The Boyfriend Experience von GingerSnaps ================================================================================ Kapitel 11: Bloß ein Job... --------------------------- Derek kannte seinen heutigen Kunden nicht. Er war neu und war ihm über die Agentur vermittelt worden. Wie so oft war der verabredete Treffpunkt für ein erstes Treffen eine Hotelbar. Es war dieselbe, in welcher er sich vor nicht einmal zwei Wochen erstmals mit Stiles getroffen hatte. Derek war wie üblich ein wenig früher da, damit sein Date nicht auf ihn warten musste. Dieser kurze Leerlauf ohne jegliche Ablenkung, ließ nun auch seine innere Stimme hörbar werden. War es wirklich erst ein paar Tage her, dass Stiles und er sich kennengelernt hatten? Es kam ihm länger vor. Bedeutend länger sogar. Jede einzelne ihre Begegnungen war so intensiv und ehrlich gewesen. Derek wusste selbst nicht, warum er bereits vom ersten Tag an geglaubt hatte, Stiles vertrauen zu können, doch er hatte es nicht bereut und zwischen ihnen beiden war rasch eine große Nähe entstanden. So wie mit Stiles war es ihm noch nie mit einem Kunden ergangen. Er hatte stets die nötige professionelle Distanz gewahrt, lediglich die Illusion von Nähe verkauft. Mehr war nie von ihm erwartet worden und mehr hatte er selbst auch nie gewollt. Und er war doch auch stets gut damit gefahren, oder nicht? Warum also war es mit Stiles so vollkommen anders gekommen? Es konnte doch nicht bloß daran liegen, dass sie keinen Sex hatten? Er rief sich das Bild des Agents vor Augen; die schlanke, drahtige Gestalt, das jungenhafte, freche, ausdrucksstarke, hübsche Gesicht, mit dem schelmischen Grinsen, den warmen Tenor seiner Stimme und er ertappte sich dabei, wie er unwillkürlich lächelte. Es war wohl keine Frage mehr, ob er hier gerade Gefühle entwickelte, welche er bereits seit einer Ewigkeit nicht mehr verspürt hatte. Vielmehr musste er nun entscheiden, wie er mit diesen Emotionen umgehen wollte. Aber das musste vorerst warten, denn Derek ahnte, dass der nervöse junge Mann mit den rotglühenden Wangen, welcher gerade hereingekommen war, sein Date war. Und tatsächlich kam der Fremde nun auf ihn zu und fragte unsicher: „Hi! Kann es sein, dass wir verabredet sind?“ Deja vu! Genau so hatte Stiles ihn auch vor einer Weile begrüßt. Derek holte tief Luft und schaltete um auf den professionellen Autopiloten, denn nur so würde er diesen Abend durchstehen. „Ich bin Derek. Schön dich kennenzulernen.“ antwortete er, streckte dem Unbekannten die Hand hin und nahm ihn in Augenschein. Sein Kunde war ein Mann Anfang dreißig. In Alter, Größe und Körperbau glich er Stiles, doch damit endeten die Ähnlichkeiten auch schon. Er hatte mittelblondes Haar, ein eher durchschnittlich attraktives Gesicht, aus welchem jedoch seine schönen, lebhaft türkisfarbenen Augen hervorstachen. Insgesamt hatte er ein gepflegtes, angenehmes und sympathisches Äußeres: „Du kannst mich Greenburg nennen. Das tun alle. Immer schon.“ erwiderte der Unbekannte. Und aus der Art, wie er sich vorstellte, konnte Derek heraushören, dass er es im Grunde hasste so genannt zu werden, doch dass er sich damit abgefunden hatte. Kurz dachte Derek darüber nach, dazu eine Bemerkung zu machen, oder Greenburg gar dazu einzuladen an diesem Abend ein vollkommen anderer zu sein, doch er ließ es bleiben und fragte stattdessen, ob sie zunächst hier etwas trinken wollten: Greenburg nickte und verkündete, er werde einen Virgin-Daiqiri nehmen, da er leider keinen Alkohol vertrage und Derek schloss sich an, da im seine innere Stimme riet, heute vollständig nüchtern zu bleiben. Als sie ihre Cocktails tranken, begann Derek Greenburg ein wenig zu seiner Person zu befragen und sein Kunde berichtete davon, dass er im Grunde ein Junge vom Lande sei, der aus beruflichen Gründen vor einigen Jahren in die Großstadt gekommen sei, doch dass er sich hier im Grunde noch immer nicht wirklich heimisch fühle. Derek nickte und lauschte vorgeblich interessiert, doch innerlich dachte er wie seltsam dieser Abend war. Diese Antwort kam ihm doch allzu vertraut vor? Irgendwie hing Stiles Geist über allem und alles erinnerte Derek an ihre erste Verabredung. Eine Sache jedoch war anders und das war er selbst. An jenem Abend mit Stiles hatte er diese ungewöhnlich große Offenheit gehabt, wollte sein gegenüber wirklich kennenlernen und war zu allem bereit gewesen. Heute war das vollkommen anders. Er spielte diesem Greenberg etwas vor und heuchelte bloß Interesse, obwohl er sich im Grunde weit fort von hier, an einen anderen Ort wünschte. Verdammt! Stiles hatte alles kaputt gemacht! Wie sollte er denn auf diese Weise seinen Job erledigen? Er fürchtete, dass dieser Abend in einem Desaster enden würde, wenn er sich nicht beizeiten in den Griff bekäme, dennoch fragte er sein Gegenüber nach einer Weile: „Was würdest du heute gern tun, Greenberg? Wozu hättest du Lust?“ Halb fürchtete er, sein Kunde könne ähnliche Wünsche an ihn haben, wie Stiles damals und wolle so tun, als sei dies hier ein richtiges Date. Er wusste nicht, ob er dazu in der Lage wäre, doch zum Glück kam es anders. Der junge Mann errötete schlagartig, blickte sich hektisch um, ob niemand um sie herum zuhörte und flüsterte dann, ohne Derek in die Augen blicken zu können: „Ich würde gern... also... vielleicht können wir uns hier im Hotel ein Zimmer nehmen?“ Niemals im Leben hatte Derek weniger Lust auf Sex gehabt, dennoch sagte er: „Ja sicher, das können wir tun, wenn du möchtest. Du entscheidest. Bei all´ dem hier geht es um dich und deine Wünsche.“ Greenberg blickte ihn an, als falle es ihm schwer, sich das vorzustellen, also fügte Derek hinzu: „Vielleicht fangen wir erst einmal damit an, wie du es möchtest. Welche Vorlieben hast du?“ Greenburgs Augen wurden noch ein wenig größer und er stammelte: „Ich... ich bin ein ganz gewöhnlicher Typ. Ich stehe auf ganz normale Sachen.“ Was war denn hier nur los? Genau diesen Satz hatte Derek doch vor kurzem schon einmal gehört! Langsam kam er sich vor, wie in einer Episode `The Twilight Zone´. In diesem Moment schob Greenburg hinterher: „Also das denke ich zumindest?“ Derek stutzte: „Wie meinst du das, du glaubst? Heißt das, es gibt da etwas Neues, dass du einmal ausprobieren möchtest?“ Sein Kunde schüttelte hilflos den Kopf und da ging Derek ein Licht auf: „Aber es ist doch wohl nicht dein erstes Mal, oder?“ Der junge Mann vor ihm ließ den Kopf hängen und murmelte: „Nein! Na ja... also... zumindest nicht so ganz. Damals als Teenager habe ich manchmal mit Jungs rumgemacht, aber wir... sind nie auf´s Ganze gegangen, wenn du verstehst, was ich meine? Außerdem war ich auf der Highschool unheimlich verknallt in meinen Lacrosse-Coach, obwohl der mich gar nicht ausstehen konnte. Ich stamme aus einem ziemlich strengen, religiösen Elternhaus. Ich hatte in meiner Jugend nicht genug Mut, mich dagegen aufzulehnen. Ich habe dann ein Mädchen getroffen und wir haben uns gut verstanden. Wir sind ein paar Monate miteinander gegangen, ehe wir uns entschieden haben zu heiraten. Wir haben zwei Kinder bekommen. Unsere Tochter ist sieben und unser Sohn neun Jahre alt. SIE war es schließlich, die MIR gesagt hat, dass ich schwul bin. Ich weiß nicht, wie sie es geschafft hat, so liebevoll dabei zu sein, immerhin habe ich sie belogen und ihr mit meiner Feigheit mit Sicherheit wahnsinnig wehgetan? Wir sind seid drei Monaten geschieden. Ich sehe unsere Kinder nun an jedem zweiten Wochenende und in den Ferien. Sie hat jemand neuen kennengelernt. Ich... ich freue mich für sie.“ Greenburg wischte sich mit dem Hemdsärmel über die Augen und stammelte eine Entschuldigung für seine Tränen. Derek fluchte innerlich, denn das hatte er nun wirklich nicht erwartet. Er hatte sich vorgestellt, er würde diese Sache so schnell wie möglich professionell und ohne emotionale Beteiligung durchziehen und dann einfach wieder verschwinden, doch nun wurde ihm klar, hier vor ihm saß ein ECHTER MENSCH mit Gefühlen, ein trauriger junger Mann, der etwas Besseres verdient hatte, als einen aalglatten, eiskalten Mistkerl, der eine schnelle, lieblose Nummer gegen Geld mit ihm durchzog. Er holt tief Luft und legte eine Hand auf Greenburgs Arm und erwiderte sanft: „Es wäre also im Grunde dein allererstes Mal.“ Sein Kunde nickte, immer noch unfähig, ihn direkt anzuschauen und Derek fuhr fort: „Aber sollte dein erstes Mal denn nicht mit jemand Besonderem stattfinden, mit jemandem, der dir etwas bedeutet?“ Greenburg seufzte: „Ich bin zweiunddreißig Jahre alt, Derek. Ich habe meine Jugend vergeudet, indem ich nicht ich selbst gewesen bin. Männer in meinem Alter haben längst ihre Erfahrungen gemacht, sich ausgetobt, wissen was sie wollen und was ihnen gefällt.... Ich hätte momentan viel zu große Angst davor, mich wirklich mit jemandem zu treffen. Ich... hatte einfach die Hoffnung, dass jemand wie du, ein Profi, mir dabei helfen kann, mich kennenzulernen. Und nun habe ich dich getroffen und du bist so nett und so... Irgendwie denke ich, es könnte mit dir funktionieren?“ Derek nickte leise und versprach: „Wir kriegen das hin.“ Er hoffte, dass dies keine Lüge war. Greenburg lächelte und entschuldigte sich kurz, um auf die Toilette zu verschwinden, zweifelsohne um sich selbst ein wenig Mut zuzusprechen. Derek nutzte diese Gelegenheit, um heimlich eine der blauen Pillen einzuwerfen, welche er zu solchen Gelegenheiten stets mitführte, bislang jedoch noch nie gebraucht hatte. Irgendwie wusste er, dass er heute ein wenig pharmazeutische Hilfe nötig haben würde, doch er hatte entschieden, diese Sache durchzuziehen und alles in seiner Macht stehende tun, um diesem jungen Mann ein würdiges erstes Mal zu verschaffen. Als Greenburg zurückkehrte zahlte er ihre Drinks und ging dann hinüber an die Rezeption, um ein Zimmer für sie zu buchen. Im Fahrstuhl nach oben gestand sein Kunde: „Ich habe Angst.“ „Ich weiß.“ versicherte Derek und nahm ihn, einem Impuls folgend, in die Arme: „Denk´ einfach daran, dass du das Sagen hast. Wenn ich etwas tue, was dir nicht gefällt, oder etwas nicht tue, was du gern hättest, dann sagst du es mir einfach.“ Greenburg schmolz ihm sehnsuchtsvoll entgegen. Es war keine Frage, dass dieser junge Mann lange auf diesen Moment gewartet hatte und auch wenn Derek sich dagegen zu wehren versuchte, rührte ihn das. Als sich die Zimmertür eine Weile später hinter ihnen schloss, blickte Greenburg Derek an, wie das Lamm den Wolf und fragte: „Und was nun.“ Derek lächelte und half dem jungen Mann dabei sich auszuziehen, ehe er selbst ebenfalls seine Kleider ablegte: „Du bist unglaublich schön.“ murmelte Greenburg und blickte daraufhin verschämt an sich selbst hinab: Derek bedankte sich, zog seinen Kunden sanft zu sich heran und versprach: „Entspann´ dich und lass´ los! Du bist sicher bei mir!“ Dann führte er ihn an der Hand hinüber zum Bett. Derek ließ sich Zeit, zum einen weil er darauf wartete, dass das Potenzmittel wirkte, hauptsächlich aber deswegen, weil er ganz sicher gehen wollte, dass sein Freier ihm vertraute und keine Angst mehr verspürte, wenn er ihn fickte. Ein weiteres Mal an diesem Abend musste Derek an Stiles denken, wünschte sich von Herzen ihn an Greenburgs Stelle herbei, was verwirrend und ein wenig bedrüchend war, doch andererseits half diese Vorstellung ihm auch dabei, diese Angelegenheit durchzuziehen. Alles was er seit ihrem Kennenlernen gern Stiles gegeben hätte, all die Zärtlichkeit und die Lust, ließ er in diesen Liebesakt einfließen. „Das war unglaublich schön!“ seufzte Greenburg hinterher und richtete sich in Dereks Armen ein. Dann schreckte er jedoch wieder hoch und fragte: „Ist das überhaupt in Ordnung? Muss ich jetzt gehen?“ „Alles ist gut!“ versicherte Derek und zog ihn wieder an sich: „Lass´ uns einfach noch eine Weile hier liegen.“ Als sie beide schon beinahe dabei waren wegzudämmern, entschied Greenburg: „Ich denke jetzt wird es aber wirklich Zeit, nachhause zu gehen.“ Sie erhoben sich also und zogen sich wieder an. Sie waren bereits im Begriff zu gehen und Greenburg streckte die Hand nach der Hotelzimmertür aus, doch hielt er dann in der Bewegung inne und fragte schüchtern: „Bevor wir nun wieder auseinandergehen... darf ich dich einmal küssen?“ Derek schluckte. Es entsprach der Wahrheit, als er Stiles erzählt hatte, er würde seine Freier nicht küssen, doch wenn sie Begegnung zwischen Stiles und ihm nicht nicht stattgefunden hätte, dann hätte er hier und heute wahrscheinlich eine Ausnahme von dieser Regel gemacht, einfach um Greenburg nach seinem ersten Mal mit einem guten Gefühl gehen zu lassen. Doch er WAR Stiles begegnet und irgendwie hatten die Dinge sich dadurch verändert. Er schüttelte den Kopf. Greenburg wirkte ein klein wenig verletzt, doch dann sagte er beinahe hellsichtig: „Du gehörst zu jemandem, ist es nicht so?“ Stiles und er hatten noch nie miteinander geschlafen, sie hatten noch nicht die drei großen Worte zu einander gesagt und schon gar nicht trug er einen Ring an seinem Finger. Sie hatten nicht einmal miteinander geklärt, was da eigentlich zwischen ihnen entstanden war? Dennoch nickte Derek. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)