Karierte Schleifen: Liebgewonnene Tradition von Pairo (Valentinstag ist nur einmal im Jahr) ================================================================================ Kapitel 1: Frühlingsstürme in Iriden ------------------------------------ Das Datum auf den hölzerenen Würfeln zeigte den 12. Februar 2002. Sakura saß in der Küche ihres Studentenappartments und blickte nachdenklich auf die mit einem weiß-grün kariertem Stoff bedeckte Tischplatte. Auf dieser lag eines ihrer Notizbücher, in welchem sie Mitschriften für die Uni getätigt hatte. Es hatte einen hellblauen Einband mit weißen Akzenten. Kleine, an Häschen erinnernde Zeichnungen von Daifuku waren mittig darauf platziert. Die langen Finger der angehenden Ärztin trippelten auf den halb gefüllten Seiten auf und ab. Sakura befand sich in ihrem zweiten Semester im Fach Medizin. Ein Traum, denn Haruno-san seit der mittleren Kindheit verfolgte und durch ihre außergewöhnlichen Noten nun endlich erreicht hatte. Alles war gut gelaufen, schön – bis zum Anfang des Wintersemesters. Das niedergeschriebene Wissen in diesem Notizbuch wurde von kleinen, nicht gerade hervorragenden Zeichnungen geziert. Keine kitschigen Herzchen, Täubchen oder Schleifchen: Dargestellt war ein Baum, an dessen Ästen Augen wuchsen und an welchen vereinzelt Blüten hingen. Wie sie darauf gekommen war, wusste Sakura derzeit selbst nicht so recht. Irgendwie beunruhigte ihre eigene, mittelmäßig ausgeführte Zeichnung sie, ströhmte aber auch eine seltsame Faszination aus. Yokai-haft, geisterhaft...andersweltlich irgendwie. Ganz ähnlich wie ihr stets so stiller und wie aus einer anderen Zeit wirkender Mitbewohner. Dieser saß auch grade jetzt unweit von der jungen Frau und hatte die Nase in ein Buch über traditionelle chinesische Medizin gesteckt. Haku Momochi, die Empathie und das Tradittionsbewusstsein in Menschengstalt. Seit nun geschlagenen zwei Stunden warf er nur ab und an warf einen Blick zu der ihm Gegenübersitzenden – und zwar immer dann wenn sie wieder unterbewusst seufzte. Nachdem Sakura die grünen Augen nun schon zum dritten Mal in zehn Minuten hin und her gerollt hatte, wurde es ihm zu viel (ja es war wirklich problematisch, wenn einen die Fähigkeit verfolgte, Dinge aus den Augenwinkeln mitzubekommen). Der künftige Heilpraktiker packte sein mit einem frühneuzeitlichen Holzschnitt verziertes Lesezeichen zwischen die Seiten und legte das Buch seitlich von sich auf die Tischplatte. „Sakura-kun. Du machst dir noch immer Gedanken über diese Sache, nicht wahr?“, die sanfte Stimme des Mitstudenten war ernst, forschend, strahlte aber auch deutliche Sorge aus. Das höfliche -kun hatte er sich bisher auch noch nicht abgewöhnen können. Obwohl sie seit immerhin fünf Monaten schon hier zusammen wohnten. Seit drei dieser Monate hatte seine Gegenüber die Augen nun schon auf diesen einen Dozenten geworfen. Diese 'verbotene' heimliche Schwärmerei seiner Mitebwohnerin zu entlocken, hatte Haku grade mal zwei Wochen abverlangt. Er schien immer so weitsichtig, aufmerksam und fest verankert in allem zu sein. Irgendwie fiel es Sakura leicht ihm zu vertrauen, da er nie verurteilte und von irgendwoher stets altkluge Ratschläge hervor holte. Haku hatte übrigens schon vorher hier gewohnt. Er war bereits im dritten Semester. Die junge Frau war zu ihm gezogen, als das Studentenheim ihr nach einem Semester zwischen Elternhaus-und-hier-pendeln diesen Platz zugewiesen hatte. Die zwei hatten zwar jeweils ein eigenes Zimmer, teilten aber Flur, Bad und Küche – und trotzdem! Es war eine angenehme Sache in dieser WG zu leben. Entgegen dem was man sonst von Studi-WG's so hörte, war es hier sauber und heimelich. Was einfach daran lag, dass sie sich die Aufgaben einteilten und tatsächlich auch ausführten. Außerdem war Haku wirklich eine nette Gesellschaft. Ganz anders als die Typen damals in ihrer Klasse – er hatte irgendwie ganz andere Ziele, andere Motivationen...und eine andere Weltanschauung. Das war schon manchmal so fordernd und spannend wie auch erfrischend und bereichernd. Etwas geknickt sah Sakura auf, als sie wieder auf ihr silberhaariges Problem angesprochen wurde. Sie hing da und hatte den Kopf auf ihre linke Hand gestützt. Ertappt blickte sie den Älteren an und seufzte erneut. „Es ist also nicht zu übersehen, was?“ Haku lächelte zärtlich und schüttelte dann verneinend den Kopf. „Nicht zu übersehen und auch nicht zu überhören.“, war sein so gar zu diesem Gesichtsausdruck passender, sarkastischer Kommentar. Er lehnte sich ein wenig vor. „Du bist doch sonst kein Klops aus Reisin, der durch ein Sieb fließt, Sakura-kun. Dich hat es wirklich schwer erwischt, was?“ Die Angesprochene presste die Lippen zusammen und wirkte ertappt. Was für ein Gleichnis! Das war eigentlich schon wieder lustig, aber der Ernst der Situation lies ihr das Lachen in der Kehle stecken bleiben. Daher zog Sakura nur etwas umständlich die Mundwinkel nach oben. Ein kleiner Kampf um Lachen oder Darben. Die Menschenkenntnis ihres Gegenüber war einfach viel zu gut. Vor ihm schien nach wie vor kein Geheimnis und keine Emotion sicher! Seit sie mit ihm zusammen wohnte, hatte Sakura mehr über sich selbst gelernt als jemals zuvor. Ständig musste sie sich selbst reflektieren – und das war meistens eine wirklich gute Sache. Aber was sollte sie denn nun auf diese rethorische Frage antworten? Die junge Frau knetete nachdenklich die eigenen Hände. Hatte es sie denn wirklich so schwer erwischt? Schon wieder...? Etwas verloren wirkend suchte sie nach Worten, den Blick fest auf die grün-weiß karierte Tischdecke vor ihnen gerichtet. Komisch. Normalerweise war sie ganz und gar nicht auf den Mund gefallen, aber wenn es darum ging diese Sache ernsthaft anzugehen oder auch nur aufzuarbeiten, fühlte sie sich plötzlich kraftlos. Haku schien ebenfalls nachzudenken und drehte die braunen Augen nach oben. „Wieso gehen wir nicht den traditionellen Weg? Ist doch immerhin Valentinstag!“, seine Gegenüber sah ihn entsetzt an. Beschwichtigend fuhr der Medizinstudent fort: „Ich meine mal...was hast du zu verlieren?“ Die innere Sakura explodierte bei dieser naiven Frage und spieh ein kleines, alles verzehrendes Feuer aus, welches in ihren Gedanken ein Schneehäschen röstete. 'Was ich zu verlieren habe Mr. Bohrender-Eiszapfen!? Alles! Mein Ansehen, meine Selbstachtung, meine Professionalität! Und noch viel schlimmer: Kakashi-senseis Respekt!!!' Aus ihrem Mund kam davon nur ein von einem gequältem Lächeln begleitetes: „Ziemlich viel wenn du mich fragst. Er könnte mich doch für total bescheuert halten. Für ein kleines Fangirl oder so...“ Dies schien dem anderen einzuleuchten und er sah nun ebenfalls ernst vor sich her. „Du hast recht. Das war wohl unüberlegt von mir.“ Sakuras Gegenüber lehnte sich zurück und fuhr sich nachdenklich durch die langen, zum Lernen über die Schulter geflochtenen Haare. „Schon möglich, was du da vermutest.“, gab er schließlich nach Abwägung der Möglichkeiten zu. „Oder auch nicht. Du hättest dein Interesse bekundet. Und du hättest mehr Sicherheit über seine Gefühle. Und ganz ehrlich Sakura-kun? Egal wie es ausgeht – der Gedanke um Hatake-sensei wird dich dann nicht mehr umtreiben. Außerdem unterrichtet er ohnehin nur Softskills und das Semester ist herum. Ist also nichts Illegales mehr dabei, sobald das Sommersemester anfängt, oder?“ Das Lächeln das Haku ihr nun zuwarf erinnerte die ebenfalls Medizin-Studierende an fallenden Schnee. Es war irgendwie beruhigend...wirkte rein und klar, aber war dabei auch ein wenig kühl. Der unschlüssige Gesichtsausdruck den Sakura ihrem Gegenüber zuwarf, wirkte genau gegenteilig. In ihren eigenen Augen war meistens ein grüner Feuersturm entfacht. Ein undurchdringbarer, heißer Wirbel aus frischen Blättern. Haku bemerkte, wie es in ihr loderte, als sie die Möglichkeiten abwog. „So kenne ich dich schon eher, Sakura-kun! Dieser Blick ist toll.“ Der junge Mann übertrieb nicht. Das tat er nie – er schätzte Sakura und ihre Leidenschaft wirklich sehr. Auch wenn er in einer ruhigeren Situation in ihre Augen blickte war es, als würde ein Frühlingssturm durch die hohen Wipfel satt-grüner Bäume rauschen. Sakura war wandelbar, das in ihr Schlummernde dabei so vielseitig wie ihre Talente. Sie war irgendwie gegenteilig zu ihm - und gerade das riss ihn oft mit und sorgte dafür, dass er aus seinem ziemlich engen, gradlinigen Weg herausspähen wollte. „Der traditionelle Weg also, hm?“, wiederholte Sakura nachdenklich das zuvor Ausgesprochene und setzte hinzu: „Oh man...ich habe keine Schokolade mehr hergestellt, seit ich in der Mittelschule in diesen Sasuke-kun verliebt war.“ Der wenig Ältere zuckte die Schultern: „Tja backen ist jetzt auch nicht unbedingt meine Stärke, aber-“ Sakura unterbrach ihn erstaunt. „Wie? Aber Haku! Du bist großartig am Herd. Dein Heil-Curry und das Phở, das du machst sind sagenhaft!“ Der Brünette wirkte amüsiert und schüttelte lachend den Kopf. „Kochen und backen ist aber nicht das gleiche Kohai-san!“ Diesmal war es das Mädchen, dass sich zurück lehnte. „So? Und Schokolade herstellen ist auch kein backen!“ entgegnete sie herausfordernd, konnte sich aber ebenfalls ein Lachen nicht verkneifen. Hakus amüsierter Blick wurde wieder sanfter und er nickte elanvoll. „Hättest du mich aussprechen lassen, hättest du auch die frohe Kunde vernommen: Ich habe zwar nie gebacken, aber Schokolade habe ich sehr wohl hergestellt. Jedes Jahr, bis ich so etwa 18 Jahre alt war. Für meinen Adoptivvater!“ Sakura zog die Augenbrauen in die Höhe. Bitte wie!? Welcher normale Mensch stellte Süßes am VALENTINSTAG für seinen VATER her? Und dann auch noch als Junge? Der Ertappte zuckte die Schultern und lächelte entschuldigend: „Naja. Ich fand das irgendwie spannend. Damals hatte ich viele Freundinnen und sie alle haben immer Schokolade selbst gemacht. Da wurde ich dann auch mal dazu eingeladen.", sein Blick wirkte nostalgisch. Sakura konnte sich schon denken, dass Haku aufgrund seines Aussehend öfter mal eine Sonderstellung einnehmen durfte... Unbeirrt fuhr dieser fort: "Außerdem liebt er Schokolade! Haha. Aber keine Bange, natürlich habe ich brav den Whiteday mitgemacht und somit meine männliche Rolle in der Gesellschaft vorbildlich erfüllt.“, dies kam so augenzwinkernd, dass auch Sakuras Stimmung sich endgültig aufhellte. Wie interessant! Ob er wohl beliebt bei den Mitschülerinnen war? Bestimmt - als sie ihn das erste Mal hier in der Wohnung getroffen hatte und von seiner ruhigen, warmen Stimme so zärtlich begrüßt wurde, war auch sie etwas rot geworden. Nun neugierig geworden hakte die viel-besser-Gelaunte nach: „Ja hast du denn damals viel Schokolade bekommen?“ Haku hatte sich zwischenzeitlich erhoben um mal nach den nötigen Utensilien für ihr Vorhaben zu graben und zuckte als Antwort beiläufig die Schultern, während sein Vorderteil in einem tiefgelegenen Küchenschrank steckte. „So einige Male. Großes Glück übrigens, denn ich liebe Schokolade auch!“ Kapitel 2: Weit entfernt von gesellschaftlicher Erwartung --------------------------------------------------------- Während ihr Mitbewohner nach Rezepten suchte und alles in der Küche vorbereitete, hatte Sakura sich bereit erklärt noch die nötigen Zutaten einzukaufen. Ihr Weg zu der nahe gelegnen Einkaufspassage führte sie dabei stets durch einen kleinen, begrünten Park. Hier verbrachte sie oft Zeit. Schwelgend in Gedanken an die Vergangenheit und Zukunft, oder vertieft in ein Buch oder einen Bericht. Die Einser-Schülerin liebte alle möglichen Arten von Text und begriff das geschriebene Wort als Tor zur Welt. Egal ob ein Schriftstück der geneigten Leserschaft eher Wissen oder Emotionen und Unterhaltung näher brachte – sie schätze gut formulierte Werke. Ihr Bücherregal zuhause oder in dem kleinen Studi-Apartment sah auch dementsprechend aus. Es reihten sich Fachbücher an Sachbücher an Romane, Novellen und Gedichtssammlungen. Egal wie klein ihr Zuhause auch war – eine ausgewählte Bibliothek definierte stets das Bild. Je nach Stimmung zog sie sich eines davon heraus und vertiefte sich. Am liebsten in der Natur. Bald würden auch die Bäume hier wieder in Blüte stehen, ein Anblick den die junge Frau seit ihrer Kindheit völlig in sich aufnahm. Es waren zwar nur ein paar Tage, aber diese vergängliche Schönheit machte mehr als deutlich, dass der Sommer vor der Tür stand. Der Frühling war einfach die beste Jahreszeit. Alles erwachte zu neuem Leben und die vielen knospenden Pflanzen trugen die eindringliche Stimmung einer Zeit des Aufbruchs. Noch war die wärmere Jahreszeit aber nicht herein gebrochen. Der ausgehende Winter sorgte nach wie vor mit seiner Präsenz dafür, dass die Gehende warme Kleidung inklusive Stulpen an den Beinen und Armen trug. Dennoch war es ein angenehmer, sonniger Tag. Die Sonne war seit langem heraus gekommen und beschien die noch von feinem Reif überzogenen Flächen. Haku hatte seiner Freundin für den Weg einen warmen Grüntee in einem Bambus-Becher mitgegeben, an welchen sie nun permanent nippte. Die feinherbe Note weckte die Lebensgeister und hüllte sie in eine angenehme, vorfreudige Stimmung auf das abendliche Vorhaben! Es war einfach so spannend nach all der Zeit wieder einmal selbst etwas zum valentinstag zuzubereiten. Es brachte ihr ein Gefühl von Nostalgie und lies die junge Erwachsene sich wieder ein Teenager fühlen. Plötzlich sank diese gelöste Stimmung langsam aber sicher ab und es machte sich ein undefinierbares Gefühl in Sakuras Magengegend breit. Eigentlich glaubte sie nicht an Eingebungen oder anderen esoterischen Quatsch. Aber dennoch war irgendetwas in ihr alarmiert. Aufmerksam geworden sah sie sich um. Es waren nicht viele Leute im Park. Ein alter Mann mit Hund, eine Läuferin und in nicht allzu weiter Ferne stand eine sehr schöne junge Dame, die ihr irgendwie bekannt vorkam. Viel war von ihrem Gesicht nicht zu erkennen, da sie eine weiße Maske trug. Ob sie wohl krank war? Waren sie nun bekannt oder nicht? Es war durch dieses Stück Stoff schwer zu sagen. Dabei sah die Fremde mit ihrer schlanken, fraulichen Figur und diesen unglaublichen Haaren eigentlich recht eindringlich aus. Die violette Fülle reichten der Schönheit bis zu den Oberschenkeln und glänzte sacht und weich im winterlichen Licht. Arbeitete diese Dame vielleicht in einem Geschäft? Wie eine Studentin sah sie nicht aus, dafür wirkte ihre Kleidung zu gehoben. Aber vielleicht... Die grünen Augen weiteten sich etwas. Das war doch Uzuki-sensei! Eine Laborantin, die in der medizinischen Fakultät der Universität arbeitete. Sie hatte hier und da einen Kurs im letzten Semester mitbetreut. Die langsam vorbei Schlendernde zupfte an einer der eigenen rosa Haarsträhnen, die unter ihrer Mütze hervor schauten. Wirklich beneidenswert...Gegen Uzuki-sensei sah sie selbst auf wie ein Kind. Eine totale Mauerblume. Mit ihrer hohen Stirn und dem eher sportlichen, etwas jungenhaften Körper. Das war es nicht, was Männer wollten, oder? Obwohl Sakura normalerweise nicht schüchtern war, wagte sie es irgendwie nicht die Frau zu grüßen. Wahrscheinlich würde sie sich ohnehin nicht an sie erinnern und so eine Begrüßung würde nur zu Verwirrung führen. Die innere Sakura sagte es Mantra-artig auf: 'Geh vorbei. Wenn sie aufsieht, nickst du zur Begrüßung! Bleib cool Sakura! CHAKA!!!'Doch Uzuki-sensei sah nicht auf. Sie schien völlig in Gedanken, als würde sie über etwas nachdenken. Völlig entrückt von dieser Welt. Schon hatte die Medizinstudentin den Park verlassen, als sie in ihrer Tasche nach ihrem Pflegelippenstift fasste. Diese irgendwie geisterhafte Erscheinung hatte ihren Lippen, die die ganze Zeit fest aufeinander gepresst waren, völlig ausgetrocknet. Die behandschuhten Finger griffen jedoch ins Leere. Hatte sie den Lippenstift verloren? Dabei hatte Hinata-chan ihr den von dieser Imkerei in Tono mitgebracht! Er war definitiv in der Tasche dieser Jacke gewesen. Zuletzt hatte sie ihn gestern verwendet, als sie den gleichen Weg ging. Suchend blickte sie sich danach um. Im besten Fall war er eben erst aus der Tasche gefallen. Der von ihr passierte Park lag schon in einiger Ferne und als sie sich danach umsah, traf sie ein Anblick auf den die sonst so Unerschütterliche gern verzichtet hätte. Eine wohl bekannte, hochgewachsene Gestalt näherte sie der unverkennbaren Uzuki-sensei. Offenbar war er spät und hatte sie warten lassen! Die Augen der Studentin waren geweitet, die Pupillen zu winzigen Stecknadelköpfen zusammen gezogen. Die grüne Hölle darin loderte. Unverkennbar Kakashi-sensei. Er trug wir immer die Maske, die seine angeblich seit Geburt empfindliche Lunge vor Staub aus der Außenwelt schützen sollte. Wer wusste schon, was er damit in Wahrheit von sich fern hielt!? Die abwärts Stehende beobachtete seine ungewöhnlich früh ergrauten Haare, die in dieser unüblichen, anziehenden Frisur bei jedem seiner Schritte auf und ab wippten. Selbst aus der Ferne bildete Sakura sich ein, jedes Detail zu erkennen. Private Kleidung an ihm zu sehen war ungewöhnlich, dennoch wirkte es nur umso attraktiver. Er trug einen schwarzen Rollkragenpullover unter einem zeitgemäßen Herrenmantel und dazu eine helle, grade geschnittene Jeans-Hose mit einigen Besonderheiten. Diese Kleidung machte ihn nur umso 'menschlicher' für die Studentin, holte ihn noch mehr in die Welt der 'Normalsterblichen' und hinab vom Podest des unerreichbaren Universitäts-Dozenten. Kakashi trug aber nicht nur diese ungewohnte, irgendwie exzentrische Kleidung, sondern auch einen großen Strauß weißer Blumen. Was genau das für welche waren, blieb allerdings unklar. Davon hatte die Medizinstudentin im Gegensatz zu ihrer Freundin Ino-chan auch nicht so wirklich viel Ahnung und es interessierte sie grade auch nicht, denn Sakuras Pupillen wurden im Folgenden stetig kleiner. Uzuki warf sich in die offenen Arme des anderen Wissenschaftlers. Die entfernt Stehende erinnerte sich daran, wie oft sie diese Arme angesehen hatte. Selbst unter dem vorgeschriebenen Hemd für Dozenten zeichnete sich die Kraft ab, die dem sonst so schlank wirkenden Körper inne wohnte. Wenn er da vorne erklärte, ab und an gezielt gestikulierte, harmonierten die Muskeln miteinander wie ein perfektes Uhrwerk. Die Arme, die Sakura sich so sehr wünschte, die so nach Sicherheit und Zuhause aussahen, schlossen sich nun um die andere Frau. Es sah innig aus, leidenschaftlich wie er diese ansprechende Dame so an sich drückte. Die Gesichtsausdrücke waren aus der Entfernung unlesbar, doch Kakashi legte die Wange an diesen wunderschönen Haaren ab. So weit fort wie sie nun stand, fühlte sie sich auch emotional von ihrem Dozenten entfernt. Langsam bildete sich ein Kloß in ihrem Hals und Sakura wandte den Blick ab. Bisher hatte noch nie ein Mann sie geliebt. Einst hatte sie ihr Herz an einen Jungen verschenkt. An einen, der es niemals haben wollte und direkt vor ihr auf den Boden warf. Ihr Streben, ihre Geduld und ihre Hingabe erreichten diesen Jungen nie. Das war damals in der Mittelschule gewesen und hatte das junge Mädchen so geprägt, dass sie sich danach nie wieder Gefühlen so hatte hingeben können. Ihre Meinung vom anderen Geschlecht war danach ersteinmal gesetzt. Erst jetzt als Erwachsene hatte sie die unabtötbaren Gefühle so langsam wieder zulassen können. Es war ein harter Kampf gewesen, ein stetiges strampeln gegen Unsicherheiten und Schuldgefühle. Nicht nur heute, hatte sie mit ihren Freundinnen oder ihren Mitbewohner darüber geredet. Nach dieser unendlichen Überwindung hatte sie diese aufkeimende Liebe zugelassen - und für was!? Sakura fragte sich, wieso andere Frauen Liebe verdienten, sie aber nicht. Sie hatte doch Qualitäten, oder? Sie kannte kaum jemanden, der so aufopferungsvoll, unterstützend und motivierend war wie sie. Ständig hatte sie versucht sich gesellschaftliche Normen für Frauen anzueignen. Sie hatte versucht 'süß' zu sein, 'cool' zu sein...Aber womöglich durchschaute man ihr Bemühen nur allzu leicht. War sie unauthentisch? Oder lag es doch an ihrem Aussehen? So langsam wallte ein Hass in ihr auf. Hass auf diesen Dozenten, der mit seinem guten Aussehen, seiner nonchalanten Art, den verträumten und immer irgendwie verlorenen Blick und der stetig coolen Attitüde so sympathisch und besonders gewirkt hatte. Wie alle anderen schien auch er nur jemand zu sein, der nach äußeren Attributen ging. Wer wusste schon mit wie vielen Frauen er sich wirklich einließ? Gerüchte behaupteten, man hätte ihn öfter als einmal mit Schmutzliteratur in der Bibliothek gefunden, aber sie hatte es ja nicht glauben wollen! Mit zitternden Kiefer drehte Sakura sich weg und ging fort. Richtung Einkaufspassage. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)