Fremder Feind von Varlet ================================================================================ Kapitel 13: Zusammenstoß mit Bourbon ------------------------------------ Shuichi saß in seinem Büro und starrte auf die Liste zu seinen Händen. Sie war über 15 Seiten lang und enthielt nur Namen von Flügen die vor mehr als fünf Tagen stattfanden. Eigentlich hatte sich der FBI Agent mehr erhofft, aber er konnte Camel keinen Vorwurf machen. An Passagierlisten zu kommen, war keine einfache Sache und es brauchte schon einen guten Grund warum ein FBI Agent diese benötigte. Glücklicherweise arbeitete ein anderer Kollege an einem Fall und brauchte die Liste von den besagten Tagen. Unter einem Vorwand hatte Camel sie ihm abgeschwatzt und kopiert. Akai blätterte die Liste durch und öffnete anschließend die Suchmaschine des FBIs. Jede Person die je auffällig geworden war, würde er dort finden. Alle anderen Personen musste er versuchen über das Internet zu identifizieren. Es war zwar wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen, aber er hatte endlich eine sinnvolle Aufgabe und konnte sich ablenken. Viel schlimmer wäre es gewesen, wenn er nur da sitzen würde, auf den Computer starrte und an seine letzte Begegnung mit Jodie denken musste. Jodie legte sich die Hand über den Mund. Sie zitterte. Shuichi hatte sich keinen Millimeter bewegt. Er schüttelte den Kopf und versuchte die Erinnerungen an seine Jodie zu verdrängen. Denn er war sich sicher, die Frau, die vor ihm stand, war jemand anderes. Jemand, der von der Organisation geschickt wurde, um ihn umzubringen. Akai biss sich auf die Unterlippe. Sie zogen sämtliche Register und schickten die Frau, die seine Schwachstelle war. „Was willst du hier?“, fragte er kühl. Doch er spürte, dass seine Stimme bei jedem Wort zitterte. Der Anblick von Jodie traf ihn tief ins Mark. Jodie kämpfte gegen ihre Tränen und machte einen Schritt nach hinten. „D…dai…“, wisperte sie. „Du bist…Dai…Shuichi…“ „Was?“ Shuichi sah sie schockiert an. „Hör auf damit“, fügte er an. Er ging auf sie zu und ballte die Faust. „Hör auf so zu tun, als wärst du Jodie. Hör auf, Chris Vineyard!“ Jodie schüttelte den Kopf. „Ich kann das nicht…“, flüsterte sie, drehte sich um und lief los. Akai weitete seine Augen. Zig Fragen schossen ihm durch den Kopf. Hatte er sich geirrt? War das gar nicht Vermouth? Konnte es sich bei der Frau tatsächlich um seine] Jodie handeln? Hatte sie jenen Abend vor einem Jahr wirklich überlebt und nach ihm gesucht? Aber warum ausgerechnet jetzt? Und warum floh sie vor ihm? Ohne weiter darüber nachzudenken, setzte er sich in Bewegung. „Jodie“, rief er ihren Namen. „Bitte warte.“ Selbst wenn er in eine Falle der Organisation lief, musste er ihr einfach hinterher. Er wollte sie noch einmal berühren, sie im Arm halten und mit ihr reden. Er wollte sich bei ihr für damals entschuldigen und – wenn sie sich immer noch in den Klauen der Organisation befand – sie retten. Shuichi stoppte und sah sich um. Der Central Park im Zentrum von Manhattan war groß und bot die Möglichkeit über verschiedene Ein- und Ausgänge unbemerkt zu verschwinden. Und wenn das nicht der Fall war, konnte man sich inmitten der Menschenmenge tarnen und untertauchen. „Wo bist du?“, fragte der FBI Agent. Auf einmal drehte sich alles und sein Kopf schien zu explodieren, sodass er auf die Knie gehen musste. Der FBI Agent schüttelte den Kopf. Kaum hatte er sich einen kurzen Moment der Melancholie gegönnt, verfiel er schon den Erinnerungen. Doch er war Bundesagent und musste seine eigenen Belange zurückstecken und für das Wohl der Allgemeinheit agieren. Zumindest redete er es sich ein. Akai tippte einen Namen nach dem anderen in die Suchmaschine und notierte sich neben den Namen in der Liste wichtige Stichpunkte. Dennoch brachte ihm die mühsame Arbeit nichts. Weder ein Name noch der Hintergrund der Person enthielt einen Zusammenhang zu Jodie, Vermouth oder der Organisation. Shuichi ballte die Faust. Wenn es so weiter ging, würde er ohne Informationen dastehen und wer wusste schon, wann die Organisation ihren nächsten Schachzug plante? Es gab nur noch eine Sache die der FBI Agent tun konnte. Er musste vermehrt die Augen offen halten, hinter jeder Ecke einen Anschlag vermuten und sich noch mehr auf seine Intuition verlassen. Und wenn er Glück hatte, würde er Jodie eines Tages wiedersehen. Allerdings wusste er noch nicht, auf welcher Seite sie dann stehen würde. Aber eines war klar, früher oder später würde er das FBI informieren und Jodie zu ihnen bringen müssen. Und je nachdem wie sie sich verhielt, konnte es für alle beteiligten Personen böse enden. Wenn sich aber seine Befürchtung bewahrheitete und Vermouth hinter dieser Farce steckte, würde sich eine Katastrophe anbahnen. Shuichi ballte bei diesem Gedanken die Hand zu einer Faust und wurde durch das Öffnen seiner Bürotür wieder in die Realität geholt. Er blickte in das wutentbrannte Gesicht seines Vorgesetzten. „Was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht?“ „Mhm?“ Shuichi sah ihn beinahe gefühlslos an. „Was meinen Sie?“ „Sie wissen ganz genau, was ich meine“, antwortete Black. „Sie haben die Passagierlisten der letzten Flüge aus Japan angefordert. Was haben Sie damit vor?“ „Sie wissen doch, dass mich die Organisation regelmäßig in die Mangel nimmt“, begann Shuichi. „Ich möchte dieses Mal nur vorbereitet sein.“ Black verengte die Augen. „Und warum dann ausgerechnet die Passagierlisten?“ Shuichi zuckte mit den Schultern. „Ich verstehe nicht, was das Problem ist.“ „Sie wissen selbst, dass das Anfordern von Passagierlisten beim Flughafen immer zur Sorge führt und wir unsere Kompetenzen nicht missbrauchen dürfen.“ „Selbstverständlich“, gab Akai von sich. Black blickte nach hinten. „Agent Camel wird Ihnen die fehlenden Listen nicht besorgen können.“ Besagter Agent kam in den Raum. „Entschuldigung“, sagte er leise. „Schon gut.“ Shuichi sah zu seinem Vorgesetzten. „Das wird nicht wieder passieren.“ „Gut“, gab der Agent von sich. „Gibt es sonst noch etwas, das Sie mir sagen wollen? Akai, Sie wissen, ich habe immer ein offenes Ohr für Sie und Ihre Probleme.“ „Da gibt es nichts“, antwortete Akai. Black beobachtete seinen jungen Kollegen. „Wenn das so ist…“, murmelte er und drehte sich um. „Wenn doch, Sie wissen, wo Sie mich finden“, fügte er an und ging. Camel sah ihn erneut entschuldigend an. „Es tut mir wirklich leid“, sprach er. „Agent Black hat mich erwischt, als ich mit dem Flughafen telefoniert habe und dann konnte ich nichts mehr leugnen.“ Camel schluckte. „Ich bin dir immer ein Klotz am Bein…auch damals…“ „Kann man nicht mehr ändern“, entgegnete Shuichi ruhig und sah wieder auf seine Liste. „Ich habe sowieso die Vermutung, dass ich mit den Passagierlisten nicht weiterkomme. Wenn die Organisation hier ist, werden Sie ihre eigenen Mittel und Wege haben, um ins Land einzureisen.“ Camel nickte. „Hattest du einen begründeten Verdacht?“ Shuichi beobachtete seinen Kollegen einen Moment lang. „Ja, das hatte ich“, antwortete er. „Ich habe…“ Er biss sich auf die Unterlippe. „Ich habe Jodie vor zwei Tagen gesehen.“ Agent Camel weitete die Augen. „Du hast…aber das…das kann doch nicht…“, murmelte er. „Ich hielt sie auch zuerst für Vermouth“, gestand der FBI Agent. „Aber so wie sie sich verhalten hat…“ Shuichi schüttelte den Kopf. „Es kann eigentlich nur Jodie gewesen sein.“ Er seufzte. „Ich weiß, was du jetzt denkst. Der Tag jährt sich bald und sie müsste eigentlich tot sein. Aber vielleicht hat Jodie überlebt und ist jetzt aus irgendeinem Grund in den Staaten. Ich muss versuchen, sie wieder zu finden. Ich weiß, ich handel das erste Mal irrational.“ Camel sah ihn mitleidig an. „Bist du dir sicher, dass du sie...gesehen hast?“, wollte er leise wissen. „Ja, das bin ich. Ich kann sie mir nicht einfach eingebildet haben. Das geht nicht.“ Shuichi schüttelte den Kopf. „Es war keine Einbildung“, wiederholte er. „Und deswegen muss ich sie wieder finden.“ „Ich verstehe“, gab Camel von sich. „Ich werde dir dabei helfen. Aber wenn sie tatsächlich hier eingereist ist und wenn die Organisation dahinter steckt…“ „…dann wird sie es nicht unter ihrem eigenen Namen getan haben. Ich weiß. Deswegen habe ich gehofft, dass ich in den Passagierlisten einen Anhaltspunkt finde.“ „Und jetzt?“ „Jetzt müssen wir unsere Augen und Ohren weiterhin offen halten und verstärkt auf unsere Umgebung achten“, sagte Shuichi und stand auf. „Du willst raus?“ Der Agent lächelte leicht. „Ich werde nichts an meinem Tagesablauf ändern, ansonsten würde es die Organisation nur stutzig machen.“ Camel nickte verstehend. „Dann sollte ich hier bleiben.“ „Mach das.“ Shuichi nahm seine Jacke und ging an ihm vorbei. Shuichi zündete sich draußen eine Zigarette an und machte sich langsam auf den Weg an den Hafen. Wie er es sich vornahm, achtete er noch stärker auf seine Umgebung. Seit er Jodie vor zwei Tagen sah, suchte er immer in seiner Mittagspause und zum Feierabend hin den Hafen auf. Innerlich wollte er die Hoffnung nicht aufgeben, dass sie irgendwann das gleiche täte. Dort angekommen, ließ er seinen Blick über das Meer schweifen und genoss für einen kurzen Moment die Kälte. Shuichi schloss die Augen und hörte wenige Sekunden später eine vertraute Stimme. Schlagartig öffnete er seine Augen und blickte sich um. Sofort erspähte er Amuro, der aus einem Gebäude kam und gute Laune hatte. „Das ist…“, wisperte er leise und verengte die Augen. Er beobachtete ihn sorgfältig und als keine Menschenseele in der Nähe war, kam er ihm schließlich entgegen. Jetzt war er sich sicher, dass Jodie auch hier war und dass die Organisation einen bestimmten Plan verfolgte. „Es ist lange her.“ Amuro blickte auf den FBI Agenten. „Kann man wohl so sehen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich dich so schnell hier wiedersehen würde.“ „So geht es mir auch“, entgegnete Shuichi ruhig. „Ich möchte, dass du mich begleitest. Du musst mir ein paar Fragen beantworten.“ Bourbon schmunzelte. „Und wenn ich das nicht freiwillig mache, was machst du dann?“ „Im Notfall muss ich Gewalt anwenden“, gab Akai von sich. „Die Befugnisse dafür besitze ich.“ „Tu dir keinen Zwang an“, fing Amuro an. „Ich bin gespannt, ob du im letzten Jahr etwas dazu gelernt hast.“ Er verengte die Augen. „Ich hab schon damals gerochen, dass du ein Spitzel bist. Dennoch ist es erstaunlich wie weit du gekommen bist und wie viele Menschen du täuschen konntest. Also? Worauf wartest du noch? Schlag endlich zu.“ Das ließ sich der FBI Agent nicht zweimal sagen. Sofort stürzte er auf Amuro und versuchte ihn mit gezielten Schlägen und Tritten zu Boden zu bringen. Amuro aber wehrte sie alle ab und ging zum Gegenangriff über. Sie schenkten einander nichts und wurden von ähnlichen Blessuren gepeinigt. Keiner kam dazu richtig durchzuatmen, aber nach einer Weile tummelten sich bereits die ersten Schaulustigen in ihrer Nähe. „Ich schlage vor, wir beenden die Sache jetzt“, kam es von Amuro. Shuichi schmunzelte. „Du gibst also auf? Umso besser für mich.“ „Das habe ich nicht gesagt.“ Amuro sah sich um. „Hier sind zu viele Menschen und du weißt, wie sehr ich Publikum verabscheue. Aber mach dir keine Gedanken. Früher oder später werden wir uns schon wieder sehen.“ „Das vermute ich auch. Du weißt, dass ich dich jetzt nicht einfach so gehen lassen kann, nicht bevor ich eure Pläne kenne.“ „Was für ein Pech aber auch. Du solltest wissen, dass ich nicht einfach so alles ausplaudern werde. Oh ja…mit mir wirst du schon viel zu tun haben“, gab Amuro von sich. „Allerdings vermute ich, dass du nicht auf mich schießen wirst, um dein Ziel zu erreichen“, fügte er hinzu und lief direkt durch die Menschenmenge. Der Zusammenstoß mit Akai war zwar ein Zufall, aber er musste sein Glück nicht überstrapazieren und mit der Menge an Hafenarbeitern, gab es genügend Zeugen gegen ihn. Würden sie ihn verhaften, wäre er nie und nimmer aus der Situation herausgekommen und was noch viel schlimmer gewesen wäre, er und auch Jodie wären dem FBI in die Hände gefallen. Selbstverständlich konnte er auch nicht wissen, wie die Hafenmitarbeiter reagierten, wenn es zu einem noch erbitterten Kampf gekommen wäre. Also gab es nur eine Möglichkeit: Flucht. „Warte! Du verdammter…“ Akai versuchte ihm zu folgen, aber die Hafenarbeiter stellten sich ihm in den Weg. „Verdammt“, zischte der FBI Agent. Gerade als er sich entschloss seinen Dienstausweis zu zücken, sah er auf dem Boden ein Stück Papier. Shuichi entfernte sich von den Menschen und ging näher an das Stück Papier heran. Er kniete sich hin und nahm die Einladung – wie er auf dem zweiten Blick erkannte – entgegen. Er schmunzelte. „So so, da wollt ihr als nächstes zuschlagen. Dann wollen wir mal sehen, ob ich euch nicht zuvor kommen kann.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)