Crack!Pairing Bingo von Calafinwe ================================================================================ Kapitel 1: Kaiser und Kanzler [Morvran Voorhis & Sigismund Dijkstra] -------------------------------------------------------------------- Dijkstra stöhnte. Sein linkes Bein begann wieder zu Stechen. Überhaupt war es die vergangenen Monate schlimmer geworden. Seit er Kanzler Redaniens war. Seine Sorgen hatten mit einem Schlag zugenommen, aber er hatte sich die Position schließlich selbst erarbeitet. Also half es nichts. Dijkstra musste auf die Bäder für sein lädiertes Bein häufiger verzichten, als gesund für ihn war. Vielleicht würde er abends Zeit für ein heißes Fußbad haben. „Vorausgesetzt, der Termin zieht sich nicht zu lange ...“, brummte er. Er wartete seit einer gefühlten Ewigkeit in dieser Kirchenruine des ewigen Feuers. Sie lag in Wyzima, der ehemaligen Hauptstadt Temeriens und zeitweisen Sitz des Kaisers von Nilfgaard. Seit sich das Kaiserreich nach Süden zurückzog, dorthin gedrängt von den nördlichen Königreichen unter Führung des Kanzlers, war die Stadt zu einem Niemandsland ohne festen Herrscher verkommen. Die Ärmsten der Armen und Banditen waren die Einzigen, die sich hier noch aufhielten. Fast hätte Dijkstra die Sentimentalität überkommen, wenn er auf das Emblem der flammenden Rose sah, das an der Mauer verblasste. Er dachte daran, wie er vor bald zehn Jahren die Gründung des Ordens unterstützt hatte. Heute war von den Rittern und ihrer Vereinigung nichts mehr übrig. Dijkstra hörte, wie jemand geräuschvoll die Ruine betrat. „Ich hoffe, Ihr habt nicht zu lange warten müssen“, meinte jemand höflich und trat in sein Sichtfeld. Der Kanzler musterte den Neuankömmling interessiert. Er sah aus, als wäre er schon zweimal gestorben und wieder zum Leben erwacht. Die Haare, die ihm bis auf die Schultern reichten und gepflegt nach hinten gekämmt waren, hatten die Farbe von Erbrochenem. In die dicke, schwarze Lederkluft, die er trug, war auf Brusthöhe die Sonne Nilfgaards eingraviert. Das Abzeichen prangte zudem als dicke goldene Amtskette um seinen Hals. Warum der Mann dazu einen Mühlsteinkragen trug, war Dijkstra ein Rätsel. Nilfgaards letzter Modeschrei, schätzte er, der sich bisher glücklicherweise nicht nach Norden ausgebreitet hatte. Alles in allem war Morvran Voorhis eine eindrucksvolle Erscheinung. Aber das galt wohl für alle Kaiser Nilfgaards. „Ich bin selbst erst seit einigen Augenblicken hier“, log Dijkstra. Ein Höfling schleppte einen klapprigen Stuhl herbei und verließ die Ruine wieder. Voorhis setzte sich seinem Gesprächspartner gegenüber. Selbst einige Tauben suchten eilig die Freiheit durch das zerstörte Dachgebälk. Die Spannung zwischen den beiden Männern knisterte. Niemand wollte zuerst das Wort an den anderen richten. Den jeweiligen Ämtern nach, die sie bekleideten, wäre es eigentlich am Kaiser gewesen, als erstes zu sprechen. Voorhis war auch derjenige, der das Treffen vorgeschlagen hatte. Ginge es nach dem Alter, hätte Dijkstra die Verhandlungen beginnen müssen. Der Kanzler dachte jedoch nicht daran, den ersten Schritt zu tun. Er wusste in etwa, was der Kaiser wollte. Die Redanier hatten vor einiger Zeit mehrere Schatzkisten ausgegraben, randvoll gefüllt mit Nilfgaarder Florin. Selbst im Kaiserreich dürfte der Gesamtwert ein mittelschweres Vermögen darstellen, mit dem man viele öffentliche Projekte bewerkstelligen könnte.  „Vielen Dank, dass Ihr dem Treffen zugestimmt habt“, begann der Kaiser, nachdem weitere Minuten verstrichen waren. Dijkstra nickte huldvoll, erwiderte aber nichts. „Sicher könnt Ihr Euch denken, warum ich darum gebeten habe“, fuhr Voorhis fort. „Meine Informanten konnten in Erfahrung bringen, dass Redanien vor einiger Zeit in den Besitz Nilfgaardischen Eigentums gelangt ist.“ ‚Nette Umschreibung‘, dachte Dijkstra. „Möglich. Nilfgaard hat beim Abzug aus dem nördlichen Temerien Vieles zurückgelassen. Jedoch trägt dafür Euer Vorgänger die Verantwortung, Emhyr var Emreis.“ Der Kaiser nickte bedächtig. „Ihr würdet an meiner Stelle auch nicht anders handeln“, meinte Voorhis dann direkt. „Es gibt sicher etwas, was ich Euch als Kaiser von Nilfgaard im Austausch für die Goldtruhen bieten kann.“ Dijkstra fiel fast von seinem Stuhl, auf dem er schon die ganze Zeit saß. Er sah seinen Verhandlungspartner an. Dass dieser so unumwunden zur Sache kam, ohne die üblichen Höflichkeitsfloskeln, gefiel ihm. Doch gerade deshalb war es ihm wichtig, auf der Hut zu sein. „Was wäre das?“, fragte der Kanzler vorsichtig. Voorhis schien irritiert über seine Frage. Natürlich hatte Dijkstra einige Ideen, was er als Gegenleistung für die Herausgabe der Schatzkisten fordern könne. Das Geld hatte er noch nicht verplant, würde ihm aber bei vielen Projekten sehr nützlich sein. Schulen, Krankenhäuser, die Landwirtschaft musste nach dem Krieg wieder auf die Beine kommen. Dijkstras Liste war lang. Und mit den untereinander gut vernetzten Zwergenbanken ließe sich bestimmt ein anständiger Umrechnungskurs aushandeln. Wenn der Kaiser nicht um ein Treffen gebeten hätte, hätte Dijkstra die Goldtruhen schon längst zur sicheren Verwahrung an die Vivaldi Bank in Novigrad überstellt. „Wir haben noch einige Gefangene, die sicher froh wären, in ihre Heimat zurückkehren zu können, und ...“ „Belanglos!“, wiegelte Dijkstra ab. „Ihr müsst mir schon mehr bieten als irgendwelche Temerischen Bauern, die für unbedeutende Delikte von Euch festgehalten werden. Vergesst nicht, dass ich Redanien vertrete.“ „Seid Ihr nicht angetreten, den ganzen Norden zu vereinen und gegen das Kaiserreich zu verteidigen?“, konterte Voorhis. Dijkstra schwieg. Es schien fast so, als wüsste der Kaiser genau, mit welchem Hintergrund er ihm gegenüberstand. Das Spionagenetzwerk Nilfgaards blühte offensichtlich wie eh und je. Wie hatte er anderes erwarten können? „Wieso sollte ich Euch die Kisten dann überhaupt zurückgeben? Uns ist schließlich beiden bewusst, dass sich damit auch die Nilfgaarder Streitkräfte hervorragend finanzieren lassen. Wieso also sollte ich das Wohl der nördlichen Reiche auf derart törichte Weise auf’s Spiel setzen?“, platzte es aus Dijkstra heraus. Sie starrten sich angriffslustig an. Voorhis verschränkte schließlich missmutig die Arme. „Nennt mir Euren Preis. Bisher habt Ihr mir nur ausgewichen. Aber es scheint ja etwas zu geben, was ich Euch bieten kann. Sonst wärt Ihr nicht gekommen.“ „Nilfgaard zieht sich bis hinter die Jaruga zurück, dann bekommt Ihr Eure Kisten.“, forderte der Kanzler. Voorhis sprang von seinem Stuhl auf. „Bis zur Jaruga ...“, schnappte er. „Das sind über hundert Meilen!“ Der Kaiser sah Dijkstra erbost ins Gesicht. Dann stapfte er ohne ein weiteres Wort an ihm vorbei und verließ die Ruine. Der Kanzler rührte sich nicht. Er hatte gar nicht erwartet, dass sein Gegenspieler sich darauf einlassen würde. Darauf gehofft hatte er trotzdem. Sein Vorschlag war wahrlich vermessen gewesen. Derzeit kontrollierte Nilfgaard noch gut ein Drittel des Gebiets der nördlichen Königreiche. Vom Kaiser zu verlangen, dass er sich nur noch mit einem Fünftel zufriedengab, war schlichtweg übertrieben. Voorhis hatte gar keine andere Möglichkeit, als seinen Vorschlag abzulehnen. Anderenfalls wären ihm sowohl sein Militärstab als auch die Opposition an die Gurgel gesprungen. „Gut, dann gibt es heute doch noch ein Fußbad.“ Dijkstra kämpfte sich auf die Beine und wankte zum Ausgang.     ~ ENDE ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)