Der Söldner und das Vampirmädchen von Rikarin ================================================================================ Kapitel 1: Nach dem ersten Zusammentreffen ------------------------------------------ Geistig erschöpft und mit hängenden Schultern schlurfte die junge Vampirin Seras Victoria durch die Gänge auf den Weg zu ihrem Schlafzimmer. Wegen des großen Anwesens der Hellsing Organisation war es ein langer Weg. Nur knapp, mit Glück und einen leichtsinnigen Plan hatte sie heute verhindern können, dass ihr Meister und ein fanatischer Priester ein Blutbad im Kunstmuseum veranstaltet hatten. Wer hätte gedacht, dass eine Führung von japanischen Greisen mal unbezahlbare Kunstwerke retten könnte. Meister Alucard hatte sich wieder in den Keller des Anwesens zurückgezogen und Lady Integra war zusammen mit Walter in ihr Büro gegangen, um die Informationen, die sie von der Kirche erhalten hatte, zu besprechen. Neue Anweisungen und Befehle würde Seras erst morgen erhalten. Ein lautes männliches Lachen drang plötzlich an ihre Ohren. Überrascht hielt Seras inne und lauschte. Dank ihrer stärkeren Vampir-Sinne konnte sie Geräusche bis ans andere Ende des Anwesens ausmachen. Weil lautes Lachen ungewöhnlich war im Hellsing-Anwesen, suchte sie neugierig nach dem Ursprung. Sie fand ihn im hinteren Teil des Gästeflügels. Sie erinnerte sich, dass dort die neu angeheuerten Söldner der Gruppe „Wild Geese“ dort untergebracht worden waren. Die Männer befanden sich in einen kleinen Speiseraum, wo sie gerade aßen, tranken und lauthals lachten. Seras blieb im dunklen Gang stehen und lächelte, als sie sich daran erinnerte, wie sie den eingebildeten Anführer, einen gewissen Pip Bernadotte, nur mit einem Fingerschnippen besiegt hatte. Dem vorlauten Kerl war das Lachen über „Vampire als Märchengestalten“ damit vergangen. Diese „Vorführung“ war wohl auch die Ursache des Gelächters, wie sie nun heraushörte. Die „Wild Geese“ hatten den Schock über die dunkle Wahrheit gut verkraftet und zogen nun ihren Kapitän auf. Vorsichtig lugte Seras hinter die Tür und konnte die versammelte Mannschaft am gedeckten Tisch sehen. Einige Kerle machten Seras Fingerschnipsen auf der Stirn ihres Nachbars nach und diese fielen in lauter, vorgetäuschter Ohnmacht. „´Allez, jetzt ist aber genug!“ kam nun der donnernde Befehl, der französische Akzent unüberhörbar. Pip Bernadotte saß mit einem deutlich sichtbaren Pflaster auf der Stirn mitten unter ihnen und kaute missmutig an seinem Essen. Seras nahm den Captain besser in Augenschein. Ihre letzte Erinnerung an ihm war ein Großmaul mit breitem Schlapphut und in Armeekleidung, der sie mit gemeinem Grinsen angreifen wollte. Jetzt konnte sie sehen, dass er eine Augenklappe trug, sein verbleibendes Auge grün war und er für einen Mann ungewöhnlich lange Haare in einem hübschen Rotbraun hatte, dass er zu einem Zopf geflochten hatte. Sie hatte es anfangs für einen Schal gehalten oder einen Hutschmuck. Welcher Mann hatte bitteschön so lange Haare und das in diesem Business? Die Männer ließen augenblicklich den Scherze ein, kicherten aber noch verhalten und konzentrierten sich wieder auf ihr Essen. Pips Nachbar schenkte dem Anführer das Glas voll mit Bier und schlug ihm aufmunternd auf die Schultern. „Eine Niederlage gegen ein hübsches Mädchen ist doch für dich verkraftbar“ versuchte er ihn aufzumuntern. „Vielleicht, aber dieses Mädchen hat ungewöhnlich viel Kraft und ernährt sich von Blut. Genauso wie ihr gruseliger Meister im roten Mantel“ erwiderte Pip. Daran erinnert blieb den meisten das Essen im Hals stecken. So unschuldig und schwach die junge Frau mit den großen blauen Augen und den erdbeerblonden Haar auch ausgesehen hatte…der Mann in Rot, der plötzlich durch die Wand gekommen war, hatte nach Blut und Tod gestunken. Er war der letzte, unwiederbringliche Beweis, dass Vampire tatsächlich existierten. Und die „Wild Geese“ waren nun angeheuert worden, um solche Wesen zu töten. „Völlig unmöglich“ sprach es einer aus. Andere stimmten ihm zu. „Seid nicht so ängstlich. Dieser Alucard ist ein Sonderfall. Die Vampire-Freaks, für die wir angeheuert sind, sind schwächer. Alucard wird sich um die schweren Fällen kümmern und wir uns um den Kleinscheiss“ erklärte Pip. „Morgen werden wir anfangen, dafür zu trainieren.“‘ „Aber Captain, diese Wesen sind stärker und schneller als wir.“ „Abgesehen davon, ihr Ernährungsverhalten…“ „Bla, bla, bla….seid ihr Männer oder kleine Gänse? Wir sind Söldner! Solange man uns bezahlt, töten wir alles. Ihr müsst nicht im Dreck schlafen, bekommt drei anständige Mahlzeiten und London mit seinen Huren ist auch in der Nähe“ antwortete Pip. „Unser Anführer ist ein wahrer Optimist“ lachte einer. Pip grinste. „Unser Leben ist kurz, da sollten wir es genießen, solange wir noch können.“ Seras lächelte nicht. Wie konnten diese Männer nur so sorglos mit ihren Leben umgehen? Nur wegen Geld? Enttäuscht zog sie sich zurück. Sie war neugierig gewesen und hatte wissen wollen, was für eine Art von Menschen sie waren. Aber „Wild Geese“ bestand aus Erwachsene, die über die Gefahr aufgeklärt worden waren und sich dafür entschieden hatten… wegen so etwas Simplen wie Geld. Nicht aus Loyalität zur Krone, zu England, nicht aus Gottesglauben oder Menschenliebe. Diese Männer musste sie nicht bemitleiden. „Und la petite Draculina ist doch auch ein netter Augenschmaus. Kann mich nicht erinnern, dass wir in unserer Brigade mal so einen knackigen Arsch zum Anschauen hatten“ hörte sie plötzlich die Stimme des Anführers. Draculina? Knackiger Arsch?! Mit rotem Kopf schlich sich Seras sofort wieder zurück. Sie hatte das Gefühl, dass gerade über sie gesprochen wurde. Da sollte sie doch besser noch ein wenig bleiben. „Nicht nur der Arsch ist nett“ lachte jetzt ein anderer „meine Augen waren mit ihrer beeindruckender Oberweite beschäftigt.“ „Die sind mehr als eine Handvoll“ pflichtete sein Nachbar ihm bei und lächelte anzüglich. „Ich würde ja zu gerne wissen, ob ALLE Geschichten über Vampire wahr sind?“ fragte ein anderer laut. Die anderen sahen ihn ratlos an. „Bram Stokers „Dracula“? Die wilden, Sexbesessenen Vampir-Bräute?“ „Oh, den Porno musst du mir leihen. Hört sich gut an.“ Lautes Gelächter folgte. „Hey“ flüsterte ein Söldner seinen Nachbar zu, „ glaubst du die Kleine und der gruselige Kerl…?“ „Wie…was meinst du….bist du verrückt, auf keinen Fall“ winkte der entrüstet ab. „Ich wette, Blondie hat vor ihm genau so viel Angst wie wir.“ „Zut, und ob sie Angst vor mir hat“ missverstand Pip ihn unter dem lauten Gelächter und sein Kamerad berichtete ihm über das Missverständnis. „Was zur Hölle ‘ast du für eine schmutzige Phantasie“ rief Pip schockiert aus. „Ich ´abe gehört, dass sie noch Jungfrau ist.“ Stille trat ein. Trotz des Lärmspiegels hatte JEDER dieses seltene Wort aus dem Mund des Captains vernommen. Und Seras Victoria konnte in diesem Moment sogar das Rattern der Räder in den Köpfen der Männern hören. Zu Bernadottes Verteidigung muss erwähnt werden: Wäre er nicht so angetrunken gewesen und hätte er von dem heimlichen Lauscher gewusst, wäre er ein Gentleman gewesen und hätte das Geheimnis von Lady Integra bewahrt. So aber… Die Männer sprachen nun erstaunt und schockiert durcheinander. „Dieses hübsche junge Frau mit den Riesenvorbau…“ „In welcher Zeit leben wir denn…in ihren Alter…“ „Die englischen Männer müssen blind sein….oder schüchtern…oder impotent.“ „Mensch Pip, woher weißt du das? Hast du es ihr angesehen? Oder hat sie es dir verraten?“ Pip spürte so etwas Gewissensbisse. Es gab Geheimnisse, die gingen keinen Menschen an. Und dass er dieses wusste, lag einfach darin, dass er 2 und 2 zusammen gezählt hatte. Ein wenig verschämt kratzte er sich den Hinterkopf, weil alle Kameraden nun still waren und ihn erwartungsvoll ansahen. „Der Boss….Lady Integra…ich ´atte sie gefragt, ob die Monster, gegen die wir kämpfen sollen, so stark wie Seras sind. Sie ´at mir erzählt, dass Seras ein Vampir ist, während die anderen Monster „Ghule“ genannt werden. Um ein Vampir zu werden, muss man gewisse Anforderungen bestehen: man muss „rein“ sein. Und ein solcher Zustand wäre heute eher selten bei Erwachsenen und Jugendlichen zu finden, darum gibt es kaum Vampire, aber dafür mehr Ghule. Das wars, dann ist sie gegangen, weil sie doch einen Termin hatte. Ich ´abe mir aber gedacht, dass sie damit nicht von einem Gottesglauben oder tugendhaften Leben sprach.“ Ein lautes „Ahhhh“ der Erkenntnis war zu hören. „´ey, aber das bleibt gefälligst unter uns“ zischte Pip seinen Leuten warnend zu. „Das letzte, was ich gebrauchen kann, ist eine wütende, blutsaugende Frau die stark genug ist, mich mit bloßen Händen zu Hackfleisch zu verarbeiten. Keine Kommentare darüber, comprendez!? Und immerhin müssen wir mit ihr auch zusammen arbeiten.“ Pip sah jeden seiner Männer tief in die Augen, bis ihm jeder zugenickt hatte. „Bon, ich möchte nämlich das Bett hier genießen, solange ich es noch kann. Da will ich mir keine Feindinnen machen“ sagte er erleichtert und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Ohh Captain, du alter Fuchs“ „Zum Schlafen, Idiot. Du warst es doch, der sich über den ständigen Sand im Arsch beschwert ´at!“ Seras drehte ihren Kopf paarmal zur Seite und ließ die Fingerknöchel knacken. Sie spürte gerade eine unglaubliche Mordlust. Keinen Blutdurst, diese perversen, alten Männern würde sie nicht mal kurz vor dem Verdursten anrühren. Aber eine kurze, kleine Schlägerei…. Plötzlich hatte sie das Gefühl, die Stimme ihres Meisters im Ohr zu haben, der sie spöttisch fragte, warum sie sich von solchen Kleinigkeiten aus der Ruhe bringen ließ. Seras war sich sicher, dass es keine Telepathie war, denn dann war seine Stimme so laut, als würde er direkt hinter ihr stehen. Sie drehte sich rausch um, aber nein, im Schatten versteckte sich kein mächtiger Vampir und machte sich über sie lustig. Aber man wusste nie, denn im Hellsing-Anwesen gab es viele Ohren und Augen. Seras straffte ihren Rücken und machte sich lautlos auf den Weg zu ihrem Zimmer. Sie hatte keine Lust mehr diesen albernen Männer-Gesprächen zuzuhören. Was machte es schon, dass diese Fremden nun dieses persönliche Geheimnis von ihr kannten? Früher oder später hätten die Söldner nach den Unterschied zwischen Vampir und Ghule gefragt und dann hätten sie es auch gewusst. So war die Katze aus dem Sacke und sie hatten Pip geschworen, keine anzüglichen Bemerkungen darüber zu machen. Wenigstens etwas… Seras wusste noch nicht recht, was sie von dem Kommandeur dieser Truppe halten sollte. Aber einen guten Eindruck hatte er jedenfalls nicht bei ihr hinterlassen. Kapitel 2: Gemeinsames Training ------------------------------- Das laute Klingeln eines Weckers riss Seras Victoria aus ihren Schlaf. Grummelnd stieß sie den Deckel ihres Sarges von sich, um das klingelnde Ungetüm auszuschalten. Verschlafen rieb sie sich die Augen. Sie vermisste ihr Bett, aber sie musste zugeben, dass ihr Schlaf erholsamer war, seitdem sie in einen Sarg schlief. Ihr Meister hatte erklärt dass es die Wirkung der darin liegenden Grab-Erde wäre, dass ihr bei der Regenration half. Sie schaltete den Wecker aus und sah, dass auf den Tisch ein Becher mit Blut für sie bereit stand. Tja, entweder in einen Sarg schlafen oder Menschenblut trinken und mit letzteres hatte sie noch ihre Probleme. Der Gedanke daran, den „Lebensaft“ zu trinken, verursachte ihr Übelkeit. Im Moment kam sie mit dem Tierblut noch zurecht, aber sollte der Krieg gegen „Millennium“ und seinen starken Ghouls weiter gehen, würde Meister Alucard verlangen, dass sie Menschenblut trinken müsse, um ihm keine Last zu sein. Seras kämmte ihre Haare und zog ihre Uniform an. Dann nahm sie den Becher zu Hand und trank das Schweineblut mit einem Zug aus. Angewidert wischte sie sich den Mund ab. //Wenigstens zwingt er mich nicht, es zu trinken, sondern überlast mir die Entscheidung. Aber das bedeutet, dass er davon überzeugt ist, dass ich den Durst des Monsters in mir nicht widerstehen kann.// dachte sie auf den Weg zu Lady Intergras Büro. Dort wurde sie bereits von ihr und Walter und überraschenderweise auch Alucard erwartet. Beim Eintritt der jungen Ex-Polizistin grinste er breit. Seras hatte ein schlechtes Gefühl angesichts seiner Amüsiertheit. Etwas war im Busch. „Guten Abed, Seras“ wurde sie von der Anführerin von Helllsing begrüßt. Seras salutierte. „Wie du ja aus erster Hand mitbekommen hast, haben wir neue Leute in der Hellsing Organisation. „Wild Geese“ hat Erfahrung mit dem Töten von Menschen, aber sie können sich nicht den Unterschied im Kampf zwischen Menschen und Vampir vorstellen. Deswegen kommst du ins Spiel. Ich will, dass dich in den nächsten Tagen um die Männer kümmerst.“ Alucard grinste noch breiter. „Äh, Pardon, Madam, aber ich v erstehe nicht….was soll ich denn tun? Meister Alucard hat mehr Erfahrung, aber ich…“ „Das wäre eine Verschwendung wertvoller Ressourcen. Alucard hält sich niemals zurück. Wir würden im Training mehr Leute verlieren als im anschließenden Krieg. Nein, ich will, dass du es machst. Walter wird dir zur Seite stehen, während Alucard für mich etwas erledigen wird“ befahl Lady Integra. „Äh, war die letzte Demonstration denn nicht ausreichend? Die, in der ich den Käpt’n nur mit Fingerschnippen besiegt habe und Meister Alucard aus der Wand heraus kam?“ Integras Tonfall wurde strenger. Vampire waren manchmal wie Hunde, das wusste sie aus Erfahrung. Man durfte nie Angst zeigen und am Besten sprach man mit ihnen wie mit einen Welpen, der den Kamin angepinkelt hatte. „Dein Befehl lautet: Trainiere diese Hunde von Söldner, damit sie nicht im Kampf gegen die Ghoule vor Angst erstarren. Ich will einen so desaströsen Angriff auf uns wie vor einigen Wochen nie wieder erleben. Und du, Seras Victoria, wirst ebenfalls trainieren. Du bist keine Polizistin mehr: Du bist Soldat. Soldat von Hellsing! „Wild Geese“ war bereits an den größten Brennpunkte dieser Welt, sie haben in Afrika, Südamerika und Asien gekämpft. Du bist stärker und schneller, aber sie sind erfahrener. Die nächsten Tage werden für euch alle also lehrreich sein. Haben wir uns verstanden?!“ „Jawohl, ja, Sir!“ „Gut, dann geh jetzt mit Walter und besprich die nächsten Schritte über das anstehende Training mit Käpt’n Bernadotte.“ Stocksteif salutierte Seras und verließ den Raum. Beim Verlassen hatte sie das Gefühl, als ob Alucard sie auslachen würde. Der Butler Walter kam ihr nach und lächelte sie gütig an. Anstatt aber was zu sagen, deutete er ihr nur, ihm zu folgen und ging den Flur entlang. Seras folgte ihm, bis sie zu einem kleinen Büro ankamen. Kaum war die Tür geschlossen, atmete Seras erleichtert aus. Sie waren weit genug entfernt, dass Alucard sie (Hoffentlich) nicht hören konnte. „Walter, was soll ich nur tun? Ich habe doch noch nie jemand ausgebildet; ich habe doch selbst kaum Erfahrung. Und diese Typen sind doch alle viel älter als ich. Die machen sich doch über mich lustig, wenn ich mich vor sie hinstelle und Befehle gebe“ beschwerte sie sich. Walter beschwichtigte sie. „DU wirst es ja nicht alleine tun. Mr. Bernadotte wird sich um das Rumscheuchen und die Strategien kümmern. Das liegt in seiner Verantwortung. Du musst ihnen aber zeigen, wie groß der Kräfteunterschied zwischen Menschen und Vampiren ist, damit sie die Stärke unserer Feinde besser einschätzen können.“ „Sie sagen gerade, dass ER seine Männer rumscheuchen wird. Was ist mit mir? Ich weiß, militärisch ist sein Rang höher, aber ich sehe nicht ein, dass ich ihm gehorchen soll. Meine Meister sind Alucard und Lady Integra“ fragte Seras. Ihr Blick wurde wütend, als sie sich an diesen überheblichen Kerl erinnerte. Bevor Walter darauf was erwidern konnte, wurde die Tür geöffnet und Pip Bernadotte trat ein. Wenn man vom Teufel sprach….dessen Auge sofort Seras im Raum registrierte sowie ihre unzufriedene Miene bei seinem Anblick. „Wie schön, dass wir alle versammelt sind. Mr. Bernadotte, Seras wurde gerade darüber unterrichtete, dass sie Ihnen und ihre Männern bei der Ausbildung helfen soll“ begrüßte Walter ihn. Pip grinste. Die Info war für ihn neu, aber jetzt verstand er Blondies Miene. Sie schien mit dieser Entscheidung nicht glücklich zu sein. Kurz blickte er auf ihre langen Beine, die wegen dem kurzen Rock ihrer Uniform nicht bedeckt wurden. Sein Lächeln kräuselte sich. Jup, das konnte sehr lustig werden. „Mr. Bernadotte, ich hoffe doch, es wird kein Problem für Sie und ihre Männer werden? Hier in England legen wir Wert auf gutes Benehmen“ fragte ihn Walter mit Stirnrunzeln. Ihm waren die Blicke der beiden sowie ihre Stimmung nicht entgangen. „Non, pas de problemes. Wir sind dankbar für die Hilfe“ sagte Pip schnell. „Die Ziele haben wir heute fertig gestellt. Sie müssen uns nur noch den Platz zeigen wo wir sie aufstellen sollen und in welcher Entfernung. Ich bin außerdem die Vorschläge durchgegangen, die Sie mir gegeben haben.“ „Nur einige Ideen, die Ihnen vielleicht weiterhelfen werden. Sie stammen aus meiner Zeit der Ausbildung.“ Seras hob die Hand. „Kurze Frage: Was für Ziele? Was steht denn heute an.“ „Schusstraining“ antwortete Pip. „ Kannst du mit einer Schusswaffen umgehen oder kämpfst du lieber mit etwas anderen, Mignotte? Mit bloßen Händen? Oder Fangzähnen?“ „Ich kann sehr gut schießen“ antwortete Seras verhalten. „Jeder Vollidiot trifft ein Scheunentor auf 30 Meter Entfernung. Das bedeutet nicht, dass er gut schießen kann“ war seine Antwort. Bitte?! Seras starrte ihn wütend an. „Walter“ knurrte sie „ ich werde heute Käptn Bernadotte bei seinen Übungen betreuen. Darf ich sie bestrafen, wenn sie sich als völlig unfähig herausstellen?“ „He, was meinst du denn damit?“ echauffierte sich pip. „Ganz einfach“ Seras grinste. „Wenn ich die Ziele besser treffe als ihr, werdet ihr als Strafe erhalten. Wenn es umgekehrt passiert, gilt dasselbe natürlich auch für mich.“ „Eine Wette also….kling spannend. Was für eine Strafe stellst du dir vor?“ „Ähhh…. Ein Feldlauf im vollen Marschgepäck vom Anwesen bis zum nächsten Dorf und zurück“ schlug Seras vor. „ Das sind knapp 40 km, fast ein Marathon. Für einen übermenschlich starken Vampir ist das doch ein Klacks.“ „Deswegen ist es nur eure Strafe. Meine wäre….äh“ Seras überlegte, aber ihr fiel auf der Stelle kein entsprechender Wetteinsatz ein. Während sie verzweifelt überlegte, baute Pip sich vor ihr auf und sah sie durchdringend an. Er lächelte verschlagen. Er beugte sich zu ihr runter und flüsterte in ihr Ohr: „Wie wäre es, wenn du mir eine schöne, entspannende Massage gibst?“ Wie er es erwartete hatte, schoss das Blut in Seras Kopf und sie sah ihn wütend an. „Sie, Sir, sind ein Unhold“ sagte sie mit zusammengepressten Zähnen. Pip hätte beinahe laut gelacht. Ob diese höfliche Sprache, selbst wenn man angepisst war, etwas typisch Englisches war? Oder lag es nur an ihr? „Also ist das ein Nein?“ fragte er betont unschuldig zurück. Seras griff nach seinen Kragen und zog ihn auf ihre Kopfhöhe runter. Ihr Griff war unbarmherzig und ihre Augen fingen an, rot zu glühen. Pip fürchtete, dass er nun doch zu weit gegangen war. „Hör zu, Frenchie, solltest du oder einer deiner Männer besser im Schießen sein als ich, ziehe ich ein Maid-Kostüm an und serviere darin höchstpersönlich eure Mahlzeiten. Wie hört sich das an?“ „Öhh“ eine niedliche Blondine in Sexy Maid-Outfit? Pips Gehirn war von der Vorstellung schnell abgelenkt. Seras grinste, wobei ihre scharfen Eckzähne zu sehen waren. „Also, haben wir ein Deal?!“ „Mr. Bernadotte“ kam nun eine schneidende Stimme von der Seite. Pip und Seras sahen zu Walter, der die beiden nicht aus den Augen gelassen hatte. „Wir bei Hellsing sind Freunde gutes Benehmens, haben wir uns damit verstanden? Und ich bin zwar alt, aber meine Ohren funktionieren noch tadellos. Sie werden solche unziemlichen Bemerkungen gegenüber einen Kameraden unterlassen, verstanden?“ Pip richtete sich auf. „Hören Sie, Alter…“ „Er heißt Walter“ zischte Seras. „Wir sind doch alle erwachsen. Wir lernen uns erst gerade kennen. Und ich glaube nicht, dass Seras einen Beschützer braucht. Oder…“ er drehte den Kopf zu Seras . “willst du aus der Wette aussteigen?“ „Ich stehe zu meinem Wort.“ „Na bestens. Meine Männer warten schon. On y va“ Pip ging betont locker aus dem Raum. Dass der eiskalte Blick von Walter noch furchterregender war als von Seras und ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ, zeigte er nicht. Wer hätte gedacht, dass der Butler ebenfalls ein gefährliches Monster war!? Seras schien es nicht zu bemerken. Sie lächelte Walter aufmunternd an. „Keine Sorge, Walter, das ist nicht das erste Mal, dass ich in einen Männerverein lande. Ich beiß mich schon durch.“ „Genau das befürchte ich ja“ murmelte Walter und folgte den beiden. Draußen im Hinterhof warteten die 21 restlichen Mitglieder von „Wild Geese“ in voller Kampfmontur auf weitere Anweisungen. An ihren Uniformen war das rot-schwarze Hellsing-Wappen aufgenäht. Die Wagen standen bereit und waren mit Waffen und Munition gefüllt. „Hi Käpt’n, wie findest du unsere „Bad Boys“. Mit viel Liebe zusammengezimmert“ begrüßte sein Vize ihn. Seras machte große Augen, als sie die übergroßen Pappaufsteller sah, die wohl Kidnapper mit Pistolen darstellen sollten. Einige von ihnen hatten Sprechblasen in denen „I kill you“ stand (mit Blümchen versehen), manche stellten Zivilisten wie Mutter und Kind dar. „Ok, die Regel sind einfach. Wir töten die Bösewichte und wer am besten trifft, gewinnt“ sagte Pip grinsend zu Seras, die sich die detaillierte Arbeit genauer ansah. Die Männer zeigten der neugierigen Blondine gerne ihre Arbeit. Sie hatten nicht gewusst, dass Seras heute Abend mitkommen würde. „Wo sollen wir sie denn jetzt aufstellen?“ fragte Pip den Butler, da er von Seras ignoriert wurde. „Steigen Sie bitte alle in den Wagen. Ich zeige Ihnen den Weg.“ In einer ruhigen, unbewohnten Ecke der Gegend hielt Walter den Geländewagen an. „Hier sind wir ungestört. Bitte nutzen Sie meinen Wagen ebenfalls als Zielobjekt, das macht es realistischer“ sagte er. Die Söldner zuckten nur mit den Achseln, wie mit dem Fuhrpark umgegangen wurde und rangierten die Pappkameraden im und um den Wagen. „Gut, und wo sollen wir uns aufstellen. In 50 Meter Entfernung? Oder 90“ fragt Pip. „Mr. Bernadotte, haben Sie nicht die Unterlagen durchgelesen“ tadelte Walter ihn. „Vampire sind schneller und stärker als Menschen. Eine Entfernung von 90 Meter haben sie in Sekunden durchquert. Nein, wenn die Gentlemen eine reale Überlebenschance haben wollen, müssen sie bereits schießen, wenn die Vampire nur als kleine Punkte am Horizont sichtbar sind.“ „Äh, und das bedeutet…wo sollen wir uns hinstellen?“ Knapp 500 Meter weite ließ Walter die Kolone stoppen und die Männer aussteigen. „Ich denke, diese Entfernung entspricht eher den Gegebenheiten“ sagte Walter und zeigte zum Horizont, wo man gerade noch den Wagen und die Umrisse der Ziele sehen konnte. „Soll das ein Witz sein?“ fragte Pip fassungslos. „Ok, ich verstehe, es ist ein Witz. Es geht um die Wette; sie wollen, dass Seras gewinnt, stimmts?“ Walter blieb stehen und zeigte auf einen Markierung am Boden. „Erinnern Sie sich, dass ich Bemerkungen über meine Ausbildungszeit gemacht habe? Das war unser alter Schießstand. Den haben wir genutzt, als die Gegend noch unbewohnter war. Von hier sind es etwa 400-500 Meter bis zum Ziel.“ „Wir sind keine Scharfschützen. Ohne spezielle Waffen mit Nachtsichtgerät und Laserunterstützung…nein, das ist unmöglich…. In der Entfernung und in der Dunkelheit…“ „Reale Bedingungen, mein lieber Bernadotte. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen. Ich werde den Rest des Weges zu Fuß gehen. Die englische Landluft ist so bekömmlich.“ Und mit großen Augen sahen die Söldner, wie Walter locker von dannen ging und dann plötzlich in der Dunkelheit verschwand. Ein großes Rumms ließ ihre Köpfe herum schellen. Seras hatte angefangen, die schweren Waffen- und Munitionskisten aus den Wagen heraus zu tragen. „Wann fangen wir endlich mal an“ rief sie ungeduldig, aber mit breitem Grinsen. Eine Stunde später zog eine Rauchwolke aus Schwarzpulver über die Hügel wie dichter Nebel. Unter dem Getöse von Kugeln und Explosionen konnte man das entsetzte Rufen einer Frau hören. „Was macht ihr denn da? Oh Nein, nein, so geht das doch nicht?!“ Seras konnte es nicht glauben. Seit einer Stunde zielten die Söldner auf die Pappkameraden und hatten keinen einzigen getroffen. Noch nicht mal der Wagen war gestreift worden. Sie hatte es sich bislang entsetzt angesehen und selber nicht geschossen, weil sie Pip und seine Leute erstmal beobachten wollte. Aber das….von den Typen sollte sie lernen? „Warum könnt ihr kein Ziel auf 500 Meter treffen?“ „Idiot, das ist unmöglich“ rief Pip, ebenfalls genervt aus. „Aber seid ihr nicht erfahrene Söldne? Dogs of War? Pineapple Army?” “No, 500 Meter mit Standardwaffen? Jemand, der das kann, ist ein Monster. Du bist ja völlig bescheuert“ höhnte Pip. Seras hatte genug. Ständig gaben diese Typen an, wie toll sie waren. Dabei war das Ergebnis wirklich erbärmlich. Walter hatte Recht gehabt. Wild Geese hatte keine Ahnung, was die Fähigkeit von Vampire betraf. Aber dafür war sie ja hier. „Bitte geh zur der Seite“ sagte sie zu einem Söldner. Als die anderen sahen, wie sich Seras mit ihrem Gewehr bereit machte, stellten sie das Feuer ein und beäugten sie neugierig. Auch Pip ließ sie nicht aus den Augen. Seras konzentrierte sich auf ihr Ziel, so wie es ihr Alucard beigebracht hatte. Dann schoss sie einige Male. Einige Sekunden später ging das Auto in einer Explosion in Flammen auf, ebenso verbrannten die Umrisse der Zielobjekte daneben. Die Männer rissen erstaunt die Augen auf. „Yes“ Siegessicher und mit breitem Grinsen sah Seras zu Pip hin. „Zufrieden? Was sagst du dazu?“ höhnte sie. Pip nahm das Fernglas ab, mit dem er das Feuer um das ehemalige Ziel beobachtete hatte. „Sieh mal genauer hin, Idiot.“ Seras starrte auf die vom Feuer erhellte Stelle und erkannte allmählich Einzelheiten, wo sie vorher nur Umrisse gesehen hatte. Jedes Ziel war durchlöchert oder brannte. JEDES! Auch diejenigen, die unschuldige Geisel darstellten. „Du hast alle Geisel getötet“ rief Pip aus. Seras griff sich schockiert schreiend an den Kopf. Das hatte sie ja völlig vergessen. „Holy Shit, das war ja unglaublich. Und sie hat die Waffe nur mit einer Hand gehalten. Was ist mit dem Rückstoß?“ „Also hier gibt es jeden Tag etwas Neues zum lernen. Und ich dachte, ich hätte schon alles gesehen.“ „Oh shit, oh shit, oh fucking shit.” Die Männer redeten durcheinander, sahen immer wieder zum Feuer hin und umstellten Seras begeistert, wenn auch schockiert.. „Das war legendär. Wo hast du das gelernt? Oder geht das nur als Vampir?! „Ist das eine normale Waffe oder ist sie modifiziert?““ „Sind deine Augen normal oder mehr wie ein Nachtsichtgerät? Konntest du das Ziel sehen?“ „Aber wie hast du die Feuerkraft so gezielt unter Kontrolle gebracht?“ Seras wurde von den Männern mit Fragen durchlöchert. Dass sie die Geisel mitgetötet hatte, war gerade unwichtig. „Shit, Pip, das ändert so einiges. Sie ist nicht nur superstark, sondern schießt auch noch besser als Annie Oakley und Lucky Luke zusammen“ sagte Pips Vizechef zu ihm. Der zündete sich eine Zigarette an und bot seinem ältesten Kamerad auch eine an. „Tja, wenn man davon absieht, dass sie jeden getötete hat… sie hat eindeutig gewonnen“ murmelte Pip. Er war fasziniert, wenn auch enttäuscht, dass er die Wette nicht gewonnen hatte. Aber dafür hatte sich der Abend auf andere Art und Weise gelohnt. Die Männer umringten immer noch Seras und machten sich nun, da der erste Schock verflogen war, über sie lustig. Pip musste zugeben, er war beeindruckt. Das war keine unschuldige junge Frau. Seras war vielleicht ein wenig ungeschickt, aber es gab niemanden in seiner Einheit, der es mit ihr im Zweikampf oder als Scharfschütze aufnehmen könnte. //Aber gegen solche Wesen sollen wir kämpfen? Allmählich kapiere ich, was der Butler uns zeigen wollte. Ich muss meine Strategien umdenken. Und ich muss überlegen, wie ich Seras Fähigkeiten am besten in der Gruppe integrieren kann.// Pip war nicht umsonst der Anführer. Er wusste, was seine Pflicht war. Dafür zu sorgen, dass sie gewannen, nein, überlebten, egal mit welchen Mittel. Und wenn nur Seras auf weite Entfernung so zielsicher treffen konnte, mussten seine Männer Eindringlinge halt auf andere Art und Weise aufhalten. „Hey, Boss, komm, wir müssen unbedingt ein Erinnerungsbild machen.Doc hat seine Kamera dabei“ rief einer seiner Kameraden. Einige hatten die Überreste geholt und zeigten sie herum. „Seht euch an, wie durchlöchert der kleine Junge ist“ rief ein anderer amüsiert. „Ich hatte ihn mit viel Liebe angemalt.“ „Hey, Doc, mach mal ein Foto davon“ ein anderer streckte seinen Kopf durch das große Loch, dass im Bauch einer Puppe entstanden waren. Seras war es peinlich, als sie sie mit den Überresten der „Geiseln“ konfrontiert wurde, aber die Männer zogen sie lachend auf, so dass sie auch anfing zu lächeln. Ja, es war peinlich und einen solchen Fehler sollte sie sich niemals erlauben, aber es war auch lustig gewesen. Besonders die verdutzten Blicke der anderen. Trotzdem, sie selber war auch nicht besser. Walter und Integra hatten Recht gehabt: sie hatte auch noch einiges zu lernen. Doc, ein etwas ältere Söldner mit grauen Haare und Brille, schoss Bilder. So einen Spaß hatte die Gruppe ja eher selten. „Hey Bernadotte, was hältst du von einem Gruppenbild?“ rief er seinem Anführer zu, der noch seine Kippe ausrauchte. Pip sah auf die lachenden Bande, die mit der Aktion Seras bei sich aufgenommen hatten. „Allez, alle zusammen. Wir haben heute ein Mitglied ehrenhalber bekommen. Präsentiert die Waffen und seht schön gefährlich aus.“ Sagte er lachend und stellte sich zu den anderen vor einen der Wagen hin, während Doc den Selbstauslöser ausrichtete. Einige stellten die Überreste der Ziele mit auf und Seras konnte nicht wiederstehen: sie stellte sich neben Pip und ließ den Lauf ihres Gewehres „zufällig“ auf Pip zeigen, während sie unschuldig in die Kamera starrte. Er begriff aber, hob die Hände und zog ein betont ängstliches Gesicht. Die Wette hatte er verloren. Aber dafür hatte er heute einen neuen Kameraden gewonnen. „Vergiss nicht, du schuldest mir noch einen Lauf“ sagte Seras leise, als sich die Gruppe aus der Position löste. „Tja, Mignotte, deine Leistung war aber auch nicht besser. Du hast alle umgebracht“ grinste Pip. „Da solltest du wenigstens so fair sein und mitlaufen.“ Seras überlegte. Da war schon was dran. „Ok“ stimmt sie zu. Pips Grinsen wurde breiter. „Ok Männer, bevor ihr alle ins Bettchen geht, machen wir noch einen kleinen Spaziergang. In voller Ausrüstung, im Laufschritt marsch zum Hauptquartier.“ Die Männer stöhnten auf. Das Training war also noch nicht beendet. „Allez, allez. Seras läuft auch mit. Und ich finde, wir müssen ihr während des Heimweges unbedingt unsere Lieblingslieder beibringen.“ Seras sah die Männer erstaunt an. Die aber fingen ebenfalls an zu grinsen, als Pip ein Marsch-Lied anstimmte und loslief. Nach einigen Zeilen rief Seras empört auf: „IHR PERVERSEN SCHWEINE!“ „Mitlaufen Seras, so ist es abgemacht. Und vergiss nicht, schön mit zu singen“ lachte Pip. Tja, wer zuletzt lacht…. Kapitel 3: Flug nach Rio ------------------------ Alucard und Walter standen im unbeleuchteten Raum und sahen aus dem Fenster, wo man noch die Rauchwolken des verbrannten Wagens sehen konnte. „Sie hat alles getroffen“ erzählte Alucard grinsend Walter. „Auch die Ziele, die sie vielleicht besser nicht hätte treffen sollen.“ „Ich sorge mich um die Zukunft“ sagte Walter trocken. „Nebenbei, wie planst du mit ihr nach Südamerika zu reisen? Es sieht nicht so aus, als wäre sie fähig, den Ozean zu überqueren. Mit einem Flugzeug?“ „Nein, momentan ist sie eher ein Halb-Mensch/Halb-Vampir. In ihrem Zustand….Staub zu Staub.“ „Hm, ich frage mich…“ Walters Überlegung wurde unterbrochen, als eine schreiende Seras ins Zimmer lief. „Walteeeeeeer“ „Oh, das Training ist beendet“ bemerkte der Butler stirnrunzelnd. „Walter, das ist sexuelle Belästigung. Dieser Soldat mit dem seltsamen Hut hat beim Rücklauf plötzlich einen unglaublich obszönen Gesang angestimmt. Das hat er nur getan, um mich zu ärgern. Und dann haben alle Männer…“ Pip tauchte hinter ihr auf, mit unbeteiligter Miene. Tänzelnd lief er in den Raum und flötete unmelodisch ein Lied über Eskimos und ihre kalten…. „Du SCHWEIN!“ rief Seras aus und hielt sich die Ohren zu. Das brachte ihr aber wegen ihres guten Gehörs nur wenig. „Walter, ich habe eine Idee“ unterbrach Alucard plötzlich den Lärm. Seine leise, aber dunkle Stimme sorgte sofort für Ruhe. „Es ist klassisch, aber es wird funktionieren.“ Die Anwesenden sahen ihn ratlos an. „Seras, meine Liebe. Wir haben eine Mission. Wir fliegen nach Rio de Janeiro, Brasilien“ erklärte Alucard. „Okay“ Seras hatte wieder ein ungutes Gefühl. Es wurde immer ausgelöst, wenn ihr Meister so fies lächelte. „Willst du nicht wissen, wie du nach Rio kommst?“ fragte Walter. „Äh, Flugzeug wird wohl am schnellsten gehen, oder?“ fragte Seras ahnungslos. „Ja, aber es gibt ein kleines Problem, über das wir uns gerade unterhalten haben“ erklärte Walter „Da bist nicht…vollständig“ umschrieb er ihren Zustand wegen Pips Anwesenheit vorsichtig. Damit meinte er, dass Seras, die noch nie Menschenblut direkt aus der Kehle getrunken hatte, kein vollständiger Vampir war. „Und fließendes Wasser gehört zu den Schwachstellen von Vampiren“ fuhr Alucard fort. „Schwache Vampire sind nicht in der Lage über fließendes Wasser zu gehen oder sonst wie zu überqueren.“ „Soll das heißen, sie kann über keine Brücke gehen, ohne sich geschwächt zu fühlen?“ fragte Pip interessiert nach. „Brücken, Schiffe und ja, auch Flugzeuge können problematisch sein“ antwortetet Walter. „Aber ihr habt eine Lösung, sonst würdet ihr mich ja nicht nach Rio schicken“ wandte Seras stirnrunzelnd ein. //Ich kann fließendes Wasser nicht überqueren? Scheiße, warum ist England eine Insel!?// Alucard lächelte sie an. „Hast du dich an deinen Sarg gewöhnt? Denn du wirst ihn mitnehmen. Genauer gesagt, wirst du die Reise darin überstehen.“ Seras sah abwechselnd von Walter zu Alucard und zurück. Keiner der beiden sah aus, als würden sie scherzen. Das wäre auch absolut unüblich für die beiden gewesen. „Moment, wie lang wird diese Reise denn sein? Südamerika, das ist doch auf der anderen Seite des Kontinents?“ überlegte sie laut. „Naja, je nachdem mit welchen Flugzeug kann das um die fünfzehn Stunden dauern: Mindestens“ sagte Pip. „Ihr wollte mich 15 Stunden lang in das Ding einsperren, während Ihr euch in der ersten Klasse gemütlich einen Film anseht?“ „Soll ich Touristenklasse fliegen bei all dem Pöbel?! Was erwartetest du denn von mir? Es ist nicht mein Problem, dass du so schwach bist. Unser Meister Integra hat uns den Befehl gegeben und der führt uns nach Rio. Dein Sarg ist mittlerweile deine Zufluchtsstätte und wird dich schützen. Die paar Stunden wirst du schon überleben“ befahl Alucard ruhig. „Ich….ich will aber nicht“ Seras wandte sich um und lief aus dem Raum. Die Männer sahen ihr ratlos oder stirnrunzelnd nach. „Sie wird sich schon beruhigen“ war alles was Alucard sagte und verließ den Raum. „Na, der nimmt das aber sehr gelassen hin“ staunte Pip. „Ja, weil ich mich wie üblich um seinen Mist kümmern muss“ murmelte Walter niedergeschlagen. Hilfesuchend sah er Pip an. „Käptn Bernadotte, Sie sollen ebenfalls mit nach Rio kommen und die beiden unterstützen. Ich bitte sie daher um ihre Hilfe. Wenn wir Seras nicht freiwillig in den Sarg bekommen, wird Alucard sie zwingen. Und das möchte ich den armen Mädchen nicht antun. Seien Sie ein Gentleman und überzeugen Sie Seras.“ „ICH soll sie überzeugen? Na, da überschätzen Sie mich aber, Butler. Na gut, ich will nicht so sein. Ich schaue mal nach, ob ich sie finden kann“ Pip hob zwei Finger an den Hut und verließ grinsend den Raum. „Fangen Sie am besten mit dem Dach an“ rief ihm Walter noch nach. „Der Butler weiß alles, was im Hellsing-Anwesen vor sich geht“ murmelte Pip, als er auf dem Dach tatsächlich ihre Gestalt ausmachen konnte. Leise schlich er näher. „Wenn du dich an mich schleichen willst, dann ist es sinnlos“ sagte Seras laut, ohne sich umzudrehen. Sie saß am Rand und sah auf die Landschaft. „Merde, bin ich zu laut?“ Pip kam vorsichtig näher. Die Vampirin machte nicht den Eindruck, als würde sie vor ihm weglaufen, aber anderseits war sie sehr schnell…sie konnte ohne Probleme vom Dach springen und er würde ihr nicht folgen können. „Nicht besonders, es war dein Geruch. Wenn du dann noch gegen den Wind stehst…“ erklärte Seras. Pip schnüffelt kurz an seiner Jacke: Zigarettenrauch, Schießpulver und Schweiß. Vermutlich konnte man ihn sogar auf 2 km Entfernung riechen. „Naja, ich hatte auch eigentlich vor gehabt, nach dem Training unter die Dusche zu springen, aber das war bevor du...“ „Bevor ich mich geweigert habe, eingesperrt in einen Sarg nach Südamerika zu reisen. Sooooory“ beendete sie den Satz sarkastisch. Pip schwieg, setzte sich neben sie und holte eine Zigarette raus. Erst als der Glimmstängel brannte und er einen Rauchstoß ausblies, antwortete er. „Hast du Platzangst?“ „Nein.“ „Fühlst du dich unwohl in deinen Sarg?“ „Ich habe ihn erst seit einigen Tagen, aber bislang nicht.“ „Was ist dann dein Problem?“ Nun wandte sich Seras ihm zu, ihre Augen blitzen wütend auf. „Mein Problem? Mein Problem ist, dass einfach über meinen Kopf entschieden wird, mich wie ein Gepäckstück zu verfrachten, ohne sich um meine Meinung zu scheren.“ „Deine Meinung ist irrelevant. Dein Auftrag befindet sich in Rio, du musst da hin und auf diese Weise kommst du auch in einen Stück an“ antwortete Pip, der seinen Blick stur geradeaus auf die Landschaft vor sich hielt. Da er rechts von Seras sah, konnte sie nur die Gesichtshälfte mit der Augenklappe sehen. Weil sie dadurch kaum Emotionen, besonders nicht die gewünschte Anteilnahme an ihrem Problem erkennen konnte, wurde sie noch wütender. Besonders, weil Pip auch noch recht hatte. Sie wollte aber gerade nicht hören, dass sie im Unrecht war. Das war weibliche Logik. Leise grummelte sie vor sich hin. Alle Männer waren gemein. „Dir ist schon klar, dass dein gruseliger Meister dich morgen ohne Umstände in deinen Sarg packen wird, egal wie deine Meinung dazu ist?!“ meldete sich Pip nun wieder zu Wort. „ist es da nicht würdevoller, wenn du es aus freien Stücken tust?“ Seras Antwort war ein dunkles Knurren. Dann seufzte sie und nickte. Sie würde sich fügen müssen. Und es war tatsächlich würdevoller, wenn sie sich nicht dagegen wehren würde. Sie hatte gegen Alucard sowieso keine Chance. „Wie…wie lange werden wir unterwegs sein?“ fragte sie. Pip zog noch mal an seiner Zigarette, während er überlegte. „Das Problem ist der Sarg mit dir drin. Damit kommt man nicht so einfach durch den Zoll. Wahrscheinlich werden wir per Schiff aufs Festland gebracht und von dort mit einem Jet oder so ähnlich nach Brasilien fliegen. Das verzögert die Reise noch mehr.“ „Also länger als 15 Stunden?“ fragte Seras ängstlich. „Schlaf doch in der Zeit“ schlug er vor. „Wir fliegen teilweise auch tagsüber. Oder nimm dir was zum Lesen mit.“ „Der Sarg ist zu eng, da kann ich mich kaum umdrehen, geschweige denn ein Buch lesen. Und ich werde auch nicht schlafen können, denn….ich bin nervös“ flüsterte sie die letzten Worte. Jetzt drehte sich Pips Kopf zu ihr um. Sein grünes Auge war vor Überraschung groß. „Vorm Fliegen? Du hast Flugangst?“ „Nein, ich bin nur nervös, nicht ängstlich. Ich bin noch nie geflogen. Und dann muss ich meinen ersten Flug auch noch Holzklasse fliegen“ erklärte Seras leise. „Warst du schon mal auf einer Achterbahn?“ Seras nickte. „Der Start und die Landung fühlen sich von der Beschleunigung so ähnlich an. In der Luft merkst du bei einem guten Flug nur wenig. Aber nimm dir Ohrstöpsel mit, damit du den Lärm besser ausblenden kannst. Und wenn du Angst bekommst, schließ die Augen und stell dir deinen Lieblingsplatz vor. Oft beruhigt das“ gab Pip ihr Tipps. Seras nahm sie stumm, aber dankend an. Sie hatte sich wieder unter Kontrolle und ihre Wut war fast verflogen. Pip schnippte den Zigarettenstummel weg und stand jetzt auf. „Also Mignotte, hast du noch mehr Probleme auf dem Herzen? Wenn nicht, würde ich gerne unter die Dusche gehen und noch ein paar Stunden schlafen, bevor wir aufbrechen.“ Seras stand auf und ignorierte Pips helfende Hand. Sie war kein hilfloses, kleines Mädchen mehr. Sie schaute Pip fest in die Augen. „Ich werde morgen bereit sein“ sagte sie und verließ vor ihm das Dach. Einige Stunden später wurde an Seras Sarg geklopft. Verschlafen richtete sie den schweren Deckel auf und sah in Pips Gesicht. „Bonjour Mignotte, mach dich bereit. Länger darfst du nicht mehr schlafen. In einer halben Stunde wollen wir los. Bis dahin musst du kuschelig verpackt sein.“ „Was, jetzt schon? Ich muss noch eine frische Uniform anziehen. Und was ist mit meiner Waffe?“ „Darum kümmert sich Walter. Er packt dir da was zusammen mit Munition ein. Und irgendwas in Rio ist brenzlig, deswegen haben wir sogar einen kleinen schnellen Privatjet, der uns von Frankreich direkt nach Rio fliegt“ erklärte er, während er die süße Blondine dabei beobachtete, wie sie in einen kurzen Pyjama und mit strubbeligen Haaren aus den Sarg schlüpfte und sich aus dem Schrank frische Kleidung heraus zog. Seras war so nervös, dass sie noch nicht fertig für die Reise war, dass sie nicht zögerte und aus ihrem Pyjama schlüpfte. Dass gerade ein halbfremder Mann in bester Blüte mit im Raum war und ihren nackten Rücken und ihren Hintern in einen einfachen Baumwoll-Schlüpfer sehen konnte, interessierte sie gerade nicht. Der Raum war so karg eingerichtet und hatte kein eigenes Badezimmer, so dass Seras keine andere Möglichkeit sah. Es musste jetzt schnell gehen. Pip konnte es dagegen nicht fassen, was er da vor sich sah. Ein zierlicher Rücken und ein Hintern geformt wie ein knackiger, kleiner Apfel. Er hätte ja auch ein Gentleman sein können und sein Auge verschließen oder sich wegdrehen können. Aber Pip war weder Gentleman noch Idiot. Leider war der Augenblick zu schnell vorbei. Seras hatte sich BH, Bluse, Rock und Jacke in Sekunden und mit geübten Griffen angezogen und bürstete sich noch routiniert die Haare durch. Dann drehte sie sich um, suchte ihre Stiefel und zog sie auch noch an. Frisch gestriegelt salutierte sie vor dem Käpt’n. „Fertig und abmarschbereit.“ „Gut, dann wirst du das vielleicht auch noch brauchen“ sagte Pip und holte etwas aus seiner Tasche. Überrascht hielt Seras die Hand auf. „Ohrstöpsel und Kaugummi?“ Fragend sah sie ihn an. „Die Ohrstöpsel gegen den Lärm und Kaugummi kauen hilft gegen den Druck auf den Ohren und kann auch beruhigend wirken“ erklärte er. Seras schenkte ihn zum ersten Mal aus lauter Dankbarkeit ein breites Lächeln. Deswegen tat es Pip nun auch leid, als er streng befehlen musste: „Mignotte, wir haben einen strengen Zeitplan. Ab, in den Sarg!“ Kaum war sie wieder drin, half er ihr, den Deckel hoch zuschieben. Dann rief er die drei Männer rein, die draußen vor der Tür gewartet hatten und den Sarg raus trugen. „Wie habt ihr euch entschieden, die Polizistin zu transportieren?“ fragte Lady Integra ihren Butler. Walter führte sie in einen Raum, wo die Vorbereitungen zugange waren. „In einen Sarg“ erklärte er und Integra sah dabei zu, wie drei Männer den Sarg vernagelten, während Alucard in einem schicken schwarzen Anzug grinsend drauf saß. Ein leises, gequältes „Lasst mich raus, ich habe es mir anders überlegt“ war aus dem Sarg hörbar. „Das kriegt ihr doch nie durch den Zoll“ meinte Intergra stirnrunzelnd, während sie sich Alucard in seinem ungewohnten Outfit genauer ansah. Elegant, aber er wirkte immer noch wie der Teufel persönlich. „Es gibt keinen Zoll“ antwortete Walter. „Wieso nicht?“ „Es ist ein Schmugglerschiff. Es wird sie nach Frankreich bringen und von dort aus mit einer Privatmaschine nach Rio. Auf diese Weise sollten wir den Zoll und mögliche Spione abhängen können.“ „Ob das gut geht?“ zweifelte Integra, während das Seras Schreie lauter wurden. Von ihrer Zuversicht am Vorabend war nichts mehr übrig gebelieben. „Wir müssen auch die Waffen transportieren und meinen Sarg ebenfalls“ mischte sich Alucard ein. „Zwei Fliegen mit einer Klappe.“ „ Es ist ein Schmugglerschiff, was wir schon häufig genutzt haben. Solange sie bezahlt werden, sind sie zuverlässig“ beruhigte Pip sie. „Lasst mich raus“ heulte Seras. „RUHE!“ befahl Alucard ungeduldig. Sofort wurde es still. „Du bist anders gekleidet“ sagte Integra zu ihren treuen Diener. „Ich dachte, Sonnenlicht ist der schlimmste Feind der Vampire.“ „Ich kann doch nicht in ein Flugzeug steigen in meiner üblichen Kleidung. Und schon gar nicht mich damit in der Öffentlichkeit bewegen. Außerdem ist Sonnenlicht für mich nicht tödlich. Ich hasse es bloß.“ Integra sah ihn streng an. Genug der Scherze. Sie wusste was ER wollte. Und so verfügte sie: „Dein einziger Befehl lautet: Suchen und Zerstören. Over“ „Verstanden, mein Meister“ Glücklich über diesen wundervollen Befehl verbeugte er sich. Integra verließ die Männer. Bevor Walter ihnen folgte, warf er Pip noch einen Kleidersack zu. „Alucard wünscht, dass Sie es für ihre Reise ab dem Flugzeug tragen“ erklärte er. Pip öffnete den Reißverschluss und sah einen hellen Leinenanzug mit dunklem Hemd drin. „Wir reisen schließlich inkognito“ sagte Alucard. „Da sollte mein Begleiter, auch wenn er nur ein Diener ist, angemessen gekleidet sein.“ //Wer ist hier dein Diener?// dachte sich Pip angesäuert. Im Gegensatz zu Seras durfte er gleich ungewohnt luxuriös reisen, aber dafür musste er allein mit Alucard auf engen Raum sein. Ein wenig beneidete er Seras. Aber nur ein wenig. Kapitel 4: Flucht aus Brasilien ------------------------------- Chaos. Die Stadt versank in Chaos. Seras schaute aus dem fliegenden Hubschrauber hinunter auf die Stadt, die immer noch in Panik war. Sah den Rauch und die blinkenden Lichter der Polizeiautos, die das Hotel umstellt hatten und sich nicht in das Gebäude trauten. Leichen und Fleischspuren verteilten sich über die Treppe, die zum Eingang des Hotels führten, das heute zu einer Hölle wurde. Und während Polizei und Presse in Panik waren, beobachtete kaum jemand den Hubschrauber der brasilianischen Polizei, der den Tatort verließ. Käptn Bernadotte hatte aufgehört, den Piloten mit seinem Revolver zu bedrohen, weil Alucard ihn hypnotisiert hatte. Ähnlich wie der Rezeptionist des Hotels war der Pilot nun in tiefer Trance und flog auf Befehl seines neuen Meisters mit unbestimmtem Ziel hinaus. Zufrieden grinsend saß Alucard neben ihr. Ihre Särge hatten sie schnell aus der zerstörten Suite mitgenommen und hinter sich verstaut. Das Massaker, das Millennium angestiftete hatte, war durch die Fernsehkameras weltweit übertragen worden. Die Bosse der involvierten Parteien; Millennium, Hellsing und Iscariot ; hatten die Kriegserklärung beobachtet. Seras ahnte, dass Intergra alles andere als erfreut darüber war, dass nebenbei die ganze Welt Alucard beim Töten gesehen hatte. Alucard schien ihren zukünftigen wütenden Anruf kaum erwarten zu können. Doch erst mal mussten sie etwas Abstand zum Tatort bringen. Der Hubschrauber flog relativ tief an der Küste entlang und die Passagiere schauten nach einem guten Landeplatz. Irgendwann würde auffallen, dass der Pilot sich nicht meldete und man würde nach ihm suchen. Mit dem Auto weiter zu fahren würde unauffälliger sein. „Was haltet ihr von dort hinten?“ schlug Pip vor, der nebenbei eine Karte in den Händen hielt. „der kleine Ort in der Nähe heißt „Icarai“. Der Sprit im Heli reicht nämlich nicht mehr lange.“ „Der Pilot soll am unbeleuchteten Hügel landen. Ich lasse ihn dann weiterfliegen, bis der Sprit alle ist, damit man glaubt, wir wären woanders ausgestiegen“ befahl Alucard. Der Heli landete, die Passagiere steigen zusammen mit ihrer Fracht aus und dann flog der Pilot, wie von Alucard befohlen, wieder zurück zum Tatort. Er würde sich an keine Gesichter erinnern können. „Und wie kommen wir von hier aus weg?“ fragte Seras. Sie hatte ihr Gewehr Harkonnen in ihrer Tasche gepackt und trug es auf dem Rücken. Sie bezweifelte, dass sie gerade stark genug war, auch noch ihren Sarg zu tragen. Jetzt, wo der Adrenalinschub abgenommen hatte, fühlte sie sich so müde, dass sie sich am liebsten in die Kiste reinlegen würde. Pip erwies sich als Gentleman, beziehungsweise nutze er die günstige Gelegenheit, als er den Lichtschein eines vorbeifahrenden Autos ankommen sah. Anscheinend hatte der Fahrer den Heli gesehen und war neugierig, wer die Passagiere waren. Promis? Drogenhändler? Der Fahrer, ein gewisse Hektor, der in Rio am Hafen arbeitete und auf den Rückweg zu seiner Familie war, befürchtete nichts Böses, als ein Mann mit langen Haaren und in der Uniform der Policia langsam und breiten Lächeln auf ihn zukam. Eine Kontrolle der Fahrzeige? Als Hektor das Fenster herunterkurbelte, wurde ihm plötzlich ein Revolver vors Gesicht gehalten und ihm wurde auf Englisch befohlen, auszusteigen. Bevor Hektor überlegen konnte, ob er schnell genug wäre, weg zu fahren, sah er plötzlich in rot glühende Augen. Und dann ging es Hektor so wie dem Piloten: Mit dem Unterschied, dass er unter einem Baum ein kleines Nickerchen machen und sich nach dem Aufwachen an nichts mehr erinnern würde. Die Vampire hievten ihre Särge auf den Truck, Pip setzte sich ans Steuer, Alucard neben ihm und Seras musste hinten auf die Särge aufpassen. Pip konzentrierte sich auf die Straße. Auch er bemerkte, wie sich langsam Müdigkeit in ihm ausbreite. Und so still wie die beiden Vampire waren, hatte er das Gefühl, dass sie auch erschöpft waren. Plötzlich meldete sich Alucard doch zu Wort. „Fahr die Küste entlang. In etwa einer Viertstunde sollten wir an einen Ort namens St. Rose kommen. Dort gibt es einen kleinen Hafen. Sehen wir zu, dass wir dieses Land verlassen und wir wieder ins schöne, verregnete England kommen.“ „Werden wir noch vor Sonnenaufgang ankommen?“ fragte Pip. Er wusste, dass die Sonne diesem Vampir nichts anhaben konnte, doch was war mit Mignotte? „ Die Mittagssonne würde sie verbrennen, aber wenn sie etwas Langärmeliges tragen würde, ohne viel Haut zu zeigen und sich im Schatten aufhält, kann sie es ein paar Stunden schon aushalten.“ Pip sah in den Rückspiegel, wo er das nachdenkliche, müde Gesicht von Seras erkennen konnte. „Der Sonnenaufgang ist erst in einer halben Stunde“ meldete sich Alucard zu Wort. „Bis dahin haben wir den Ort erreicht.“ Der Vampir hatte Recht. Noch bevor die Sonne den Himmel rosa färben konnte, erreichten sie den kleinen Ort St. Rose. Pip sah nahe dem Ortseingang sogar ein kleines Motel, dessen Hof von einer kleinen Mauer umzogen war. Angesichts der Tatsache, dass kaum ein Wagen auf dem Hof stand, würden sie hier bestimmt ein Zimmer finden. „Ich gehe rein und bestelle uns ein Zimmer“ sagte er zu seinem Beifahrer und stieg aus. Nach 5 Minuten kam er raus und stieg wieder in den Wagen. „Ich habe das Zimmer in der hintersten Ecke genommen. Da werden wir ungestört sein“ erklärte er und führ den Wagen ums Haupthaus rum. Dort befand sich ein kleines Gebäude, das ebenfalls zum Hotel gehörte. Schnell wurden die Särge ausgeladen und ins Häuschen gebracht. Es hatte ein kleines Wohnzimmer, zwei Schlafzimmer, eine Küchenzeile mit Wasserkocher und Herdplatte sowie ein großes Badezimmer. Alucard entdeckte ein Telefon in einem der Schlafzimmer und setzte sich in den großen Sessel, der daneben stand. „Ich möchte ungestört sein, wenn ich gleich Integra anrufe und ihr von der Mission berichte. Ich will, dass ihr beiden solange den Ort erkundet. Fragt nach, ob Schiffe nach England geplant sind oder man ein Flugzeug mieten kann“ befahl er. Pip zog in dem Moment gerade die Schutzweste und die Handschuhe aus. Eigentlich hatte ihn das Bett sehr verführerisch angeschaut, aber eine Pause mit ein wenig Schlaf stand nun nicht mehr zur Diskussion. Anderseits bekam er allmählich Hunger. Das Frühstück, das vom Motel angeboten wurde, bestand aktuell nur aus lauwarmen, alten Kaffee und einem Frühstücksbrei. Nein danke, darauf konnte er verzichten. „Tja, Mignotte, dann können wir beide gleich nett Essen gehen, non?“ fragte er Seras. „Hört sich gut an. Meister, wollt ihr auch etwas?“ Alucard sah sie stumm an. Seine ausdruckslose Miene bei dieser dummen Frage, nachdem Seras ihm doch in seinen Blutrausch gesehen hatte, ließ die Antwort schon erkennen. Seras senkte beschämt den Kopf. Sie wandte sich zu Pip um, der nun auch die Jacke ausgezogen hatte. Neben Kampfstiefel und Sicherheitshose, die noch zur Uniform gehörten, trug er nur ein schlichtes weißes T-shirt. Den Waffengürtel hatte er auch abgelegt. Pip begutachtete seine Kleidung ohne Seras überraschten Blick zu bemerken. Die Vampirin hatte den Söldner bislang immer in seiner übergroßen Armeejacke gesehen. Nun konnte sie erkennen, dass Pip einen gut trainierten Oberkörper besaß. Für einen kampferfahrenen Soldaten war das zu erwarten, aber es tatsächlich zu sehen…da wirkte das überhebliche Großmaul um einiges attraktiver. Und sie musste zugeben, dass seine Aktion mit dem Helikopter sehr hilfreich gewesen war. Sie war zum Zeitpunkt des Angriffs nicht auf die Idee gekommen, ihn anzurufen. Stattdessen hatte sie tatenlos zugesehen wie Alucard die Menschen abgeschlachtete hatte, die es gewagt hatten, ihn anzugreifen. Erst mit dem Angriff des gegnerischen Vampirs hatte sie eingegriffen, aber Seras war trotzdem über sich enttäuscht. Aber Ghoule und Vampire zu töten war etwas anderes als hilflose Menschen. Das war eine Grenze, für die sie nicht bereit war. „Das sieht einigermaßen nach Zivilist aus“ murmelte Pip nachdenklich, allerdings hoffte er, dass ihm niemand zu nahe kam. Die Kleidung roch nach Schwarzpulver, Schweiß und Blut. Zwar nicht seines, aber er hatte die Uniform nun mal nicht ohne Gegenwehr klauen können. Ohne Jacke konnte er nur schwer seinen Revolver verstecken. Aber ohne würde der Söldner niemals rausgehen, weshalb er sie sich hinter den Hosenbund steckte und das Shirt überzog. Trotzdem war die Ausbeulung für geübte Augen gut zu erkennen. Reservekleidung hatte er natürlich nicht mitgenommen. Das hatte nicht zu den Dingen gehört, die ihm dringlich erschienen waren, nachdem er die Eilsendung im Fernsehen gesehen hatte. Sein schöner Feierabend war damit zunichte gemacht worden. Alles war er damals in seinem billigen Hotel-Zimmer tun wollte, war ein paar Bierchen zu genießen, sich dabei vielleicht einen Porno anzusehen und ein paar Stunden in einem Bett zu schlafen, ohne dabei von einem unheimlichen Vampir beobachtet zu werden. Im Flugzeug hatte er sein Auge deswegen nicht zubekommen. Und was hatte er stattdessen erhalten: Massaker Surprise nach Brasilien-Art! Er hörte mit dem Selbstmitleid auf und betrachtete Seras von oben nach unten, die fragend eine Augenbraue anhob. Ihre Uniform war auch zu auffällig. Jeder Mann, der sie darin sah, würde sie jederzeit beschreiben können. Angefangen von den blonden Haaren bis hin zum knackigen Hinterm im kurzen Rock. Und sie konnte leider niemanden so gut hypnotisieren wie ihr Meister. „Wir brauchen nicht nur was zum Essen: Neue Kleidung muss auch eingekauft werden“ sagte er zur ihr. „Äh, mit welchen Geld? Ich habe nichts eingepackt“ fragte Seras, die sich nun auch ärgerte, dass sie daran nicht gedacht hatte. „Im Sarg ist Geld“ meldete sich Alucard zu Wort und deutete auf Seras Sarg zu seinen Füßen. Weil sich keiner der Jüngeren bewegte, trat der Vampir ungeduldig dagegen. Eine kleine Klappe an der Seite öffnete sich. Seras bückte sich und sah mehrere Geldscheinbündel in bunten Farben vor sich. „Nimm die amerikanischen Dollars, die werden überall angenommen“ befahl ihr Meister. Beeindruckt von der Weitsichtigkeit ihres Bosses traten Pip und Seras nach draußen. „Also erst mal nach Kleidung schauen?“ fragte sie. Die beiden verließen im gemütlichen Schritt den Hof und gingen in Richtung Dorfmitte. Pip zündete sich eine Zigarette an. Allmählich tauchte die Sonne am Horizont auf. „Ja, mal sehen, was wir finden. Du brauchst ja auch was als Schutz gegen die Sonne. Und danach brauche ich einen starken Kaffee und irgendetwas mit Fleisch drauf. J´ai faim.“ „Und dann müssen wir auch noch schauen, ob es ein Schiff oder Flugzeug für uns gibt.“ Pip sagte ihr nicht dass er die Chancen dafür schlecht einschätzte. Die Särge würden sich ähnlich wie bei der Hinreise wieder als Ärgernis erweisen. Und ein Schiff war einfach zu langsam. Weil es noch früher Morgen war, hatte kaum ein Laden geöffnet. Seras entdeckte aber einen kleinen Laden, in dessen Schaufenster zwei Kleiderpuppen standen. „Sieht gut aus. Sie haben Frauen- und Männerkleidung. Allerdings keine große Auswahl“ sagte sie mit einem Blick durchs Fenster. „Und in etwa 10 Minuten machen sie auf“ sagte Pip mit einem Blick aufs Schild. „Das reicht wenigstens, um schon mal einen Kaffee zu trinken. Für dich auch einen, ma chère?“ Eigentlich hatte Seras mehr Lust auf einen Tee, aber das würde hier unmöglich sein, also nickte sie. Pip hatte zwei Häuser vorher ein Fenster gesehen, woraus der Besitzer Kaffee verkaufte. Leider nichts zu essen, aber der Ladeninhaber sagte ihm, wo sie etwas finden konnten. Die beiden nahmen ihren Kaffee und setzten sich auf eine Mauer, die noch im Schatten lag. Seras lehnte sich an die Wand und genoss langsam den heißen Kaffee, den sie mit Milch und Zucker gesüßt hatte. Vorsichtig schielte sie zur Seite zu Pip, der sich eine weitere Zigarette angezündet hatte. Er wirkte wie ein müder Mann, der zu lange gefeiert hatte und nun seinen Kater auskurieren wollte. „Äh, Käptn Bernadotte…?“ „Hm“ Pip drehte den Kopf zur Seite. „Dass Sie den Helikopter besorgt haben und auch das Auto...äh, vielen Dank. Ich weiß nicht, was wir sonst gemacht hätten, auf dem Dach. Vermutlich wären noch mehr Menschen gestorben bei dem Versuch Alucard aufzuhalten“ schüchtern hielt Seras den Blick auf den Kaffee gerichtet. Der Söldner verzog seinen Mund zu einem kurzen Lächeln. Da hatte er tatsächlich die kleine Polizistin beeindrucken können. Schön zu sehen, dass seine Arbeit beachtet wurde, denn Alucard fiel das garantiert nicht auf. „Dafür bin ich hier, chérie“ antwortete er und lehnte sich lässig zurück. „Ihr kümmert euch um Töten und ich mich um den Rest. Wie wäre es mit einem Dankeschön-Küsschen?“ „Nur wenn die Hölle zufriert“ antwortete Seras trocken. „Quoi, was ist mit deiner Dankbarkeit?“ Pip hielt sich schockiert eine Hands ans Herz. „Sie hat ihre Grenzen, Käptn.“ Pip kicherte. „Wenn wir unter uns sind, kannst du ruhig Pip zu mir sagen“ bot er an. „Das „Käptn“ und „Sir“ ist an Orten wie hier nur auffällig.“ „Verstanden, Kä….Pip.“ „Mach dich locker. Die Anwohner sollen denken, dass wir nur ein Touristenpärchen sind, dass sich ausruht, bevor es weiter fährt.“ „Pärchen?“ „Naturellement. Ich bin nicht alt genug, um deinen Vater zu spielen. Und nach deinen Bruder sehe ich auch nicht aus.“ „Ähh…können wir nicht einfach Freunde sein?“ Pip konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Seras starrte so auffällig in ihren Kaffee, als hätte sie eine Meerjungfrau darin entdeckt, nur um ihn nicht anzusehen. Vermutlich hatte sie gerade Angst, dass sie ihn nun doch küssen musste, um die Tarnung aufrecht zu erhalten. „Ich wusste nicht, dass Vampire rot werden können“ sagte er leise, als er fasziniert auf ihr Profil schaute. „Vermutlich bin ich die einzige“ antwortete Seras, die ihn dank übernatürlichen Gehörs gut verstanden hatte. Bevor er ihr sagen konnte, dass ihm die rosigen Wangen sehr gut gefielen, sah Seras, wie die Besitzerin des Ladens ankam und ihn aufschloss. Die beide tranken den Kaffee schnell aus und gingen hinein. „Hola!“ Die Besitzerin lächelte das ausländische Pärchen an und ließ sie schauen. Pip hatte schnell etwas gefunden, was ihn interessierte. Die T-Shirts in grellen Farben sowie die Chinos stießen ihn ab, aber die Besitzerin hatte auch ein paar edlere Sachen. Er nahm ein dunkles Jackett, eine passende Hose aus Leinen sowie ein weißes Baumwoll-Hemd und sah sich nach einer Umkleide um. Die Besitzerin zeigte ihm einen mit Vorhang abgetrennten Bereich mit Spiegel drin. Pip zog sich um, die Sachen passten. Perfekt. Er ließ sie gleich an. Als er raustrat, sah er Seras immer noch ratlos in der Damenecke stehen. „Wonach guckst du denn? Hauptsache lang.“ „Das ist ja mein Problem“ murmelte Seras unzufrieden. „Die haben hier eher den Geschmack „Kurz und sexy“ und das ist…“ sie vergaß das Satzende, als sie Pip in den Sachen sah. Den obersten Knopf seines Hemdes hatte er offen gelassen, wodurch seine gebräunte Haut und sein Schlüsselbein gut sichtbar war. Das Jackett und die Hose passten ebenfalls perfekt. Er wirkte lässig und selbstsicher, aber seine Augenklappe und seine langen Haare ließen ihm zusätzlich geheimnisvoll wirken. „Wie hast du so schnell passende Sachen gefunden?“ fragte sie staunend. Pip zuckte mit den Achseln. „Männliche Gabe? Komm, ich helfe dir.“ Sie fanden schließlich etwas in einer Ecke mit den „Wintersachen“: ein langer rosa Mantel mit Kapuze. Er bedeckte Seras sonnenempfindliche Haut sowie ihre Uniform. Nach diesem erfolgreichen Einkauf machten sich die beide auf den Weg zum Hafen, um sich wegen der Weiterfahrt zu informieren. Wie Pip es vorhergesehen hatte, würde eine Fahrt mit dem Schiff mindestens eine Woche dauern. Zudem müssten sie erst darauf warten, bis das betreffende Boot ankam. Und der benachbarte Flughafen war, wie man ihnen mitteilte, nur für kleine Maschinen geeignet. Enttäuscht verließen sie den Hafen wieder. „Wir brauchen wieder ein Privat-Jet“ sagte Pip. „Oder wir müssen mit dem Auto weiter fahren zum nächsten Flughafen und Alucard muss jeden becircen, damit wir ohne Pässe und mit Särge und Waffen in ein Flugzeug kommen. Merde.“ „Ich weiß nicht, ob das möglich ist. Das bedeutet eine Menge Menschen, die er hypnotisieren muss. Ob er das kann?“ Pip hielt plötzlich an und grinste. „Incroyable, egal wo du bist….du findest auf jeden Fall ein McDonalds. Parfait, ich brauche jetzt Fast Food. Was willst du, Mignotte?“ „Nein, danke, ich gehe lieber in den kleinen Laden dahinten. Für mich ist es noch zu früh, um Burger oder Pommes zu essen.“ „ Bon. Kauf ein, wir essen dann im Hotel.“ Die beiden trugen jeweils eine Tüte mit ihrem Frühstück: Pips mit dem goldenen M und Seras hatte Milch, Kekse, Tee und mehr gefunden. Dank der Küchenzeile im Hotel konnte sie sich selber etwas zubereiten. Die beiden betraten den Hof des Hotels. „Ich kann nicht verstehen, wie man morgens so etwas essen kann“ sagte Seras. „Nach einem Hang-over gibt’s nicht besseres und nach so einer Nacht kann ich es auch gut vertragen. Ich brauche jetzt Energie. Hätte ich gewusst, dass du kochen kannst…aber du hast ja kein Wort gesagt. Anderseits, englische Hausmannkost…nein danke“ „Warum sollte ich nicht kochen können? Es ist noch nicht lange her, da war ich noch ein Mensch. Und ich koche schon lange für mich.“ „Finde ich gut. Du bist jemand, der nicht nur kocht, sondern auch isst. Ich habe im Fernsehen zu viele Frauen gesehen, die aufs Essen verzichten und nichts weiter als dürre Hungerhaken sind. Squelettes! Dabei will ein Mann was zum Greifen haben.“ Bei diesen Worten grinste er Seras an und seine freie Hand machte eine Bewegung, als würde er einen Apfel pflücken. Seras Gesicht entgleiste bei diesem Kommentar. „Aber so eine Dummheit hast du bestimmt nie gemacht. Dafür bist du einfach zu fit und zu schlau“ lobte er sie. Überrascht und bescheiden wiegelte Seras das Kompliment ab. „Ich könnte niemals absichtlich hungern, nur um dünn auszusehen. Dafür genieße ich Essen zu sehr.“ „Gut, das halte ich auch für kompletten Bullshit“ lachte er. Dass sie momentan mit dem Essen allerdings ihre Probleme hatte, wollte sie Pip gerade nicht sagen. Ihre Vampirnase roch die fettigen Pommes und Burger in seiner Tüte. Früher hatte sie auch gerne Fast Food gegessen, aber jetzt verursachte dieser fettige Geruch nur, dass sie den Appetit verlor statt bekam. Als sie das Haus betraten, konnte Seras hören, wie Alucard mit jemanden am Telefon sprach. Vermutlich Lady Integra. Seras ging zur Küchenzeile und legte die Tüte ab, während sich Pip an den Tisch in der Mitte des Raumes hinsetzte und hungrig in den ersten Burger biss. Beide konnten das dunkle Lachen Alucards aus dem Nebenzimmer hören und beiden lief daraufhin ein kaltes Schaudern den Rücken runter. Seras stellte den Wasserkocher für ihren Tee an und suchte nach einer Pfanne, um den Speck darin anzubraten. Bevor sie damit aber beginnen konnte, ging die Tür auf und Alucard trat ein. „Bericht! Wie kommen wir von hier weg. Die Königin persönlich erwartet mich.“ „Die Königin? Etwa…die Königin von England?“ Staunte Seras. „Nein, die Karnevalskönigin von Rio de Janeiro. Sie möchte mich als ihren Tanzpartner für die nächste Samba-Parade haben. Natürlich die Königin von England. Also?“ Seras und Pip sahen sich unruhig an. Pip, noch mit vollen Mund, nahm schnell seine Cola um den letzten Rest vom Burger runterzuspülen und beichtete Alucard dann, dass die Sache mit dem Weiterflug noch nicht geklärt war. Kapitel 5: Attentat in London ----------------------------- „Mon Dieu, wir leben noch“ stöhnte Pip erleichtert auf. Seine Knie hörten auf zu wackeln und er setzte sich auf einen der Stühle, die diese plötzliche Attacke des reinstürmenden, Bajonetten-schwingenden Priesters überstanden hatte. Er musste jetzt dringend eine rauchen um seine Nerven zu beruhigen. Während er sich einer seiner letzten Zigaretten anzündete, sah er sich im Raum um. Alucard kicherte wie irre vor sich hin, während Seras erschüttert auf den Boden saß. Über ihr war an der Wand ein Schreiben des Vatikans mit einem Bajonett durchbohrt; unterschrieben von niemand geringeren als Pater Alexander Anderson. „Wie wunderbar dass uns Iscariot persönlich hilft, von hier weg zu kommen“ freute sich Alucard. Anderson verbissenen Miene, dass er ausgerechnet ungläubigen Protestanten UND Vampiren helfen statt töten musste, war zu köstlich gewesen. Wenn er das Integra erzählen würde…vielleicht würde seine Herrin ihm ja eines ihres seltenen Lächelns zeigen. Herrlich. Er drehte sich um und starrte den Söldner und das Police girl herrisch an. „Packt ein“ knurrte er „ wir fliegen sofort los.“ „Und so schnell kann es gehen“ murmelte Pip. „Ja, ich hätte ich auch nicht geglaubt, dass wir es heute noch aus dem Land schaffen. Und dass ein Treffen zwischen Alucard und Judas Priester so glimpflich ausgehen kann“ antwortete Seras. Sie saß neben Pip, der den gestohlenen Truck in Richtung Norden fuhr. Dieses Mal saß Alucard hinten bei den Särgen, weil er die Sonne besser aushalten konnte. „Der Irre war ein Priester? Von welcher Kirche“ fragte Pip schockiert. „Der Katholischen natürlich. Ein Fanatiker, den es nicht interessiert, dass Hellsing ebenfalls Vampire killt. Für ihn sind wir alle gleich. Er gehört zu der 13.Abteilung des Vatikans, benannt nach Judas Iscariot.“ erzählte sie ihm. „Un fou prêtre, der Vampire killt. Von der Katholischen Kirche! Ok, macht Sinn“ murmelte Pip. „Hier rein“ sagte Seras, die eine Straßenkarte hielt und ihm den Weg zeigte. „Bist du dir sicher? Du weißt, Frauen und Karten…“ „…sind gute Freunde“ beendete sie seinen Satz und tatsächlich konnte man den Jet sehen, der abflugbereit auf dem Feld stand. Er hielt den Wagen an und sie stiegen aus. „Police girl“ Alucard hob mit Leichtigkeit beide Särge hoch, während Seras ihre Waffe nahm. „Dir ist hoffentlich bewusst, dass deine Rückreise auf dieselbe Weise stattfinden wird wie dein Hinflug, nicht wahr?“ Seras sah zum Sarg hin. Das hatte sie ganz vergessen. „Ich…muss wieder im Sarg reisen?! Och manno.“ „Ihr Schweinepriester solltet mal euren Service verbessern. Glaubt ihr wirklich, ihr könnt mich mit euren Messwein vergiften“ Alucard trank das Glas Wein dennoch aus. Die Stewardess sah ihn böse an. Pip zuckte nur mit den Schultern und sah sich um. Seit ihrer Ankunft am Flugzeug ärgerte Alucard das Service-Personal, wo er nur konnte. So hatte er sich nicht davon abbringen lassen, die beiden Särgen mitten im Gang zu legen statt in den Transport-Raum. Das kleine Flugzeug hatte mehrere Plätze, die aber alle leer waren. Neben dem Piloten im Cockpit schien es nur die eine Stewardess zu geben. Und sie weigerte sich, Alucard Blut zu servieren. Pip war froh, dass er wenigstens seinen Whiskey bekommen hatte. Er hatte sich in die andere Sitzreihe hingesetzt, ein paar Sitze weiter hinten, um ein wenig Abstand zum Vampir zu bekommen. Während er keine Probleme hatte, neben Seras zu stehen und mit ihr zu reden, war es bei Alucard anders. Pips Sinne waren ständig geschärft und sein Instinkt schrie ihn an, zu schießen. Alleine die Präsenz dieses Massenmörders ließen in Pip alle Alarmglocken schellen, ganz egal, dass er zu den Verbündeten gehörte. Er trank sein Glas aus, rückte den Sitz nach hinten und streckte die Beine aus. Er brauchte jetzt dringend ein paar Stunden Schlaf. Und sollte doch etwas während des Fluges passieren, würde der Vampir es schon lange vor ihm merken und reagieren. Pip war nicht, der einzige einschlief. Auch Alucard schloss für eine kurze Weile die Augen und hatte dabei einen seltsamen Traum mit Bildern aus seiner Vergangenheit. (Manga Vol.4 Kapitel 5 ) „Verehrte Fluggäste //Röchel//, bitte stellen sie ihre Sitzposition wieder zurück. Wir haben den Londoner Flugraum erreicht und werden in wenigen Minuten zur Landung ansetzen“ kam die Lautsprecherdurchsage der Stewardess, die ihre Fluggäste am liebsten per Fallschirm (oder auch ohne) abwerfen würde. Aber mit einer halbwegs professionellen Miene hatte sie den Flug überstanden. Pip öffnete verschlafen sein Auge, streckte sich, soweit es möglich war und rückte den Sitz zurecht. Er streckte seinen verspannten Hals und wünschte sich eine Massage. Oder etwas ähnliches Entspannendes. Ob er dafür noch etwas Zeit für einen Besuch in London bekäme? „Hey, Alucard, nach dem Meeting im Buckingham Palace, was steht für uns da an?“ „Neue Befehle“ murmelte der Vampir. „Kriegsvorbereitungen.“ Soviel also zu seiner Freizeitplanung… Der Jet setzte zur Landung an. Bevor die Särge den Gang runterrutschen konnten, hielt Alucard sie beiläufig mit einem Fuß auf. Aus dem schlichten Sarg konnte man ein leises „Ummpf“ hören. Seras war nun auch wach. „Sind wir da?“ fragte sie erleichtert. „Fast, aber bleib bis zur Landung noch drinnen“ befahl ihr Meister. Der Jet setzte auf die Landebahn auf. Weil es sich um einen Privatjet des Vatikans handelte, wurden die Fluggäste wie Diplomaten behandelt. Das bedeutete, sie konnten sofort mit ihrem Gepäck aussteigen und mussten nicht am Zoll vorbei. Direkt am Landeplatz wartete bereits eine dunkle Limousine. Ein Chauffeur, ein älterer Herr mit grauem Schnurrbart stand bereit. „ My Lady and Gentlemen, ich wurde gesandt, um sie pünktlich zu ihrer Verabredung zu bringen.“ Der Wagen fuhr in Richtung Londoner City los. Ziel: Buckingham Palace. Seras starrte glücklich aus dem Fenster. Sie war endlich wieder in der Heimat. Die bekannten Straßen und Gebäude, die typischen Cabs und Busse, der Linksverkehr und der Regen…ja, die Luft allein roch schon nach England. Der Wagen rollte auf die hell beleuchtete Hauptstadt zu. „Home, sweet home“ murmelte sie erleichtert. Pip, der neben ihr saß, hörte es. „ ´at dir Rio nicht gefallen?“ flüsterte er zu ihr gebeugt. „Keine Ahnung, Ich habe nicht viel von Rio gesehen.“ „Dann musst du es halt nach holen. Du hast schließlich alle Zeit der Welt.“ Stimmt, so hatte es Seras noch nie gesehen. Wenn dieser Krieg vorbei war und sie Urlaub bekäme…könnte sie sich vielleicht die Welt ansehen. Moment?! „Du meinst, wir überleben diesen Krieg?“ fragte sie und drehte sich zu Pip. Sie war nicht überzeugt, dass sie in nächster Zeit Urlaub zum Weltenbummeln bekäme. „Ich bin Optimist. Und selbst wenn ich im Kampf sterbe, lache ich dem Tod ins Gesicht.“ Er grinste sie selbstsicher an. Seras konnte nicht anders, als es zu erwidern. So ein dummer, mutiger Mann. Aber er war ehrlich. Er hatte ihr keine Lüge erzählt, dass sie garantiert überleben würden. „Wie wäre es, wenn ihr das Geflirrte mal sein lässt und hinter euch schaut“ meldete sich Alucard zu Wort, der ihnen gegenüber saß. Seras errötete. „Geflirrte? Alucard, Ihr habt keine Ahnung, wie es ist, wenn ich flirte“ entgegnete Pip, drehte sich aber mit Seras um und schaute aus dem Rückfenster. „Wieso, was ist denn? Werden wir verfolgt?“ „Ja, seit wir vom Flughafen weg sind, hat sich ein dunkler Range Rover an uns dran gehängt. Er lässt sich immer wieder ein wenig zurück fallen. Die getönten Scheiben reichen nicht aus, um mich zu täuschen. Es sind Vampire drin“ erklärte Alucard und holte eine seiner Pistolen aus. „Meister, nicht hier! Wir sind mitten auf einer befahreneren Straße. Wenn ihr einem Unfall baut, kommen Zivilisten zu schaden“ rief Seras aus. In diesen Moment fuhren die Autos in einen Tunnel hinein. „Tja, dann solltest du besser gleich einen Alternativvorschlag machen. Dann ich sehe gerade, wie einer von ihnen eine Panzerfaust fertig macht“ antwortete Alucard höhnisch. Wie zur Bestätigung, holte der Verfolger auf und setzte sich direkt hinter die Limousine. Seras dachte an den alten Chauffeur. Er wirkte nicht, als er ob er gut ausweichen konnte. Hastig überlegte sie. „Merde, ich will nicht wie Lady Di in einen Tunnel sterben“ murmelte Pip, der seine Waffe ebenfalls gezogen hatte. „Es geht nicht anders, wir können nicht ausweichen. Wir müssen den Fahrer und die Reifen treffen und darauf hoffen, dass die hinteren Autos rechtzeitig abbremsen können.“ Er legte die Waffe ab und zielte aus den Rückfenster, bereit los zu schießen. „Wir reden hier von Zivilisten. Als ob die diese Reaktionsgeschwindigkeit haben. Und was, wenn der Tunnel in Mitleidenschaft gezogen wird? Dann sitzen wir auch fest“ wandte Seras ein. „Hm, guter Punkt. Ich möchte nicht, dass wir zu spät kommen. Man lässt eine Königin nicht warten“ stimmte Alucard zu. Er klopfte ans Fenster der Trennwand. Die Trennscheibe senkte sich und der Chauffeur sah ihn überrascht. „Gib Gas, wenn du nicht sterben willst. Wir müssen schnellstens aus dem Tunnel raus. Sobald wir draußen sind, werden wir rausspringen“ befahl er. Der Chauffeur nickte und trat aufs Gas. „Keine Sorge, Sir, ich war schließlich mal beim MI5.“ „Meister….“ Seras merkte, dass sie keine Wahl hatte. Alucard warf ihr die Tasche mit Harkonnen zu, die bislang neben ihm auf den Sitz gestanden hatte. „Deswegen hat man auch immer seine Waffe bei sich, Police Girl. Ich halte die Kerle ein wenig auf Abstand, lasse aber die Reifen in Ruhe, damit es keinen Unfall gibt. Aber sobald wir draußen sind, spring ihr aus der Tür raus. Der Fahrer wird nicht anhalten.“ „Das wird weh tun. Warum habe ich die Polizei-Uniform nicht anbehalten, die hätte besser abgefedert“ murmelte Pip und wich zur Seite aus, damit Alucard ungehindert zielen konnte. Auch Seras sah ein, dass sie keinen besseren Plan hatte und wich zur anderen Seite aus. Die beiden Jüngeren hielten in der einen Hand ihre Waffe, mit der anderen berührten sie den Türgriff. Ungeduldig schaute Seras auf den Ausgang des Tunnels, der sich für ihren Geschmack nur langsam näherte. Vor Alucards Augen blieb nichts verbogen. Er konnte sie deutlich sehen: Den Fahrer, den Beifahrer und die zwei Typen hinter ihnen. Er sah die Panzerfaust, die gerade vorsichtig von den Hintermännern justiert wurde und die beiden Maschengewehre, die jeder von ihnen trug. Ein Schuss von Alucard, Glas zersplitterte und der Beifahrer und sein Hintermann wurden beide in Kopf geschossen. Zu blöd für sie, dass sie die gleiche Größe hatte. Erschrocken fing der Fahrer an zu schleudern, kriegte den Wagen aber schnell wieder unter Kontrolle und hielt seine Position hinter der Limousine. Man konnte panisches Gebrülle in fremder Sprache hören. Bevor die Panzerfaust aber wieder in Position gebracht wurde, verließ die Limousine als Erster den Tunnel. Pip hatte dank Linksverkehr die richtige Position, um in Richtung unbefahrenen Seitenstreifen raus zu fallen. Seras stieß mit einem kraftvollen Schulterstoß die Tür aus den Angeln und warf sie auf die Verfolger, wo sie das Vorderfenster zerstörten. Sie sprang raus, sorgfältig darauf bedacht, niemand vom Gegenverkehr zu schaden. Alucard hielt sich dagegen nicht mit Türen auf. Er sprang nach oben, sein Körper gleitete durch den Autohimmel und stand auf dem Dach der Limousine, wo er grinsend auf die Verfolger zielte. Drei weitere Kugeln sorgten dafür, dass die beiden letzten Vampire starben und der Motor in Flammen aufging. Bevor der brennende Wagen andere verletzten konnte, sprang Alucard runter und kickte ihn auf den Seitenstreifen. Das Feuer erreichte die Munition und der Wagen ging in einen Flammenball auf. Fahrer auf beiden Seiten hielten erschrocken an. „Meister, wir müssen hier dringend weg“ rief Seras laut. Es würde nicht mehr lange dauern, dann wäre die Straße blockiert. Vielleicht konnten sie die Limousine noch einholen. Seras sah sich suchend um. „Käptn?“ „Bin hier, Mignotte“ leicht humpelnd rannte Pip Bernadotte zu ihr. Jacke und Hose waren aufgerissen. „Beeilen wir uns, ich sehe da hinten unseren Wagen“ sagte Seras und zog Pip mit sich durch die stehenden Autos. Alucard flitzte leichtfüßig über die Autodächer hinweg. Der Chauffeur hatte im Rückspiegel alles gesehen. Seine Vorgesetzten hatten ihn über seine Gäste informiert und das die Fahrt ungewöhnlich verlaufen könnte. „Ich bin zu alt für diese Art von Arbeit“ murmelte er. „Tut mir leid wegen der Tür“ entschuldigte sich Seras, als sie einstieg. „Sie hat ihren Zweck erfüllt. Danke für ihre Rücksichtnahme an der Bevölkerung“ sagte der Fahrer. Der Söldner und der Meistervampir stiegen auch ein und der Fahrer drückte aufs Gas. „Haltet die Augen auf! Es kann noch mehr von dieser Sorte geben“ befahl Alucard. Pip war gerade abgelenkt „Merde, mein schöner Anzug. Ich sehe ja jetzt aus wie ein betrunkener Obdachloser.“ Und seine Beine, Arme und Rücken schmerzten durch den Aufprall. Er hatte sich nichts gebrochen, aber die Haut war aufgerissen. Die beiden Vampire im Wagen rochen das frische Blut, ließen aber die Straße nicht aus den Augen. Obwohl Seras Nase den Geruch von Pips Blut sehr wohlwollend aufnahm. Oh Gott, roch der Mann lecker. //Nein, Seras, jetzt nicht. Beherrsche deinen Hunger. Achte auf die Straße. Wir haben Glück gehabt, aber in der City ist mehr Verkehr. Ein Attentat könnte…// Eine Ahnung stieg in Seras auf. „Meister, wir sollten den Rest zu Fuß gehen. Ich wette, die werden die Hauptstraßen zum Buckingham Palace auch beobachten. Zu Fuß können wir uns besser reinschleichen. In der Limousine sind wir Zielscheiben.“ „Hm, ich laufe vor niemanden weg. Wer sich mir in den Weg stellt, wird getötet“ antwortete Alucard unzufrieden. „Das habe ich in Rio gesehen. Aber wir sind in England und die Königin wird über ein solches Verhalten nicht erfreut sein. Von Lady Integra ganz zu schweigen“ beschwerte sich Seras wütend. „Auch wieder wahr“ lachte Alucard. „Also gut, machen wir es so. Die Themse haben wir ja bereits überquert. Und ich bin schon lange nicht mehr mit der U-Bahn gefahren. Noch nie, um ehrlich zu sein.“ Der Fahrer hielt in der Nähe einer U-Bahn-Station an und die drei Passagiere stiegen an. Seras war früher öfters mit der Tube gefahren und kannte sich aus. „Vermutlich sind wir auf diesen Weg sogar schneller“ sagte sie, weil sie an den üblichen Londoner Verkehr dachte. „Die vielen Menschen hier sind auf jeden Fall eine gute Tarnung“ meinte Alucard und schlängelte sich durch die Menge. Seras schaute nach den richtigen Verbindungen und kaufte die Tickets. Die letzte Mission hatte ihr gezeigt, dass man immer etwas Bargeld mit sich führen musste. Als sie die Tickets verteilte (Alucard sah sie ungläubig an, dass sie tatsächlich eine Fahrkarte für ihn gekauft hatte) bemerkte sie Käptn Bernadottes Anzug. Die Knie und Ärmel waren aufgerissen. Sein Gesicht hatte er mit seinen Armen geschützt, da war keine Schramme zu sehen. Aber in diesem abgerissenen Aufzug war er auffälliger als Aucard in seinem roten Mantel. Einige Leute starrten den Mann mit Augenklappe und den langen Haaren in einem unordentlichen Zopf bereits misstrauisch an. „Wir müssen da hinten auf dieses Gleis“ sagte sie und führte die Männer hin. Die Anzeigentafel zeigte an, dass die Bahn in 2 Minuten ankommen würde. Seras überlegte schnell. Käptn Bernadotte hatte Recht, in dem abgerissen Aufzug würde man ihn vielleicht nicht rein lassen. Und er hatte bisher so oft geholfen: Der Helikopter, der gestohlen Wagen, der Fahrdienst…alles Organisatorische auf der Reise hatte er geregelt, das musste sie ihm doch auch mal helfen. „Ich bin gleich wieder da“ rief sie den Männern zu und rannte los. Gut, dass es in so vielen Stationen auch Bekleidungs-Läden gab. „Was, Seras, wohin…was hat sie denn jetzt vor?“ fragte Pip überrascht, aber da war die Blondine auch schon in der Menge verschwunden. Die beiden Männer warteten am Gleis und Pip sah bereits die Lichter der anfahrenden U-Bahn, als Seras sie wieder erreichte. In der Hand hielt sie eine gefüllte Plastiktüte. „Gut, noch rechtzeitig. Schnell rein“ keuchte sie. Sie stellten sich in eine Ecke hin und Seras übereichte Pip die Tüte. „Ich habe mich beeilt und das Erstbeste geschnappt, was deine Größe sein könnte.“ Pip sah sich den Inhalt an. Das erste war eine normale Jeans. Bon! Das zweite war ein auffälliges Shirt in Rosa mit blau-weiß gestreiften Ärmeln und einen komischen Aufdruck, das wohl ein tanzendes Männchen darstellen sollte Sein entsetzter Gesichtsausdruck sagte alles. Von Alucard kam ein unterdrücktes Lachen bei diesem Anblick. „Die Größe hat sie wenigstens richtig ausgewählt“ sagte er grinsend. Seras zuckte die Schultern. „Sie hatten halt nicht viel Auswahl. Es war ein Touri-Shop. Entweder das oder ein „I love London“-T-shirt“ erklärte sie. Von Pip kam ein Röcheln, das wohl „Danke“ heißen sollte. Er schien aber ernsthaft zu überlegen, ob er nicht doch die Fetzen behalten sollte. „Ich bin sicher, am Ziel gibt es eine Toilette, wo du dich herrichten kannst“ sagte Alucard in einem genüsslich unschuldigen Ton. „Ich werde es nicht erlauben, dass Mitglieder von Hellsing ungebührlich vor ihre Majestät erscheinen.“ Die stumme Drohung, die neue Kleidung freiwillig anzuziehen, sonst…. War unüberhörbar. Kapitel 6: Zurück zum Hellsing-Anwesen -------------------------------------- Die Sitzung war zu Ende. Die Kriegserklärung war ausgesprochen. Der Marschbefehl war von der Königin persönlich erteilt worden. Sir Integra verließ den Thronsaal, gefolgt von ihren treuen Diener Alucard, ihrem Butler Walter, sowie ihren Untergebenen Seras Victoria und Pip Bernadotte. Als die mächtigen Türen sich hinter ihnen schlossen, sagte keiner der Anwesenden ein Wort. Stattdessen schritten sie ruhig den dunklen, kühlen, prächtig ausgestatteten Flur entlang. Seras sah auf die geraden Rücken von Walter, Alucard und Integra und war durch ihre stoische Haltung beeindruckt und beruhigt. Die Kriegserklärung des wahnsinnigen Majors schien keinen dieser kampferfahrenen Hellsing-Mitglieder zu ängstigen. „Wir sind weit genug entfernt“ murmelte Alucard. „Weder Vatikan-Schergen noch andere Lauscher sind in Reichweite.“ Integra Fairbrock Wingates Hellsing drehte sich um und sah ihre Untergebenen streng an. „Alucard und Walter bleiben mit mir in London. Wir treffen uns später mit dem Rest des Rates. London wird garantiert das Hauptziel dieser Bastarde sein. Captain Bernadotte; fahrt zurück zum Hellsing Anwesen und baut es zur Festung aus. Es kann ein mögliches Ziel sein und wir müssen wenigstens einen sicheren Stützpunkt für einen Rückzug haben. Seras, du begleitest ihn. Sollte es zu weiteren Angriffen von Vampiren und Ghoulen kommen, die nicht zu Millennium gehören, wirst du dich darum kümmern. England darf nicht von innen geschwächt sein, wenn wir uns auf einen Angriff von außen konzentrieren. Solltest du keine weiteren Befehle von mir oder deinem Meister persönlich bekommen, bist du dem Befehl von Captain Bernadotte unterstellt. Solange es keinen andere Befehl von unserer Seite gibt, wird dein Platz dort sein.“ Seras salutierte. Jeglichen Einspruch, den sie möglicherweise hatte, war zwecklos. Sie war Soldat und ihre erste Pflicht war es, zu gehorchen. Seras und Pip verließen ihren Boss und gingen den Flur in einer anderen Richtung weiter. Beide sagten kein Wort. Die Stimmung war zu gedrückt, um Scherze oder Konversationen zu machen. Als sie die Treppe runter gingen und in einen kleinen Hof ankamen, stand der bekannte Chauffeur vom Flughafen schon bereit und hielt die Tür offen. In der Zwischenzeit hatte er sogar einen neuen Wagen mit kompletten Türen erhalten, in dem sich auch Seras Sarg befand. „Diese verfickten Särge gehen mir mittlerweile auf die Nerven“ murmelte Pip. Der Kommentar bewirkte, dass die düstere Stimmung, in der sich die beiden befanden, sich lockerte. Seras kicherte. „Oh, aber es ist nur mein Sarg drin. Der Schwarze ist bestimmt bei Meister Alucard“ bemerkte sie beim Einstieg. „ Na wunderbar, jetzt kann er ihn wie eine übergroße Handtasche überall mitnehmen. Oder muss Walter ihn tragen?“ Pip folgte ihr und der Wagen fuhr los. Während sie durch die beleuchtete Innenstadt Londons fuhren, wurde Pips Miene aber wieder grimmiger. Seras bemerkte, wie seine Hände manchmal zuckten. „Keine Zigaretten mehr?“ fragte sie. „Non“ murmelte er ertappt. „Hast du einen Vorrat zu Hause oder sollen wir gleich bei einem Supermarkt halten?“ „Ich bin im Anwesen noch gut eingedeckt, ma chère. Merci beaucoup.“ „Mich stört das Rauchen nicht, solange man es draußen tut. Seitdem ich verwandelt wurde, ist mein Geruchssinn viel stärker. Ich kann mittlerweile am Geruch des Rauches erkennen, ob Walter oder Sir Integra in der Nähe ist, weil beide unterschiedliche Marken rauchen. Du rauchst auch eine andere Marke“ sprach Seras nervös weiter. Sie wusste nicht, wieso sie jetzt gerade damit anfing, aber sie konnte momentan nicht schweigen. Diese unerträgliche Stille zehrte an ihr, also fing sie an zu plappern, sonst würde sie noch anfangen zu schreien. „Ich selber habe nie geraucht. Meine Mutter hat das immer an meinen Vater gestört, deswegen hat er heimlich geraucht, aber wir konnten es natürlich an seiner Kleidung riechen. Und dann gab es Stress. Also habe ich nie damit angefangen. Aber ich habe damit keine unangenehmen Erinnerungen an Zigarettenrauch. Ich will ihn aber auch nicht in meiner Kleidung haben.“ Pip schaute sie durchdringend, aber nicht uninteressiert an. Seras Geplapper war eine Ablenkung von seinem Bedürfnis zu rauchen. Und es gab ihm eine Gelegenheit, mehr über sie zu erfahren. „Wissen deine Eltern, dass du unterblich bist?“ fragte er. Seras Redefluss stockte. „Sie…sind tot. Schon eine ganze Weile.“ antwortete sie. „Je suis désole“. „Und deine?“ Seras versuchte das persönliche Thema zu wenden, so schnell es ging. Sie wollte nicht über ihre Eltern sprechen. „Meinen Vater habe ich nie kennen gelernt, weil er im Ausland während eines Einsatzes starb. Ich bin bei meiner Mutter und meinem Großvater väterlichseits aufgewachsen. Die beiden leben momentan in den United States, irgendwo in der Pampa.“ „Oh, und was sagen sie über deinen Job? Waren Sie damit einverstanden?“ Pip musste lachen. „Sorry, deine Frage ist eigentlich verständlich, aber für meine Familie… es ist schon fast Tradition, dass die Männer in meiner Familie im Krieg sterben. Also nein, es war keine Überraschung und es gab keine Einwände.“ Pip erzählte ihr nicht, dass seine Familie seit Generationen aus Söldnern bestand, die für Geld auf der ganzen Welt verteilt starben. Und sein Schicksal hielt nun England als sein Grab bereit. Merde, schon waren seine Gedanken auf seine Mission gerichtete und wie er das Anwesen schützen konnte. Er brauchte dringend C4, Landminen, Stolperdraht und eine Bewaffnung für größere Reichweiten. Der Feind durfte nicht zu nahe rankommen. Er musste eine Liste machen mit den Dingen, die zu erledigen waren und mit Willingham, seinem Vize, reden… Seras bemerkte, wie Pips Gedanken abschweiften. An einer Weiterführung des Gespräches war er anscheinend nicht mehr interessiert. Anderseits verstand sie auch, dass er von Sir Integra einen wichtigen Auftrag erhalten und für die Leitung und Planung verantwortlich war. Sie musste nur Befehle befolgen. Seras seufzte. Sie verstand, warum ihr der Platz bei den Wild Geese zugewiesen wurde. Solange Alucard bei Integra war, wurde sie dort nicht gebraucht. //Ich muss die Dörfer um das Anwesen beobachten, damit keine herumlungernde Ghoule sich ungesehen über ihre Opfer hermachen können. Und die Strecke um das Anwesen muss ich auch kontrollieren. Außerdem muss ich mein Gewehr dringend reinigen. Nicht, dass es zu einer Ladehemmung kommt. Außerdem habe ich Durst. Und Hunger. Ob es in der Küche noch etwas Blutpudding gibt?// „Mignotte? Seras?“ Pips Stimme holte sie aus ihren Gedankengang. „Pardon?!“ „Ich habe dich gefragt, wann du morgen wach bist. Es gibt da ein paar Sachen, die ich mit die besprechen muss, was dein Waffenarsenal angeht.“ „Angesichts unserer Situation werde ich bestimmt nicht den ganzen Tag schlafen. Sobald die Sonne etwas tiefer steht…äh, 16 Uhr?“ „Pünktlich zur Tea Time, hm? Bon“ murmelte Pip nachdenklich. Und schon war er wieder geistesabwesend und starrte mit verschränkten Armen nach vorne. Seras nutze den Moment, um die Mimik des Söldners zu beobachten. Die grüblerische Miene, das plötzlich aufzuckende Feixen und dann ein besorgtes Stirnrunzeln... Seras konnte sich nicht erinnern, ob ihr als Mensch die verschiedenen Gesichtsausdrücke von anderen ebenfalls so stark aufgefallen waren. Wer weiß, vielleicht würden normale Menschen sagen, dass Pip ein Pokergesicht besaß, weil ihnen diese kleinen Gefühlsregungen entgingen. //Oh, ich sollte anfangen, Poker zu lernen. Wenn ich so gut im Beobachten von Menschen bin, bin ich im Poker spielen bestimmt super. Moment wie sieht es eigentlich mit meinem Pokerface aus? Ob mir jemand von den Jungs Poker beibringen kann? Haben wir dafür eigentlich noch Zeit?// „Woran denkst du gerade, ma chere?“ fragte Pip belustigt. Er hatte die hübsche Blonde beim Starren erwischt. Seras sah zu ihm hoch und sagte das erste, was ihr einfiel „Kannst du Poker spielen?“ „Komischer Themenwechsel, aber ja, natürlich kann ich es.“ „Kannst du es mir auch beibringen oder werden wir dafür keine Zeit mehr haben?“ „Ich bin mir sicher, dass wir dafür noch genügend Zeit haben werden. Wieso?“ Seras zuckte mit den Schultern. „Nur so ein Gedanke. Ich würde es gerne lernen.“ //Ich werde die Frauen nie verstehen// dachte sich Pip.//Wie kommt man plötzlich auf so ein Thema? Ich habe gedacht, sie würde über die Nazis oder Waffen oder so denken.// „Willst du um deinen Sold spielen, oder etwas anderes?“ fragte er. „Wieso, welche Einsätze gibt es noch? Es wird doch immer um Geld gespielt, oder etwa nicht?“ „Hm, und Stripp-poker?“ Seras schweig, aber ihre mürrische Miene sagte genug. „Also kein Stripp-Poker…schade“. Ein weiterer böser Blick von seiner Begleiterin. „Schon mal gedacht, dass am Ende du in Unterhosen stehen würdest?“ „Unwahrscheinlich. Ich glaube nicht an Anfängerglück.“ Pip zeigte wieder sein provokatives Grinsen. Es erinnerte Seras daran, wie er sie zum Schießen herausgefordert hatte und wieder überkam sie dieses irritierende Gefühl, ihm entgegenzutreten. Alles zu tun, damit er aufhörte, sie so zu reizen. Und alles zu tun, das er niemals aufhören würde, sie so anzulächeln, mit diesem Funkeln im Auge und dem Spitzbubenlächeln. Denn es fühlte sich aufregend an. „Ach ja? Ich glaube, ich bin ein Naturtalent. Ich wette, ich habe den Dreh schnell raus und knöpfe dir deinen Sold und deine Kleidung ab. Und als erstes fange ich mit deinen albernen Hut an“ ging sie auf seine Provokation ein. Pip ließ seinen Blick langsam über Seras Körper wandern und schenkte ihr dann ein träges Lächeln. „Meinen Hut behalte ich. Und bevor die Nazis anfangen, uns anzugreifen, weiß ich, welche Farbe dein BH hat“ sagte er heiser und mit schweren französischer Akzent. „Ha, träum weiter, Idiot“ widersprach Seras stockend und hoffte, dass ihr Kopf nicht so stark glühte. Daher wandte sie den Kopf ab von diesem durchdringenden Blick und schaute aus dem Fenster. Sie hatte plötzlich das Gefühl, als würde ihr Herz wieder anfangen zu pochen und als könnte sie nicht atmen. Pip´s Hände drückten stärker auf seine Oberarme. Auch er war ein guter Beobachter. //Hoh, zuerst so draufgängerisch und dann wieder so schüchtern?! Mignotte, du weißt nicht, was für ein gefährliches Spiel du spielst. Und ich habe langsam nicht mehr die Geduld, fair zu spielen.// Pip hatte sich noch nie Sorgen wegen seiner Wirkung auf Frauen machen müssen. Er war gut gebaut, hatte ein ansehnliches Gesicht, seine Augenklappe sorgte für Gesprächsstoff und sein französischer Akzent sorgte dafür, dass die Frauen begeistert mit ihm reden wollten. Aber die Spannung zwischen ihm und Seras erinnerte ihn an Tauziehen. Und das war einerseits sehr spannend, anderseits mussten sich beide momentan auf Wichtigeres konzentrieren. Und als ihr Vorgesetzter durfte er sich manche Sachen einfach nicht erlauben. Sonst würde er, ehe er sich versah, von Sir Integra kastriert werden. Vermutlich nicht persönlich, sie würde eines ihre Schoßhündchen (Walter oder Alucard) schicken, aber sie würde sich einmischen. // Vielleicht sollte ich mir einfach ein hübsches, englisches Mädel im nächsten Pub anlachen und Dampf ablassen, dann ist die Stimmung zwischen uns entspannter// überlegte er. Aber der Gedanke, mit einer anderen Frau zu schlafen erregte ihn nicht so sehr wie der Gedanke, mit Seras alleine Strip-Poker zu spielen. Die beiden hingen für eine Weile stumm ihren Gedanken nach, als Seras in der Ferne das Anwesen sehen konnte. Außerdem zeigten sich die ersten Anzeichen des Sonnenaufgangs. Die Wachen am ersten Tor standen parat und ließen erst nach einem Blick auf die Fahrgäste den Wagen durch. Der Chauffeur fuhr den Wagen dann zum Haupttor, wo Pip und Seras von weitern Mitgliedern der Wild Geese in Empfang genommen wurden. „Bringt den Sarg in Seras Zimmer. Und wo ist Willingham? Ich muss meine Einkaufsliste mit ihm besprechen“ befahl Pip, kaum dass er raus stieg. „Und warum glotzt du mich so an?“ Sein Nachrichtenoffizier, ein stämmiger Mann mit blonden Haare und einer Schutzbrille auf den Kopf, sah fassungslos auf seine Kleidung. „Äh, Captain Bernadotte, interessante Zivilkleidung. Ist das T-Shirt neu?“ Merde. Das hatte er auch vergessen. Er trug ja immer noch das bescheuerte Shirt. „Sag Willingham, wir treffen uns auf meinem Zimmer. Und er soll Bier mitbringen. Allez!“ Seras schulterte Harkonnen und folgte Pip bis zur Empfangshalle. Sie war so müde. Und so hungrig. Sie würde auf jeden Fall einen Abstecher zur Küche machen. Was Pip anging… in dem Moment, als er aus dem Auto gestiegen war, war er wieder Captain Bernadotte, ihr Vorgesetzter geworden. //Vergiss den Spaß oder das Geflirrte…das hat doch keinen Zweck. Du bist Soldat. Töte oder werde getötet. Darum geht es doch hier// dachte sie, als sie zusah, wie er Befehle an die umstehenden Männer gab, während er die Treppe zu den Quartieren hocheilte. Plötzlich drehte der Söldner sich um und sah auf die unten stehende Vampirin. „Mignotte“ rief er laut mit grimmigem Blick „ schwing deinen Arsch in deinen Sarg. Ich will dich morgen pünktlich in meinem Büro zur Team-Sitzung sehen.“ „Aye, aye, Captain“ rief Seras und hob kurz die Hand salutierend. Yup, der Captain war zurück. Pip hatte bestimmt dasselbe gedacht wie sie. Sie waren einen Schritt zu weit gegangen und musste zurück rudern, solange es noch möglich war. Sie waren nur Kameraden, mehr nicht. Seras machte sich auf den Weg, der zur Küche führte. „Ach, Mignotte, kleine Warnung“ hörte sie plötzlich seine Stimme aus dem Flur. „Gib in den nächsten Tagen nicht dein Taschengeld für Süßigkeiten aus. Du wirst es noch brauchen.“ Da stand er plötzlich, sah sie wieder mit diesem feixenden Grinsen an, bevor er wieder zurück in die Dunkelheit verschwand. Ließ sie verdattert zurück, weil er immer das letzte Wort haben musste Aber was soll‘s…das Leben war schon tragisch genug. Konnte sie da nicht auch ein wenig Spaß haben? Mit einem Lächeln auf der Lippen ging Seras weiter. Kapitel 7: Kampfvorbereitungen ------------------------------ Die Sonne ging auf. Und während ein englischer Kreuzer von Nazivampiren und einer Muskete-Tragenden, Opern singenden Verrückten mit Fangzähnen übernommen wurde und nun langsam Kurs auf England machte, schlief Seras in ihren Sarg und erholte sich. Pip Bernadotte hatte dagegen kaum Zeit zu ruhen. Nach einer Besprechung mit Willingham und Morris, seinen beiden ältesten Kameraden, wurden die Männer von „Wild Geese“ angewiesen, das Hellsing-Anwesen in eine Festung verwandeln. Lebensmittel wurden aufgestockt, Fenster und Türen in den unteren Stockwerken verriegelt, Zivilisten wie die Dienerschaft mussten ausziehen und das Gelände wurde weiträumig geräumt. Da zum Hellsing-Anwesen auch das umliegende Land gehörte, konnte die Evakuierung schnell veranlasst werden. Und zur Mittagszeit kamen die LKWs mit den bestellten Waffen an. Willingham zog die Plane runter und zeigte Pip das Spielzeug, wie er es sich nicht besser hätte vorstellen können. Der Söldner grinste. „Wenn Mignotte das sieht, wird sie ausflippen.“ „Tja, Captain, bist du dir sicher, dass sie das tragen und steuern kann? Das Ding ist gewaltig“ Willingham sah zweifelnd auf die Ladung. „Das können wir doch gemeinsam kaum aufs Dach heben?“ meldete ein andere seine Zweifel an. „Die Bestellung hierzu ‘abe nicht ich persönlich, sondern der Butler Walter gemacht. Er wird schon wissen, was sie ‘eben kann“ beruhigte Pip seine Männer und starrte ehrfürchtig auf die Anti-Median-Maschinenkanone. Daneben befand sich die dazu passende Munition, Kaliber 30 mm sowie spezielle Granaten. Die Waffe wog fast an die 350 kg, war knapp 2 Meter lang und wurde gewöhnlich nicht als Rucksack-Ähnliche Waffe geliefert, weil kein Mensch in der Lage wäre, den Rückstoß zu ertragen. Der Name „ Halkonnen II“ war drauf geprägt. Daneben lag ein extra angepasster, kombinierbarer Granatenwerfer, der den Namen „Vladimir“ trug. „Lasst es erst mal auf den Wagen. Seras wird sie sich schon abholen. Und pack die Plane wieder drauf für die Überraschung“ befahl Pip. „Wie sieht es mit der Kommunikation aus? Habt ihr Kontakt zu London und den ‘ellsing-Agenten an der Küste?“ „Kontakt ist aufgebaut“ meldete sein Nachrichtenoffizier. „Sollte es feindliche Sichtungen geben, bekommen ich das mit. Keiner wird die Küste erreichen können, ohne vom Radar erfasst zu werden.“ „Bon! Wenn diese ‘akenkreuz-Arschlöcher in England landen, wird es nicht lange dauern, dass sie auch uns angreifen. Sie wissen, dass ‘ier die letzte Bastion ist. Aber wir werden sie erwarten“ sagte Pip grinsend. „ Mit einem Lächeln und einen Strauß voller Granaten.“ Er sah auf die Uhr. „Kümmert euch um die Aufstellung der Maschinengewehre im ersten Stockwerk und die “Bepflanzung“ der Landminen. In einem Umkreis von 100 Meter muss alles abgesichert sein. Um 16 Uhr treffen wir uns zur Besprechung mit Mignotte in Integras Büro.“ Pip spürte den Mangel an Schlaf und beschloss bis zur Besprechung ein Nickerchen zu machen. In seinem kleinen Schlafzimmer zog er seine Schuhe, Jacke, Handschuhe und Hut aus und schmiss sich aufs Bett. Für den Rest hatte er keine Lust. Er nahm die Augenklappe ab und rieb sich erschöpft über die Augen. Abgesehen von seiner Müdigkeit spürte er keine Angst. Es war eher Vorfreude. Eine Vorfreude, wie er sie schon oft vor dem Start einer Mission erlebt hatte. Wie bei einem Gewitter spürte er die Spannung aufbauen, die sich dann in einen Kugelhagel über ihn ergießen würde. Ein Tanz auf dem Vulkan, bei dem alle seine Sinne geschärft waren. Und sobald die Musik zu Ende war und der Rauch sich verzog, kommt die Euphorie, dass er überlebt hatte und seine Feinde nicht. So hatte er es schon oft erlebt. Vermutlich kannte jeder Mann in seiner Familie dieses Jagen nach Adrenalin und die Freude am Überleben. Aber irgendwann war auch das größte Glück zu Ende. Würde es hier soweit sein? In solchen Momenten sagte sich Pip, dass er kein schlechtes Gewissen haben durfte. Er hatte getötet, um zu überleben. Seine Motivation war simples Money gewesen. Und wenn er wegen seinen Job, den er freiwillig gewählt hatte, sterben würde, geschah es immer noch aufgrund seiner freien Entscheidung. Und deswegen war er der Meinung, dass er nicht das Recht hatte, sich ängstlich zu verstecken, zu fliehen oder einen angenommen Auftrag abzusagen. Das Geld war gezahlt worden und der Auftraggeber hatte sich sogar um die Waffen gekümmert. Der Auftraggeber war ehrlich gewesen. Nicht so wie damals dieses russische Arschloch, dass sich mit jemanden von der Mafia angelegt hatte und nur „Simple Bodyguards“ haben wollte. So gesehen, hatte Pip schon schlimmere Auftraggeber erlebt. Pip schob die Gedanken an den jetzigen und früheren Aufträgen zu Seite. Er musste sich entspannen, wenn er seinen Körper noch ein paar Stunden Ruhe und Genesung gönnen wollte. Also konzentrierter er sich positive, gute Gedanken, die ihm beim Einschlafen helfen würden. Und da gab es eine Lösung, die immer funktionierte: der Gedanke an eine Frau. Und zurzeit spukte eine süße, blonde Vampirin öfters durch seine Phantasie. Ein kurzer moralischer Zweifel kam kurz auf: Vielleicht sollte er nicht so über seine Kameradin denken? Aber sie war so niedlich, wenn sie sich aufregte. Pip lächelte, als er sich an den Tag des Schusstrainings erinnerte. Wie sie ihn angesehen hatte, als er uns seine Männer das Marschlied gesungen hatte. Sie würde ja nie was von seinen Träumen erfahren und ihr gegenüber konnte er später sein Pokerface aufsetzen. Er dachte an den Moment im Auto zurück, als sie über Strip-Poker gesprochen hatten und eine Phantasie nahm allmählich Gestalt an. Er stellte sich vor, wie sie in sein Zimmer kommen würde. Er wäre vorbereitet: auf dem Tisch steht eine Flasche Wein, zwei Gläser und die Spielkarten. Sie sind beide casual gekleidet, keine Uniform, allein im Raum. Brennende Kerzen verbreiten ein warmes Licht im karg eingerichteten Raum. Schüchtern, aber neugierig setzt sich Seras an den Tisch, lässt sich die Regeln erklären und dann wird gespielt. Es zeigt sich schnell: Seras hat kein Pokerface. Ob gutes oder schlechtes Blatt, er kann es von ihren Gesicht ablesen. Zuerst ist sie ihre Schuhe los, dann ihr Rock, dann das Top. Sie sitzt nur noch in ihrer Unterwäsche vor ihm. Der weiße Spitzen-BH betont die vollen, hübschen Rundungen ihrer Brüste, von denen er nicht den Blick abwenden kann. Sie liegen wie auf einen Spitzengesäumten Silbertablett vor ihm und es juckt ihn in den Finger, sie zu berühren. „Willst du wirklich weiter spielen, ma chère?“ warnt er sie. Das wird seine letzte Warnung sein. Seras Gesichtsfarbe hat mit dem Verlust eines jedes Kleidungsstück parallel an Farbe hinzugewonnen. Trotzdem sieht sie ihn herausfordernd an. Sie weicht nicht zurück. „All in“ entgegnet sie mutig. Das letzte Spiel. Ihr niedergeschlagener Blick zeigt ihm, dass sie kein gutes Blatt hat. Er blufft; spielt ihr ein schlechtes Blatt bei sich vor. Seras fällt darauf rein und pokert zu hoch. Als er seine Karten offen liegt, schreit sie entsetzt auf. Dann steht sie auf, entschlossen geht sie ihrem Schicksal entgegen. Zum ersten Mal sieht er ihren Slip, der bislang vom Tisch verdeckt war. Weiß, Spitze, passend zum BH. Er sieht noch mehr: Flacher Bauch und lange, schlanke Beine. Sie lässt ihn nicht aus den Augen, als sie nach hinten greift und den Verschluss ihres BHs öffnet. Dann fällt die Spitze und er sieht die milchweißen Hügel mit der rosenfarbenen Spitze. So etwas Wundervolles hat er noch nie gesehen. Er ist so gebannt von diesem Anblick, dass ihm nicht auffällt, wie Seras das letzte Kleidungsstück, ihr Höschen auszieht. Dann ein schüchternes Räuspern ihrerseits, da er immer noch von ihren Brüsten hypnotisiert ist. Als er sie in ihrer nackten Pracht vor sich stehen sieht, ihre Arme unsicher ihre Blöße bedeckend, kann er sich nicht mehr zurück halten. Er steht auf und geht auf sie zu. Sie beide wissen, dass Seras stark genug ist, ihn Bewusstlos zu schlagen, wenn er etwas tun würde, was sie nicht wollen würde. Sie kann jederzeit gehen. Aber sie hat sich bereits entschieden zu bleiben. Bis zum Ende Er nimmt ihr Gesicht in seine Hände und presst seinen Mund auf ihre Lippen. Sie schmeckt süß. Eine Hand wandert ihre nackten Rücken bis zu ihren Pfirsichhintern runter und drückt ihren Körper enger an seinen. Er fühlt sich weich und überraschend warm an. Er knabbert vorsichtig an ihrer Unterlippe. Seras stöhnt auf und ihre Zunge spielt mit seiner. Seine Erektion drängt sich an ihren Bauch. Sein Verlangen ist nicht mehr zu stoppen. Er hebt Seras vorsichtig hoch und legt sie auf sein Bett. Seine Klamotten verschwinden wie von Zauberhand. Nackt betrachtete er die wunderschöne Frau, die schwer atmend zu ihm hochsieht, aus lustverhangenen Augen. Ihre Arme strecken sich ihm bittend entgegen und er kommt ihrer Aufforderung nach. Legt sich zu ihr und kostet sie wieder. Hört nicht auf, ihre Lippen und Zunge zu necken. Dann bahnt er sich küssend einen Weg von ihrem Hals zu ihren Brüsten runter. Hebt die Hügel sanft mit seinen Händen an, während er vorsichtig die erste Knospe in seinen Mund nimmt. Sein rauher Daumen streicht über die zweite aufgerichtete Knospe. Er genießt das stockende Keuchen, ihr Seufzen, das Aufbäumen des Brustkorbes. Er weiß, dass er der Erste ist, der ihren Körper so berührt. Er ist der Erste, dem sie erlaubt, so nah bei ihr zu liegen. Und er wünscht sich, dass er auch der Letzte sein wird. Kein anderer Mann soll diese Chance jemals kriegen! Besitzergreifend drückt er fester zu. Sie ist stark, kein dürres Knochengestell. Sie kann es aushalten. Das laute Stöhnen sagt ihm, dass es ihr gefällt. Ihre Hüften heben sich an und drücken gegen seine Erektion. Es durchzuckt ihn wie ein Stromschlag. Verdammt, fühlt sich das gut an. Sie ist so weich, so süß. Er kann es kaum erwarten, in sie einzudringen. Aber vorher wird er jede Stelle ihres Körpers mit seinen Mund und seiner Zunge erkunden. Er beißt vorsichtig in die harte Knospe. Ein heiserer Aufschrei „ Oh, Captain.“ „Nenn mich Pip“ murmelt er und knabbert weiter. „Captain, hey Captain.“ „Captain, wo bleibst du? Es ist bereits viertel nach vier. Wir warten auf dich.“ Ein heftiges Klopfen weckte Pip auf. Erschrocken sah er sich um. Er war alleine im Zimmer: Nur er und eine schmerzhafte Erektion. Mit einem Blick auf die Uhr sah er, dass er sein eigenes Team-Meeting verschlafen hatte. „Merde“ flucht er. „Ich bin in 10 Minuten da. Ich bin eingeschlafen“ rief er dem Kameraden zu, der draußen wartete. „Aber erst nach einer kalten Dusche. Shit“ murmelte er zu sich selbst. In Sir Integras Büro waren die Vorhänge vor dem großen Fenster zugezogen, so dass Seras nicht vom Sonnenlicht gestört wurde. Sie nutze die Abwesenheit des großen Bosses und saß im Chefsessel. Gelangweilt drehte sie sich im Kreis. Wo blieb denn nur der Captain? Da hörte sie aber auch schon seine unverkennbaren Schritte. „Excusez-moi, ich habe verschlafen“ rief Pip und kam mit feuchten Haare durch die Türe. Seinen Hut hielt er in der Hand. Obwohl er zu spät war, hatte er sich noch die Zeit für eine Dusche genommen? Wenigstens roch er kaum nach Zigarettenrauch, er war also nicht rauchen gewesen. Aber kaum hatte sie es auch schon gedacht, zückte Pip einen Glimmstängel und zündete ihn an. Er setzte sich Seras gegenüber und zwinkerte ihr zu, als er ihre missbilligende Miene sah. Ein schlechtes Gewissen, dass er sie und seinen Vize 30 Minuten hatte warten lassen, konnte sie nicht erkennen. „Soll ich euch einen Wecker schenken, Captain?“ fragte sie süßlich. „Wir möchten schließlich nicht, dass ihr den Nazi-Angriff verschlaft. Sonst wacht ihr auf und habt einen wütenden Vampir vor euch.“ „Hm, redest du von dir oder deinen Meister? Ne t’inquiète pas, mignotte, ich hatte eine lange Nacht gehabt und habe noch den Vormittag gearbeitet, als du bereits geschlafen hast. Und jetzt bin ich wieder ausgeschlafen und bereit. Du ´offentlich auch“ entgegnete er. Damit war das Thema für Pip abgeschlossen und Seras verkniff sich jeden weiteren Kommentar. „Alors, Willingham, sind die Préparations abgeschlossen?“ „Wie angeordnet, Sir. Alles, was wir an Munition bekommen konnten, haben wir erhalten. Allerdings ist es meiner Meinung immer noch nicht genug.“ „Tja, das ist scheiße, können wir aber nicht ändern. Die Männer müssen es griffbereit haben. Messer helfen bei dem Gegner nicht und auf die Erste-Hilfe-Verbandskasten können wir auch verzichten. Wenn die Typen kommen und angreifen, bleibt nichts mehr zum Verarzten übrig.“ „Zur Sicherheit haben wir trotzdem was hier.“ „Klar, schön positiv bleiben, Willingham. Seras, hast du dein Geschenk schon gesehen?“ „Huh, öh, was? Ich bekomme Geschenke?“ „Yup, und zwar ein richtig großes Paket“ antworte Pip mit einem geheimnisvollen Lächeln. Im Schatten des Innenhofs präsentierten Wild Geese der kleinen Vampirin das geheimnisvolle Geschenk. Pip zog die Plane weg und genoss Seras sprachlose Miene. „Es wird immer schlimmer mit meiner Ausrüstung….und größer….war das Walters Idee? Oder von meinem Meister?“ sagte sie langsam, als ihr die Ausmaße der Vernichtungskraft ihrer neuen Waffen klar wurden. „Vermutlich von beiden. Glaubst du, du kannst es anheben?“ Seras sprang auf den Wagen und schob ihre Arme durch die Gurte. Sie ging langsam in die Knie und stand dann auf. Es fühlte sich an, als würde sie einen schweren Marschrucksack anheben, aber es war tragbar. Vorsichtig ging sie ein paar Schritte und sprang vom LKW runter. Ehrfürchtig traten die Männer von Wild Geese beiseite. „Es ist schwer, aber es ist ein gutes Gewicht“ sagte sie. „Kontrollierbar.“ „Gut, du musst es auf den Turm des Hauptgebäude bringen, wo du den besten Ausblick hast. Wir bringen dir die Munition und den Granatenwerfer, den können wir gerade noch so tragen. Allez“ befahl Pip seine Männer, die begannen, den LKW abzuladen. Mit viel Gefluche von Seiten der Männer wurde die restliche Munition zum Dach des höchsten Gebäude geschleppt. Seras konzentrierte sich mit jedem Schritt, um nicht ausrutschen. Das Gewicht von Harkonnen II drückte auf ihre Schultern, aber ihr Körper gewöhnte sich an die Belastung. Auf dem Dach angekommen, stellte sie die Waffe vorsichtig ab. Captain Bernadotte hatte den besten Platz mit einem Klebeband auf den Boden bereits markiert. „Allez, ihr Weicheier, bringt den Rest und verteilt ihn in Reichweite. Vladimir kommt direkt hinter Harkonnen. Die Waffe ist so konzipiert, dass du sie schnell umwandeln kannst. Wo ist dein anderes Gewehr?“ „Noch in meinen Zimmer.“ „Bring sie mit, damit du was zum Wechseln ‘ast. Je nach Reichweite und Anzahl des Feindes, brauchst du was anderes. ‘ast du sie gereinigt? Ladehemmungen können wir uns nicht leisten.“ „Habe ich, ich hole sie“ Seras wollte gerade runterlaufen, als plötzlich der Nachrichtenoffzier auf dem Dach auftauchte. „Captain, Nachricht aus London. Hellsing schickt Alucard in Richtung Ozean, um den gekaperten Kreuzer wieder auf Kurs zu bringen.“ „Merde, haben die keinen anderen, der das übernehmen kann?“ fluchte Bernadotte. „Keinen, der Erfolg haben würde. Es wurden bereits Helikopter abgeschossen.“ „Ich verstehe nicht. Was ist passiert?“ fragte Seras. „Während du geschlafen hast…nein, es muss schon passiert sein, nachdem dieser komischer ‘itlerjunge mit den Katzenohren aufgetaucht ist… eine Gruppe von Vampiren hat in der Nacht einen englischen Kriegskreuzer übernommen und Kurs Richtung England aufgenommen“ erklärte er ihr. „Und dass sie Alucard schicken, bedeutete, sie haben keine andere Wahl. Niemand sonst kann den Kreuzer zurückerobern. Und für uns bedeutet das ein Haufen Scheiße. Das Schiff ist ein Köder. Sobald Alucard da draußen ist, wird er nicht mehr so schnell zurückkommen können. Wäre ich ein deutscher General, wäre das für mich der beste Moment zum Angriff. Denn jetzt ist London ungeschützt“ fuhr er fort. Pip hatte genug über Taktiken und Strategien gelesen, gesehen und selbst angewendet. Alucard war die letzte Wand gewesen, die die Nazis vom Angriff abgehalten hatte. Deswegen waren sie so bislang so vorsichtig gewesen und hatten nur in kleiner Anzahl angegriffen. Das würde sich jetzt ändern. Pip gab sich Mühe, seine Nervosität nicht zu zeigen. „Gib den Männern Bescheid“ sprach er den Nachrichtenoffizier an. „Sie sollen was essen und sich ausruhen, solange die Sonne noch scheint. Ab Sonnenuntergang sind wir auf Gefechtsstation. Bleib am Funkapparat. Es wird nicht mehr lange dauern.“ „Roger, die Kommandozentrale mit den Kameras habe ich auch fertig eingerichtet. Damit hast du einen Rundumblick. Die Headsets sind auch da.“ „Bon, Allez.“ Der Rest der Söldner verschwand vom Dach. Seras sah ihnen nach und schaute dann zum Captain. Dass Pip so wütend war, bedeutete nichts Gutes. „Wie heißt es so schön: no rest for the wicked. Je suis désolée, Mignotte, aber wir werden heute keine Zeit mehr zum Poker-Spielen haben“ entschuldigte er sich plötzlich ihr. Seras brauchte eine Sekunde, um sich an das Gespräch zu erinnern und kicherte dann. „So behalte ich meinen Sold“ sagte sie. „Und deine Unterwäsche.“ „hey!“ Pip schenkte ihr noch ein kleines Lächeln, aber dann wurde er wieder ernst. Er schaute auf den Hof runter, wo die Männer den letzten LKW wegfuhren. Schon bald würde das Anwesen völlig leer und unschuldig aussehen, während es im Inneren eine schwer bewaffnete Festung war. Er wusste, wie und wo er die Männer und Mignotte einteilen würde. Er konnte die Stärke des Feindes einschätzen. Er hatte einen Plan. Aber es gab immer noch genügend Ungewissheiten. Seras sah den schweigsamen Mann an, dessen Gesicht im Schatten seines Hutes halb verborgen war. Im Hintergrund färbten sich die Wolken blau mit goldenen Spitzen im Licht der untergehenden Sonne. In ein-zwei Stunden wäre es dunkel. Sweras wusste, sie musste noch ihre Ersatzwaffen holen, aber sie wollte gerade nicht gehen. Sie wollte diesen Moment genießen und in tief in ihrem Herzen einbrennen. Das Licht, die Farben, der Geruch der Abendluft zu diesem Zeitpunkt. Denn jetzt waren sie alle noch am Leben: Pip Bernadotte und seine Männer, die Wild Geese. Jetzt gerade waren sie unten im Saal und schlugen sich den Bauch voll und machten dreckige Witze, um sich von ihrer Angst abzulenken. Sie konnte es hören. Und sie konnte es kaum glauben, dass sie diese Männer, die sie kaum einen Monat kannte, bereits als Kameraden zählte. Und ihr Anführer schien allein auf diesen Dach zu sein und die Last zu tragen, sich um ihr Überleben zu kümmern. Aber das stimmte nicht. „Captain Bernadotte“ unterbrach sie seine Nachdenklichkeit. Pip drehte den Kopf und sah in ihr entschlossenes Gesicht. „Seras Victoria steht kampfbereit zu ihrer Verfügung“ salutierte sie. Pip verstand und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Seras ordnete sich ihm freiwillig unter? Dann musste die Welt wirklich kurz vorm Kollaps stehen. „Alors Mignotte, ich brauche jetzt einen Kaffee und was zum Beißen. Wie sieht es bei dir aus?“ „Hört sich gut an. Nebenbei, Captain, könntet ihr mich nicht mal bei meinen Namen nennen?“ „Hm….non. Wo bleibt denn sonst mein Spaß.“ „Dein Leben ist wirklich deprimierend, wenn dir DAS Spaß bereitet“ duzte sie ihn plötzlich. Pip lächelte sie frech an. „Ich kenne noch andere Wege, Spaß zu haben. Wie sieht es Mignotte, ich hätte noch genügend Zeit, um es dir zu zeigen?“ Seras sah ihn beschämt an. Musste dieser notgeile Franzose denn jeden Satz von ihr in eine sexuelle Anspielung verwandeln. „Huh, was…nein, was fällt dir ein, ich werde nicht mit dir..“ „Poker spielen?“ „Ach so…ja…ok…öh“ „Oder möchtest du etwas anderes Lustiges tun um dich abzulenken?“ fragte er sie unschuldig, aber mit breiten Lächeln. „Öh, um ehrlich zu sein…Kaffee trinken hörte sich gerade sehr gut an. Oder Tee, das wäre noch besser.“ „Na, dann lass uns runter gehen“ sagte er lächelnd und ließ ihr den Vortritt. Als sie die Treppen herunter gestiegen waren und durch den kleinen dunklen Flur gingen, kam Pip plötzlich ein Gedanke. Wenn er heute sterben würde, was würde er bedauern? Was hatte er in seinem Leben verpasst? Sein Testament war auf den neuesten Stand, seine Bucket List hatte er schon vor langer Zeit abgearbeitet. Aber als er die Umrisse der zierlichen Blondine vor sich sah, wurde ihm klar, dass er es bereuen würde, wenn er sie nicht wenigstens einmal küssen würde. Seras war die interessanteste, niedlichste, reinste Frau, die er je getroffen hatte. Teufel, zu einer anderen Zeit hätte er sie längst um ein Date gebeten, statt nur zu flirten. Und jetzt war die Zeit fast abgelaufen. Wenn er sich jetzt nicht beeilen würde, dann… „Seras, ich…“ er war plötzlich so nervös, dass seine Stimme stockte. Seras hatte ihn aber gehört. Überrascht, dass er sie nun bei ihren Namen nannte, drehte sie sich zu ihm. „Captain?“ fragte sie, weil er außen ihren Namen nichts sagte. Stattdessen starrte er sie nur schweigsam an. Seras fühlte sich komisch, als sie in sein verbliebenes grünes Auge schaute. Es war so schön, zu schade, dass er eines verloren hatte. Obwohl die Augenklappe auch ihren Charme hatte. Halt, was dachte sie gerade? Und was dachte Pip gerade? Warum schaute er sie an, als würde er sich ihre Gesichtszüge tief einprägen? Warum sagte er nichts? Ihr wurde merkwürdig warm. Dann verstand sie. Dieser Moment, allein mit ihr im halbdunklen Flur, schien ihm wichtig zu sein, so wie bei ihr auf dem Dach. Und er schien ihr etwas Dringendes mitteilen zu wollen. Also blieb sie ruhig und nutze den Augenblick, um seine Gesichtszüge zu studieren, während sie ihm die Zeit gab. Pip räusperte sich und versuche es nochmal. Verdammt, warum war das jetzt gerade so schwer? Das musste an den Scherzen von vorhin liegen. Jetzt hörte sich jeder Satz in seinen Kopf wie weitere Witze an. Vielleicht sollte er einfach mal ein Mann und keine Pussy sein und es tun… Er hob eine Hand und berührtes Seras Wange. Vorsichtig strich sein Daumen über die zarte Haut. Ihre großen blauen Augen schauten ihn ruhig und abwartend an. Doch gerade als er sich runterbeugen wollte, hörte er laute Schritte. Jemand rannte eilig in ihre Richtung. Er richtete sich auf und sah zu der Gestalt hin, die am Ende des Flurs auftauchte. „Captain, neuer Stand aus London. Alucard ist gerade in einen Spezial-jet gestartet. Und vom europäischen Festland gibt es Meldung von Vampir-Angriffe auf Kirchen und andere Vatikan-Einrichtungen.“ wurde ihnen zugerufen. „Dann wird es nicht mehr lange dauern“ murmelte Pip. „Lass uns gehen, Seras.“ Er ging ihr voraus, eine ruhige Miene aufgesetzt. Er konnte sie jetzt nicht ansehen. Er hatte den richtigen Moment verpasst, weil er zu feige war und jetzt spürte er Bedauern. Und es war gerade nicht der richtige Zeitpunkt, etwas zu bedauern. „Jawohl.“ Sie sagte nichts. Nichts zu diesem magischen Moment, als für einen Augenblick die Welt still zu stehen schien. Aber auch sie fühlte Bedauern. Kapitel 8: Der Gedenkstein -------------------------- „Seras, hol mir einen Wagen. Ich suche einen Funkapparat und gebe die Meldung raus, dass wir gewonnen haben. Hol mich hier dann ab!“ Integra wankte nicht. Mit purer Willenskraft hielt sie sich gerade, trotz der Schmerzen in ihrem linken Auge. Seras stand von den Stufen auf, auf denen sie gewartet hatte und sah sich suchend um. Die Stadt London war nach Kampfende totenstill. Die Häuser waren größtenteils zerstört, die Straßen voller Schlaglöcher. Dennoch befanden sich keine Leichen oder Blutspuren auf den Straßen. Sie waren von Alucard verschlungen worden. Und danach…war er verschwunden. Er hatte seinen Weg verloren, sein Selbst. Es war nichts mehr von ihm übrig als ein blutiges Pentagramm auf dem Boden. Seras verstand nicht, was dieser Nazijunge Schrödinger mit ihm gemacht hatte, aber Meister Alucard, der stärkste Vampir, der je existiert hatte, war einfach…weg. „Such einen Wagen, such einen Wagen…wo bitte steht hier den noch ein funktionsfähiges Auto?“ murmelte sie verzweifelt. Auf der Straße war nur Schrott zu finden. Aber was mit den Autos, die in der Tiefgarage waren? Seras hatte Glück. In der Tiefgarage befanden sich mehrere Autos und darunter befand sich eines, von dem sie wusste, dass sie es knacken konnte. Walter hatte ihr da diese Technik gezeigt…Ach, Walter… Während Seras den Wagen, ein silbernen Bentley, kurzschloss, dachte sie an Walter und seinen Verrat. Tiefe Traurigkeit überkam sie bei dem Gedanken, dass dieser gütige, alte Herr sie verraten hatte und nun tot war. Aber für Sir Integra, die mit ihm aufgewachsen war, musste der Verrat am Schlimmsten sein. Dennoch zeigte sich die eisige Herrin von Hellsing nicht schwach oder traurig oder erleichtert, weil der Krieg vorbei war. Nein, selbst nach dem Verlust ihren beiden Untergebenen Alucard und Walter stand sie aufrecht und mit eisernen Gesichtsausdruck an der Front und gab sofort neue Befehle. Seras war in diesem Moment dankbar dafür. Integras Haltung und ihre Befehle gaben ihr etwas zu tun. Zum Trauern war es noch zu früh. Der Bentley startete schnurrend, als sie die Kabel zusammenschloss und sie fuhr den Wagen vorsichtig aus der Garage raus. Wie befohlen, wartete sie am Treffpunkt. Sie schaute nach Lebenszeichen auf der Straße, aber alles war still. London war wortwörtlich ausgestorben. Selbst die Stimme in ihren Kopf war momentan weg. Aber sie wusste, sie hatte es sich nicht eingebildet. Er hatte mit ihr gekämpft. Vielleicht schlief er gerade? Seras schaute auf ihren neuen Arm, der aus einer schwarzen Flamme (oder Schatten?) bestand. Nach dem Massaker im Hellsing-Anwesen war sie durch das Trinken von Pips Bernadotte Blut vollständig als Vampir erwacht. Ihre Sinne waren schärfer, ihre Körperkraft stärker und ihre Uniform hatte nun eine neue blutrote Farbe, die ihr sogar besser gefiel als das alte Currygelb. Dafür, dass sie eine lange Nacht mit Blut, Kämpfen und Sterben hinter sich hatte und es mittlerweile früher Morgen war, fühlte sie sich seltsam gut. Und nicht im Geringsten durstig. Plötzlich hörte sie einen Herzschlag. Sie sah nach draußen und erkannte Sir Integra, die die Treppe runter ging und ins Auto auf die Rückbank einstieg. Sie hatte sich selbst einen Verband ums Auge angelegt. „Fahr los! Zurück zu Hellsing. Oder was davon noch übrig ist“ Integras Stimme war kalt und entschlossen. Nach 20 Minuten, nachdem sie die rauchenden Mauern von London hinter sich gelassen hatten, traute sich Seras vorsichtig nachzufragen. „Was wird jetzt passieren, Sir? Wird Meister Alucard wieder...“ „Ich habe keine Ahnung“ unterbrach Integra sie wütend. Dann atmete die Ältere einmal tief ein und aus. Danach war ihre Stimme und Herzschlag ruhiger. „Seras, ich weiß nicht, was mit Alucard passiert ist…aber er ist garantiert nicht tot. Er wird wieder kommen. Und wir werden auf ihn warten. Bis dahin müssen wir das Vereinigte Königreich aufbauen und beschützen.“ 20 Minuten später erreichten sie die Grenze des Hellsing-Anwesens. //Oh Gott, was ist mit den Landminen? Ist alles beim Angriff explodiert oder gibt es noch welche? Integra ist immer noch ein Mensch. Ich kann da nicht einfach durchfahren…// „ Ne t’inquiète pas, ma chere. Ich werde dir sagen, wo du lang fahren kannst.“ Hörte sie eine bekannt männliche Stimme in ihren Kopf. „Du bist wieder da?“ rief Seras erfreut. „Was, wer? Alucard? Ist er zurück?“ erschrak Integra und riss ihre Augen auf. Sie war so müde, dass sie für einen Moment geschlafen hatte. Sie sah sich suchend um. „Äh, nein. Sir Integra, es ist nur... Seitdem ich Captains Bernadotte Blut getrunken habe…lebt er in mir weiter. Ich konnte gerade seine Stimme hören“ erklärte Seras. „Ah… ja“ staunte Integra. „Es sieht aus, als ist er durch das Trinken seines Blutes zu deinem Familiar geworden.“ „Was ist das?“ „Alucard hat mir nie viel davon erzählt. Aber durch das Trinken des Blutes seiner Opfer konnte er ihre besonderen Fähigkeiten übernehmen. Darin liegt seine größte Stärke, die er dir überlassen hat. Das, was wir in London gesehen hatten…waren treue, aber seelenlose Sklaven. Die Opfer seiner Jagd, die keinerlei freien Willen mehr hatten. Alucard hat jede Stimme, jeden freien Willen unterdrückt. Aber du…wenn du wirklich Pip hörst…dann ist es etwas Besonderes. Der Captain lebt in dir weiter.“ Seras verstand nicht, was Integra damit meinte. Inwieweit lebten die Erinnerungen und Erfahrungen von Pip Bernadotte durch sein Blut in ihr weiter? Schweigend fuhren die beiden Frauen zum zerstörten Anwesen. Seras hielt am Haupteingang an. Die Frauen stiegen aus. Seras konnte Integra seufzten hören, als die Chefin die Zerstörungen am Gebäude sah. „Halt, wer da?“ rief plötzlich ein Mann. Seras hörte das Geräusch von entsicherten Waffen, die auf sie gezielt wurden. „Moment, es ist Boss Integra und Miss Seras. Seras, geht es dir gut?“ Zwei Männer kamen aus ihren Verstecken auf sie zu. Die letzten Überlebenden von Wild Geese. Sie salutierten, als sie die zwei Frauen sahen. „Wir haben hier draußen Posten bezogen. Innen drin…ist alles ruhig“ sagte einer. Integra nickte. „Gute Arbeit. Ihr habt überlebt. Und ihr seid immer noch loyal genug, um auf Position zu bleiben.“ „Das wir leben, haben wir nur dem Captain und Miss Victoria zu verdanken. Die Körper unserer Kameraden … “ der Soldat stockte „… befinden sich noch im Gebäude.“ „Wir werden sie anständig bestatten. Der Krieg ist vorbei und im Tageslicht ist alles sicher. Geht hinein und holt ihre Überreste“ befahl Integra. „Sir“ Seras wandte sich an ihren Meister. „ich bitte darum, dass ich ihnen dabei helfen kann.“ Integra seufzte und nickte. Seras fand ihn dort, wo sie ihn verlassen hatte. „Ein merkwürdiger Anblick. Es sieht aus, als würde ich schlafen“ hörte sie Pips Stimme. Die Schatten formierten sich aus ihren Arm und Pips Gesicht bildete sich heraus. „Das geronne Blut verhindert einen friedlichen Anblick“ sagte Seras tonlos. Sie kniete sich hin und strich sanft das Blut von seinen kalten Lippen. Er war so kalt. Sie fing an zu zittern „Es tut mir leid. Gott, es tut mir so leid“ schluchzte sie. „Ich hatte gehofft…Gott, ich hatte bis zu diesen Augenblick gehofft, dass es eine Chance gäbe. Das ich dich in deinen Körper zurück stecken könnte. Das du wieder auferstehen könntest. Stattdessen habe ich dich getötet.“ Tränen liefen ihren Wangen herunter. „Non, das ist falsch, ma chéré. Die Sense der Nazi-Bitch und die Kugeln haben mich getötet. Du ´ast mich gerettet. ICH bin noch da und das verdanke ich dir. Du hast keine Schuld daran. Ich habe es so gewollt. Ich habe dir mein Blut aus freien Willen gegeben und mir gewünscht, an deiner Seite zu kämpfen. Dass ich mein Leben sinnvoll einsetzen kann, um mein süßes Mädchen zu retten. Und mein Wunsch hat sich erfüllt.“ Plötzlich spürte Seras, wie sich zwei warme Arme um ihren gebeugten Körper schlossen und sie tröstend im Arm gehalten wurde. Sie hörte auf zu weinen und griff vorsichtig nach einem der Arme. „Ich kann dich spüren…du bist wirklich da…nicht nur deine Stimme, du bist…da“ hauchte sie. Sie konnte ihn spüren; mehr als je zuvor. Sie wusste, ohne es zu sehen, dass er lächelte. Dass er glücklich war. Und als sie spürte, wie seine Lippen ihr zärtlich einen Kuss auf die Stirn gaben, konnte sie auch lächeln. Die Männer trugen die letzten Überreste zum Friedhof, der direkt neben den Anwesen lag. Von den meisten konnten sie nur noch die Hundemarken ablegen. Die Körper waren zu zerfleischt worden. Seras trug den Körper des Captain persönlich nach draußen. „Am liebsten würde ich das ganze Gebäude abfackeln“ hörte Seras ihre Chefin leise fluchen, die missbilligend auf das blutbesudelte Anwesen starrte. „Meister Integra…ich werde es reinigen. Nicht mit geweihten Wasser, sondern mit meinem Flammen“ erklärte sie und ihr Arm flackerte unheilvoll. „Jede Spur dieser Schweine soll verschwinden. Jeden Tropfen Blut von meinen toten Kameraden werde ich aufnehmen. Wir werden Hellsing wieder aufbauen und auf Meister Alucard warten.“ Integra nickte. Sie senkte den Kopf und die Männer und Seras ebenso, als sie ein kurzes Gebet sprach und die Leichen entzündete. Seras meldete sich freiwillig dazu, das Feuer zu bewachen. Der Wind würde anschließend die Asche über das Land wehen. Die Wild Geese waren stolze freie Männer gewesen, die sich ihren Herren selber ausgesucht hatten. Captain Bernadotte wollte, dass seine Überreste mit denen seiner Männer in den Himmel aufflogen. „Mögen euren Seelen damit den Himmel näher kommen“ betete Seras leise. Sie setzte sich unter einen Baum und starrte auf die Flammen. „Integra plant, für euch einen Gedenkstein zu erstellen. Irgendwelche Wünsche?“ fragte sie ihn. „Es ging niemals ums Geld, sondern nur um den Spaß!“ „Das wäre eine Lüge. Etwas anderes bitte.“ „Here lies the fearsome Wild Geese who kicked beaucoup Nazi ass for Queen and crumpets.” “Ich denke nicht, dass sich auf einen Gedenkstein Schimpfwörter befinden sollten. Ich bin mir sicher, Integra wird etwas Besseres finden, mit dem ihr für die Nachwelt erinnert werdet.“ Er lachte leise. „Du bereust es also nicht?“ fragte sie plötzlich. „Pardon“ „Du könntest am Leben sein, wenn du damals geflohen wärst?!“ „ Das war nie eine Option. Wir haben das Geld genommen, wir haben uns verpflichtet …und es gab keinen Fluchtweg. „Es ging nie ums Geld, sondern immer um den Spaß“ hat mein Großvater damals zu mir gesagt. Wir waren Söldner, die für Geld und dem Spaß am Töten in den Kampf gezogen sind. Wir wollten mit Blei in den Mägen und einem „Fuck“ auf den Lippen sterben. Diese letzte Schlacht hatte alles…sie war episch. Wir haben gegen Nazi-Vampire gekämpft und ein tolles, süßes Mädchen gerettet. Das war ein tolles Ende für einen Söldner.“ „Und es gibt nichts mehr, was du vor deinen Tod noch erledigen wolltest?“ fragte Seras zögerlich. „ Vor meinem Tod ging mir nur eines durch den Kopf: dass ich dich unbedingt küssen musste. War zwar blutiger als ich gedacht habe und ich hätte auf die Schmerzen dabei verzichten können…apropos, wie wäre es mit einer Wiederholung?“ Seras kicherte. Pip war zufrieden. Das erste Lächeln war ein guter Anfang. Schon bald würden die Selbstvorwürfe aufhören und sie würde nach Vorne schauen. „Aber was ist mit dir? Du hast die ganze Zeit über meinen Tod geredet. Was ist mit deinem Verlust? Du ´ast deinen Meister verloren und jetzt ´ast du einen toten Franzosen als ständigen Begleiter. Ich werde deinen Privatsphäre respektieren, so gut es geht, aber... ich muss mich an diesen Zustand noch gewöhnen. Keine Ahnung, was ich noch alles kann“ überlegte er. „Tja, was Meister Alucard angeht…ich kann mir nicht vorstellen, dass er tot ist. Ich weiß nicht wie ich es beschreiben soll: ich spüre es halt nicht. Ich bin mir sicher, er kommt wieder. Solange müssen wir halt ausprobieren, was wir zusammen tun können“ sagte sie nachdenklich. Sie schwiegen. Das Feuer war fast heruntergebrannt. „Übrigens…du hast zwar nicht Ja, aber auch nicht Nein gesagt…zu einem Kuss“ fiel es Pip plötzlich auf. „DU…zuerst rauchst du in mir und denkst nicht daran, aufzuhören und jetzt…hach, du bist unverbesserlich“ Seras seufzte. Dann lachte sie. In der vergangenen Nacht hatte sie ihn für tot gehalten und daran gedacht, dass sie nie wieder seine Scherze und Anmachen hören würde und wie sehr sie es vermissen würde. Und nun… „Einverstanden“ sagte sie. Sie wollte noch einen Kuss. Ein Kuss, der nicht nach Blut schmecken sollte. Sie stand auf. Flammende Schatten schossen aus ihrem Arm hervor und vor ihr bildete sich zuerst der Umriss, dann der Körper von Pip Bernadotte, der sie ungewohnt schüchtern anstarrte. Vorsichtig strich er ihr mit einer Hand die Haare zur Seite. Seine warme Hand wanderte ihrem Kinn entlang. Sie streckte sich langsam seinen Lippen entgegen. Er berührte sie zärtlich, strich mit seinen Lippen über ihre. Dann, von ihrer Reaktion ermutigt, presste er sie näher an sich, verstärkte den Druck. Ihre Hände krallten sich in sein Hemd. Sie konnte den Stoff unter ihren Finger spüren, die Wärme seiner Lippen und seiner Arme, die sie an ihn pressten. Sie fühlte sich geborgen und sicher. Sie fühlte Hoffnung und Stärke. Ihr Leben würde weiter gehen. Sie war nicht allein. Sie würde nie wieder allein sein. Wenige Tage später stand auf dem Friedhof eine marmorne Säule. Die Inschrift lautete: Here lies the Wild Geese Protector of Hellsing Manor Warrior against Evil Rest with Honor Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)