DREAMS von Engelskrieger (Willkommen in meinem Kopf) ================================================================================ Kapitel 2: Ushebti (geträumt am 09.08.2016) ------------------------------------------- Drei junge Frauen gehen zügig eine Straße entlang. Die Gegend ist schäbig, so wie der Großteil der Stadt, doch hier ist sie am schäbigsten. Sie sind wie Zivilisten gekleidet, benehmen sich jedoch wie Polizistinnen und beschlagnahmen Waffenaufsätze und Munition von den Kindern, die damit am Straßenrand handeln und nicht schnell genug vor ihnen davonlaufen können. Doch rennt keine von ihnen den Kindern hinterher, die drei haben ein anderes Ziel vor Augen. Sie erreichen ein großes, weißes und rundes Gebäude. Ein Wohnkomplex mit vier Etagen. Vier Wohnungen mit je zwei Balkonen, die sich gegenüberstehen. Das Gebäude wirkt von vorn wie hinten gespiegelt, innen sind jedoch nur die Wohnungen zueinander identisch. Die Raumaufteilung ist nicht symmetrisch und wirkt auch nicht, als befänden sie sich in einem runden Gebäude. Ein Treppenhaus mit Fahrstuhl verbindet über identische Flure alle Wohnungen miteinander. Die Frauen wirken leicht nervös. Scharen von Leute stehen am Tor und warten, genau wie sie, auf Einlass. Auf jede Person wird bei Betreten des Grundstückes automatisch ein temporärer Schutzzauber gelegt. Dieser wirkt jedoch in zwei Richtungen: er schützt seinen Träger, solange er sich auf dem Grundstück befindet, aber nur, wenn es sich dabei nicht um "ungebetene Gäste" handelt. Dann reagiert er wie ein Metalldetektor und wechselt sofort seine Form, die den Träger fesseln und an den Boden binden, bis das Sicherheitspersonal eintrifft. Heute scheint es jedoch ruhig zu sein, so laufen alle mit neonfarbenen (gelb, blau, grün oder pink), leuchtenden "Helmen" und "Flügeln" herum, die aussehen, als hätte man per Lichtmalerei grobe Konturen in die Luft gezeichnet. Bei genauerem Betrachten fällt auf, dass einige wenige "schöner gezeichnet" sind, als die meisten anderen. Grund ist die Sicherheitsstufe oder der Status denen die Träger angehören und dementsprechend einen wirkungsvolleren Schutz tragen. Neben dem Personal und wichtigen Personen, sind die drei Frauen die einzigen von den Neuankömmlingen, die solche schön gezeichneten, besseren Zauber erhalten. Eine von ihnen seufzt leise, unglücklich darüber ihren Schutz in Pink bekommen zu haben und wirft einen leicht neidischen Blick auf das Gelb und Grün ihrer Freundinnen, die der Farbe keine Beachtung schenken. Dann wendet sie sich an sie, beide noch einmal ermahnend äußerste Vorsicht walten zulassen. Immerhin gilt es noch das Gebäude zu betreten, noch stehen sie erst im Vorhof. Auch stehen ihnen noch weitere Schleusen und Kontrollen bevor, je tiefer sie in den Wohnkomplex vordringen werden. Der ihnen gegebene Schutz wird dabei nicht nur nützlich sein, sondern könnte auch die Aufmerksamkeit der falschen Leute auf sich ziehen. So begeben sie sich hinein, durch Flure, Zwischenräume und wechselnder Stockwerke, bis der Schutzzauber plötzlich verblasst und verschwindet. Das Zeichen dafür, dass sie die innersten und wichtigsten Teil des Gebäudes erreicht haben und sich nun innerhalb der Barriere befinden, die diesen komplett umschließen. Jeder mit bösen Absichten, der es trotz Kontrollen bis hierhin geschafft haben könnte, würde spätestens jetzt scheitern, den Alarm auslösen und wie eine Fliege im Netz in der unsichtbaren Wand stecken bleiben. Die drei passieren noch eine letzte Kontrolle, dann treten sie, nach einem langen, düsteren Flur, durch eine Doppeltür in einen großen Raum. In dessen Mitte und von Kissen umsäumt, sitzt eine Frau auf dem Boden. Gekleidet wie eine Pharaonin, doch am Körper bandagiert wie eine Mumie. Ihr Gesicht ist stark geschminkt, doch ohne ihre gereifte Schönheit zu verdecken. Um sie herum sitzen ihre engsten Berater und Vertraute. Dunkle Augen unter dunklem Kajal mustern jeden ihrer Schritte aufmerksam und unter strengem Blick, als sie sich ihr mit respektvollem Abstand nähern. Dann fallen sie demütig vor ihr auf die Knie, die Hände auf den Boden und den Kopf gesenkt. Die Königin erhebt die Stimme, die in dem weitläufigen, doch karg ausgestatteten Raum leicht widerhallt. Sie erkundigt sich nach dem Stand der Dinge und dem Ausgang ihrer Mission, auf die sie die drei Frauen losgeschickt hat und von dieser sie nun zurückgekehrt sind. Sie bestätigen ihr, dass alles so verlief, wie sie es gehofft hatte und die Königin als unschuldig erachtet wird. Zufriedenheit und Erleichterung blitzen kurz in ihren Augen auf, doch ehe sie sich erneut an sie wenden kann, erhebt sich ein junger Mann aus der Masse der Anwesenden und setzt sich neben sie, einen Arm um sie legend. Ihr Sohn, Erstgeborener und einziger Nachkomme der Pharaonin. Seine Kleidung steht ihrer in Nichts nach, doch statt dem Pschent, der auf ihrem Haupt ruht, trägt er einen goldenen Helm mit Horus' Antlitz, der sein Gesicht verdeckt. Hinter dieser Maske drückt auch er seine Freude über diese Nachricht aus, ehe er den Kopf Richtung Mutter wendet und seufzend verkündet sich das nächste Mal etwas Besseres einfallen lassen zu müssen, um erfolgreich zu sein. Erschrocken weiten sich die Augen der Königin, während sie nichts als ihr Spiegelbild in der goldenen Oberfläche des Falkenkopfes sieht. Noch während ein Raunen durch die Reihen der, ebenfalls von dieser Aussage überrumpelten, Berater geht, springen zwei der Frauen auf, um sich schützend zwischen ihm und der Königin zu werfen und diese in Sicherheit zu bringen. Die dritte wirft sich dagegen direkt auf ihn und wächst dabei auf ihre dreifache Größe an, wobei sich ihr Aussehen zu einer halb verfallenden und vertrockneten Leiche verändert. Mit einer Hand erwischt sie eines der Beine des Prinzen, umgreift es mit eisernem Griff, und schleudert ihn dann daran in alle Richtungen gegen die Wände und den Boden. Die Entsetzensschreie der noch nicht geflohenen Anwesenden werden nun laut. Sie übertönen das Knacken und Brechen der königlichen Knochen, doch gelten ihre Schreie nicht dem Spektakel, sondern der leichenhaften, jungen Frau. Sie hört von alldem jedoch nichts. In ihrem Kopf tobt ein Wirbelsturm. Dann lässt sie den Prinzen los, der, als verdrehter Fleischhaufen "umgeformt", auf den nun roten Fliesen aufklatscht. Die Frau schrumpft auf Normalgröße zurück. Ihre braune, ledrige Haut wird wieder weich und rosig, das ausgefallene Haar wächst voll und glanzvoll auf seine alte Länge zurück. Sie atmet tief ein und aus. Die Verwandlung strengt den Körper ungemein an, noch dazu verfällt sie dabei immer in eine blinde Rage, sodass sie sich zunächst einmal beruhigen muss. Sie lässt den Blick durch den Raum schweifen. Die Königin ist von ihren Begleiterinnen erfolgreich in Sicherheit gebracht worden, nur noch einige Verwirrte torkeln verängstigt umher. Also hilft sie ihnen den Ausgang zu finden, bleibt dabei aber im Hauptraum, den sie nun nicht mehr verlassen kann. Der Alarm wurde ausgelöst und die Barriere lässt keine Monster durch, selbst wenn sie auf der Seite der Königin stehen. Schweigend schließt sie die schweren Flügel der Doppeltür hinter den letzten und kehrt ihnen den Rücken zu. In weniger als einer Stunde wird das gesamte Gebäude geräumt sein und dann kommt niemand mehr rein oder raus der hier nicht das Sagen hat. Der Prinz öffnet die Augen und setzt sich auf. Seine Knochen sind gerichtet und die Haut spannt sich über straffe Muskeln. Seine zuvor prachtvolle Kleidung hängt ihm jedoch nun in blutigen Fetzen vom Körper. Der Helm ist gebrochen, die Horusmaske liegt in einer dunklen Ecke des Raumes, so zeigt sich ein attraktives, doch auch arrogantes und eitles Gesicht. Sein Blick fällt auf eine schöne junge Frau, die ihm mit ausdrucksloser Miene gegenübersitzt und das Geschehen seiner "Wiedergeburt" aufmerksam verfolgt. Lächelnd setzt er sich entspannter hin, fragt sie, ob sie seine Ushebti sei und betont ihre Schönheit, aber auch ihren mangelhaften Kleidungsstil, den er zu verbessern weiß. Dabei rückt er ihr immer näher, bis sie seine Stimme nicht nur direkt in ihrem Ohr, sondern förmlich in ihrem Kopf hört. Sie fragt, wie die junge Frau den Tod gefunden hat. Zu spät bemerkt sie dabei seine Hände auf ihren Schultern, während ihr Augen längst von seinem Kohle umrandeten Blick wie gefesselt sind und er tief in sie hinein sieht - bis er durch ihre Augen auf einen anderen jungen Mann vor sich sieht: Ein Freund. Er bedrängt sie. Eine Freundin steht daneben. Sie hilft nicht, mehr noch, wirkt genervt. Sie sagen ihr, sie solle nicht immer so verklemmt und abweisend sein. Was sie auch vorhaben, es gefällt ihr nicht. Sie will gehen. Er wird langsam wütend, beginnt an ihr zu zerren. Sie wehrt sich mit den Händen und sucht mit den Augen nach Hilfe. Doch es kommt keine. Sie verletzt ihn im Gesicht. Jetzt ist er wirklich wütend. Er schlägt sie und stößt sie. Sie verliert das Gleichgewicht, stolpert nach hinten und fällt. Sein Gesicht wird kleiner, während er ihr mit immer größer werdenden Augen hinterher sieht. Dann landet ihr Körper brechend und verdreht auf dem Schneidwerk eines Mähdreschers. Er gehört ihrem Vater. Er hat ihn gerade neu gekauft. Sie wollten an dem Tag damit gemeinsam auf das Feld fahren und ihn einweihen. Der Prinz weicht nun selbst erschrocken zurück. Seine Lippen formen das Gleiche, was die Angst erfüllten Berater geschrien haben, ehe sie den Raum verließen. Eines weiß er nun: diese Frau ist nicht für ihn gestorben um als ewige Dienerin bei ihm zu sein, sondern starb bereits vor sehr langer Zeit, ihr Dasein nun als Untote fristend. Er schreckt erneut zusammen, als sie ihm daraufhin ihr "wahres Gesicht" zeigt: die eine Hälfte ist jung und schön, doch die andere ist gebrochen und verschoben. Haut und Muskeln hängen ihr in Fetzen von den Knochen und das Auge baumelt erschreckend locker. Die Wange ist durchlöchert und ihr fehlen Zähne, sowie die halbe Nase. Die restliche Hälfte ihres Körpers weist ähnliche Verstümmelungen auf. Sie lächelt traurig und senkt den Kopf, dann erzählt sie ihm keine Rachegefühle zu haben. Am Anfang vielleicht, doch nur kurz. Es war eine unangenehme Situation gewesen, die in eine schreckliche Tragödie eskalierte. Geendet hat es da jedoch nicht, was das eigentlich Schlimmste gewesen war: sie hatte noch gelebt. Doch keiner ihrer Freunde hatte es gewagt sich ihr zu nähern, sie gar anzufassen oder Hilfe zu holen. Feige hatten sie die Flucht ergriffen und sie kläglich verbluten lassen, nur um sich gegenseitig Alibis geben und ihren Kopf aus der Schlinge ziehen zu können. Ihr Vater war ein gebrochener Mann gewesen, deswegen konnte sie nicht einfach gehen und ihn allein lassen. Also kam sie zu ihm zurück: Nachdem der Schmerz verschwunden war, öffnete sie die Augen und kletterte vom Schneidwerk. Am Anfang hatte er sich sehr darüber gefreut. Doch mit der Zeit wusste sein Verstand damit nicht mehr umzugehen, immerhin musste der Vorfall ein Geheimnis bleiben. Auch ihre "Freunde" wurden ein Problem, schließlich wussten sie von ihrem Tod. So fand ihr Vater schnell heraus wer die Schuldigen waren und wollte Gerechtigkeit für etwas, das längst nicht mehr zu richten war. Aus Liebe und Angst um ihn verließ sie ihren Vater, ihre Stadt und ihr Land. Das war vor sehr, sehr langer Zeit. Und weder ihr Vater, noch die, die ihren Tod zu verantworten haben, leben noch. Die junge Frau schaut wieder hoch und der Prinz sieht ein wieder schön gewordenes Gesicht vor sich. Jemand wie ihr ist ihm zuvor noch nie direkt begegnet, doch hat er schon viel über Wiederkehrer gehört und gelesen: Ruhelose Seelen, die grausam den Tod gefunden haben und durch noch unerklärliche Mächte einen letzten Faden aufrecht erhalten konnten, der sie mit ihrem verschiedenen Körper bindet. Anders, als Zombies und Ghoule, mit der sie von Unwissenden schnell verwechselt werden können (und was die panisch flüchtenden Berater auch getan haben), dürstet es sie nicht nach Menschenfleisch und auch sonst sind sie weder hirntot noch triebgesteuert, sondern bei klarem Verstand und vollständiger Kontrolle ihres Körpers. Die Macht, die sie an das Diesseits bindet, lässt sie weder altern, noch weiter verwesen. Dazu kommt die Fähigkeit das wahre Ich zu verbergen und einige mehr, so wie es ihre vorherige Verwandlung bestätigt. Doch diese Besonderheiten sollen von Wiederkehrer zu Wiederkehrer verschieden und sehr individuell sein. Man vermutet, dass diese "zweite Form" das Gegenstück zu ihrem Tod darstellt. In ihrem Fall ist der Auslöser und die Wahl dieser Form wohl der Gedanke, dass sie ihren Tod hätte verhindern können, wenn sie damals nur stärker gewesen wäre - auch wenn der Preis dafür blinde Wut zu sein scheint, mit der sie auch die in Gefahr bringen könnte, die sie eigentlich beschützen möchte. So verschieden sind sie beide demnach nicht, äußert der Prinz dann. Er selbst, wie auch seine Mutter, zählen zu den Mumien, also ebenfalls lebende Leichen, wenn man es direkt betrachtet. Durch die Macht ihrer Götter wurde ihnen dieses neue, fast unsterbliche Leben geschenkt. Ihr wahres, mumifiziertes Aussehen offenbart sich nur im Schlaf, die einzige Möglichkeit sie zu töten. Ansonsten funktionieren ihre Körper, von der schnellen Selbstheilung abgesehen, wie zu ihren Lebzeiten. So war es der Königin auch möglich gewesen nach ihrem Ableben einen Sohn zu gebären, der wiederum ihre Eigenschaften direkt geerbt hat. Ihr Angriff auf ihn war also völlig sinnlos und sogar unnötig gewesen. Zum einen hätte sie ihn auf jede erdenkliche Art und Weise töten können, selbst aufessen, er würde trotzdem immer wieder zurückkommen. Zum anderen ist die Königin nicht wirklich in Gefahr gewesen, wenn sie nur im Schlaf getötet werden kann. Doch ihre Intuition hat sie dazu verleitet, schließlich weiß man nie welche neuen Methoden der Feind entwickelt, um seine Ziele zu erreichen. Die Tatsache, dass er jedoch der Feind ist, war was alle so überrascht und schockiert hat. Zu gerne würde sie jetzt bei ihrer Königin sein und ihr in diesen schweren Momenten zur Seite stehen. Vom eigenen Sohn so verraten zu werden.. Langeweile. Machtgier. Sie soll es sich aussuchen. Mit diesen Worten erhebt sich der Prinz, streift den zerbrochenen Rest seines Helm vom Kopf und wirft ihn von sich. Scheppernd rollt er über den Boden und durch kleine Blutlachen und zieht dabei feine rote Linien, ehe er liegen bleibt. Der junge Mann reckt sich kurz und sieht sich dann unbesorgt um. Der Wiederkehrerin schenkt er dabei keine Beachtung mehr, bis er sie hinter sich leise lachen hört. Er wendet den Kopf leicht in ihre Richtung und wirft ihr einen herablassenden Blick aus den Augenwinkeln zu. Das Lächeln der jungen Frau verblasst nicht, doch erwidert sie seinen Blick mit einer steinernen Härte in der Mimik und eisigem Glanz in den Augen. Er soll nicht vergessen, wo er ist. Ihre Stimme klingt ebenfalls hart und eisig. Die Barriere ist noch immer aktiv und sie wird es auch bleiben. Man könnte ihr auch eine gewisse Intelligenz oder gar ein Bewusstsein zuschreiben, denn da jemand Untotes den Alarm ausgelöst hat, ist sie nun darauf aus alles und jeden dieser Art in sich gefangen zu halten. Einzig die Person, die die Barriere erschaffen hat kann diese auch wieder aufheben, und dies wird in ihrem Fall nur die Königin selbst sein. Die Frau, die er zu töten versuchte. Sein ihm entgleisender Gesichtsausdruck amüsiert die jung aussehende Frau kurz, ehe ihr Lächeln verblasst und sie langsam ebenfalls aufsteht. Seine Frage, ob sie seine Ushebti sei, liegt der Realität nicht allzu fern: Sie ist alles andere als seine Dienerin, dieser Ort hier aber nun ohne Zweifel sein "Grab". Es gibt kein Entrinnen - zumindest solange seine Mutter keine Entscheidung über seinen Verrat getroffen hat. Bis dahin wird sie bei ihm bleiben und ein Auge auf ihn haben. Als sein persönlicher Grabwächter. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)