Vater werden von Goetterspeise (Levy x Gajeel) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Die Vögel vor dem Fenster zwitscherten gutgelaunt vor sich hin und die Sonnenstrahlen fielen auf Gajeels Gesicht, der sich mürrisch zur Seite drehte, um noch ein paar Minuten liegen zu bleiben. Dabei fiel sein Arm auf die andere Bettseite, die leer war. Verwirrt tastete er mit geschlossenen Augen nach dem schmalen Körper, der sich dort normalerweise befinden sollte, doch seine Hand griff nur ins Leere. Mit zusammengezogenen Augenbrauen öffnete er nun doch seine Augen und sie bestätigten ihm, was er eigentlich längst wusste. Levy war nicht da. Hatte er vergessen, dass sie auf eine Mission musste? Moment. Mit einem Schlag war er hellwach. Levy hatte ihm, dem Meister, Lucy und allen anderen fest versprochen auf keine Missionen mehr zu gehen. Sie war hochschwanger, konnte kaum noch vernünftig laufen und brauchte derzeit mehr Pausen als Droy. Manchmal konnte sie nicht einmal mehr alleine aufstehen. Sie schlief aktuell auch doppelt so viel wie er. Was hieß, dass er sich normalerweise bei den ersten Sonnenstrahlen zur Seite drehen, seinen Arm um sie legte und sich an sie drücken konnte. Er war ein bisschen eingeschnappt, dass sie ihm dieses Morgenritual heute nicht gönnte. Sofort bekam er ein schlechtes Gewissen. Was, wenn die Morgenübelkeit wieder zurückgekommen war? Oder sie aufgrund des wachsenden Körpers in sich, hatte aufstehen müssen, weil das Liegen schmerzte? Vielleicht musste sie sich aber auch nur erleichtern. Während ihrer Schwangerschaft waren ihre Toilettengänge in die Höhe geschossen. Mit einem kurzen Seufzen zog er sich die Decke vom Körper und schwang die Beine über die Bettkante. Er streckte sich kurz und stand schließlich auf, um sich in Richtung Bad zu begeben. Erleichtert atmete er auf, als er im Gang ankam und keine lauten Würgegeräusche an seine Ohren drangen. Zumindest war die Morgenübelkeit nicht zurückgekommen. Er klopfte an die Badezimmertür, doch dahinter blieb es ruhig. „Levy?“, fragte er deshalb mit lauter Stimme, aber erhielt keine Antwort. Seine Stimme hatte durch das kleine Haus gehallt und normalerweise müsste sie nun ihren Kopf aus einem der anderen Räume stecken. Ein ungutes Gefühl überkam ihn. Diese Art von Gefühl, das er immer hatte, wenn sie gemeinsam eine Mission zu erledigen hatten oder angegriffen wurden. Tiefe Sorge mit Angst vermischt. Natürlich war er, seit er verstanden hatte, was ein Band zwischen Menschen bedeuten konnte, besorgt um die anderen Mitglieder seiner Gilde. Aber dieses Gefühl war anders. Einzigartig. Es kam nur, wenn es um Levy ging. Aber zuhause hatte er es noch nie verspürt. „Ich werde langsam irre“, flüsterte er zähneknirschend, während er beschloss, dennoch in die anderen Räume zu schauen. Vielleicht war sie so in ein Buch vertieft, dass sie seine Stimme ausgeblendet hatte. Das wäre nicht das erste Mal. Es gefiel ihm trotzdem nicht. Sie war nicht so fit wie sonst, sie verlegte regelmäßig Dinge oder vergaß Kleinigkeiten. Laut Polyushka war das normal, aber es half Gajeel nicht dabei, sich zu entspannen, wenn er Levy nicht finden konnte. Sie war weder in der Küche, noch im Arbeitszimmer, das sie mithilfe der Gilde in den letzten Wochen zu einem Kinderzimmer umfunktioniert hatten. Die Regale voller Bücher und Schriften standen noch immer an der Wand, aber den Schreibtisch hatten sie in die Abstellkammer geschafft und einen Wickeltisch und eine Kommode an die Wand gestellt. In der Mitte des Raumes befand sich nun eine Wiege und Lucy hatte sich nicht von der Idee abbringen lassen, einen Schaukelstuhl zu organisieren. Für all die Sachen, die die anderen gespendet hatten, war eigentlich gar kein Platz, aber Levy (und wenn Gajeel ehrlich zu sich selbst war, er auch) war so gerührt von den ganzen Geschenken gewesen, dass sie sich nun in ihren aufgerissenen Verpackungen vor den Bücherregalen türmten, bis sie irgendwann gebraucht wurden oder bereits ihren festen Platz im Raum gefunden hatten. Er hatte den Raum bereits mehrere Male gemeinsam mit Levy begutachtet. Hie und da noch etwas umgeräumt oder sich mit ihr gestritten, ob sie Erzas Mobile, das nur aus Miniaturausgaben ihrer Rüstungen bestand, aufhängen sollten oder nicht – natürlich hatte Levy gewonnen und so hing das Ding nun über dem kleinen Bett. Er hatte sich bisher aber noch nie die Zeit genommen, einen Moment innezuhalten und es einfach zu betrachten. Allein. Für sich. Mit all den Gedanken und Gefühlen, die nun auf ihn einprasselten. Das erste, das ihm seltsamerweise bewusstwurde, war, wie klein und schmächtig Levy war. Er hingegen war ein Riese. Wenn das Kind auch nur ein bisschen nach ihm kam … War es überhaupt möglich, dass es aus Levy herauskommen konnte? Wenn es daran Zweifel gäbe, hätte Polyushka sicher etwas gesagt oder nicht? Er war der alten Zottertante sehr dankbar für ihre Hilfe. Und auch wenn sie es nicht zugab, wusste er, dass sie glücklich war, ihnen bei dieser unerwarteten Reise helfen zu können. Unerwartet und komplett neu. Levy hatte ihm zwar einige Bücher über das Vater sein gegeben und auch Lucy war eine ausgezeichnete Quelle, mit all den Nachforschungen, die sie angestrengt hatte, aber er war sein Leben lang auf sich allein gestellt gewesen. Das war das nächste, das ihn wie ein Blitz traf und bei dem er sich fragen musste, wieso er nicht sofort darauf gekommen war. Nun prasselten die Gedanken nur so auf ihn ein. Er wusste gar nicht wie man sich als Vater zu verhalten hatte. Natürlich hatte er sich ausgemalt, seinem Kind das Kämpfen beizubringen. Immer in der Hoffnung, dass es sich für Metall und nicht für Worte entscheiden würde. Nur die Zeit, die zwangsläufig kommen würde, wenn es nicht um Magie, um Kraft und Fähigkeiten ginge, war bisher vollkommen außen vor geblieben. Es war definitiv ein Fehler gewesen, die Bücher ungelesen auf seinem Nachtschränkchen liegen zu lassen und Lucys Ausführungen nur mit einem halben Ohr zuzuhören. Was machte man mit einem Kind, wenn es Hilfe brauchte? Weinte? Gewickelt werden musste? Kalter Schweiß sammelte sich auf seiner Stirn. Wenn er erst jetzt anfing darüber nachzudenken, dann konnte er doch nur versagen. Überlegte man das nicht schon früher? Musste man sich darüber überhaupt Gedanken machen? Oder wusste man solche Dinge normalerweise einfach? Gajeel verspürte ein Ziehen, das von seiner rechten Schläfe bis in seinen Nacken hinabreichte. Er brauchte Levy. Sofort. Sie war diejenige, die die Bücher wirklich gelesen hatte. Sie hatte stundenlang mit Lucy darüber gesprochen. Sie trug das Kind unter ihrem Herzen, um das es in den nächsten Jahren gehen würde. Sie würde sicher die Antwort darauf haben. Sie musste einfach. Also hoffte er, sie im Garten hinter dem Haus auf ihrer Bank zu finden. Es war mit Abstand ihr Lieblingsplatz auf dem ganzen Grundstück. Es war sogar der Grund gewesen, warum sie sich schlussendlich dafür entschieden hatten, es zu kaufen. Der Garten war, ähnlich wie das Haus, nicht besonders groß. Aber er war voller Leben. Insekten und Tiere liebten die Büsche und Wildblumen, die dort wuchsen und blühten. Der kleine Teich zog Frösche und Libellen an und der Geruch der Stadt konnte sich nicht durchsetzen. Man fühlte sich, obwohl man vom Küchenfenster aus, die Straßen und Gebäude sehen konnte, fast als wäre man mitten im Nichts. Abgeschieden von allem und jedem. Aber selbst dieser Ort hielt ihre Gildenmitglieder nicht davon ab, spontan vorbeizukommen und eine Grillparty im Garten zu schmeißen oder spontane Übernachtungen anzukündigen. Zumal Natsu und Gray in der Regel irgendwann anfingen zu kämpfen und so schon mehr als einmal das Haus beinahe in Flammen aufgegangen wäre. Juvia hatte bereits einige drohende Brände verhindert, aber dabei einmal die Küche unter Wasser gesetzt und an den Schaden im Keller wollte Gajeel gar nicht denken. Ihm war früher nie bewusst gewesen, was für Auswirkungen so ein kleiner Kampf zwischen Rivalen haben konnte. Er würde gerne von sich behaupten, im Gildengebäude mittlerweile vorsichtiger zu sein, aber das wäre eine glatte Lüge. Lieber legten sie dort alles in Schutt und Asche als bei ihm zuhause. Als er nun nach außen trat und Levy, wie erhofft, auf der Bank sitzen sah, fiel ihm ein Stein vom Herzen. Nicht nur, weil sie die Antwort auf seine plötzliche Panik war, sondern vor allem, weil es ihr gut ging. Sie war nicht entführt worden oder lag verletzt in irgendeiner Ecke. Sie saß nur im Garten, hatte die Augen geschlossen, ihre Hände auf den Bauch gelegt, und genoss die ersten warmen Sonnenstrahlen des Tages. Sie trug sogar noch ihren Schlafanzug. „Guten Morgen.“ Levy öffnete ihre Augen als sie ihn näherkommen hörte und strahlte ihn an. „Das Kleine hat richtig rhythmisch gegen meine Milz getreten, darum erschien es mir sinnvoll, einen kurzen Spaziergang zu machen“, erklärte sie ihm auf seine unausgesprochene Frage. Gajeel blieb vor ihr stehen und musterte sie genauer. Sie strahlte, aber er konnte die Müdigkeit trotzdem deutlich erkennen. Sie bekam trotz der vielen Zeit, die sie im Bett verbrachte, nicht genügend Schlaf und er konnte sie kaum vorstellen wie schwer es war, mit einem Kind im Bauch aufstehen und laufen zu müssen. Es gab Tage, an denen sie ohne seine Hilfe nicht einmal mehr aufstehen konnte. Ihn störte es nicht, aber er wusste, dass es Levy zuwider war. „Willst du dich setzten?“ Gajeel schüttelte den Kopf und begann dann – untypisch für ihn – vor der Bank hin- und herzulaufen, überlegend wie er das Thema beginnen sollte. „Das ist mein erstes Kind“, fing er schließlich an. Levy blinzelte kurz verwirrt, sagte aber schließlich: „Dachte ich mir. Meins auch.“ Wie konnte sie das nur so auf die leichte Schulter nehmen. „Ich hab das also vorher noch nie gemacht. Also ein Kind aufzuziehen.“ Levy nickte langsam. Sie schien nun verstanden zu haben, dass er auf irgendetwas hinauswollte und gab ihm den Raum und die Zeit, um den Weg dorthin zu finden. „Das heißt, dass ich überhaupt keine Erfahrung darin habe. Und als ich gerade im Kinderzimmer stand, wurde mir erst so wirklich bewusst was das bedeutet.“ Endlich blieb er stehen, fixierte ihren Blick und schluckte schwer. „Levy, ich weiß gar nicht wie man ein guter Vater ist. Was muss ich tun?“ Da. Nun war es raus. Die Frage klang aus seinem Mund so falsch wie etwas auf der Welt nur falsch klingen konnte, aber wenn er es jetzt nicht herausfand, wusste er nicht wie er die nächsten Wochen bis zur Geburt überleben sollte – und vor allem danach mit dem Kind. Levy sah ihn einen Augenblick an, schien zu überlegen, was seine Worte zu bedeuten hatten und begann schließlich zu lachen. Gejeel merkte, wie seine Wangen rot wurden. Er begann sich für seine Worte zu schämen. „Ich habe keine Ahnung.“ „Was?“ „Ich habe keine Ahnung was du tun musst, um ein guter Vater zu sein. Himmel. Wie auch? Ich weiß nicht einmal, was ich tun muss, um eine gute Mutter zu sein.“ Nun setzte er sich doch neben sie auf die Bank. Er starrte einen langen Moment auf den Teich, über dem ein paar Libellen flogen und lauschte dem Zirpen der Grillen im Gras. Er war sich so sicher gewesen, dass Levy einen Plan hatte. Verstand, was kommen würde. „Aber …“, begann er, „… aber die ganzen Bücher. Lucys Informationen und die Gespräche mit Polyushka.“ Levy drehte sich zu ihm, nahm seine Hand in ihre und wartete, bis er ihr in die Augen sah, bevor sie antwortete: „Das ist alles nur Theorie. Von anderen Menschen, die vielleicht Kinder hatten oder auch nicht. Es sind Hilfestellungen, mehr nicht. Wir wissen nicht, ob unser Kind sich so verhalten wird wie die Beispiele in den Büchern oder nicht. Jedes Kind ist einzigartig. Bis es nicht da ist und wir nicht wirklich wissen was es braucht, ob es viel Hunger hat oder die Nacht durchschläft, werden wir nur raten können, was uns erwarten wird.“ Das half Gajeel nicht dabei, die Sorge, die sich in ihm ausgebreitet hatte, wieder verschwinden zu lassen. „Gajeel, es ist normal, dass man nicht weiß, was einen erwartet. Ich kann dir diese Sorge auch nicht nehmen, weil ich sie selbst nicht loswerde. Aber was mir die letzten Wochen und Monate geholfen hat, nicht durchzudrehen, war das Wissen, dass ich dich habe. Dich und die gesamte Gilde, die uns beistehen wird.“ „Warum hast du nichts von deinen Sorgen erzählt?“, fragte er und er merkte, wie sich sein Magen verkrampfte. Hatte er es so wirken lassen als könne sie nicht zu ihm kommen? Hatte sie Angst vor seiner Reaktion gehabt? Er könnte es ihr nicht verübeln. In den vergangenen Jahren hatte er kaum eine Gelegenheit ausgelassen, sich über sie und ihre vermeintlichen Schwächen lustig zu machen. Sie aufzuziehen, einfach um ihr empörtes Gesicht sehen zu können, das er so liebte. „Bis vor fünf Minuten dachte ich … und jetzt wo ich so darüber nachdenke, weiß ich gar nicht mehr wieso … dass das für dich alles gar nicht so ein großes Problem zu sein scheint. Du warst immer so fokussiert, hast davon erzählt, was du alles tun wirst, wenn das Kind da ist. Es schien keine Zweifel zu geben. Das wollte ich dir nicht nehmen.“ „Bis vor fünf Minuten war mir die ganze Tragweite auch noch gar nicht bewusst, wenn ich ehrlich bin.“ Levy lachte erneut. Es klang zwar belustigt, aber nicht höhnisch. Sie machte sich nicht über das, was er gerade gesagt hatte, lustig. „Es trifft einen wie ein Blitz, nicht wahr?“ Gejeel brummte nur zustimmend. „Ich verspreche dir: wir bekommen das hin. Wir haben uns und unsere Freunde. Unserem Kind wird es an nichts fehlen. Wenn wir realistisch sind, müssten wir uns eher sorgen, dass es verhätschelt wird. Sieh dir Asuka an. Die ganze Gilde ist vernarrt in sie.“ Es tat gut, diese Worte zu hören. Und langsam, wie ein erster Tropfen, der vom Himmel fiel, entspannte sich wieder etwas in Gajeels Innerem. „Gajeel?“ Sie hatte rote Flecken auf ihrem Gesicht und versuchte alles, ihm nicht in die Augen zu schauen. „Was?“ „Ich komm nicht hoch.“ „Dann bleib doch sitzen.“ Sie blies ihre Wangen auf und blickte nun missmutig vor sich hin. „Ich will nicht sitzen bleiben. Ich würde … ich würde dich gern küssen, aber ich komm so nicht an dein Gesicht ran.“ Dem ersten verdutzten Moment, folgte ein breites Grinsen. Das war jetzt unerwartet befriedigend. „Schau nicht so selbstgefällig“, flüsterte sie wütend und schlug ihm mit der Faust, so gut es ihre aktuelle Sitzposition zuließ, gegen seinen Arm. Gajeel grinste schief, veränderte seine Position aber im nächsten Moment so, dass er ihr Gesicht in seine Hände nehmen konnte und küsste sie. Ein weiterer Tropfen fiel und vertrieb seine Sorgen noch ein klein bisschen mehr. Er wusste, dass sie recht hatte. Sie würden das schaffen. Ihrem Kind würde es gut gehen. Er würde es hinbekommen Das durfte er nur nicht aus den Augen verlieren, wenn er sich selbst wirklich davon überzeugen wollte. „Und du musst mir trotzdem aufhelfen. Ich muss nämlich aufs Klo“, flüsterte Levy mit rotem Gesicht. Gajeel lachte fast schon befreit, erhob sich und half ihr, ebenfalls aufzustehen. Er musste sich vielleicht selbst noch regelmäßig davon überzeugen, dass sie es hinbekommen und er ein guter Vater sein würde. Aber eins wusste er schon jetzt: Levy würde eine wundervolle Mutter sein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)