Zum Inhalt der Seite

Ein Foul der Liebe

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Danny (thewilliamsfooty) aus FiFa hat es mir echt angetan, besonders mit Kim. Ich weiß jetzt nicht inwieweit evtl. Spoiler drin sind, da hier Bezug auf einige Ereignisse aus FiFa 19 genommen wird. Leser sollten dies als Warnung verstehen.
Kursiv geschriebenes zeigt Textnachrichten in diesem Fall an. Der Übersichthalber habe ich Leerzeilen zwischen sie gesetzt, damit sie verständlicher zutrennen sind für euch. ^^ Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Zwischen Hunters

Hey, was los bei dir?
 

Frag nicht.
 

Mutti? Jim?
 

Nein.
 

Ach komm, nun sag schon. Bei dem Twitter-Post muss was sein. Also, wo hängt was schief?
 

Kim...
 

Oh-ha. Wie schlimm war es diesmal?
 

Ein Vulkanausbruch wäre angenehmer gewesen.
 

Was hast du dieses Mal verbockt?
 

Nichts ich schwöre, man!!
 

Ein leises Lachen ertönte in einem offenen, großzügig geschnittenen Wohnzimmer. Ein junger Mann mit dunkelbraunem Haar, welches an den Seiten kurz geschnitten, oben auf dem Kopf etwas länger gelassen und dafür nach hinten gegelt war, saß auf dem Sofa und amüsierte sich prächtig über die Textnachricht seines besten Freundes. Die Wahrscheinlichkeit, dass Alex diesmal wirklich unschuldig war, lag ziemlich unter 20%. Eigentlich war Kim ein umgänglicher Mensch mit einer ordentlichen Portion Ehrgeiz. Nicht so aufbrausend wie er selbst, aber auch nicht so entspannt wie Alex. Sie war irgendwas dazwischen, dennoch immer fair, zumindest hatte er sie so kennengelernt. Und schüchtern war sie auch ein wenig gewesen zu Beginn, doch mittlerweile war ihr Selbstbewusstsein ein Stück größer geworden. Dies lag sicherlich auch an ihren Fußball Erfolgen mit der Nationalmannschaft. Also musste doch irgendwas vorgefallen sein. Wenn er eines wusste, dann dass Kim nur aus der Haut fuhr und richtig jähzornig wurde, wenn ihr irgendwas mächtig gegen den Strich ging.
 

Das kannst du deinem Opa erzählen, Alter. Also was war es diesmal. Hast du versehentlich ihr Lieblingsshirt eingepackt und einlaufen lassen beim Waschen?
 

Nein! Wieso sollte ich ihre Shirts waschen? Das kann sie schön selber machen.
 

Was dann?
 

Kannst du mir einen Gefallen tun?
 

Nicht ablenken, Alex. ;)
 

Ich lenke nicht ab, also kannst du oder nicht?
 

Jetzt grade nicht muss los zum Training. Lass uns heute Abend telefonieren, über welche Art ist mir egal. Aber sag endlich was du angestellt hast!
 

Er wollte gerade das Handy zur Seite legen, als es erneut auf fiepte. Eine neue Nachricht war eingegangen. Verdammt er war schon wieder spät dran und musste sich eigentlich beeilen. Kaum hatte er diese geöffnete, fluchte er leise. Wieso ausgerechnet jetzt, wieso war er eigentlich der Ansprechpartner für beide bei so etwas? Irgendwann hatte er definitiv was falsch gemacht.
 

Hey Danny. Hast du Zeit? Ich muss mit jemanden reden. L.G. Kim
 

Danny seufzte theatralisch, was war er nur für ein unglaublich toller Mensch. Immer ein offenes Ohr für jeden. Gerade heute wieder musste er sich zerreißen, damit jeder etwas von ihm abbekam. Aber aktuell musste er wirklich zum Training, bevor Butler ihm wieder extra Runden aufhalste. Darauf konnte er gut und gerne verzichten heute. Es würde eh ein Training im Regen werden, so wie es Draußen aussah. Da musste er sich wegen Unpünktlichkeit nicht noch eine Verlängerung einhandeln.
 

Sorry Kimmy, muss zum Training. Butler macht mich sonst 'nen Kopf kürzer. Kennst ihn ja.
 

Oh, okay. Heute Abend dann?
 

Er musste heute wirklich die Beliebtheit gepachtet haben oder er hatte irgend einen Lockstoff an sich von dem er nichts wusste. Oder, wie würde seine Oma jetzt sagen? Du hast wohl wieder Zucker in den Taschen. Aber wie konnte er bei Alexs kleiner Schwester Nein sagen? Generell fiel es ihm schwer bei irgend einem von beiden Nein zu sagen. Bei Kim, hatte er bemerkt, wurde es jedoch immer schwieriger. In seinem Inneren keimte ein Verdacht auf woran es lag, doch diesen schüttelte er vehement aus seinen Gedanken wieder heraus. Dies war lächerlich und unmöglich.
 

Ähm... ja klar von mir aus. Uhrzeit kannst du mir ja nachher vorschlagen.
 

Damit schaltete er sein Handy auf stumm, legte es auf den Tisch und erhob sich vom Anthrazitfarbenem Sofa, welches in dem Wohnzimmer einen kleinen Teil ausmachte und von zwei Sesseln in der selben Farbe eingerahmt wurde. Unter diesen und halb unter dem Sofa lag ein Cremefarbener Teppich, welcher grade eine leichte Massage von Danny bekam, als dieser seine Zehen bewegte. Dann streckte sich der Engländer ausgiebig, gähnte leicht, setzte sich in Bewegung und... fluchte wie ein Rohrspatz.

"Verdammter Dreckscouchtisch."

Mit schmerzverzerrten Gesicht hob er sein linkes Bein und hielt sich den kleinen Zeh. Er musste das Ding wirklich ein Stück weiter wegziehen vom Sofa, wenn er alleine war. Jedes Mal stieß er sich beim Weggehen irgendwas, irgendwie an, ganz gleich wie vorsichtig er war. Es war wirklich zum Mäuse melken. Leicht hinkend, da der Schmerz sich in diesem popeligen Körperteil besonders hartnäckig hielt, ging er an der, zum Wohnzimmerbereich, offenen Küche vorbei hinaus in den Flur. Dort schlüpfte er in seine Sneacker und griff sich im vorbeigehen seine Trainingsjacke. Gut, dass er sich heute nach dem Mittag schon gleich umgezogen hatte. Er war schon ein ziemlich helles Köpfchen. Manchmal. Er schritt auf die Tür zu, zog sie auf und trat hinaus in den Appartement Flur. Die Tür schloss sich langsam, doch bevor sie ins Schloss klickte, griff sein Arm durch den Spalt noch nach der Schale, welche auf einer kleinen hellbraunen Kommode neben der Tür stand und seine Schlüssel beherbergte.

"Halt, Stop. Du kommst gefälligst mit", murmelte er durch den Spalt, zog die Schale etwas dichter und angelte sich seinen Wohnungsschlüssel heraus.
 

Drei Stunden später, und deutlich durchnässt, kam Danny wieder bei sich zu Hause an. Erschöpft, aber innerlich doch ziemlich zufrieden mit sich und der Welt, schloss er die Tür hinter sich. Er liebte Fußball und auch das Training. Okay, die Spiele mochte er noch mehr als die Trainingssachen, schließlich ging es da um etwas, aber beides powerte ihn aus und ließ für einige Zeit die Hitzköpfigkeit in ihm verschwinden. Er warf die Schlüssel zurück in die Schüssel, welche durch den Schwung leicht hin und her schaukelte. Dann ging er in die Küche, öffnete einen Unterschrank und zog eine Flasche Wasser heraus, welche er gierig öffnete und zur Hälfte in kurzer Zeit austrank. Sein Shirt unter der, mittlerweile auch durch geregneten, Trainingsjacke klebte an ihm wie eine zweite Haut. Sein Weg führte ihn dann ins Wohnzimmer herüber. Er griff nach seinem Handy, welches er natürlich auf dem Sofatisch hatte liegen lassen. Gerade als er nachsehen wollte, ob sich Kim oder Alex noch mal gemeldet hatten, klingelte es an seiner Tür. Seine Miene verfinsterte sich kurz, als sein Blick Richtung Uhr schwenkte. Wer zum Geier kam denn jetzt um 19 Uhr noch vorbei? Eigentlich wusste er, wer um diese Zeit ab und an bei ihm vorbei kam, und versuchte mit ihm etwas abzuwickeln. Sein ehemals guter Freund. Ringo. Nachdem er ihn vor drei Jahren in den Bankrott gerissen hatte, hatte Danny ihn raus geworfen und ihre Freundschaft beendet. Nur Ringo schien dies noch immer nicht akzeptieren zu wollen. Er lebte nach dem Motto, die Zeit heilt alle Wunden, so schien es Danny zumindest.

Er war am Ende gewesen. Sein Glück war Michael Taylor, sein Manager, der nicht allzu nachtragend war, wie sich zeigte und ihn wieder unter Vertrag nahm. Für eine Weile kam er bei ihm unter, bis er wieder auf eigenen Beinen stehen konnte. Eine Zeit, welche er sich wirklich nicht zurück wünschte. Selbst Alex und Kim hatte er seine Situation lange verschwiegen. Gegenüber der kleinen Schwester von Alex wollte er sich seine Naivität in dem Bezug nicht eingestehen. Es war ihm einfach zu peinlich gewesen. Dennoch war er froh, als es raus war und die beiden ihn nicht aufgezogen hatten. Kim war so verständnisvoll gewesen, hatte aber auch etwas vorwurfsvoll zum Ausdruck gebracht, dass sie enttäuscht war, dass er sich ihr nicht gleich anvertraut hatte. Sie war einfach nur ein liebenswerter Freund. Freundin.

Mittlerweile hatte er sich ein Appartement gemietet. Es war kein Palast, aber groß genug für ihn. Michael stellte ihm zwar immer wieder Häuser vor, doch er lehnte ab. Auch wenn Michael oft mit einem leichten Seufzer ging, drängte er ihn zumindest nicht. Auf Grund der finanzielle Pleite war Danny weiterhin bei Liverpool geblieben, bald würde er aber einen neuen Vertrag unterschreiben und nach Amerika gehen zu Alex und Kim. Ersterer hatte von Real Madrid wieder in die Vereinigten Staaten gewechselt, seine Mutter und sein Großvater waren ihm gefolgt. Somit fühlte er sich ziemlich einsam hier in Groß Britannien.

Eigentlich wollte der Brünette nicht die Tür öffnen, aber mittlerweile hatte es nun schon zum dritten Mal geklingelt. Genervt ging er zu Tür, riss sie auf und wollte Ringo grade so sehr anbrüllen, dass er sich für die nächsten Monate nicht mehr blicken ließ, da schlangen sich schon zwei Arme um seinen Rücken und ein fruchtiger Duft kitzelte seine Nase.

"Hallo Danny. Ieh... du bist ja nass", stellte die kleinere Person erstaunt fest und ließ ihn abrupt los.

"Ähm ja... äh hallo Kimmy. Was machst du denn hier?", fragte Danny verdutzt.

Die Hunter sah ihn mit fragend hochgezogenen Brauen an.

"Du hast doch gesagt, dass wir heute Abend miteinander reden können."

"Äh ja, reden, also so über Skype oder Telefon... dachte ich. Ich wusste nicht…, ach komm rein und mach es dir bequem."

"Hast du meine Nachricht nicht gelesen, die ich geschrieben habe?", fragte sie während sie durch die Tür schlüpfte.

Schweigen beantwortete die Frage von Kim. Sie lachte leicht und beäugte Danny dann von oben nach unten, während dieser die Tür schloss.

"Sag hast du vergessen dich für‘s Duschen auszuziehen oder ist eine Rohrleitung bei dir geplatzt."

"Weder noch. Ich folge aktuell nur den neusten Modetrend. Versuch's auch mal, würde bestimmt super aussehen an dir. Am besten mit weißem Shirt", konterte Danny und grinste breit.

"Pfff, Idiot. Mal im Ernst jetzt, wieso bist du klitschnass?"

"Ich hatte Training?", erinnerte er sie und sie hob beschämt die Hand zum Gesicht.

"Setz dich. Ich komme gleich."

Mit diesen Worten, wandte er sich Richtung Schlafzimmer um, wo er sich trockene Sachen heraus suchte. Anschließend ging er ins Bad und schloss hinter sich die Tür. Seine nassen Sachen warf er achtlos über die Duschwände, an welche sie sich eng anschmiegten. Danny nahm sich sein Badehandtuch, trocknete sich ab und stellte dabei fest, dass er wirklich nass bis auf die Haut war, selbst seine Short musste er wechseln. Dabei überlegte er nun erneut fieberhaft, was Kim ihm wohl erzählen würde. Die wichtigere Frage war aber, konnte er ihr helfen? Nebenbei tippte er, immer mal wieder, auf seinem Handy herum und erblickte die Nachrichten, welche in seiner Abwesenheit angekommen waren.
 

Ich komme gegen 19 Uhr bei dir vorbei. Meine Nationalmannschaft hat ihr Trainingslager bei dir in der Nähe aufgeschlagen.
 

Danny seufzte auf, als er die Nachricht von Kim las, welche sie kurz nach seiner letzten verfasst hatte. Okay nun wusste er zumindest, wieso sie hier war. Alex war ihm allerdings noch die Erklärung schuldig, weswegen.
 

Deine Schwester ist hier. Weißt du davon? Oder kam es nicht soweit, weil ihr euch gestritten habt? Und jetzt sag endlich was vorgefallen ist, lass mich nicht ins Messer laufen. Du weißt ich nehme jedes Fettnapf mit!
 

Nachdem er die Nachricht an Alex abgeschickt hatte, las er die andere Nachricht, die noch seine Aufmerksamkeit forderte. Sie war von Michael. Er schrieb kurz, dass er zwei Angebote hatte von neuen Mannschaften und ob er Montag Zeit hätte. Natürlich hatte er, was er Michael auch so gleich mitteilte. Anschließend stellte er das Handy auf stumm. Er wollte nicht, das irgendwer ihn störte, während er Kim zu hörte. Sollte Alex antworten, würde er es durch die leichte Vibration mit bekommen, hoffte er zumindest. Er griff nach seinem Shirt und kam zurück ins Wohnzimmer, wo er begann es schnell überzustreifen.

"Also Kimmy... argh", sagte er und wurde von einem kurzen Machtkampf mit seinem Shirt unterbrochen, "Wo drückt der Schuh?"

Dass es mit Alex zu tun hatte, wollte er ihr lieber nicht sagen. Wer wusste schon, wie sie reagieren würde. Kurz darauf vernahm er ein Schluchzen.

"Es ist wegen Alex. Er ist so ein Arsch."

`Wohl wahr, er hat mir nämlich nicht gesagt, was er angestellt hat´, dachte Danny bei sich.

Weinende Menschen zu trösten war für ihn normalerweise kein wirkliches Problem, wenn es Kim war die weinte, sah es anders aus. Aus irgendeinen Grund fühlte er sich dann immer etwas überfordert und ein winziges Bisschen verloren. Wie er es bisher immer geschafft hatte sie doch zu trösten, war ihm ein Rätsel. Er spürte einen Stich in seiner Brust und einen Kloß in seinem Hals, als Kim erneut laut aufschluchzte. Die Anspannung in ihm wuchs in dieser Situation spürbar an. Vorsichtig setzte er sich neben sie auf das Sofa, auf welchem Kim Platz genommen hatte, verfrachtete sein Handy auf der Armlehne hinter sich und legte den Arm um ihre Schulter, um diese dann sanft zu tätscheln.

"Na komm, so schlimm?", fragte er.

"Ja~", kam es kläglich von ihr.

"Na dann erzähl mal, was hat er nun wieder angestellt", forderte er sie auf.

Ein kurzer Schniefer folgte noch von Kims Seite, um sich zu sammeln.

"Er lässt seit neusten den großen Bruder raus hängen und das auf eine penetrante Art und Weise."

"Na ja, dass ist normal. Tut meiner auch noch ständig, wenn wir uns sehen und -."

"Ach Unsinn! Das ist nicht dasselbe!", fauchte sie erzürnt.

`Vorsichtig Danny, du näherst dich einem riesigem Loch. Nicht rein springen!´, mahnte er sich in Gedanken.

"Okay, okay. Also nicht vergleichbar. Verstanden", lenkte er deshalb schnell ein.

Kim zog noch einmal stark Luft ein, um ihren mittlerweile vor Wut bebenden Körper zu beruhigen.

"Stell dir vor er schreibt vor was ich anziehen soll. Als ob es nicht schon schlimm genug sei, dass Dad es bereits tut. Ich bin doch kein Kind mehr! Und als ob das nicht schon der Gipfel der Frechheit wäre, meinte Alex zu mir gestern Abend, dass Franky nicht gut genug für mich wäre!"

`Wer zum Geier ist Franky?´

"Dabei muss er grade reden, bei ihm bleibt ja auch keine Frau länger als eine Woche. Was weiß er schon von Liebe."

"Ah -."

Dannys Ausruf führte zu einem schwer definierbaren Blick seitens Kim. Sogleich biss sich Danny auf die Lippen und überlegte fieberhaft, was er nun zu erwidern hatte, ohne Groll auf sich zu ziehen. Diese Fettlöcher waren heute wieder großzügig gesät. Wie immer taumelte er mehr an ihnen vorbei, als dass er ihnen zielsicher auswich. Kims Situation erinnerte ihn doch ein wenig an Terry und ihn. Dieser hatte ihm auch alle Freundinnen ausgespannt, die er sich mühevoll gesucht hatte und in Terrys Augen etwas besseres als Danny verdient hatten. Irgendwie war es also doch gleich zu setzen, aber den Teufel würde er tun und dies Kim so sagen.

"Äh, ja, dass ist... furchtbar", stammelte er mit so viel Empörung in der Stimme heraus, wie er auf die Schnelle auftreiben konnte.

"Ich wusste, dass du es genauso siehst. Du bist ein wahrer Freund Danny", meinte die Brünette.

Noch bevor Danny etwas weiteres sagen konnte, übermannte Kim eine erneute Tränenattacke und Trost suchend, drückte sie sich an seine Brust. Der Williams bremste sich, um nicht groß Luft auszuatmen und somit einen Teil seiner Anspannung los zu werden. Er glitt etwas Richtung Lehne mit dem rechten Arm. In diesem Moment spürte er die Vibration seines Handys an diesem.

Langsam und Kim dabei behutsam über den Rücken streichelnd, zog er sein Handy hervor und bediente es mit einer Hand.
 

Ja ich weiß, dass sie in England ist. Kannst du mir den Gefallen tun und auf sie aufpassen. Und noch mal ich habe nichts angestellt! Sie übertreibt maßlos!
 

Ich glaube nicht, dass sie einen Bodyguard braucht, davon ab, dass ich für so was keine Zeit habe. Maßlos übertreiben? Sie liegt heulend in meinem Arm, weil du ihr vorschreibst, mit wem sie sich treffen darf.
 

Sie liegt wo? Ach vergiss es. Ich bin nun mal ihr großer Bruder und muss ihr halt die unbequeme Wahrheit sagen. Dad sieht es genauso.
 

Ach komm Alex, ich fand es auch nicht geil, wenn Terry sich in meine Beziehungen eingemischt hat. Lass sie sich treffen mit wem sie will.
 

Ach jetzt bist du auf ihrer Seite? Vergiss es Danny, du hast keine Ahnung! Das ist nicht dasselbe!
 

Aha, er hatte also wieder keine Ahnung, wie immer, und es war selbstverständlich auch in diesem Fall nicht das Selbe. Klar. Er verdrehte genervt die Augen. In dem Punkt waren sich die beiden Hunters also wieder einig. Er war der doofe und ahnungslose Volldepp vom heutigem Dienst, der sich gerade wieder zerreißen musste.
 

Also passt du auf, dass dieser Typ sich von ihr fern hält?
 

Ehrlich Alex, ich halte es für keine gute Idee.
 

Ein toller Freund bist du! Der Typ ist 20 Jahre älter als Kim. Der hat Dreck am Stecken, dass weiß ich.
 

Inwiefern?
 

Ein Bekannter von mir hatte mal mit ihm zu tun. Er ist sich zwar nicht zu 100% sicher, aber er meinte, dass er was mit Drogen zu tun hat. Wenn der Typ sie in irgend eine Scheiße reinreitet bist du Schuld.
 

Wow, Drohungen. Es wurde immer besser. Alex verstand sein heutiges Handwerk, ihn zu diesem Gefallen zu drängen und auf Kim aufzupassen. Aber die Beschreibung des Typen machte Danny dann ehrlich gestanden doch etwas misstrauisch und bereitete ihm Sorge. Natürlich wollte er nicht, dass Kim in etwas hinein geriert, was ihr Schaden könnte. Sie hatte noch so viel vor sich und so viel zu erreichen. Sie brauchte da eher jemand der sie verstand. Wenn gleich ein älterer Lebenspartner an ihrer Seite in seinen Augen dennoch besser war. Aber 20 Jahre? Dieser Vorwurf, den Alex da hervor brachte, und der nicht mal zu 100% belegt war, war schon hart. Er zweifelte, dass er Kim davon etwas gesagt hatte oder aber er hatte es und sie wusste es besser. Dennoch konnte er die Sorge von seinem Freund etwas besser nachvollziehen.
 

Schon gut, schon gut. Ich pass auf.
 

Danke. Hast was gut bei mir. Bring ihr jetzt einfach nur noch schonend bei, dass ich nur das Beste für sie will. Ich ruf dich dann an.
 

Ausgerechnet ich soll...? Du hast echt Vertrauen in Fettnapf-Danny.
 

Danny schaltete das Handy auf Standby und legte es auf die Lehne des Sofas. Kims Schluchzen war wieder verstummt und er spürte, wie ihr warmer und gleichmäßiger Atem durch das Gewebe seines Shirts auf seine Haut drang. Unweigerlich löste dies ein kleines Gänsehautschauer aus, welches wie eine Lawine an seinem Rücken hinunter ging. Das zurück bleibende Kribbeln war eine herrliche Mischung aus unangenehm und angenehm.

"Kimmy, Kleines. Hör mal. Dieser... ähm Franky, den Alex und dein Vater nicht leiden können. Wie -"

Die Angesprochene setzte sich wieder auf und wischte sich mit dem Handgelenk über das Gesicht, um die Tränen fort zu bekommen. Dabei verwischte sie auch etwas Mascara, welchen Danny erst jetzt bemerkte. Kim schminkte sich? Das war für ihn irgendwie neu und seiner Meinung nach hatte sie dies gar nicht nötig. Sie hatte so was damals doch noch nicht getragen und damals war sie schon sehr hübsch. Während er seiner Überraschung mit entsprechenden Blinzeln Ausdruck verlieh, bemerkte er, wie in Kims Blick ein Funkeln aufkam.

`Oh Shit.´

"Dad findet Franky total in Ordnung!", schrie sie ihn an.

Ihre Stimme klingelte schrill in seinem Gehörgang nach und er verzog kurz das Gesicht.

"Tut er?", fragte er dann zaghaft.

Also entweder hatte er Alex eben falsch verstanden oder Harold Hunter versuchte es aktuell auch beiden Seiten recht zu machen, genauso wie er.

"Ja! Das hat er selbst zu mir gesagt!", fauchte sie zornig weiter, "Wie kommst du darauf, dass er ihn nicht leiden kann?"

"Ähm... ja~haha, wie komme ich auf so etwas nur", lachte der Brünette leicht gequält und überfordert.

Verlegen kratzte er sich am Hinterkopf und lies seinen Blick durch seine Wohnung huschen. Verdammte kacke und jetzt? Er musste irgendwie wieder umlenken ohne Alex zu verraten.

"Nun, da hab ich wohl falsch geschlussfolgert.... Ich dachte, wenn Alex gegen ihn ist, dann... na ja. Entschuldige. Ähm... was ich eigentlich wissen wollte. Wie ist dieser Franky eigentlich so?"

Einen Moment starrte Kim ihn irritiert an. Der Wechsel war überraschend für sie gekommen, wie Danny schlussfolgerte und es verfehlte nicht seine Wirkung. Langsam wich der Zorn aus ihren Augen und wich etwas anderem, dass er wieder nicht definieren konnte.

"Franky ist... er ist sehr liebevoll und witzig. Ein richtiger Gentleman und rücksichtsvoll."

`Nein, Danny, verkneif dir die Würgegeräusche und sag verdammt noch mal nichts Abfälliges dazu. Du kennst die Masche, aber du bist schön ruhig.´

"Ah, das klingt ja eigentlich sehr gut. Wobei von 'nem älteren Herren sollte man solche Sachen wohl erwarten", meinte er grinsend und hätte sich im nächsten Moment am liebsten selbst geohrfeigt.

"Älterer Herr? Wie kommst du darauf?", fragte Kim ihn auffordernd und musternd.

"Ähm.. na ja. Ich äh kenne ja meines Gleichen und auch die jüngeren Kerle, ha ha, auf die trifft so eine Beschreibung kaum zu, ha ha. Äh, ähm. Geraten?"

Sein Lachen war gezwungen, das bemerkte selbst jemand, der ihn nicht kannte. Kim sah auch nicht wirklich aus, als ob sie es ihm abnahm.

"Hör zu Kimmy, ich... es ist ja egal, wie alt oder jung jemand ist. Er... er scheint dich ja glücklich zu machen. Ich bin der Letzte, der dich dafür verurteilt."

Irgendwie fühlte es sich an, als würde er grade auf dem Rand eines sehr aktiven Vulkans umher tanzen. Taumeln. Von Kim kam nichts. Sie blickte ihn weiter an, wie ein Raubtier, dass dabei zu sah, wie seine Beute sich immer mehr in seine Nähe begab.

"Alex... ist da nicht so ganz so... ähm tolerant. Das ist aber völlig normales Bruder-Trottel-Verhalten. Glaube mir. Er macht sich halt Sorgen. Es gibt so viele schlechte Menschen da draußen und er hat halt Angst, das Franky einer davon ist. ... Auch wenn er das nicht ist, okay? Okay?"

Kims Lippen wurden zu einem schmalen Strich zusammen gepresst. Das bedeutete absolut gar nichts Gutes. Im Lügen und verbergen war er so grottenschlecht. Nach wie vor.

"Alex. Du hast mit ihm gesprochen."

"Nein, nein gesprochen habe ich nicht mit ihm. Ich schwöre es!"

Gelogen war dies zumindest nicht. Er hatte mit ihm nicht gesprochen, nur geschrieben. Sein Handy leuchtete auf der Sofa Lehne auf. Die Vibration war nicht zu hören, durch das Polster. Dafür war der Name des Anrufers sehr deutlich zu erkennen.

`Verdammt nicht jetzt! Alex, verdammt!´

"Ich hätte es wissen müssen. Ihr steckt beide unter einer Decke! Und ich hab gedacht, dass ich mit dir vernünftig reden kann. Ich dachte, du würdest mich verstehe. Ich dachte, du wärst mein Freund!", schrie sie nun wieder zornig, sprang auf und begann in Richtung Tür abzumarschieren.

Das Handy ignorierend erhob sich nun auch Danny, um ihr nach zu setzen.

"Kimmy, warte. Es ist nicht so wie es aussieht. Wirklich nicht! Kimmy, lass mich -"

"Hör auf mich Kimmy zu nennen. Ich bin kein kleines Kind mehr! Hör auf!"

"Kimm -. Kim. Warte bitte."

Er versuchte nach ihrem Handgelenk zu greifen, doch mit einer schnelleren Reaktion entzog sie ihm dieses noch bevor er es erreichen konnte.

"Du kannst meinem Bruder sagen, er kann mich mal! Und wage es ja nicht mir nachzuspionieren!"

`Verdammt sie kennt ihren Bruder so gut´, dachte er bei sich.

Dann riss sie die Tür auf und bog nach rechts ab in Richtung Treppenaufgang, statt nach links zu den Fahrstühlen. Die widerhallenden Wände gaben ihm zu verstehen, dass sie wieder zu weinen begonnen hatte.

"Kim, warte! Hör mir doch nur einen Augenblick zu", setzte Danny an und wollte ihr nach eilen.

Verdammt, wieso musste es so schief gehen. Wer wusste schon was ihr passieren würde, wenn sie in dieser Verfassung auf die Straße zu hielt. In seinem Kopf begannen sich mehrere Szenarien abzuspielen und irgendwie endeten die meisten mit einer Blut überströmten Kim. Um so erleichterter war er, als sich Kim zu ihm umdrehte. Ihre geröteten, verweinten Augen blickten zu ihm. Im selben Augenblick schlangen sich zwei Arme von der Seite um seinen Hals.

"Hi Danny", flüsterte eine Frauenstimme in sein Ohr.

Sein Kopf wandte sich der wohl bekannten Stimme zu und sogleich spürte er zwei Lippen auf den seinigen. Aus dem Augenwinkel, sah er, wie sich Kim umdrehte und weiter Richtung Treppenhaus lief.

`Verdammte Kacke! Ausgerechnet jetzt, Ashley?´

Der Kuss wurde von ihm je unterbrochen und er drehte nun wieder seinen Kopf in Kims Richtung, welche aber bereits nicht mehr zusehen war. Nur schwach nahm er den Widerhall ihrer Schuhe von der Treppe her war. Oder bildete er sich ein sie noch hören zu können?

"Wer war die Kleine?", fragte die Frauenstimme,"Hast du eine Neue ohne es mir zu sagen?"

"Hey Danny... oh störe ich grade?", tauchte nun noch eine männliche Stimme links hinter Ashley und ihm auf.

Sein Blick wandte sich zur anderen Seite, wo nun Ringo in sein Sichtfeld kam. Er musste wirklich heute Zucker in den Taschen haben und zwar Tonnenweise!

"Ashley, das war Kim, die Schwester meines Kumpels Alex. Ringo verpiss dich", sagte er, während er sich etwas grob aus Ashleys Umarmung befreite, nur um dann Anstalten zu machen, Kim doch noch zu folgen.

"Aha. Warum willst du ihr nach? Lass uns doch lieber etwas zusammen machen, Daniel."

"Wenn ich ähm, kurz noch vorher stören kann. Danny. Ich weiß, dass ich Fehler gemacht habe, aber dieses Angebot hier… ."

Kim war definitiv weg, stellte Danny fest und, so hoffte er, ohne irgendwelche Blessuren. Einen Knall hatte er nicht gehört, das war schon mal viel Wert, dennoch würde er zur Sicherheit gleich ebenfalls runter gehen und nach ihr schauen. Spionieren hin oder her, er wollte seine Angst beruhigen. Genervt fuhr er sich dann durch das Haar und drehte sich zu den Beiden um.

"Ringo, raff es endlich. Ich will nichts mehr mit dir zu tun haben! VERPISS DICH ENDLICH! Und Ashley, ich.. ich hab gerade keine Zeit für dich, können wir nächstes Mal was machen?"

Ashley hob vernichtend eine Augenbraue: "Tze. Vergiss es Danny. Denkst du jemand wie ich lässt sich versetzen? Wegen einem kleinen Teenie-Flittchen? Dann lauf ihr nach, wenn ich dir nicht gut genug bin."

`Sie ist die Schwester meines besten Freundes, du toupierte Deppin´, entließ Danny in Gedanken.

Weiterhin genervt ging er in seine Wohnung und knallte sowohl Ringo, als auch Ashley, welche wohl darauf wartete, dass Danny sie bekniete zu bleiben, die Tür vor der Nase zu. In einem kurzen Moment fragte er sich, was er an Ashley so klasse gefunden hatte. Sein Kopf meldete, dass es ihr wirklich attraktiver Modelkörper war. Doch Kim als Flittchen zu bezeichnen, war definitiv zu viel des Guten. Etwas, was er beim besten Willen nicht akzeptieren konnte. Kim war lieb, nett, fröhlich und so unfassbar niedlich, wenn ihr Temperament aufbrauste. Dies stellte er nun wieder einmal fest, als er das Stimmengewirr von Draußen aussperrte und die Stille sich zurück meldete. Erschöpft ging er zum Sofa, wo das Handy zum wiederholten Male - oder immer noch, wer wusste das schon - aufleuchtet. Er nahm mit einer lässigen Bewegung das Handy auf und den Anruf an.

"Du bist ein mega Arsch Alex", sagte er noch bevor dieser sprach.

"Hä? Wieso? Wieso bist du auf ihrer Seite?"

"Ich bin auf gar keiner Seite verdammt noch mal. Hört auf mich wie ein Tau hin und her zuziehen", sagte er zornig, dann holte er tief Luft, "Wegen dir ist Kim weg, im Übrigen soll ich dir von ihr ausrichten, dass du sie mal kannst, und sauer auf mich ist sie auch. Ich hab Ashley verloren und Ringo habe ich deinetwegen auch noch ertragen müssen."

Dass er eigentlich froh war Ashley los zu sein, nachdem wie sie sich gerade verhalten hatte, sagte er Alex nicht. Dieser sollte sich jetzt auch so schlecht fühlen, wie er sich die letzte halbe Stunde hatte fühlen müssen. Zumindest ein wenig.

Schweigen.

"Das mit Ashley tut mir Leid... ich...."

"Lass mich erst mal in Ruhe, ja? Und red mal mit deinem Vater, der bestärkt Kimmy bei der Beziehung mit Franky."

"Wa - Was? Ich... okay."

"Bis dann."

Er wartete nicht bis Alex antwortete und legte auf. Anschließend schmiss er sein Handy auf den Tisch und starrte die Decke an, um sich dann müde über die Augen zu fahren. Er ging zu seinem Fenster, blickte hinab zur Straße. Auf dieser Seite war Kim nicht zusehen und der Verkehr floss ganz gemächlich vor sich hin. Hoffentlich machte Kim jetzt nichts Dummes. Hoffentlich passierte ihr nichts. Verdammt! Er wandte seinen Blick ab vom Fenster und starrte in Richtung Wohnungstür. Er musste ihr nach und die andere Seite des Appartementblocks absuchen. Aber vor seiner Tür standen sicherlich noch die anderen Beiden. Er wurde das Gefühl nicht los, dass hier etwas mächtig gegen den Baum lief. Irgendwie fühlte er sich, wie ein Raubtier in einem Zirkuskäfig.

Ein Unglück kommt selten allein

Die Straße auf der anderen Seite seines Wohnblocks war leer gewesen. Abgesehen von den Autos mit all den Menschen, die in ihren Feierabend fuhren. Abgesehen von den Leuten, die sich mit ihren Liebsten trafen zu einem Ausflug in die Stadt oder sonst wohin. Von Kim jedoch war weit und breit nichts zu sehen gewesen. War wohl zu erwarten gewesen, er hatte einfach zu lange gebraucht, um ihr zu folgen. Er hatte nur noch ein paar Minuten verstreichen lassen, ehe er hinaus gekommen war und natürlich hatten Ashley und Ringo noch auf ihn gewartet. Während Ringo sich mit einem bösen Blick hatte einschüchtern lassen, war Ashley nicht ganz so leicht abzuschütteln. Auf dem Weg zum Treppenhaus – und auch schon, als er nach seinen Wohnungsschlüsseln hatte angeln müssen, mal wieder – hatte sie ihn belagert. Angeschrien, beschwörend auf ihn eingeredet. Irgendwie war es das Gefühl nicht los geworden, dass sie mehr an der Beziehung hing als er. Wenn man es überhaupt eine ernsthafte Beziehung schon nennen konnte. Sie dateten sich seit einigen Wochen und waren sich körperlich auch etwas näher, als nur Händchen halten gekommen. Allerdings war nicht das eingetreten, was sich Danny erhofft hatte, als er mit Ashley begann seine Freizeit zu verbringen. Er hatte es dennoch weiter laufen lassen, immer wieder mit der Hoffnung, dass es sich noch in die gewünschte Richtung entwickeln würde.
 

Hey Kim. Ich nochmal, es tut mir wirklich Leid, wie es gestern gelaufen ist. Es ist okay, wenn du nicht mit mir sprechen magst. Aber bitte gib mir ein kurzes Zeichen, dass alles gut bei dir ist, ja? Ich bin für dich da.
 

Verschlafen schickte Danny die What‘s App Nachricht an Kim ab. Seine SMSen vom Vorabend waren unbeantwortet geblieben, was zugegeben ein ungutes Gefühl in ihm auslöste. Vielleicht machte er sich auch zu viele Sorgen, wäre auch nichts Neues. Kurzzeitig kam ihm in der Nacht der Gedanke, dass Kim sich erdrückt von den beiden fühlen musste. Von Alex ihrem eigentlichen Bruder und von ihm, dem Aushilfsbruder. Dabei lag ihm genau das fern. Neben den Nachrichten an Kim waren noch einige böse von Ashley eingegangen. Auf sämtlichen Kanälen, die ihr bei ihm zur Verfügung standen. Diese Frau war wirklich sehr anhänglich und irgendwie konnte sie das Ende nicht akzeptieren. Ein Ende, die sie selbst gesetzt hatte. Er musste Alex und Kim wirklich noch danken für diese recht frühzeitige Erlösung von ihr. Dies würde aber definitiv später erfolgen und nicht in den nächsten Tagen, vielleicht auch gar nicht. Es kam ganz darauf an, wie sich diese ganze Sache nun auflösen würde, wenn sie es denn tat.

Sein Handy gab ein erneutes Pling von sich und verkündete, dass Ashley Rivers ihren Beziehungsstatus auf Facebook auf Single geändert hatte. Danny beschloss es ihr gleich zu tun. Später. Jetzt hatte er dafür keine Zeit. Butler hatte heute früh ein „Minitraining“, sowie eine Besprechung angesetzt und beide Sachen waren keine guten Gelegenheiten zu spät zukommen. Generell war es nie eine gute Idee zu spät zukommen.

Danny zog sein Trikot, sowie passende Hose dazu, an und warf sich seine Trainingsjacke über die Schultern, während er ins Badezimmer ging. Dort hingen seine, mittlerweile trockenen Sachen, immer noch achtlos über den Duschwänden. Um diese würde er sich auch kümmern. Später.

Zwei volle Hände mit kalten Wasser ins Gesicht sorgten dafür, dass vorerst seine müden Augen wacher wurden. Der Reflex sie immer wieder zufallen zulassen verschwand. Anschließend stylte er ein wenig lustlos seine Haartolle auf dem Kopf und sprühte seine Achseln mit Deodorant ein. Ein prüfender Spiegelblick überzeugte ihn, dass er sich so zumindest raus in die Welt trauen konnte. Der Brünette zog seine Jacke an und stopfte sein Handy, nachdem er es zur Stummheit verdonnerte, in seine Jackentasche. Im vorbeigehen an der Kommode griff er dieses Mal gleich nach seinem Schlüssel in der Schüssel – oder Schale wie ihn irgendwie alle Frauen darauf hinwiesen, da es sich dabei wohl um einen Unterschied handelte, den er partout nicht erkennen oder sich merken konnte – und verließ dann seine Wohnung.
 

„Morgen Williams“, begrüßte ihn Butler etwas erstaunt.

„Morgen Mister Butler“, erwiderte Danny und blickte sich genauso verwundert um, als er auf dem Platz noch niemanden sah.

In der Umkleide, wo er seine Jacke verstaut hatte, hatte er sich noch nicht wirklich gewundert, im Gegenteil er hatte sich sogar beeilt, weil er dachte, er sei zu spät dran. Nun jedoch… .

„Bist früh dran. Zufall oder kann ich mich jetzt immer darauf einstellen, dass du eine Stunde früher da bist?“

Butler verteilte einige Kegel auf dem Trainingsplatz. Danny hatte sich unaufgefordert die anderen geschnappt und trottet ihm nun hinterher, um ihn weiter damit zu versorgen. Seine Worte sorgten für ein kurzes Stirnrunzeln bei dem Jüngeren. Hatte er sich wirklich so verguckt auf dem Wecker? Oder hatte er sich am Vortag nur verhört und sich die Zeit falsch gemerkt? Oder hatte er sie nach dem ganzen Hickhack falsch aus dem Gedächtnis abgerufen? Was auch immer es war, er war zumindest nicht zu spät.

„Ich denke Zufall“, antwortete er seinem Trainer.

Butler schien noch etwas sagen zu wollen, überlegte es sich jedoch anders, wie es schien und so arbeiteten sie weiter schweigsam nebeneinander her. Als die Hütchen verteilt waren, ging es an den Behang des einen Tores mit einigen Zielscheiben. Diese eher weniger fordernde Aufgabe entlockte dem Williams einen herzhaften, leisen Gähner. Seine Augen begannen wieder müde zu werden. Sie fingen leicht zu brennen an, von dem Reflex des Zufallens ganz abgesehen.

„Kurze Nacht, Williams?“, fragte Butler wie aus dem Nichts, was Danny hochschrecken lies.

„Ähm… ach jein. Vielleicht ein bisschen.“

„Ich rate dir die nächsten Tage mehr zu schlafen. Ich brauche einen wachen Stürmer.“

„Geht klar, Chef. Sie werden beim Training nachher sehen, dass mich die eine kurze Nacht nicht beeinflusst.“

„Das glaube ich dir gerne. Es geht mir auch nicht um diese eine Nacht, sondern um die folgenden.“

Danny nickte verstehend und unterdrückte einen weiteren Gähner.

„Danny? Was zum Geier? Haha, dass ich das mal erleben darf. Den Tag muss ich mir gleich ankreuzen. Haha.“

Der Brünette drehte sich um, während er die Zielscheibe festhielt, welche Butler gerade am Tor befestigte. Sein einer Innenverteidiger James Morrison kam auf ihn zu. Normalerweise immer der erste der Mannschaft, der erschien und somit normalerweise auch Butler half.

„Hi James.“

„Wer hat dich aus dem Bett gestoßen? Warst du nicht zärtlich genug zu ihr oder wie?“, grinste dieser schelmisch und gab ihm einen leichten Ellenbogenstoß in die Seite.

„Pff. Ich bin immer zärtlich. Ich wollte mich heute auch mal bei Butler einschleimen, wie du sonst.“

„Natürlich. Erfolgreich? Ich hab zu dem Zeitpunkt schon drei Lobe und eine Verlängerung meiner Pause um fünf Minuten gehabt. Was hast du raus geholt?“, lachte der andere.

„Ihr sprüht ja vor Energie, dann wollen wir die noch etwas weiter anheizen. Vier Runden um den Platz laufen und zwar zügig!“, befahl Butler, welcher mit dem Tor fertig war und dem Gerede zugehört hatte.

„Geht klar“, meinte Danny und begann zu Grinsen.

In Morrisons Richtung zog er eine Grimasse, die dieser erwiderte, als Butler außerhalb ihrer Sichtweite war.
 

Vier Runden, eine halbe Stunde Aufwärmen, 50 Torschüsse, 45 Minuten Dribbling Übungen, eine Stunde Taktik Übungen und acht weiteren Straflaufrunden – laut Butlers Aussage waren die Herren heute Schwatzfreudiger als die Damenfußballerinnen – später war das Minitraining beendet. Ausgepowert, aber immer noch etwas aufgedreht, wuschen sich die Männer die verschwitzen Körper unter der Dusche. Lautes Lachen und Rufe schallten von allen Wänden des Umkleidebereichs.

„Geiles Training. Aber Danny nicht vergessen: „Deine Kopfbälle müssen noch präziser werden““, lachte Steven Wade, einer der Mittelfeldspieler und äffte dabei den Ton und die Geste ihres Trainers nach.

Danny lachte halbherzig und beantwortete das Ganze mit einer doppelten Bejahung. Was deutlich machte, dass ihm das Ganze ziemlich am frisch geduschtem Hintern vorbei ging. Mit einem Handtuch um die Hüfte und einem weiteren Handtuch die Haare trocknend – wozu hatte er sie sich überhaupt gestylt, war wieder die Frage – ging er zu seinem Spind herüber. Er öffnete die Tür und wühlte in seinen Sachen herum.

Etwas war anders als sonst. Von der Sache mit Kim mal abgesehen, an die er aber zugegeben die ganze Trainingszeit nicht hatte denken müssen. Dafür hatte Butler gesorgt. Gerade ihn hatte er auf dem Kieker gehabt. Gut oft lag er im Fokus, was an seiner Art und Weise lag, aber heute war es stärker als sonst. Jeden noch so kleinen Fehler hatte Butler angezählt. Er hatte ihn immer wieder zur Seite genommen und auf ihn eingeredet oder hatte einfach seine Unzufriedenheit bezüglich Danny quer über den Platz gebrüllt. Danny fragte sich wirklich, was dem Mann über die Leber gelaufen war.

„Na ich wusste es doch. Danny hat einen doppelten Boden in seinem Spind und versteckt Bierchen vor uns Jungs.“

Die Stimme nah bei seinem Kopf, ließ ihn herum wirbeln. Dies wiederum verleitete den Spind dazu einen Großteil des Inhalts auf den Boden zu kotzen.

„Alter, Juan! Was soll der Scheiß?“, giftete er diesen zornig an und bückte sich um sein Ersatzshirt, seine Jogginghose, sowie seine Wasserflasche aufzuheben.

Sein Oberkörper glitzerte, durch die immer noch anhaftenden Wassertropfen, im Licht und eine leichte Gänsehaut flackerte auf, als ein kühler Luftzug aus den Duschräumen in die Umkleide huschte.

„Hey, hey, war doch nur ein Spaß, Danny. Was biste denn so gereizt gleich.“

Sein Haarhandtuch wanderte zu seinem Oberkörper und trocknete nun diesen ab. Mit verzogenen Mundwinkeln und ohne Antwort wandte er sich zu seinem Spind. Er zog aus diesem die Reserveunterwäsche aus einem kleinen Beutel und stopfte die herausgefallenen Sachen achtlos in den Spind zurück.

„Lass ihn, er hatte heute ‘nen scheiß Tag, Juan. Er war heute erster, musste Butler helfen und dann hat er ihn ja heute ziemlich runter gebügelt. Warst anscheinend sein Liebling.“

Morrison lächelte leicht.

„Scheint so“, murmelte er.

Ein kräftiger Schulterschlag folgte und Danny biss sich auf die Innenseite seiner Lippe. Kein Schmerz zeigen, niemals bei den Jungs. Im Hintergrund öffnete sich eine Tür, was aber die meisten auf Grund des immer noch dominanten Gemurmels nicht mitbekamen. Er selbst registriert es auch nur halb.

„Ach, morgen ist alles wieder besser. Sorry, Danny. Tust mir echt leid, dass du heute Butlers Tageskandidat warst. Wahrscheinlich hat er Stress mit seiner Frau, oder sie lässt ihn aktuell nicht ran.“

Gelächter flackerte auf, doch Danny konnte es nur ein müdes Grinsen abgewinnen. Ein Räuspern, recht leise, sorgte für plötzliche Totenstille. Der akustische Abbruch holte Danny in die Gegenwart und während er sich nun seine Jogginghose anzog, wandte er sich um.

Butler stand im Raum. Nach seinem Gesichtsausdruck zu urteilen, hatte er Juans Worte ziemlich gut vernehmen können.

„Wie ich sehe herrscht immer noch viel Energie hier. Besonders bei Mister Neykurj. Sie haben Glück, dass ich noch mit dem Vorstand einen Termin habe, sonst könnten sie alle noch ein paar Runden drehen. Neykurj, du wirst im Anschluss zu meiner Ankündigung dennoch ein paar Runden laufen. Ich denke zehn dürften reichen.“

„Aber Trainer, ich -“

„Ja, ist ein bisschen wenig. Zwölf sind besser. Danke für den Hinweis. Wer auch nur auf die Idee kommt zu lachen, kann sich Mister Neykurj anschließen“, klärte Butler kurz die Fronten.

Die Köpfe der anderen senkten sich und jeder bemühte sich an etwas sehr unlustiges zu denken.

Als die gewünschte Ruhe nun eingetreten war, räusperte sich Butler ein weiteres Mal.

„Mein Herren, wie sie sich denken können, hat sich etwas kurzfristiges ergeben. Der Vorstand war von ihrer letzten Leistung nicht wirklich überzeugt. In der Championsleague sind sie hervorragend aber in der eigenen Liga sehr wechselhaft. Der Vorstand wünscht mehr Routine, mehr Kontrolle. Auf Grund dessen wurde ich gebeten weitere Spiele, sogenannte Freundschaftsspiele, für sie zu organisieren mit anderen Mannschaften. In drei Tagen erwarten wir hier im Stadion die Mannschaft von Paris Saint-Germain. Ich erwarte Siege meine Herren und bei der besagten Mannschaft fangen wir an damit.“

Während Butlers Worte noch eine Weile im Raum stehen blieben, krampfte sich etwas in Dannys Magengegend zusammen. Paris Saint-Germain. Ausgerechnet gegen die. Es war nicht so, dass er sie fürchtete. Nein, es lag eher daran, dass er sie hasste. Besser gesagt eine Person aus der Mannschaft. Terry Williams. Sein älterer Bruder. Zwischen beiden begann eine Art Feindschaft, seit dem sich herauskristallisiert hatte, dass sie eine Schwäche für Fußball hatten. Danny hatte eine Art Talent und Terry ein unbrechbaren Ehrgeiz. Ob es Neid bezüglich seines Talents war oder einfach seinem Ehrgeiz geschuldet, wusste der Brünette nicht. Doch schon in der Kindheit begann Terry einen Wettkampf für sie beide, wer der Beste war. Die meisten Siege hatte dabei laut seiner Mutter Terry eingefahren. Leicht schüttelte er den Kopf und schaute wieder auf. Erst jetzt bemerkte der Williams, dass einige Augenpaare, darunter auch die von Butler, auf ihn gerichtet waren. Hatte er was verpasst?

„Alles klar?“, fragte er.

„Das frage ich dich, Danny“, erwiderte Butler und musterte ihn eindringlich.

„Ja. Ja, klar alles bestens. Machen wir die Versager platt.“

Mit einem künstlichen, strahlenden Lächeln und einer hochgereckten Faust, versuchte er Kampfgeist und Siegessicherheit auszustrahlen. Ein kurzer Moment der Stille, doch dann, bevor sein Lächeln beginnen konnte zu verblassen, erhob sich James Morrison plötzlich und tat ihm die Geste gleich.

„Natürlich machen wir sie fertig. Wer sind die Besten?“

„WIR!“, kam es einstimmig und etwas euphorischer als nötig vom restlichen Team.

„Okay, okay. Sehr gut. Dann sehen wir uns morgen um sieben Uhr zu einem weiteren Training. Meine Herren, kein Alkohol, keine kurzen Nächte und haltet euch mit der Eroberung der Damenwelt etwas zurück. Verstanden?“
 

Selbstverständlich hatten sie verstanden. Danny hatte aktuell eh kein gesteigertes Interesse an der Damenwelt. Ashley war sauer und weg, genauso wie Kim, um welche er sich immer noch sorgte. Mit dem Dreckwäschebeutel über der Schulter trottete er in Richtung Zuhause. Der Tag war bisher ziemlich gebraucht. Wie erwartet war er nun nach dem Training wach und erneut ins Bett fallen kam nur bedingt in Frage. Sein Inneres war aufgewühlt, seine Gedanken nicht zu fassen und die bloße Vorstellung jetzt gleich auf dem Bett oder Sofa zu liegen, machte ihn hibbelig. Mit einem beherzten Stoß öffnete er die Tür. Der Wäschesack bekam seinen Strafplatz neben der Kommode. Darum würde er sich kümmern. Später. Jetzt wollte er nur noch eines. Er griff seine Kopfhörer vom Computertisch im Schlafzimmer und verkabelte sie mit seinem Handy. Während er die Musikplaylist raus suchte, fiel die Tür wieder ins Schloss und ein Klacken war zu vernehmen, als der Schüssel sich drehte. Butler war sowieso immer der Meinung, sie sollten mehr für ihre Kondition tun. Dann würde er dies heute sogar mal tun. Wenn Butler das sehen würde, er würde ihn zum Arzt schleppen und diesen fragen, was nicht mit dem Williams stimmte.
 

Die Straßen zogen nur an ihm vorbei, die Menschen um ihn verschwammen zu bunten Punkten und den einsetzenden Regen hatte er nicht mal wirklich wahrgenommen. Die Musik, die über seine Ohren seinen Kopf mit Rhythmus flutete, hatte schon längst die Kontrolle über seinen gesamten Körper erlangt. Wohin er lief? Er wusste es nicht, seine Beine schienen ein eigenes Ziel zu haben und es war ihm auch egal. Sein Atem ging gleichmäßig schnell und tief. Seine Arme bewegten sich im gegensätzlichen Takt der Beine. Der Wunsch beim Joggen seine Gedanken ordnen zu können, sie zu Ende zu denken, war jedoch nicht in Erfüllung gegangen. Im Gegenteil, auch dort hatte die Musik die Oberhand und einen wahren Gedankenstrudel entfacht. Kim flackerte immer wieder auf darin, aber auch Terry nahm einen viel zu großen Platz dort ein. Es kam mal wieder alles auf einmal. Das Schicksal – sofern man daran glaubte - war wohl wirklich eine verbitterte alte Hexe. Sie schien sich mit Butler gegen ihn verbündet zu haben. Blödsinn. Erneut wurde Terry ausgespuckt von dem Strudel. Wieso musste es ausgerechnet diese Mannschaft sein? War es ein schlechter Scherz von Butler? Wollte er ein erneutes Bruderduell? Hatte ihm das damalige nicht gereicht? Wollte er wissen, ob Danny sich weiter entwickelt hatte und Terry weiterhin das Wasser reichen konnte? Nein, im Ernst, wie hoch war die verfickte Wahrscheinlichkeit, dass von allen Mannschaften auf diesen verfluchten Planeten, es ausgerechnet diese sein musste? Es war doch wirklich zum Knochen kotzen.

Da war Kimmy!

Sein Blick war teilnahmslos umher geschweift, wobei sein Augenwinkel rechts eine Person nebensächlich ausmachte, die ihm bekannt vor kam. Ruckartig fuhr er nach rechts um, die Frau mit ihrem Schirm ignorierend, die fast in ihn hinein gelaufen wäre und sich entsprechend tonlos empörte.

„KIMM-, KIM!“, schrie er herüber und rannte los.

Quietschende Reifen und ein leichter Stoß gegen sein Bein ließen ihn zur Seite taumeln. Ein lautes Hupen von der anderen Seite konnte sich dann endgültig durch die Musik in seinen Ohren drängen und forderte seine volle Aufmerksamkeit. Der Strudel aus nicht zu greifenden Gedanken verebbte augenblicklich, fiel zusammen wie ein instabiles Kartenhaus. Seine Hand fand halt auf einer nassen, warmen und recht glatten Oberfläche. Das Rauschen in seinen Ohren war so laut, dass es die Musik in den Hintergrund drängte. Für einen Moment herrschte Stille, dann brach jedoch ein Schwall von Stimmengewirr auf ihn nieder. Welches mit einem unliebsamen Ruck an seinem Ohr, das Rauschen und die Musik übertönte.

„Um Himmelswillen, habe ich Sie verletzt?“, fragte eine Frau panisch und stieg zittrig aus ihrem Wagen.

„Sind Sie verrückt geworden, junger Mann? Sie können doch nicht einfach so auf die Straße rennen!“, schrie eine Männerstimme dicht hinter ihm, dessen Hand nun den einen Knopfkopfhörer los lies, sodass dieser achtlos herunter hing.

„Kimmy“, murmelte Danny und wandte den Kopf in die Richtung, in welche er hatte gehen wollen.

Da, da stand sie. Brünett, zierlich und… gepierct? Tätowiert? Nein. Nein, dass war nicht Kimmy. Das war nur irgendwer. Die junge Frau hatte sich, wie einige andere, zu der Szene umgedreht.

„Hey? Hören Sie überhaupt zu?“, donnerte die Männerstimme auf ihn ein.

Danny blinzelte leicht, ehe sich von der gepiercten und tätowierten Person los reißen konnte, welche sich nun wieder zum Gehen umwand.

„Was? Wie?“, fragte er dann verwirrt.

Der Mann hinter ihm schnaufte genervt auf, doch bevor er seine Frage im wahrscheinlich barscheren Ton erneut formulieren konnte, kam ihm die Frau aus dem anderen Wagen zu vor.

„Sind Sie verletzt? Brauchen Sie einen Arzt?“

„Nein, nein. Alles in Ordnung, ich bin nicht verletzt. Tut mir leid für den Ärger und Schreck, ich… ich war unaufmerksam.“

„Mit den Dingern im Ohr ja auch kein Wunder. Ich sage es immer wieder, diese Jugend heutzutage...“

„Hey ist das nicht Danny Williams?!“

Die Kinderstimme ließ ihn kurz erstarren. Nein, es war keine Seltenheit mehr für ihn erkannt zu werden auf der Straße. Normalerweise freute er sich auch darüber, aber gerade konnte er es absolut nicht gebrauchen. Der eben noch verärgerte Mann sah ihn nun forschend an und räusperte sich.

„Ähm… sind… sind Sie wirklich Mister Danny Williams von Liverpool? Wissen Sie, dass… also eben… .“

„Nein, nein. Haha. Es passiert immer wieder, dass man mich mit dem verwechselt. Ich sollte mir echt mal eine andere Frisur zu legen. Es tut mir wirklich leid. Ich werde mehr aufpassen. Versprochen.“

Ein wenig eilig schlängelte sich Danny aus der Situation heraus und noch bevor der kleine Junge ihn hätte auffliegen lassen können, verschmolz er mit der Menschenmasse auf der Seite wo noch zuvor seine vermeintliche Kim gestanden hatte.
 

Nach diesem Vorfall hatte er dann doch die Kontrolle über seine Beine zurück gefordert. Statt weiterhin einem unbekannten Weg zu einem ihm unbekannten Ziel zu folgen, war er wieder zurück gekehrt in sein Appartement. Endlich wieder müde und erschöpft schloss er die Tür hinter sich. Auf seinem Handy war leider immer noch nichts von Kim eingegangen. Er schloss die Playlist auf diesem, legte es samt Kopfhörer auf den Wohnzimmertisch und schleppte dann halbherzig den Wäschebeutel vom Flur ins Badezimmer vor die Waschmaschine. Seine erneut nassen Sachen, sowie die Kleidung von gestern und aus dem Sack, bekamen eine gratis Fahrt durch die Waschtrommel. Halbherzig widmete er sich dann seinem Kühlschrank und stellte nüchtern fest, dass er sich morgen wohl wieder dem Einkauf widmen musste. Für heute würde es sicherlich noch reichen. Irgendwas mischte er immer zusammen. Manchmal musste es nicht schmecken, sondern einfach nur satt machen. Mit seinem bunt gewürfelten, ziemlich späten Mittagessen, ließ er sich wieder auf sein Sofa Plumpsen. Die Füße wanderten automatisch auf den Tisch vor sich und eine kleine Handbewegung später rieselte das Fernsehprogramm irgendeines Senders auf ihn nieder. Nebenbei tätschelte sein Daumen das Handydisplay hin und her. Auf der Suche nach irgendwelchen News, irgendetwas.
 

Ein Lied seines Handys hatte ihn aus seinen Träumen zurück geleitet. Um ihn herum war es dunkel, nur schwache Lichtstrahlen von den außerhalb stehenden Laternen drangen in seine Wohnung. Schlaftrunken fuhr er sich über seine Augen, welche noch immer Schwierigkeiten hatten offen zu bleiben. Irgendwann nach dem Essen schien es ihn wohl übermannt zu haben. Er vermutete, dass es während der Nachrichten gewesen sein musste, zumindest meinte er sich daran zu erinnern, dass Russland und die USA sich wieder in der Wolle zu haben schienen. War eigentlich auch nichts Neues mehr. Das Lied war wieder verstummt und nun leuchtete das Handy nur noch schwach. Bevor es vollkommen abdunkelte, griff Danny nach diesem und wischte mit dem Daumen ein helleres Displaylicht herbei. Ein Anruf in Abwesenheit war eingegangen. Wer konnte es sein? Um diese Zeit. Laut Telefon war es bereits 22 Uhr, eigentlich höchste Zeit für ihn vom Sofa ins Bett umzuziehen, wenn er morgen weniger Gähnen wollte. Noch bevor er seiner Neugier nachgehen konnte, sang das Telefon erneut auf und der Name auf dem Display ließ ihn unruhig werden. Hektisch nahm er den Anruf an.

„Kimm.. Kim? Alles in Ordnung? Was ist los?“

Laute Geräusche drangen an sein Ohr, bis schließlich eine zartere Stimme in den Vordergrund drang.

„Dan-ny? Bischt du des?“

„Ja. Ja, Kim, ich bin‘s Danny. Was ist los?“

Am anderen Ende schluchzte die Brünette leicht auf. Es dauerte eine Weile und Danny befürchtete, dass sie ihn nicht verstanden haben könnte. Bei der Unruhe im Hintergrund kein Wunder. Um Himmelswillen, wo steckte sie denn?

„Denschy, kannse misch helfen. Ise weiß nüsch wie… wo… isch will nach hauese.“

War sie betrunken? Oder hatte sie etwa… . Nein daran wollte er gar nicht erst denken. Schnell widmete er sich wieder Kim.

„Klar helfe ich dir. Wo bist du denn?“

Wieder dauerte es eine Weile bis sie antwortete.

„Weiß nisch.“

„Bist du in einem Pub?“

„Ja…. Weiß nich.“

„Sitzt du an einem Tresen?“

„Ja. Hihihi“, kicherte sie, wie ein kleines Mädchen.

„Gib mir mal den Barkeeper.“

„Okaysch.“

Danny hörte, wie der Hintergrundpegel klarer wurde, als der Hörer fort gegeben wurde. Dumpf hörte er noch Kims Stimme, wie sie jemanden – wahrscheinlich lauter als notwendig – sagte, sie wolle das Telefon wieder haben.

„Beim Beschwipsten Schwan, wer ist da?“

„Ähm hallo. Ich bin Daniel Williams. Ich-.“

„Danny, du Ente. Gibt es dich auch noch.“

Der Mann am anderen Ende lachte amüsiert. Bei Danny selbst dauerte es eine Weile, bis es Klick im Kopf machte und er der Stimme, samt Pub Namen endlich jemanden zuordnen konnte.

„Jeffrey, Mensch ich hab dich fast nicht mehr erkannt.“

„Liegt daran, dass du zu selten hier bist. Wann kommst du mal wieder vorbei. Spendier dir auch ‘nen Trink.“

„Hm, vorbei kommen, werde ich wohl gleich. Nur der Trink muss warten bis zum Ende der Saison. Du weißt ja.“

„Ja, ja, dein Fußball schon klar. Ihr spielt zur Zeit aber echt für die Tonne in der Heimatliga, ihr verhagelt mir das Geschäft.“

„Wir arbeiten an Besserung versprochen.“

„Na hoffentlich.“

„Sag, ist die Dame von der du das Telefon hast alleine bei euch?“

„Die Kleine? Na ja sie kam mit einem Mann, aber der ist… aktuell nicht da. Sie hat glaube ich sich auch etwas übernommen.“

„Ja, das fürchte ich auch. Wäre super wenn du ihr nichts mehr gibst.“

„Kann ich machen, aber was springt dafür mich raus? Kennst du sie eigentlich? Ist sie dein neuer Zeitvertreib?“

„Quatsch, sie ist die Schwester eines Freundes und… ich soll sie etwas im Auge behalten. Sag, hat Aaron heute Dienst?“

„Tja, du hast Glück wie immer, Dan. Ja, Aaron hat Dienst. Wieso?“

„Sag ihm bitte er soll auf Kim aufpassen, bis ich da bin und sie abhole. Kannst ihm sagen, dass wir dann quitt sind. Er versteht es schon, keine Bange. Und was für dich raus springt, wenn du ihr den Zapfharn verwehrst. Ein anonymer Tipp, dass in drei Tagen Liverpool gegen Paris Saint-Germain ein Freundschaftsspiel austrägt. Top Secret, du verstehst. Wollen sie wohl erst kurz vorher bekannt geben.“

Das Lächeln hörte Danny deutlich durch den Hörer, als sein Gesprächspartner antwortete.

„Oh ich verstehe sehr gut. Besten Dank Danny. Dafür stell ich ihr gerne den Hahn ab. Dass mit Aaron mache ich auch klar. Aber trödel nicht, heute ist viel los.“

„Bestimmt nicht Jeffrey.“

Schon während des letzten Teils des Telefonats war er bereits aufgestanden und hatte sich seine Jacke im Flur gegriffen. Wenige Sekunden später fiel die Tür ins Schloss.
 

Es hatte doch knappe 25 Minuten gedauert, statt wie sonst 15 Minuten. Es war Feierabend und was noch viel schlimmer war, es war Freitag. Das bedeutete, dass ein Großteil der Leute bereits dabei war das wohl verdiente Wochenende einzuläuten. Ein wenig zu tun hatte Danny nun schon, um nicht erkannt zu werden. Tagsüber wurde er oft nur von Kindern erkannt und auch nur von denen, die noch kein Handy besaßen und wie gebannt auf dieses starrten. Von Erwachsenen erhielt er so gut wie nie Aufmerksamkeit, sie waren zu sehr beschäftigt mit ihrem Alltag. Doch jetzt wo sich die Nacht über die unruhige Stadt legte und der Alltag vertrieben wurde, waren die Leute nicht mehr nur mit sich beschäftigt. Nein, nun achteten sie mehr auf ihre Umgebung. Wieso hatte er das dämliche Käppi nur wieder nicht mitgenommen?

So unauffällig wie möglich verschwand er in seiner Jacke, blickte zu Boden und versuchte somit jeglichen Blickkontakt mit Passanten zu meiden. Wenn er jetzt erkannt werden würde, würde er noch später beim Schwan ankommen und er wollte weder Jeffreys, noch Aarons Geduld überbeanspruchen. Dies trieb seine Füße etwas schneller voran. Die Straßen schienen immer voller zu werden, je näher er dem Schwan kam und bald musste Danny einen Schlängelweg durch die Gassen einschlagen, um noch länger unerkannt zu bleiben.

Erschöpft vom Tag und diesem dezenten Spießrutenlauf, erreichte Danny endlich den Pub Zum Beschwipster Schwan. Aarons kurzer Wink sorgte dafür, dass dessen Jungs ihn nicht durchsuchten und er schnell eintreten konnte. Dieser lotste ihn sogleich in einen kleinen Nebenraum, wo Kim schlafend in einem Stuhl saß.

„Ist alles okay mit ihr?“

„Klar, der Rausch braucht nur etwas Schlaf, damit der Kater morgen ausgeruht Maunzen kann“, scherzte Aaron, „Sie ist nicht so trinkfest oder?“

„Ich fürchte nicht, nein. Danke, auch an Jeffrey noch mal.“

„Sie hat Akzent, sie kommt nicht von hier, oder?“

„Nein, Amerika.“

„Woher kennst du sie?“

„Ist das ein Verhör?“

„Vielleicht, kriegst bei den richtigen Antworten auch ein Käppi von mir. Damit die Leute deine Visage nicht sehen müssen.“

„Erpressungen liegen dir nach wie vor. Sie ist die Schwester eines Freundes. Guck mich nicht so an, sie ist wirklich nur eine Freundin. Wirklich!“

Danny seufzte genervt und kratzte sich am Hinterkopf. Wie zum Geier bekam er Kim nun weg? Es half nichts, er musste sie wecken und wachhalten. Irgendwie.

„Und sie heißt Kim?“

„Ja.“

„Hm, kommt mir bekannt vor. Model?“

„Nein.“

„Ah, Schauspielerin!“

„Nope.“

„Ähm… okay… Designerin? Influencer?“

„Fast. Nationalfußballspielerin“, antwortete Danny kurz grinsend und mit einem Funken Stolz in der Stimme.

„Ach, nein. Warte Kim… hier.. Hunter… Kim Hunter?“

„Genau und es wäre super, wenn du weniger ihren Namen herumbrüllen würdest.“

Aaron verzog kurz das Gesicht zu einer Grimasse und widmete sich dann einem Schrank, um in diesen herum zu kramen.

„Ich denke, dann wirst du mehr als nur ein Käppi brauchen was?“

Der Dunkelhäutige mit dem künstlerisch rasierten Haar am Kopf hielt ihm zwei dunkelblaue Käppis hin, welche einen Comicschwan zeigten, welcher Sterne um den Kopf hatte und ein volles Glas mit einer – definitiv alkoholischen – Flüssigkeit im Flügel hielt und dabei dessen Inhalt auf dem Käppi Schirm verschüttet hatte.

„Wenn ich damit erkannt werde, dann -“

„Hat der Laden definitiv mehr Gäste, da hast du ganz Recht“, lachte Aaron amüsiert.

„Ihr seid solche Werbezuhälter“, stöhnte Danny resigniert auf, bevor er zu erst Kim und dann sich selbst die Kopfbedeckung aufsetzte.

„Und ihr die schönsten Werbehuren, die wir heute finden konnten“, fügte Aaron hinzu, „Bis bald.“
 

Nachdem Aaron verschwunden war, hatte Danny sein Bestes gegeben um Kim wieder wach zu bekommen und dazu zu bringen auf eigenen Beinen zu stehen. Ein Vorhaben welches sich als ziemlich schwierig herausstellte. Resigniert überlegte er, nachdem auch das Zwicken in die Seite sie nicht Erwecken konnte, ob sie wirklich nur ihren Rausch ausschlief oder sie nicht doch schon eine Alkoholvergiftung ins sich trug und in einem Krankenhaus besser aufgehoben war. Doch dann kam Kim endlich zu sich. Wirklich glücklicher machte es ihn jedoch auch nicht.

„Dan..ny?“, fragte sie lallend, kniff die Augen dabei zusammen und versuchte ihn zu fokussieren.

„Ja, ich bin es, Kim. Ich bring dich zurück zu deinem Lager. Du musst mir nur sagen, wo es ist.“

„Wo issen Franky?“, fragte sie ohne auf seinen Aufforderung einzugehen.

„Ich… ich weiß nicht. Kim, wo ist dein Trainingslager? Du kriegst Mords-Ärger, wenn du morgen früh nicht in deinem Bett liegst.“

Würde sie wahrscheinlich sowieso, dachte er bei sich, mit dem Alkoholpegel würde sie morgen wirklich keinen schönen Tag haben.

„Hey Kim? Kim?“, fragte er und tätschelte ihre Wange, als sie begann weg zu dämmern.

„Wal- ter Street“, nuschelte sie hervor und schloss die Augen, kurz darauf hörte man ein leises, gleichmäßiges Atmen.

Walter Street? Hatte Kims Team tatsächlich im Titanic Hotel eingecheckt? Das war zumindest das einzige was in der Nähe dieser Straße lag. Aber günstig war es eigentlich nicht unbedingt. Aber was wusste er schon. Manche Clubs und gerade Nationalmannschaften konnten sich manchmal einiges leisten. Danny lugte aus dem Nebenraum heraus und winkte Aaron erneut zu sich. Mit dessen Hilfe hatte er nach kurzer Zeit Kim auf seinem Rücken liegen. Mit einem Blick in den Spiegel und Aarons wahrheitsgemäßer Aussage, dass Kims Käppi so saß, dass sie so schnell niemand erkannte, machte er sich dann auf den Weg in Richtung des Hotels.

Immer noch waren die Straßen ziemlich voll und Danny bemühte sich trotz des gesenkten Blicks, niemanden anzurempeln. Die Metro Station fiel flach für ihn. Sie war zu voll, das Gedränge könnte Kim, welche immer noch schlief, verletzen. So musste er den Weg zum Hotel wohl zu Fuß zurücklegen, was ziemlich anspruchsvoll werden würde, obwohl Kim jetzt nicht sonderlich schwer war. Er selbst war ziemlich müde noch und der Weg würde sich irgendwann schon beginnen zu ziehen. Als ob das alles nicht schon schlimm genug war, meldete sich der englische Wettergott zurück auf seinem Thron. Erst hatte er es gar nicht mitbekommen, doch die Regentropfen wurden immer mehr und immer größer, ebenso begann ein stärkerer Wind zu wehen. Na klasse, jetzt wurden sie auch noch nass. Hoffentlich erkältete sich Kim nicht. Einen Vorteil hatte das Wetter allerdings auch. Die Straßen wurden leerer und die wenigen, die auf ihnen blieben sahen zu Boden und versanken unter ihren Regenschirmen. Noch ein paar Straßen und dann hatte er es geschafft. Plötzlich wehte der Wind ihm und Kim die Käppis vom Kopf und verteilte sie hinter ihnen.

„Verdammter Mist“, fluchte Danny und sah ihnen nach.

Er überlegte, ob er die beiden zurückholen sollte und vor allem wie. Kim war immer noch am schlafen, schien den Regen nicht zu bemerken. Bevor Danny sich zu einer Entscheidung durchringen konnte, hörte er wie jemand Kims Namen rief. Ein Blick in die Richtung aus der die Stimme kam, zeigte ihn jemanden in zerschlissener Jeansjacke, darunter ein weißes Shirt, eine schwarze zerschlissene Hose und nassen schwarzen mittellangen Haaren auf sie zu steuern.

`Fuck´, dachte Danny bei sich und überlegte, wie man diesen Fan, wie es schien, schnell los werden konnte. Kurz dachte er darüber nach, wie schnell er noch rennen konnte, um dem Fan zu entkommen, da hatte dieser die beiden schon erreicht.

Abschätzig und schweigend musterte der ältere Mann ihn und Danny tat es ihm gleich. Der Regen prasselte weiter auf die drei nieder.

„Hi“, meinte der Mann schließlich und sein Blick huschte zu Kim.

„Hi“, erwiderte Danny ernst und beobachtete den anderen.

Sobald er ein Handy zücken würde, würde er ihn… keine Ahnung was, aber irgendwas würde er definitiv machen. Der andere schien jedoch keine Anstalten in diese Richtung unternehmen zu wollen. Erneutes Schweigen stieg auf, bevor sich der ältere Mann wieder zu Wort meldete.

„Gib sie mir.“

Als er die Hände nach Kim ausstreckte drehte sich Danny blitzschnell nach rechts und tapste ein paar Schritte zurück in eine Pfütze hinein. Sein nasser Fuß war ihm dabei herzlich egal.

„Das könnte dir so passen, was. Wer glaubst du, wer du bist?“

„Ihr Freund.“

„Ja-ha klar, und ich bin der Weihnachtsmann“, spottete Danny.

Der andere lachte auf, was Danny kurz irritierte.

„Na ja, dann bist du wohl der Nachwuchs von dem weißen Rauschebart. Gut, mir egal, wenn du willst kannste mich von der Geschenkliste streichen für dieses Jahr. Trotzdem gibst du mir jetzt Kim, Danny,“ sagte der Mann mit einem amerikanischen Akzent.

„Wer bist du?“, fragte er mit einer Mischung aus Argwohn und Überraschung.

„Ach komm, meine Maus hat dir sicher von mir erzählt. Mein Name ist Franklin Walker. Aber bei dir hat sich mich sicher nur mit Franky vorgestellt.“

Auf dem Gesicht von diesem breitete sich ein selbstgefälliges Grinsen aus.

Das war also Franky. Der Franky. Dass er älter war, sah man ihm durch aus an, aber nicht, dass es ganze zwei Jahrzehnte waren. Danny wusste nicht, ob er den Kerl wegen Alexs Erzählungen scheiße fand oder ob es wirklich an dessen Ausstrahlung lag.

„Freut mich. Mich scheinst du ja zu kennen. Ich werde dir Kim trotzdem nicht geben, ich bringe sie zu ihrer Unterkunft zurück.“

Der Schwarzhaarige begann zu lachen und gestikulierte schließlich in die Richtung wo die Walter Street lag.

„Du willst zum Titanic Hotel?“

Danny nickte.

„Tja, da ist aber meine „Unterkunft“, also kannst du sie mir auch gleich geben.“

Der Liverpoolstürmer fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen, als sein Gehirn diese Information verarbeitete. Hatte Kim ihn etwa nicht richtig verstanden? Kurz verloren in Gedanken spürte er plötzlich, wie Gewicht von seinem Rücken verschwand. Er starrte Franklin an, welcher ihm Kim abgenommen hatte und diese nun in seinen Armen hielt.

„Nochmal danke, dass du sie zu mir bringen wolltest. Sie wird sich freuen das zu hören. Mach‘s gut“, verabschiedete er sich.

Überrumpelt blickte Danny dem Kerl hinterher, welcher ihm den Rücken zu kehrte und sich von ihm entfernte. Es dauerte ein paar Sekunden ehe der Williams dem anderen schnellen Schrittes folgte. Mit verwunderten Gesichtsausdruck sah Franky diesen an.

„Was noch?“

„Warum hast du sie allein gelassen in dem Pub?“

„Das geht dich nichts an. Ich frag dich ja auch nicht, wieso du sie auf dem Rücken herum getragen hast.“

Der Wind wehte den beiden Männern Regentropfen ins Gesicht, lediglich die junge Hunter schien weiterhin nichts zu merken

„Sie hat mich angerufen, ich sollte sie abholen“, gab Danny von sich und fragte sich, wieso sie Franky nicht angerufen hatte, obwohl sie ja zu diesem gewollt hatte.

Er traute dem Kerl nicht über den Weg und machte keine Anstalten von seiner Seite zu weichen.

„Hat sie? Komisch, wahrscheinlich hat sie sich nur verwählt und wollte mich anrufen. Ich hatte ihr gesagt, dass sie es machen soll, falls er Probleme geben sollte.“

„Du kannst Kim nicht betrunken in einer Bar zurücklassen. Sie wusste nicht mal wo sie war!“

„Also als ich ging, war sie noch nicht so betrunken, nur angeheitert. Was sie in meiner Abwesenheit macht, kann ich doch nicht voraus ahnen.“

Danny verzog verärgert das Gesicht. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass Kim von sich aus so viel getrunken hätte. Sie kannte sicher ihre Grenzen. Oder nicht? Missmutig blickte er herüber zu Franky, welcher Kim mit einer Leichtigkeit in den Armen trug die Danny innerlich kochen ließ. Genau wusste er nicht, wieso es ihn rasend vor Wut machte, vielleicht war es auch nur die Tatsache, dass er Frankys Aussage nichts mehr entgegen bringen konnte.

„Du, nimm‘s nicht persönlich, aber wir brauchen wirklich keinen Bodyguard. Ich kriege sie allein bis ins Hotel“, sagte Franky nach einer Weile.

Vor ihnen zeichnete sich schon das Titanic Hotel ab, dennoch dachte der Jüngere nicht im Traum daran jetzt zu gehen. Ihn interessierten auch nicht die erstaunten Blicke, als die drei völlig durchnässt in das noble Hotel eintraten. Allein Franky war sicherlich schon ein irritierender Anblick in dieser Umgebung für einige Gäste. Schweigend stiegen sie in den Fahrstuhl und Franky drückte mit dem Zeigefinger auf die Taste um in den vierten Stock zu gelangen. Kaum hatte sich die Fahrstuhltür geschlossen, wanderte Dannys Blick zu Franky herüber, welcher genauso groß war wie er. Franky erwiderte den Blick, in seinen Augen spiegelte sich eine Mischung aus Missgunst und Verärgerung wieder, doch das Schweigen blieb bis der Fahrstuhl sein Ziel erreichte. Kaum hatten die Türen sich geöffnet, stürmte der Ältere plötzlich los. Es kam so unerwartet, dass Danny in aller Eile ins Straucheln kam, als er ihm versuchte zu folgen. Wie konnte dieser Kerl mit Kim im Arm so schnell sein? Er hastete ihnen nach, bekam aber die Tür zum Zimmer vor der Nase zu geschlagen. Wann zum Geier hatte er die Chipkarte für dieses Hotelzimmer heraus geholt.

Zornig trommelte Danny gegen die Tür.

„Mach sofort auf!“, schrie er diese an.

Was die anderen Hotelgäste dachten war egal. Es dauerte einen Moment bis er das Gefühl identifiziert hatte. Es war die Sorge um Kim, die diese Aktion auslöste. Angst um ihre Karriere, redete er sich ein. Gerade holte er erneut aus um auf die Tür einzuschlagen, als diese sich öffnete. Eine Hand schloss sich fest und bestimmend um seinen Unterarm, um ihn dann unsanft und mit einer unerwarteten Kraft ins Zimmer zu zerren. Die Tür fiel dafür erstaunlich leise zu.

„Was soll der Affenzirkus da draußen. Bist bescheuert, was?“, knurrte Franky und funkelte ihn wütend an.

„Was hast du mit Kim vor, sie muss zurück in ihr Quartier.“

Dannys Blick huschte durch das Zimmer und fand Kim schließlich schlafend auf dem Doppelbett. Es beruhigte ihn, wenn auch nur für einen kleinen Moment.

„In dem Zustand? Gute Idee.“

Danny verzog das Gesicht, als er sich eingestehen musste, dass Franky Recht hatte.

„Ich bring sie morgen schon rechtzeitig zurück. Meine Maus und ich sind schon geübt in so was.“

Geübt? War so etwas schon öfter passiert? Hatte sich Kim so verändert ohne, dass er es bemerkt hatte.

„Ihr geht es gut. Ist dein Möchtegern-Beschützer-Ego nun beruhigt oder machst du gleich nochmal Terror vor der Tür? Wenn letzteres der Fall ist, ruf ich gleich den Sicherheitsdienst, der wirft dich mit Freuden raus“, sagte Franky und in seinem Unterton verbarg sich ein hinterlistiges Grinsen.

„Wehe dir du tust ihr auch nur irgendwas, dann wirst du mich richtig kennenlernen“, drohte Danny mit erhobenen Zeigefinger, während er widerwillig Richtung Hotelzimmertür ging.

Eine Drohung, die sein Gegenüber nicht wirklich ernst nehmen würde. Danny selbst würde es wahrscheinlich auch nicht tun. Mit Nachdruck wurde die Tür von Franky hinter ihm geschlossen. Vorsichtig massierte er sich die Stirn, welche nach Abfall der Anspannung den angestauten Kopfschmerzen freien Lauf ließ. Ziemlich angepisst von der ganzen Situation machte er sich frustriert auf den Weg zu den Fahrstühlen. Schlimmer konnte dieser Tag wohl kaum noch werden. Doch auch in diesem Fall hatte sich der Williams deutlich getäuscht. Gerade als er den Fahrstuhlknopf gedrückt hatte und feststellte, dass dieser noch eine Weile brauchen würde um anzukommen, hörte er eine, nein, zwei ziemlich vertraute Stimmen.

`Gott, warum hasst du mich. Vielleicht sehen sie mich ja nicht´, dachte er bei sich, wollte sich aber im selben Moment gleich selbst auslachen.

Sofern er keinen Unsichtbarkeitsmantel, wie Harry Potter, besaß, würde es schwer werden.

„Ach schau einmal an wer da ist.“

„Ich hab dir ja eben gesagt, die Welt ist ein Dorf. Hi Bruder, na was treibt dich denn hier her?“

„Hi Terry“, antwortete der Ertappte.

Er blickte zu der Person neben seinem Bruder und war überrascht tatsächlich Ashley neben ihn zu sehen.

`Doch kein Kind von Traurigkeit´, dachte er bei sich und nickte ihr nur zu.

„Was machst du hier?“, bohrte der Ältere der beiden Williams noch einmal nach.

„Geht dich nichts an.“

„Haha, ich verstehe. Hey ist doch keine Schande, Brüderchen, zu zugeben, dass einen die Frau vor dir Tür gesetzt hat“, lachte Terry.

„Ich hab dir ja gesagt, dass dieses Teenie-Gör nicht gut genug für dich ist. Aber glaube nicht, dass ich zu dir zurückkomme.“

Danny bremste sich, um nicht scharf Luft einzuziehen. Stattdessen biss er sich so stark auf die Innenseite seiner Unterlippe, dass er bald darauf den metallischen Geschmack von Blut wahrnahm.

Terry grinste breit und schickte Ashley zum Zimmer vor. Als Erklärung dafür faselte er irgendwas von einem Bruder-zu-Bruder-Gespräch. Als seine Ex außer Hörweite war, warf sein Bruder ihn ein forschenden und schelmischen Blick zu.

„Na, wie heißt sie?“

„Wie heißt wer?“

„Na die Dame, die meinen armen kleinen Bruder nicht ran lässt.“

„Ich hatte kein Date oder Sonstiges. Ich habe nur eine gute Freundin und einen Bekannten besucht.“

Auch wenn er Franky dazu nicht zählen wollte, klang es immer noch besser, wenn er nicht nur Kim erwähnte.

Terry schnalzte abfällig mit der Zunge.

„Du bist wirklich ein miserabler Lügner. Warst du schon immer. Dabei könntest du wirklich mal ehrlich zu deinem Bruder sein.“

Mit einem leisen Ping-Ton meldete sich endlich der gerufene Fahrstuhl. Das hatte aber wirklich gedauert. Eigentlich wollte Danny, ohne ein weiteres Wort oder einen weiteren Blick an seinen Bruder zu verschwenden, in den Lift steigen und verschwinden. Aber er war einfach nicht so ein Arsch wie dieser, weswegen er vor dem Drücken auf den Knopf inne hielt.

„Du Terry, was ich dir sagen wollte. So unter uns Brüdern. Ashley ist ziemlich anhänglich.“

Dabei hob er den leicht gesenkten Kopf wieder an und blickte direkt zu dem Älteren herüber. Welcher leise, aber wahrhaftig amüsiert, zu lachen begann. Danny selbst blieb ernst, bis der andere aufhörte.

„Du lügst, Danny, wieder einmal.“

Der Angesprochene schwieg, fixierte seinen Bruder nur mit ernsten Blick weiterhin.

„Du lügst~“, sagte Terry erneut und dehnte das letzte Wort, dann veränderte sich sein Blick und die eben noch versteckte Unsicherheit trat hervor, „Oder? Danny, du lügst? Sag mir, dass du lügst.“

Danny selbst drückte in diesem Moment den Knopf für das Erdgeschoss.

„Eigentlich müsstest du es mir doch sagen können, wenn ich ein so schlechter Lügner bin. Oder?“

„Danny! Warte! Sag mir, dass du lügst“, hörte er die Stimme seines Bruders, welcher panisch auf den Lift zu hielt.

Kaum hatte dieser sich geschlossen, breitete sich ein siegreiches Grinsen auf dem Gesicht des jüngeren Williams aus. So sah er seinen Bruder gerne, leider nur viel zu selten. Wenigstens irgendwas Gutes an diesem beschissenen Tag.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich habe übrigens noch keine Ahnung wo es endet. Eigentlich hoffte ich auf einen Two Shot, aber aktuell wo ich das Pitel lade, läuft Kreativität Amok und das Ding hier beginnt sein Eigenleben. ^^" Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück