Das höllische Hotel von Dollface-Quinn ================================================================================ Kapitel 5: Die kollaterale Konferenz ------------------------------------ Aeneas Als er das Zimmer seiner Lustknaben verließ, erwartete ihn auf dem Flur bereits ein äußerst gereizter Vampir. Jérôme konnte Luzifer immer noch an ihm riechen und das ärgerte den Blutsauger. Gut so. Er brauchte ihn in diesem Zustand. Ohne ein Wort ging er an dem Blauäugigen vorbei und jener folgte ihm, wie ein Hund. Er war noch nicht weit gegangen, da kam ihm ein weiterer Blondschopf entgegen, diesmal mit grünen Augen und wogendem Busen unter einer weißen Bluse. Kjósa, seine Banshee, war seine rechte Hand. Sie koordinierte seine Termine, leitete seine Befehle weiter, organisierte seine Reisen, besorgte seine Korrespondenz und managte nebenher noch sein Privatleben. Es war nicht ausschließlich seine Schuld, dass die ehemalige stolze Walküre jetzt als niederer Totengeist an seiner Seite bleiben musste, bis er eines Tages das Zeitliche segnete, aber sie war dermaßen nützlich, dass er diesen Umstand nicht bedauerte. „Da bist du! Ich hätt‘s ahnen können. Du steckst erst mal gediegen einen weg, während mir die Dämonen auf dem Hals sitzen, die mit dir ihre Business Ideen durchsprechen wollen! Danke auch! Da!“, sie drückte ihm einen Stapel Aktenordner in den Arm, den er ohne hinzusehen an Jérôme weiterreichte. „Sag mal, nimmst du die Chose hier eigentlich ernst, oder verschwenden wir unsere Zeit?“, wollte Kjósa wissen. Sie hatte immer diese recht aggressive Art zu sprechen. Der Gorgone fasste sie gelassen an der Schulter, drehte sie um und ging mit ihr den Weg zurück, den sie gerade gekommen war. „Das tue ich. Ich war nur eben gezwungen, ein Alibi zu verschaffen.“, raunte er ihr unauffällig zu. Kjósa sah zu ihm auf. Sie verstand sofort. „Shit. Was ist passiert?“, erkundigte sie sich ebenfalls wispernd. Er kippte gleichmütig den Kopf ein wenig zur Seite, was einige auf seinen Schultern dösende Schlangen in Bewegung versetzte, und richtete ihn dann wieder gerade aus. „Mn. Glan hielt das Schmuckstück für einen Engel. Hat mein Zimmer in Brand gesteckt. Darum gehen wir beide jetzt zur Hoteldirektion.“ Sie erstatteten bei Charlie Bericht über den nächtlichen Einbruch des Motorraddämons, der allerdings nur Luzifer im Raum angetroffen habe und daraufhin offenbar durchgedreht sei. Aeneas erzählte die Begebenheiten so, als habe er sie selbst nur von seinem Jungen gehört. Jérôme bestätigte alles, ohne darüber nachzudenken, sobald er aufgefordert wurde, zu sprechen. Dabei versteckte er sich hinter dem Aktenstapel, den er für seinen Herrn trug, um sein Grinsen zu verbergen. Aber für Charlie musste es so wirken, als sei der Vampir verstört durch die Ereignisse. Schließlich fragte sie den großen Mann voller Mitgefühl, wo er denn zu dem Zeitpunkt gewesen sei, als das alles passierte. Der Grieche gab an, er habe im Fitnessraum des Hotels trainiert. Er trainiere meistens nachts, weil ihm tagsüber durch seine Geschäfte nur wenig Zeit zur Verfügung stünde. Er sei dabei auch gesehen worden, sollte das ihre nächste Frage sein. Anschließend habe er geduscht und dann bis eben seine völlig verängstigten Jungs getröstet. Vor allem Luzifer – ja, der Gargoyle sei ehrerbietig nach Charlies Vater benannt, allerdings schreibe er sich mit „z“ nicht mit „c“ – habe sich ohne ihn nicht mehr sicher gefühlt, nachdem er dem Anschlag des Dämons nur so knapp entkommen sei. Erst jetzt habe er ihn etwas ermüden und dann ablenken können, um hier seinen Bericht abzugeben. Natürlich könne Charlie gerne mit ihm sprechen. Er habe ihn im Zimmer gelassen und zu seiner eigenen Sicherheit eingeschlossen. Vielleicht wäre es allerdings besser, wenn er selbst dabei zugegen wäre, denn wie gesagt, der Kleine reagiere nun ziemlich verängstigt auf Dämonen. Die Hoteldirektorin hörte das alles mit nicht minderem Bedauern an. Sie versprach alles zu veranlassen, dass der Schuldige gefunden würde. Aeneas bat ausdrücklich darum, denn bei dieser blindwütigen Zerstörung seines Zimmers, sei doch einiges an persönlichen Sachen zu Schaden gekommen, das er gerne ersetzt hätte. Sie reichten sich die Hände. Charlies zierliche Finger verschwanden fast unter dem breiten Daumen des Hünen, sodass er sehr vorsichtig nur mit Daumen und Zeigefinger zugriff. Dann entschuldigte er sich, weil er demnächst zur Konferenz müsse und noch keine Zeit gefunden habe, zu frühstücken. Die Tochter des Höllenherrschers wünschte ihm einen wundervollen und erfolgreichen Tag und empfahl ihm, sich auf Kosten des Hauses ans Buffet zu setzen. Er dankte höflich und verbeugte sich sogar vor der Prinzessin. Dann verließ er ihr Büro. Draußen auf dem Flur ging das ungleiche Trio eine Weile schweigend zusammen, bis es weit genug weg war, dann raunte Kjósa: „Warst du gestern Nacht im Fitnessraum?“ Aeneas brummte. „Jene, die dort waren, werden selbst unter der Folter noch schwören, ich sei schon um acht Uhr da gewesen. Um den Rest hat sich Jackdaw gekümmert.“ Hinter ihm warf sich Jérôme stolz in die Brust und kicherte. Er hatte die Überreste Glans sorgfältig, ungesehen und genau nach Luzifers Plan entsorgt, während der Gargoyle im Zimmer alle Spuren beseitigt hatte, die verraten könnten, dass Aeneas während des Angriffs dort gewesen sein könnte. Sogar die Wanne hatte er sorgfältig gereinigt und hinterher darin geduscht, damit sie benutzt wirkte, wenn das Zimmermädchen kam. In solchen Angelegenheiten kannte sich der ehemalige Dieb, Einbrecher und Toyboy aus. Kjósa nickte. Offenbar hatte jeder getan, was er am Besten konnte, um den Mord zu vertuschen. Sie fragte nicht, wo der Vampir die Leiche hingebracht hatte. Je weniger sie wusste, desto echter würde ihre Überraschung sein, sollte der Leichnam noch während ihrer Anwesenheit im Hazbin Hotel wieder auftauchen. „Wo ist Chora?“, wollte stattdessen der Gorgone wissen. „Rate mal. Er hockt am Buffet und verschlingt alles, was nicht schnell genug wegrennt. So wie er sich hier benimmt, wird mit Sicherheit niemandem auffallen, dass er nur ein halber Dämon ist.“, lästerte sie über den für den Waffenhandel zuständigen Boss ihrer Organisation. Chorão Devorador war ein in Peru geborener halber Teufelsdämon. Er bezeichnete es als sein Pech, dass er einen menschlichen Vater gehabt hatte, der von seiner Mutter vergewaltigt worden war. Als sein Glück gab er jedoch an, dass er mehr nach der Mutter kam und zwar in jeglicher Hinsicht. Er verschlang Unmengen an Nahrung, weil sein Körper die Eigenheit besaß, sich den gegebenen Erfordernissen anzupassen, zu wachsen, zu schrumpfen, Muskeln und Gliedmaßen sowohl aus- als auch wieder zurückzubilden, und das verbrauchte eine Menge Energie. Besonders gerne passte sich der Körper des Peruaners den Vorlieben potentieller Geschlechtspartnerinnen an, um auf sie unwiderstehlich zu wirken. Allerdings blieb er dabei den spezifischen Merkmalen seiner Person überwiegend treu, wie seinen rabenschwarzen Wuschelhaaren und seinen bernsteinfarbenen, schwarz umrandeten Augen. Er konnte sich vollkommen überzeugend als Mensch ausgeben und ebenso überzeugend mimte er jetzt den vollwertigen Dämon. Als Aeneas ihn fand, hatte er sich einen Stuhl direkt ans Buffet gezogen und saß nun breitbeinig darauf, die Lehne vor der Brust, während er sich bergeweise Fleisch ins gewaltige Maul schaufelte. Als er seinen Paten und Kumpan erblickte, sprang er auf und winkte mit vollen Backen. Dann erst schluckte er und kam auf den Gorgonen zu. Sie setzten sich gemeinsam an einen der Tische. Kjósa blieb neben Aeneas‘ Stuhl stehen. Jérôme wurde ausgeschickt, Frühstück zu holen, nachdem Aeneas sich von ihm die Aktenordner hatte wiedergeben lassen. Der Kaffee war nach wie vor grauenhaft, aber Aeneas trank ihn kommentarlos, wobei er sich fragte, ob Hühner auch in die Hölle kamen, denn es gab hier offensichtlich Rührei. Zusammen gingen die zwei Bosse die Angebote durch, die Kjósa gesammelt hatte. Valentino war möglicherweise an einer diesseitig-jenseitigen Gleichschaltung ihrer Bordelle interessiert. Er müsse den Markt noch eruieren, aber er hielt es für denkbar, dass einige seiner Kunden Nutten aus der Oberwelt geil finden würden, ebenso wie den Zugang zu diesseitigen Porno-Inhalten. Im Gegenzug würde er geschützte Räume anbieten, in denen Kunden aus der Oberwelt seine Angebote vor Ort nutzen könnten. Schließlich war es den Verdammten verboten, in die Welt der Lebenden einzubrechen, aber für Besucher aus der neutralen Zone gab es noch keine Gesetze, weil das schlicht nicht vorkam. Rosies Emporium war an diesseitigen Waren für ihr Geschäft interessiert. Natürlich. Es würde den Fortschritt in der Hölle massiv ankurbeln, wenn man nicht alles neu erfinden müsste, sondern es direkt aus der neutralen Zone bezöge. Da sich die Währung der Hölle aber noch nicht in Dollar oder Euro umwechseln ließ, sah Aeneas für diese Geschäftsbeziehung eher schwarz, bis sich das Experiment etabliert hatte. I.M.P. fragte im Auftrag eines stillen Teilhabers, ob sie zukünftig unter dem Schutzmantel seiner Organisation in der Oberwelt agieren könnten. Sie hätten vor Kurzem einigen Ärger mit Agenten der Regierung gehabt und nun zwänge ihr anonymer Geschäftspartner sie dazu, sich einen Deckmantel für ihre Einsätze zu verschaffen, sonst stelle er seine Mittel für Reisen in die neutrale Zone nicht mehr zur Verfügung. Aeneas wusste jetzt schon was er darauf antworten würde. Er musste diesen ungenannten Gönner kennenlernen und mit ihm verhandeln. Seiner Einschätzung nach waren diese Imp-Figuren und ihr Höllenhund nur kleine Fische, die selbst nichts anzubieten hatten. Er musste an den wirklichen Machthaber herankommen, dann würde es erst interessant werden. Der Baron von Tross versicherte, dass, egal mit wem sich Aeneas letztendlich auf eine geschäftliche Kooperation einließe, er natürlich gerne zur Verfügung stünde, als Dritter im Bunde die Portale zwischen den Welten zu liefern. Und so ging es weiter bis die Tassen und Teller leer waren und es wirklich Zeit wurde zum zweiten Teil der Tagung aufzubrechen, wo er sich dann mit den Urhebern dieser Angebote auseinandersetzen würde. Charlie Charlie plagen nach dem gestrigen Tag große Zweifel, ob die Konferenz wirklich eine so gute Idee war, wie Alastor sagte. Denn anstatt positive Elemente von der Oberwelt mitzubringen, eröffnete dieser Gorgo den Overlords und Bossen der Hölle nur breitere Wege, ihrer Verderbnis zu frönen. Das war genau das Gegenteil von dem, was Charlie sich erhofft hatte. Und jetzt war natürlich genau das geschehen, was sie hier im Happy Hotel vermeiden wollte! Die Gäste griffen sich gegenseitig an. Allerdings wäre Charlie nicht die Tochter Lucifers, wenn sie jedem gleich glauben würde, der andere anschwärzte. Wobei es schon äußerst erfreulich für höllische Verhältnisse war, dass jemand überhaupt Anzeige erstattete, statt die Dinge selbst zu regeln und zwar mit Mord! Insofern brachte der weltliche Gast vielleicht doch etwas in die Hölle mit, das es bisher noch nicht gab: Eine Ordnung nach dem Schema von Recht und Gesetz zusätzlich zur höllischen Hierarchie. Der Verzicht auf Selbstjustiz war hier sonst nur jenen vorbehalten, die zu schwach dazu waren. Und dazu gehörte dieser Lefkítis auf keinen Fall. Dennoch war Charlie skeptisch, so sehr sie dem Besucher aus der neutralen Zone auch glauben wollte. Sie musste mit dem Gargoyle sprechen, diesem Namensvetter ihres Vaters. (Noch so ein Ding, dass sich in der Hölle niemand getraut hätte!) Aber sie musste alleine mit ihm sprechen, ohne den Einfluss seines übermächtigen Patrons. Denn dessen Wirkung auf seine Jungs hatte sie ja an dem Vampir beobachten können. Sicher hätte der Blonde auch steif und fest behauptet, er liebe Sonnenbäder, wenn der Albino es von ihm gewollt hätte! Also nahm sich Charlie den Generalschlüssel aus ihrem Schreibtisch und sah im Register nach, welche Zimmer Lefkítis gebucht hatte und welches davon seine Jungs bewohnten, denn dort würde sie mit Sicherheit diesen Luzifer mit „z“ finden. Als sie sich nach vielen Unterhaltungen mit den Besuchern des Hotels, die sie zufällig auf dem Weg traf, endlich bis vor die richtige Zimmertür durchgekämpft hatte, hielt sie inne und biss sich auf den Fingerknöchel. Was wenn sie den Gargoyle wirklich mit ihrem Auftauchen in Panik versetzte, so wie der Albino gesagt hatte? Aber dann atmete sie tief durch und fasste Zuversicht. Ihre Erscheinung und ihr freundliches Wesen würden schon wirken. Sie klopfte. Niemand antwortete. Hatte Lefkítis nicht angedeutet, er habe den Jungen hier eingeschlossen? Dann konnte er doch nicht weg sein. Sie prüfte verstohlen die Türklinke. Es war wirklich abgeschlossen. Sie klopfte wieder. „Ich bin nicht da.“, behauptete eine gedämpfte Stimme von drinnen. Charlie atmete lächelnd auf. „Luzifer? Ich bin Charlie. Die Hoteldirektorin? Ich würde dir gerne ein paar harmlose Fragen zu dem Vorfall von gestern stellen. Der mir übrigens unglaublich Leid tut.“, stellte sie sich und ihr Anliegen durch die Tür hindurch vor. „Kein Interesse. Frag den Großen.“, kam es schnodderig als Antwort zurück. Charlie griff verschlagen zu Plan B. „Ähm, ich möchte dir aber eine Entschädigung anbieten. Und dazu müsstest du kurz mit mir reden.“, rief sie. Drinnen blieb es für einen Moment still. Sie lauschte. „Komm rein. Aufmachen musst du dir selber.“ Freudig triumphierend und bestärkt in ihren Absichten nahm Charlie ihren Generalschlüssel zur Hand, schloss auf und trat frohen Mutes ein. Dieser Luzifer schien ein nur allzu bekannter Charakter zu sein: habgierig, feige und bestechlich! Damit würde sie spielend leicht fertig werden. „Ich hoffe, ich störe nicht, aber es ist mir sehr wichtig, dass die Regeln hier im Happy Hotel befolgt werden. Wir wollen hier keine, oh verdammt, du bist ans Bett gefesselt!“, endete der kleine Einstiegsvortrag etwas anders, als sie ihn sich zurechtgelegt hatte. „Äh, wieso … bist du ans Bett gefesselt?“, entkam ihr die Frage, bevor sie sich beherrschen konnte. Luzifer war glücklicherweise vollständig bekleidet, wenn auch barfuß. In seinen gefesselten Händen lag eine Spielkonsole und sein schlanker Körper fläzte in lümmelnder Haltung am Kopfende des Bettes. Die lange Kette, die seine Handschellen an den Pfosten schmiedete, floss längs über Luzifers Bauch hinab, wand sich zwischen seinen aufgestellten Beinen hindurch, bog am rechten Oberschenkel scharf ab und schlängelte sich dann über die Matratze, hinunter auf den Boden, um dann zielgerichtet am Bettpfosten wieder hinauf zu streben. Der Gamer zuckte die Achseln. „Du sagtest was von Entschädigung?“, setzte er nach und legte die Konsole auf den Nachttisch, während er die Beine über den Bettrand schwang und baumeln ließ, um Charlie mehr oder weniger anständig gegenüber zu sitzen. Die höllische Prinzessin schloss die Tür hinter sich und trat näher an das Bett heran. Jetzt da sie Luzifer aufrecht sitzend sah, fiel ihr etwas auf. „Hey, ich hab dich schon mal gesehen! Bist du nicht gestern durch das Casino gerannt?“, erinnerte sie sich. Die lilahaarige Gestalt nickte mürrisch. „Ja. Und dafür wäre eigentlich auch eine Entschädigung fällig. Die Flachpfeifen da haben mich zum Freiwild erklärt und eine Hetzjagd auf mich veranstaltet. Ich bin durch‘s halbe Hotel geflitzt, bevor sie mich kriegten! So ne kastenförmige Eule mit Monakel hat mich denen abgekauft und mich gefesselt in ne Truhe gesperrt, um mich als Wetteinsatz zu verspielen! Zum Glück konnte ich wieder entwischen. Wer weiß was sonst noch mit mir passiert wäre.“, erzählte er klagend. Charlie sparte sich den Kommentar, dass es „Monokel“ hieß und nicht „Monakel“, kaute aber bedrückt an ihrer Unterlippe bei diesem Bericht. Hier ging wirklich alles drunter und drüber, seit diese Konferenz in ihrem Hotel stattfand. Sie selbst wusste leider nur zu gut, was alles mit dieser schwächlichen, kleinen Kreatur hätte passieren können, die zu allem Überfluss auch noch das ekelhaft glatte Gesicht eines Engels trug. „Das … tut mit furchtbar leid. Auch so was kommt hier eigentlich nicht vor. Ich versuche hier im Hotel die Dämonen zu rehabilitieren, damit sie eine Chance haben, in den Himmel aufzusteigen … du wirst das sicher genauso lächerlich finden, wie alle anderen, aber ich glaube ...“, zu ihrer Überraschung unterbrach sie der Knirps. Er sah plötzlich überhaupt nicht mehr schnodderig und desinteressiert aus, sondern vielmehr sehr ernst. „Nein. Das finde ich nicht lächerlich. Ich bin zwar nicht ‚der Lucifer‘, aber mein Bildhauer hat alles in mich einfließen lassen, was er in Lucifer sah. Einen Engel, der nicht recht ins Gefüge des Himmels passte, weil er zu klug war, zu viele Fragen stellte, zu pragmatisch dachte; aber der es deshalb noch lange nicht verdiente, verteufelt zu werden. Er sah einen standhaften Charakter, der unter allen Umständen seinen Weg findet! Aber etwas in ihm wird sich immer zurück in den Himmel sehnen, weil dort seine Wurzeln liegen. Ich spüre diese Sehnsucht jeden Tag, obwohl es für mich nie einen Himmel gab. Aber genau wie ‚Lucifer‘ habe ich mir auf der Suche nach Ersatz einen eigenen Himmel geschaffen, der eigentlich eine Hölle ist. Wenn alle anderen deinen Versuch mit diesem Hotel lächerlich finden, dann zeigt das nur, wie kleingeistig sie sind. Alle Seelen haben ihren Ursprung doch im Himmel. Und während sie ihre Zeit auf der Erde verleben, müssen sie ihren Weg finden, genau wie Lucifer es musste. Aber das ist ohne Sünde fast unmöglich, darum fallen sie und landen hier und finden sich damit ab. Aber predigen die Priester nicht immer, dass wer fällt auch wieder aufstehen kann, wenn man ihm nur die Hand reicht?“ In Charlies roten Augen glitzerten Tränen. Dass der Junge so reden konnte, hätte sie ihm im Leben und im Tod nicht zugetraut. Er streckte Charlie seine Hand entgegen, was die Kettenglieder melodisch zum Klimpern veranlasste. Etwas in Luzifers Ansprache hatte bei der Prinzessin genau ins Schwarze getroffen. Ihr Herz schwoll an vor Wärme. Endlich fühlte sie sich von jemandem verstanden. Sie trat vor und ergriff voller Rührung die Hand des kleinen Luzifer, der aus violetten Augen offenherzig zu ihr aufsah. Sie konnte nicht anders, als den Metallring an seinem schmalen Handgelenk zu schmelzen und ihn von seinen Ketten zu erlösend. Rasselnd fielen die Handschellen von ihm ab. „Shit, das ist besser.“, schnurrte der Gamer befreit und sein Lächeln erinnerte Charlie unheimlich an das ihres Vaters, als sie noch ganz klein gewesen war und er auf sie herunter gelächelt hatte, mit Stolz in den Augen und so viel Zuversicht, was aus ihr werden könnte. Aber vielleicht bildete sie sich das auch bloß ein. Jetzt traten Charlie plötzlich aus einem ganz anderen Grund die Tränen in die Augen. Rasch hob sie die freie Hand und wischte die Tropfen weg. Sie schniefte und versuchte ihren Gefühlsausbruch lächelnd zu überspielen. „Gern geschehen.“ Einen Moment lang sahen sie sich gegenseitig in die Augen, hielten sich bei den Händen und schienen ein und denselben Traum zu teilen. Doch dann erinnerte sich Charlie an den Grund, aus dem sie überhaupt hier war und ließ Luzifers Hand verlegen los. „Tja~ also, deswegen bin ich hier. Rehabilitierung. Um meinem Volk mit diesem Hotel die Hand zu reichen. … was mich zum Vorfall von gestern Nacht führt. Würdest du mir also jetzt ein paar Fragen beantworten?“ Luzifer lächelte eine Spur resigniert, rutschte vom Bett und schlurfte zur Mini-Bar. „Da es sich offenbar nicht vermeiden lässt. Schieß los.“, murmelte er und durchforstete den Schrank. Er nahm sich etwas heraus, das wie Kekse und ein Energiedrink aussah und machte es sich damit erneut auf dem Bett bequem; wobei er die Kette allerdings von der Matratze herunter schob. Charlie sah ihm dabei zu und deutete dann auf die Bettkante. „Darf ich?“, fragte sie höflich. „Ist dein Hotel.“, stellte er achselzuckend fest. Charlie setzte sich Luzifer gegenüber, der die Kekspackung aufriss, wodurch bereits die ersten Krümel auf der Decke landeten. „Was ist gestern genau passiert.“, fragte sie und hielt sich ganz in der Pose der aufmerksamen Zuhörerin. Luzifer schob sich einen Keks in den Mund, kaute knuspernd und antwortete ohne vorher zu schlucken. „Du meinst, nachdem ich einem Schicksal als verlorenem Wetteinsatz entkommen bin? Ich bin auf‘s Zimmer vom Boss, weil ich da normalerweise sicher bin. Er war nicht da, aber ich dachte, dem pisst sicher keiner ans Bein. Da platzt dieser brennende Lederfetisch rein, schreit was von wegen „Cherub“ und geht auf mich los. Der jagt mich kreuz und quer durchs Zimmer und versucht mich abzufackeln! Irgendwann konnte ich zur Tür rennen und auf den Flur entwischen. Von da bin ich dann in mein eigenes Zimmer. Hab gehofft, dass er nicht sieht wo ich hin bin und dann die Spur verliert. Das hat dann auch geklappt.“ „Du sagst, du bist zu Herrn Lefkítis ins Zimmer, ja? Wie bist du da reingekommen? Hat er dir den Schlüssel gegeben?“ „Nee, aber mit ner Nadel und 30 Sekunden Zeit komm ich überall rein. Ich dachte halt, die finden mich in meiner eigenen Bude. Brauchen ja nur n Blick ins Gästebuch werfen.“ „Ja, das leuchtet irgendwie ein.“, meinte Charlie, die Luzifers Zimmer ja genau auf diese Weise ausfindig gemacht hatte. „Weißt du, was der Dämon, der dich angriff, von Herrn Lefkítis wollte? Wieso stand er plötzlich im Zimmer?“ Luzifer überlegte sichtlich, während er klackend und zischend die Getränkedose öffnete. „Mmh, da war nicht viel Zeit, bevor er auf mich los ging. Aber ich glaube, er sagte was von wegen, er wolle es jetzt doch mit ihm versuchen. ‚Das Risiko eingehen‘, waren, glaub ich, die genauen Worte. Keine Ahnung ob er das geschäftlich meinte, oder ob das n Date werden sollte. Aber dann sah er mich und, tja, da ging‘s dann auch schon los.“ „Wieso hat er dich mit einem Cherub verwechselt?“ Luzifer trank einen Schluck und setzte anschließend die Dose wieder ab. Dann strich er sich den langen Pony von der rechten Gesichtshälfte und breitete hinter seinem Rücken, die wie von Geisterhand erschienenen, glänzenden, dunklen Schwingen aus. Charlie wurde grünlich im Gesicht. So einen Anblick war man als Kind der Hölle einfach nicht gewöhnt. Mit aller Gewalt unterdrückte sie ein Würgen. „Verstehe. Würdest du...“, presste sie mühsam beherrscht hervor. Sie wollte nicht unhöflich sein, konnte Luzifers Erscheinung aber sichtlich kaum ertragen. Der Gargoyle ließ seine Haare wieder frei über das Gesicht fallen und die Flügel verschwinden. Dass man seinen Charakter zum Kotzen fand, war ihm schon begegnet, aber seine Gestalt? Das war neu. Charlie räusperte sich und ihr Gesicht nahm langsam wieder die gewohnten Farben an. „Entschuldige, aber Danke.“, blinzelte sie verlegen und strich sich mit den Fingern durch das blonde Haar. Luzifer, der inzwischen begriffen hatte, dass er in der Hölle nicht der Renner war, widmete sich wieder seinen Keksen. „Wann, ähm, kam denn dann Herr Lefkítis dazu?“, fragte sie, bemüht, den peinlichen Augenblick zu überspielen. Der Gamer schluckte und wischte sich mit dem Daumen einen Krümel vom Mundwinkel. „Viel später. Da war es schon zwei Stunden oder so her. Er kam zu uns rein und fragte, ob wir wüssten, was mit seinem Zimmer passiert sei. Da hab ich ihm alles erzählt.“ „Uns?“, fragte Charlie aufhorchend. „Ja, uns. Jérôme und mir.“, der Italiener deutete auf das zweite Bett im Schatten an der Wand gegenüber. „War Jérôme denn da, als du vor Glan hier herein geflüchtet bist?“, wollte Charlie wissen. „Nicht sofort. Der begleitet doch immer den Boss zu den Treffen der Obermotze. Ich bin hier rein, schloss die Tür und verkroch mich hinter dem Vorhang. Hab den Motorradfuzzi noch draußen rum wüten gehört. Dann kam Jack dazu. Den hat der Alte dann auch dumm angemacht. Hab gehört wie Jack fauchte. Der lässt sich hier unten von keinem was gefallen. Konnte ihn dann wohl auch abwimmeln. Aber der war trotzdem ganz schön verstört, als er hier rein kam.“ Bis hierher stimmte Luzifers Geschichte mit dem überein, was Lefkítis und der Vampir in Charlies Büro erzählt hatten. Da der Gargoyle überdies einen anderen Wortlaut benutzte, war Charlie gewillt, ihm zu glauben. „Okay Luzifer. Eine Sache noch, dann lasse ich dich wieder in Ruhe. Was hat Herr Lefkítis getan, nachdem du ihm alles erzählt hattest?“, fragte sie und sah den Kleineren eindringlich an. Luzifer fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, holte leise durch den Mund Luft und sah für einen Moment zur Seite. Dann huschte sein Blick wieder zurück zu Charlie und er grinste. „Das willst du wissen, huh? Lass mich raten. Er hat dir irgendeine unheimlich diplomatisch formulierte Story erzählt, die eigentlich gar nichts aussagt, aber gut klingt. Und wenn er einen richtigen Lauf hat, dann ist davon nicht ein Wort gelogen. Du willst wissen, was er getan hat? Wie sehr soll ich da für dich ins Detail gehen? Soll ich dir jede verdammte Minute ausmalen oder reicht es dir, zu wissen, dass er das getan hat, wozu er uns dabei hat?“ In Luzifers Blick trat etwas Herausforderndes. Charlie blinzelte irritiert. Das war nicht die Reaktion, mit der sie gerechnet hatte. Irgendetwas lief hier gerade aus dem Ruder. Da sie keine ausgebildete Kriminalistin war, unterlief ihr jetzt ein entscheidender Fehler. Anstatt zu fragen, was genau er damit meinte, gab sie Luzifer den genauen Wortlaut von Aeneas‘ Aussage wieder: „Ähm, er sagte, er habe euch getröstet. Weil du dich ohne ihn nicht mehr sicher gefühlt hättest. Du hast doch auch gesagt, ihr wart verstört.“ Luzifer grinste. Genau darauf hatte er gehofft. Dieser Teil der Aussage war der einzige, auf den sie sich nicht im Voraus hundert prozentig geeinigt hatten. Jetzt aber konnte er glaubwürdig auf Charlies Frage reagieren. „Es stimmt, was er sagt. Nachdem ich gestern zwei Mal von verrückten Dämonen gehetzt worden bin, war es mir lieber, ihn in meiner Nähe zu wissen. So gesehen hatte es tatsächlich etwas Tröstliches, dass er blieb, um uns durchzuficken. Nach dem Training ist er meistens rattig.“, schnarrte er. Charlie brauchte einen Moment, um diese Aussage zu verarbeiten. Tatsächlich passte jetzt alles wieder. Sowohl Luzifers kleiner Ausraster, als auch Lefkítis rätselhafte Andeutung, er habe Luzifer „etwas ermüden und dann ablenken können“. Als Charlie dergestalt in Gedanken nichts erwiderte, fragte Luzifer vulgär: „Willst du Beweise sehen?“ Seine Finger strichen anzüglich über die Bettdecke, als bräuchte er sie nur zurückzuschlagen, um die Wahrheit seiner Worte zu enthüllen. Dasselbe taten die Finger seiner zweiten Hand mit den Haaren, die über seinem Nacken lagen. Charlie sprang vom Bett auf. „Bei allen Zirkeln, nein! Nein, Danke! Das ist dann doch, äh, zu privat, genau, das geht mich gar nichts an! Danke für das Gespräch! U-und deine Offenheit. Ich denke, die Sache ist damit erledigt. H-hab noch einen schönen Aufenthalt im Hotel. Ich muss dann jetzt auch wieder! Die Aufgaben einer Direktorin und so! Äh, tschüss dann!“ Während sie sprach hatte sie sich immer weiter der Tür genähert und verschwand schließlich winkend und grinsend nach draußen. „Ey! Was ist jetzt mit der Entschädigung?! Ich bin in deinem Hotel gejagt worden! Zwei Mal!“, rief Luzifer ihr nach. „Ich lass dir was auf‘s Zimmer bringen.“, versprach Charlie, die bereits im Begriff war, die Tür von außen zuzuziehen. Draußen lehnte sie sich mit dem Rücken gegen das Holz und atmete auf. Wer hätte gedacht, dass es so prekär sein würde, in diesem Fall Nachforschungen anzustellen. Die nächste Aussage musste sie sich jetzt wohl von Glan holen. Also ging sie ihn suchen. Rhip Der Broker saß beim Frühstück, hatte den ersten Drink des Tages vor sich stehen und schlenkerte nervös mit dem langen Teufelschwanz hin und her. Nicht selten geriet das Ding dabei kleineren Dämonen zwischen die Beine und brachte sie zu Fall, woraufhin sich die beiden Parteien giftig anzischten. Rhip hatte kein gutes Gefühl was Angel Dust anging. Aufgeputscht hatte der Spinnendämon am vergangenen Abend zwar eine glänzende Show abgeliefert, aber hinter der Bühne erlitt er offenbar einen heftigen Anfall von Paranoia, wie man Rhip berichtet hatte. Daraufhin hatte der Triceratopsdämon nun doch Valentino Bescheid gesagt und ihn gebeten, ein bisschen auf seinen Goldjungen aufzupassen. Rhip verriet dem Overlord allerdings nur so viel, dass Angel am vergangenen Morgen bedroht worden war. Es würde gar nichts bringen, wenn der Mottendämon den Tänzer am Ende zusammenschlug, weil er glaubte, Angel nehme sich Freier mit in die Garderobe. Vorausschauend schwächte der Broker die Sache deswegen ab, indem er sagte: „Sicher nur ein eifersüchtiger Fan oder so, aber bevor ihm jemand sein hübsches Gesicht zerschneidet.“ Das sah Valentino ein, aber Rhip wurde dadurch nur wenig ruhiger. Das hier, diese ganze Veranstaltung, war eine große Sache und nichts durfte den Ablauf stören! Zwei Meter weiter brachte einer der von Alastor besorgten Kellner einen armen Sünder an den Nebentisch. Rhip beobachtete die dort versammelten Gäste aus der Oberwelt, einerseits um sich abzulenken, andererseits weil sie das Gefühl als beruhigend empfand, die Fremdlinge im Auge zu behalten. Der recht menschlich wirkende Sünder, den der Kellner anschleppte, sah völlig erschöpft aus. Er wehrte sich nicht, schien aber kräftig genug um sich zumindest auf den Beinen zu halten. Der Kellner brachte ihn zum einzigen Gast am Tisch, der weder einen Sitzplatz noch ein Gedeck erhalten hatte und verkündete schadenfroh: „Darf ich Ihnen das heutige Menü vorstellen? Justin Bergrim, Mitte fünfzig, Vater von vier Kindern, Lehrer für Geschichte und Englisch, ein unheimlich inkompetenter Quälgeist, verbringt seine Freizeit mit Vorliebe essend vor dem Fernseher oder mit Freunden in der Kneipe. Hoffe, er mundet.“ Dem hochgewachsenen, dürren, blonden Bleichgesicht am Tisch begannen die großen, blauen Augen gierig zu funkeln. Er leckte sich die bleichen Lippen. Kurz darauf riss der Vampir das ‚Tagesmenü‘ an sich und stieß geräuschvoll die langen Fangzähne in dessen Hals. Rhip sah gelangweilt zu, wie Justins Haut immer blasser wurde und sein Blick allmählich brach, als ihr plötzlich Arackniss auffiel, der weiter hinten vorbeilief. Verstohlen schlich er in Richtung der Bühnen des Casinos. Wozu er da jetzt hing ging, war leicht zu erraten, denn eine Show fand momentan nicht statt. Rasch stand Rhip auf, um ihm zu folgen und stieß dabei fast mit dem großen, schwarzhaarigen Teufelsdämon zusammen, der gerade vom Nebentisch aufstand, um sich am Buffet Nachschub zu holen. Rhip hatte aber keine Zeit für eine Keilerei und wich dem Größeren aus, anstatt den Zusammenstoß zu provozieren. Arackniss war so klein, dass es sich richtig schwierig gestaltete, ihn zwischen all den Gästen im Auge zu behalten. Gleichzeitig durfte sie nicht so nah aufrücken, dass er seinen Verfolger bemerkte! //Oh nein, du versaust mir das Unterhaltungsprogramm nicht!// dachte Rhip grimmig und stieß die kleine Niffty zur Seite, als sie ihr zufällig in die Quere lief. Der Mafioso stahl sich tatsächlich hinter die Bühne. Rhip beschleunigte ihren Schritt. Sie musste Angel evakuieren, bevor dieser Gnom ihn fand! Als ihr kurz vor dem Ziel ein blond-roter Schemen in den Weg sprang, hätte sie ihn beinahe mit ihren Hörnern einfach niedergemäht, doch im allerletzten Augenblick erkannte sie Charlie. Nun war Rhip allerdings eine Großechse und wenn die mal im Laufen begriffen sind, ist es schwer, ihre Massen wieder zum Stillstand zu bringen. Rhip bremste scharf ab, aber ihr Gewicht trieb sie weiter vorwärts. Wenn sie Charlie nicht niedertrampeln wollte – was wirklich schlecht für ihren Ruf als Broker gewesen wäre – so blieb ihr nur eine Wahl. Im Laufen hob Rhip die schlanke, junge Frau auf ihre Muskel bepackten Arme und nahm sie die letzten Meter ihres Bremsweges mit. Erschrocken klammerte sich die Prinzessin an den breiten, rothäutigen Nacken des Triceratops. Rhip spürte ihr Gewicht kaum. Dennoch war sie froh, als sie sich endlich mit der Schulter hart gegen einen Stützpfeiler fallen lassen konnte und dadurch abrupt zum Stehen kam. Mühsam ihren Zorn beherrschend, setzte sie Charlie unversehrt ab und sah sich dann hektisch nach Arackniss um. Er war nirgends zu sehen. //Verdammt-verfickte Scheiße!// dachte sie grimmig. „Entschuldigt, ich muss...“, fing Rhip grimmig an. Sie wollte sich schleunigst davonmachen, als sie Charlies zierliche Hand auf ihrem Unterarm spürte. „Nenn mich bitte Charlie und das ‚Ihr‘ kannst du auch sein lassen.“, meinte sie freundlich, „Ich muss dich einen Augenblick sprechen! Es geht um die Konferenz.“ Rhip war hin und her gerissen. Natürlich musste sie sich anhören, was die Lokalherrin von ihr wollte, aber sie konnte doch nicht einfach zulassen, dass dieser verrückte Mafioso ihren Startänzer vermöbelte. Ihr gelb-blauer Blick ging zwischen Charlie und dem Bühneneingang hin und her, sie bleckte die Zähne und rümpfte die Nase. Es hätte nicht viel gefehlt und sie hätte unwillig geknurrt. „Ist es wichtig? Eigentlich muss ich ...“, wieder unterbrach die Prinzessin ihre Ausflüchte. „Ja, ist es.“ Rhip sah noch einmal zur Bühne hinüber und ließ sich dann von Lucifers Tochter in ein Separee führen, wo sie unter vier Augen miteinander reden konnten. In Gedanken ging der Broker bereits die Listen durch, wer Angel beim heutigen Abendprogramm ersetzen könnte, falls Arackniss ihn nicht heil ließ. „Rhip.“, riss Charlie sie aus ihren Gedanken, „Was du hier auf die Beine gestellt hast, ist beeindruckend. Alle scheinen sich gut unterhalten zu fühlen. Es gibt mehr als genug zu essen und die Getränke fließen unaufhörlich. Mein Hotel war noch nie so voll.“, begann sie. „Aber?“, fiel Rhip in Charlies Aufzählung ein, um die Sache abzukürzen. Die Prinzessin lächelte bedrückt. „Wow. Du bist sehr direkt.“, bemerkte sie ein wenig pikiert. Verlegen strich sie sich durch das lange Haar. „Spart Zeit.“, kam die grobe Antwort von Rhip. „Nun gut. Mir gefällt nicht, was hier passiert!“, sprach die Hoteldirektion das Problem aus. „Was genau?“, wollte Rhip wissen, „Ich kann die Schuldigen feuern und was anderes besorgen.“, bot sie an. Charlie hob abwehrend die zierlichen Hände. „Nein, das ist es nicht. Es ist alles … toll. Aber … es passt nicht hier her.“ Rhip zog fragend die Brauen zusammen und kratzte sich an einem ihrer Hörner. „Verstehst du?“, drängte Charlie flehend. Aber Rhip verstand sichtlich kein Wort. Charlie seufzte. „Im Happy Hotel sollen sich die Gäste bessern. Aber ich habe das Gefühl, mit dieser Konferenz sind alle sieben Todsünden hier eingezogen. Es wird gespielt, getrunken, am Buffet herrscht die reinste Völlerei, das Programm besteht aus pornografischen und gewalttätigen Darbietungen und ich bin sicher, ich habe schon mindestens drei Dealer im Hotel gesehen rumlaufen sehen! Das Schlimmste ist aber, dass ich gehofft hatte, dieser Besuch aus der Oberwelt würde einen Hauch von Tugend mitbringen. Stattdessen fahren die Overlords in deren Gegenwart zur Hochform auf. Sie überschütten Lefkítis quasi mit unredlichen Angeboten, um ihre Macht und ihren Einfluss auf die Neutrale Zone auszuweiten. Er ist genau so schlimm, wie jeder hier, er kann es nur besser verbergen.“ Sie seufzte, „Und jetzt fangen die Gäste auch noch an, aufeinander los zu gehen. Gestern hat Glan Lefkítis‘ Zimmer verwüstet und nun kann ich ihn nirgendwo finden. Seine Freunde, die er dabei hatte, sind auch abgehauen. Außerdem hat Hugo einen von Lefkítis Begleitern durch das ganze Hotel jagen lassen, in einen Koffer gesteckt und ihn als Wetteinsatz verspielt!“ Rhip hatte während dieser Ausführungen die Arme vor der Brust verschränkt und zugehört. Ihr eingekerbter Teufelsschwanz schlängelte knapp über dem Boden hin und her. Jetzt unterbrach sie Charlies Aufzählung mit einem dreckigen Lachen. „Hat er die lila Kröte also erwischt! Wer hat den Bengel denn gewonnen?“, wollte sie offensichtlich amüsiert wissen. Charlie starrte sie missmutig an. „Niemand! Er konnte noch entwischen. Hast du diese Hetzjagd auf ihn etwa mitgekriegt und nichts unternommen?“ Rhip hob gleichgültig die breiten Schultern. „Die Mehrheit hatte Spaß daran. Ist schlecht für‘s Geschäft, die Party zu stören, wenn sie sich verselbständigt.“ Der Triceratops verstand das Problem immer noch nicht. Was Charlie da aufzählte, hörte sich doch nach einem grandiosen Erfolg an. Wahrscheinlich war die Blondine einfach verrückt, das wusste man ja spätestens nach ihrem Fernsehauftritt, als sie das Hotel zum ersten Mal der Öffentlichkeit vorstellte. Die Prinzessin verzog die Lippen in einer Mischung aus Enttäuschung und Wut. Um den nahenden Gefühlsausbruch zu verzögern, fragte Rhip schließlich, ohne auf Charlies Sorgen einzugehen: „Was sagt denn der Radiodämon dazu?“ Charlie atmete einmal tief durch und regelte ihr Temperament auf ein Level herunter, auf dem sie nur noch traurig über die aktuellen Entwicklungen war. „Mit Alastor habe ich noch nicht gesprochen. Bei ihm hat sich die Idee mit der Konferenz so vielversprechend angehört. Es sind ja auch wirklich viele Leute da und alle haben Spaß hier, so wie er gesagt hat. Aber sie kommen dem Zweck meines Hotels nicht einen Schritt näher! Alastor scheint das alles auch noch zu genießen.“, teilte die junge Frau ihre Bedenken mit dem Broker. Sie schlang die dünnen Arme um ihren Oberkörper und sah nachdenklich zur Seite. „Ich denke, es ist besser, wenn ich die Tagung hier abbreche, bevor noch etwas wirklich Schlimmes dabei herauskommt.“, meinte sie. Rhip horchte auf. Charlies Überlegung gefährdete den Ablauf ihrer so mühsam durchgeplanten Drei-Tage-Konferenz. Das durfte sie nicht zulassen! Zu viel stand dabei auf dem Spiel, unter anderem Rhip selbst. Sie ließ die massigen Arme aus ihrer Verschränkung fallen. „Charlie! Vertrau mir. Ich habe alles im Griff. Solche Sachen gehören einfach dazu. Wir sind Dämonen und das hier ist die Hölle. Du kannst nicht erwarten, dass alle durch das bloße Betreten deines Hotels lammfromm werden. Wenn du jetzt durchdrehst, würde das nicht nur deinen Ruf und den deines Hotels endgültig zerstören, sondern auch meinen und den von Baron von Tross! Willst du denn alle Overlords gegen dich aufbringen? Das wäre der reine Wahnsinn!“, erklärte sie mit erzwungenem Lächeln. Diese kleine Göre fing an, an ihren Nerven zu sägen. Aber in Charlies Augen brannte der Trotz. „Besser ich zerstöre jetzt meinen Ruf, als die Chance auf das Seelenheil meiner Gäste!“, meinte sie entschlossen und ballte die kleinen Fäuste. Rhip packte sie bei den schmalen Schultern und hielt sie fest. Gutmenschen hatte sie schon als Lebende nicht ausstehen können und offenbar kapierte diese Schlampe den Ernst der Lage nicht. „Deine Gäste? Was für Gäste? Du hast Angel und Alastor, mehr nicht. Keiner von denen meint es ernst mit deinem verrückten Plan! Wir haben jetzt Gäste aus der Neutralen Zone hier, Charlie! Es sind hunderte von Dämonen hier! Der Baron hat ein Vermögen für diese Veranstaltung ausgegeben! Alastor hat dutzende von Gefallen eingefordert! Valentino lässt mich vierteilen, wenn die gebuchten Shows hier platzen! Ganz zu schweigen von all den Overlords, die sich ein dickes Geschäft versprechen! Was glaubst du, von wem die alle ihre Verluste ersetzt bekommen wollen, wenn du plötzlich alles absagst?! Die werden erst mich lynchen, dann dich, dein Hotel dem Erdboden gleich machen und dann zu deinem Vater weiterziehen! Kapierst du das? Wenn du jetzt kneifst, aus einer verfickten Laune heraus, dann kostet uns das beide den Kopf, Mädchen!“, zischte Rhip eindringlich auf die Prinzessin ein, deren Gesichtsausdruck währenddessen immer kühler wurde. „Ihr denkt alle nur an euch selbst. Ich versuche, der gesamten Bevölkerung zu helfen. Es geht hier um ein höheres Wohl für alle, nicht um Geldmacherei.“, erklärte sie tonlos. Rhip fletschte die Zähne. Dieses Miststück kapierte es offenbar wirklich nicht! Aber Charlie wäre nicht die erste kleine Hure, der Rhip ihr Zeichen in die Haut ritzen und ihr dann Vernunft einprügeln würde. „Du glaubst, du kannst alles kaputt machen, was ich aufgebaut habe?!“, knurrte sie und ihre scharfen Klauen bohrten sich in die Haut der Prinzessin. „Du tust mir weh, Rhip. Lass mich sofort los.“, befahl sie. Rhip ließ sie los, aber nur um ihre Pranke um Charlies dünnen Hals zu schließen und sie rücklings auf das lila Sitzpolster des Separees zu drücken. „Dir werde ich deine bescheuerten Ideen schon austreiben! Danach wirst du nirgendwo mehr hinlaufen!“, knurrte sie. Mit dieser Drohung auf den Lippen fasste sie nach Charlies Oberschenkel und schob ihr den Rock hoch. Eine Flammensäule peitschte Rhip ins Gesicht und ließ sie schmerzerfüllt vor Charlie zurückweichen. Die ungleichen Augen gegen die beißende Hitze zusammengekniffen schlug sie blind um sich, erwischte aber niemanden. Ihre Haut und Haare fingen so schnell Feuer, dass jeder Versuch, die Flammen auszuschlagen, vergebens blieb. Rasch warf sie sich, brüllend vor Pein, auf den Boden und rollte sich herum, um die Flammen zu ersticken. Von irgendwo aus dem Nichts, kassierte sie einen amtlichen Fußtritt zwischen die Beine, der gegen den brennenden Schmerz der Flammen aber nicht weiter ins Gewicht fiel. Endlich bekam sie den Rand des Fellteppichs zu fassen und rollte sich darin ein. Der dichte Pelz erstickte den Großteil der Flammen, sodass sich der Rest nun doch ausschlagen ließ. Nur ihre dicke Echsenhaut und diese Geistesgegenwart verhinderten, dass sie in der Zwischenzeit nicht längst zu Asche verbrannt war. Dennoch trug Rhip am ganzen Körper Verbrennungen davon und jede Bewegung trieb ihr die Tränen in die Augen. Auf dem angesengten Teppich liegend, mit verschwommenem Blick sah sie sich suchend um, doch Charlie war längst aus dem Separee verschwunden. „Scheiße...“, stöhnte der Triceratops gepeinigt. Er versuchte sich aufzurappeln, musste sich aber hilflos leidend zurück auf den Boden fallen lassen „Verdammte Bitch!“, fluchte sie. Unter unsäglichen Qualen kramte Rhip ihr angeschmolzenes Hellphone aus der Tasche, suchte mit verzerrtem Gesicht die Nummer heraus und rief Alastor an. So knapp wie nur irgend möglich informierte sie den Radiodämon darüber, was Charlie vor hatte und drängte ihn, sie aufzuhalten. Anschließend versuchte sie es bei Valentino, doch der ging nicht ran. „Verfluchter Bockmist!“ Sie konnte Angel nicht einfach seinem Schicksal überlassen, so sehr es dieser ausgelutschte Junkie auch verdiente! Nicht während eine von Rhip organisierte Show lief! Ächzend und teilweise schreiend kämpfte sich der Broker auf die Beine zurück. Der Scheiß an der Hölle war, dass man sich hier alles Mögliche antun konnte, ohne dass man direkt daran starb. Rhips ganzer Körper zog und brannte vor Schmerz. Zitternd stützte sie sich auf dem Sitzpolster ab, doch dann gaben ihre stämmigen Beine nach und sie fiel schmerzhaft zurück auf den Boden. „Verfluchter ... Fuck!“, keuchte sie, als sie endlich aufhören konnte zu schreien, und der Schweiß trat ihr an den Stellen aus den Poren, die noch welche hatten. Bebend vor Anstrengung wählte sie erneut. „алло привет. моя дорогая?“ „… hilf … mir ...“, wisperte sie mit letzter Kraft. Rhip ließ zu, dass ihr das Hellphone aus den feuchten Fingern rutschte. Es fiel und landete sanft in einer großen, aristokratischen, weiß gefiederten Hand. Der Baron von Tross tauchte aus dem Nichts auf. Als hätte er seine Hand schon einmal vorausgeschickt, materialisierte sich nacheinander die Hand, in der das Handy lag, dann der Unterarm, der Oberarm, die Schulter, der Kopf und dann darunter, als fließe er aus einer anderen Dimension in diese Realität, der restliche auf dem Boden neben Rhip kniende Körper. Der Triceratops sparte sich den geknurrten Kommentar „Angeber“, denn es war inzwischen schon qualvoll genug zu atmen. Sprechen ging nicht mehr. „сука блядь.“, stieß der Baron aus. Rhips rot-schwarze Haut war an vielen Stellen bereits mit Blasen und offenen, fleischigen, nässenden Wunden übersät. Tross wagte nicht, den Dämon zu berühren. Hastig zog er ein kleines, dunkelgrünes Notizbuch aus einer Innentasche seines Gehrocks und schlug es mit einer Geste seines Daumens auf. Dann begann er murmelnd daraus vorzulesen, während die langen Finger seiner freien Hand ruhig über Rhips geschundenem Körper schwebten. Der Triceratops stöhnte leidend. Die verbrannten Finger zucken gequält. Sein Atem ging nun rasselnd. Dann begann er zu wimmern, zu stöhnen und zu schreien, als müsse er die geballten Qualen des gesamten Heilungsprozesses innerhalb von Sekunden ausstehen. Der Baron sprach die Formel aus dem Notizbuch zu Ende und wiederholte sie. Ganz langsam wuchs neue rote Haut über die verbrannten Stellen. Die Blasen liefen aus, trockneten ein, die tote Haut fiel ab und offenbarte frisches, geheiltes Fleisch darunter. Schließlich hörte Rhip auf zu zucken und wurde still. Zwar war sie nun von Brandnarben am ganzen Körper gezeichnet, spürte aber keinen Schmerz mehr. Schwer atmend, setzte sie sich auf und hielte sich den Kopf. Der Baron griff einen Humpen aus der leeren Luft und reichte ihn ihr. Rhip nahm ihn und trank ihn in einem Zug aus. „Sind wir jetzt wieder quit, moya lyubimaya?“, fragte er süffisant und eingedenk ihrer Unterhaltung vom Vortag. Rhip sah ihn aus einem gelben und einem blauen Auge heraus grimmig an. Dann packte sie ihn mit einer Hand am Gefieder seines langen Halses, zerrte ihn zu sich hinunter und schob ihm ihre lange, gespaltene Zunge in den Schnabel. Der Baron gab einen leisen, überraschten Laut von sich, schloss dann aber die Augen und genoss den plötzlichen Übergriff. Als Rhip seine Hände auf ihrer Haut spürte, ließ sie ihn los und stieß ihn weg. „Deine Konferenz hat Probleme, Tross. Mein Starakt wird von einem der Hauptgäste bedroht und die Prinzessin will die Tagung beenden. Um das Erste kümmert sich hoffentlich Valentino, aber ich muss nachsehen gehen. Das Zweite wollte Alastor in den Griff kriegen. Aber du musst schleunigst in den Konferenzsaal!“, erklärte der Broker sachlich, schnell und eindringlich. Anatol verzog den Schnabel und strich sich das Gefieder glatt. Ob er nun enttäuscht war, dass Rhip sich ihm entzog, oder ungehalten über die von ihr aufgezählten Störungen, war schwer zu sagen. Einvernehmlich gaben sie sich die Hand und zogen sich gegenseitig auf die Beine. Dann nickte Tross dem Broker zu und löste sich wieder auf. Rhip verließ das Separee und spurtete hinter die Bühne zum Umkleideraum der Darsteller. Der Triceratops stampfte ohne Umwege zu der schmalen Tür mit dem aufgemalten Pentagramm darauf, das die Star-Garderobe kennzeichnete. Ohne zu zögern legte Rhip die Hand auf die Klinke und drückte die Tür auf, um nachzusehen, ob sich Angel darin aufhielt. Er befand sich tatsächlich hinter der Tür. Allerdings war er nicht allein. Das Zimmer war schlimm verwüstet. Praktisch alles, was nicht angeschraubt gewesen war, lag auf dem Boden, war zerwühlt oder heruntergerissen worden. Deutliche Spuren eines oder mehrerer Elektrobrände zierten die Wände und den Boden. Angels dünner, plüschiger Leib war einschnürend mit dicken Kabeln umwunden und wurde von schwarz behandschuhten Fingern aufrecht gehalten. In seinem Mund steckte ein Gebilde aus Latex und Elektronik, das Rhip nicht näher identifizieren konnte, doch es schien ihm tief im Hals zu sitzen. Der Pornostar hatte Tränen in den Augen. Er befand sich eingekeilt zwischen Valentino und Vox. Zu Letzterem gehörten auch die Kabel, die aus Angel ein Bondage Opfer machten. Vox‘ Bildschirm wirkte wie rosa getönt, während der TV-Dämon die schlanken Beine der Spinne gespreizt nach oben drückte und sich genüsslich dazwischen bewegte. Er stöhnte leise, aber voller Lust, weil sich ein ganz spezielles Kabel im Hintern des Pornostars verlustierte. Die schwarzen Handschuhe gehörten zum Mottendämon, der Angels gefesselten Oberkörper eng vor seiner Brust aufrecht hielt und ihm grinsend Gemeinheiten ins Ohr säuselte. Auch seine Hüfte stieß rhythmisch gegen den unteren Rücken seines Tänzers und versenkte ein hartes Stück Fleisch in ihm. Angels spitze, hohe Absätze wippten hilflos in der Luft. Der Schauspieler musste sich vollkommen wehrlos diese Doppelpenetration der beiden Overlords gefallen lassen und es sah nicht so aus, als wäre dem eine Vereinbarung vorausgegangen. Rhip leckte sich bei diesem Anblick mit langer Zunge über die Brandnarbe in ihrem Gesicht. Die wollüstigen Geräuschen der Vergewaltigung, Angels gequältes Wimmern und Valentinos samtige, raue Stimme erfüllten den zerstörten Raum. Angels Blick rutschte hilfesuchend zur geöffneten Tür und blieb an Rhip hängen. Entspannt lehnte sie sich in den Türrahmen+. Zumindest war Angel zwischen Vox und Valentino vor Arackniss sicher, dachte sie gemein, falls er diesen Gewaltfick überlebte. Im Konferenzraum Der hochgewachsene, schwarzhaarige Halbdämon mit den bernsteinfarbenen, schwarz umrandeten Augen hatte den Abend nach der ersten Tagungssitzung damit verbracht, weiter mit Millie zu flirten. Sie war süß, quirlig, sexy und nachdem er seinen Körper mehrfach angepasst hatte, roch er ihr sexuelles Interesse an ihm. Aber jedes Mal, wenn sie zu ihrem Mann hinüber sah, verflog der Geruch. Und sie sah verdammt oft zu Moxxie hinüber; beinahe jeden zweiten Atemzug! Schließlich musste Chorão einsehen, dass Millies Treue außer Frage stand. So eine Schande bei diesen gebärfreudigen Hüften, dachte der Halbdämon verdrossen. Doch als er jetzt seinen Blick durch den Konferenzraum schweifen ließ, fiel ihm ein anderes, begehrenswertes Subjekt auf. Rote Augen, gelbe Iris, ein Becken zum niederknien! Die schlanken Glieder bewachsen von grauem und weißem Fell. Angezogen wie eine nuttige, kleine Rebellin, aber mit Feuer unter dem Pony. Chorão wurde heiß in seiner Haut. Sein Körper begann zu wachsen, Muskeln auszubilden, Reißzähne, Hörner und etwas, das entfernte Ähnlichkeit mit Fell hatte, zu generieren. Sein schlanker Dämonenschwanz wurde dicker und plusterte sich auf, versuchte einer Hunderute zu entsprechen. Derart vorbereitet, schlenderte er in seiner schwarzen Ledermontur hinüber zu der Höllenhündin, lehnte sich neben sie an die Wand und ignorierte sie. Nach einer Weile spürte er ihren Blick, den sie offenbar nur schwer vom Handy losbekam. Dadurch erinnerte sie den Halbdämon an Kjósa, auch so ein Rasseweib mit Kraft in den Schenkeln. Doch er sah gelassen zu Aeneas hinüber, der sich bereits wenige Sekunden nach ihrem Eintreten in den Konferenzsaal wieder von Speichelleckern umringt sah. Vornehmlich waren es Rosie, Asmodeus und Blitzø, die ihn bedrängten. Schon allein beim Zusehen war Chorão heilfroh, dass er hier nicht den Frontmann spielen musste. Die Avancen dieser Schreckschraube Rosie hätte der Peruaner vielleicht noch gefasst ertragen, aber bei ihm wäre es sofort vorbei gewesen mit der Beherrschung, wenn der über einen Meter größere Asmodeus ihn so angefasst hätte! Tatsächlich sah Chorão zu, wie der Herr der Lust seinem Boss lasziv ein paar Schlangenleiber vom Hals zurückstrich und ihm etwas ins Ohr säuselte. Den Halbdämon überlief ein kalter Schauder. „Gehörst du zu dem käsigen Schlangenfuzzi?“, fragte eine patzige Stimme in Höhe von Chorãos Ellbogen. Er ließ den Kopf in ihre Richtung kippen, als bemerke er sie eben erst. Dann zeigte er grinsend sein mörderisches Gebiss. „Ich bin mit ihm hergekommen, ja. Er ist ein Kollege. Ich beschütze ihn ab und an.“, meinte er leichthin über seine vor der mächtigen Brust verschränkten, muskulösen Arme hinweg. Loona grinste respektlos. „Wovor? Sich von zu vielen größeren Kerlen auf einmal vernaschen zu lassen?“, feixte die Höllenhündin rotzfrech. Das nahm dem Peruaner für einen Moment tatsächlich den Wind aus den Segeln. Aber als sie lachte fiel er einfach in ihr dreckiges Gekicher mit ein. „Ha, ja, sicher. Aber ist das nicht dein Boss da drüber, der an seinem Jackettzipfel hängt und ihn ansabbert?“, gab er kernig zurück. Loonas Ohren zuckten nervös, dann ließ sie den gesamten Oberkörper nach vorne fallen und hielt sich die Augen zu. „Das ist Blitzø.“, gab sie unglücklich zu, „Mein Adoptivvater.“, präzisierte sie, „Aber … also ich war da schon fast achtzehn! Das zählt eigentlich gar nicht mehr!“ „Und du begleitest Daddy auf seiner wichtigen Geschäftsreise, wie ein braves Mädchen, oder ist mit dir noch mehr los?“, provozierte er. Ihre Augen funkelten ihn böse an und sie knurrte. „Ich bin die Rezeptionistin von I.M.P., ohne mich läuft da gar nichts, und ich leite auch oft die Außenmissionen!“, bellte sie beleidigt. Dass davon nicht alles so ganz der Wahrheit entsprach, merkte er ihr sofort an. „Ich hatte gehofft, dass du das sagst.“, schnurrte er tief und sein Körper passte sich Atom für Atom mehr ihrem Geschmack an, bis er riechen konnte, dass er ihr gefiel. In diesem Moment tänzelte Velvet an den beiden vorbei. Sie setzte sich neben Kjósa an den Konferenztisch, um ihr sofort zu versichern, wie unmöglich sie aussah. Kjósa stand auf und wollte sich wortlos davonmachen, aber Velvet zog sie auf ihren Platz zurück, machte ungefragt ein Selfie mit ihr und zeigte ihr anhand des Bildes, was der Einsatz von Schönheitskosmetik bewirken konnte. In der ehemaligen Walküre brodelte es und sie musste sich hart zusammennehmen, um der aufgedrehten Social Media Queen ihre Schminktipps nicht mit der dicken Sohle ihrer Kampfstiefel aus dem Gesicht zu treten. Die beiden waren allerdings nicht die einzigen, die sich jetzt setzten, denn Baron Anatol von Tross traf ein und eröffnete feierlich den zweiten Sitzungstag. Chorão und Loona fanden wie zufällig Plätze nebeneinander. Aeneas ließ sich auf Chorãos anderer Seite nieder und damit zwischen ihm und Kjósa, die ungebrochen weiter von Velvet genervt wurde. Als alle saßen fiel erst so richtig auf, dass einige Gäste fehlten, die am gestrigen Tag noch zugegen gewesen waren. Glan und seine Motorraddämonen fehlten, ebenso Vox, Valentino, Charlie und Arackniss. Blitzø, der Aeneas nachgelaufen war, fand sich auf dem zweiten Platz neben Loona ein und wollte ihr erzählen, dass er den „großen, weißen Lutscher“ fast so weit hätte, da ging ihm auf, dass seine Adoptivtochter an einer ganz eigenen Sache dran war. „Wer ist diese halbgare Mischung Loony?“, wollte er skeptisch wissen und ließ Chorão dabei nicht aus den Augen. Doch die Höllenhündin lehnte sich vor und verstellte ihm damit die Sicht. „Niemand, der dich was angeht, Blitzø!“, meinte sie bissig. Der Imp stöhnte genervt und rollte mit den Augen. „Geht das jetzt schon wieder los? Genau wie beim Spring Break! Warum fällst du mir dauernd in den Rücken? Du verbündest dich schon wieder mit dem Feind?!“, hielt er ihr vor und gestikulierte theatralisch mit den Armen in der Luft. Loona war so gereizt, dass sich ihr Fell sträubte. „Ooooaaaarrrr, Mann! Musst du dich in alles einmischen?! Es. Geht. Dich. Nichts. An! Und er ist nicht mal der Feind. Er gehört zu deinem geliebten Schlangenkopf. Boar, geh doch einfach und blas‘ ihm einen, so wie du auch an unser Ticket in die Menschenwelt gekommen bist. Das kannst du doch!“, fuhr sie Blitzø an. Man konnte regelrecht zusehen, wie Loonas Worte den Imp verletzten. Doch dann riss er sich mit einem Mal wieder zusammen und hielt Loona abweisend die flache Hand entgegen. „Schön! Dann kümmere ich mich eben ohne dich weiter ums Geschäft. Das Geschäft, das auch dir einen Arbeitsplatz bietet und das ich als Familienunternehmen aufgezogen habe, damit du es einmal von mir erbst! Wenn dir das nichts bedeutet, fein. Ich komme damit klar.“, und damit wandte er seiner Tochter gekränkt den Rücken zu. Loona erstarrte plötzlich unsicher geworden. Ihr Fell glättete sich wieder. Sie schien zu überlegen, ob sie das Gespräch noch einmal aufnehmen sollte. Aber sie zögerte einen Moment zu lange. Chorão hatte inzwischen den Aufbau seines Körpers für Loona perfektioniert und legte ihr nun lässig einen Arm um die Schultern. „Lass dich von dem Typen nicht runterziehen, der kriegt sich wieder ein. Du bist doch erwachsen, oder etwa nicht?“, knurrte er mit Höllenhundvibes in ihren Nacken. Erfreut sah er, dass sich ihr Nackenfell erregt aufstellte. Während die beiden ihre Köpfe zusammensteckten, erteilte Baron von Tross Sit Pentious als dem ersten Redner des Tag das Wort. Aber Asmodeus drückte Sir Pentious unsanft auf seinen Platz und stand an dessen Stelle auf. Er beugte sich so weit über den Konferenztisch, dass er Aeneas hätte anfassen können. Dann eröffnete der Overlord des Lust Rings dem ebenso eisern wie schmallippig lächelnden Gorgonen zum x-ten Mal, was ihm für eine Art geschäftlicher Kooperation vorschwebte. „Ich spüre, dass du in sexueller Energie geradezu schwimmst, ich will dich für meine Show! Dich und deine Jungs, so viele du willst! Ich bringe euch alle in einem Dschungelsetting auf die Bühne und du wirst unter ihnen wildern, wie ein Jaguar unter Schafen! Das wird ein ‚Todeslustfestival‘! Diese Show wird den ganzen Zirkel um den Verstand bringen. Allein was diese Schlangen alles anstellen könnten!“, geiferte der mächtige Overlord gierig, die leuchtenden Augen weit aufgerissen. Aeneas zeigte seine schlangenhaften Fänge. „So sehr mir das Angebot schmeichelt, ich muss ablehnen. Ich habe eine kontinentale Organisation zu leiten. Dieser Posten erlaubt mir keinen Jobwechsel in deine Branche. So leid es mir tut.“, blieb er höflich. Asmodeus verzog das Gesicht. Es war ihm deutlich anzusehen, dass er davon nichts hören wollte. „Aber du bist eine Goldgrube der Lust, das rieche ich! Ich werde dich nicht einfach gehen lassen. Jetzt wo du hier bist, gehörst du ja praktisch in meinen Einflussbereich. Der kleine, dürre Bursche unter deinem Tisch, kann sicher Lieder von deinem Hunger singen.“, sein langer Arm griff unter die Tischplatte und zerrte Jérôme einmal quer darunter hindurch bis auf seine Seite der Tafel, wo er den Strampelnden in die Höhe riss, sodass alle ihn sehen konnten. „Erzähl uns davon, Kleiner. Nicht so schüchtern. Erzähl uns alles, was er mit dir treibt.“, forderte Asmodeus den Vampir auf, der hilflos in seiner großen Faust zappelte. „Das hier ist keine von deinen Shows, Asmodeus. Niemand zahlt dafür, zu sehen, wie du einen Lustknaben folterst. Ich erzähle dir nachher gerne selbst das eine oder andere, aber im richtigen Rahmen, bei einer guten Flasche vielleicht?“, intervenierte Aeneas erstaunlich ruhig. „Ich muss unserem Gast zustimmen, Ozzie. Wir sind zum Verhandeln hier. Bitte gib dem Herrn sein Eigentum zurück. Ihr könnt das Gespräch nach der Tagung fortsetzen.“, bekräftigte nun auch der Baron. Asmodeus zog einen Flunsch, aber er ließ Jérôme fallen. Der Vampir verschwand flux wieder unter der Tischplatte und kauerte sich hinter Aeneas‘ Stuhl zusammen. „Danke.“, kommentierte der Baron. Er übersprang Sir Pentious und erteilte der Nächsten das Wort. Rosie lehnte sich halb über den Tisch nach vorne und verlangte von Aeneas eine klare Antwort auf ihre geschäftliche Anfrage. Jener blieb gefasst wie den ganzen Tag schon und erklärte ihr, dass er momentan keinen Markt für eine Zusammenarbeit mit ihrem Emporium sähe. Rosie wurde über seine Erklärungen immer wütender. Offenbar hatte sie gehofft, den ausradierten Franklynn durch einen Oberirdischen ersetzen zu können, der ihr in der Hölle nicht ins Handwerk pfuschen, aber ihr dennoch zuarbeiten würde. Währenddessen kamen sich Chorão und Loona immer näher. Endlich rutschte die geschickte, schmale Hand der Höllenhündin in den Schritt des Halbdämons und ihre Pupillen erweiterten sich. Loona gefiel, was sie da spürte. Ungeduldig krümmte sie ihre Finger zu Klauen und riss Chorão mit ihren Krallen den Hosenschlitz auf. Ihre Finger tauchte in den Stoff ab und holten das schwarze Gemächt des Halbdämons hervor, um es sachte zu pumpen. Chorão hatte den Arm auf Loonas Stuhllehne gelegt und zog sie nun noch näher an sich, um ihr schlüpfrige Versprechungen ins erregt zuckende Ohr zu knurren. Sein rutenartiger Dämonenschwanz peitschte ruhelos zwischen seinen Stuhlbeinen. Asmodeus wurde auf die beiden aufmerksam und begann seine Pläne neu zu überdenken. Ein leuchtendes Grinsen erhellte seine Miene. Die Augen der Cthulhu Statue leuchteten rot auf. Endlich erhielt Sir Pentious doch noch das Wort. Er erklärte, sehr an der oberirdischen Waffentechnik interessiert zu sein. Er wolle aber nicht, dass Aeneas die Waffen herunterbrächte. Nur die Baupläne wolle er haben, damit niemand außer ihm die Waffen herstellen könnte. Aeneas gab zu bedenken, dass ihm einiges an Geschäften vorenthalten bleiben würde, wenn er Sir Pentious diese Monopolstellung einräumte. Daher fragte er den Schlangendämon gerade heraus, wie er ihn dafür zu entschädigen gedächte. Pentious bot an, ihm ausgewählte Modelle seiner eigenen Kreationen für die Neutrale Zone zu überlassen. Aber Aeneas setzte ihm auseinander, dass Maschinen, wie Sir Pentious sie gestern vorgestellt habe, in der Oberwelt nur belacht werden würden. Ein Austausch von Bauplänen würde sich auf dieser Basis nicht machen lassen. Daraufhin bot der Overlord an, die Pläne zu bezahlen. Dies scheiterte am fehlenden Wechselkurs der Währung, obwohl sich der Gorgone zuvor bei Baron von Tross erkundigte, ob dahingehend nicht etwas zu machen sei. Die Augen der Cthulhu Statue begannen nun damit, in unregelmäßigen Intervallen aufzuleuchten. Auch wenn dieses Aufleuchten nicht unbedingt der Auslöser für die folgenden Ereignisse gewesen sein musste, so erhob sich doch nur kurz danach Rosie von ihrem Platz und deutete anklagend auf Aeneas. „Wozu bist du überhaupt hier, wenn all unsere Angebote nicht gut genug für dich sind?! Allein dass wir dich hierbehalten könnten, sollte reichen, damit du allem zustimmst!“, warf sie ihm giftig vor. „Ich verstehe Ihren Unmut, werte Rosie, aber es ist nicht meine Schuld, wenn Ihre Angebote mir keinen Nutzen bieten.“, erklärte der Gorgone kalt. Er war es offenbar leid geworden, gegen all diese aufdringlich fordernden Höllenwesen, den netten Sterblichen zu markieren. Er blieb weiterhin korrekt und sachlich, aber die freundliche Eingängigkeit seines bisherigen Tonfalls bröckelte. Loona hielt es nicht mehr aus. Innig verschlang sie ihre Zunge mit der Chorãos. Ihre freie Hand krallte sich nun heftig in seinen Bizeps, während der Halbdämon längst an ihrer Brust und ihrem Hintern spielte. Blitzø, der, als das anfing, die Waffe auf Chorão gerichtet hatte, war von dessen Schweif in den Würgegriff genommen worden, ohne dass Loona es bemerkt hätte. Haltlos rutschte das Paar von ihren Sitzen und unter den Tisch. Doch Blitzø war deutlich zäher als gedacht. Anstatt aufzugeben, oder das Bewusstsein zu verlieren, hob er vor Anstrengung bebend erneut die Waffe, die er trotz allem nicht losgelassen hatte. Krachend gab er drei ungenaue Schüsse auf den Halbdämon ab. Keiner traf, aber Kjósa nahm diese Eskalation zum Anlass, endlich ihre Axt zu ziehen und mit wonnevollem Glitzern in den grünen Augen Velvets Hellphone mit der klobigen Schneide zu zertrümmern. Mit Velvet ging daraufhin eine eigenartige Verwandlung vor sich. Sie mutierte zur Furie. Mit gefletschten Zähnen und hysterisch kreischend warf sie sich auf Kjósa, die nun Mühe hatte, sich gegen die Social Media Dämonin zu verteidigen. Während alle anderen im Raum dem Schauspiel der drei Brandherde zusahen – Rosi vs Aeneas, Blitzø vs Chorão und Loona sowie Velvet vs Kjósa -, sprang krachend die Tür zum Konferenzraum auf und eine ebenso atemlose wie zerzauste Charlie platzte herein, gewaltsam um Fassung bemüht. „Es tut mir sehr leid, aber ich muss die Konferenz hiermit offiziell...“, weiter kam sie nicht, denn aus dem Knäul, das Velvet und Kjósa bildeten, löste sich die Axt und flog mit rasender Geschwindigkeit auf Charlie zu. Die Hoteldirektorin ging blitzschnell in die Hocke, die Arme schützend über den Kopf erhoben. Haarscharf trudelte die Waffe über sie hinweg und auf die offene Tür zu. In bester Stimmung wollten dort gerade Valentino und Vox zusammen hinter Charlie in den Konferenzraum eintreten. Sie bemerkten das drohende Unheil nicht mehr rechtzeitig, um auszuweichen. Dennoch reagierte Valentino instinktiv in letzter Sekunde und duckte sich hinter den perplexen Vox. Die Axt schlug mit voller Wucht in Vox‘ Monitor ein und zerstörte ihn. Große und kleine Splitter fielen zu Boden und der TV-Dämon sackte in sich zusammen. Valentino sah den tonlosen Vox fallen. Die Axt klapperte knapp hinter ihm zu Boden und rutschte gegen Valentinos Schuhspitzen. Grimmig verzog der Mottendämon die Mundwinkel, wahrscheinlich dachte er daran, dass dies auch leicht sein Schicksal hätte werden können. Dann stieg er einfach über die Scherben hinweg. Mit zwei Händen zog er ein großes Maschinengewehr unter seinem Mantel hervor. „Wer war das?!“, rief er schneidend in den Saal. Aus einem Einfall heraus nahm er aufs Geratewohl Aeneas ins Visier. Der Gorgone hatte allerdings einen ganz anderen Kampf zu führen. Asmodeus hatte die Verwirrung genutzt, um wie aus dem Nichts hinter Aeneas‘ Stuhl aufzutauchen. Kraftvoll schlang er ihm den rechten Arm um den Leib und hielt ihn fest gegen seine Brust gepresst, während er dem Albino mit der Linken den Mund zuhielt. So zerrte er den Griechen von seinem Sitz und war drauf und dran, ihn einfach zu entführen, obwohl sich der Gefangene gekonnt wehrte. Jérôme fauchte und griff den riesenhaften Overlord mit Zähnen und Fingernägeln an, wie ein wütender Chihuahua. Der Albino hingegen ließ es auf ein Kräftemessen ankommen und setzte alles daran, Asmodeus‘ Griff zu brechen. Tatsächlich bekam der Dämon damit allerhand Schwierigkeiten, seine Beute festzuhalten. Verhindert wurde die Entführung des Griechen aber letztendlich von Valentino, der in blinder Wut den Abzug seines Maschinengewehrs durchdrückte und wahllos in den Raum zu ballern begann. Vier Kugeln trafen den Herrn der Lust in den Arm, sodass sein Griff einen Augenblick lang schwächelte. Zeit genug für Aeneas, sich von ihm loszumachen und selbst zur Beretta zu greifen. Mit von Zorn erfüllten Augen fuhr Asmodeus zu Valentino herum, doch da hatte es Jérôme bereits geschafft, dem Herrn der Lust in den Nacken zu klettern und biss herzhaft zu. Dabei saß der Vampir so geschickt auf seinem Rücken, dass Asmodeus nicht an ihn herankam. Valentino feuerte haltlos weiter und verhinderte damit einen direkten Gegenangriff durch Aeneas, der die Beretta zwar schon in der Hand hielt, aber bevor er zielen und abdrücken konnte, einen Streifschuss an der linken Schulter und einen Treffer in die Seite kassierte. Nur wenige Schritte daneben griff nun auch Asmodeus‘ Begleiter Fizzarolli in den Kampf ein und zerrte von hinten an Jérôme. Zusammen bekamen sie den blassen Blutsauger schließlich von dem Overlord ab und verpassten ihm anschließend die Prügel seines untoten Lebens. Die Schmerzen durch Valentinos Treffer verzögerten die Reaktion des Gorgonen nur, denn seine Verletzungen ignorierend, feuerte der Mafia Boss schon kurz darauf gezielt zwei Schüsse ab. Beide schlugen unmittelbar nacheinander in Valentinos Waffenarm ein. Die Größe des Kalibers und die gezielten Einschlagpunkte hatten zur Folge, dass Valentino der Arm abgerissen wurde. Blutend und spritzend fiel er mitsamt der Waffe zu Boden. Als die Schüsse aufhörten, ließen Fizzarolli und Asmodeus von Jérôme ab, der keinen Laut mehr von sich gab und stürzten sich stattdessen mit Mordlust in den Augen auf Valentino, als hätten sie nur darauf gewartet, dass ihm die Munition ausging. Angeschlagen konnte sich der Mottendämon nur notdürftig gegen seine Angreifer verteidigen. Es kam ihm allerdings zugute, dass er ja noch drei weitere Arme besaß. Er schaffte es, Asmodeus‘ Hals zwischen seine in Netzstrümpfen steckenden Beine zu klemmen und Fizzarolli mit zwei Armen auf Abstand zu halten. So konnte er mit Hilfe seines dritten Arms an seinem langen Zigarettenhalter ziehen und inhalierte eine mächtige Dosis roten Rauchs. Dann griff nach Asmodeus‘ Gesicht und presste seinen Mund auf die Lippen des Herren der Lust. Von dem Kuss überrascht, ließ Asmodeus versehentlich zu, dass Valentino ihm den gesamten Rauch durch den Mund in die Lunge blies- Valentinos Augen verengten sich zu Schlitzen und ein überlegenes Grinsen breitete sich über sein dunkles Gesicht, als er den Kuss wieder löste. Asmodeus verdrehte bedenklich die Augen. Dünne blassrote Rauchfäden kräuselten sich vor seiner Nase, seinem Mund und seinen Ohren. Dann brach der mächtige, übergroße Overlord high zusammen. „Ozzie!“, kreischte Fizzerolli entsetzt. Doch bevor er zuschlagen konnte, hatte Valentino seinen Zigarettenhalter wieder an die Lippen gesetzt und blies dem Clown eine geballte Rauchwolke mitten ins Gesicht. Als er Fizzarolli anschließend losließ, schmiegte sich der Helfer seinem Herrn in die stattlichen Arme und teilte dessen Rausch. Währenddessen sich Valentino mit Asmodeus und Fizarolli herumschlug, bahnte sich Baron Anatol von Tross einen Weg zu Aeneas, den er als Oberhaupt des sterblichen Besuches sofort in Sicherheit bringen wollte. Wenn Sterbliche in der Hölle zu schaden kamen und das dränge an die Ohren gewisser höllischer Adliger, dann brächte das den Albatrossdämon in massive Schwierigkeiten. „Wir müssen Sie evakuieren. Bekommen Sie Ihre Leute zusammen?“, fragte er eindringlich, sobald er an der Seite des Gorgonen ankam und sich abschirmend über ihn beugte. Aeneas nickte. „да конечно.“, versicherte der Albino. Dann ging er zu Anatols Verblüffung neben Jérome auf die Knie. Der Baron befürchtete schon, es habe den Albino schlimmer erwischt, als es zunächst den Anschein hatte, aber der Grieche hob lediglich den zerschmetterten Leib seines strohblonden Dieners auf seinen Schoß. Schwer atmend schob er den Stoff seiner Kleidung ein Stück weit hoch und entblößte damit die blutende Einschusswunde in seiner Seite. Die Regeneration des Vampirs hatte bereits eingesetzt, aber sie war zu langsam. Aeneas hielt das eingeschlagene, ehemals hübsche Gesicht seines Lustknaben an die Wunde und flößte ihm von dem Blut ein. Nach nicht einmal ganz dreißig Sekunden, schlug er die babyblauen Augen auf. Seine dürren, gebrochenen Finger griffen nach Aeneas und der Vampir zog sich näher an die Wunde heran. Schon leckte seine gierige Zunge die Wunde aus, bis sein Herr ihn nach wenigen Augenblicken mit Gewalt von sich ablöste. Das Blut schien bei dem Vampir allerdings mehr wie ein Aufputschmittel, denn wie ein Heiltrank zu wirken, denn dessen untote Regeneration hatte sich nicht beschleunigt. Der Junge sah immer noch furchtbar aus. „Geh. Hol mein Schmuckstück. Bring ihn her. So schnell du kannst!“, befahl er dem mit großen Augen bettelnd zu ihm aufsehenden Jungen. Knackend richteten sich die gebrochenen Knochen in dem dünnen Leib. Dann zog sich der Vampir zurück und war in einem Wimpernschlag verschwunden. Schneller als das Auge folgen könnte, zwängte sich Jérôme in dem Getümmel zwischen Beinen, fliegenden Fäusten und Leibern hindurch bis zur Wand und huschte dann daran entlang hinter Valentino vorbei zur Tür, der sich gerade bückte, um sein Maschinengewehr wieder aufzuheben. Kaum eine Sekunde später ertönte eine weitere Salve Schüsse. Doch da war Jérôme bereits nicht mehr im Saal. Knapp fünfzehn Sekunden später stoppte der Blonde an der Tür zu seinem Zimmer und betrat es im Normaltempo. Luzifer sah nicht einmal von seinem Spiel auf. Der Vampir durchquerte auf seinen hohen Absätzen stöckelnd den Raum und fasste den Gargoyle am Handgelenk. „Die untoten Grabscher weg!“, verlangte Luzifer träge ohne den Blick vom Bildschirm der kleinen Konsole zu nehmen. Aber Jérôme packte ihn unsanft am Gesicht und drehte es zu sich, sodass er ihn ansehen musste. „Wir gehen. Er sagt >so schnell du kannst<.“, informierte er den Gamer. Luzifer blickte nun teils angewidert, teils schadenfroh zu dem Blonden auf. „Irg. Was haben Sie mit Dir angestellt? Du sieht ja noch toter aus als sonst! Und jetzt soll ich mich wieder von dir tragen lassen, oder was? Vergiss es. So eilig wird es schon nicht sein.“, murrte Luzifer. Er sah dabei aus wie ein unglücklicher Fisch, weil Jérôme ihm die Wangen eindrückte. „Da unten ist Krieg, du dumme Schlampe. Ace ist angeschossen! Sein kostbares Blut läuft aus!“, begann er aufgeregt zu kreischen, „Komm mit, oder ich sage ihm, ich hätte dich nicht gefungen.“ Luzifers Augen weiteten sich erschrocken. Um nichts in der Welt wollte er hier in der Hölle zurückgelassen werden. Er mochte die Skulptur des gefallenen Engels sein, Verständnis für das Original haben und ähnliche Laster, aber er gehörte der irdischen Welt an! Sein Puls beschleunigte sich. Das Beste, das ihm hier unten passieren könnte, wäre, als Besitz des richtigen Lucifer zu enden und wie er dort wohl behandelt würde, wollte er sich nicht einmal vorstellen. Hastig steckte sich der Italiener die Konsole in den Hosenbund und schlang dann beide Arme um Jérômes Hals. Der Vampir hob ihn sich auf die knochige Hüfte, sodass Luzifer sich an ihm festklammern konnte und er ihn nicht zu stützen brauchte. Dann rannte er wieder zurück. Allerdings war er mit seiner unbequemen Last nicht ganz so schnell und er lag auch nicht mehr so gut in der Kurve wie zuvor. Für seine schmalen 166 cm wog Luzifer nämlich so viel wie ein Charoit von dieser Größe. Rhip kam etwa zehn Minuten nach Valentino und Vox im Konferenzraum an. Sie war nach dessen Akt mit Angel Dust, den sie wie ein Voyeur beobachtet hatte, angewiesen worden, Angel für seinen Auftritt am Abend wieder fit zu machen. Dementsprechend hatte sie den Spinnendämon von dem Vibrator in seinem Mund befreit, ihn vom Boden aufgelesen und ihn in die Dusche geschafft. Er hatte sehr gereizt auf ihre Hilfe reagiert und schrie sie pausenlos an, ihn in Ruhe zu lassen. Er war zickiger als eine schwangere Ziege. Schließlich stellte sie sein Gezeter ab, indem sie ihm einen Beutel seiner Droge vor die Nase hielt und drohte, das Zeug selbst zu behalten, wenn er nicht sofort sein dummes Hurenmaul hielt! Als Rhip den Konferenzraum betrat, verstand sie sofort, was sie sah. Die Konferenz war hier offiziell gescheitert. Charlie kniete paralysiert am Boden. Alastor stand breit grinsend in der Ecke und kommentierte die Geschehnisse, wie ein Sportreporter ein Footballspiel im Radio. Auf dem Konferenztisch prügelten sich Kjósa und Velvet. Chorão und Loona knutschten und fummelten halbnackt darunter. Chorãos Rute hielt immer noch Blitzø im Würgegriff. Moxxie und Millie standen etwas Abseits und wussten nicht so recht, wem sie jetzt helfen sollten. Vox lag zertrümmert am Boden. Sir Pentious hatte zwischen seinen eierförmigen Schergen Schutz gesucht. Asmodeus und Fizzarolli lagen sich high in den Armen. Valentino hatte sein Maschinengewehr mit zwei seiner verbliebenen Hände aufgehoben und feuerte nun erneut auf Aeneas, der mit dem Baron zusammen kurzzeitig Deckung gesucht hatte. Der Zuhälter wollte sich an dem Gorgonen für den Verlust seines Waffenarms rächen. Diesen Zusammenhang kannte die eben erst angekommene Rhip natürlich nicht. Sie sah nur, dass Valentino feuerte, der Baron aufstand und anfing, ihn zurechtzuweisen und dann plötzlich zu Boden ging. Valentino hatte Anatol getroffen! Charlie saß immer noch verzweifelt am Boden, an genau derselben Stelle, wo sie wegen der heranwirbelnden Axt in die Hocke gegangen war. Fassungslos beobachtete sie das Desaster. Ihre Pupillen huschen herum wie panische rote Käfer. Erst als direkt neben ihr Stöckelschuhe anhielten und jemand an ihrer Schulter zerrte, konnte sie sich aus ihrer Erstarrung lösen und sah auf. Rosie stand mit sauer verkniffenem Gesicht über ihr und redete auf sie ein. Charlies Gehirn blendete sie noch eine Weile aus, aber schließlich drang Rosies Stimme doch in ihr Bewusstsein. „...-fassbar! Ich gehe hier nicht eher weg, als bis ich eine Entschädigung für diese Enttäuschung bekomme! Nicht dass ich etwas anderes von dir erwartet hätte Charlie. Du bist und bleibst eine Lachnummer. Gib endlich auf und überlass das Business Leuten, die ...“ Doch Charlie hatte sich wieder gefangen und Rosies Wut sprang auf sie über. Entschlossen schlug sie Rosies Hand weg und setzte mit einer weiteren Geste Rosies Kleid in Brand. Schreiend und fluchend rannte die Geschäftsfrau brennend aus dem Raum, direkt an Rhip vorbei. Sir Pentious hatte jetzt genug vom Verstecken. Er wuchtete seinen Schlangenleib furchtlos auf den Konferenztisch. Seine Schergen reichten ihm ein enormes Gerät von Waffe nach oben, das sie ihm in Windeseile zusammengebaut hatten. Er zielte auf alles, das sich bewegte. Pentious schien vor allem die Mitarbeiter von I.M.P. im Visier zu haben, die sich nun beeilten, das Weite zu suchen. Blitzø hatte sich aus Chorãos Rute freigebissen und sich auf ihn gestürzt. Nun prügelten sich die beiden unter dem Tisch, während Loona zu Moxxie und Millie kroch. Die unterschiedlichen Körpergrößen der Kämpfer sorgten auf diesem Terrain für den Ausgleich der Kräfte. Chorão stieß häufig von unten gegen die Tischplatte, während Blitzø sich flink wie ein Aal bewegen konnte. Dafür hatte Chorão die größere Reichweite und Kraft. Die halbnackte Loona wurde von Moxxie und Millie in die Mitte genommen. Unter dem irren Dauerbeschuss von Sir Pentios beschwor sie ein Portal, durch dass sich schließlich auch Blitzø mit einem Hechtsprung rettete. Allerdings nicht ohne Chorão noch den Mittelfinger zu zeigen. In dem Trubel bemerkte niemand, wie der Stellvertreter Mammons heimlich die Statue Cthulhus mitgehen ließ und ebenfalls durch das Portal huschte. Rhip hechtete los und wurde als Nächste von dem Schlangendämon unter Beschuss genommen. Sie sprang durch den Kugelhagel, landete seitlich, die Füße voran auf der Hüfte und kam schlitternd bei Tross an. Ohne Zeit zu verlieren, kam sie auf die Knie und schleifte den Baron wieder zu Aeneas in Deckung. Dort riss sie dem Albatrossdämon die Weste samt Hemd auf, um die Wunden zu suchen. Der Baron lächelte scherzerfüllt und ließ zu, dass sie seinen gesamten Oberkörper freilegte. „Also bin ich dir doch nicht egal.“, mutmaßte er glücklich, nur um schließlich zuzugeben, „Es ist die Schulter.“ Rhip sah zu ihm auf und peitschte ihm mit ihrem Schwanz knallend ins Gesicht. Da ließ er zu, dass sie zuerst seinen halben Körper abtastete, bevor er ihr sagte, dass es nur die Schulter sein?! Arschloch! Durch den peitschenden Schlag zierte nun eine blutende Schramme das Vogelgesicht des Barons, doch er nahm es schweigend hin. Bevor Rhip ihn allerdings noch, wie ein Metzger, zerlegte, um die Kugel zu entfernen, kümmerte er sich lieber selbst mit Magie um die Wunde. Dasselbe bot er anschließend auch Aeneas an, der dankend annahm. „Worauf wartest du noch? Bring die Sterblichen hier raus, bevor diese Wichser sie erschießen!“, drängte Rhip und stieß Anatol fordernd an. Da sich nun aber niemand außer Valentino mehr in Pentious Blickfeld befand, der sich bewegte, nahm er kurzerhand diesen ins Visier. Der Schuss traf den Mottendämon mitten in die Brust. Valentino stolperte rückwärts, ließ die Waffe fallen und sank schließlich an der Wand zu Boden. Blut quoll aus seinem Armstumpf und aus der Brustwunde. Sir Pentious erwischte derweil Chorão, als jener nach der Flucht von I.M.P. kurz unter dem Tisch hervorgerobbt kam, um sich zu Aeneas, Rhip und Tross zu gesellen, deren Deckung sich ein Stück weiter weg befand. Er schaffte es dennoch dort angekommen. In der Deckung lehnte er sich an Aeneas‘ breiten Rücken und griff sich in die Wunde am Bein, um die Kugel herauszuholen. Er unterdrückte ein Ächzen. Doch bald hatte er sie und warf sie weg. Dann stoppte er die Blutung, indem er seinen Körper dementsprechend anpasste. Zu mehr reichte es allerdings nicht. Ein wenig erschöpft sah er den Baron an, dessen Angebot der magischen ersten Hilfe er abgelehnt hatte. „Normalerweise verschlinge ich Dämonen, um mich wiederherzustellen.“, ließ er Anatol lächelnd wissen. Der Baron lächelte zurück, griff aber instinktiv nach Rhip. „Dann möchte ich Sie bitten, heute eine Ausnahme zu machen und damit zu warten, bis Sie wieder zu Hause sind.“, entgegnete er freundlich und zog Rhip schützend in seine Arme. Chorão nickte. In diesem Moment tauchte Jérôme bei der Gruppe auf und setzte Luzifer ab. „Kotz. Das ist echt die beschissenste Art zu reisen, die man…“, fing er an, doch da sauste eine Kugel von Pentious nur knapp an seinem Nacken vorbei und Luzifer ließ sich sofort fallen. Zu Charoit verdichtet kauerte er nun nah am Boden und sah sich vorsichtig um. „Was ist hier los?“, fragte er sachlich. Er war einst als Statue von Zauberern zum Leben erweckt worden, um an einem magischen Krieg teilzunehmen. Ein Gargoyle-Erweckungszauber hatte ihn wohl versehentlich miterwischt. Aber dadurch war er ziemlich abgebrüht in solchen Situationen, was an der Seite eines Mafia Bosses eine eher nützliche Eigenschaft war. Endlich hob Aeneas den Arm mit der Beretta erneut, zielte lang und schoss. Sein Schuss traf Pentious direkt zwischen die Augen. Der Schlangendämon fiel hinten über und zermatschte dabei ein halbes Dutzend von seinen Schergen. Jetzt hörte man nur noch Kjósas und Velvets Kampfgeschrei, Jérômes sehnsüchtiges Fiepen nach dem Blut und das schwere Atmen diverser angeschossener Männer im Raum Als der Beschuss endlich aufhörte, krempelte Charlie die Ärmel ihrer Bluse hoch, stand auf und begann, aufzuräumen! Sie trennte Kjósa und Velvet voneinander, die sich gegenseitig dermaßen die Kleider zerfetzt und die Gesichter zerkratzt hatten, dass sie aussahen, als hätten sie Monate lang im Urwald überleben müssen. Zwischen den beiden Kämpferinnen stehend entschuldigte sie sich für den Aufruhr und bat Velvet zu gehen. Die Social Media Queen dachte gar nicht daran, bis Charlie sie auf den wie leblos am Boden liegenden Vox aufmerksam machte. Auf der anderen Seite informierte sie Kjósa über den Zustand ihres Bosses. Daraufhin bedachten sich die beiden Frauen noch einmal mit wüsten Gesten und gingen dann wortlos auseinander. Velvet sammelte Vox‘ Bildschirmteile vom Boden auf, legte sich seinen Arm über die Schultern und schleppte ihn aus dem Raum. Für Valentino, der neben dem Eingang am Boden saß, hatte sie im Vorbeigehen nur einen gepfefferten Tritt übrig. Kjósa fand sich an der Seite von Aeneas ein und besah sich dessen bereits versorgte Schusswunde. Da nun alle Kämpfe gestoppt waren, sah sich Charlie erneut im Raum um und erblickte Alastor. Er war Schuld daran gewesen, dass sie erst so spät im Konferenzraum ankam. Aber das ahnte sie nicht. „Alastor. Kannst du dich um Valentino kümmern? Ich muss nach dem Baron sehen und die Gäste...“, begann sie, als sie auf ihn zutrat. Aber sein breites Lächeln ließ sie irritiert verstummen. „Es ist doch gerade alles so herrlich interessant gewesen.“, flötete er glücklich. Da begriff sie, dass er sich in all dem Chaos köstlich amüsiert und nicht eine Minute lang daran gedacht hatte, irgendetwas davon zu verhindern. Sie sah ihn streng und enttäuscht zugleich an und seufzte. „Ich hätte mehr von dir erwartet.“, meinte sie tadelnd, aber es steckte auch ein wenig Resignation in ihren Worten. Sie ging zum Baron und warf einen langen Blick auf Rhip. Sie fürchtete nun, dass Rhip recht gehabt hatte, als sie meinte, dass jene zwei Gäste, die sie vor dem schändlichen Einfluss der Hölle schützen wollte, einen Scheiß auf ihre Bemühungen gaben. Rhip hingegen verengte ihre ungleichen Augen zu Schlitzen und blieb in den schützend um sie gelegten Armen des Barons stehen. Das war immer noch besser, als sich wieder abfackeln zu lassen. Anatol versicherte Charlie, dass sie ruhig gehen und sich um ihr Hotel kümmern könne, er selbst würde die Gäste zurück in die Oberwelt bringen. Die Sterblichen und sogar der Vampir sahen übel mitgenommen aus. Charlie wechselte noch ein paar bedauernde und höfliche Worte mit Aeneas, Kjósa und Chorão und fügte dann hinzu: „Ich denke, es ist besser, wenn wir nach dieser Erfahrung keinen Kontakt mehr miteinander aufnehmen. Es bringt zu viel Unruhe.“ Aeneas gab ihr zustimmend die Hand darauf. Dann wandte sich die Prinzessin unerwartet an Luzifer, der als einziger Gast aus der Neutralen Zone unversehrt geblieben war. „Ich hoffe, du findest weiterhin deinen Weg, Luzifer. Und ich hoffe, dass irgendwann auch dir jemand die Hand reichen wird.“, wünschte sie ihm und bezog sich dabei auf das Gespräch, das sie am Morgen miteinander in seinem Zimmer geführt hatten. Der Gargoyle verstand was sie meinte. „Das wünsche ich dir auch.“, antwortete er und wirkte dabei vollkommen aufrichtig. Dann nickte Charlie und lief rasch zu Valentino. Der ließ sich notgedrungen von ihr auf die Beine helfen ließ. Charlie musste ihn sehr stützen. Sie führte ihn aus dem Raum und setzte ihn an die nahe gelegene Bar, wo Husker ihm missmutig einen Drink einschenkte. Valentino stürzte das Gesöff hinunter und verlangte direkt einen weiteren. Husker schenkte nach. „Kannst du bitte seine Wunden versorgen?“, bat Charlie den Barkeeper. „Seh ich aus, wie ein verkackter Doktor?“, gab Husker unfreundlich zurück. Da lugte plötzlich ein merkwürdiger, pink-weißer Fellpuschel hinter der Theke hervor. Schlanke Finger griffen nach der Tresenkante und Angel Dust zog sich auf Huskers Seite der Bar hoch, bis er die Arme auf die Platte legen konnte. Er hatte sich offenbar bei Husker versteckt gehalten, wodurch Arackniss ihn in der Garderobe und hinter der Bühne natürlich nicht finden konnte. Nun stützte er sich lasziv auf den Tresen, seufzte theatralisch und rollte mit den Augen. „Keine Sorge, Prinzessin. Ich kümmere mich um Val und bringe ihn nach Hause.“, versicherte er. Valentino schenkte ihm ein dreckiges, wenn auch etwas kraftloses Grinsen. Aeneas sah Luzifer durch seine verspiegelten Brillengläser hindurch an, als wolle er ihn fragen, was dessen kurzes Gespräch mit Charlie eben zu bedeuten hatte. Aber er fragte nicht. Eine seltsame Stille legte sich über den Konferenzraum. Nur noch die Sacrosanctus, Tross, Rhip und Alastor waren anwesend und bei Bewusstsein. Alastor trat an die Gruppe heran und wartete breit lächelnd, bis er sicher war, dass wirklich jeder, der konnte, zu ihm aufsah. Dann verbeugte er sich schwungvoll und bedankte sich für die gute Unterhaltung. Anschließend schlenderte er fröhlich hinaus. Kjósa und Chorão sahen sich an und tippten sich dann mit den Zeigefingern gegen die Schläfen. Sie waren sich einig, dass dieser Typ sie nicht mehr alle hatte. Nachdem Alastor weg war, ergriff Anatol von Tross das Wort. „Nun gut. Es tut mir leid, wie sich das alles entwickelt hat. Offenbar sind Ober- und Unterwelt wohl doch nicht ohne Grund voneinander getrennt. Sie werden daher hoffentlich nichts dagegen haben, wenn ich Sie nun nach Hause bringe.“, meinte der Baron ein wenig geknickt. So hatte er sich das Ganze nun wirklich nicht vorgestellt. Rhip befreite sich aus seinen schützenden Armen, als er das dunkelgrüne Notizbuch hervorholte, um ein Portal zu beschwören. Anschließend packte er das Büchlein wieder in sein Jackett. Er wirkte nun fast niedergeschlagen. „So sollte die Veranstaltung wirklich nicht enden.“, sagte er ehrlich betrübt. Allerdings schien keiner von den Anwesenden so recht in Stimmung zu sein, ihn zu trösten. Durch das offene Portal in die neutrale Zone ging außerdem mit Jérôme eine beachtliche Wandlung vor sich. Das Blut seines Herren machte ihn plötzlich rasend vor Verlangen. Kjósa musste ihn festhalten, sodass er damit begann, sich selbst zu beißen, weil er seine Gier nicht beherrschen konnte. Kjósa nahm den dürren Kerl bei den Schultern und stieg mit ihm als Erste durch das Portal. Kaum war der Vampir weg, löste Luzifer seine Charoitform auf. Dann ging er zu Rhip und streckte ihr die Hand hin. „Danke für die Gastfreundschaft. Ich hoffe, wir sehen uns nie wieder.“, meinte er zynisch. Rhip grinste bedrohlich und schüttelte ihm die kleine Hand. Dann ging Luzifer weiter zum Baron und umarmte den knienden Dämon zu jedermanns Überraschung auf Brusthöhe. „Nimm‘s nicht so schwer, Mann. Das ist die Hölle. Wir haben alle damit gerechnet, dass es hier höllisch abgeht und sind nicht enttäuscht worden. Es war furchtbar!“, meinte er grinsend, „Bitte laden Sie uns nie wieder ein.“ Anatol trug es mit Fassung und Würde. Wenn die Gruppe aber geglaubt hatte, von Luzifer bereits überrascht worden zu sein, dann fielen ihnen jetzt sämtlich die Kinnladen herunter. Anstatt sich, wie erwartet, sofort durch das Portal aus dieser Hölle zu retten, ging Luzifer zurück und tauchte unter Aeneas Arm ab, als wolle er ihn stützen. Das war allein schon wegen des Größenunterschieds lachhaft, ganz zu schwigen davon, dass der kleine Kerl niemals das Gewicht des Gorgonen tragen könnte. Aber Aeneas nahm die Geste als Anreiz, um aufzustehen. Chorão trat an seine andere Seite, sodass sich Aeneas notfalls auf ihn stützen konnte. „Leben Sie wohl, Baron von Tross.“, verabschiedete sich der Gorgone und stieg dann begleitet von seinem Schmuckstück und seinem Waffenboss durch das Portal, das sich kurz darauf hinter ihnen schloss. Rhip sah zu Tross auf. „Tja, das war ein sauberer Griff ins Klo. Ich kann froh sein, wenn Valentino mich nach diesem Desaster noch leben lässt.“, meinte sie sauer. „Ich werde ihn abfinden.“, versprach Anatol traurig, „Ich hatte wirklich geglaubt, ...“ „Und was ist mit mir?!“, fiel ihm der Triceratopsdämon ins Wort. Der Baron blickte verständnislos auf sie herab. „Wie meinst du das?“, fragte er nach. „Was ist mit meiner Abfindung? Ich habe drei Tage Konferenz organisiert und muss jetzt einer Menge Leute absagen, die alle ihr Geld wollen.“, erklärte Rhip fordernd. Es hätte nicht viel gefehlt und sie hätte noch dreist die Hand aufgehalten. Anatol seufzte tief. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)