Das höllische Hotel von Dollface-Quinn ================================================================================ Kapitel 4: Eine verdammte Vorstellung ------------------------------------- Einen Tag zuvor erst war Aeneas Lefkítis durch das Portal des Barons von Tross direkt ins Hazbin Hotel eingetreten. Damit Luzifer kein Aufsehen erregte, hatte er ihn in einem Koffer transportiert, den er einfach in der Hand getragen hatte. Nach dem Check in, bei dem er Charlie Magne und Alastor, den Radio Dämon, kennenlernte, brachte er zunächst seine Lustknaben in ihr Zimmer. Dort wies er den Gargoyle an, nicht nach draußen zu gehen, wenn ihm seine Gesundheit was bedeute, und nahm anschließend den Vampir mit auf sein eigenes Zimmer. Luzifer musste geglaubt haben, seine Aussage wäre eine Drohung gewesen, ihn zu verprügeln, sollte er nicht gehorchen, und hatte sie darum ignoriert. Aeneas schlug Luzifer nicht, dafür gefiel er ihm zu sehr als das Kunstwerk, das er war. Seine Worte waren daher auch nicht als Drohung, sondern als Warnung gemeint gewesen, denn er ahnte, dass alles außerhalb des Hotelzimmers Luzifers Schönheit nicht würde ertragen können. Außer Charlie Magne vielleicht, die offenbar imaginären Regenbögen nachjagte, wenn er das Konzept ihres Hotels richtig deutete. Chorão und Kjósa, die ihn begleiteten, hatten jeweils ihre eigenen Zimmer, auch wenn Aeneas nicht die Hand dafür ins Feuer legen würde, dass sie sich nicht gelegentlich auch im selben Bett wiederfinden könnten. Die Hölle wirkte auf die beiden ebenso stark wie auf ihn selbst. Sogar Jérôme schien die Hölle zu verändern, allerdings zum Positiven. Der Wahnsinn des Vampirs fiel, seit sie hier waren, überhaupt nicht mehr ins Gewicht. Aeneas musste nicht mehr auf ihn aufpassen, im Gegenteil! Der Vampir konnte sich plötzlich konzentrieren und assistierte ihm sogar. Der Gorgone hatte ursprünglich überhaupt nicht vor gehabt, den blonden Franzosen irgendwohin mitzunehmen, vor allem weil er auf der Erde absolut unberechenbar war. Doch hier gedieh er ihm plötzlich zu einem treuen und brauchbaren Diener. Chorão, der Halbdämon, hingegen ließ alle Menschlichkeit von sich abfallen, sobald er die Vergnügungen entdeckt hatte und weg war er gewesen! Blieb nur zu hoffen, dass ihm der Termin mit der Tagung rechtzeitig wieder einfallen würde. Kjósa passte sich ein wenig mühsam, aber bestrebt der neuen Situation an, so wie sie sich auch in ihre Existenz als Banshee eingefügt hatte, nachdem sie als Walküre suspendiert worden war. Es schien Dinge zu geben, die ihr sehr gefielen und Dinge, die sie sehr vermisste, genau wie bei ihrer letzten Umstellung. Aber sie klagte nicht, dafür war sie immer noch zu stolz. Aeneas sah sich erst einmal gründlich im ganzen Hotel um und suchte das Gespräch mit dem Personal. Es war ihm wichtig ein Gespür für die ihm fremde Umgebung zu bekommen, um sich sicher darin bewegen zu können. Darum sammelte er Informationen, knüpfte Bekanntschaften und machte sich ‚Freunde‘ wo immer es sich anbot. Eine dieser Begegnungen verlangte, dass er Jérôme für eine schnelle Nummer an einen fremden Dämon vergab, der den Vampir auf den ersten Blick begehrte. Der Franzose war ja auch nicht zu verachten mit seinem blonden Haar, den großen, babyblauen Augen, den Reißzähnen hinter seinem lüsternen Lippglosslächeln und den jungen, schlanken Gliedern. Aeneas und der Fremde machten sich, wie Zuhälter und Freier, miteinander bekannt und es stellte sich heraus, dass der begehrliche Dämon Verbindungen zu Asmodeus hatte. Großmütig legte Aeneas eine Hand in Jérômes Rücken, beugte sich zu ihm hinunter, grollte ein eindringliches „Brav sein!“, in das blasse Ohr und schob den Jüngling dem Dämon entgegen. Himmelblaue Augen blickten verletzt zu ihm auf, dann schien es sich der Vampir anders zu überlegen und warf sich vor dem Fremden keck in die schmale Hüfte. Gelassen stellte Aeneas nun allerdings die Bedingung, dass er seinen Knaben natürlich nicht allein mit einem Fremden mitgehen ließe. Dem Begehrlichen war es gleichgültig. Er meinte, Aeneas könne auch mit ins Zimmer kommen, das sei ihm schnuppe. Und so stand der riesenhafte Gorgone etwa zwanzig bis dreißig Minuten lang an die Wand eines kleinen Hotelzimmers gelehnt dabei, während sein Lustknabe leise wimmernd durchgenommen wurde. Anschließend tauschten die beiden Herren ihre Visitenkarten aus, während der dünne Vampir seine Wunden regenerierte sowie sich und seine Kleider notdürftig in Ordnung brachte. „Gut gemacht.“, raunte ihm Aeneas zu, als er sich von der neuen Bekanntschaft verabschiedet hatte. Jérôme aber wirkte etwas mitgenommen. Da der Pate noch etwas Zeit hatte, besorgte er sich von einer der angeheuerten Huren des Vergnügungsprogramms eine Spritze und zog sich mit seinem Schützling in die Lounge zurück. Dort bestellte er sich einen Whiskey und stach sich, während er wartete, die Nadel in eine seiner hervortretenden Sportlervenen. Der geknickte Vampir blühte auf, als er das sah. Sofort schmiegte er seinen dünnen Körper an Aeneas, umarmte ihn einschmeichelnd und küsste ihm zärtlich den weißen Hals. Der Blick seiner Unschuldsaugen klebte dabei gierig an der angestochenen Ader. Die Spritze füllte sich mit dunklem Blut. Zehn Milliliter, nicht mehr, aber Jérôme würde sich für diesen Stoff in eine Wanne voll Weihwasser legen. Gorgonenblut tötete augenblicklich alles Lebendige, wenn es damit in Berührung kam. Für einen Vampir jedoch wirkte es, wie reines Heroin. Es löste eine Agonie aus, in der sich ein Untoter lebendig fühlen, vor Qual vergehen und gleichzeitig in Glücksgefühlen ertrinken konnte. Der untote Organismus musste sich einmal komplett neu erschaffen, um das Gift abzubauen, sodass sich der Konsument nach dem Rausch wie neu geboren fühlte. Bis ihn die Erschöpfung und der damit einhergehende Hunger in den Wahnsinn trieb. Aeneas setzte dem Franzosen nur sehr selten einen Schuss, aber die Aussicht auf die Droge hielt den Vampir demütig. Aeneas hob den Arm und sofort tauchte Jérôme geschmeidig darunter hinweg, um sich seinem Herrn quer über den Schoß zu legen. Willig drehte er die bloßgelegten Innenseiten seiner dünnen Unterarme nach oben und legte mit verführerischem Augenaufschlag den Kopf zur Seite, um seinen blassen Hals anzubieten. Aeneas hatte damit die freie Auswahl, wo er dem Junkie die Dosis spritzen wollte. Er entschied sich für den Unterarm. Der Druck seines Griffs reichte aus, um die unter der blassen Haut liegenden Adern blau aufleuchten zu lassen. Die Spritze in der Faust stach er zielsicher und routiniert zu, dann drückte er den Inhalt komplett in die leere Blutbahn. Jérôme stöhnte auf und begann zu zittern. Der Whiskey kam und Aeneas zahlte, ohne sich einen Dreck darum zu scheren, ob die Bedienung Anstoß an dem sich in seinem Schoß windenden und zuckenden Jüngling nahm. Der Rauschzustand dauerte etwa fünfzehn Minuten, in denen sich der Franzose an ihm festhielt, seine Brust küsste, stöhnte, seufzte und sich selbst anfasste. Der Grieche widmete sich derweil in aller Ruhe seinem Drink und beachtete das Treiben auf seinem Schoß nicht mehr, als er die Pythonschlangen auf seinen Schultern beachtete. Als Jérôme unter seinen eigenen Fingern kam, nahm Aeneas eine Serviette vom Tisch und ließ sie dem Vampir in den Schoß fallen. Danach lag der Blonde nur noch reglos mit geschlossenen Augen an der Schulter des Hünen. Er atmete nicht. Er gab keinen Laut mehr von sich und war eiskalt. Aeneas balancierte die Leiche auf seinem Schoß und las sich einen auf dem Tisch herumliegenden Flyer mit Informationen zum Wochenendprogramm durch. Unter der Auflistung der Veranstaltungstermine klebte ein buntes Schildchen, für das eindeutig die Hoteldirektion verantwortlich zeichnete, denn es erinnerte noch einmal daran, dass jeder Dämon Gutes in sich trüge und damit auch die Chance auf Erlösung. Der Albino sah sich das abgeschossene Elend in seinem Arm an und überlegte, ob er an dem Vampir auch nur ein gutes Haar gefunden hatte, seit er ihn besaß. Er war platzsparend in der Haltung, denn man konnte ihn quasi in einer Holzkiste halten. Aeneas hatte ihm trotzdem einen Sarg gekauft. Man konnte ihn mit Resten füttern, sprich mit Delinquenten, die ohnehin entsorgt werden müssten. Aber so etwas meinte die junge Magne natürlich nicht. Aeneas wurde es leid und ließ die Überlegung sein. Kurz darauf lief erneut ein Zittern durch den untoten Körper und Jérôme schlug blinzelnd die Augen auf, die rosa glänzenden Lippen leicht geöffnet. Aeneas küsste ihn mit einer erheblichen Whiskeyfahne ganz wach und fuhr ihm mit den Fingern durch die Haare. Jérômes Augen wirkten immer noch glasig und leicht verschleiert, aber sein Ausdruck zeigte nichts als absolute Zufriedenheit und Glück. Aeneas fragte eine vorbeilaufende Bedienung mit einem Nicken in Richtung des Vampirs, wo er denn seinen Hund mal eben füttern könne. Die Dämonin wies auf einen Automaten, der unter anderem aufgewärmte Blutkonserven ausgab. Aeneas bedankte sich und schickte den Franzosen dann mit einigen Münzen los, sich zu holen, was er brauchte. Trotz all dieser Umwege kam er letztlich als einer der Ersten im Konferenzraum an. Auf dem Projektor war gerade ein Video fertig abgelaufen und am Kopfende des Konferenztisches unterhielt sich der Baron von Tross, der Aeneas eingeladen hatte, mit einem Höllenwesen, dass ihm knapp bis zum Bauchnabel reichte, so der Baron denn einen hatte. Wegen der rot-schwarzen Haut hielt Aeneas das Wesen für einen Imp, auch wenn dessen Unterschenkel äußerst untypisch für die Spezies in saurierartige Stampfer ausliefen. Der Imp wandte sich um und lief den Türen entgegen, doch Tross rief ihn beim Namen. „Rhip!“ Der Imp blieb stehen und sah sich um, doch von Tross kam nichts weiter. „Schon gut.“, winkte der Imp schließlich ab und verließ den Raum. Interessiert verfolgte Aeneas die kleine Szene. Möglicherweise ließ sich dieser Imp ja als Druckmittel gewinnen oder einsetzen, sollte der Baron seine zuvorkommende und enthusiastische Fassade fallen lassen. Er setzte sich und bedeutete Jérôme, sich neben ihn auf den Boden zu kauern. Wenig später witschten auch Kjósa und Chorão herein und setzten sich beide auf die Plätze links von Aeneas. Außer Aeneas nahmen noch dreizehn weitere Geschäftsleute an der Tafel Platz. Anatol Luciowitsch Baron von Tross machte als Initiator dieser Zusammenkunft den Anfang. Er stellte sich als royales Mitglied der Ars Goetia vor, allerdings führte er bescheiden an, nur ein ganz kleines Licht dieser Gesellschaft zu sein. Er besäße nur ein entferntes Baronat und interessiere sich ohnehin mehr für die freie Wirtschaft. Darum unterhalte er einige Produktionsfirmen im Limbus, die sich – aufgrund der idealen Lage verstehe sich – durch Kinderarbeit beinahe selbst tragen würde. So könne er den Markt hemmungslos mit Billigware überschwemmen, die sich jeder noch so klamme Lump in den neun Zirkeln leisten könne. Er habe diese Konferenz angeregt und finanziert, weil er glaube, dass alle hier in diesem Raum davon profitieren würden, in der ein oder anderen Weise zusammenzuarbeiten. Sein spezieller Ehrengast jedoch hätte die Mittel sämtliche höllischen Produkte und Dienstleistungen in die neutrale Zone zu überführen. Eine dezente Geräuschkulisse erhob sich, als alle die Köpfe drehten, um diesen sogenannten Ehrengast ausfindig zu machen. Doch der Baron sah nur Charlie besonders eindringlich an, die absolut deplatziert unter all den Gangstern wirkte und zweifelnd, ob diese Konferenz wirklich so eine gute Idee war, wie Alastor sagte, an ihrer Unterlippe kaute. „Und umgekehrt, meine Verehrte. Diese Kooperation könnte ebenso gut Euer Produkt in der gesamten Hölle vertreiben und darüber hinaus Hilfsmittel aus der neutralen Zone holen, die Eurem Hotel erstmals eine reguläre Erfolgsquote sichern würden.“, erklärte er freundlich. Charlie machte bei diesen Worten große Augen. „Was für Hilfsmittel?“, fragte sie hoffnungsvoll, doch der Baron schmunzelte. „Alles zu seiner Zeit, meine Beste. Lassen wir die Anwesenden erst einmal miteinander warm werden. Erzählen Sie uns von sich, Ihren Geschäften und Ihren Zielen. Ich verspreche Ihnen, am Ende dieses Tages werden Sie viel besser verstehen, was ich meine.“ Er erteilte zunächst Vox das Wort, weil er durch seine Filme noch am bekanntesten sein dürfte. Vox‘s Multimedia sei eine Film- und Werbeagentur, erklärte der Dämon mit dem Flachbildschirm anstelle eines Kopfes auf seinem Hals. Während seines Vortrags ließ er unablässig Werbefilme über sein Gesicht flimmern. Sehr vielseitig einsetzbar, fuhr er fort. Vox erwähnte, dass er vor allem Werbung für Produkte bevorzugte, die mit „V“ begännen. Valentino lachte rau, wobei er kleine rote Rauchherzchen aushustete, die exakt zu dem Muster seines Pelzkragens passten. „Dann verstehe ich nicht, wieso du mich nicht längst promotest!“, meinte er und stand auf. Er verdrängte Vox vom Podium und zwei geschmeidige Dämonendamen in unanständig knappen Outfits und hohen Absätzen folgten ihm. Er stellte die beiden als das vor, was er verkaufte: Pornography. Mit einer lässigen Geste seiner unteren linken Hand spielte er auf dem Projektor Angel Dusts 20 minütigen Pornostreifen ab, während die zwei Damen zu seinen Seiten in nahezu akrobatischen Tanzeinlagen zur Musik des Films strippten. Mehr als nur eine Hand verschwand während dieser Einlage unter dem Konferenztisch und einige grinsten sich wissend zu. Nur einen schien die Darbietung regelrecht in Rage zu versetzen, aber er versuchte es sich nicht anmerken zu lassen. Genau jener übernahm nach Valentino das Wort. Arackniss, der kleine, schwarzhäutige Spinnendämon mit altmodischem Anzug und Fedora Hut erklärte vornüber auf den Tisch gestützt und sehr ernst, dass er hier sei, um für seine Familie zu sprechen, die den Mafia Sektor der Hölle kontrolliere. Er berichtete von Geschäften und Methoden, die Aeneas nur allzu vertraut vorkamen, wenn sie auch seit knapp hundert Jahren veraltet waren. Inzwischen hatte die Polizei in der Welt der Lebenden einen Großteil dieser Kniffe bereits auf ihrer Agenda. Als Kontrast zu dem altmodischen, ernsten Mafioso stellte sich im Anschluss an ihn eine Dämonin vor, die ein regelrechtes Baby Doll Outfit trug. Sie hieß Velvet und verkörperte eine Art Overlord des Social Media. Als solcher hatte sie nichts eiligeres zu tun, als sich - kaum auf dem Podium stehend – umzudrehen und ein Selfi mit allen anwesenden Gangsterbossen zu machen. Die meisten machten sich instinktiv unkenntlich, indem sie Blöcke, Aktenordner oder ihre Arme vor das Gesicht hielten. Andere suchten direkt unter dem Tisch, bzw. hinter einem anderen Gast Deckung vor der Kamera. Beleidigt und die anderen als „Spießer“ beschimpfend trat die Internetqueen wieder ab. Jetzt hielt es Alastor nicht mehr auf seinem Platz. Er sprang auf und usurpierte die kleine Bühne für sich, um – wie er sagte – die Stimmung zu retten. Mit viel Tamtam, Licht, Schatten und Soundeffekten stellte er sich und seine Radio-basierte Macht singend und tanzend vor, wobei er Charlie involvierte, als er in der Schilderung seiner Geschichte zur Gegenwart kam. Von seinem Schwung mitgerissen, traute sich die Tochter Lucifers dann auch, sich und ihre Idee vorzustellen. Es verkrätzte Alastor ein wenig, als sie seinen Schlussakkord zum Auftakt ihrer Musicaleinlage machte, aber er lächelte eisern weiter. Aeneas registrierte einigermaßen erstaunt, wie viel Musik es in der Hölle gab und wie viel Talent. Doch Charlie kam mit ihrem Song nicht einmal zu Ende, da wälzte sich ein langer Leib auf den Tisch und brach sich Bahn. Charlie verstummte irritiert. Einen mächtigen Schlangenkörper nach sich ziehend und bedrohlich die Hautlappen im Nacken blähend, beugte sich Sir Pentious über die kleine Hotelbesitzerin und erbrach mit ausgefahrener Zunge einen Schwall von Flüchen über sie und ihr lächerliches Vorhaben. Schließlich wandte er sich um und ließ dieselben Nettigkeiten Alastor angedeihen, der nur grinsend den Kopf schief legte. Um ihn herum schien die Luft zu flackern und der Ton zu rauschen, wie bei einer technischen Störung. Baron von Tross ging dazwischen und gebot dem Ausbruch Einhalt. Er nahm Charlie bei ihren winzigen Händen, dankte ihr für die inspirierenden Worte und geleitete sie an ihren Platz neben Alastor zurück, der plötzlich wieder heiter dasaß, als wäre nie etwas gewesen. Der Baron aber tadelte Sir Pentious, wie es nur die adelige Oberschicht vermag und meinte, ein Gentleman seines Stils und Formats würde sich doch wegen ein paar kleiner Showeinlagen nicht gleich vergessen. Pentious richtete sich die Kleidung und stimmte von Tross etwas überrumpelt zu, nur hätten diese Kretins dort hinten..!!!, er zeigte vor allem auf Alastor. Der Baron lachte jovial und schlug der Kobra auf den Rücken. Dann ermutigte er ihn, nun von sich und seinen Geschäften zu berichten. Pentious räusperte sich geschmeichelt. Dann erklärte er, er sei Erfinder und Overlord. Er handele mit technischen Geräten und arbeite hart daran, sein Territorium auszuweiten. Er hatte dazu eine Diashow vorbereitet, die ein paar seiner ei-förmigen Lakaien abspielten und ihn immer wieder lobend unterbrachen. Nicht wenige der Anwesenden gähnten bei diesem öden Vortrag. Aeneas aber schenkte Pentious dieselbe stoische Aufmerksamkeit, die er bisher allen geschenkt hatte. Kjósa machte derweil Notitzen, nur Chorão flirtete lieber mit seiner Sitznachbarin, was deren Ehemann überhaupt nicht gut fand; aber er war so klein, dass er nichts ausrichten konnte. Außerdem wurde er die ganze Zeit von seinem eigenen Boss auch noch damit aufgezogen. Jérôme hatte sich inzwischen unter dem Tisch auf dem Boden kniend mit dem gesamten, dürren Oberkörper in den Schoß seines Herrn gelegt und döste. Aeneas kraulte mit den Fingern verstohlen durch das lockere, strohblonde Haar, während er zuhörte. Doch endlich machte sich ein genervtes Stöhnen breit. Der Boss, des genervten Ehemanns, den Chorão mit seinem Geflirte dessen Ehefrau gegenüber ganz durcheinander brachte, wuselte unter dem Tisch durch und trat dem Vampir auf seinem Weg auf die Waden. Jérôme fuhr erschrocken auf und stieß sich den Kopf an der Tischplatte. Wütend fauchte er dem wieselflinken Imp nach. „Ja, ja, ja, ganz toll, you fucking dickshit, wir haben‘s kapiert. Gaaaaanz groß in mittelalterlichem Steampunk Technik Bullshit, den keiner braucht. FANTASTISCH! Jetzt mach mal Platz!“ Trotz seiner gewagten Größe – er war einer der Kleinsten im Raum, wenn auch der Größte unter den anwesenden Imps – wedelte er Sir Pentious mit hektischen Handbewegungen beiseite, wie eine lästige Fliege. Wieder war es der Baron, der den Schlangendämon hofierte, bis er sich kochend vor unterdrückter Wut wieder setzte. Der Imp sprang breitbeinig auf den Tisch und hackte auf den Helltop ein, bis auf dem Projektor der Werbefilm seiner Agentur ablief. Blitzø hingegen schwadronierte und gestikulierte auf dem Tisch stehend mit einer kaum zu fassenden Selbstverständlichkeit herum. Seine Mitarbeiter zeigten von anfeuernd hochgereckten Daumen (Millie), über peinlich berührte Ignoranz der ganzen Situation (Loona), bis hin zu latenter Panik (Moxxie) alle emotionalen Spektren. Die Immediate Murder Professionals oder kurz I.M.P. waren die erste Organisation, die bereits in beiden Bereichen opperierte, sowohl in der Hölle, als auch in der neutralen Zone. Und das auch noch relativ unbemerkt, bis auf eine etwas dumm gelaufene, letzte Episode. Allerdings stand die Firma unter dem Schutz eines nicht näher zu benennenden Adligen, der ihr auch das Buch zum öffnen der Portale überließ, wie dem Imp, der sich ein wenig bei dem Thema verzettelte, herausrutschte. Aeneas wurde hellhörig. Es gab ein Buch, mit dessen Hilfe man Portale erschaffen konnte? Interessant! Er ließ es sich nicht anmerken, aber in diesem Augenblick erfasste ihn eine unheimliche Habgier nach dem literarischen Werk dieses anonymen Adligen. Oder zumindest nach einer sehr guten Kopie davon. Ein unangenehmes, bösartiges Kichern und Glucksen wurde laut, nachdem Blitzø den Faden seines Vortrags wiedergefunden hatte. „Das ist also der tolle neue Job, auf den du so stolz bist, Blitzø? Dafür hast du mich und die Show im Stich gelassen.“ Ein Roboter im Narrenkostüm, wie es schien, erklomm den Tisch und krabbelte – sich unnatürlich auf allen Vieren fortbewegend – darüber hinweg auf den Gründer von I.M.P. zu. Dieser drehte den Kopf weg und murmelte nur ein leises „Oh shit. Ich hasse diesen verfickten Clown!“, vor sich hin. Dann breitete er die Arme aus, als wolle er den anderen freudig empfangen. „Hey, du sacklutschender Kinderschreck, wie läuft das Geschäft, nachdem dein geliebtes Loo Loo Land ABGEFACKELT ist?“ Aus seinen Augen sprühte die pure Schadenfreude. „Woran du ja nicht ganz unschuldig bist, Blitzø!“, hielt ihm der animatronische Clown entgegen und schraubte sich zu seiner vollen Größe in die Höhe, nur um sich dann, wie ein Jack in the Box, wieder zu ihm hinunter baumeln zu lassen, als säße sein Oberkörper auf einer Sprungfeder. „Ich bin heute für meinen Boss Mammon hier. Dem Besitzer des liebreizenden Vergnügungsparks, den DU-Uu-Uu auf dem Gewissen hast.“, hielt er Blitzø vor. Dieser deutete mit erhobenem Zeigefinger auf die Brust des Roboclowns und protestierte. „Mal langsam du dressierter Mülleimer! Du und ich haben daran mindestens den gleichen Anteil. Du aber mehr! Ich war geschäftlich da.“ Von den hinteren Plätzen ertönte zustimmend Millies enthusiastisches Rufen. Sie legte dazu beide Hände trichterförmig an den Mund, damit ihre Stimme auch ja jeden erreichte. „Jaaa. Er war mit seinem BOYFRIEND da, dem Prinzen!“ Blitzø vergrub das Gesicht in der Hand. „Es ist nicht…! Er ist nicht…! Das ist eine rein geschäftliche, sexuelle Interaktion!“, stellte er klar und räumte nach diesem Desaster freiwillig das Podium. Jenes wurde nun von einem glucksenden Roboclown eingenommen, der sich erst mal ehrerbietig vor seinem Publikum verneigte. Er sei als Stellvertreter des vielbeschäftigten Zirkelfürsten der Gier hier, wiederholte er, Mammon! Ja, Loo Loo Land befinde sich zur Zeit unglücklicherweise im Wiederaufbau. ABER das tue der Macht des großen Fürsten keinen Abbruch. Er stehe nach wie vor hervorragend da und seine Besitztümer seien nicht zu schätzen. Dennoch interessiere er sich am Rande für die Geschehnisse hier und habe daher ihn geschickt. Er wolle mal sehen, was es hier Schönes für seinen Herrn zu holen gäbe. Damit faltete er sich hohl lachend und Funken sprühend bei jeder Bewegung in sich zusammen, bis er in einer kleinen Rauchwolke verschwand. Nur um kurz darauf urplötzlich wieder auf seinem Platz zu sitzen, das Kinn in die Hand gestützt und breit grinsend. „Gier!“, nahm da eine weibliche Stimme den Faden auf und stöckelte mit schwingenden Unterröcken nach vorn. „Eure Habgier befriedigt ihr am besten in Rosie‘s Emporium. Der Mega Store im Pentagramm! Und bevor einer fragt: Ja, es ist der Laden, der früher Franklyn and Rosie‘s Emporium hieß. Aber Frank ist bei der letzten Ausrottung draufgegangen, also leite ich jetzt den Laden. Allein. Schaut vorbei.“ Und mit kokettem Winken, stöckelte sie wieder zurück an ihren Platz, wobei sie an Aeneas‘ Sitz vorbei kam und sich verschmitzt zu seiner Schulter vor lehnte. „Ich wäre übrigens sehr an Waren aus der neutralen Zone interessiert. Melde dich bei mir. Bestimmt kommen wir ins Geschäft.“, raute sie ihm zu und hielt ihm ihre Karte hin, die er nickend annahm. „Wen interessiert denn das?“, kreischte die Stimme von Asmodeus plötzlich auf, „Ich will wissen, warum diese hässliche Statue da sitzt!“ Er deutete auf einen Stuhl am Tisch, auf dem tatsächlich nur eine blau-grau-grün schimmernde Statue hockte. Wer Lovecraft gelesen hatte, wie Aeneas, der wusste sofort, dass es sich um ein Abbild des Dämons Cthulhu handelte. Die tauchten in der neutralen Zone gerade an den verschiedensten Orten immer wieder auf und zogen einen richtigen Hype nach sich. Daher verwunderte es den belesenen Griechen nur mäßig, auch hier in der Hölle ein Exemplar vorzufinden. Anatol von Tross lachte wieder jovial und meinte: „Offenbar hat auch der große Cthulhu einen Stellvertreter geschickt. Verständlich, bedenkt man seine physischen Ausmaße und den von mir gewählten Versammlungsort. Aber jetzt bleibt uns last but not least die Vorstellung unseres Ehrengastes aus der neutralen Zone. Wenn ich Sie auf‘s Podium bitten darf, Herr Lefkítis.“ Aeneas neigte kollegial den Kopf und erhob sich, wobei er Jérôme unter dem Tisch von seinem Schoß schob. In diesem Moment wurde krachend eine der Saaltüren aufgestoßen und drei Biker stürmten in Angriffsformation in den Raum. Ihr Anführer schien eine Lederkluft zu sein, aus der pures Feuer loderte. Flammen bildeten seinen Kopf und sein Gesicht. Eine seiner Hände schien eine Art Auspuff oder Flammenwerfer zu sein. Seine Begleiter erinnerten ebenfalls an Biker, die bei einem Unfall mit Teilen ihrer Motorräder verschmolzen waren. Der eine war eine vollständige Maschine, doch ein menschlicher Oberkörper ragte dort empor, wo man den Lenker vermutet hätte. Der andere hatte eine Armatur als Gesicht, die Griffe des Lenkers ragten ihm wie Hörner aus dem Kopf und ein Reifen bildete sein Mittelstück. „Wir sind die Hells Devils. Die größte Bikergang im Pentagram. Und wir brauchen keine Einladung, um uns selbst einzuladen! Wir sind dabei.“, verkündete der Anführer ebenso provokant wie wenig geistreich. Der Baron reagierte souverän. „Interessant. Nun, natürlich möchten wir niemanden ausschließen. Herr Lefkítis, wenn es ihnen nichts ausmacht...“, er lächelte entschuldigend. Aeneas hob deeskalierend die Hände und setzte sich wieder, wobei er sich dem Duktus des Barons anpasste. „Ich bin Glan!“, stellte sich der flammende Biker vor und stapfte ans Kopfende der Tafel. „Wir vertreten kein Geschäft oder so was gutbürgerliches! Wir sind eine Organisation aus Bikern, die ihren eigenen Gesetzen folgen! Was immer ihr hier auch ausheckt, wir wollen dabei sein! Ich hab‘ gehört, es geht in die neutrale Zone. Dann wird es endlich Zeit, den Scheißern dort oben zu zeigen, wie ein Ghost Rider wirklich aussieht!“ Er schlug mit der lederbehandschuhten Faust auf den Tisch. „Ey!“, ließ sich Loona von I.M.P. gelangweilt vernehmen, „Du bist nicht das Oberhaupt der Hells Devils! Ich kenne die Jungs. Wer bist du?“ Eine kurze Stille trat ein, in der sich nun alle Köpfe interessiert nach vorne wendeten. Glan schlug erneut auf den Tisch und zeigte dann drohend auf die Höllenhündin. „Maul halten, Köter! Ich in ein Cousin des Bosses und mehr als befugt hier zu stehen!“, gellte er ein paar Oktaven zu hoch. Aus seiner Auspuffhand röhrte Motorenlärm und seine zwei Kumpane stimmten in das Geräusch ein. „Wenn das Radio, der Fernseher und der schwarzweißfilm Mafioso hier sein dürfen, dann wir allemal auch!“, bestand er auf sein eigenwilliges Recht. Alastor, Vox und Arckniss reagierten entsprechend gereizt auf diese Aussage, auch wenn Alastor darüber sein Lächeln nicht verlor. Da erlosch plötzlich das Licht im Raum. Aeneas senkte sofort den Blick hinter seinen dunklen Brillengläsern und verließ sich fortan auf die Sinne seiner Pythons, während er Jérôme unter dem Tisch ins Haar griff. Aber gleich darauf erstrahlten bunte Scheinwerfer, am Kopfende der Tafel und offenbarten Asmodeus, der sich hinter Glan aufgebaut hatte. Er war fast doppelt so groß wie die Biker und trug einen dünnen Clown auf der Schulter, welcher dem Roboter, der Mammon vertreten hatte, irritierend ähnlich sah. „Ihr macht eine Menge Lärm, aber da steckt nichts als heiße Luft dahinter. Ich spüre Aggression, aber keine Leidenschaft. Keine Lust. Das ist langweilig!“, verkündete Asmodeus und seine Stimme hallte, wie von mehreren Lautsprechern in Stereo wiedergegeben. Aeneas sah wieder auf und ließ Jérômes Haare los. Mit einer ausladenden Geste wischte der Dämon die drei Biker zur Seite und stellte einen Mikrophonständer vor sich auf. Dann tippte er gegen die Spitze, als müsse er die Funktion seines Aufbaus erst testen und räusperte sich dann. „Ihr kennt mich. Ich bin weithin bekannt. Den Lustring leite ich mit führender Hand. Zu mir kommt, wem Liebe zu wenig ist. Zu mir kommt, wer sinnliche Freuden vermisst. Bei mir kriegst du Leidenschaft, bei mir kriegst du Lust im Haus von Asmodeus!“, sang der Riesenhafte. Seine Macht drängte die drei Biker sichtlich in den Schatten, sodass ihnen nichts mehr übrig blieb. Als mit den Zähnen zu knirschen und abzuwarten. Die bunten Lichtkegel aber erfassten derweil Aeneas. „Doch du, mein Freund mit den Schlangen als Haar, kamst zu uns aus der Zone der Lebenden gar! Drum bitt‘ ich dich, fordere, sprich und sag wahr! Was, frag ich mich, war so mächtig und brachte dich her? Welch süßes, welch drängendes, lustvoll Begehr? Komm her! Gib mehr! Erzähl uns, was willst du so sehr?“ Aeneas erhob sich langsam und gemessen unter den Augen aller und im Licht mehrerer Scheinwerfer von seinem Platz. Dann schritt er ohne Hast die paar Meter auf Asmodeus zu, der ihn mit breitem Grinsen erwartete und ihm schließlich großmütig das Mikrophon überließ. „Er wird jetzt nicht singen, oder?“, raunte Chorão Kjósa zu. Die lehnte sich zu ihm und flüsterte: „Zuzutrauen wäre es ihm.“ Der Gorgone baute sich in voller Größe und mit aktiv umher züngelnden und sich windenden Pythons im Schein der Lichter auf, nahm das Mikrophon vom Ständer und hielt es sich an die Lippen. „Meine Lust willst du wissen, mein Begehr, mein Entzücken? Es macht mir Spaß wehrlose Jungs zu beglücken. Ihr ahnet nicht wie viele Männer so schön, ich in meiner Zeit habe sterben geseh‘n. Letztlich lagen sie alle tot und bleich und tausend furchtbare Gestalten, wie sie auf der Erde walten, lebten weiter ganz mir gleich.“, grollte der Grieche in einer Art Sprechgesang, der einem unter die Haut kroch, das Gehirn und die Seele entweihte und dann samtig die Kehle herunter rann, um im Magen absorbiert zu werden und für immer Teil des Organismus‘ zu bleiben. Asmodeus schien zufrieden, auch wenn sich der Grieche ruhig ein bisschen vulgärer hätte ausdrückten können, seiner Meinung nach. Mit wohlwollendem Grinsen klopfte er dem Albino auf die breite, muskelbepackte Schulter und die Lichter im Konferenzraum normalisierten sich wieder. Mikrophon und Ständer lösten sich auf und ließen den Paten ganz auf sich allein gestellt zurück. „Yeah, darf nur der olle Ozzie den Neuen auf die Probe stellen, oder dürfen wir alle?“, fragte Vox mit breitem Bildschirmgrinsen. Das Grinsen breitete sich im Saal aus, wie unter einem Rudel Hyänen, dem die nächste Mahlzeit vorgeführt wurde. An der Seite der Tafel stand Chorão drohend von seinem Sitz auf. Aber Aeneas erwiderte das allgemeine Zähnefletschen und tippte sich gelassen an den Rahmen seiner dunklen Designerbrille. „Ihr dürft es gerne versuchen, wenn es euch das Risiko wert ist.“, schnurrte er so samtig, dass es einem unwillkürlich unbehaglich wurde. Die Legende von dem Blick, der einen in Stein verwandelt, kam einigen wohl ins Gedächtnis und sie ließen es vorsichtshalber bleiben. Nur Alastor war mutig – oder verrückt – genug aufzustehen und sich Aeneas an die Seite zu stellen, um ihn unnachgiebig lächelnd näher zu prüfen. „Lass mich so dreist sein, mein bleicher Freund. Was haben wir von dir zu erwarten?“, fing er an, Aeneas ganz wie ein Moderator zu interviewen. Er hielt ihm sogar seinen Stab, wie ein neuerliches Mikrophon, entgegen. Der Gorgone wiegte den Kopf und vereinzelt fauchten ein paar der Pythons. Dann wandte er seinen Körper dem Rehdämon zu, ergriff dessen Stab und zog Alastor daran zu sich her. Dann neigte er das Haupt darüber und grollte fast erotisch in gedämpfter Lautstärke hinein, als spräche er nur noch zu dem Radiodämon. „Mein Name in diesen Tagen lautet Aeneas Lefkítis, aber als Pate meiner Europa und Teile Asiens umfassenden Organisation nennt man mich Sacrosanctus. Meine Familie kontrolliert die Sparten Waffenhandel, Prostitution, Glücksspiel, Wirtschaftsinfiltration, Drogenhandel, Schutzgelderpressung und Menschenhandel. Des weiteren sind wir so groß, dass wir unsere eigene Armee und Schuldeintreibermiliz besitzen. Wir sind weit verteilt, aber tadellos vernetzt. Was immer die Hölle uns anzubieten hat, wir schaffen es in die Welt der Lebenden und machen es zu Geld und Einfluss.“, damit ließ er Alastors Stab los, der unablässig weiter lächelte, und wandte sich wieder der versammelten Gesellschaft zu. „Von meinem neunköpfigen Offiziersstab habe ich heute Chorão Devorador dabei, meinen Fachmann der Sparte Waffenhandel. Denn wie ich hörte, brechen hier jährlich Ausmerzungen über euch herein, nach denen die Machtverhältnisse neu verteilt werden müssen. Mit Waffen aus der neutralen Zone, wäre eure Fraktion jeder anderen in der Hölle einen Schritt voraus.“, dabei schien er insbesondere Sir Pentious anzusehen. „Valentino.“, er breitete die Arme in dessen Richtung aus, „Du hast ein gerade zu teuflisches Sortiment pornografischer Meisterwerke!“ Der Mottendämon stieß roten Rauch aus und grinste, dass sein Goldzahn glänzte. „Aber die Oberwelt erfindet täglich neue Fetische, Praktiken und Geräte, die hier eines Tages ankommen werden und deine Vorreiterstellung möglicherweise untergraben könnten. Nicht so, wenn wir dich mit den neuesten Trends versorgen würden.“, stellte er die Möglichkeiten in Aussicht. Valentino zog nachdenklich eine Schnute. Aeneas fuhr gnadenlos fort. „Ebenso verhält es sich mit dem Fernsehprogramm. Dort oben muss es heftig mit dem Internet konkurrieren. Es gleicht sich an die beliebtesten Plattformen an, wird dafür aber nur ausgelacht oder ignoriert. Die Zukunft scheint den Influenzern zu gehören und den Streaming Plattformen.“ An dieser Stelle feixte Velvet ungeniert und Vox warf sowohl ihr als auch dem Redner drohende Blicke zu. „Auf diesen Wandel sollte man vorbereitet sein, bevor er hier unten ankommt.“, schloss Aeneas mit einem hartlippigen Schmunzeln. „Was hast du für uns zu bieten?!“, schrie Glan, der Motorraddämon ungefragt dazwischen. Aeneas sah ihn nicht einmal an, antwortete aber dennoch. „Gangs, Banden und Mafiafamilien mögen selbst entscheiden, was ihnen ein Zugang zu allen kriminellen Bereichen der Oberwelt bieten könnte.“, raspelte er kurz angebunden mit seiner rauen Stimme. „Was ich Ihnen eröffne, sind Waren, Informationen, Beziehungen und Handelswege. Wir scheuen ebenso wenig davor zurück, uns die Hände schmutzig zu machen, wie Sie, solange es sich für uns lohnt. Es liegt nun an Ihnen, mir ein Angebot zu machen. Ich kam mit meinen Begleitern hier herunter, um mich von Ihrer Kultur zu überzeugen und ich muss sagen...“, hier machte er eine bedeutungsvolle Pause, „… ich bin überzeugt.“ Ein allgemeines Gejohle und Gepfeife hob an, als sei gerade allen Anwesenden ein Preis verliehen worden. Aeneas sprach äußerst charismatisch und das Spiel seiner Tonlagen bewirkte, dass sich jeder Einzelne insbesondere gemeint fühlte. Sogar Alastor klatschte gemäßigten Beifall. Vox war beleidigt, ebenso wie Arackniss, die Hells Devils und Sir Pentious. Letzterer änderte seine Meinung allerdings ziemlich rasch, als er merkte, dass viele andere nach Auflösung der heutigen Sitzung nach vorne drängten. Sie redeten auf Aeneas ein oder wollten ihn zum Essen einladen. Ebenso erging es Chorão. Ziemlich schnell wurde klar, dass Kjósa als Aeneas‘ Stellvertreterin die Angebote und Terminvorschläge für den Gorgonen entgegennehmen würde. Dennoch schüttelten ihm bis raus auf den Flur einige die Hand, oder legten ihm vertraulich den Arm auf die Schultern und versprachen, sich eine mögliche Kooperation durch den Kopf gehen zu lassen. Aeneas war ziemlich zufrieden mit sich und kraulte Jérôme, der einige Minuten vor ihm den Konferenzraum verlassen hatte und ihm jetzt immerzu kleinere Dämonen von den Beinen fern hielt. Doch dann bemerkte er, dass sich etwas durch die Menge hindurch auf ihn zu arbeitete. Ohne es sich anmerken zu lassen, während er auf dem Gang mit Asmodeus sprach, der ihn ins Ozzies einladen wollte, linste er nach dem Wesen, das sich da zu ihm durchkämpfte und erkannte schließlich Luzifer. Seinen Luzifer! Den Luzifer, der im Zimmer bleiben sollte, damit ihm nichts zustieß und tatsächlich sah der Kleine ganz schön mitgenommen aus! Waren das Fesselmale an den schlanken Handgelenken? Fesselmale, die nicht von ihm stammten?! Leider konnte es sich Aeneas aber gerade jetzt nicht leisten mit dem hübschen Knaben in Verbindung gebracht zu werden. Er hatte sich gerade erst einen Namen gemacht, Tests bestanden, einen Ruf erworben. Er hatte dafür sogar gesungen! Sollte sich das himmlische Kunstwerk nun in seiner unverwechselbar frechen, respektlosen und fordernden Art an ihn hängen, müsste er ihn vor den Augen aller sofort ermorden, um seinen aktuellen Stand in der Hölle zu wahren. In diesem Fall ging das Geschäft seinem eigenen Vergnügen vor. Als der Gargoyle schließlich keinen Meter mehr von ihm entfernt stand, konnte er ihm ohne Bedenken das Gesicht zuwenden und ihm eine eindeutige Botschaft schicken. Kalt blickte er auf ihn herab, als sehe er nichts als eine Kakerlake im Badezimmer. Luzifer erstarrte und der Ausdruck auf dem schönen Gesicht bewies, dass er verstanden hatte. Angsterfüllt zog sich der Italiener wieder zurück, bevor er das Opfer eines der Anwesenden werden konnte. Aeneas bemerkte, dass Valentino dem Kleinen angewidert nachsah. Anschließend sprach der Gorgone noch mit diesem und jenem, vor allem aber mit dem Baron von Tross, der ihn feierlich beglückwünschte. Er habe sich als Sterblicher tadellos geschlagen. Außerdem wolle er ganz im Vertrauen unbedingt wissen, wo er seinen Gesang gelernt habe. Aeneas schwieg sich darüber aus und fragte im Gegenzug hinterhältig, wer denn der kleine rothäutige Dämon gewesen wäre, mit dem der Baron vor der Konferenz gesprochen habe; jener, den der Baron "Rhip" gerufen habe. Doch dazu kratzte sich nun Anatol nur verlegen am gefiederten Kopf und meinte, das sei niemand bestimmtes gewesen, nur die Organisatorin der Tagung. Aeneas nickte. So so. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)