Boston Boys - Fragmente von Vampyrsoul (Kurzgeschichten zur Boston Boys Reihe) ================================================================================ Kapitel 41: Eloy – November 2017 -------------------------------- »Leo! Fuck! ¡Oh, dios mío!« Fluchend entließ ich meine Leidenschaft und sackte dann zusammen. Leonardo kicherte leise. »Ich hab doch gesagt, du sollst dich nicht bewegen«, murrte ich gegen seinen Nacken, sog dabei seinen herben Geruch auf. »Wenn die Kinder jetzt wach sind, ist es deine Schuld.« »Mhm, klar. Weil ich auch so rumgeschrien hab.« Da er angestrengt klang, rutschte ich von seinem Rücken und strich mit der Hand über die weiche Haut. Im Gegensatz zu meiner war sie zumindest an dieser Stelle absolut faltenfrei. Bei ihm zeigten sich gerade einmal die ersten im Gesicht. Er drehte das Gesicht zu mir und lächelte mich glücklich an. Ich konnte nicht anders, als mit der Hand zu seinen wilden Locken zu wandern und sie darin zu vergraben. Genießerisch schloss er die Augen und lehnte sich dagegen. Ich erhob mich etwas, küsste seinen Hals, den er dabei etwas streckte, was ihm ein wohliges Seufzen entlockte. Flüsternd erkundigte ich mich: »Warum hörst du eigentlich nie, wenn ich dir etwas sage?« »Weil es sich besser anfühlt, wenn ich dir nicht die ganze Arbeit überlasse«, antwortete er, ohne die Augen zu öffnen. Sanft küsste ich sein Ohr. »Und was bringt dir das, wenn du deshalb auf das Happy End verzichten musst?« Nur leicht schlug er die Augen auf, schnurrte fast schon, als er fragte: »Du willst mich also an der ausgestreckten Hand verhungern lassen?« »Sollte ich wohl, hm? Immerhin ist es nicht das erste Mal, dass du mich so ärgerst.« Er seufzte zufrieden, kam näher und stahl sich einen Kuss. Er griff nach meinem Arm und führte meine Hand zu seinem Hintern. »Du hast recht, vielleicht solltest du das. Aber kannst du das auch?« Ich griff zu, knetete seine Kehrseite. Natürlich hatte er recht. Ich würde ihn nicht verhungern lassen, auch wenn er es verdient hätte. »Dann dreh dich mal um.« »Gibt’s du mir bitte das Handtuch?« Er drehte sich halb auf die Seite und deutete hinter mich. Ich erhob mich und griff es mir von der Kommode, dann drapierte ich es so, dass er mit seinem schönen Hinterteil darauflag, als er sich vollständig auf den Rücken drehte. Ich hockte mich zwischen seine Beine, hob sie etwas an und beugte mich über ihn. Grinsend sah er zu mir auf. »Was wird das?« »Vielleicht möchte ich es auf eine zweite Runde ankommen lassen?« Ich küsste mich seinen Oberkörper hinab. »Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, aber so viel Zeit haben wir nicht mehr. Wir müssen die Kinder in zwanzig Minuten wecken.« »Spielverderber«, raunte ich, begab mich dann aber tiefer. Leider hatte er recht, das schaffte ich nicht mehr, zumal wir noch duschen mussten. Dann eben nur ein schneller Blowjob, damit auch er gut in den Tag starten konnte. Leise öffnete ich die Tür und betrat das Zimmer. Vorsichtig zog ich die Decke zurück und küsste den Kinderkopf, der darunter zum Vorschein kam. »Aufstehen, Großer.« Erst als er sich regte, schaltete ich die Nachttischlampe auf die kleinste Stufe. Maxime blinzelte und ließ sich noch zweimal über den Kopf streicheln, bevor er sich in alle Richtungen streckte. Mit einem herzhaften Gähnen richtete er sich auf. »Guten Morgen. Hast du gut geschlafen?« Er rieb sich über die Augen und nickte. Einen Moment wartete ich, ob er noch etwas antworten wollte, doch nichts geschah. Schade, früher hatte er noch ab und zu erzählt, was er geträumt hatte, doch mittlerweile tat er das kaum noch. Meist nur, wenn er Alpträume gehabt hatte. »Brauchst du Hilfe beim Anziehen?«, fragte ich, als er sich aus dem Bett schälte. Er war zwar schon fast neun, doch an schlechten Tagen brauchte er noch etwas Hilfe. Und diese häuften sich besonders, wenn er und seine Schwester am vorangegangenen Wochenende bei ihrem Vater gewesen waren. »Nein, danke.« Er tippte auf die Lampe, um das Licht heller zu stellen, und ging dann zum Stuhl, auf dem wir am Vorabend seine Sachen bereitgelegt hatten. Ich lächelte ihm zu und verließ das Zimmer, wobei ich die Tür hinter mir ranzog. Wenn er keine Hilfe benötigte, wollte ich ihm die Privatsphäre gönnen. Als ich am zweiten Kinderzimmer vorbeikam, hielt ich kurz an und warf einen Blick durch die Tür. Hier war das Licht noch gedimmt und Leonardo saß auf dem Bettrand, hielt Caroline im Arm und streichelte ihr über den Rücken. Ich ging hinein und küsste sie ebenfalls auf das Haupt. Leise fragte ich: »Wie lange braucht ihr?« Leonardo sah auf. »Viertel Stunde.« Ich nickte und entfernte mich dann leise. Caroline war schwer aus dem Bett zu bekommen, aber da wir uns die Arbeit teilten, konnten wir es uns erlauben, sie kuscheln zu lassen, bis sie für den Tag bereit war. In der Küche suchte ich alles für das Frühstück zusammen und schaltete den Herd an. Während ich darauf wartete, dass die Pfanne heiß wurde, nahm ich mein Handy vom Ladegerät und schaltete es ein. Ein paar Nachrichten in Maximes Klassen-WhatsApp-Gruppe, aber nichts, was dringend erschien. Außerdem die Mutter von Carolines bestem Freund, die fragte, ob sie ihn vorbeibringen könnte, damit wir ihn zur Bushaltestelle mitnahmen, sie musste wie so oft früher das Haus verlassen. Selbstverständlich war das kein Problem. Ich half ihr gern und sie hätte dasselbe für mich getan; besser: Sie hatte oft dasselbe für mich getan, als ich noch mit Caroline und Maxime allein gewesen war. »Eloy, kannst du dir das mal ansehen?« Maxime legte sein Heft auf den Küchentisch. Ich ging zu ihm hinüber. »Was gibt es denn?« Er zeigte mir eine Aufgabe, die im Heft markiert war, und bat, dass ich sie kontrollierte. Seufzend willigte ich ein. Es war immer wieder unheimlich, wie selbstständig er für sein Alter war. Selten bekam ich seine Hausaufgaben zu Gesicht, lediglich wenn er nicht allein weiterkam. Wären es nur die Hausaufgaben gewesen, wäre das nur halb so schlimm gewesen, ich hätte ihn einfach nur für besonders ehrgeizig oder begabt gehalten, doch auch in anderen Bereichen war er seinen Altersgenossen weit voraus. Vermutlich hatte er schon als kleines Kind häufiger Verantwortung tragen müssen, als es gut für ihn war. »So weit ich das sehe, ist das alles richtig. Vielleicht fragst du aber gleich nochmal Leonardo.« Mathehausaufgaben waren nicht wirklich mein Gebiet. Was er gerade lernte, war so ziemlich das Letzte, was ich zu meiner Schulzeit verstanden hatte. »Na gut.« Er klappte das Heft vorerst zu und sah mir beim Kochen zu. Als ich mich mit dem fertigen Essen umdrehte, um es auf den Tisch zu stellen, sah Maxime nicht mehr zu mir, sondern auf den leeren Teller vor ihm. Mit dem Finger zeichnete er unsichtbare Muster auf das Porzellan. »Was ist?« Besorgt streichelte ich über seine Haare, nachdem ich das Essen abgestellt hatte. Er hatte zwar etwas enttäuscht gewirkt, dass ich ihm nicht mit seiner Aufgabe helfen konnte, aber ich hatte nicht erwartet, dass die Enttäuschung so tief ging. »Ich wollte dich nur fragen ... Ich will nicht, dass ...« Als Schritte im Flur zu hören waren, brach Maxime seinen Satz ab und sah wieder auf seinen Teller zurück. »Caro ist gleich so weit«, sagte Leonardo beim Hereinkommen. Einen Moment sah ich zwischen Maxime und meinem Partner hin und her, wusste nicht ganz, was ich aus der Situation machen sollte. War etwas zwischen ihnen vorgefallen? Maxime schüttelte den Kopf, als müsste er lästige Gedanken loswerden, dann sah er zu Leonardo und lächelte. »Morgen! Kannst du dir gleich meine Hausaufgaben ansehen? Ich bin mir nicht sicher, ob das so richtig ist. So wie Mr. Welter die Aufgabe vormacht, verstehe ich sie nicht. Das macht so gar keinen Sinn und ist viel zu kompliziert! Und obwohl ich jedes Mal dasselbe rausbekomme, sagt er, ich darf sie so nicht lösen!« »Ich schau mir das gern gleich mit dir zusammen an. Vielleicht finden wir zusammen raus, was Mr. Welter möchte. Aber erstmal sollten wir essen.« Maxime nickte, schnappte sich sein Heft und lief damit aus der Küche. Noch immer reichlich irritiert hatte ich mir die Szene angesehen und wusste nicht, was ich davon halten sollte. Leonardo drehte seinen Kopf zu mir. »Ist alles in Ordnung?« »Ich bin nicht sicher ... Lass mich einmal kurz nach Maxime sehen. Irgendwas stimmte bei ihm nicht. Fang ruhig schon mit Caroline an.« Ich war schon fast aus der Küche raus, da fiel mir noch ein: »Ach ja, falls es länger dauert: Jetta bringt Luuk gleich vorbei, sie muss früher zur Arbeit.« »Okay. Dann hab ich ein Auge auf das dynamische Duo, damit sie uns nicht schon vor dem Kindergarten die Bude auf den Kopf stellen.« Dankbar lächelte ich ihn an und ging dann zu Maxime, der schon wieder auf dem Rückweg war. Ich hielt ihn auf, indem ich die Hand auf seine Brusthöhe hielt. Leise fragte ich: »Hast du noch Gesprächsbedarf?« Nach kurzem Zögern nickte er und folgte mir in sein Zimmer. Ich schloss die Tür und setzte mich neben ihm aufs Bett. »Was gibt es, was du nicht vor Leonardo erzählen magst?« Für eine Weile starrte Maxime auf seine Finger, verschränkte sie immer wieder ineinander. Dann sah er auf und ihm standen leichte Tränen in den Augen. »Ich will nicht, das Leonardo nächste Woche mitkommt! Ich will wieder mit dir allein gehen!« Als ich nach einem Moment begriff, was er wollte, nahm ich ihn eilig in den Arm. »Aber natürlich gehen wir wieder zusammen, bichito. Wie kommst du denn darauf, dass Leonardo mitkommt?« »Du hast es in den Kalender für uns alle eingetragen.« Ja, hatte ich. Zusammen mit allen anderen Geburtstagen. Ich hatte nicht erwartet, dass das für Maxime bedeutete, dass es ein Termin für uns alle war. »Weil in der Spalte alle Geburtstage eingetragen sind. Ich habe nicht weiter darüber nachgedacht. Es tut mir leid. Möchtest du, dass ich den Termin für uns beide noch einmal genauer eintrage und für Leonardo und Caroline einen anderen?« Langsam hob er den Kopf und obwohl ihm noch immer dicke Tränen über die Wangen rollten, lächelte er leicht. »Ja.« »Gut. Das machen wir gleich zusammen.« Mit dem Daumen wischte ich die feuchten Spuren fort. »Wie lange hat dich das jetzt schon geärgert?« »Seit letzter Woche.« Ich seufzte. »Bichito, auch wenn Leonardo bei uns wohnt, kannst du mir trotzdem sagen, wenn du etwas mit mir allein machen möchtest.« »Ich wollte nicht, dass er auch noch traurig wird.« »Das ist lieb, aber Leonardo versteht das. Und du musst nichts tun, was du nicht möchtest, nur weil es jemand anders traurig machen könnte.« Auch wenn es leider das war, was sein Vater von ihm erwartete. »Aber dann wärst du noch trauriger gewesen.« Mit großen, runden Augen sah er mich an. Liebevoll sah ich den kleinen Jungen an, der mittlerweile fast auf meinen Schoß gerutscht war. Er war seinem Onkel einfach viel zu ähnlich. »Du hast recht. Ich bin im Moment wieder sehr traurig.« Jedes Jahr erinnerten mich die Vorbereitungen auf Thanksgiving an meinen Mann, denn es bedeutete auch, dass sein Geburtstag näher rückte. Egal wie sehr ich versuchte, den Geist des Día de Muertos zu erhalten, dieses Datum erinnerte mich zu sehr daran, dass er keinen weiteren mit uns feiern würde. Mit seiner kleinen Hand griff Maxime nach meiner und flüsterte: »Ich auch.« Erneut nahm ich ihn in den Arm. »Du vermisst Mat auch sehr, oder?« Er nickte und wieder fühlte ich eine feuchte Spur an meinem Arm. Kaum hörbar murmelte er: »Ich kann mich nicht mehr an sein Gesicht erinnern.« »Das ist okay, bichito. Du warst noch so jung. Das ist ganz normal.« Ich drückte ihn etwas von mir weg und tippt mit dem Finger an die Stelle über seinem Herzen. »Wichtig ist, dass du dich hier an ihn erinnerst.« »Okay.« Tapfer nickte er. »Er ist sicher sehr stolz auf dich.« Ich gab ihm einen Kuss auf den Haaransatz und stand dann auf. »Komm, wir tragen unseren Besuch bei ihm richtig in den Kalender ein.« Eilig folgte mir Maxime in die Küche. Ich holte den Kalender von der Wand, damit er in unsere beiden Spalten »Friedhof« eintragen konnte. Als mich Leonardos Blick traf, formte er stumm mit den Lippen: »Alles okay?« Ich nickte ihm leicht lächelnd zu. Ja, es war okay. Nicht alles, aber meine Familie war glücklich. Und das war mir das Wichtigste. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)