The Tiger and the Wolf von SuperCraig ================================================================================ Kapitel 11: Etwas Licht im Dunkeln ---------------------------------- Es hatte eine kleine Planänderung gegeben: Nicht Stiles und Derek holten Scott am nächstem Morgen ab, sondern Isaac und Allison. Dem jungen Alpha war dieser Umstand ganz recht, denn er erhoffte sich von Allison Informationen bezüglich ihres Cousins, außerdem freute er sich, sie wiederzusehen. Der Umstand, dass sie nun mit Isaac zusammen war, versetzte Scott zwar immer wieder kleine Nadelstiche, doch er hatte gelernt es zu akzeptieren, auch wenn es ihm furchtbar schwergefallen war. Allison war seine erste Freundin gewesen und auch seine erste große Liebe. Kaum, dass er bei den beiden im Wagen saß, und er Allison herzlich begrüßt hatte, war das Gespräch auch schon auf Luke gelenkt worden. Isaac hatte seine Gefährtin bereits über die neuesten Umstände informiert, dementsprechend kurz fielen auch Scotts Ausführungen aus. „Das ist es, was Stiles und ich herausbekommen konnten“, schloss er seinen Vortrag ab. Allison hatte ihm schweigend zugehört, wobei sich aber immer wieder Falten auf ihrer Stirn gebildet hatten. „Stiles meinte, er sei quasi wie ein Geist, aber das wäre auch normal. Jetzt hatten wir die Hoffnung, dass du, als seine Cousine und dein Dad, als sein Onkel, etwas Licht ins Dunkel bringen könntet.“ „Ich denke, ich werde euch enttäuschen müssen“, fing Allison an und zerstörte damit Scotts Hoffnungen auf eine Zerstreuung ihrer aller Befürchtungen. „Über Luke wurde kaum gesprochen. Ich weiß, dass es ihn gibt und ich kenne Kates Standpunkt zu ihm.“ Letzteres ließ Scott hellhörig werden. „Das wäre ja schon einmal ein Anfang“, warf Isaac ein, der die Rolle des Fahrers übernommen hatte. „Sie war noch recht jung, als sie mit ihm schwanger wurde. Es gab dann noch einen Sorgerechtsstreit und das auch nur auf Drängen Gerards hin“, erklärte sie ihnen. „Wie meinst du das?“, fragte Scott leicht verwirrt. „Kate wollte ihn eigentlich nie. Sie hat ihn als den größten Fehler ihres Lebens bezeichnet. Gerard hat sie dann aber dazu gedrängt, ihn doch zu bekommen.“ „Du meinst, sie wollte ihn abtreiben?“ Scott war entsetzt. Das klang so kalt und hartherzig, dass es schon wieder zu Kate passen konnte. Sie war ihm gegenüber nie als jemand aufgetreten, den man hätte besonders mögen können, zumindest nicht, nachdem sie ihm auf die Schliche gekommen war. Sich Kate als Mutter vorzustellen war sowieso schwer gewesen. „Ja“, bestätigte ihm Allison und lenkte dabei ihren Blick aus dem Fenster. „Das habe ich damals mitbekommen, als Dad und sie sich einmal über ihn unterhalten haben und er versucht hat, mit ihr Kontakt aufzunehmen.“ „Kontakt?“ „Er hat ihr Briefe geschrieben, mit aktuellen Fotos von ihm, Kopien seiner Zeugnisse und seiner sportlichen Erfolge.“ Allison öffnete den Mund, um ihn dann gleich wieder zu schließen. „Und? Was ist in den Briefen gestanden?“ Isaac warf seiner Gefährtin einen auffordernden, wie auch leicht besorgten Seitenblick zu. „Ich weiß es nicht. Dad hat nie mit mir darüber gesprochen, genauso wenig wie meine Mutter. Es stand einmal im Raum, dass sie Luke zu uns holen wollten, aber Gerard war wohl dagegen. Dad hat einmal mit Kate gestritten deswegen. Sie hat ihm vorgeworfen, er wolle seine finanzielle Situation durch die Alimente aufbessern. Sein Vater war damals wohl schon gut betucht. Ich weiß ehrlich gesagt nicht einmal, wie sich die beiden kennengelernt haben.“ „Hast du eine Vermutung, warum dein Großvater dagegen war, dass ihr ihn zu euch holt?“, hakte Scott nach einer Weile des betretenen Schweigens nach. „Ich weiß es nicht“, gab Allison zu und zuckte mit den Schultern. „Laut Luke war er der Einzige aus eurer Familie, der ihn besucht und sich um ihn gekümmert hätte.“ Scott zögerte einen Moment und atmete tief durch. Aus irgendeinem Grund fiel es ihm schwer, die nächste Frage zu stellen und er betete inständig, dass Allison sie zufriedenstellend beantworten konnte. „Denkst du, dass er ihn so benutzen könnte wie dich damals?“ „Ich weiß es nicht“, wiederholte sie erneut. „Mein Großvater macht nichts ohne Grund. Es wäre naheliegend.“ Dabei biss sie sich auf die Unterlippe und wandte sich dabei noch ein wenig mehr von ihnen ab. Erst als Isaac eine Hand vom Lenkrad nahm und sie auf ihre legte, schaute sie wieder zurück. „Du musst dich für nichts schämen, Allison. Was passiert ist, ist passiert“, versuchte der blonde Werwolf sie aufzumuntern und erntete dafür ein zaghaftes Lächeln. Scott lehnte sich auf der Rückbank zurück und schloss die Augen. Er war noch immer nicht viel schlauer geworden. Gerard hatte dafür gesorgt, dass Chris und Victoria Luke nicht bekommen hatten. Luke liebte seinen Großvater abgöttisch, das hatte man ihm angemerkt. Er war ihm absolut hörig. Dann war da noch die Frage, ob der Brite sein Seelengefährte war oder nicht und was das für ihn bedeutete. Bei diesem Gedanken tauchte eine weitere Frage auf. „Allison? Weißt du, wie Lukes Nachname lautet?“, fragte er und erntete einen verwirrten Blick. „Warum ist das wichtig?“, erkundigte sie sich und sah leicht misstrauisch zwischen Scott und Isaac hin und her. Der blonde Werwolf schien seine Gefährtin noch nicht über Stiles´ und seinen Verdacht aufgeklärt zu haben. Da fiel ihr Blick auf Scotts Oberarm und sie schien plötzlich zu begreifen. „Ihr denkt…?“, fing sie an und fixierte die Stelle, an der sich die Initialen von Scotts Seelengefährten befanden, welche aber gerade von einem Jeansjackenärmel bedeckt wurden. „Das müsste sich doch leicht herausfinden lassen?“ „Das ist das Problem. Sein Mal wurde entfernt oder so etwas. Eine große Narbe überdeckt sie.“ Scott hätte sich selbst ohrfeigen können, dass er schon wieder Lukes Geheimnis preisgegeben hatte. Das war natürlich notwendig und auch wichtig, doch er hatte sein Versprechen dem Briten gegenüber erneut gebrochen. Vor seinem geistigen Auge tauchte das Bild des verschüchterten Jungen auf, der ihm so viel Vertrauen entgegengebracht hatte und er trat es mit Füßen. Schuld regte sich im jungen Alpha, genauso wie auch ein Anflug von Scham. „Keine Ahnung. Hältst du es denn für möglich, Scott?“, fragte Allison bemüht sanft und drehte sich vollends zu ihm um. „Ich weiß es nicht. Stiles denkt, dass dem so sein könnte.“ Scott rückte unruhig auf seinem Sitz hin und her. „Laut deinem Großvater funktioniert es aber nur, wenn sich sein wahrer Seelengefährte in Luke verlieben würde. Ob das ein Trick ist oder nicht, kann ich auch nicht sagen. Dein Cousin und ich scheinen uns jedenfalls gut zu verstehen.“ „Sie haben vorgestern im Sportunterricht Jackson, Boyd und Ethan alt aussehen lassen, und das obwohl dein Cousin nur ein gewöhnlicher Mensch ist. Stiles könnte durchaus Recht haben“, warf Isaac ein, den Blick nicht von der Straße nehmend. „Die Frage ist eher, was sich dein Großvater davon erhofft, ihn jetzt auf der Bildfläche erscheinen zu lassen.“ „Hältst du ihn für gefährlich?“, fragte Scott leise. „Scott, das weiß ich nicht.“ Allison streckte ihre Hände aus und legte sie umständlich auf die des Werwolfes, da es mit angelegtem Gurt äußerst schwierig war, sich auf die Rückbank hin zu strecken. „Wenn er aber dein Seelengefährte ist, dann muss er ein guter Mensch sein oder einen guten Kern besitzen. Seelengefährten passen normalerweise perfekt zueinander. Sollte dem wirklich so sein und er unter Gerards Einfluss stehen, dann befreien wir ihn davon.“ Der junge Alpha schenkte ihr ein dankbares Lächeln und drückte ihre Hände fest. Diese vertraute Geste hatten sie als Paar so oft miteinander ausgetauscht, dass es ihm fast schon surreal vorkam, als sie sich wieder von ihm löste und Isaac das Gleiche mit ihr tat. „Ich denke, ihr macht euch zu viele Sorgen. Selbst wenn ihn der Alte unter Kontrolle haben sollte, was will er schon groß ausrichten? Wir sind ein Rudel Werwölfe, haben zwei Jäger und ein Genie auf unserer Seite und sie sind bloß zu zweit, ein Teenager und ein Krüppel.“ Isaac lenkte den Wagen auf den Parkplatz vor der Schule, direkt neben den Porsche von Jackson, der seinen gewohnten Parkplatz an den, mittlerweile vertrauten schwarzen Mercedes hatte abtreten müssen. Die Frage nach diesem Adriel hob sich Scott für später auf. Er war gerade selbst zu sehr mit seinen Gedanken und seinem Gefühlschaos beschäftigt. Diese Empfindungen verstärkten sich noch, als er Luke dabei beobachten konnte, wie dieser seinem Großvater aus dem Wagen in den Rollstuhl half. Ein Blick zu Allison genügte, um dem Werwolf zu signalisieren, dass es für sie genauso schwer sein musste, dieses Bild mitanzusehen, wenn auch aus einem anderen Grund. Kaum ausgestiegen, hatte Luke auch schon Gerard mit dem Rollstuhl zu ihnen geschoben, wobei er Scott ein breites Lächeln schenkte, sich aber ein Wort des Grußes ersparte. Das übernahm der alte Mann, der seiner Enkelin ein ebenso breites Lächeln vermachte, welches jedoch äußerst aufgesetzt wirkte. „Allison, mein Mädchen, gut siehst du aus“, meinte ihr Großvater. „Ich habe dich schon eine geraume Weile nicht mehr gesehen. Bezaubernd wie eh und je.“ Scott wollte schon etwas sagen, als er Allisons Unsicherheit bemerkte, da war bereits Isaac zur Stelle und hatte die Hände beschützend um seine Gefährtin gelegt. Deren Blick verwandelte sich nun in eine Mischung aus Kälte und Gleichgültigkeit. „Das hat auch seinen Grund“, antwortete sie ihm kühl. „Ich weiß, ihr jungen Leute habt einfach andere Dinge im Kopf, als sich um eure Großeltern zu kümmern, nicht wahr?“ Gerard legte den Kopf in den Nacken und griff dabei nach der Hand Lukes, die den Rollstuhlgriff umfasst hielt. „Aber dafür habe ich ja jetzt jemand anderen, nicht wahr, mein Junge?“ „Natürlich, Grandpa“, strahlte er ihm entgegen, bevor er seinen Blick auf Allison legte und auch dieser einen ähnlich warmen Blick schenkte. „Du bist also meine Cousine? Freut mich dich kennenzulernen – Grandpa hat schon von dir geschwärmt.“ Damit streckte er auch schon seine andere Hand aus und hielt sie ihr hin. Ihr feindseliges Verhalten schien er einfach zu übergehen oder nicht wahrnehmen zu wollen. Allison zögerte einen Moment, bevor sie sich aus Isaacs Umarmung löste und die dargebotene Hand ergriff. Sie musterte Luke und er tat das Gleiche mit ihr. Es war ein wenig befremdlich den beiden dabei zuzusehen und sowohl Scott, als auch Isaac, empfanden dabei ein gewisses Maß an Unwohlsein, welches ihnen deutlich ins Gesicht geschrieben stand. Einzig Gerard schien diesen Anblick zu genießen, denn in sein Lächeln mischte sich etwas Verschlagenes. „So? Was hat er denn erzählt?“ Allison lenkte ihre Aufmerksamkeit kurz auf den alten Mann im Rollstuhl, bevor sie sich wieder Luke zuwandte, der die Hand zurückgezogen und auf die Schulter Gerards gelegt hatte. „Dass du ein äußerst hübsches und intelligentes Mädchen seist und du wahrscheinlich die halbe Schule wahnsinnig machen würdest, hättest du nicht bereits deinen Seelengefährten gefunden.“ Dieser Seelengefährte hob die Augenbrauen ein wenig an, bevor sie nach unten wanderten und er sich anspannte. Scott schüttelte angedeutet den Kopf und musste sich selbst beherrschen, sich nicht einzumischen. Aus irgendeinem Grund tat es ihm furchtbar weh, Luke dabei zu beobachten, wie dieser so liebevoll mit seinem Großvater umging. Es war nicht zu glauben, dass dieser Mann sich geändert hatte, geschweige denn, dass er so etwas wie Zuneigung für seinen Enkel empfinden konnte. Das hatte er bei Allison bereits nicht getan und sie hatte es auf die harte Tour lernen müssen. „Du bist demnach Isaac? Auch von dir hat Grandpa bereits gesprochen und ich habe dich sogar einmal in Aktion gesehen.“ Der blonde Werwolf schaute erschrocken auf Luke hinab, was Gerard ein zusätzliches süffisantes Grinsen ins Gesicht zauberte. „Ich meine, du bist als Torwart zwar nie in Erscheinung getreten, aber ich glaube, du wärst ideal dafür gewesen.“ Scott atmete erleichtert aus. Auch das war wieder eine bloße Missinterpretation gewesen. Wobei der junge Alpha sich dabei nicht gänzlich sicher war. Der alte Argent spielte dieses Spiel zu lange und sein offensichtliche Genuss ob ihrer Besorgnis war keinem von ihnen entgangen. „Wir würden uns freuen, wenn ihr uns einmal besuchen kämt“, riss Gerard das Wort wieder an sich. „Ich habe dich schon so lange nicht mehr gesehen und Luke würde euch sicherlich auch gerne kennenlernen. Außerhalb der Schule. Warum bringst du nicht deinen Vater mit und wir genießen ein gemeinsames Abendessen? Der Butler ist ein ausgezeichneter Koch.“ Seine Augen richteten sich auf Scott. „Du bist natürlich auch herzlich eingeladen, Scott. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass wir gemeinsam an einem Tisch sitzen, oder?“ Gerade als Scott etwas erwidern wollte, gesellte sich noch jemand zu ihnen: Bleich, teils wild abstehendes Haar, karamellfarbene Augen und eine eher dürre Statur, gepaart mit einigen Schönheitsflecken im Gesicht. „Na? Was ist denn hier los? Die große Familienwiedervereinigung, oder was?“, mischte sich Stiles ein und Scott war ehrlich gesagt froh über dessen plötzlichen Erscheinens, denn dieser Umstand schien Gerard zu missfallen. Er warf einen prüfenden Blick auf seine Armbanduhr. „Ich denke, es ist Zeit, dass ich ins Büro komme. Bis später.“ Luke hob zum Abschied die Hand in Richtung Allison/Isaac und Scott, ehe er Gerard umdrehte und diesen in Richtung des High School Eingangs schob. Vier Augenpaare folgten ihnen und es herrschte eine Zeit lang Schweigen, welches Stiles durchbrach. „Wow, für die bin ich ja Luft.“ Er wandte sich damit zu seinen Freunden um. „Ganz ehrlich, Allison, dein Cousin ist ein Arschloch, mir gegenüber zumindest.“ „Scheint so“, meinte sie abwesend und legte ihre Hände wieder auf die von Isaac, sich gegen ihn lehnend. „Was ist denn? Habe ich etwas falsch gemacht?“, wollte Stiles wissen und schaute fragend in die Runde. „Ihr habt ausgesehen, als hättet ihr Hilfe gebraucht.“ „Haben wir auch“, bestätigte Scott ihn. „Ich habe übrigens eine Idee, wie wir wegen dieser Seelensache vorgehen könnten“, fing Stiles an, hielt dann aber inne, um Allison erst einmal kurz zu begrüßen. „Scott und Isaac haben dich über die aktuelle Situation aufgeklärt?“ Seine Frage wurde mit einem Nicken bestätigt. „Gut. Mir ist nämlich eingefallen, wie wir herausfinden können, ob Luke und Gerard gelogen haben oder nicht.“ Sowohl Scott, als auch Allison und Isaac, schauten Stiles abwartend an, der eine Kunstpause einlegte und dabei breit grinste. Er schob die Hände in die Taschen seines Hoodies und setzte einen triumphierenden Blick auf. „Ich brauche ein paar Daten von Luke, seinen Geburtstag, ob er in England oder Amerika geboren wurde, in welchem Verwaltungsbezirk beziehungsweise Bundesstaat und ob er einen Zweitnamen trägt, wie auch das eventuelle Geburtsjahr, aber das kann ich dann eingrenzen.“ Er erntete erneut fragende Blicke, die er mit einem Schulterzucken abtat. „Einer von euch wird wohl in der Lage sein, ihm diese Informationen abzuluchsen, oder? Den Rest lasst mal meine Sorge sein.“ Er legte dabei einen Arm um Scott. „Ich denke, dass er es am Ehesten dir verraten würde.“ „Und dann?“, erkundigte sich der Alpha ratlos. „Das seht ihr dann schon. Je genauer ich über seine Geburt Bescheid weiß, desto erfolgreicher bin ich.“ Er wanderte mit Scott in Richtung der High School, Isaac und Allison im Schlepptau. „Dann haben wir Gewissheit.“ So überzeugt wie Stiles klang, glaubte sein bester Freund ihm fast, dass er zumindest dieses Rätsel lösen konnte. Wie er es anstellen wollte, war Scott ein Rätsel, doch sein Herz schlug merklich schneller, bei dem Gedanken daran, dass er zumindest wissen würde, ob es sich bei Luke um den Menschen handelte, auf den er wartete und ob es noch wichtiger war, ihn von Gerards Einfluss zu befreien, als ohnehin schon. Niemand hatte es verdient, sich von diesem manipulativen Monster benutzen zu lassen. Schon gar nicht sein eventueller Seelengefährte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)