The Tiger and the Wolf von SuperCraig ================================================================================ Kapitel 7: Besuch am frühen Morgen ---------------------------------- Es war früher Morgen und Scott stand vor dem Badezimmerspiegel, in schwarzem Tanktop und Jogginghose, seine Zahnbürste im Mund. Er hatte die ganze Nacht kaum geschlafen. Der Werwolf sah ziemlich fertig aus. Leichte Augenringe zierten sein Gesicht und er wirkte abgeschlagen. Zu sehr war die Erinnerung an das prickelnde und angenehme Gefühl in seinem Körper präsent gewesen. Der junge Alpha hatte sich im Bett herumgewälzt, nachgedacht, aber er konnte sich keinen Reim darauf machen. War das alles ein Zufall gewesen? Eine simple Gegenreaktion auf einen anderen menschlichen Körper? Nein, denn wenn er Stiles anfasste, war das nicht so. Gleiches galt für Isaac oder Derek. Es war am Ehesten zu vergleichen mit… Allison. Scott hatte für einen Augenblick lang geglaubt, dass er sich in Luke verliebt haben könnte, doch das war sehr weit hergeholt, fast schon töricht. Sie kannten sich kaum, nicht mal wirklich volle 24 Stunden. Von unten herauf duftete es nach Pancakes. Scott hatte seine Mutter vom Schichtdienst heimkommen gehört. Obwohl Melissa wahrscheinlich hundemüde war, bereitete sie ihrem Sohn noch ein Frühstück zu und würde mit dem Schlafen warten, bis er außer Haus war. Das hatte sich irgendwie so eingespielt. Sie waren ein Team und hatten nur sich als direkte Familie. Melissa war nämlich ein Beispiel dafür, dass man zwar ohne Seelengefährten glücklich sein konnte, aber dieses Glück nicht von Dauer sein musste. Sie und sein Vater hatten sich bereits vor Jahren getrennt. Scott pflegte den Gedanken daran einfach zu verdrängen. Er und Rafael hatten seitdem keinen Kontakt miteinander gehabt und Scott vermisste ihn auch nicht. Seine Mutter gab ihm die elterliche Liebe, die er brauchte. „Scott?“, hörte er sie von unten rufen. „Liebling?“ Sie klang ein wenig alarmiert. „Mom?“, rief er zurück. „Vor unserem Haus parkt ein sündhaft teuer wirkender Sportwagen. Hat das einen bestimmten Grund?“ Scott eilte, mit der Zahnbürste im Mund, nach unten. Keinen Augenblick zu früh, denn es klingelte bereits an der Haustür. Seine Mutter warf ihm einen besorgten Blick zu. Der Werwolf lauschte einen Moment angestrengt. Ein ungleichmäßiger, schneller Herzschlag, flacher Atem, der Geruch von Haarwachs und… Zitronen? Scott zog die Augenbrauen zusammen. Er bedeutete seiner Mutter mit einer Handgeste, dass sie sich nicht weiter Sorgen zu machen brauchte und öffnete die Tür. Ihm gegenüber stand Luke, gekleidet in einen zimtfarbenen Wollcardigan, unter dem ein schwarzes T-Shirt hervorlugte, eine dazu farblich passende Hose mit grau-schwarzen, halbhohen Sneakers kombiniert. Der Brite blinzelte einen Moment lang perplex, bevor er den Kopf schief legte und fragte: „Ist das ein neuer Trend, mit der Zahnbürste im Mund aufzumachen?“ Scott verdrehte die Augen, nur um sich dann zu beeilen, die Zahnbürste loszuwerden und sich den Mund abzuwischen. Er verschwand dazu kurz nach drinnen, bevor er sich wieder unter die Eingangstür stellte. „Was machst du denn hier?“ Dabei musterte er sein Gegenüber, der gerade den Autoschlüssel in die rechte Tasche seines Cardigans steckte. „Dein Taxi steht bereit. Zu früh, wie ich gerade bemerke“, kommentierte Luke trocken Scotts Aufzug. „Aber wenigstens scheinst du eine gute Mundhygiene zu pflegen.“ Dabei blitzte, passenderweise, die Zahnspange auf. „Ich habe dich doch gar nicht angerufen? Mal abgesehen davon, ich dachte, dein Grandpa fährt mit dir zur Schule?“ Scott runzelte die Stirn und beobachtete Lukes Mimik, wie auch Gestik und vor allem seinen Herzschlag genau, als dieser antwortete: „Grandpa kann auch von Jonathan in die Schule gefahren werden. Außerdem kommt er heute erst zur zweiten Stunde. Er hätte sowieso jemanden gebraucht.“ Luke rückte den Kopf wieder gerade. „Darf ich reinkommen?“ Dabei streckte er sich ein wenig und schnupperte. „Hier riecht es nach… Pancakes?“ Scott zögerte kurz. Luke hatte weder gelogen noch war er nervös, zumindest nicht nervöser als vor dem Öffnen der Tür. Der Werwolf konnte keine bösen Absichten aus seiner Körperhaltung entnehmen. Sein Kopf riet ihm vorsichtig zu sein, sein Bauch seltsamerweise, ihn hereinzubitten. Was also sollte er machen? Die Entscheidung wurde ihm von Melissa abgenommen, die hinter ihm erschien und Luke kurz neugierig musterte, ehe sie sich zu einem einladenden Lächeln hinreißen ließ. „Guten Tag, junger Mann“, begrüßte sie ihn freundlich und streckte ihm die Hand hin, die auch sogleich ergriffen wurde. Ein kurzes Schütteln folgte, ehe man sich wieder löste und seitens Luke das Lächeln erwidert wurde. „Guten Tag. Ich nehme einmal an, dass Sie Scotts Mutter sind?“, fragte er höflich, putzte sich die Schuhe auf der „Welcome“-Matte ab und trat ein. „Korrekt erkannt“, bestätigte sie ihm. „Hast du Hunger?“ Scott konnte ein Hauch des Zögerns in Lukes Zügen erkennen, bevor er sich ihm zuwandte und mit einem fragenden Gesichtsausdruck bedachte. Der junge Alpha überlegte. Seine Mutter war einfach ein zu lieber Mensch, wenn es um solche Dinge ging. Sie war für Stiles quasi so etwas wie eine Ersatzmutter geworden und auch für Isaac, bevor dieser zu Allison gezogen war. Das aufkeimende Misstrauen in Scott verursachte seltsamerweise ein schlechtes Gewissen. Lukes Lächeln hatte ehrlich gewirkt und ein Teil von ihm, den er nicht genau beschreiben konnte, wollte irgendwie, dass er ihnen Gesellschaft leistete, also bekräftigte er den Gast mit einem Nicken. „Ich will Ihnen aber keine Umstände bereiten, Miss McCall“, meinte Luke und sah sich neugierig im Haus um. Sein Blick blieb dabei an Scott hängen, wieder einen schuldbewussten Eindruck machend. Mit einem Mal verstand der Werwolf auch, warum er heute so früh Besuch bekommen hatte: Der Fauxpas von gestern nagte an seinem Gegenüber. Ihn plagten wahrscheinlich Schuldgefühle. Seltsam – so hatte sich Luke bisher nicht präsentiert, mal abgesehen von der Verabschiedung gestern, mitsamt beigeschlossener Entschuldigung. „Tust du nicht, setz dich doch einfach.“ Melissa warf Scott dann einen strengen Blick zu. „Und du solltest dich beeilen, sonst kommst du zu spät.“ „Ja, Mom“, seufzte er und machte sich daran, wieder nach oben zu gehen und sich fertig für die Schule zu machen. Dabei hörte er aufmerksam dem Gespräch von oben zu, welches sich zwischen seiner Mutter und Luke entwickelte. „Und woher kennst du Scott?“, hakte Melissa interessiert nach. „Normalerweise holen Stiles und Derek ihn ab, oder Allison und Isaac.“ „Ich bin neu an der Schule“, erwiderte Luke und es war das Geklirre von Tellern zu hören. „Ich hatte das Glück von ihm in die Mannschaft im Sportunterricht gewählt worden zu sein.“ Kurze Stille, die Scott schon fast nach unten stürzen hätte lassen, ehe Luke fortfuhr. „Aber wo bleibt meine Erziehung? Bitte entschuldigen Sie, Miss McCall, ich habe mich noch gar nicht wirklich vorgestellt. Mein Name ist Luke Taylor.“ „Da hat aber jemand Manieren“, konnte Scott seine Mom lachen hören, was ihn erleichtert aufatmen ließ. Inzwischen war er dazu übergangen sich umzuziehen. „Du musst mich aber nicht so förmlich ansprechen, das ist dir klar oder? Ich bin Melissa und das reicht völlig.“ „Die Höflichkeit und der Anstand gebieten es aber, zumindest so lange, bis Sie mir eine persönlichere Anrede anbieten, Miss McCall.“ Wieder ein kurzer Moment der Stille. „Ich werde mich aber natürlich nach Ihren Wünschen richten.“ Scott ertappte sich dabei, wie er gerade abgelenkt seinen Kleiderschrank durchwühlt hatte. Er war die ganze Zeit dem Gespräch gefolgt und über frische Boxershorts und eine Jeans nicht hinausgekommen. Wenn er an den gestrigen Tag dachte, so wie Luke sich Jackson gegenüber verhalten hatte, wollte dieses höfliche Auftreten so gar nicht in das Verhaltensmuster passen, welches Stiles nach der Mittagspause hobbypsychologisch erstellt hatte. Im Gegenteil: Luke wirkte höflich, wenn auch ein wenig reserviert, vielleicht etwas steif, aber kaum versnobt oder gar aggressiv. Mit einem Kopfschütteln vertrieb er diese Gedanken und kümmerte sich nun wirklich um sein Outfit. „Kann es sein, dass du aus Großbritannien stammst?“, hörte er seine Mutter fragen und dabei den Deckel der Kaffeekanne aufschnappen. „Was hat mich verraten? Der Akzent?“ Scott konnte auch das schüchterne Lächeln heraushören, hatte es bei Lukes Frage quasi bildlich vor Augen. „Dezent.“ „Ich hatte gehofft, es seien meine Manieren.“ Dabei zitterte Lukes Stimme ein wenig, so als müsse er ein Kichern unterdrücken. Scott schlüpfte rasch in ein T-Shirt und einen Hoodie, bevor er nach unten ging. Das restliche Gespräch war relativ belanglos verlaufen. Luke hatte ein wenig über sich erzählt, und vor allem von seiner Heimatstadt, Cambridge, geschwärmt. Seine Mutter und der Brite saßen bereits am Tisch, sie mit einer Tasse Kaffee, er mit einem Glas Orangensaft. Es war für drei Leute aufgedeckt worden. In der Mitte befand sich ein vierter Teller, auf dem sich eine riesige Ladung Pancakes auftürmte. Scott warf einen Blick auf die Uhr im Wohnzimmer, die ihm zeigte, dass sie noch etwas Zeit hatten, ehe er sich einen Stuhl schnappte und sich hinsetzte. „Greift zu“, meinte Melissa und zumindest Scott ließ sich das nicht zweimal sagen. Er beobachtete aus den Augenwinkeln heraus, wie Luke ihn dabei beobachte, wie er sich eine große Portion Pancakes aufschichtete, etwas Kaffee in seine rote Tasse mit der Nummer 11 und zwei gekreuzten Lacrosse-Schlägern darauf eingoss und sich dann über sein Frühstück hermachte. „Scott“, schimpfte seine Mutter halbernst und schüttelte den Kopf. „Als hättest du tagelang nichts zu Essen bekommen“, kommentierte sie seine Tischmanieren. „Isch habe eben Hunger“, meinte er mit vollem Mund und spülte sich mehrere Bissen Pancakes mit einem Schluck Kaffee hinunter. „Ach, lassen Sie ihn doch, Mi… Melissa. Ich denke, jeder Junge in unserem Alter ist so. Zuhause werde ich auch des Öfteren gemaßregelt, dass ich mich beim Essen etwas zurückhalten sollte.“ Luke begann nun selbst, sich einen Pancake aufzuladen, diesen in mundgerechte Stückchen zu zerteilen, bevor er vorsichtig einen Bissen probierte. Er kaute nachdenklich wirkend und dann hellte sich sein Gesicht auf. „Blaubeeren?“, fragte er, was Melissa bejahte. „Köstlich“, meinte er nur und spießte das nächste Stück auf der Gabel auf. „Ich habe schon lange nicht mehr so gute Pancakes gegessen.“ „Das ist schon fast ein wenig zu schmeichelhaft“, erwiderte Scotts Mutter, die sich aber tatsächlich zu freuen schien, während sie ihre Finger um die Tasse legten. „Doch. Der Teig ist fluffig, die Blaubeeren noch saftig und schmecke ich da eine Prise Zimt heraus?“ Luke warf ihr einen prüfenden Blick zu. „Du hast aber einen feinen Geschmack. Zimtzucker, und davon nur eine kleine Prise“, gab sie überrascht wirkend zu. „Er verleiht dem Ganzen einen etwas anderen Geschmack als mit normalem Zucker.“ Scott blinzelte perplex und sah zwischen seiner Mutter und Luke hin und her, die förmlich um die Wette strahlten. Von dem versnobten Verhalten von gestern war gar nichts mehr zu spüren. Luke wirkte wie ein ganz normaler Teenager, der sich tatsächlich über so etwas Einfaches wie Pancakes freute. Eigentlich hatte Scott damit gerechnet, dass er den probierten Bissen angewidert ausspucken würde, doch das war nicht der Fall. Er log auch nicht, denn seltsamerweise hatte sich sein Herzschlag beruhigt und pochte schön gleichmäßig vor sich hin. „Und du bist neu in der Stadt? Was führt denn jemanden von Cambridge nach Beacon Hills? Das muss ein ganz schöner Kulturschock sein, oder?“ Melissa nippte an ihrer Tasse, während Luke sich einen weiteren Pancake nahm. Scott hielt sich aus dem Gespräch heraus, erstens, weil er morgens immer einen Bärenhunger verspürte und zweitens, weil er die gute Stimmung nicht zerstören wollte. Etwas an der Situation ließ ihn selbst ein wenig entspannen. Außerdem hegte er den Verdacht, dass Luke vielleicht etwas von sich aus erzählen würde, dass er Scott eventuell nicht preisgeben wollte. Er schien aus irgendeinem Grund seine Mutter zu mögen. Kurz war in Scott der Gedanke aufgekeimt, dass Luke sie genauso als Druckmittel benutzen wollte wie Gerard damals, doch das hatte er gleich wieder verworfen. Er fühlte sich fast schon schlecht bei diesem Gedanken und wusste auch hier nicht warum. Seine Sinne spielten entweder verrückt, oder er litt gerade an einer äußerst seltsamen Kombination an Gefühlsempfindungen. „Das ist eine lange Geschichte, die den Rahmen sprengen würde. Benennen wir es einfach mit familiären Verpflichtungen...“ Luke nippte an seinem Glas Orangensaft. „Und ja, kann man so sagen. Cambridge ist deutlich anders. Mir fehlt alleine schon der Regen. Fußball auf einem aufgeweichten Rasen bedeutet noch einmal eine zusätzliche Herausforderung.“ „Du spielst Fußball?“ Melissa nippte wieder an ihrer Tasse. „Ja, und ich bin auch begeisterter Langläufer, wie auch Parkoursport betreibe. Gerade natürlich weniger, zumindest was den Langlauf angeht, aber ich habe mir bereits einmal den Wald angesehen, um eine optimale Route für mein Lauftraining zu finden.“ Luke kümmerte sich wieder um seinen Pancake. „Du solltest dich vielleicht vom Wald fernhalten. Wir haben eine relativ hohe Wildtierpopulation, vor allem an Wölfen“, meinte Melissa und konnte dabei einen kurzen Seitenblick zu ihrem Sohn nicht gänzlich unterdrücken. „Oh, ich kann sehr gut auf mich aufpassen. Wölfe haben so etwas wie eine natürliche Abneigung gegen mich“, erwiderte Luke leichthin. Scott verschluckte sich bei diesen Worten an seinem Stück Pancake . Er klopfte sich auf die Brust und sowohl seine Mutter, als auch Luke, sahen ihn besorgt an. Das war eindeutig eine Anspielung gewesen. Er war ein Jäger, genauso wie Gerard und seine Mutter, wie Allison und Chris. Es dauerte einen Moment, bis Scott aufhörte zu husten und er wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln. „Alles in Ordnung?“, erkundigte sich Luke, was der Werwolf nur mit einem hastigen Nicken abtat. Einen skeptischen Blick später wandte sich der Brite wieder Melissa zu. „Ich weiß, das mag albern klingen, aber in unserer Schulmannschaft hatte ich den Spitznamen „Tiger“, weil ich anscheinend wie diese Raubkatze um meinen Ballbesitz kämpfe. Der Stürmer unserer Rivalenmannschaft trägt den Spitznamen „Wolf“. Die Kommentatoren machten sich einen Spaß daraus, diese Namen zu verwenden, wenn wir auf dem Spielfeld aufeinandertrafen. Ich empfinde das ja als Verschandelung meines Namens, aber…“ Er zuckte mit den Schultern. „Es gibt sicher schlimmere Spitznamen als ‚Tiger von Cambridge‘.“ Scott versuchte sich wieder zu beruhigen. Entweder er sah Gespenster oder er war extrem überspannt und vorsichtig. Luke unterhielt sich ganz normal mit seiner Mutter, wobei sein Blick immer wieder, fast schon entschuldigend, zu dem Werwolf huschte. Irgendwie wurde der junge Alpha nicht ganz schlau aus dem Briten. Ihm gegenüber wirkte er verletzlich, geradezu verschüchtert, während er sich bei ihrer ersten Begegnung ganz anders präsentiert hatte. Auch im Sportunterricht und nach ihrem Gespräch war er selbstbewusst aufgetreten. Konnte das tatsächlich nur das bloße schlechte Gewissen sein? „Ihr solltet euch aber allmählich fertig machen, sonst kommt ihr zu spät“, meinte seine Mutter und zog Scott den leeren Teller weg. „Die restlichen Pancakes…“ Ihr Blick fiel auf die vier Stück, die noch übrig waren. „Die würde ich nehmen, wenn ich darf.“ Sowohl Scott, als auch Melissa, sahen überrascht zu Luke. „Ich weiß, das ist ein wenig unverschämt, aber ich würde mein Mittagessen dann mit Scott tauschen.“ „Ihr bekommt doch in der Schulkantine Essen?“, fragte Scotts Mutter leicht verwirrt. „Ja, aber das hat gestern bereits ungenießbar gewirkt. Ich kann im Gegenzug selbstgemachte Müsliriegel mit Brom-, Him- und Blaubeeren anbieten, sowie gedämpftes Chashao bao.“ Luke kratzte sich verlegen im Nacken, als er angestarrt wurde. „Ist das nicht adäquat für Pancakes als Gegenleistung?“ „Ich weiß nicht mal, was das ist“, gestand Scott ein. „Gedämpfte Hefebrötchen mit gegrilltem Schweinefleisch gefüllt.“ Luke fügte noch rasch hinzu: „Frisch zubereitet natürlich.“ Scott kratzte sich am Hinterkopf. Was zum Geier war eigentlich in diesen Jungen gefahren? Er tauschte Pancakes, gute Pancakes natürlich, Melissa kochte nämlich nicht schlecht, gegen etwas, das äußerst aufwändig klang. Wenn dieses fremdartig klingende Essen ähnlich teuer war und auch schmeckte wie die Muffins von gestern, dann würde der Brite einen schlechten Tausch machen. Scott wollte ihn nicht übervorteilen und außerdem legte er sowieso nicht so großen Wert auf Materielles. „Tauschst du?“, fragte Luke mit einem hoffnungsvollen Gesichtsausdruck. „Ich… ähm?“ Der Werwolf schaute hilfesuchend zu seiner Mutter. Sollte er annehmen? „Ist deine Mutter da nicht enttäuscht, wenn du ihr aufwändig zubereitetes Essen gegen so etwas Simples wie Pancakes eintauschst?“, wollte Melissa wissen. Da war er wieder, dieser kurze Moment, in dem Luke die Gesichtszüge entglitten. Er fing sich auch sogleich wieder und dem Gesichtsausdruck von Scotts Mutter nach zu urteilen hatte sie seine Reaktion nicht bemerkt, aber der Werwolf. Dieser beobachtete den Briten genau, wie er eilig den Kopf schüttelte: „Nein. Meine Mutter bereitet mir außerdem nie mein Mittagessen zu.“ Er warf dann hastig einen Blick auf die Uhr ihm gegenüber. „Wir sollten aber wirklich, Scott, sonst kommen wir zu spät.“ Dieser nickte nur langsam und vermerkte in seinem Kopf, dass Luke äußerst allergisch auf seine Vergangenheit, vor allem auf seine Mutter, zu reagieren schien. Gestern war er diesem augenscheinlichen wunden Punkt ausgewichen und heute hatte er die gleiche Taktik verfolgt. „Na dann, Moment, ich packe sie dir ein.“ Melissa schnappte sich den Teller und verschwand wieder in der Küche, womit die beiden Jungs alleine waren. „Ihr habt es tatsächlich nett hier. Heimelig eingerichtet.“ Luke sah sich ein wenig um, wobei sein Blick auf das Foto auf dem kleinen Beistelltischchen aus Holz neben dem Treppenaufgang fiel. Es zeigte Scott und Melissa, wie sie sich eng umarmten und dabei um die Wette in die Kamera strahlten. Kurz streckte er die Finger aus, schien danach greifen zu wollen, zog sie dann aber zurück. „Du verstehst dich gut mit deiner Mutter, hm?“ „Kann man so sagen“, nickte Scott und verschmälerte die Augen ein wenig, als er erneut Lukes unregelmäßigen Herzschlag wahrnehmen konnte. Warum wurde er immer wieder so nervös? Das konnte kein Zufall sein. Bevor Scott etwas sagen konnte, erschien auch schon seine Mutter wieder, die die Pancakes fein säuberlich in Alufolie eingepackt Luke in die Hände drückte. Dieser freute sich augenscheinlich wie ein Honigkuchenpferd. Konnte in so jemandem ein Monster schlummern? Jemand, der zu Gerard Argent passte? „Vielen lieben Dank, Melissa. Ich werde mich beizeiten revanchieren. Wirklich.“ Luke trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. „Dürfte ich sie vielleicht um das Rezept bitten? Bei Gelegenheit natürlich?“ „Jetzt übertreibst du aber. Es sind ganz normale Pancakes?“, lachte Melissa, nickte dann aber. „Ich schreibe es nachher auf, aber ich fürchte dich enttäuschen zu müssen, das Rezept gibt es auf nahezu jeder Internetseite, die sich mit Kochen beschäftigt.“ „Das ist mir egal. Bitte, wenn Sie so nett wären.“ Luke hob lächelnd die Hand zum Abschied. „Das war ein sehr nettes Gespräch. Es war mir eine Freude Sie kennenlernen zu dürfen, Melissa. Vielleicht sieht man sich beizeiten einmal wieder?“ „Ich hoffe doch“, lächelte sie ihm entgegen. Damit ging sie zu Scott, umarmte ihn fest und ließ ihn dann los. „Viel Spaß in der Schule, Jungs! Passt auf euch auf.“ „Werden wir, Mom“, lächelte Scott, schnappte sich seinen Rucksack und folgte Luke nach draußen, der die Pancakes vor sich hertrug, als hätte er einen Goldschatz in den Händen. Umständlich fummelte er den Schlüssel aus seiner Tasche, entsperrte seinen Wagen, stieg ein und platzierte die Pancakes vorsichtig auf der Rückablage. Scott stieg ebenfalls ein und zückte sein Handy, um Stiles zu schreiben, dass er heute keine Mitfahrgelegenheit brauchte. Kaum, dass das erledigt war, befanden sie sich auch schon auf dem Weg zur High School. „Du hast eine äußerst nette Mutter, Scott“, stellte Luke sogleich fest. „Liebenswert, freundlich, aufgeschlossen.“ Er klang dabei fast ein wenig neidisch. „Findest du?“ Scott war natürlich sehr stolz auf seine Mutter, Melissa hatte ihn auch ohne Vater aufgezogen und er war ein guter Teenager geworden, wie er fand. Stiles und Isaac vertraten auch diese Ansicht, genauso wie Allison, aber dennoch – es von einem Fremden zu hören bekräftigte ihn in seiner Ansicht, dass er die beste Mutter der Welt hatte. „Ja“, bestätigte ihm Luke und hatte den Blick dabei starr auf die Straße gerichtet. „Außerdem waren das die besten Pancakes, die ich jemals gegessen habe. Weder der Koch, noch Jonathan, haben den Teig so hinbekommen. So etwas bekommst du regelmäßig zum Frühstück?“ „Ähm, ja? Ich meine, wenn Mom da ist und kocht oder backt?“ Scott hob ein wenig überrumpelt die Schultern an. Was war denn so besonders an Pancakes? Im Vergleich zu Lukes vermeintlichem Frühstück vor allem? Scott sah den jungen Briten alleine vor einem riesigen Tisch sitzen, der unter dem Gewicht von allerlei kostbaren Speisen und Getränken einzubrechen drohte. Dabei kam ihm ein Gedanke. Das war genau der richtige Zeitpunkt, um Luke vorsichtig auf den Zahn zu fühlen. „Du hast vorhin ein wenig seltsam reagiert, als Mom nach deiner Mutter gefragt hat“, setzte Scott bemüht ruhig an, den Fahrer dabei aus den Augenwinkeln beobachtend. „Meine Mutter waren zwei Kindermädchen“, erklärte Luke kurz angebunden und kratzte sich mit dem Daumenrücken an seiner linken Nasenseite. Wieder beschleunigte sich sein Herzschlag ein wenig. „Und deine richtige Mutter?“ „Hat sich nie für mich interessiert. Dieses Thema wird bei uns zuhause kaum angeschnitten. Ich bin aufgezogen worden von Bediensteten, die regelmäßig wechselten. Dazu mehrere Hauslehrer, bis ich alt genug für eine Privatschule war. Einzig Jonathan ist mir über all die Jahre erhalten geblieben.“ Der Tonfall in Lukes Stimme ließ keine Zweifel offen, dass er sich nicht weiter darüber unterhalten wollte. Rasch schlug er eine andere Richtung ein, die sich um die High School drehte, vor allem um den Coach, und wie sich dieser als Sportlehrer so etabliert hatte. Scott vermied es weiter auf das unangenehme Thema einzugehen und beantwortete dem Briten seine Fragen, so lange, bis sie auf den Parkplatz vor der Schule einbogen. „Wir sind da“, meinte er und zwang sich zu einem Lächeln. „Ich freue mich heute auf die Mittagspause.“ Damit stieg er aus, schnappte sich die Pancakes, wartete auf Scott, sperrte den Wagen mit einem Knopfdruck ab und stellte sich dann neben ihn. „Worauf wartest du?“ „Auf Stiles“, erklärte ihm Scott. „Ah ja, stimmt. Da will ich nicht weiter stören. Bis später dann.“ Luke hob zum Abschied die Hand, ehe er verschwand und Scott alleine ließ. Dieser sah ihm noch einen Moment lang nach, ehe er die Hände in die Taschen seines Hoodies vergrub und die Wartezeit auf seinen besten Freund nutzte, um die Situation von eben noch einmal gedanklich durchzuspielen. Irgendetwas war da, nur konnte der Werwolf es beim besten Willen nicht benennen. Er würde Luke heute genau beobachten, gemeinsam mit Stiles. Ihm fiel nach kurzer Zeit auf, dass ihm ein wenig seltsam war, so als würde etwas fehlen. Mit jeder Sekunde, die verging, intensivierte sich diese Empfindung. Erst als Stiles endlich aus Dereks Auto stieg, ließ diese Empfindung wieder nach. Scott begrüßte seinen besten Freund mit einer freundschaftlichen Umarmung, ehe er ihn beim Hineingehen auf den neuesten Stand brachte, genauso wie Stiles es auch mit ihm tat. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)