der Genueser auf der Krim im Sturm zu erobern, doch die Verteidiger leisten erbitterten Widerstand.
 

Während einer nächtlichen Gefechtspause gelingt es einigen Männer unbemerkt aus der belagerten Festung zu entkommen. Sie wollen zum Hafen und dort auf ein Handelsschiff, das sie heim nach Italien bringt.
 

Die Fliehenden können zwar den Mongolen entwischen, aber der schwarze Tod fährt mit. Wer den Bazillus nicht bereits durch Tröpfcheninfektion in sich trägt, um den kümmern sich die blinden Passagiere.
 

Mit der Pest infizierte Ratten tragen zur raschen Verbreitung der Seuche bei - Harmlos aussehende Bakterien vergiften das Blut und in nur wenigen Jahren finden vermutlich 50 Millionen Menschen, mehr als die Hälfte der gesamten Bevölkerung ein grausiges Ende.
 

Yersinia pestis lässt auch den Tieren nur geringe Überlebenschancen. Zur Übertragung der Krankheit auf den Menschen stellt ein Parasit die verheerende Verbindung her - der Floh. Etwa dreißig Arten eignen sich als Überträger, darunter der Rattenfloh und der Menschenfloh.
 

Durch ständiges zwischen Ratte und Mensch hin und herspringen verbreitete sich die Seuche recht schnell und die winzigen Tierchen zählen somit wohl zu den tödlichsten Tieren auf unserem Planeten.
 

Faszinierend, dass ein so kleines Tier so vielen Menschen das Leben gekostet hatte und die Pest auch heute noch in Erscheinung trat. Eric griff nachdenklich zu seinen Nudeln, aß zweimal davon, stellte sie wieder weg und sah auf die Uhr. Mittlerweile war es kurz vor sieben, jetzt noch baden erschien ihm nicht möglich, sein Körper fühlte sich von der langen Arbeit müde und taub an.
 

Eric seufzte während er auf die Tasse Tee schielte und sie an sich nahm. Der schwarze Tod hatte ihn wieder nachdenklich gestimmt, eingenommen und von seinem Denken Besitz ergriffen. Noch heute tauchte die Pest in einigen Ländern auf, darunter Indien und doch starben noch immer Menschen an der verheerenden Seuche. Schrecklich, wenn man bedachte, dass man heute Symptome rechtzeitig erkennen und behandeln konnte. Aber nicht nur Indien traf es immer wieder, sondern tatsächlich auch die Mongolei. Eric war erleichtert in Deutschland zu leben, in einer Stadt wie Erlangen, die medizinisch weit voraus war. Eine Erleichterung, die er kaum später spürte, ebenso die Müdigkeit, die durch Mark und Bein glitt und ihn gähnen ließ.
 


 


 


 

Jetzt kennst du meine Vorgeschichte, meinen Charakter, der hier eine Hauptrolle spielen und ins Mittelalter gelangen sollte. Wie genau mir das passieren sollte, erkläre ich beim nächsten Mal, denn dann werde ich nicht als ich selber erzählen, sondern mein Schöpfer schreibt das aufklärende Ende zu der Story "Meine Tage sind gezählt".
 

Ein bisschen muss ich aber doch noch hier preisgeben. Mein Erschaffer hatte geplant, die Stadt in ihrer heutigen Größe und im Aussehen zu lassen. Lediglich verschwand der Bahnhof, Autos, Fahrräder und Geschäfte wurden ausgetauscht. Passend zum Mittelalter und während meinem Spaziergang durch Erlangen fällt mir das als Hauptchrakter natürlich auf. Kein Mac Donalds, kein Subway. Eine Dragödie für mich und selbst mein geliebtes Fahrrad war nicht vorhanden. Immerhin aber Kaffee, denn meine Wohnung blieb das 21. Jahrhundert und Vorräte habe ich einige.

Textfetzen, der einmal ein Kapitel werden sollte

Ich bin untröstlich, dass ich habe warten lassen. Verzeiht mir, aber ich musste ein wenig suchen, bevor ich endlich niederschreiben kann, wie ich in das düstere Mittelalter gelangte. Mein Schöpfer hat diese kurze Passage gut vergraben und einige Zeit fand ich sie leider gar nicht. Abgelenkt wurde ich zum Teil aber auch noch und das durch Ideen, die ich für euch zusammengetragen und gesammelt habe.
 

Mein Schöpfer sah sich die Tage Downton Abby an und ich liebe Schlösser und historische Erzählungen. So kam mir etwas in den Sinn für etwas Kurzes, aber hoffentlich spannendes. Wobei ich es doch als düster sehe, immerhin kam so etwas tatsächlich vor. Verraten werde ich noch nichts, erstmal auf den fetzen Text eingehen, der zu meiner Hauptgeschichte verfasst, aber nie zu Ende geschrieben wurde. Es wäre Kapitel zwei gewesen und ist wirklich sehr kurz. Jedoch wäre es der Einstieg ins Mittelalter gewesen.
 

Ich wach also auf und bin direkt drin, ohne zu ahnen, dass ich Teil eines großen Dramas bin. Mir wird das erst bewusst, wenn ich meine Wohnung verlasse, Veränderungen feststelle, die gravierend sind. Dazu etwas mehr, wenn ihr den kleinen Textauszug gelesen habt.
 


 

⚜⚜⚜
 


 

Das Klingeln seines Weckers um kurz nach fünf traf ihn völlig unvorbereitet und murrend erhob sich Eric aus den Federn, stellte den Störenfried aus und streckte sich laut gähnend. Ein neuer Tag und den galt es mit einer Tasse Kaffee zu beginnen. Wie jeden Morgen, wenn Eric aufstand und sich für die Arbeit fertig machte. Müde und völlig zerknautscht tappte er in die Küche, befüllte seine Kaffeemaschine und ging vorerst ins Badezimmer.
 

Duschen musste er auch noch, Zähne putzen und Frühstück würde er sich nachher in der Stadt beim Bäcker holen. Dafür blieb nie wirklich Zeit und noch früher wollte er dann nicht aufstehen.

Eric gähnte seinem Spiegelbild entgegen, beugte sich über das Waschbecken und ...
 


 

⚜⚜⚜
 


 

Das ist alles, was mein Erschaffer geschrieben hatte, mehr gibt es zu mir nicht und alles, was nun kommt, stammt aus meiner Feder oder meiner Fantasie. Aber zurück zu meiner Wohnung, den Veränderungen, die ich danach bemerke und dass ich ganz und gar falsch in diesem Zeitalter bin. Läden veränderten sich, wurden ersetzt und Autos gab es nicht. Ebenso die Deutsche Bahn, mit ihren nervigen Verspätungen. Mein Arbeitsplatz wurde zur Hufschmiede, Krankenhäuser und Universitäten blieben leer und ungenutzt.
 

Straßen sind nicht gepflastert, Dreck und Unrat verteilen sich zu meinen Füßen. Ratten rennen links und rechts durch die schmalen Gassen, verbreiten die Pest, bringen Tod und mein Verderben. Wie, ist bekannt, ebenso mein Sterben auf dem Scheiterhaufen und doch ist noch immer unklar, wie ich ins Mittelalter kam.
 

Geduld, liebe und treue Leser, es wird kommen. Sehr bald sogar und ich erfreue mich bereits an geplanten Kurzgeschichten, die nie wirklich so passiert sind, aber von mir verfasst werden. Düsteres, schauriges um Erlangen und Nürnberg. Taucht ein in Hexenprozesse, lernt Geheimnisse alter Herrenhäuser kennen und trefft den ein oder anderen Untoten. Vielleicht trefft ihr auch mich in dieser Rolle und lernt mich anders kennen.

Rückreise aus dem Mittelalter

Das Gefühl von Hitze steckt noch immer in meinem Körper und mir ist, als würde ich verbranntes Fleisch riechen. Wirre Stimmen sind in meinem Kopf, rufen wild durcheinander und klingen nicht gerade freundlich. Ein Wimmern, dann ein Schrei und schließlich Stille. Einen Moment genoss ich sie, ehe sie von seltsam klingender Musik unterbrochen wurde. War ich etwa im Himmel, mit Engelsgesang und Trompeten? Wie Klassisches klang mir das nicht, eher wie melancholische Musik, die irgendetwas unterstreichen wollte. Ich konnte doch unmöglich noch auf dem Scheiterhaufen stehen und einer Musik lauschen, die es im Mittelalter gar nicht gab. Nicht mal Hitze spürte ich, das Feuer, oder die unsagbaren Schmerzen. Es musste der ...
 

Klingelte da gerade ernsthaft ein Telefon? Verwirrt schlug ich schließlich die Augen auf und das Erste, was ich zu sehen bekam, war mein Fernseher. Bei genauem Hinsehen erkannte ich, es handelte sich um die Abspannmusik zu einer Dokumentation über die Pest. Ich musste eingeschlafen sein, geträumt haben und es fühlte sich so real an, dass ich geglaubt hatte, wirklich im Mittelalter zu sein. Wenn ich so darüber nachdachte, hatte ich Glück gehabt. Einiges war wirklich unfassbar schmerzhaft und auch eine Daumenschraube konnte enormen Schaden anrichten.
 

Mit Finger in der Tür einklemmen konnte man es durchaus vergleichen, nur sehr viel schlimmer und die Hand war danach nicht mehr zu gebrauchen. Zertrümmerte Fingerknochen konnte kaum einer heilen. Damals schon gar nicht und heute würde man vermutlich amputieren und Prothesen einsetzen. Ein Glück für mich, dass ich alles nur geträumt und niemals erlebt habe. Erleichtert erhob ich mich aus meinem alten, durchaus bequemen Ohrensessel und suchte mein Handy.Irgendwo hatte ich es hingelegt, nur wo?
 

Vielleicht in der Küche? Oftmals lag es dort, wenn ich kochte und soweit ich wusste, hatte ich mir einfache Nudelsuppe gekocht und etwas aufgewertet. Bestimmt lag es noch auf der Anrichte und wenn nicht dort, dann irgendwo im Wohnzimmer. Überlegend schritt ich zuerst in die Küche und sollte recht behalten. Dort lag mein Handy, zeigte einen Anruf in Abwesenheit an. Meine gute Freundin und ich hatte so tief geschlafen, dass ich das Klingeln überhört hatte. Seltsam, wirklich seltsam.
 

Morgen würde ich sie zurückrufen, heute war es mir schon zu spät und auch, wenn sie meine besondere Freundin war, so meldete ich mich ungern nach zehn Uhr bei ihr. Wäre es ihr wichtig, würde sie auch jetzt nochmal anrufen, dafür war sie bekannt. Vielleicht hatte sie wieder etwas entdeckt, einen Geist gesehen oder aber sie wurde fündig, was alte Schauergeschichten anging. In solchen Sachen war sie unschlagbar und jedes Mal überzeugte sie mich, den Dingen auf den Grund zu gehen. Hätte ich sie bloß nie kennengelernt. Irgendwas sagte mir das und wieder einmal sollte ich recht behalten. Aber das ist eine ganz andere fiktive Geschichte, die ich niederschreiben und schon bald erzählen würde.

Vor aller Augen

Klirrende Kälte schlug mir ins Gesicht, während Schneeflocken wild umherwirbelten und mir für einen Moment die Sicht nahmen. Wann hatte das Wetter derart umgeschlagen? War ich so in meinen Gedanken gewesen, dass ich den Umbruch nicht bemerkt hatte? Suchend sah ich mich nach Snowflake und Nela um, doch ich konnte sie nicht finden. Mein Blick schweifte weiter, suchte jeden Winkel ab, doch es war, als wären sie verschwunden.
 

"Nela?", rief ich vergeblich nach ihr, während ich bereits die Eisfläche verließ und mich meiner geliehenen Schlittschuhe entledigte.
 

Wo konnte sie sein, noch dazu ohne vorher etwas zu sagen, sich zu verabschieden? Nachdenklich zog ich mir meine dicken Winterstiefel an und ließ das Eis hinter mir. Vielleicht war sie am ...Nein, Nela trank keinen Glühwein. Sie trank überhaupt keinen Alkohol und auch sonst lebte sie sehr gesund. An den Fressbuden brauchte ich also auch nicht zu suchen.
 

Und jetzt? Heimgehen oder sie anrufen? Nachdenklich griff ich in meine Manteltasche, suchte nach meinem Handy und stellte mit Schrecken fest, dass es verschwunden war.
 

"Verdammt", zischte ich leise, durchwühlte hektisch das Innere meines Mantels und doch bleib mein Mobiltelefon unauffindbar. Offenbar wurde ich bestohlen und das kurz vor Weihnachten.
 

Wütend darüber hob ich meinen Kopf, blickte mich um und stellte mit Schrecken fest, dass ich umgeben von Menschen war, die viel zu altbacken gekleidet waren. Aber nicht nur das, der Weihnachtsmarkt war verschwunden und hinter mir stand einfach ein hölzerner Tisch, auf dem es ganze Fleischstücke zu kaufen gab. Nicht besonders hygienisch, dennoch wurde gekauft und die Menschen strömten beschäftigt an mir vorbei.
 

Der nächste Tisch verkaufte Äpfel und Birnen. Kleine, aber auch große und immer wieder musste sich der Verkäufer diebische Finger vom Leib halten. Wo zum Teufel war ich hier gelandet? Fragend sah ich mich um, erkannte das Schloss, die Stadtbücherei, den Brunnen, der den Marktplatz Erlangens ausmachte und doch fehlte hier und da ein Bauwerk, was mich stutzig machte. Scheinbar war das nicht meine Zeit, sehr weit von dem entfernt, was ich kannte und liebte. Neugierig war ich aber schon.
 

Gespannt lief ich über den Markt, bestaunte selbst geflochtene Körbe, feine Leinenstoffe, aber auch Gewürze. Dabei stellte ich fest, dass diese kaum gekauft wurden, wohl teuer waren und sich nur die gehobene Gesellschaft leisten konnte. Ich musste demnach im Mittelalter gelandet sein und um nochmals mich zu überzeugen, sah ich den Markt runter. Rechts und links gingen normal schmale Gassen ab und weiter hinten thronte die Martin Luther Kirche. Hier nicht. Ausradiert und weggefegt. Einfach leer und unschön anzusehen.
 

Leise seufzend setzte ich meinen Weg fort, lächelte, als ich ein paar Kinder vor meinen Augen spielen sah. Scheinbar fangen, sie rannten, lachten vergnügt und wirken unbeschwert. Bei genauerem Hinsehen stellte ich jedoch fest, dass sie allesamt recht dünn waren. Ein Mädchen fiel mir besonders auf. Ihre Kleidung sah abgenutzt aus, ihre Finger waren viel zu dünn und auch die Schuhe sahen aus, als hätten sie schon bessere Tage gesehen. Armut war also auch hier Thema. Traurig, dass Kinder am meisten darunter litten und es scheinbar keinen interessierte.
 

Sie wurden herumgeschubst, weggestoßen und böse angesehen, wenn sie doch nach einem Stückchen Brot fragten. Zum Fremdschämen. Mir blutete das Herz und ich hatte Mitleid mit dem kleinen Mädchen, das immer wieder auf Erwachsene zuging und diese bittend ansah. Hier kannte scheinbar niemand Mitgefühl oder das Wort Nächstenliebe! Schmerzhaft zog sich mein Inneres zusammen, als wieder jemand das Mädchen einfach verstieß und das so fest, dass sie nach hinten fiel. Kinder waren hier scheinbar nichts wert oder ein unliebsamer Klotz am Bein. Ein Störfaktor, den man nur bedingt duldete.
 

Mitfühlend sah ich die Kleine an, direkt in ihr verschmutztes Gesicht, in ihre traurigen Augen, die sich mit Tränen füllten. Ihr Anblick schmerzte, mein gutes Herz setzte sich durch und ich reichte ihr meine helfende Hand. Ich wollte einfach helfen, fasste nach ihrer kleinen Hand und fasste durch sie hindurch. Sie sah mich nicht, erkannte nicht, dass jemand hier war. Betroffen zog ich meine Hand zurück und lächelte, als sie sich endlich aufraffen konnte und zum Obststand taumelte. Fasziniert beobachtete ich sie, erkannte schnell, was sie vorhatte.
 

Das hektische Hin und Hersehen verriet es, aber auch ihre unsichere Art, wie sie hastig nach einer Birne griff und versuchte unter ihrem löchrigen Mantel zu verstecken. Unbemerkt blieb das nicht, der Verkäufer hatte sie ertappt, ihre Hand ergriffen und mit einem Ruck über den Tisch gezogen. Sein zorniger Blick jagte mir einen Schauer über den Rücken, die Art, wie er mit dem Kind umging. Er zerrte, schlug und trat zu. Mehrfach, bis sie fiel und doch kannte dieses Scheusal kein Erbarmen. Mir gefror sprichwörtlich das Blut in den Adern, als ich erkannte, dass er nicht aufhören würde auf den kleinen Körper einzutreten, als würde er einer Kakerlake den Gar ausmachen.
 

Ihr Schreien wurde überhört, ihr Leiden übersehen. Keiner kam zur Hilfe, niemand schritt ein und hielt den Mann davon ab, ein wehrloses Kind vor aller Augen totzuschlagen. Kein Einzelfall, wie ich hören musste, von wildem Getuschel hinter und neben mir. Tage zuvor hatte es gleich zwei Kinder getroffen, die man wohl erst recht spät irgendwo verscharrte. Traurig und bitter zugleich. Unmenschlich und grausam, ein Kind ohne Folgen einfach aus dem Leben zu reißen und wie ein Stück Vieh zu entsorgen. Heute undenkbar, sogar unter Strafe gestellt und meines Erachtens auch gut so. Niemand verging sich ungestraft an Kindern, schlug, missbrauchte und tötete sie!
 

Schweren Herzens trat ich schließlich auf den kleinen, leblosen Körper zu und kniete vor ihr nieder. "Armes, kleines Mädchen", wisperte ich, streckte meine Hand aus und doch griff ich wieder durch ihren Körper hindurch, griff ins Leere, während ich nur schwer meine Tränen unterdrücken konnte.

Im Schlossgarten

Nasskaltes Wetter zog sich wie ein Schleier durch Mark und Bein, fröstelte mich und um etwas Wärme zu bekommen, rieb ich meine Hände einander. Ohne Handschuhe erfolglos, sie wurden einfach nicht warm. Vielleicht kam es mir auch nur so vor und ich war zu empfindlich. Ein warmer Tee wäre nicht schlecht, doch erst musste ich meinen Heimweg antreten und das durch den Schlossgarten.
 

Kurz sah ich auf die Uhr, stellte mit Schrecken fest, dass es bereits halb fünf am Nachmittag war und die Dämmerung bereits im vollen Gange war. Super, wirklich super. Winter war nicht das, was ich für gewöhnlich mochte und wenn, dann mit dickem Schnee und keinem Nieselwetter. Seufzend steckte ich meine Hände in die Manteltaschen, trat den Heimweg an und blieb vor dem großen eisernen Tor zum Schlossgarten stehen. Der kürzeste Weg, um möglichst schnell zum Martin Luther Platz und zum Bus zu kommen.
 

Ein seltsames Gefühl überkam mich, während ich den ersten Schritt in den großzügig angelegten Garten tat und mich umsah. Menschenleer. Nicht eine Person war zu sehen, nicht einmal ein Hund oder gar ein Eichhörnchen in den Bäumen. Wie ausgestorben, mit den kahlen Trauerweiden, die mit ihren langen Ästen gespenstisch wirkten. Leise lachend schüttelte ich den Kopf und setzte meinen Weg fort. An den Mythen, die man sich seit Ewigkeiten erzählte, war sicher nichts dran. Hier spukte keine unglückliche Gräfin und trieb Schabernack. Alles Schauermärchen, um kleinen Kindern Angst zu machen. Vielleicht auch ängstlichen Frauen, die sich abends alleine nicht mehr heraustrauten. Ich war schon oft im Schlossgarten. Eine weiße Frau habe ich nie gesehen und schon gar nicht Sophie Caroline Marie von Braunschweig-Wolfenbüttel, die zweite Frau von Markgraf Friedrich III. von Bayreuth.
 

Angeblich blieb die Ehe kinderlos, was sie schwer getroffen haben soll. Seither fand sie laut Erzählungen keine Ruhe und geistert immer wieder am in der Mitte thronenden Brunnen herum. Studenten sollen sie dort gesehen haben. Andere an der Orangerie oder sogar im botanischen Garten, der direkt angrenzte und gut besucht war. Jetzt aber war auch er leer, die Tore geschlossen.
 

"Komm schon, Eric. Es gibt keine Geister", ermahnte ich mich selber, warf jedoch einen prüfenden Blick hinter und neben mich. Wie zu erwarten, nichts. Noch immer war ich mit mir und meinen lächerlichen Gedanken alleine. Schade, gegen weibliche Gesellschaft hätte ich nichts einzuwenden, doch mein Leben hatte andere Pläne oder eher noch die Frauen. Entweder sahen sie mich nicht, oder aber meine extravagante Erscheinung schüchterte sie ein. Schade, wirklich schade, aber nicht zu ändern. Nela war die einzige Frau, die gefühlt ständig an meiner Seite war. Heute jedoch nicht. Sie recherchierte, wälzte Berichte, Bücher und stellte das Stadtarchiv auf den Kopf nach Antworten. Noch immer jagte sie dieses kleine Mädchen, was vom eigenen Großvater getötet und irgendwo verscharrt wurde. Typisch Nela. Wenn sie sich festgebissen hatte, ließ sie nicht eher los, bis sie Ergebnisse hatte. In dem Fall würde sie versagen und ich wäre es, der ihr das klarmachen musste. Gespenster gab es nicht. Weder in Form einer Gräfin, noch in der eines unschuldigen Kindes.
 

Obwohl der Schlossgarten nicht sehr groß und vom Wetter her einladend war, blieb ich stehen, seufzte tief und ließ meinen Blick über den imposanten Brunnen gleiten. Schön war anders, das Wasser fehlte, die Sonne, die dem Wasserspiel einen ganz anderen Glanz verlieh und Menschen, wie ein Magnet anzog.
 

"Schön, nicht wahr?"
 

"Was?" Verwirrt blickte ich neben mich und stellte fest, dass dort keiner war. Unsicher drehte ich mich um, doch auch hinter mir fehlte jede Spur einer Person.
 

"Ich höre schon Gespenster." Schmunzelnd wandte ich mich vom Brunnen ab, schritt auf das eiserne Tor und den Ausgang zu.

Der Reiter

Willkommen, Freunde des guten Horrors, der für uns alle real ist. Zumindest nachts, wenn wir schlafen und träumen.
 

Alpträume kennen und lieben wir. Andere hassen sie und einige von uns wissen sehr genau, dass sie gerade ganz böse träumen.
 

Freut euch auf Ertrinken, herabfallende Fahrstühle, Zahnausfall, Fallträume und so manchen Traum, wo man froh sein kann, dass man diesen so nie erlebt hat. Immerhin verarbeiten wir unbewusst den Tag und da kann es schon passieren, dass wir schockiert aufwachen und uns vorerst sammeln müssen.
 

Mich begleitet ein Alptraum schon sehr lange, er taucht immer wieder mal auf und wenn ich ihn träume, dann ist mir nie bewusst, dass ich gerade träume. Oft merke ich das, aber selbst, dann muss ich diesen Alptraum durchleben und wache erst sehr viel später auf.
 

Dreht euch danach am besten um, denn oftmals träumen wir Träume weiter, wenn wir sofort wieder einschlafen. Das will sicher keiner von uns, wenn wir schlecht träumen.
 

Na, traust du dich in eine Welt voller Alpträume? Hast du den Mut, Monstern und ganz alltäglichen Dingen entgegenzutreten? Oder bist du am Ende froh, andere Alpträume zu haben?
 


 

⚜⚜⚜⚜
 


 

Regen peitschte gegen die Fensterscheibe, ließ mich hochschrecken und kerzengerade im Bett sitzen. Wieder einmal prasselte es derart nieder, dass es an eine Sintflut erinnerte. Die letzten Tage waren scheinbar nicht genug und von Weitem hörte ich bereits das Grollen von Donner. Gewitter. Ein Naturereignis, das ich nicht mochte, mir Angst machte.
 

Abwartend, ob ich richtig lag, sich ein Gewitter ankündigte, legte ich mich zurück in die Kissen und starrte die Decke an. Gespannt lauschte ich in die regnerische Nacht hinein, zuckte in mich zusammen, wenn ein Blitz den Himmel wie weiche Butter durchschnitt und kurzzeitig erhellte. Es war nicht mehr aufzuhalten, das Gewitter kam näher und näher, schürte weiterhin meine Angst.
 

Wie ein kleines Kind verkroch ich mich unter die Decke, schützte meine Ohren vor dem bedrohlichen Donnern, welches lauter und lauter wurde. Es schepperte, knallte und ohrenbetäubende Schläge brachen über mein Elternhaus herein. Begleitet von grellen Blitzen.
 

Zitternd hoffte ich, betete, dass es bald vorbei sein würde, ich wieder einschlafen konnte. Fest drückte ich meinen Teddy, lugte vorsichtig unter der Bettdecke hervor und ärgerte mich darüber, dass mein Bett direkt unter dem Fenster stand. Jeden Blitz sah ich. Jedes Zucken, Aufreißen der Wolken, gefolgt von einem lauten Donnern. Schon faszinierend, wäre da nicht meine Angst, die mich immer wieder ergriff. Dabei wollte ich doch mutig sein, sie endlich überwinden, kein kleines Kind mehr sein.
 

Langsam, aber wirklich nur ganz langsam, schälte ich mich aus meinem kleinen Schutzraum, setzte mich auf und direkt an das Fenster. Mein Herz schlug aufgeregt gegen meinen Brustkorb, während mein gesamter Körper zitterte. Dennoch wagte ich einen Blick gen Himmel, staunte über die Blitze, die alle paar Sekunden die Nacht erhellten. Der Donner aber störte, war mir zu laut und die dunklen Wolken mochte ich genauso wenig.
 

Mir war, als würden sie brechen, aufreißen und ...
 

Ein paar mal blinzelte ich, wollte mich vergewissern, dass ich nicht irrte, mir meine Augen vielleicht einen Streich spielten.
 

Doch ich irrte nicht, etwas kam näher, rauschte gerade runter auf mich zu und schien bereits seine Hand nach mir auszustrecken. Ein Reiter, schwarz, bedrohlich, groß und ich war scheinbar sein Ziel.
 

Ich versuchte mich unter der Decke zu verstecken, versuchte mich still zu verhalten, doch es nützte nichts. Die Decke wurde weggezogen, Hände griffen nach mir, wollten mich packen, zogen an mir.
 

Aus Leibeskräften schrie ich um mein Leben, kniff die Augen fest zusammen und öffnete sie erst, als ich die Stimme meiner Mutter hörte.

Aus dem Nichts heraus

Ein sonniger Tag, keine Wolken am Himmel und Regen würde sich sicher auch nicht mehr ankündigen. Perfekt für einen Stadtbummel, auf den ich mich seit geraumer Zeit freute. Ganz, ganz dringend brauchte ich neue Hosen, ein paar lockere Shirts und Schuhe. Nun aber stellte sich mir die Frage, ob ich rüber nach Nürnberg fahren oder doch in Erlangen shoppen sollte.
 

Viel weiter war Nürnberg nicht, binnen weniger Minuten mit dem Zug erreichbar. Am Bahnhof gab es außerdem direkt Kentucky, verlockendes Mittagessen, was ich mir direkt hineinziehen und auf frisch kochen verzichten konnte. Heute stand einfach nur Spaß an, chillen und vielleicht würde ich mir noch ein Eis gönnen. Also doch Nürnberg, zum Bahnhof und Zug fahren.
 

Voller Vorfreude setzte ich meinen Weg zum Hauptbahnhof fort, lief gelassen die Treppen nach unten und zu Gleis vier wieder rauf. Mit der Regionalbahn war ich schnell drüben und wenn ich doch umdachte, würde ich in Fürth aussteigen. Ebenfalls eine sehr schöne Stadt, etwas kleiner und bestechend mit seinem Charme. Ich sollte mit solchen Gedanken vorsichtig und froh sein, dass sie ungehört blieben. Nürnberg und Fürth lagen oftmals im Clinch und bis heute wusste ich nicht mal warum. Mir sollte es egal sein, mich interessierten andere Geschichten, nicht aber Streitereien.
 

Rasch verschwanden die Gedanken aus meinem Kopf, während ich mich oben auf dem Bahnsteig umsah. Viel war nicht los. Vereinzelte Personen, die kreuz und quer oder in einer Gruppe zusammenstanden. Bekannt war mir aber keiner von ihnen. Mussten sie nicht einmal, ich war lieber für mich, mied andere Menschen. Dennoch lächelte ich über eine Randbemerkung, die mir selber galt. Mein Outfit war speziell, fiel auf und regte zum Reden an. Störte mich nicht. Hatte es nie. "Lass sie reden", so dachte ich schon immer, lächelte fiese Worte einfach weg und kümmerte mich um mein eigenes Leben.
 

Einige Schritte über den Bahnsteig gehend dachte ich nicht weiter nach, kickte einen herumliegenden Stein weg und sah langsam den Zug einfahren. Aber nicht nur diesen erblickte ich, sondern auch eine Regenpfütze, die mich magisch anzog. Aus dem Nichts heraus und ich ahnte bereits jetzt, was folgen würde.
 

Mein Gehirn sagte laut und deutlich, halt dich fern, doch meine Beine setzten sich durch, führten mich direkt in mein Verderben. Ohne ersichtlichen Grund stolperte ich direkt in die Pfütze, die wie durch Geisterhand zu einem tiefen See wurde und mich nach unten zog. Wehren war zwecklos, nach Hilfe rufen nicht möglich. Mir wurde klar, dass ich wieder einen dieser Alpträume haben musste, in denen ich immer ertrank, wenn Wasser aus dem Nichts auftauchte und verschlang.

Rathaus des Grauens

Wunderbar. Ich durfte Fahrstuhl fahren und das bis ganz nach oben. An sich nichts Schlimmes, aber diese Dinger bereiteten mir immer wieder Bauchschmerzen und waren teils viel zu eng. Und auf Tuchfühlung mit fremden Menschen war nicht mein Fall, ebenso aufdringliches Parfüm gewisser Damen, die einem fast noch auf die Füße traten. Nach ganz oben über die Treppen laufen war mit meiner Raucherlunge jedoch keine Option und so drückte ich den Knopf und nahm den Fahrstuhl.
 

Es dauerte eine ganze Weile, bis er nach unten kam, sich öffnete und einige Personen aus diesem viereckigen Kasten kamen. Bekannt waren sie mir nicht, jedoch stieg mir ein vertrauter Geruch in die Nase. Viel zu viel Parfüm und dieses steckte hartnäckig im Fahrstuhl, den ich endlich betreten konnte. Die Nase rümpfend, drückte ich den Knopf zum obersten Stockwerk und lehnte mich an die verspiegelte Wand hinter mir. Ein paar Minuten Ruhe genießen, herrlich, dass niemand neben mir stand und versuchte ein Gespräch anzufangen.
 

Verwunderlich fand ich es jedoch, dass ich alleine im Fahrstuhl stand, keiner zustieg oder mit mir eingestiegen war. Normal war morgens einiges im Rathaus los. Schon seltsam, noch eigenartiger, dass dieser verdammte Kasten so lange brauchte. Gerade mal das fünfte Stockwerk hatte ich erreicht und dieses ständige Stöhnen und Ächzen des Fahrwerks störte mich nicht nur, es gab mir auch zu denken.
 

Mein Hirn fing an zu arbeiten, zu verstehen, was hier vor sich ging und mich erwartete. Ein freier Fall mit tödlichem Ausgang. Ein weiterer Alptraum, den ich mit diesem Wissen durchleben musste. Wie ich es hasste. Warum stieg ich auch immer in Fahrstühle ein? Warum nicht doch mal die Treppe oder gab diese am Ende auch nach und ich würde fallen? Ich hatte keine Ahnung, oder besser gesagt, ich hatte es nie ausprobiert und wenn ich ehrlich war, wollte ich es nicht darauf anlegen.



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