Farben der Götter von Lily_Toyama (Geschichten bunt wie der Regenbogen) ================================================================================ Kapitel 2: [Orange] Sommercamp ------------------------------ Orange, die T-Shirts waren knallorange. „Was sollen wir denn damit?“ Alexis warf Anthony einen Blick zu und grinste. „Sie anziehen?“ Dumme Kuh, als wäre sie nicht genauso überfordert mit der Situation wie er. Doch natürlich musste sie als Ältere von ihnen beiden, die Erfahrene raushängen lassen. Sie waren Zwillinge und Alexis hatte sich ganz sicher vorgedrängelt, sonst wäre er der Ältere geworden. „In Warnwestenorange?“ Der ältere Junge, Lee, der der ihnen ihre Klamotten überreicht hatte, lächelte. „So schlimm ist die Farbe nicht. Man gewöhnt sich dran, versprochen.“ Er sah ihnen gar nicht ähnlich, dabei waren sie angeblich Halbgeschwister. Seltsamerweise war das von all den unglaublichen Sachen, die Anthony und Alexis in den letzten zwei Tagen erlebt hatten, die Tatsache, die am schwersten für ihn zu glauben war. Und seit der Satyr sie vor zwei Tagen von zuhause abgeholt hatte, waren wirklich viele seltsame Dinge passiert: Monster, die sie angriffen, Götter, die es wirklich gab oder ein Zentaur, der ein Camp für Halbgötter leitet. Anthony hatte sogar recht schnell akzeptieren können, dass sein Vater ein Gott war, der ihn und Alexis anerkannte hatte, indem beide golden geleuchtet hatten – Anthony ein bisschen früher, was ihn ziemlich stolz machte, auch wenn er das nie zugeben würde und Alexis das mit dem früher sicher abstreiten würde – doch die Sache mit dem Halbgeschwistern machte ihm zu schaffen. Vor allem die scheinbar riesige Anzahl. Ihr ganzes Leben waren sie immer nur zu zweit gewesen. Wie konnten es nur so viele sein? „Ihr könnt euch jetzt umziehen, ich warte dann draußen.“ Riss Lee ihn aus seinen Gedanken. „Wenn ihr fertig seid, kommt raus, ich zeige euch dann alles.“ „Danke.“ Alexis lächelte dieses bestimmte Lächeln, von dem nur Anthony normalerweise wusste, dass es falsch war und sie in diesem Moment entweder stinksauer oder total verängstigt war. Auch Lee lächelte. „Wir sind nicht verrückt.“ „Wie bitte?“ Die Zwillinge tauschten einen Blick. „Den Blick kennen ich von Kayla, unserer Schwester. Aber du brauchst keine Angst haben, wir sind nicht verrückt.“ Mit diesen Worten schloss Lee die Tür hinter sich. „Wo hat Grandma uns da nur hingeschickt?“ Alexis seufzte. Anthony zuckte mit den Schultern. „Er sieht uns schon etwas ähnlich, findest du nicht?“ Er eigentlich nicht, aber Alexis sollte ihn beruhigen, ihm das Gefühl geben, alles würde gut werden. Doch sie tat es nicht. „Weil er dunkelblonde Haare hat wie ich und ihr beide blaue Augen? Das gibt es sicher häufiger. Dreh dich um.“ „Ernsthaft?“ „Ja.“ Jetzt seufzte er. „Letzte Woche hat Grandpa uns noch zusammen nackt in die Badewanne gesetzt.“ Doch er drehte sich um und zog sich dann sein – etwas zerfetztes – Shirt über den Kopf. „Tony, das ist mindestens vier Jahre her, nein warte, ich glaube sogar fünf. Da waren wir noch klein, da spielte so was noch keine Rolle.“ Ihre Stimme klang dumpf unter dem Stoff. „Sie werden uns doch nicht trennen?“ Er hatte den Gedanken ohne nachzudenken ausgesprochen und jetzt war er ihm fast etwas peinlich, es klang so weinerlich. „Uns kann nichts trennen, egal was kommt.“ Und Alexis klang dabei so ernsthaft, dass Anthony wusste, er war nicht der einzige, der sich darüber Sorgen machte. „Zwillingsschwur?“ Anthony dreht sich um und hielt Alexis seinen Daumen hin. Lächelnd verschränkten sie ihre jeweils linken miteinander – kleine Finger waren etwas für Kleinmädchenschwüre. „Zwillingsschwur.“ Für ein paar Sekunden war es still zwischen den beiden bis Alexis sich bewegte. „Komm zieh dir das T-Shirt an, dann wird Lee uns alles zeigen.“ Als sie die Tür öffnete stand Lee ziemlich nah an der Tür und Anthony konnte sehen, wie Alexis misstrauisch die Stirn runzelte. Doch Lee ließ sie nicht zu Wort kommen. „Komm, ich möchte euch als erstes unsere Geschwister vorstellen und unsere Hütte, dann seht ihr auch, wo ihr schlafen werdet.“ Doch so leicht war seine Schwester nicht abzulenken. „Du hast gelauscht.“ Ihre Stimme war vorwurfsvoll, sehr vorwurfsvoll. „Ich?“ Lee tat überrascht und etwas beleidigt, doch Anthony kaufte ihm das nicht ab. Er konzentrierte sich. „Wirklich?“ Wenn er in diesem bestimmten Ton sprach und die Leute dabei konzentriert fokussierte, sagten sie ihm normalerweise immer die Wahrheit. Doch Lee starrte ihn nur mit offenem Mund an. „Versuchst du gerade mich zur Wahrheit zu verführen?“ Anthony zuckte mit den Schultern und brachte den anderen – seinen Halbbruder – damit zu lachen. „Ich glaube, wir werden sehr viel Spaß miteinander haben.“ Dabei zog Lee Anthony und Alexis so, dass er ihnen beiden jeweils einen Arm um die Schultern legen konnte. „Hey.“ Alexis versuchte halbherzig zu flüchten. Doch Lee ignorierte es. „Und jetzt meine Geschwister schaut: Euer neues Zuhause für die Sommermonate.“ Anthony tat wie ihm befohlen und sah Hütten, eine kleine Arena und viele Kinder mit orangen T-Shirts. Wenn sie sie alle trugen, war die Farbe vielleicht wirklich nicht so schlimm. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)