Abschied von Onlyknow3 (Karl May) ================================================================================ Kapitel 1: Winnetou ------------------- Das muntere Treiben im Dorf wurde nun langsam leiser und auch für Mark war es nun ein Zeichen, das Zelt zu verlassen und zu seiner Familie zurück zu gehen. Auch ich fühlte Müdigkeit, die sich langsam meiner bemächtigen wollte während ich über das nachdachte, was ich von Mark über Scharlih und seine Kindheit erfahren hatte. [style type="italic"] „Wenn es wieder einmal Probleme mit seinem Vater gab, ist Karl früher zu unserer Tante geflüchtet. Später dann auch mal mit mir in die Wälder, die wir dann durchstreiften. Dabei hat er seine Liebe zur Natur und zum Schreiben und Zeichnen entdeckt. … Er wollte die ganze Welt bereisen und hat jeden Groschen, den er damals auch schon durch das Schreiben verdiente gespart. Seine erste Reise führte ihn vor etwa zwei Jahren hierher in den Westen und nun ...“, Mark hatte den Kopf geschüttelt, als er auf das Lager blickte, auf dem Scharlih nun schon seit Tagen mit dem Tode rang. [/style] Über diese Gedanken musste ich tatsächlich eingeschlafen sein, denn das Dorf und somit auch ich erwachte. Mein erster Blick glitt zu der Lagerstätte, die mein Blutsbruder soeben verlassen wollte. Ich sprang auf und schaffte es im letzten Augenblick, ihn zu stützen. „Scharlih sollte noch nicht aufstehen“, tadelte ich und blickte ihn an. „Ich weiß mein Bruder, aber ich habe ein dringendes Bedürfnis und du hast noch geschlafen. Den hattest du offenbar auch sehr dringend nötig.“ Scharlih ließ sich zurück auf die Felle sinken und anschließend half ich ihm beim Verrichten dieses Bedürfnisses. Nachdem er sich noch ein wenig frisch gemacht und ich den Verband gewechselt hatte, stellte ich beide Schalen vor den Zelteingang und ließ diesen offen. „Was ist geschehen?“ „Wie fühlt sich mein Bruder?“, erkundigte ich mich, da ich die letzten Ereignisse noch nicht erzählen wollte und blickte ihn forschend an. Beides war eine große Kraftanstrengung für ihn gewesen. „Dank deiner Fürsorge, sehr viel besser. Was ist geschehen? Ich erinnere mich noch an einen Knall, dem ein stechender Schmerz folgte ehe mich Dunkelheit umfing.“ „Mein Bruder sollte etwas essen, damit er weiter zu Kräften kommt.“ „Ein Knall … stechender Schmerz … Dunkelheit“, murmelte Scharlih immer wieder und riss plötzlich die Augen auf „was ist mit Mark und seiner Familie?“ „Sie sind hier, mein Bruder braucht sich keine Sorgen zu machen. Und nun solltest du etwas Essen. Winnetou wird ihm anschließend alles erzählen.“ „Du erzählst, während ich esse.“ Ich nickte nachgebend, denn er musste essen und das würde er nicht tun, solange er nicht wusste, was geschehen war und so legte ich die Felle so, dass mein Blutsbruder sich an diese lehnen konnte. Anschließend reichte ihm zuerst einen Tee und dann eine Brühe mit Pemmikan. „Scharlih wurde von einer Kugel getroffen, aber Winnetou war schnell bei dir und konnte sie entfernen. Mein Bruder bekam Fieber, weshalb wir uns seit neun Tagen im Dorf von Roter Büffel befinden. Mark und seine Familie sind hier. Es geht ihnen gut.“ Scharlih seufzte erleichtert. Ich stand auf, ging zum Zelteingang, wechselte ein paar Worte mit einem Krieger, der sich in der Nähe unseres Zeltes aufhielt und ging zu meinem Blutsbruder zurück, der weiter die Brühe zu sich nahm. „Was ist mit den Kriegern, die uns begleitet haben?“ „Einige von ihnen gingen den Weg in die Ewigen Jagdgründe.“ Scharlih senkte kurz den Kopf. „Und die Soldaten im nahe gelegenen Fort?“ Ich reichte Scharlih ein Blatt Papier. „Mr Shatterhand, Häuptling Winnetou, wie sehr es mich freut, Ihnen mitteilen zu können, dass die Warnung noch zur rechten Zeit eintraf. Wir haben das Fort sichern und eine größere Gruppe der Ogellallah gefangen nehmen können. Vermutlich werden wir diese umsiedeln. Ich wünsche Old Shatterhand eine schnelle Genesung. Mit freundlichen Grüßen Kommandant Tom Wilkens“, las Scharlih dann auch laut vor und sah mich anschließend an. „Es waren Scharlihs letzte Worte, die Soldaten zu warnen, ehe er für Tage in die Dunkelheit gezogen wurde. Winnetou hat einige Krieger dorthin geschickt und diese sind wohlbehalten vor zwei Sonnen zurückgekommen.“ Kurz darauf vernahm ich Schritte, die vor dem Zelteingang innehielten und auch Scharlih schien diese gehört zu haben, denn er richtete seinen Blick auf diesen. Weitere Schritte näherten sich, verharrten einen Moment vorm Eingang und kurz darauf betrat Roter Büffel gefolgt von Mark das Zelt. „Roter Büffel ist erfreut, Old Shatterhand wach zu sehen“, Mark nickte bestätigend. „Ich danke Roter Büffel. Vor allem für seine Gastfreundschaft.“ „Old Shatterhand und auch Winnetou sind gern gesehene Freunde in den Zelten der Schoschonen und dürfen bleiben, solange sie möchten.“ Nach einem erneuten Dank meines Blutsbruders verließ Roter Büffel das Zelt auch schon wieder. „Roter Büffel ist Häuptling und hat sich um andere Belange zu kümmern als um einen Kranken“, erklärte Scharlih Mark auf dessen irritierten Blick, „aber nun verrate mir: wie geht es dir und deiner Familie. Habt ihr alles gut überstanden?“ „Besser als du Karl, denn dank euch, sind wir mit dem Schrecken davon gekommen. Die ersten Tage stand es richtig schlecht um dich und erst die letzten fünf Tage durfte ich dich besuchen. Winnetou ist ein wirklich besserer Arzt als unsere Quacksalber in Deutschland und da zahlst auch noch einen Batzen Geld für. Winnetou hingegen wollte nicht einmal meinen Dank dafür das er dein Leben gerettet hat.“ Scharlih sah kurz zu mir und richtete sich wieder ein wenig mehr auf. „Ich hoffe, du hast es ihm nicht übel genommen, aber so ist Winnetou nun einmal.“ Mein Bruder zögerte kurz, ehe er weiter sprach. „Mark, habt ihr euch schon Gedanken über eure Zukunft gemacht, denn in eure Hütte am Mountain Falls werdet ihr nicht zurück kehren können, da die Ogellallah vermutlich alles niedergebrannt haben.“ „Nein, haben wir nicht, denn wir sind sicher, dass sie unsere Hütte nicht kennen. Wir wurden ja nicht zuhause überfallen, Karl. Wir waren auf dem Heimweg von einer Siedlung in der Nähe von Fort Utah, etwa zwei Tagesritte von hier entfernt.“ „Old Shatterhand braucht jetzt Ruhe, damit er sich erholt“, unterbrach ich nun das Gespräch, da Scharlih die Augen kaum noch offen halten konnte. Mark wünschte weiter gute Besserung und verließ nun ebenfalls das Zelt. Scharlihs Kopf berührte noch nicht einmal die Felle und er schlief schon. Da Scharlih meine Hand festhielt, setzte ich mich an sein Lager. Auch ich musste wohl eingeschlafen sein, denn ich erwachte, als der Griff sich um meine Hand lockerte. Alarmiert sah ich zu meinem Blutsbruder, aber dessen Brustkorb hob und senkte sich und so stand ich leise auf und trat das erste Mal seit einigen Tagen wieder nach draußen. Dass Scharlih für länger erwacht war ließ mein Herz wieder leicht werden und ich atmete mehrere Male tief und endlich auch wieder befreit auf. Mein Weg führte mich zu den Pferden, wo ich von Iltshi und auch Hatatitla freudig begrüßt wurde. „Old Shatterhand ist erwacht?“, vernahm ich dann die Stimme Til-Latas, der mit den anderen Apachen in der Nähe der Pferde geblieben war und nun näher trat. „In einigen Tagen werden wir zum Pueblo zurückkehren können“, erwiderte ich und streichelte die beiden Hengste. Nach einigen Minuten drehte ich mich um und ging ins Zelt zurück. Ich blickte zum Lager, auf dem Scharlih noch immer schlief. Als ich das nächste Mal erwachte, fiel durch den geschlossenen Zelteingang noch kein Tageslicht Ich blickte zu der Bettstatt meines Blutsbruders aber diese war verlassen. Nachdem ich mich aufgesetzt hatte sah ich Scharlih, wie er neben seinem Lager stand und vorsichtig ein paar Schritte tat, wobei er aber weiterhin direkt neben der Lagerstätte blieb und sich immer wieder leicht daran abstützte. „Kann Winnetou irgendetwas für seinen Bruder tun?“, fragte ich während ich aufstand und zu ihm ging. Scharlih zuckte zusammen, ehe er mich entschuldigend ansah, denn offenbar hatte er nicht mitbekommen, dass ich erwacht war. „Ich weiß, dass Winnetou sich wünscht, dass ich noch ein wenig liegen bleibe, damit ich mich weiter erhole. Aber immer wenn ich mich aufsetze, überkommt mich dieser Schwindel und langsam möchte ich auch wieder damit anfangen, meine Beine wieder damit vertraut zu machen, meinen Körper zu tragen. Aber für jetzt reicht es mir erst einmal“, erklärte mir mein Bruder und legte sich zurück. Nun begann das morgendliche Ritual, welches ich nun schon seit neun Tagen durchführte, wobei ich diesmal nur den Verband zu wechseln brauchte. Sein Bedürfnis verrichtete er allein und auch beim Essen benötigte mein Bruder keine Hilfe mehr. „Kommt herein.“ Auch Scharlih hatte offenbar vernommen, dass jemand vor dem Zelteingang stehen geblieben war und bat diese nun herein. Mark trat ein, gefolgt von seiner Familie, die Scharlih erleichtert umarmte. Sie sprachen ein paar Worte in einer Sprache, die ich nicht verstand. „Ob ich dennoch den Orient weiter erkunden will, wenn ich wieder gesund bin? Ich weiß es nicht, da ich meinen Hafen gefunden habe“, Scharlih hatte in die Sprache der Bleichgesichter gewechselt, die auch ich verstand und sah mich dabei auch noch an. „Was ist mit euch Mark? Habt ihr euch überlegt, was ihr nun machen wollt? Ich hoffe doch, ihr zieht in eine Gegend, die sicherer ist.“ „Ähm … ja … also … wir haben lange darüber gesprochen und möchten zurück zum Mountain Falls und unser Haus dort wieder aufbauen.“ „Heißt das also, dass ich Hatatitla umsonst diesen halsbrecherischen Ritt zugemutet und mir auch umsonst eine Kugel eingefangen habe? Nicht zu vergessen in der Gefahr, in der Winnetou, die anderen Häuptlinge und die Krieger gewesen sind?“ „Denkt Häuptling Winnetou etwa auch, dass wir woanders sicherer wären?“ „Old Shatterhand gibt nur den Rat, das Haus nicht wieder aufzusuchen, da die Ogellallah die Bleichgesichter von ihren Jagdgründen vertreiben wollen. Es ist nicht die Entscheidung Winnetous und auch nicht die von Old Shatterhand, wo Mark und seine Familie leben sollen. Dieser ist erwachsen und kann die Entscheidung selbst treffen. Nur sollte Mark daran denken, dass sein Bruder beinahe sein Leben verloren hätte, um das Leben von Mark und seiner Familie zu retten.“ „Und ich hoffe, dass Anna weiß, dass es von nun an noch gefährlicher dort sein wird.“ Mark war gegangen, eine Squaw brachte uns Essen, ich schloss den Eingang des Zeltes um nicht mehr gestört zu werden. Als es an der Zeit war, rollte ich meine Decke neben Scharlihs aus. Dieser zog mich in seine Arme. „Danke mein Bruder. Vor allem dafür, dass du mich nicht einfach hast gehen lassen. Ich habe dich und auch deine Tränen die ganze Zeit gespürt.“ Er sah mich an, dann fuhr er leise fort „das wird aber unser Geheimnis bleiben, denn auch ich Liebe dich.“ Ich erwiderte seinen Blick und versank für einen Moment in diesen blauen Augen. Dann spürte ich plötzlich seine Lippen auf meinen. Während der zwei Tage, die wir noch im Dorf von Roter Büffel verweilten, besuchte Scharlih Hatatitla regelmäßig. Beide hatten sich vermisst, was Hatatitla aber deutlicher zum Ausdruck brachte als Scharlih. Als wir dann aufbrachen, begleitete uns die Familie von Mark. Dieser hatte sich bei Scharlih entschuldigt, noch einmal mit seiner Squaw gesprochen und gemeinsam hatten sie entschieden, sich doch woanders etwas Neues aufzubauen. Als wir die offene Prärie erreichten, wandten wir uns nach Süden, während es Mark und seine Familie Richtung Westen zog. Nach einem letzten Gruß gaben wir unseren Pferden die Zügel frei und jagten über die Ebene. Ich erwachte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)