The Tiger and the Wolf von SuperCraig ================================================================================ Kapitel 25: Ein Plan trägt Früchte ---------------------------------- Dieses Mal dürft ihr euch mit einem Grandpa Argent auseinandersetzen, der sich seine Gedanken macht - viel Spaß! __________________________________________________________ Gerard hätte sich niemals ausgemalt, Freude bei einer Tasse dampfenden Tees empfinden zu können. Der Butler bereitete ihn exzellent zu. Die feine Note erinnerte an Muskattrauben, die der alte Argent auch erst in diesem Haushalt das erste Mal probieren hatte dürfen, in Form eines gut gekelterten Weines. Generell ließ sich festhalten: das Leben in Luxus war als eindeutiger Pluspunkt zu qualifizieren, nicht zu vergleichen mit dem Pflegeheim, in welchem er versauern hätte sollen. Luke bevorzugte den klassischen Earl Grey, doch für ihn war Darjeeling Tea das Höchste der Gefühle. Wenigstens zu etwas waren die Engländer nütze, ihre Küche hingegen war äußerst fragwürdig. Beim Blick aus dem Fenster rührte Gerard ein wenig herum, klopfte den Löffel klirrend am Tassenrand ab, legte ihn auf den Unterteller und nippte vorsichtig am Heißgetränk. Der Stadtkern von Beacon Hills´ lag vor ihm. Jene Stadt, in der er schon vor vielen Jahren einen seiner größten Kämpfe ausgetragen hatte. Damals hatten die Werwölfe geglaubt, ihn in die Knie zwingen zu können und sie waren eines Besseren belehrt worden. Naiv war es gewesen, zu denken, es könne Frieden zwischen übernatürlichen Wesen und normalen Menschen herrschen. Werwölfe waren Killer, Monster, geboren um zu töten. Seine Familie hatte die Legende der Verwundbarkeit dieser Kreaturen durch Silber begründet. Tollwütige Hunde musste man ausradieren, bevor sie zu einer Gefahr werden konnten. Dieses Wissen war an seinen Sohn und an seine Tochter weitergegeben worden und beide hatten ihn enttäuscht. Gerard nippte erneut am Tee und stellte ihn dann in seinem Schoß ab. Der schmucke Porzellanunterteller mit den handbemalten Habichten und Falken schützte seine Haut vor der sengenden Hitze, welche die Tasse absonderte. Seitdem Geld keine Rolle mehr spielte, war auch er, als alter Mann, ein wenig eitel geworden. Er hatte nie am Hungertuch nagen müssen und doch war dieser Anflug von Dekadenz mit nichts zu vergleichen, dem er vorher anhängig gewesen wäre. Der Butler bereitete ihm seine Mahlzeiten gesondert zu, unter anderem hervorragende Soufflés. Ihm war natürlich bewusst, wie wenig ihn dieser Jonathan mochte, das konnte man ihm direkt ansehen, doch er würde es nicht wagen, sich negativ ihm gegenüber zu äußern, da Luke ihn liebte. Der Junge liebte ihn über alles. Für ihn war Gerard das Stück Familie, welches er nie besessen hatte. Es war klug gewesen, Kate dazu zu drängen, ihren Sohn doch zur Welt zu bringen und noch klüger, den Kontakt zwischen Mutter und Sohn zu unterbinden. Seine Tochter war nie der Typus Frau gewesen, dem man große Verantwortung in Form eines Kindes in die Hand drücken hätte können, doch diese schwach aufflackernden Muttergefühle, die eventuell existierten, waren im Keim erstickt worden. Erneut nippte er an seiner Tasse und räusperte sich schlussendlich hinter hervorgehaltener Hand. Eine Spur zu heiß war das Getränk noch. Kate wäre nie in der Lage gewesen, den Jungen zu erziehen, geschweige denn ihn zu formen. Luke war immer Gerards Rückversicherung gewesen, ein Plan B. Jemanden zu isolieren, abzuschneiden und ihm das zu nehmen, wonach er sich so sehnte, war der perfekte Weg gewesen, den Jungen in seine Arme zu treiben. Er war sich nicht einmal zu schade gewesen, bei diesen unsäglich langweiligen Fußballspielen gelegentlich dabei zu sein. Das Leuchten in den Augen seines Enkels hatte ausgereicht, um ihn wissen zu lassen, dass er ihn immer an der kurzen Leine halten können würde. Luke war ein perfektes Puzzleteil auf seinem Weg zur Rache; Rache an Derek und Peter Hale und vor allem an Scott McCall. Dieses lästige Kind war für seinen widerwärtigen Zustand verantwortlich. Der heilsbringende Biss war zu einem Fluch geworden. Nicht einmal die besten Ärzte, die man sich für Geld hatte kaufen können, waren in der Lage gewesen, ihn aus seinem Martyrium zu befreien, nur seine Qualen zu lindern. Er sonderte mittlerweile nicht mehr diese schwarze und widerwärtige Flüssigkeit ab, die Schmerzen waren auch größtenteils verschwunden aber er war noch immer an den Rollstuhl gefesselt. Doch auch für diesen Umstand existierte eine Lösung. Vorsichtig nippte der alte Argent erneut an seiner Tasse und nickte nun zufrieden; die Temperatur hatte sich zu trinkfertig verändert. So war der Nachmittag einigermaßen erträglich. Vom Butler wusste er, dass Luke mit Scott verschwunden war. Natürlich, die beiden mochten sich ja, liebten sich. Ein hämisches Grinsen stahl sich auf die Züge des alten Mannes. Es war ein simpler Versuch gewesen, eine Idee und sie schien zu funktionieren. Ihm war der Gedanke gekommen, ob nicht auch sein zweites Enkelkind mit einem dreckigen Werwolf verbunden sein könnte, nachdem Allison ihn in doppelter Hinsicht verraten hatte, verraten an Scott McCall und an Isaac Lahey. Das Mädchen war unzuverlässig gewesen und hatte sich aus seinen Fängen befreien können, doch Allison besaß auch, was ihr Cousin niemals besitzen hatte dürfen: eine einigermaßen intakte Familie. Rache war ein treibender Faktor im Leben des Patriarchen der Argenfamilie. Gerards Zeit im Pflegeheim war effektiv genutzt worden – Pläne waren geschmiedet, wieder verworfen, erneut aufgegriffen, austariert und schlussendlich für gut befunden worden. Scott das Gleiche anzutun wie er ihm, reichte nicht aus: An körperliche Schmerzen konnte man sich gewöhnen, seelische Wunden begleiteten einen jedoch ein Leben lang. Er würde ihn brechen, indem er ihm nahm, was er noch mehr liebte als Allison, mehr noch als den großmäuligen Sohn des Sherriffs, mehr noch als seine Mutter. Umständlich rollte er, die Tasse in einer Hand haltend, zu dem kleinen Beistelltischchen und nahm sich von einem Teller eines der französischen Nougat-Eclairs, die er so gerne mochte. Den Hang zu Süßigkeiten schien Luke von ihm geerbt zu haben, denn der Junge konsumierte gefühlt pausenlos irgendwelche Naschereien. Genüsslich ließ er das Backwerk im Mund zergehen. Ein himmlischer Geschmack. Seine Wenigkeit hielt vom Butler erstaunlich wenig, aber er musste eingestehen, der Mann war ein exzellenter Koch und auch ein exzellenter Bäcker. Vorsichtig leckte er sich die Schokolade von den Fingerspitzen und spülte mit einem Schluck Tee nach. Danach griff er nach der bereitliegenden Fernbedienung und innerhalb weniger Sekunden erfüllte der angenehme Klang klassischer Musik, in Form ausgewählter Stücke aus der Oper Eugen Onegin, den Raum. Ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen widmete er sich wieder den Eclairs und hing weiter seinen Gedanken nach. Vernon Boyd und Erica Reyes waren nur ein kleiner Vorgeschmack gewesen. Seine neue Geheimwaffe war deutlich effektiver als Jackson, intelligenter, gerissener und vor allem brutaler. War der verwöhnte Anwaltssohn bestenfalls eine Larve, die sich durch ihren Tod zu einem prachtvollen Schmetterling hätte entwickeln können, so glich der Ninja nahezu der Perfektion, der es bedurfte, um sich an den Werwölfen zu rächen. Gerard war in der Lage, dieses Monster zu kontrollieren und es zu lenken. Im Kampf gegen die beiden Werwölfe, das Liebespärchen, war der Ninja brutal und gefühllos vorgegangen. Genüsslich hatte der alte Mann dabei zugesehen, wie sich seine Waffe hatte behaupten können. Der Schrecken in den Augen des Pärchens, als ihnen klar wurde, einem Gegner gegenüberzustehen, der ihnen deutlich überlegen war. Doch nicht dieser Umstand hatte ihm ein gewisses Maß an Befriedigung verschafft: Die seelische Grausamkeit, welcher beider ausgesetzt wurden, hatte sein altes Herz in Euphorie versetzt. Boyd war noch bei Sinnen gewesen, als man Erica aufgehangen hatte, und sie soweit bei sich, um zu realisieren, was mit ihrem Liebsten passierte. Gerard hatte nie die Absicht besessen, die beiden zu töten; sie dienten nur einer simplen Warnung. Mit jeder Sekunde, die verging, zerbrach etwas in den beiden Werwölfen. Sie hatten zuerst noch versucht sich zu befreien, aber irgendwann obsiegte die Lethargie und die Akzeptanz des Unausweichlichen. Doch das war erst der Anfang gewesen. Nach und nach, Stück für Stück, würden er die beiden Rudel dezimieren, sie in Angst und Schrecken versetzen. Omnipräsente Furcht, das war sein Ziel. Ihnen die eigene Unfähigkeit aufzuzeigen. Derek würde verzweifeln, wenn er niemanden aus seiner kleinen Partytruppe beschützen konnte, was wiederum Stiles in den Wahnsinn trieb. Allison musste in der ständigen Angst leben, ob sie und ihren geliebten Werwolf nicht das gleiche Schicksal ereilen würde, Peter sich fürchten, wann es ihn erwischte und Scott… Erneut stahl sich ein Lächeln auf die Züge Gerards, dieses Mal deutlich boshafter und schneidender als zuvor. Für ihn hatte er sich etwas Besonderes ausgedacht. Seelengefährten. Was für ein Mumpitz. Natürlich existierten sie, doch sie waren ein Fehler, eine Schwäche, Liebe war eine Schwäche. In dem Alpha keimte Hoffnung auf, dass er endlich seinen Gefährten gefunden haben mochte. Allison war damals viel zu redselig gewesen und Luke war es genauso. Der Glaube, der Wunsch, das Spiegelbild gefunden zu haben, den perfekten Partner… Er würde alles versuchen, um seinen Gefährten von ihm zu trennen – ein unmögliches Unterfangen. Luke stand nur auf einer Seite und das war die seines Großvaters. Niemals würde er die Schauermärchen glauben, die man ihm über seinen Grandpa erzählte. Scott konnte sich nur falsch entscheiden und daran zugrunde gehen. Zufrieden leckte er sich über die schokoladebeschmierten Lippen. Scotts Loyalität und Liebe zu Luke würde ihm das Genick brechen, er musste sich nur weiter ruhig verhalten und abwarten, lauernd auf den richtigen Zeitpunkt. Das Leuchten in den Augen der Beiden musste sich noch intensivieren, dann am Zenit ihrer blühenden Liebe, erst dann würde er zuschlagen. Nun galt es einfach zuzusehen und irgendwann die Früchte seines Werkes zu ernten, bis dahin konnte er genüsslich die Annehmlichkeiten dieses Lebens genießen und sich zurücklehnen. So verstrich der Tag, das Abendessen kam und ging, die Pflegerin, eine seiner Jägerinnen, kümmerte sich um ihn und gerade, als es halb elf wurde, vernahm Gerard ein Klopfen an der Tür. Das Buch klappte er zu und bat mit einem ruhigen „Ja?“ ins Zimmer hinein. Wie erwartet tauchte sein Enkelsohn auf, der überglücklich schien, aber auch eine Spur Schuld in seinem Blick erkennen ließ. „Grandpa, entschuldige bitte, dass ich dich sitzen habe lassen, aber…“, fing der Brite an und wurde sogleich unterbrochen. „Kein Grund sich zu entschuldigen, mein Junge. Ich kann mir schon denken, was du gemacht hast.“ Grandpa Argent lächelte freundlich und einfühlsam. Innerlich widerte ihn die Vorstellung an, doch er war ein guter Schauspieler – so gut, dass nicht einmal sein eigener Enkelsohn in der Lage war, Wahrheit von Lüge zu unterscheiden. „Setz dich doch“, meinte er nur und bedeutete ihm mit einer Geste seiner Hand, sich niederzulassen. „Danke“, erwiderte Luke das Lächeln und setzte sich neben ihn. „Grandpa, ich…“ Der Dunkelblonde druckste herum und kratzte sich verlegen im Nacken. „Du?“, griff Gerard die Frage auf. „Luke, du kannst mir alles sagen was du möchtest, das weißt du, oder?“ Seine Stimme bekam dabei einen einfühlsamen und sanften Unterton. „Ich weiß, aber…“ Ein leises Seufzen folgte. „Grandpa, du weißt ja, dass ich Scott sehr gerne habe, darüber haben wir ja bereits gesprochen“, fing er an. „Natürlich, es gibt quasi kein anderes Thema mehr in unserem Haushalt.“ Ein leichter Tadel, kombiniert mit einem weiteren, mitfühlenden Lächeln reichte aus, um den Jungen ihm gegenüber zusammenzucken und dann erleichtert ausatmen zu lassen. „Was möchtest du mir denn sagen?“ „Scott und ich sind jetzt wohl zusammen“, wurde in den Raum geworfen. „Also ein wirkliches Paar, mit allem Drum und Dran. Wir hatten gestern unser erstes Date und…“ Bei den Erzählungen und Lobeshymnen, wie auch dem verliebten Gewäsch einer Teenageromanze, schaltete Gerard einfach auf Durchzug. Ein gelegentliches Nicken in Kombination mit Floskeln wie „Wie schön“ oder „Das freut mich für dich“, reichten völlig aus, um Luke glauben zu lassen, dass ihn diese ganze Angelegenheit irgendwie berühren würde. Es funktionierte also noch besser als angenommen. Scott hatte seinen Enkel bereits nach so kurzer Zeit an sich herangelassen. Er musste ihm vertrauen. Das war der Hebel, an dem Gerard ansetzen wollte. Die innere Zerrissenheit würde schon bald am Alpha zehren. Er konnte sich nämlich nicht sicher sein, ob Luke etwas von seinen Plänen wusste, mit dem Vorfall rund um Boyd und Erica zu tun hatte oder nicht. „Ich mag auch seine Mutter gerne. Melissa scheint eine tolle Frau zu sein!“, wurde er unsanft aus seinen Gedanken gerissen. „Das klingt ja schon einmal sehr positiv, Luke. Ich freue mich wirklich für dich. Du solltest Scott ab jetzt öfter zu uns einladen, hm?“, schlug Grandpa Argent scheinheilig vor. „Wegen mir brauchst du dir keine Gedanken zu machen, ich werde mich einfach in meinem Zimmer einem Buch widmen oder dergleichen, damit ihr ungestört seid.“ „Das will ich gar nicht“, stellte Luke gleich entrüstet klar. „Du gehörst zur Familie und bist einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben. Wenn Scott da ist, dann kannst und musst du auch dabei sein. Schließlich gehören wir dann zusammen.“ Sie würden niemals zusammengehören. Kein Werwolf hatte in seiner Familie etwas verloren und jeder, der mit einem Werwolf anbändelte, war genauso Abschaum. „Natürlich“, bestätigte ihm sein Großvater. „Wie du es dir immer gewünscht hast, hm?“ Luke senkte den Blick und nickte dann: „Grandpa? Was, wenn er der Richtige ist? Der Eine?“ Dabei strich er sich über die Seite. „Taucht das Mal dann wirklich auf? Ein S und ein M? Durch die Narbe hindurch?“ „Ich denke schon.“ Gerard streckte den Arm aus und legte seinem Enkel eine Hand auf die Schulter. „Doch das ist unwichtig. Hauptsache du bist glücklich mit ihm, dann bin ich es auch.“ Auf diese Geste folgte eine innige Umarmung seitens Lukes, die der alte Mann erwiderte und dabei einen selbstzufriedenen Blick aufsetzte. Liebe war ja so berechenbar. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)