Underworld III von Tomanto (In Teufelsküche) ================================================================================ Kapitel 11: Ein Ort für uns --------------------------- ~ Hans' Sicht ~ Ich glaube, ich wurde etwas zu weit teleportiert. Das hier ist nicht das innere Gewölbe des Schlosses. Nur, wo bin ich dann? Der Raum ist groß, rund und riecht nach Parfüm. Kerzenschein erhellt die Umgebung nur spärlich. Seidene violette Vorhänge erstrecken sich so ziemlich überall, der Boden ist aus Marmor und ein großes rundes Bett steht auch hier. Das ist alles, was ich erkennen kann. Etwa ein Schlafzimmer? »Na hoppala«, erklingt eine Frauenstimme hinter mir. Eine elegante junge Dame mit langem braunen Haar in einem antiken Gewand sitzt an einem Schminktisch und trägt roten Lippenstift auf. Sie hat mir den Rücken zugekehrt. »Verzeih mir, dass ich dich abfangen musste, aber ich konnte es einfach nicht lassen!«, singt sie und klingt bei ihrer Wortwahl ein bisschen wie meine Mutter, die sich mal wieder nicht zurückhalten konnte und zu viele Klamotten gekauft hat. »Ähm, entschuldige bitte die Frage, aber wie-, wer-?«. »Ich sagte einst, dass ich mich über einen Besuch von dir freuen würde, Hans. Und siehe da, du bist gekommen. Ich mag zuverlässige Männer«. Sie erhebt sich und dreht sich endlich zu mir um. Ihr Gesicht ist makellos schön, der Lippenstift steht ihr vorzüglich und ihre Toga betont durch eine Art Silbergürtel ihre Kurven. »Na, erkennst du mich jetzt?«. Also irgendwo in meinem Kopf klingelt etwas. Sie kommt mir bekannt vor, nur ich komme nicht darauf.. Sind wir zusammen zur Schule gegangen? Nein, das ist es nicht. Ok, das war miserabel geraten. Mein damaliger Schwarm Julia hat ja auch keine magischen Kräfte, mit denen sie Teleportfeuer umlenken kann. Oder etwa doch?? :0 Die Frau lacht. »Du bist manchmal nicht sehr helle, was?«. Ihr Lachen erinnert mich an Marys, so wie sie die Nase krauszieht auch. Und obwohl sie mich anscheinend auslacht, fühle ich mich kein bisschen beleidigt. Sie klingt auch nicht gehässig, nur verspielt. Ich blinzle die Ähnlichkeit weg und konzentriere mich. »Ich habe das Gefühl, ich bin schon einmal hier gewesen«, gebe ich zu. Sie streicht sich eine Strähne hinters Ohr, die sich an den Enden zur Locke kräuselt. Die Frau kommt näher. »Aha, und weiter?«. Sie ist genauso groß wie Luzifer und bewegt ihr Handgelenk genauso elegant. Ihre Stimme ist tief und samtig, wie die einer Blues Sängerin. »Ich gebe dir einen Tipp«, sagt sie und nimmt sich ein Kissen von ihrem Bett, »Das hier habe ich nach meinem Ex geworfen und du hast gelacht«. Jetzt trifft mich die Erinnerung wie ein Schlag (lustige Sachen merke ich mir am besten). »Du bist Aphrodite!! :0«. »Mhm!«, gluckst sie knuffig. »Du hast mir damals mit meinem Auftrag geholfen! Ich war mit Luzifer hier, kurz bevor er mich—«. Ich breche ab. Da war ja was. »Interessant«, sagt sie und tänzelt um mich herum, »Du wirst ganz verlegen, wenn du an ihn denkst. Luzifer Devil~ Der Herzensbrecher. Und die Schönheit von Andros~ . Mein Charme hat euch beide benebelt«. Sie mustert mich prüfend von allen Seiten. »Oh weh, und Eros gibt euch den Rest«. Sie lacht wieder. »W-Was soll das bedeuten?«. »Nein, wie tragisch!«, kichert sie. »Was ist tragisch?«. Die Göttin stellt sich direkt vor mich und schaut mir tief in die Augen. Dann wird ihr Ausdruck ganz melancholisch. »Oh, du armes Ding! Du bist zwiegespalten. Zwei Lieben zerren an deinen Gefühlen, es zerreißt dich schon fast«. Ich halte inne. Bestimmt weiß sie so etwas auf magische Weise. Als Göttin der Liebe und so. Ihr kann man wohl nichts vormachen. Sie tätschelt meine Wange. »Ach Mäuschen..«, sagt sie ganz mitleidig, »Eine schwere Bürde ist dir aufgebunden worden. Das Schicksal hängt von dir ab, kleiner Held«. Das Schicksal.. Oh Mann, das macht mich nervös. Muss ich die Welt retten? Von welcher Bürde sprechen wir hier? »Warum hast du mich hergeholt?«. Sie nimmt die Hand runter und schmunzelt. »Erst wollte ich sehen, was das für starke Energien sind, die von dir ausgehen. Und ich muss sagen, ich bin beeindruckt. Du wirst mir noch eine fesselnde Geschichte erschaffen, die ich auf keinen Fall verpassen will. Aber sei gewarnt. Die Liebe verlangt manchmal große Opfer«. Die Worte kreisen durch meinen Schädel, als ob dieser versuche sie einzufangen und einen Sinn daraus zu finden. »Du bist mir ein Rätsel, Lady«. »Ich tue, was ich kann, aber nicht mehr als ich darf«, meint sie und wendet sich von mir ab und summt im Gehen einen Singsang vor sich her. »Der Herzensbrecher oder die Flammenrose. Wer wird gewinnen? Das ist ja so aufregend!«. Ein Opfer also.. Noch dazu ein großes. Wie auch immer mein Schicksal aussieht, werde ich es damit erfüllen? »Äh, hey, du kannst mich doch nicht einfach stehen lassen. Was für ein Opfer wird das sein? Und wozu? Sag mir, was ich tun soll!«. Aphrodite schreitet elegant zur Tür und lächelt mich geheimnisvoll an. »Bald wirst du es verstehen. Oh, und eins noch: Er mag es am Schweif ;)«. Mit diesen Worten verlässt sie den Raum und zaubert mich fort. Ich bin sicher, was auch immer da gerade los war, ich sollte es nicht vergessen. Götter haben meist nur kryptische Beschreibungen und vage Vorahnungen zu bieten, wenn es darum geht, Auskunft über die Zukunft zu bekommen. Es macht mich stutzig, dass sie mich einfach so aus dem Nichts ge-teleportfeuer-nappt hat. Aber vielleicht hat sie nicht mich heraufbeschworen, sondern ich sie. Um ehrlich zu sein bin ich wirklich ziemlich verwirrt. Ich weiß nicht recht, wo ich hingehöre. In die Hölle, zu Luzifer und den anderen, wo ich nach meinem Tod aufgenommen wurde? Oder auf die Erde, zu meiner wunderbaren Familie, mit der ich von Anfang an glücklich hätte zusammenleben können, wäre ich nicht verfrüht dahingeschieden? Das ist alles so schwer herauszufinden. Aber ich glaube, Aphrodite will mir bei der Suche helfen. :) Die Lage im Schloss ist angespannt. Ich allerdings glaube, dass Luzifer bestimmt alles unter Kontrolle hat. Ich war dabei, als er es mit einem waschechten Drachen aufgenommen hat! Also wenn man mich fragt, gibt es keinen Ort an dem ich mich sicherer fühle als hier. Und dabei bin ich in der Hölle, schon ironisch. Trotzdem müssen wir in Sicherheit bleiben, bis die vermeintliche Gefahr vorüber ist. Nach meinem ungeplanten Besuch im Hause Aphrodite sitze ich nun bei Helena im Zimmer, zusammen mit Mary und den beiden Kindern. Mary kann ihren besorgten Blick nicht von unserer still vor sich hin spielenden Tochter abwenden. »Ein Eindringling im Schloss..«, murmelt sie, »Ist das hier schon einmal vorgekommen?«. »Nicht seit ich hier bin«, antwortet Helena, die den kleinen Dev fest in ihre Arme geschlossen hat, als seien unsichtbare Minen im Zimmer verteilt. »Aber es wird schon alles gut werden. Warten wir einfach so lange, ja?«. Mary nickt. Ich seufze. Es vergeht eine Ewigkeit. Doch dann, irgendwann, öffnet sich die Tür. Caren kommt herein und alle schauen zu ihr auf. »Die Späher haben das Gebiet rund ums Schloss gesichert«, sagt sie schließlich, »Es ist alles in Ordnung. Ihr könnt euch wieder frei bewegen«. Mary atmet erleichtert auf. Helena gibt Dev ein Küsschen auf eins seiner winzigen Hörner und lässt ihn gehen, was ihm nur recht ist. Helena behandelt die Situation jetzt eher wie eine kurzweilige, mindere Unannehmlichkeit. Dabei war sie doch vorhin so ängstlich gewesen. Ich stehe auf. »Ich sehe nach Luzifer«. Mary schaut mich an. »Sei aber vorsichtig, ja?«. »Sicher«. Mit diesen Worten verlasse ich den Raum und begebe mich zur Eingangshalle. Wenn ich ihn da nicht finde, schaue ich in seinem Zimmer nach. Dieser Aufruhr von vorhin kam so unerwartet, das macht mir schon ein bisschen Sorgen. Und genauso geht mir Aphrodites Prophezeiung nicht mehr aus dem Kopf: "Die Liebe verlangt manchmal große Opfer".. Obwohl ich weiß, dass Luzifer es mit so ziemlich allem aufnehmen kann, habe ich Angst, dass ihm etwas zustoßen könnte. In diesem Fall will ich meine Zeit mit ihm mehr schätzen. Wie ich vermutet habe sitzt Luzifer heil und geborgen auf seinem Thron und zerbricht sich den Kopf über etwas. Das macht er oft. Die Übersicht von da oben hilft ihm beim Denken, sagte er mal. Leise schleiche ich mich zu den mit Reichtümern und roten Flammen eingerahmten Stufen, die zu seinem Thron hochführen. Er sieht besorgt aus, aber auch schön. Ich weiß, was Caren an ihm findet. Ich wäre auch froh ihn einfach nur zu bewundern. Aber.. insgeheim hoffe ich doch auf mehr. Er zieht die Brauen hoch, als er mich bemerkt. »Hans, du hast ja deine Servant-Bekleidung an«. »Oh, das?«, sage ich und zupfe an meinem altertümlichen, beigen Baumwollhemd, »Tja, was soll ich sagen, ich mag es. Es ist gemütlich«. Er lächelt. »Es steht dir«. So im Stress am frühen Morgen und trotzdem macht er mir immer noch Komplimente? Wie lieb von ihm, da wird man ja rot. Ich strecke mich und gähne. »Was war denn eben los?«, frage ich und tapse die Stufen zu ihm hoch. »Irgendsoein Engel kam her und dachte er könne einfach so Forderungen stellen«. »Ein Engel?«, staune ich und setze mich auf die oberste Stufe vor seinem Thron, »Etwa ein Gefallener?«. »Eben nicht, das ist es ja«, murmelt er und schaut ernst in die Leere, »Er kam her um mich zu vernichten. Das ist ihm nicht gelungen, offensichtlich. Und trotzdem.. «. Er vertieft sich so in seine Gedanken, dass er vergisst sie laut auszusprechen. Sein Teufelsschweif peitscht hin und her, wie bei einer Katze, die ihre Aufmerksamkeit auf ihr Ziel gerichtet hat und jeden Moment aufspringt. Ich wünschte, ich könnte ihn irgendwie aufmuntern. Oder vielleicht will ich einfach nur mich selbst aufmuntern, nach dem Gespräch mit der Göttin der Liebe. Mein Blick wandert an Luzifer entlang. Von seinen konzentrierten Augen, in deren tiefen Röte sich das flackernde Licht der Flammen spiegelt, über seine wohldefinierte Taille bis nach unten. Er trägt heute seine liebsten lockeren Boxershorts - die rosanen mit den Schweinchen drauf. So breitbeinig wie er sich hingefläzt hat, geben sie sich kaum Mühe zu verheimlichen, was sie bedecken sollen. Sieht aber gut aus, besonders von hier unten. Was hatte die Göttin nochmal gesagt? Irgendwas mit Eros— »Gefällt dir was du siehst?«. »Äh, was?«. Ich reiße mich aus meinen Gedanken und schaue vorsichtshalber wieder geradeaus. »Nein nein, also, doch joa, ganz nett ist es hier oben«. Er kichert dunkel. Oh Mann, er hat ja recht, ich habe ihn angeschmachtet. Gestern Abend wurden wir ja.. gestört. Und naja, wenn man(n) kein Ventil hat, dann staut sich das nur auf und.. Was soll ich sagen, ich vermisse ihn irgendwie. »Duu, Luzifer.. «, fange ich an und grabe meine Finger in den Saum meines Shirts. Dabei schiebt es sich nach oben und ich kann ein bisschen vom Siegel sehen. Ich ziehe den Rest nach und betrachte die Linien des umgedrehten Pentagramms auf meiner Haut. Und den Extraring um das kopfstehende Kreuz in der Mitte, von dem seine Schwester Lena geredet hatte. Das Zeichen, das uns verbindet. »... Wir sind doch.. auch verheiratet. Aber wir hatten noch keine Flitterwochen. Ich würde sie gern nachholen. Was meinst du?«. Das ist gut, wenn er zustimmt kann ich mehr Zeit mit ihm verbringen, und wenn die Liebe wirklich der Schlüssel zur Erfüllung meines Schicksals ist, dann ist das eine gute Möglichkeit! Hans, manchmal bist du ein Genie! Aber nur manchmal. :| Luzifer sieht mich skeptisch an. »Flitterwochen?«. »Es müssen ja nicht gleich "Wochen" sein, ich dachte nur es wäre mal nett wegzukommen. Ich hab auch keine besonders hohen Ansprüche oder so, ich meine, es war nur soein Einfall-«. »Gerne«. »Äh, wie bitte? Das ging ja schnell«. »Mhm«, sagt er und streicht mir übers Haar, »Es würde mir helfen auf andere Gedanken zu kommen. Hier ist zu viel los. Allerdings auch aus gutem Grund«. »Wie meinst du das?«. »Du musst verstehen, schwere Zeiten stehen uns bevor, und sie kommen schneller näher als mir lieb ist. Maßnahmen müssen ergriffen und Vorbereitungen müssen getroffen werden. Und ich als König habe die Verantwortung.. und mache mir natürlich die meisten Gedanken«. »Oh.. Also hast du keine Zeit?«. »Ganz genau«, sagt er, und ich wünschte er hätte es nicht gesagt. Ich vermisse ihn jetzt schon so sehr. »Deswegen«, fährt er fort, »Sollten wir an einen Ort jenseits der Zeit gehen«. Ich blinzle. »Gibt es soeinen Ort überhaupt?«. »Natürlich, du bist doch schon einmal da gewesen«. Ich überlege. Noch ein Ort, an dem ich schon einmal war. Hm, ich bin durch Luzifers Aufträge schon an vielen Orten gewesen. In der Hölle, am Eingang des Tartarus, auf dem Olymp, in Atlantis, und.. Moment! Auf dem Weg nach Atlantis mussten wir durchs.. »..Fegefeuer!«. »Bingo«. Klar, jetzt erinnere ich mich! Das Fegefeuer ist ein großes Nichts, in dem wir darauf warteten in die nächste Welt weiterzureisen. Es war dunkel, warm, still, und weit und breit war niemand sonst zu sehen. »Was sagst du?«, fragt er und lächelt mich verführerisch an, »Nur du und ich. Ungestört, fern von allen Sorgen der Welten. Nur für eine Weile?«. »Das klingt traumhaft«, seufze ich und lehne meine Wange an seinem Knie an, »Und die Zeit hier?«. »Wenn wir wiederkommen ist es, als sei keine Zeit vergangen. Nicht einmal eine Sekunde, egal wie lange wir weg bleiben«. »Mmh«, summe ich zur Antwort und schließe die Augen. Keine Auswirkungen, keine Konsequenzen. Einfach nur Luzifer und ich, so lange wir wollen. Das klingt verlockend. Er hebt mein Kinn an. »Sag einfach die Worte und ich bringe uns hin«. Sanft küsse ich die warme Haut seines Oberschenkels. »Ich will dich«, raune ich und küsse ihn weiter, inhaliere seinen lieblichen Duft, »Nimm mich fort mit dir«. Er lächelt und Teleportfeuer umhüllt uns. »Nichts lieber als das«. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)