Deine Tränen auf meiner Wange von Stiffy (Meine einzige Freiheit) ================================================================================ Kapitel 8: Unsere berauschende, verbotene Nähe ---------------------------------------------- Nachdem Liz gegangen war, blieben die Jungen noch eine Weile bewegungslos im Bett sitzen. Xaves war der erste, der es schaffte, sich zu rühren und das Tablett an sie heranzuziehen. Hier wiederum war es Lucius, der als erstes einen Bissen hinunterbrachte. „Wenn man jemanden sehr mag…“, drang es ihm über die Lippen. Xaves jedoch, zu sehr in seine eigenen Gedanken vertieft, verstand ihn nicht gleich, sah ihn fragend an. „Was?“ Der Prinz erwiderte den Blick seines Freundes und küsste ihn erst, bevor er sich traute, die Worte zu sprechen: „Ich mag dich sehr“, drangen sie flüsternd hervor und lösten aus, dass beide Jungen erneut so rot wurden, wie die schönsten Beeren auf dem Teller vor ihnen. „Ich dich auch“, flüsterte Xaves und schmiegte sich nahe an den anderen Jungen heran. Er wusste schon, dass es falsch war, dass er dies aussprach, aber er konnte einfach nichts daran ändern. Die Beiden aßen nur ein winziges Bisschen von dem, was Liz ihnen gebracht hatte. Der wirkliche Appetit fehlte ihnen an diesem Morgen, auch wenn sie sich eigentlich ziemlich wohl in ihrer Haut fühlten. Nur dass Liz es herausgefunden hatte, war ihnen peinlich, doch sie sprachen nicht darüber, um es nicht zu thematisieren. Stattdessen ritten sie aus. Schnell und mit der Nase hoch in der frischen Luft, den Duft des Grases in sich aufnehmend und die Sonnenstrahlen genießend. Hier erst fuhr ihnen das Glück der Nacht wirklich in den Bauch und als sie sich jauchzend auf der Blumenwiese wälzten, wusste sie nun auch mit Worten zu sagen, dass sie die Nacht nur noch enger verbunden hatte. Hier küssten sie sich ausgiebig und schraken nicht mehr vor der Reaktion des eigenen Körpers zurück. Hier warfen sie die Kleider von sich und wälzten sich liebevoll im Gras herum, während ihre Hände und Körper, ein klein wenig mutiger als in der Nacht zuvor, den jeweils anderen zum Stöhnen brachten. Mit dreckigen Haaren und teilweise zerschundener Kleidung kehrten sie am Abend zurück, ließen sich in der Küche das Abendessen schmecken, und bekamen dabei nicht mit, wie sich Liz und Calia über ihre Köpfe hinweg besorgt wissende Blicke zuwarfen. Die Jüngere hatte es nicht lange ausgehalten, das Geheimnis alleine auf dem Herzen zu tragen, und Calia hatte gespürt, dass etwas nicht stimmte, als ihr ältester Schützling in die Küche getrottet kam. Doch sie hatte nicht mit dem gerechnet, was Liz ihr erzählen würde und so hatte die Köchin den restlichen Tag damit verbracht, wieder und wieder den Kopf zu schütteln, traurig und besorgt, mit nicht einer einzigen Idee, wie sich dies zum Guten wenden könnte. Das Geheimnis jedoch blieb nicht bei Liz und Calia alleine. Zwar sprachen sie beide nicht weiter darüber, auch nicht mehr miteinander, doch waren die Jungen noch offensichtlicher als zuvor. So sah man sie dann und wann auf der Treppe oder im Stall küssen, sah sie an der Hand des anderen herumlaufen oder sich eng umarmen, wenn sie an etwas Freude hatten. Es war schnell für jeden in der Residenz klar, dass nun noch weitere Schritte sie zueinander geführt hatten, und bald schon trug in ihrer Gegenwart fast jeder den Blick im Gesicht, wie Liz und Calia ihn kaum noch ablegen konnten. Hier und da wurde über die Sache gemunkelt, darüber, was wohl schon alles geschehen war oder darüber, was passieren würde, wenn das Königspaar es erführe. Letzteres, so waren sich aber alle einig, wäre definitiv der Untergang. So also schwiegen sie beharrlich in den wichtigen Situationen und versuchten, sich nirgends etwas anmerken zu lassen. Keiner wollte schuld daran sein, dass das Königspaar es erführe. Dabei stellt sich natürlich die Frage, weshalb auch jetzt noch König und Königin nicht erkannten, was mit den beiden Jungen los war. Man mag es sich so erklären, dass für sie ihr Sohn etwas vollkommen Reines war. Sie hatten immer versucht, ihn nach ihrem Perfektionismus zu erziehen, daher verschwendeten sie wohl keinen Gedanken daran, dass sich irgendetwas in eine vollkommen andere Richtung entwickeln könnte, als sie es geplant hatten. Man mag es ignorant, verbohrt nennen, und vermutlich war es das auch, doch man mag auch verstehen, weshalb die Eltern die Augen davor verschlossen und das, was sie nicht sehen wollten, einfach nicht wahrnahmen. So kann man es ihnen auch nicht verdenken, dass sie Pläne schmiedeten, betreffend der Zukunft, die ihr Sohn beginnen würde. Viele Namen wurden angedacht, Familien und Bündnisse. Es fanden sich Termine und Gespräche wurden geführt. Und sie dachten wirklich, dass es etwas war, was gute für ihren Jungen sein würde. Von alle dem allerdings bekam der junge Prinz lange nichts mit. Sein Geburtstag ging dahin, ebenso der Xaves’, und der Sommer kam so schnell, wie er auch wieder ins Land zog. Die Abende wurden kürzer, die Nächte länger und die Jungen hatten mittlerweile viele Dinge über einander gelernt, über dies neue Etwas, das bald gar nicht mehr so neu war, aber doch immer wieder aufregend, immer wieder aufs neue Besonders. Sie lehrten einander die Lust, lehrten das Begehren und das gierige Verlangen nach einem anderen Körper; und je weiter die Tage vergingen und je näher der Herbst kam, desto experimentierfreudiger wurden sie. Und so kam es in einer Nacht, dass es Xaves war, der schrie, vor Lust, aber auch vor Schmerzen. Sie hatten oft davon gesprochen, es sich aber nie wirklich gewagt. Sie wussten nicht, ob es ging, doch sie wollten auch niemanden danach fragen, auch Liz nicht, obwohl diese ihnen sicher hätte helfen können. Auch ihr wollten sie dieses Thema nicht preis geben, welches sie so lange herumtrugen und überlegten, und welches doch irgendwann an sie herantrat, als die Lust sie überkam und sie sich in die Augen sahen und dabei spürte, dass es nun so weit war, dass sie bereit waren und sich auf diese Weise erkunden wollten. Xaves also schrie und bog sich. Er hatte Schmerzen erwartet, doch nicht auf diese Weise diesen quälenden Druck. Auch Lucius war erschrocken, während sein Freund sich unter ihm wand. Er wollte es sofort beenden, aufhören und ihn tröstend in die Arme schließen, die Tränen wegküssen, doch ließ der blonde Junge dies nicht zu, verlangte mehr, auch wenn ihm das Salz aus den Augen floss. Lucius fühlte sich hilflos und versuchte, den anderen mit sanfteren Berührungen zu beruhigen. Er strich ihm über den Rücken, küsste die Schulterblätter, während er weiter vor drang und das Schreien erstickend wurde. Er ertrug es kaum und war nun wirklich bereit, aufzuhören, alleine, weil er glaubte, dass sie einen riesigen Fehler begingen und dies definitiv nicht so gedacht war; doch eben in dem Moment, als er sich zurückziehen wollte, um endlich die Qual zu beenden, verstummte Xaves’ Schreien unter ihm. Er sprach den Namen seines Liebsten, beugte sich vor, fand das Gesicht. Die Augen blinzelten und das Gesicht verzog sich, doch dann spürte er, wie der Körper unter ihm sich zu bewegen begann und sich ihm entgegen drückte, statt vor ihm zu weichen. „Beweg dich“, flüsterte Xaves schwach und seine Finger zitterten, doch seine Augen zeigten, dass er es wirklich wollte. Lucius, dem zuvor schon längst selbst Tränen über die Wangen gelaufen waren, tat es also und zog sich zurück, drückte dann wieder vor. Wieder ein Schrei, doch dann, nach einigen wenigen Malen erkannte er den Unterschied in diesen Schreien. Er erkannte, dass in ihnen etwas mitschwang. Er bemerkte, dass die Lust, welche sie noch vor diesem Versuch so drängend empfunden hatten, nun aus den Schreien zu sprechen begann. Es war, als habe ihm jemand einen Stein vom Herzen genommen, so froh war er nun, da er mit den Händen nach vorne griff, Xaves küsste, innig und liebevoll, sowie seine Hände bekanntere Gegenden fanden. Noch immer war Xaves’ Gesicht feucht von Tränen, als sie beide sich wieder etwas voneinander trennten, als er sich in den Armen seines Liebsten drehte und ihre Arme sich umschlangen. Sie küssten sich lange und liebevoll, müde und erschöpft. Der Schweiß ihrer Körper verband sich, ebenso wie die streichelnden Berührungen, mit denen Lucius begann. „Hat es sehr wehgetan?“, fragte er schließlich. Er war sich nicht sicher, ob er das fragen durfte, aber er würde nicht schlafen können, ohne es zu wissen. „Ja“, kam es leise zurück und Xaves umfing ihn noch fester. „Aber es war auch schön“, hauchte er ihm ins Ohr. „Gegen Ende war es irgendwie toll.“ „Ja?“ Lucius fragte ängstlich, ein wenig unsicher darüber, ob sein Freund dies nur sagte, weil er ihn glücklich machen wollte. Doch Xaves’ nickte an seinem Hals und küsste diesen und wiederholte, dass es ihm gefallen hatte. „Wir können es wieder tun“, setzte er hinterher. „In ein paar Tagen vielleicht, wenn du willst…“ „Wir müssen nicht-“ „Doch.“ Er unterbrach ihn und drängte sich etwas weg, um in die braunen Augen sehen zu können. „Doch, ich will es“, sagte er hier, „weil ich dir dann nahe sein kann, wie nie zuvor. Dann sind wir eins, verstehst du?“ „Das sind wir sowieso!“, sprach Lucius schnell und strich ihm fest durchs Haar. „Ja, aber dann noch mehr. Dann gehörst du wirklich nur mir alleine, für einen winzigen Moment lang…“ Und der Junge ließ keinen Protest zu, auch wenn er wusste, dass Lucius nur gesagt hätte, dass sie ohnehin einander gehörten; denn er wusste es besser als der Prinz. Er kannte die Regeln dieses Lebens und wusste, dass, auch wenn er nur bedachte, was ihre Positionen waren, sie einfach nicht zueinander gehörten: nicht für die restliche Welt. Doch für einen Moment lang wollte er dies dennoch vergessen und glauben, dass es immer so sein würde. Und während die beiden in ihren Gefühlen zueinander vollkommen versanken, so tief, dass es vielleicht nie wieder ein Zurück geben würde, saß viele Zimmer weiter ein Elternpaar zusammen, die von alle dem nichts ahnten, und sich bald dazu entschließen würden, dem Sohn von der wichtigen, neuen Entscheidung in Kenntnis zu setzen. Es geschah ein paar Wochen später beim Mittagessen, während Lucius mit seinen Gedanken eigentlich vollkommen woanders war. Mittlerweile schien der Winter anzubrechen und er freute sich, bald mit Xaves im Schnee ausreiten zu können. Dann war es kalt und sie könnten auf keiner Wiese tollen, und doch gab der Winter eine so wunderbare Atmosphäre von sich, die der Prinz unbedingt mit seinem Diener teilen wollte. Den letzten Winter, immerhin, hatten sie mehr schweigend verbracht; so vieles wollte er nun nachholen. Dass seine Eltern ihm etwas Wichtiges zu sagen hätten, überraschte den Jungen nicht sonderlich. Sie kündigten es oft so an, wenn es auf irgendwelche gesellschaftlichen Anlässe ging oder bald wichtige Gäste im Haus erwartet wurden. So überraschte ihn bloß, wie merkwürdig forschend seine Mutter ihn ansah, bis er endlich das Besteck auf den Teller legte. Sie hatte schon damit gerechnet, dass er sich aufregen würde. Mit ihrem Gatten hatte sie genauestens besprochen, wie sie es ihm sagen würde, mit welchem Wortlaut. Eigentlich hatten sie alles durchgeplant und rechneten nur mit wenig kindlicher Wut; dass ihr Sohn allerdings aufspringen würde mit einem lauten „Niemals!“ auf den Lippen, und dann vor ihnen stand, als würde jeden Moment die Welt untergehen; nun ja, damit hatten König und Königin nicht gerechnet. Noch während er dort stand, mit geballten Fäusten und bereit dazu, gleich in die Luft zu gehen, fraß sich die Neuigkeit durch alle Räume, auch bis zur Küche hinein. „Der Prinz soll heiraten!“, hieß es hier, obwohl doch am Esstisch bloß von einer ihm bald vorzustellenden, potentiellen Braut die Rede gewesen war. Liz, Calia und auch alle anderen schraken zusammen. Sie rechneten damit, dass der Junge in ihrer Mitte sofort erschrocken zusammenbrechen würde, vielleicht weinen, eventuell schreien, obwohl das nicht seine Art war. Sie waren nahezu gefasst darauf, doch dass er vollkommen still sitzen blieb, das überraschte sie wohl alle am meisten. Blicke wurden gewechselt, flüsternd Vermutungen angestellt, dort, wo Xaves es nicht hören konnte, während man darauf wartete, was geschehen würde. Der Junge allerdings schob bloß seinen Teller von sich, erklärte, dass er keinen Hunger mehr habe und dass er nun Filena striegeln gehen würde. Wie erstarrt blieb ein jeder zurück und der Junge lief schweigend, aber mit erhobenem Kopf den Weg zum Stall hin. Dort sattelte er Filena, stieg auf und galoppiert einsam in den kalten Tag hinein, ohne sich umzusehen. Oben im Esssaal brach indes der Sturm los. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)