Coma-Boy and his pack von GingerSnaps ================================================================================ Kapitel 7: Derek – Die Schuld zur zweiten Natur ----------------------------------------------- Derek starrte den bräunlichen Wasserfleck auf dem Deckenpanel aus Styropor über sich an. Er sah aus, wie die starke Vergrößerung eines Bärtierchens, erkannte er plötzlich. Die ganze Zeit hatte er sich bereit das Hirn zermartert, woran er ihn bloß erinnerte und nun war es ihm endlich eingefallen. Es hatte ihn bereits vollkommen verrückt gemacht! Stiles war ein Wissenschafts-Nerd. Von ihm wusste er überhaupt erst, was ein Bärtierchen war, wie diese aussahen und was es für erstaunliche Kreaturen waren. Er plapperte eben ständig über dieses Zeug. Früher hatte Derek das genervt. Irgendwann dann nicht mehr, da hatte er bloß noch so getan, jedoch nach innen hin gelächelt. Wäre Stiles gerade hier bei ihm gewesen, dann hätte er ihm längst sagen können, wonach dieser verflixte Fleck aussah. Aber Stiles war nicht bei ihm. Diese ausgediente Krankenhauspritsche, die Derek zu seinem Bett auserkoren hatte und auf der er gerade lag mochte nicht besonders bequem sein, aber seine Ansprüche in Sachen Komfort waren ja auch nie sonderlich hoch gewesen. Er hatte schon in einer Ruine gelebt, in einem alten Güterbahnhof und nun in einem zugigen, unrenovierten Loft mit einem riesigen Loch in der Wand im fünften Stock eines Fabrikgebäudes ohne Fahrstuhl. Sich eine Weile im Keller eines Krankenhauses zu verstecken, würde ihn da mit Sicherheit nicht umbringen. Er war direkt wieder hierher gekommen, nachdem er Stiles hier eingeliefert, dem Sheriff alles erzählt und dann zuhause ein paar Sachen zusammengepackt hatte. Auf den Zusammenstoß mit Scott hätte er natürlich verzichten können. Andererseits hatte der ja auch nichts zu ihm gesagt, was Derek nicht bereits selbst gewusst hatte. Es war wieder einmal alles seine Schuld? Ja, war ihm bereits bekannt! Und dass sein Alpha und sein Rudel von ihm dachten, ihm seien sie alle egal und er würde sie im Stich lassen? Das war ja ebenfalls nichts neues! Doch nein, Moment mal, da gab es ja doch einen im Rudel, der nicht so von ihm dachte! Aber der lag nun zwei Stockwerke über ihm in einem Krankenbett und kämpfte um sein Leben. Weil Derek ihn im Stich gelassen hatte! Sorry Kleiner, hättest du mal besser auf deine Freunde gehört! Derek musste neuerdings sehr oft an Paige denken. Sie war die Erste gewesen. Sie war so jung, süß und unschuldig gewesen, wie Stiles es irgendwie heute immer noch war. Doch damals war auch Derek selbst noch so gewesen, ein Junge. Ein Kind! Dennoch war er Schuld an ihrem Tod gewesen. Es waren weder Peter noch Ennies gewesen, die Paige am Ende des Tages auf dem Gewissen gehabt hatten; ER war es. Und die Farbe seiner Augen gab Derek Recht. Sie hatten ihr unschuldiges Gold ein für alle Mal verloren. Dann war seine Familie gestorben und wieder einmal war es seine Schuld gewesen. Er hatte sich in das falsche Mädchen verliebt und ihr vertraut. Er hatte sie alle auf dem Gewissen und ihre anklagenden Geister waren in jedem Augenblick um ihn. Und nun war es eben Stiles. Jeder, den er liebte starb. Er trug einen Fluch in sich. Derek hatte weder gegessen, noch geschlafen, seit er hier unten im Keller das Phantom des Beacon Hills Memorials spielte. Er brachte eben einfach keinen Bissen herunter, obwohl er sich ein paar Snacks mitgebracht hatte. Und schlafen verbot er sich. Er ruhte lediglich gelegentlich, so wie jetzt gerade, doch er hatte sich eine Aufgabe gestellt und die würde er erfüllen. Er hielt Wache. Er wollte da sein wenn... Er wollte... also wenn es vorbei wäre, dann würde er aus seinem Versteck hervorkommen und durch seinen donnernden Ruf der nächsten Welt verkünden, dass hier ein echter Krieger zu ihnen stieße. Das war womöglich das Letzte, was er für ihn tun konnte. Aber vielleicht würde das ja auch gar nicht notwendig werden, sagte er sich hin und wieder? Es war seltsam, wenn nicht gar lächerlich, doch selbst nach allem, was Derek in seinem Leben bereits erlebt hatte gab es in ihm immer noch diese winzige, kindliche Stimme die behauptete, es könne ja auch immer noch alles wieder gut werden. Er hasste diese Stimme! Sie machte den Verlust am Ende nur noch grauenvoller. Derek wusste mittlerweile, was es gewesen war, das Stiles dort draußen im Wald angegriffen hatte. Er hatte die letzten zwei Tage nicht anderes getan, als sämtliche, in seinem Besitz befindlichen Bücher uns Schriften über das Übernatürliche zu studieren und war schließlich in einer alten Schriftrolle, die er dafür zunächst aus dem Sanskrit übersetzen musste, fündig geworden. Bei dem Wesen handelte es sich um einen körperlosen Dämon, Rakshasa genannt. In der indischen Mythologie galten diese Dämonen als die Gegenspieler des Göttlichen, als Unruhestifter und als das Böse. Derek hatte aber auch herausgefunden, dass diese Wesen letztlich, bei allem Unheil welches sie anrichteten schließlich nach der Auflösung des Bösen suchen würden. Nur um sicherzugehen hatte er noch einmal Deaton angerufen und sich seine Erkenntnis bestätigen lassen. Dieser ließ ihn wissen, dass er bereits zu demselben Schluss gekommen war. Leider waren sie sich auch beide einig darin, dass es Stiles Kampf gegen dieses Wesen war und dass man ihm dabei nicht helfen konnte. Derek hatte es verstanden, warum dieses Wesen Stiles gewählt hatte, um sich in seinem Inneren einzunisten und nicht in ihm. In seinem eigenen Herzen hatte sich die Finsternis bereits zu weit ausgebreitet. Dort war nichts mehr von dem, wovon ein Dämon sich ernähren mochte. Bei Stiles war das anders. Stiles war freundlich und voller Leben. Als der Angriff geschah, hatte Derek natürlich versucht zu kämpfen, denn das machte ihn eben aus, doch wie bekämpfte man das körperlose Böse? Dieses Ding war aus dem Nichts aufgetaucht, wies zwar die vagen Umrisse eines riesigen Menschen auf, doch es bestand im Grunde aus nichts weiter, als einer Art pechschwarzen Qualm. Der Dämon hatte sein Opfer von hinten im Genick gepackt und über einen Meter hoch in die Luft gehoben. Stiles hatte panisch geschrien, gestrampelt und mit den Armen um sich geschlagen, während der schwarze Qualm nach und nach in seine Augen, seine Ohren, seine Nase, seinen Mund und seine Haut gesickert war. Am Ende war nichts mehr davon übrig geblieben und Stiles war bewusstlos zu Boden gestürzt und seitdem nicht wieder aufgewacht. Das Ganze hatte nicht einmal zwanzig Sekunden gedauert. Derek warf sich nicht selbst vor, dass er das Wesen nicht hatte bekämpfen können. Das war nicht seine Schuld gewesen. Was hätte er denn schon gegen es unternehmen können, schließlich hatte dieses Ungeheuer gar keinen Körper? Nein, er warf sich andere Dinge vor. Er warf sich vor, dass Stiles überhaupt dort gewesen war. Er warf sich vor, dass er nach Paige und allem nicht klüger geworden war, sondern zugestimmt hatte, als Stiles ihn angerufen und gesagt hatte: „Wir müssen endlich über diese Sache zwischen uns beiden reden! Treffen wir uns im Wald! Bitte, Derek!“ Solange hatte Derek dieses Gespräch erfolgreich vermieden und gehofft, dass Stiles es selbst das Thema nie anschneiden würde. Aber als er es dann doch getan hatte, war Derek dennoch so unheimlich glücklich gewesen. Er war eben ein Idiot! Und er war so aufgeregt gewesen! Er hatte sich davor gefürchtet, dass es bei diesem Treffen am Ende doch wieder zu nicht mehr als diesen rauen, kleinen Frotzeleien zwischen ihnen kommen würde, wie sonst auch immer und dass das , was zwischen ihnen entstanden war, doch wieder nicht zur Sprache kommen würde. Und weil Derek nicht gut mit Worten war, insbesondere dann, wenn es um seine eigenen Gefühle ging, hatte er sich vorher genau zurechtgelegt, was er sagen würde. Er war viel zu früh da gewesen, war nervös und immer nervöser geworden, während er wartete. Dann war Stiles endlich auf der Lichtung erschienen, sie hatten einander angeschaut und ab da war klar gewesen, dass Worte vollkommen überflüssig waren. Mit einem Mal war zwischen ihnen alles klar gewesen. Der Augenblick ihrer Begegnung war beinahe schon lächerlich vollkommen: Sie waren auf einander zu geschritten, blieben direkt vor einander stehen und blickten sich tief in die Augen, unfähig noch irgendetwas anderes auf der Welt zu sehen. Ihre Fingerspitzen berührten sich und über die feinen Nervenenden begannen ihre Körperzellen miteinander zu kommunizieren. Endlich! Fingerglieder legten sich auf Fingerglieder, Handteller auf Handteller. Da entstand diese Energie zwischen ihnen, welche ihre Körper und ihre Gesichter erwärmte und welche die Luft zwischen ihnen flimmern ließ. Es zog sie näher zu einander, viel, viel näher, bis Brustkorb auf Brustkorb lag, Herz an Herz und Stirn an Stirn. Es war ein sanftes aufeinander zu Schmelzen, um endlich eins zu werden Schließlich fanden sich endlich auch ihre Lippen. Es war der intimste Kuss, den Derek in seinem Leben je erhalten hatte. Er offenbarte alles; jedes Geheimnis, jede verborgene Unsicherheit. Aber das war okay, weil sie beide es waren! Es war genau so, wie es sein sollte. Derek hatte diesen Kuss in seinem gesamten Körper gespürt und jede seiner Zellen wollte mehr davon. Doch dann lösten sich ihre Lippen und der Traum war vorüber. Das nächste, was Derek sah, war Stiles in den Fängen dieses Monsters. Und das war die andere Sache, die Derek sich vorwarf: Er hatte sich ganz und gar auf diese Sache eingelassen und alles um sie herum vergessen. Er hatte nicht aufgepasst und nur so konnte der Dämon ihnen überhaupt so nahe kommen! Wäre er wacher gewesen, hätte seine Sinne eingesetzt, dann hätte er Stiles vielleicht wenigstens rechtzeitig in Sicherheit bringen können? Doch nun war es zu spät! Die Nacht war mittlerweile heraufgezogen. Derek lauschte. Im Krankenhaus war es mittlerweile recht still geworden. Es gab keine Besucher mehr, es war weniger Personal vor Ort und die meisten Patienten schliefen. Es war soweit! Derek verließ sein Versteck, so wie er es in der vergangenen Nacht bereits getan hatte, schlich sich ungesehen zu Stiles Zimmer, trat ein, nahm einen Platz in einer Ecke ein, wo er von der Nachtschwester nicht sofort entdeckt werden würde, falls diese zu einer Kontrolle hereinschaute und betrachtete von dort aus seinen abgekämpften, sterbenden Gefährten. Ihm nahe zu sein tat weh! Ihm nahe zu sein tat gut! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)