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Das Schwert der Göttinnen

von

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Alnayru

...Kling...

...Kling...

...Kling...

Ein immer wieder kehrender hoher Laut erschallte in dem geräumigen Raum. Hin und wieder vermischt mit dem Knacken und Knistern des heißen Feuers, welches durch Holzkohle am Brennen blieb. Unaufhaltsam fraßen sich die Flammen durch die aufgeschüttete Kohle. Das Feuer brannte lichterloh und dennoch nur in der dafür vorgesehenen Feuerstelle.

Die Hitze trieb ihm die Schweißperlen auf die Stirn. Aufmerksam beobachtete er wie das kupferglühende Metall, von den Flammen umzingelt, sich immer heller färbte und beinahe so aussah, als würde es selbst jeden Moment in Flammen aufgehen. Er wartete den richtigen Zeitpunkt ab, ehe er das Metall mit Hilfe einer Zange wieder aus dem Feuer zog, sich dann zum Amboss drehte und mit ein paar kräftigen Hammerhieben das glühende Metall in die richtige Form klopfte.

Diese Arbeit war schweißtreibend, kräftezehrend aber sie machte ihm auch großen Spaß. Beinahe fühlte er sich für diese Arbeit berufen.

„Das sieht doch schon sehr gut aus, Link.“ Boron trat neben ihn. Sein Lehrmeister wischte sich das schwarze schüttere Haar, das von ein paar grauen Strähnen durchzogen war, aus der nassen Stirn. Dann inspizierte der ältere Mann das immer noch glimmende Metall und lächelte schließlich seinen Schützling stolz an. Er zog seine dicken feuerfesten Handschuhe aus und ging zu einer kleinen Türe hindurch.

Link folgte seinem Meister und betrat kurz nach ihm die kleine Pferdebox, in der ein wunderschöner weißer Wallach stand. Boron griff nach dem Pferdebein und hob es an. Link kniete sich daneben, säuberte den Huf und hielt das neu geschmiedete Hufeisen an. Ein Strahlen erschien in seinen blauen Augen. Es passte und er wurde schneller fertig, als bisher.

Boron nickte. Ein väterlicher Ausdruck um die Augen verlieh den sonst so strengen Gesichtszügen einen weicheren Ton. „Deine Lehre ist bald zu Ende. Du hast großartige Fortschritte gemacht. Ich bin sehr stolz auf dich, Link!“

„Danke.“

„Nichts zu danken, Junge. Das hast du dir alles redlich verdient.“

Gemeinsam beschlugen sie den Huf des stolzen Tieres und beendeten ihre Arbeit für heute. Während Link seine schwere Schürze und das Werkzeug aufräumte, löschte der Schmied die Feuerstelle. „Bringst du den Wallach der Familie Emden zurück?“

Link blickte irritiert auf.

Ein Schmunzeln trat auf die Lippen des Älteren. „Ich hab noch etwas zu erledigen. Außerdem freut sich Sukki bestimmt ihr Pferd bald wieder zu haben.“

Ein Grund den Link nachvollziehen konnte. Er selbst war auch immer sehr unruhig, wenn Eponas Hufe neu beschlagen werden musste. Wieder nickte er, betrat die Box und streichelte dem schönen Pferd die Nüstern. „Das hast du heute sehr gut gemacht, Großer“, flüsterte Link.

Ein leises Schnauben erklang.

Der junge Mann strich sich eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht und öffnete das große Scheunentor zum Weg hinaus. Dann führte er das Pferd am Zügel hinter sich her. Er schloss das Scheunentor wieder und blickte hinauf in den blauen Himmel. Die Sonne stand bereits sehr tief. Bald würde sie hinter dem Horizont verschwinden.

Um den Wallach noch rechtzeitig seiner Besitzerin zurück zu bringen, musste er sich ein wenig beeilen.
 

Sein Weg führte durch das Dorf Equipagus.

Einst siedelten sich hier Hylianer an, bauten die Gutshöfe und widmeten sich der Pferdezucht. Seit vielen Jahren züchteten die Bewohner kräftige Pferde heran und betrieben einen regen Handel mit dem Königshaus. Viele der kräftigen und anmutigen Pferde dienten den Soldaten als Reittiere.

Vor vier Jahren erstattete der König Hyrules persönlich diesem Dorf einen Besuch ab. Zu seinen Ehren errichtete ein sich auf der Durchreise befindender Steinhauer ein Denkmal.

Vier Jahre war es her und Link erinnerte sich noch heute wie aufgeregt er damals war. Immerhin hoffte er, das der König in Begleitung anreiste. Sehnsüchtig wünschte er sich sie wiederzusehen.

Er blieb stehen, schloss die Augen und rief sich das lange blonde Haar in Erinnerung. Das zarte und ansehnliche Gesicht erschien vor seinem geistigen Auge, das weiche Lächeln, welches sein Herz erwärmte, und die atemberaubenden blauen Augen. Sie sah ihn an, mit kindlicher Naivität und dennoch mit einer Weisheit in ihrem Blick, die nur wenige im hohen Alter erreichen würde. Link... ihre zarte, glockenhelle Stimme hallte in seinen Erinnerungen wieder.

„Link!“

Erschrocken riss er die Augen auf, aber nur langsam kehrte er auch geistig aus seiner Gedankenwelt zurück.

„Link?“

Vor ihm stand ein Mädchen, nur einen halben Kopf kleiner als er. Die braunen Haare zu zwei Zöpfen geflochten, die ihr knapp über die Schulter reichten. Ihre schlanke Figur umspielte ein einfaches Kleid in schlichtem blau. Große braune Augen blickten ihn besorgt an.

„Link, alles in Ordnung?“

Seine blauen Augen betrachteten sie erst gedankenverloren, doch dann lächelte er. „Ja, Sukki. Ich wollte dir dein Pferd bringen.“

Sie sah ihn immer noch achtsam an, ihre Stirn von einer Falte durchzogen.

Unter ihrem Blick begann er sich langsam unwohl zu fühlen. „Es ist wirklich alles in Ordnung“, bekräftigte er ihr nochmals und die Sorgenfalte verschwand wieder.

Erleichterung breitete sich in dem Gesicht seines Gegenüber aus und zufrieden nickte sie. Nun sah sie an ihm vorbei, entdeckte den weißen Wallach und lächelte. „Vielen Dank, Link.“ Sie trat an dem jungen Mann vorbei und streichelte über die Nüstern des stattlichen Tieres.

Einen kurzen Moment herrschte Stille zwischen ihnen, die aber keineswegs unangenehm war, dann suchte sie wieder seine Augen. „Du erzählst es mir doch, wenn du soweit bist...“, sie stockte, zögerte und fügte dann doch hinzu: „... oder?“

Lange konnte er diesem Blick nicht standhalten. Das was er alles erlebte, welches Schicksal ihn schon in jungen Jahren ereilte, seine Pflicht, die ihm auferlegt wurde, und die Erlebnisse aus dem alternativen Zeitpfad, hatten ihn für den Rest seines Lebens geprägt.

Sukki spürte das etwas schwerwiegendes in seiner Vergangenheit vorgefallen war. Aber ob er ihr jemals etwas erzählen würde?

Selbst seiner einzigen Freundin vertraute er sich nie an. Er wollte sie nicht belasten, denn das Schicksal hatte auch ihr schwer zugesetzt. Sie sollte sich nicht noch mehr sorgen.

„Link?“

Er sah Sukki an. Die Tochter des Bürgermeisters war eine seiner ersten Bekanntschaften in dieser fremden Gegend. Nachdem er Termina verlassen hatte, ritt er lange auf Epona durch das Land. Er war in vielen Gegenden, aber der Grund seiner Reise war nicht auffindbar. Als er durch Alnayru reiste, hörte er einen Hilferuf. Alarmiert trieb er Epona an, hielt aber sein Schwert griffbereit. Durch seine Vergangenheit rechnete er schon mit einer Begegnung neuer Feinde, als er durch Büsche preschte und Epona vor einem großen See schlagartig zum Stehen kam.

Das Wasser des Sees wirkte unruhig, aber er konnte nichts erkennen. Doch dann tauchte Sukki wild strampelnd auf, einen kläglichen Hilferuf verlautend, ehe sie wieder abtauchte.

Ohne zu zögern sprang er von seiner Stute, löste den Gürtel, zog sich die Tunika über den Kopf und schlüpfte aus seinen Stiefeln. Dann sprang er ins Wasser und rettete sie vor dem Ertrinken.

„Link!“ Nun sah Sukki ihn doch ein wenig verärgert an. „Was ist nur los mit dir?“

Er lächelte und legte sich dabei verlegen die Hand an Hinterkopf. „Mir geht es gut, ehrlich.“ Mit seinen blauen Augen betrachtete er das Mädchen in seinem Alter. Langsam brach die Dunkelheit über das Land herein, verdrängte den Tag, und Link deutete ihr mit einem Kopfnicken an: „Ich bring dich nach Hause.“

Scheinbar stimmten sie die Worte wieder versöhnlich und gemeinsam führten sie den Wallach durch das Dorf.

„Weißt du schon, was du an deinem Ehrentag machen möchtest?“

Überrascht zog er seine Augenbrauen hoch. Erst hier feierte er sein Wiegenfest. War wirklich schon wieder ein ganzes Jahr vergangen?

Wiegenfest...

In den Kokiriwäldern gab es keine Feiern. Im alternativen Zeitpfad hatte er sieben Jahre verschlafen. Er wusste ja nicht einmal seinen richtigen Geburtstag. Der alte Dekubaum erzählte ihm, das er als Säugling in die Wälder gebracht wurde, aber es gab nicht einen einzigen Hinweis über seine Abstammung.

Sein Wiegenfest, den Tag suchte seine Gastfamilie für ihn aus, feierte er nun zum dritten Mal.

„Arbeiten“, antwortete er, aber Sukki ließ diese Antwort nicht zu.

„Du wirst morgen siebzehn Jahre alt.“

„Vermutlich“, antwortete er wieder.

„Es ist ein besonderes Jahr. Ein Siebzehnjähriger ist erwachsen“, ignorierte sie seinen Einwand.

„Erwachsen ist man nicht durch das Alter, sondern durch Reife“, widerlegte er.

Sukki blickte ihn entschlossen an. „Wenn du dir nichts einfallen lässt, dann kümmere ich mich darum.“

Das schien Link nun doch zu überzeugen. „Schon gut. Ich werde feiern, aber nur mit meiner Gastfamilie und dir... im kleinen Kreis. Sonst niemand.“

Dies war zwar nicht die erhoffte Aussage, aber besser als überhaupt keine Feier. Somit gab sich das Mädchen zufrieden, lächelte ihn an und wenige Schritte später näherten sie sich dem Haus von Sukkis Familie.

„Gute Nacht, Link.“ Sukki lächelte ihn mit strahlenden Augen an. „Gute Nacht, Sukki“, nickte Link zu, erwiderte das Lächeln und kehrte allein zur Hufschmiede zurück.

Die Hufschmiede

Die Sonne verschwand endgültig hinter dem Horizont.

Ein Windhauch streifte Link wie eine zarte Bewegung. Dennoch wusste er, das es nicht der Wind war, sondern eine Berührung in seiner Seele.

Seine linke Hand begann zu prickeln, für nur wenige Augenblicke. Blaue Augen blitzten vor seinem inneren Auge auf. Die Sehnsucht wurde zu groß, das Prickeln änderte sich zu einem Brennen und bevor es zu schmerzhaft würde, brach er den Kontakt ab.

Lange hatte er es nicht mehr gespürt. Lange hatte er sie nicht mehr gespürt.

Früher war er dankbar über die Verbundenheit. Sie gab ihm das Gefühl nicht ganz so einsam zu sein wie er sich fühlte. Aber je länger er fort war, desto schmerzhafter wurde es.

Wenig später trat er auf die Hufschmiede zu, ging an dieser vorbei zu dem seitlichen Hauseingang. Er atmete tief durch, verscheuchte die trüben Gedanken und öffnete die Türe.

Ein köstlicher Duft stieg ihm sofort in die Nase und lockte ihn in die Stube. Auf dem großen rustikalen Esstisch stand ein dampfender Topf. Der betörende Geruch lockte ihn näher und nur wenige Schritte trennten ihn noch von dem köstlichen Essen.

Bevor er einen Blick in den Topf werfen konnte, trat schon Annelie, eine korpulente Frau mit braunen Locken, aus der angrenzenden Küche und in ihren Händen hielt sie Schälchen und Löffel. „Kinder! Essen!“, rief sie über ihre Schulter zurück und trat dabei zum Esstisch. „Link, da bist du ja“, begrüßte sie ihn lächelnd und drückte ihm auch schon die Schalen und die Löffel in die Hand. „Deck bitte schon mal den Tisch.“ Schon verschwand sie wieder im Nebenraum. „KINDER!“

Link verteilte die Tonschalen und legte neben jede einen Löffel.

Lautes Getrampel aus den hinteren Räumen erklang und näherte sich rasch.

Gerade als der fast erwachsene Junge fertig wurde, stürmten drei Kinder in die Stube.

„Link ist da“, rief der achtjährige Pantas begeistert und sprang übermütig auf einen der Stühle am Esstisch.

„Hallo Link“, begrüßte ihn auch dessen Zwillingsbruder Qantas und tat es dem gleichaltrigen Jungen nach.

„Hallo, ihr Rabauken“, grinste Link seine Ziehbrüder an, als auch schon die fünfjährige Zoe hereinstürmte, mit einem lauten freudigen Ausruf auf den Lippen: „Linkie!“ Im nächsten Moment sprang die kleine Ziehschwester in seine Arme und drückte ihm ein Küsschen auf die Wange. „Iiieh, du hast da Haare“, verzog sie ihren Mund und untersuchte mit ihren kleinen Fingern den erst kürzlich entstandenen leichten Bartwuchs.

Ein tiefes Lachen erschallte von der Türe. „Link wird erwachsen, Kleines.“ Boron trat an den Tisch heran und stellte die große Schale mit geschnittenem Brot ab. „Ich zeige dir, wie du deinen Haarwuchs entfernst.“ Dabei klopfte er dem Blondhaarigen einmal kräftig zwischen die Schulterblätter, was Link die Luft aus den Lungen stieß.

Schon kam auch wieder seine Ziehmutter herein. In ihren Händen ein Tablett tragend auf dem sechs Tonkrüge standen. Alle mit Wasser gefüllt. „Nun setzt euch endlich. Das Essen wird kalt“, drängte Annelie und die Familie folgte der Aufforderung.

Wenig später saßen sie vor gefüllten Schalen.

„Du bist lang weg gewesen“, stellte Links Lehrmeister und Ziehvater fest, obwohl ein wissender Ausdruck die dunklen Augen umspielte.

„Ich hab Sukki getroffen und nach Hause begleitet“, antwortete der blonde Link unbedarft.

„Ein nettes Mädchen“, mischte sich seine Ziehmutter ein. „Hübsch und gut erzogen. Der zukünftige Mann an ihrer Seite kann sich glücklich schätzen.“

„Habt ihr euch geküsst?“, bohrte sofort Qantas nach. Mit großen dunklen Augen sah er neugierig zu Link.

Dieser war so überrumpelt von der Frage, das er sich an seiner Suppe verschluckte und stark hustete.

„Qantas!“, ermahnte ihn sofort seine Mutter.

Links Hustenanfall endete langsam und als er sich wieder etwas gefasster fühlte, erwiderte er den neugierigen Blick. „Wie kommst du denn darauf?“

Pantas half seinem Bruder sofort aus: „Machen das nicht Verliebte?“

„Verliebte?“, wiederholte Link und wurde blass um die Nase.

„So etwas fragt man nicht“, ermahnte erneut die Mutter und aß weiter. Jedoch lag auch ihr Blick auf dem Ziehsohn.

„Wir sollten lieber überlegen, wie wir Links Wiegenfest feiern“, mischte sich der Herr des Hauses ein und blickte von Link zu seinen Zwillingssöhnen, die bereits jetzt vom Aussehen nach ihm kamen. Die beiden hatten schwarzes Haar und aufmerksame, dunkle Augen. „Womit können wir ihm wohl eine Freude bereiten?“

„Mit einer großen Feier“, jubelte Pantas und Qantas nickte. „Ja, und wir laden das ganze Dorf ein.“

Diese Aussage riss Link aus seiner Erstarrung und er räusperte sich. „Eigentlich möchte ich nur mit euch feiern... und Sukki.“

Boron grinste süffisant: „Ach so, Sukki kommt...“

„Boron, es reicht“, ermahnte die Frau den Hufschmied, dennoch zeigte sich ein breites Grinsen auf ihren Lippen. Sie nickte. „Ich koche dir dein Lieblingsgericht und einen Kuchen bekommst du auch.“

„Danke“, antwortete Link etwas verschüchtert. Das er mit Sukki solch ein Bild abgab, war ihm bisher nicht in den Sinn gekommen. Aber er befand sich nun auch in einem Alter, in denen sich Paare zusammenfinden um selbst eine Familie zu werden.

„Gefahr!“ Zoe ließ schlagartig ihren Löffel fallen. Die Augen weit aufgerissen, glanzlos und leer. Die Pupillen nach oben gerollt und nur noch das Weiße war zu sehen. „Das goldene Licht verblasst...“. Sie saß stocksteif auf ihrem Stuhl, war vollkommen abwesend und wiederholte ihr Gesagtes immer wieder.

Sofort stürzte Annelie zu ihrer Tochter und streichelte dem abwesenden Mädchen über die Wangen. „Wir sind in Sicherheit. Es ist alles in Ordnung“, redete sie beruhigend ein.

„Sie hat wieder einen Anfall“, flüsterte Pantas zu seinem Zwillingsbruder.

Auch Boron zog besorgt die Augenbrauen zusammen, während Link entsetzt beobachtete, was dem kleinen Mädchen widerfuhr. Alles deutete auf eine Vision hin, aber er hatte in den letzten vier Jahren nicht einmal mitbekommen, das seine kleine Ziehschwester magische Fähigkeiten besaß. Umso überraschter war er auch über die Aussage seiner kleineren Brüder.

„Hat sie das öfter?“

„Früher kam es nur ganz selten vor, aber in letzter Zeit überfällt sie dieser Anfall nachts“, erklärte Boron.

Link sah zu seinem Meister auf. „Ihr habt nie davon erzählt.“

„Wir können es uns nicht erklären. Plötzlich sitzt sie aufrecht im Bett und erzählt uns etwas von dem goldenen Licht welches verblasst“, antwortete Boron besorgt.

„Wie lange häufen sich diese Anfälle schon?“

Plötzlich verstummte Zoe wieder, ihre Augen fielen zu und sie sackte in sich zusammen.

Sofort fing ihre Mutter sie auf und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. Große Sorge zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab.

„Seit dem letzten Vollmond. Bisher kam es unregelmäßig, nicht jede Nacht. Das sie dieser Anfall nun auch schon abends heimsucht“, Boron stockte, überlegte und sprach weiter: „Vielleicht sollten wir sie doch zu einem Heiler bringen.“

Link starrte seine kleine Ziehschwester lange an, dann schüttelte er den Kopf. „Ein Heiler wird euch hier nicht helfen können. Zoe scheint die Gabe zu haben Visionen zu empfangen.“

„Visionen?“, fragten alle wie aus einem Mund nach. Vier dunkle Augenpaare richteten sich auf den Blonden. Sie alle schienen zu hoffen, das Link wusste wie man der kleinen Zoe helfen konnte.

„Ich kann euch leider nicht erklären, wie es dazu kommt.“

„Wie kann man sie davon befreien?“, fragte Annelie hoffnungsvoll nach.

„Soweit ich weiß gar nicht. Es gibt Menschen, die diese Gabe besitzen. Aber ich kenne mich nicht damit aus.“ Zwar hatte er damals auch Visionen empfangen, aber er wusste, das diese ihm Zelda gesandt hatte. Sie war auch die einzige Person, von der er wusste, das sie welche empfing.

Link sah in die besorgten Gesichter seiner Ziehfamilie. Zu gern hätte er ihnen mehr gesagt, aber eine Freundschaft zur Thronfolgerin Hyrules zu erklären und wie es überhaupt dazu kam, das konnte und wollte er nicht.

Er versuchte seine Vergangenheit zu vergessen und die schlimmen Erlebnisse zu verdrängen. Alles zu erzählen würde ihn nur ein weiteres Mal all das Leid durchleben lassen.

Er schüttelte seinen Kopf. Das war Vergangenheit. Er würde sich nur noch auf die Gegenwart konzentrieren.

Zoe schlug ihre Augen auf und blickte überrascht am Tisch umher. „Warum esst ihr nicht weiter?“ Sie sah in die vielen Augenpaare und hakte neugierig nach: „Ist irgendwas?“

„Nein, mein Schatz, es ist alles in Ordnung“, antwortete Annelie und blickte sorgenvoll von Link zu ihrem Mann.

Als wäre nichts geschehen, begann Zoe nun wieder ihre Suppe zu löffeln und auch die restlichen Familienmitglieder widmeten sich nun schweigend wieder dem Abendmahl.

Link beobachtete die Fünfjährige den gesamten Abend über, aber sie schien sich an nichts erinnern zu können. Ein schwacher Trost das sie keinerlei Erinnerungen an die Visionen hatte.

Nach dem Essen mussten die Kleinen rasch ins Bett. Während Annelie sich darum kümmerte, räumten Boron und Link den Tisch ab.

„Du weißt augenscheinlich mehr, als du zugeben willst“, bemerkte Boron.

Link hätte vor Schreck fast einen der Tonkrüge fallen gelassen.

Sein Ziehvater und Lehrmeister ließ den Blonden nicht aus den Augen.

„Link, du lebst seit vier Jahren bei uns. Meinst du nicht auch, dass du uns langsam vertrauen kannst?“

Der Blonde schwieg.

„Woher kommst du?“

„Aus Hyrule.“

„Das wissen wir, aber woher genau? Wo bist du aufgewachsen? Warum weißt du nicht wann dein Wiegenfest ist? Woher sind die vielen verblassten Narben auf deinem Körper? Was ist dir nur angetan worden?“

Fragen, die sie ihm anfangs stellten, aber auf die er keine Antworten geben konnte. Link bat sie um Geduld, aber selbst nach vier Jahren brachte Link es nicht fertig die Fragen zu beantworten. Und in diesem Moment stellte sich ihm der Gedanke ob er denn überhaupt jemals dazu bereit sein würde.

Boron seufzte, dann nahm er Link den Tonkrug ab und deutete ihm nach draußen zu folgen.

Die Nacht wurde zu fortschreitender Zeit kühler. Nicht mehr lange und der Winter würde das Land mit einer weißen Decke belegen.

„Wo ist Epona? Ich hab sie lange nicht mehr gesehen.“

„Ich weiß nicht“, gestand Link Schulterzuckend. „Sie liebt ihre Freiheit.“

„Findet sie wieder zurück?“

Link zögerte, zog dann aber doch die Okarina hervor, die ihm Salia damals geschenkt hatte. Seine beste Freundin und die einzige Kokiri, die ihn, den Feenlosen Jungen, sofort akzeptierte.

„Das ist ja eine Okarina“, staunte Boron und betrachtete sie genauer. „Die ist wunderschön. Die Schnitzereien sind eigenartig und sehen fast aus wie Schriftzeichen einer anderen Sprache. Und sie besteht wirklich nur aus Holz... Unfassbar!“

„Eine Freundin hat sie mir vor vielen Jahren geschenkt. Wenn ich Eponas Lied spiele, hört Epona das und sie findet mich.“ Die Gedanken an Salia und Epona konnten ihn aber auch nicht von den Sorgen um Zoe und diese Vision ablenken. Link konnte sich nicht erklären, was die Worte bedeuten sollten. Er wusste aber, das man Visionen nie unterschätzen durfte.

Das goldene Licht verblasst.

Gab es wieder eine Bedrohung? Wer könnte der Feind sein? Was würde ihn erwarten? Link ging fest davon aus, das es wohl wieder an ihm läge, die Welt vor einer erneuten Bedrohung zu retten und diese Aussicht verfinsterte seinen Blick. Langsam war er es leid, sein Leben immer und immer wieder für den Frieden zu riskieren.

„Du bist in deinen jungen Jahren bereits weit herumgereist. Wonach suchst du?“

Link schluckte, starrte die Okarina an und dachte an den alternativen Zeitpfad zurück. Seit er zurückgekehrt war, die Zukunft friedlich würde, und er mit Zelda in dem versteckten kleinen Schlossgarten stand, da fiel ihm auf, das seine treue Gefährtin verschwunden blieb. Sofort stand für ihn fest, das er Navi suchen musste. Auch wenn die kleine Fee ein vorlautes Mundwerk hatte und in gewissen Situationen auch nervig war, so war sie seine treueste Gefährtin und er schwor sich selbst, das er sie finden würde. Dieses Ziel hatte er auf dem Weg nach Termina vor Augen und auch als Termina gerettet war, begab er sich weiterhin auf die Suche nach ihr.

Er suchte sie überall, bis er hier ankam, ein zuhause fand und sich in diesem Dorf einlebte.

Natürlich beschäftigten sich seine Gedanken mit Navi, aber er hatte keinen Hinweis auf ihren Verbleib. Er wusste nicht, wo sie sein könnte und wie er sie wieder finden würde.

Dann bot ihm Boron eine Lehre zum Hufschmied an. Seine Ausbildung war bald beendet.

Mit einem Beruf könnte er überall eine Arbeit finden und Geld verdienen. Er könnte sich weiter auf die Suche begeben.

„Ich suche nach...“, zögerte er, doch dann blickte er Boron an: „...nach einer Freundin, nach meinen Wurzeln, nach Antworten.“ Sein Blick wurde mitfühlend. „Zoe kann Visionen empfangen. Ich kann dir auch nicht erklären was das bedeutet. Ihr Schicksal liegt noch im Verborgenen, aber alles deutet bereits daraufhin, das sie einmal Großes vollbringen wird.“

„Schicksal“, wiederholte Boron gedankenverloren. „Wenn ich ihr doch nur helfen könnte.“

Link lächelte: „Ihr seid für sie da. Allein das hilft ihr.“

Boron blickte den Blonden väterlich an und zwinkerte plötzlich: „Vielleicht wirst du auch eines Tages Heldentaten vollbringen.“ Er wandte schmunzelnd seinen Blick zum Himmel, jedoch aus den Augenwinkeln beobachtete er seinen Ziehsohn. „Mutig genug bist du dafür, sonst wärst du nicht als kleiner Junge schon so weit herumgereist.“

Link schämte sich. Er sollte Boron endlich die Wahrheit sagen, dennoch brachte er es nicht über sich. Er blickte in den dunklen Nachthimmel.

Eines Tages würde seine Ziehfamilie alles erfahren, das schwor er sich in dieser Nacht.

Ein sanftes Streicheln ließ sein Triforcefragment wieder pulsieren.

Nicht jetzt, dachte er sich.

Er verschränkte seine Arme vor der Brust, versteckte die linke Hand, da er nicht wusste, ob das Fragment noch zu leuchten begann. Um sich selbst von der Berührung abzulenken, spie er beinahe verächtlich aus: „Held!“ Seine linke Hand ballte er. „Was hat ein Held schon von seinen heldenhaften Taten?“

Boron überlegte. „Ruhm, Ehre, schöne Frauen“, antwortete der große und gestandene Mann, wobei er bei letzterem lachen musste.

Link zweifelte: „Und wenn sich keiner an den Held erinnert?“

„Er hat Großes vollbracht und sich für etwas eingesetzt. Ob es jetzt für Frieden auf der Welt oder nur für eine scheinbare Belanglosigkeit war. Solange sich der Held daran erinnert und durch seine Taten eine Wendung zum Guten führte, so hat es sich doch schon gelohnt.“ Boron sah ihn wieder an. Er grinste süffisant: „Du hast Sukki aus dem See gezogen. Das war eine Heldentat, denn sie wäre ertrunken, wenn du nicht in den See gesprungen wärst.“

Links Hand begann zu schmerzen. Das Triforce wurde unendlich heiß auf seinem linken Handrücken. Er konnte sich kaum mehr auf das Gespräch konzentrieren. Zu sehr lenkte ihn die innere Berührung ab. Mit aller Kraft stellte er sich gegen diesen Kontakt und schlagartig verschwand der Schmerz.

„Alles in Ordnung, Junge?“

Link sah in das Gesicht seines Ziehvaters und blickte in die dunklen sorgenvollen Augen.

Etwas blass um die Nase nickte er.

Ein leeres Gefühl breitete sich in ihm aus. Je mehr er sich gegen diesen Kontakt stellte, desto einsamer fühlte er sich.

Boron nahm diese Aussage so hin, dann versuchte er das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken. „Morgen bist du ein erwachsener Mann. Sicherlich wirst du bald deine ersten Erfahrungen mit einer jungen Frau machen.“

Link errötete. Sein Atem stockte.

„Es gibt Regeln, denn gewisse Erfahrungen lernt man erst nach dem Ehevollzug kennen. Ich hoffe, du weißt das.“

Link nickte schnell.

Boron spürte, das dem Jungen das Thema unangenehm war und nickte letztendlich. „Du solltest dich vor dem Frühstück deinem Haarwuchs im Gesicht widmen. Ich zeig es dir bei Sonnenaufgang.“

Wieder nickte Link. Er schuldete ihm etwas. Dieser Mann hatte ihn vor vier Jahren bei sich aufgenommen, seine Fragen zurückgehalten. Sich um ihn und seine Erziehung gekümmert, ihm die Lehre des Hufschmieds angeboten und ihm Unterkunft und Essen gegeben – ohne je etwas zu verlangen. „Vielen Dank, Boron, für alles was du in den letzten Jahren für mich getan hast. Du hast mir eine Familie gegeben, ein zuhause und ich bin dir sehr dankbar dafür.“

Boron klopfte ihm kräftig zwischen die Schulterblätter, das Link wieder die Luft aus den Lungen entwich. „Schon gut, Junge!“

Link kam langsam zu Atem, richtete sich auf und blickte seinen Ziehvater ernst an. „Ich werde euch in meine Vergangenheit einweihen. Nur gib mir noch etwas Zeit.“

Der dunkelhaarige Hufschmied nickte und glaubte ihm jedes Wort. „Ich weiß...“, er nickte erneut, sah den Jungen an, dann hinauf in den dunklen Nachthimmel. „...nur manchmal wünschte ich mir, du würdest uns alles schon früher anvertrauen. Dann könnten wir dir auch helfen.“

Link blieb stumm, verstand was Boron ihm sagen wollte, aber helfen konnten sie ihm auch nicht.

Wiegenfest

Die aufgehende Sonne weckte das Land. Auch Link erwachte mit den ersten Sonnenstrahlen. Er schwang seine langen Beine aus dem weichen und warmen Bett und setzte sich hin. Das Bett, ein Schrank und eine kleine Kommode war die gesamte Einrichtung, alles handgefertigt und aus dunklem Holz. Sein Blick wanderte durch die Kammer. Es war mehr als er in den letzten Jahren hatte. Ein Dach über dem Kopf, ein Bett, ein zuhause.

Er fühlte sich wohl.

Dieses Gefühl empfand er erst einmal in seinem Leben und das war der Moment indem er mit Zelda zusammen war.

Blaue Augen blitzten in seinen Gedanken auf. Er spürte wie sie erneut den Kontakt zu ihm suchte. Die Schmerzen in seiner Hand wurden zu groß und er brach wieder den Kontakt ab, ehe er entstehen konnte.

Was war nur geschehen? Früher hatte er sie auch spüren können, ohne das er das Gefühl bekam zu verbrennen. Wieso gelang es ihm jetzt nicht mehr? Warum suchten ihn diese unsagbaren Schmerzen heim, sobald sie nur versuchte Kontakt zu seiner Seele aufzunehmen? War er verflucht? Oder wollte das Schicksal ihn von der Prinzessin des Landes fernhalten? Er seufzte. Was machte er sich überhaupt etwas vor... Er war ihrer sowieso nicht würdig. Ein einfacher Junge ohne bekannte Herkunft konnte nicht mit der Prinzessin des Landes befreundet sein. Allein der Unterschied ihres Standes verbot es doch schon.

Es klopfte an der Türe. Langsam und mit einem knarrenden Geräusch öffnete diese sich.

Boron betrat die Kammer. „Bist du schon wach?“ Seine Augen betrachteten den jungen blonden Mann. „Dann können wir mit deiner Gesichtspflege beginnen.“

Link stand auf und stellte sich neben seinen Ziehvater vor die Kommode, auf der eine einfache Waschschüssel stand. An der Wand hing ein runder kleiner Spiegel, gerade so groß das Link sein Gesicht darin erkennen konnte.

Boron zog ein kleines Messer hervor und einen Schleifstein und begann Link in die Künste des Bartschneidens einzuweihen.

Eben setzte der junge Mann das Messer wieder an seinem Kinn an, da wurde die Türe aufgerissen.

Qantas erschien in der Kammer. „Guten Morgen, Link! Was machst du da?“

Dieser Augenblick der Unachtsamkeit führte dazu, das der Blonde sich mit dem Messer in die empfindliche Gesichtshaut schnitt. Ein brennender Schmerz führte dazu, das er erschrocken das Messer fallen ließ.

Boron zog ein Tuch hervor und hielt es an Links Kinn. „Das passiert auch mir hin und wieder“, erklärte er. „Pass nur auf das dir das nicht öfter und besonders am Hals geschieht“, scherzte er, wobei Link nicht zum Lachen zumute war.

Niemals hatte er auch nur angenommen, das ein winziger kaum zu erkennender Schnitt solche Schmerzen verursachen konnte. Dagegen waren alle Wunden und Verletzungen, die auf seinem Körper Narben hinter lassen haben, kaum der Rede wert.

Pantas stürmte ebenfalls ins Zimmer: „Ist Link schon wach?“

„Ja...“, antwortete Qantas und blickte besorgt zu seinem Zwillingsbruder: „... aber Papa und er verstümmeln sein Gesicht.“

„Das wird nicht verstümmelt, sondern gepflegt“, erwiderte Boron mit einem Blick auf seine Zwillinge. „Wenn ihr in Links Alter kommt, werdet ihr verstehen was wir hier machen.“

Der Blonde nahm das Messer wieder in die Hand und setzte erneut hochkonzentriert an. Niemals hätte er erwartet, das das Schneiden eines Bartes so gefährlich war.

Wenige Augenblicke später war es dann auch geschehen. Links blonder Haarwuchs im unteren Gesichtsbereich war verschwunden. Im Spiegel blickte ihm ein junger Mann mit inzwischen kantigeren Gesichtszügen entgegen. Von dem kleinen Jungen, der als zehnjähriger Hyrule vor dem Untergang bewahrte, war nichts mehr zu sehen. Seine blauen Augen betrachteten aufmerksam die spitze Nase, die schmalen Lippen, die hohe Stirn und die erwachsenen Gesichtszüge. Es war soweit, er wurde dem zukünftigen Link aus dem alternativen Zeitpfad immer ähnlicher.

Unweigerlich wanderten seine Gedanken zu Zelda. Die wunderschöne erwachsene Zelda, die mit ihm gegen Ganondorf kämpfte um Hyrule zu retten. Ob sie sich sehr verändert hat? Sicherlich war sie kein Kind mehr, aber war sie so schön wie die Zelda, die ihm im alternativen Zeitpfad die Luft geraubt hatte?

Auch wenn er ihre wiederkehrenden Kontaktversuche in seiner Seele abwies, so sehnte er sich doch danach sie einmal zu spüren. Nur für einen kurzen Augenblick wollte er sich davon überzeugen, das es ihr gut ging.

Aber von selbst suchte er sie nicht über das Seelenband auf. Er hatte es einmal getan und die damit verbundenen Schmerzen waren peinigend und kaum zu ertragen. Während ihre Kontaktaufnahme mit einem leichten Prickeln einherging, so fühlte Link sich bei seiner Kontaktaufnahme zu ihr lichterloh in Flammen aufgehen.

„Ein gutaussehender junger Mann“, mischte sich Annelie ein, die hinter den Zwillingen im Zimmer erschien. „Die Frau, welche du an deine Seite auswählst, wird die glücklichste von allen werden.“

„Wer weiß, vielleicht kennen wir deine Zukünftige ja schon“, grinste Boron und Link errötete schlagartig.

„Boron“, mahnte Annelie. „Die erste Mahlzeit des Tages ist angerichtet. Kommt essen.“

Die Jungs verschwanden jubelnd, während Boron und Link zu Annelie traten. „Herzlichen Glückwunsch, mein Sohn.“

Überwältigt von den letzten beiden Wörtern, schluckte Link kräftig, suchte nach seiner Stimme und bedankte sich mit einem strahlendem Gesicht. „Danke!“ Er umarmte seine Ziehmutter, schloss die korpulente Frau fest in die Arme und drückte sein Gesicht an ihre Schulter. Noch nie hatte ihn jemand so herzlich angesprochen. Noch nie hatte er sich so geborgen und sicher gefühlt wie bei diesen Hylianern. Noch nie hatte er zu spüren bekommen, was es bedeutet eine Familie zu haben. Noch nie zuvor - bis jetzt.
 

Sie fanden sich am Esstisch ein, an dem bereits Zoe saß und wartete. „Da seid ihr ja endlich“, begrüßte sie ihre Familie und alle setzten sich an den Tisch. Es wurde ein gemütlicher Morgen, mit fröhlichem Geschwätz.

„Ich muss noch bei einem Pferd die Hufeisen anschauen“, erzählte Boron.

„Kann ich dir dabei helfen?“, fragte Link sofort, der sich geehrt fühlte das man ihm mit diesem Fest eine Freude bereiten wollte, aber dennoch stand er nicht gerne im Mittelpunkt.

Sofort verneinte Boron: „Kommt nicht in Frage. Es ist dein Ehrentag, da wirst du nicht arbeiten.“

Ehe Link etwas erwidern konnte, klopfte es an der Türe. Der Herr des Hauses stand auf und öffnete die Holztüre.

Sukki betrat die Stube. „Guten Morgen.“ Sie lächelte von einem Familienmitglied zum nächsten und bei Link verharrte sie. „Möchtest du heute mit mir ausreiten?“

Link sah sie an, dann zu seiner Ziehmutter. „Ehm...“

„Geh nur. Ich bereite das Essen vor. Seid pünktlich zurück und gib auf Sukki Acht“, stimmte Annelie zu.

Schon stand Link auf, verabschiedete sich von seiner Gastfamilie und verließ mit der braunhaarigen jungen Frau das Haus.

Gleich vor der Türe stand der weiße Wallach und Sukki setzte auf. „Wo ist Epona?“

Link sah die junge Frau an, dann lächelte er. „Wirst du schon sehen.“ Er nahm die Zügel des weißen Wallachs in seine Hände und führte sie aus dem Dorf.

„Ich fühle mich wie eine Prinzessin“, kicherte sie.

Erst außerhalb des Dorfes, überreichte Link ihr die Zügel und zog seine Okarina hervor. Dann setzte er an und spielte Eponas Lied.

Die ruhige Musik erklang überall und auch Sukki lauschte mit geschlossenen Augen und wippendem Kopf dieser traumhaften Melodie. Nachdem auch der letzte Ton der Melodie verhallte, öffnete sie wieder die Augen. „Das war sehr schön. Woher kennst du dieses Lied?“

„Malon hat es mir gelehrt.“

Sukki betrachtete den Blonden lange, dann nickte sie: „Und wo ist jetzt dein Pferd? Oder möchtest du lieber laufen?“

„Epona kommt gleich“, grinste Link.

Von weitem vernahm man Hufgetrappel, welches sich schnell näherte. Dann erschien die schöne braune Stute und blieb vor Link stehen. Sie stupste ihren langjährigen Begleiter mit den Nüstern an und Link begrüßte sie fröhlich. „Hallo, meine Schöne! Lust auf einen Ausritt?“

Sie schnaubte zur Antwort und Link schwang sich geübt auf den Pferderücken.

Sukki betrachtete diesen vertrauten Umgang zwischen Mensch und Tier fasziniert. „Epona ist ein wirklich schöner Name.“

„Den Namen hat Malon ihr gegeben. Dieses Lied ist Eponas Lied. Sobald ich es spiele kommt sie herbei.“

Gemeinsam ritten sie davon.

Sukki schlug eine bestimmte Richtung ein und lauschte seinen Worten. Selten war er so gesprächig. „Dann muss sie ein sehr kluges Tier sein.“

„Das ist sie. Und sie ist eine treue Gefährtin.“

„Und Malon ist eine Freundin von dir?“

Link nickte, dann blickte er zu Sukki und erzählte: „Ihr Vater hat eine Farm in der Steppe Hyrules. Er ist auch der Milchlieferant des Königshaus.“ Seine Gedanken gingen zurück in die Vergangenheit, als er Malon das erste Mal vor den Toren des Schlosses traf. Dieses kleine rothaarige Mädchen, nicht viel größer als er, bat ihn ihren Vater zu suchen, der bestimmt irgendwo schlief. Sie war das erste hylianische Mädchen, das er kennen lernte und es entwickelte sich im Laufe der Zeit eine Freundschaft.

Das braunhaarige Mädchen nickte, ließ aber ihre Augen nicht von Link. „Was hast du noch so erlebt?“

„Ich bin durch Hyrule gereist, dann nach Termina und weiter nach Alnayru.“

Sukki lenkte ihr Pferd in eine bestimmte Richtung. Der Wald wurde etwas dichter und überall standen Büsche. Als sie einige dieser aber durchbrachen standen sie wenig später vor dem großen See. Sukki sprang ab und setzte sich ans Ufer.

Link folgte ihr. Die Pferde ließen sie einfach in der Nähe grasen.

Eine ganze Weile saßen sie schweigend nebeneinander in der Wiese und betrachteten das stille Wasser.

„Hier haben wir uns kennengelernt“, sprach sie plötzlich.

„Du meinst wohl: Aus diesem See hab ich dich gefischt“, neckte Link das Mädchen neben sich und grinste süffisant.

„Wie auch immer. Ich dachte mir, du möchtest vielleicht ein wenig zur Ruhe kommen.“ Sie blickte zum Himmel auf. „Das Wetter ist so herrlich.“

Link verstand nicht worauf Sukki hinaus wollte, doch seine Begleitung stand bereits auf und öffnete die Bänder ihres Kleides. Mit großen Augen und rotem Kopf starrte er die braunhaarige junge Frau an, als sich auch schon das Kleid von ihren Schultern löste und auf den Boden glitt. Der Blonde schluckte kräftig, während seine Augen auf dem weiblichen Körper ruhten, der noch in einer weißen Stofflage verhüllt war. Ihre Brust zeichnete sich unter dem Stoff ab. Die schlanke Figur, die schmale Hüfte und der runde Po sahen einfach vollkommen aus. Die langen Beine rundeten Sukkis Erscheinungsbild ab.

„Kommst du mit?“

Erst jetzt sah er ihren süffisanten Blick und schamvoll drehte er den Kopf zur Seite. Für sein Starren könnte er sich ohrfeigen.

„Komm schon, ich möchte nicht allein ins Wasser“, forderte sie ihn erneut auf und trat auf das kühle Nass zu.

„Du kannst doch gar nicht schwimmen“, stellte Link besorgt fest und sah ihr zu, wie sie ihren Fuß ins Wasser tauchte.

„Ich bleib in der Nähe des Ufers.“

Link wurde unwohl, während seine Augen sich nicht von ihrem Körper lösen wollten. Er betrachtete die grazilen Bewegungen und entdeckte die aufgestellten Härchen auf ihrer Haut, als diese mit dem kühlen Wasser in Berührung kam. Schlagartig wurde ihm wohlig warm und die Hitze stieg an. Vielleicht wäre es doch besser schwimmen zu gehen. Schnell löste er den Gürtel und zog sich seine Tunika über den Kopf. Auch aus den Stiefeln schlüpfte er. Das was er noch trug waren seine Handschuhe, die das Triforcezeichen auf seinem linken Handrücken vor fremden Blicken schützten und ein weißes Hemd sowie eine weiße Hose. Dann nahm er Anlauf und sprang mit den Füßen voraus in den See. Im Flug zog er seine Beine an und tauchte wie ein Stein ins Wasser.

Das kühle Nass spritzte Sukki an und ließ diese überrascht quieken. Als Link jedoch vor ihr auftauchte begann sie herzhaft zu lachen und beide spritzten sich nass.

Die Sonne stand schon bald am höchsten Punkt und völlig atemlos kehrten die jungen Erwachsenen zurück ans Ufer. Kraftlos legten sie sich ins Gras nieder, blickten in den blauen Himmel und genossen die Stille, welche sie umgab. Es dauerte nicht lange, da waren sie eingeschlafen.
 

Um ihn herum herrschte Finsternis. Ein beißender Geruch verbreitete sich. Ein Geruch, der ihm allzu bekannt noch in der Nase hing. Es war der Geruch des Todes. Er versuchte zu entkommen, aber es gelang ihm nicht. Er wollte sich bewegen, blieb aber am Boden haften, schaffte es nicht einen Fuß anzuheben. Etwas schweres zog an seinen Beinen und machte ihm ein Fortkommen unmöglich. Dann vermischte sich ein anderer Geruch mit dem des Todes. Auch ohne die Vergangenheit, den alternativen Zeitpfad, hätte er es sofort erkannt. Feuer. Schon stand er inmitten der Flammen. Es wurde so unsagbar heiß. Das Gefühl er würde jeden Moment bei lebendigem Leib verbrennen schürte Angst, die schnell in Panik umschlug. Wieder versuchte er davon zu laufen, aber erneut konnte er sich nicht bewegen. Wie erstarrt stand er inmitten der Flammen. Von weitem hörte er ein Baby schreien. Panisch sah er sich um, versuchte etwas in den Flammen zu erkennen, dann lief eine verhüllte Gestalt an ihm vorbei. In ihren Armen ein weinendes Bündel. Er wollte ihnen nachrufen, er wollte auf sich aufmerksam machen, aber er schaffte es nicht. Kein Ton verließ seine Lippen. Um ihn herum verschlang das Feuer alles was in den Weg kam.
 

„Link, bitte, wach auf! Hör doch!“

Er schlug die Augen auf und sah in ein besorgtes braunes Augenpaar. Erst jetzt spürte er, wie angespannt seine Muskeln waren. Ein Traum... ein schrecklicher Traum.

„Link, ich bin so froh. Du hast so geschrien und um dich geschlagen. Ich wusste nicht...“, Sukki brach ab und warf sich schluchzend auf seine Brust und vergrub ihr Gesicht in seinem von der Sonne getrockneten Hemd.

Langsam richtete Link sich auf, sah auf den braunen Haarschopf hinab und streichelte sanft über den zitternden Rücken. „Ich hab nur schlecht geträumt.“

Dann erst blickte er sich um. Inzwischen stand die Sonne sehr tief. Die letzten Strahlen suchten sich einen Weg durch das dichte Blätterdach des Waldes. Die Dämmerung hüllte das Land ein.

Link fühlte sich ausgeschlafen, trotz des Albtraums. Die aufgewühlten Gefühle kämpfte er nieder. Dann fiel ihm ein das seine Familie mit dem Essen auf sie wartete. „Sukki, wir müssen zurück.“

Ihre Tränen waren schnell getrocknet. Dann zogen sie sich wieder an und ritten mit den Pferden zum Dorf zurück.
 

Kurz vor Einbruch der Nacht erreichten sie die Hufschmiede und betraten die Stube.

Das Essen köchelte und verbreitete seinen köstlichen Duft in der Stube. Die Familie deckte soeben den Tisch und alle Augen richteten sich auf die zwei Eintretenden.

Link entging nicht wie liebevoll der Tisch dekoriert war, mit einem Blumenkranz und auf seinem Teller lag sogar ein Gänseblümchen. Er schmunzelte, denn diese Geste kam ganz bestimmt von Zoe.

Der fünfarmige Kerzenständer stand in der Mitte des Tisches. Dieser silberne Leuchter schützte, durch seinen Samtbezug am Boden, den Tisch vor Kratzern. In der Mitte des Leuchters war ein Halter für eine Kerze. Zusätzlich gingen vier Arme weg, die kunstvoll gebogen und verziert waren und ebenfalls je eine Kerze hielten. Dieser Kerzenständer wurde nur zu besonderen Festen hervor geholt. Und das er für diesen Tag einen Platz an der Tafel fand, rührte Link.

„Wie schön, ihr seid zurück. Dann können wir ja gleich essen.“ Annelie verschwand und Sukki folgte ihr in die Küche um zu helfen.

Link hingegen blickte zu seinen Ziehgeschwistern und lächelte.

Pantas und Qantas sprangen zu ihm: „Sieh nur Link, den Blumenkranz haben die Mädchen im Dorf gebunden.“

„Und was habt ihr gemacht?“

„Wir haben nach Schnecken gesucht. Papa meinte, das Schnecken eine Delikatesse sind, aber wir haben keine gefunden“, antwortete Pantas.

Link wurde flau im Magen, dennoch rang er sich ein Lächeln ab. „Wie schade“, zwang er sich zu sagen. „Was habt ihr sonst noch gemacht?“

„Wir haben dir das hier gebastelt“, verkündete Qantas.

Schon zogen die beiden einen Langbogen hervor.

Link nahm ihn entgegen und betrachtete ihn ehrfürchtig. Dieser Bogen war wunderschön. Er wurde aus Eibenholz gefertigt mit einem tiefen D-förmigen Bogenarmquerschnitt ohne Griffband. Die elastischen Enden waren mit der Bogensehne verbunden. Das Holz wurde zum Schutz lasiert und glänzte dadurch. Die filigrane Maserung des Holzes zeigte die Einzigartigkeit. Dem vergessenen Held der Zeit fehlte die Sprache. „Und ihr habt diesen Bogen gebastelt?“ Überrascht und gerührt zugleich und dennoch etwas ungläubig blickte er die Zwillinge an.

„Ja“, bestätigten diese selbstbewusst.

„Wie lange habt ihr dafür gebraucht?“

„Seit letzten Vollmond“, antwortete Pantas.

„Und Mister Ektarius hat uns geholfen“, erklärte Qantas.

Link schmunzelte. „Das war sehr nett von Mister Ektarius euch zu helfen.“ Er musste unbedingt zur Holzschnitzerei gehen und dem älteren Mann danken. Nicht nur das er Pantas und Qantas bei der Herstellung half, sondern auch und im Besonderen für diesen wundervollen Bogen. Im nächsten Moment kniete er sich zu seinen Ziehbrüdern hinunter, drückte einen nach den anderen und wuschelte ihnen durch das dunkle Haar. „Ich danke euch“, fügte Link hinzu und blickte die beiden aufrichtig an.

Pantas wischte sich mit seinem Ärmel verlegen über die Nase, während Qantas sich eine Hand an den Hinterkopf legte und lachte. „Gefällt er dir?“

„Es ist das schönste Geschenk, das ich je bekommen hab.“

Die Zwillinge grinsten stolz.

Zoe stand die gesamte Zeit im Hintergrund, die Arme hinter dem Rücken verschränkt und wartete lächelnd. Doch nun trat sie vor. „Ich hab bei den Blumenkränzen geholfen und die Blume auf deinem Teller ist auch von mir.“

Link umarmte auch die Fünfjährige und bedankte sich glücklich. Hier hatte er eine wundervolle Familie gefunden und war zum ersten Mal in seinem Leben wirklich glücklich und konnte all die Sorgen für einige Zeit vergessen.

Annelie, Sukki und Boron traten in die Stube, stellten das gekochte Essen auf den Tisch und verteilten die Portionen. Und schon fanden sich alle auf den Plätzen um den Tisch ein. Die Kerzen auf dem Kerzenleuchter wurden angezündet und nach einem Tischsegen begann die Familie zu essen.

„Was habt ihr heute unternommen?“, betont beiläufig steuerte Annelie das Gespräch in eine bestimmte Richtung.

„Wir waren am See“, antwortete Link unbedacht.

Schnell tauschten Boron und Annelie einen Blick aus, dann hakte das Familienoberhaupt nach: „Am See?“

„Ja, wir haben geredet, sind ein bisschen geschwommen und dann eingeschlafen.“ Von seinem Albtraum erzählte Link nichts, auch Sukki hielt sich darüber in Schweigen.

„Du kannst doch gar nicht schwimmen“, fragte nun auch Annelie an Sukki gewandt nach. Aber eine ganz andere Frage lag ihr auf den Lippen.

„Ich bin in der Nähe des Ufers geblieben.“ Sie blickte auf. „Nach dem Baden war es so schön in der Sonne, das mich die Müdigkeit einfach überfiel.“

Link wunderte sich, warum sie nichts von seinem unruhigen Schlaf erzählte, aber sie saß einfach nur am Tisch und aß schweigend.

„Warum habt ihr uns nicht mitgenommen?“, fragte Pantas.

„Wir wollen auch schwimmen gehen“, stimmte Qantas zu.

Zoe stimmte auch mit ein: „Das nächste Mal dürfen wir auch mit, versprochen?“

Ihr großer Ziehbruder nickte: „Ja, das nächste Mal dürft ihr mitkommen, versprochen!“

Nach dem Essen schnitt Link seinen Festtagskuchen an. Apfelkuchen mit Zimt – und nur Annelie konnte solch eine Köstlichkeit zaubern. Link liebte diesen Kuchen und bereute fast schon die vielen Jahre davor nicht auch mit dieser Süßspeise verwöhnt worden zu sein.

Nach dem Essen brachten Annelie und Boron die Kinder ins Bett, während Link Sukki hinaus begleitet. Epona war mal wieder verschwunden und nur noch der weiße Wallach von Sukki stand vor dem Haus.

„Den Tag heute am See zu verbringen... das war sehr schön.“

Sukki lächelte. Ihre Finger glitten zu ihrer Tasche und zogen eine Kette daraus hervor. Ein Schlüssel hing an den Kettenfäden. „Ich möchte dir das noch schenken, Link.“ Sie reichte dem jungen Mann die Kette. Dieser band sie sich sofort um und betrachtete den Schlüssel aufmerksam. „Es ist ein Symbol für meine Zuneigung zu dir“, gestand sie plötzlich. „Dieser Schlüssel soll dich immer daran erinnern, das du Zugang zu meinem Herzen hast.“

Errötet, weil er nicht wusste, was er sagen oder tun sollte, verharrte Link und starrte das hübsche Mädchen mit großen Augen an. Das war ihm noch nie passiert.

Sukki zögerte nicht lange, trat auf Link zu und legte ihre Lippen auf seine.

Ein angenehmes Gefühl erwärmte ihn von innen heraus. Es fühlte sich gut an und nun verstand er warum sich Erwachsene so gerne küssten. Etwas unbeholfen versuchte er den Kuss zu erwidern und mit etwas Übung standen sie wenig später eng umschlungen und ließen sich in diesem Moment einfach treiben.

Es gefiel ihm sie zu küssen und die wohlige Wärme breitete sich in seinem Innersten aus. Er genoss den Moment der Stille.

Zumindest bis er wieder spürte, wie es in seiner linken Hand zu prickeln begann. Er wollte nicht gestört werden, er wollte dieses Brennen nicht mehr spüren. Er wollte nur noch das es aufhörte, das sie aufhörte ihm diese Schmerzen zuzufügen.

Während er spürte, wie Sukki ihre Lippen öffnete und ihre Zunge sich ihm entgegen tastete, prickelte es stärker in ihm. Nein, dieser Schmerz, es tat so weh. Mit aller Kraft wehrte er sich gegen die Seelenverbindung, versuchte seine gesamte Aufmerksamkeit dem Mädchen in seinen Armen zu widmen.

Der Schmerz nahm weiter zu und verstärkte sich nochmals, es fühlte sich an als würde seine Hand in Flammen stehen.

Er spürte Sukkis Zunge in seinem Mund und als er diese mit seiner Zunge berührte, durchzuckte es ihn wie ein Blitzschlag. Es fühlte sich wie ein innerlicher Riss an. Ein unsagbares Gefühl der Leere breitete sich schlagartig in ihm aus, dennoch ignorierte er es. Zu sehr abgelenkt von diesem zärtlichen Kuss und der jungen Frau in seinen Armen.

Schloß Hyrule

Die Sonne senkte sich über den Horizont herab. Der Wolkenverhangene Himmel erstrahlte in violett und orangefarbenen Tönen. Dazu verschleierte die bereits hereinbrechende Nacht das von der untergehenden Sonne unberührte Wolkenzelt in ein tristes grau. Die Temperaturen sanken mit dem zunehmend schwächeren Sonnenlicht. Eine erfrischende Kühle überzog das Land und am nächsten Morgen würden die Wiesen, die Blumen, die Gräser, die Bäume und Sträucher von Tau überzogen sein.

Tau...

Der Gedanke an den beschlagenden Niederschlag aus flüssigem Wasser, stimmte sie melancholisch.

Die aufsteigende Kälte überzog die schlanken, nur von dünnem dennoch edlen Stoff verdeckten, Arme. Ein Schauer überzog ihren Körper und ließ sie frösteln. Die feinen Härchen ihrer Haut stellten sich auf.

Frierend verschränkte sie ihre Arme vor der Brust, rieb sich über die kühle Haut um wenigstens ein wenig Wärme zu erzeugen, allerdings blieb dieser Versuch erfolglos.

Die letzten Strahlen wurden von der Dunkelheit verschluckt. Eine trübe Stimmung hüllte das Land ein.

Fast erinnerte sie dieser Anblick an eine unheilvolle Aura. Erinnerungen suchten sie heim. Schreckliche Gedanken, grausame Bilder, so real und dennoch so weit entfernt.

Sie schloss für einen kurzen Moment die Augen, atmete tief die klare, kühle und frische Luft ein. Genoss beinahe das belebende Gefühl in ihren Lungen, ehe sie die Luft wieder ausstieß. Sanfte, weiße Wölkchen bildeten sich vor ihren Lippen. Ein weiteres Anzeichen das bald der Winter das Land ereilen würde.

Ein erneuter Winter, ein erneutes Jahr, ein erneuter Schritt in die Zukunft, ein erneuter Stich in ihrem Herzen.

Eine einzelne Träne löste sich aus ihren geschlossenen Augen, rollte über die weiche, porzellanweiße Haut hinab, an den vollen, zartrosa Lippen vorbei hin zum Kinn. Dort blieb sie hängen, wie ein Tropfen an einem Blatt, der sich nicht lösen wollte.

Die Träne zog sich länger und länger hinab, verformte sich oval und letztendlich löste sich der Tropfen von der Haut. Wie in Zeitlupe fiel die Träne hinab. Als die Träne auf dem Boden aufschlug erklang ein zartes, glockenhelles Klingeln. Zeitgleich öffnete die junge Frau ihre trüben Augen. Das Blau darin, was einst einmal an den klaren, wolkenlosen und endlosen Himmel von Hyrule erinnerte, von einem Schatten überzogen.

Eine Windböe zog auf, fuhr ihr durch das lange blonde Haar und spielte mit ihren Strähnen. Erneut überzog sie ein Schauer.

Dieser Abend erinnerte sie an diese eine unheilbringende Nacht vor einigen Jahren aus einem anderen Zeitpfad. Kaum einer erinnerte sich an diese Zeit und das beruhigte sie einerseits, denn die Bewohner dieses Landes wussten nichts mehr von dem schrecklichen Leid. Andererseits bekümmerte sie es, da ihr einziger Verbündeter, ihr einziger Vertrauter, ihr liebster und einziger Freund so sehr unter diesen Erinnerungen litt. Es schmerzte sie zutiefst, ihm nichts von seinen seelischen Lasten abnehmen zu können, trug sie doch Schuld an seinem Leid. Sie alleine trug ihm diese schwere Aufgabe damals auf.

Der Gedanke das es ihm durch das Schicksal vorherbestimmt war tröstete sie kaum.

„Link“, hauchte sie beinahe tonlos.

Sie spürte seine Seele und wenn nur für einen kurzen Augenblick, nicht länger als ein Wimpernschlag, aber dieser Moment beruhigte sie zutiefst. Es ging ihm gut. Er war wohlauf. Sie wollte mehr von ihm erfahren, suchte nach einer Verbindung zu ihm und fand sie auch, doch plötzlich durchfuhr sie ein innerlicher Blitzschlag, wie ein Riss und die Verbindung verschwand.

Tränen traten in ihre Augen. Eine tiefe Leere breitete sich in ihr aus. Ein wehmütiges Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab. Sie wusste was es bedeutet, wollte diese Tatsache aber nicht wahrhaben. Die Folgeerscheinung könnte sie nicht ertragen. Die daraus resultierende Einsamkeit würde sie nicht verkraften.

„Zelda?“

Die Stimme ließ sie aufhorchen. Schnell wischte sie sich mit ihren Händen über die Augen, fasste sich, würde Haltung bewahren, so wie man es von einer Prinzessin erwartet. Traurigkeit war ein Zeichen von Schwäche. Schnell wäre sie ein Opfer der Feinde. Unmerklich richtete sie sich auf, versteifte ihre Haltung, dennoch drehte sie sich nicht um.

Die Dunkelheit verströmte eine seltsame Ruhe. Ein unruhiges Gefühl keimte in ihr auf.

„Zelda, was macht Ihr hier draußen?“

Die ihr so vertraute Stimme erklang direkt hinter ihr. Schnell war die Person näher gekommen, legte ihr die rauen Hände auf die nackten Schultern. Eine angenehme Wärme umfing ihre kalte Haut.

„Ihr seid eiskalt. Der Herbst geht in den Winter über. Ihr holt euch hier noch den Tod. Lasst uns hineingehen.“

Sie spürte den Druck der großen warmen Hände. Die Sorge um sie hörte sie deutlich.

Ihre Augen hingen in der Dunkelheit. „Spürst du das auch?“

„Was soll ich spüren?“

„Es ist so still. Die Finsternis fühlt sich zeitlos an. Ein Schatten legt sich über das Land.“

„Was fühlt Ihr genau?“ Sorgenvoll senkte sich die Stimme, wirkte einige Nuancen tiefer.

Schweigend verharrte sie. Schloss ihre Augen, hörte in sich hinein. Sie suchte nach einer Verbindung, fand aber keine mehr. Endlose Augenblicke verstrichen, ehe sie den Kopf schüttelte. „Nichts.“ Und eben dieses Nichts bereitete ihr unermessliche Sorgen. Sie besann sich und drehte sich in den Armen um. Ihre Augen fielen auf das üppige Dekolleté, welches von einem breiten schwarzen ledernen Band überdeckt wurde. Das rote Auge welches einen riesigen Tropfen weinte, ein Zeichen der Herkunft und des Stammes ihres Gegenüber, zogen ihren Blick wie magisch an.

Die aufkommenden Erinnerungen an den anderen Zeitpfad verdrängend, die Traurigkeit über die unausweichliche Einsamkeit ignorierend, sammelte sie sich und blickte schließlich in die roten Augen ihrer langjährigen Vertrauten, Zofe und Ziehmutter. „Impa, irgendwas geschieht da draußen.“ Sie wandte besorgt ihr Gesicht ab und blickte wieder in die Dunkelheit der Nacht. Den sorgenvollen Blick der letzten überlebenden Shiekah erahnte sie noch bevor sie ihn spüren konnte.

„Ihr solltet Euch ausruhen, Hoheit.“

Zelda nickte, zog sich in ihr Gemach zurück. Impa verabschiedete sich: „Vielleicht irrt Ihr auch nur und Hyrule ist nicht in Gefahr.“

Nicht überzeugt, dennoch nachgebend nickte die Prinzessin: „Ja, so wird es sein.“

„Gute Nacht, Prinzessin Zelda.“
 

Das Land Hyrule lag in tiefer Dunkelheit. Ein finsterer Schatten hüllte die Steppe, die Dörfer, die Stadt und letztendlich auch das Schloss ein. Die klirrende Kälte, welch diese Schwärze mit sich brachte, ließ sie bibbern. Sie stand auf ihrem Balkon, das Triforce der Weisheit strahlte im hellsten Blau. Ihr Herz pochte vor Angst, das Blut rauschte in ihren Ohren. Die Kälte ließ sie erschaudern.

Ein großes schwarzes waberndes Nichts baute sich vor ihr auf.

Das Fragment in ihrer Hand pulsierte stärker. Sie konnte um sich herum nichts mehr erkennen. Sie schien gefangen. Unter der Kälte erzitterte ihr Körper, ihre Beine gaben nach und sie sackte in sich zusammen.

Verbissen blickte sie auf. Da erschienen drei rote Punkte in der Finsternis.
 

Zelda schreckte aus dem Schlaf und starrte auf den samtenen roten Baldachin ihres Himmelbettes. Ihr Herz raste. Hektisch blickte sie sich um und erkannte das es keine Gefahr in ihrem Gemach gab. Es war nur ein Albtraum. Ihre Augen wichen nun zum Fenster.

Im Land brach der Morgen an.

Ein beruhigender Anblick, der auch ihren Herzschlag zur Ruhe brachte. Ihre blauen Augen, einst so klar und glänzend, schienen an diesem Morgen aber matter denn je zu sein. Sie richtete sich auf und lehnte sich an die vielen Kissen in ihrem großen Bett an. Kaum richtig wach, arbeiteten ihre Gedanken bereits.

Was bedeutete nur dieser Traum? Alles deutete auf eine Gefahr hin und würde zumindest ihre Ahnung bestätigen, auch wenn sie noch keine unmittelbare Gefahr für Hyrule spürte.

Zudem fragte sie sich was nur mit Link geschehen war. So oft hatte sie versucht ihn aufzuspüren, aber sie fand diese einzigartige Verbindung nicht mehr zu ihm. Das Seelenband zwischen der Prinzessin des Schicksals und dem Held der Zeit gab es nicht mehr. Es war letzte Nacht zerrissen.

Unendliche Traurigkeit breitete sich in ihrem Herzen aus.

Er war der einzige, dem sie überhaupt noch vertrauen konnte. Nur er brachte die Sonne in ihr Herz und die Hoffnung auf den Frieden.

Hyrules Schicksal war noch nicht geschrieben. Sie ahnte das ihr Land bald erneut an einem Scheidepunkt stand. Und dieses Mal wusste sie, das sie allein kämpfen würde. Der Held der Zeit stand nicht mehr an ihrer Seite.

Zelda schloss ihre Augen, versuchte ihn zu spüren, irgendetwas zu spüren, aber es geschah nichts. Sie spürte absolut nichts und das bereitete ihr unermessliche Sorgen.

Es klopfte kurz an der Türe, dann allerdings trat Impa ein. Die weißhaarige Shiekah, betrachtete besorgt das blasse Gesicht und verschränkte ihre Arme vor der Brust. „Prinzessin“, begann sie, doch da schüttelte die junge Thronerbin den Kopf. Impa verstummte.

„Ich habe einen Auftrag für dich“, sprach Zelda ernst und auch traurig zugleich. „Etwas geschieht in Hyrule. Finde heraus was es sein könnte. Wenn du nicht fündig wirst, suche die Weisen auf und bitte sie dir zu helfen.“

„Die Weisen?“ Impa blickte sie ernst an. „Nach dem Zeitkrieg entschieden wir doch, das die Weisen in ihre Welten zurückkehren.“

„Ich weiß“, antwortete die junge Frau trüb. Sie schlug die Decke zur Seite und stand auf. Ernst blickte sie zu ihrer Zofe auf. „Sie sollten dennoch vorgewarnt sein.“

Impa schien noch etwas sagen zu wollen, doch dann hielt sie sich zurück, verbeugte sich und verließ das Gemach um sich für die Abreise vorzubereiten.

Zelda blickte zu dem großen Rundbogenfenster hinaus, das ihrem Bett gegenüber lag. Der Himmel über Hyrule war so klar und blau wie jeden sonnigen Tag. Doch sie konnte sich nicht an ihm erfreuen. Zu trüb und dunkel blickte sie der Zukunft entgegen.

Das schlichte Nachtgewand schmeichelte ihrer schlanken Figur. Sie zog sich ihren Morgenmantel über und trat auf den Balkon hinaus. Für einen Moment schloss sie die Augen, lauschte den verschiedenen Geräuschen, den fröhlichen Lauten, dem friedlichen Leben.

Sie hörte die Vögel zwitschern, überall erklang Musik, denn die Hylianer liebten es auf ihren Instrumenten zu spielen. Sie bildete sich sogar für einen kurzen Moment eine Okarina zu hören. Ein wenig lauschte sie den verschiedenen Melodien. Dann aber wurde es wieder Zeit sich auf ihre Aufgabe zu konzentrieren.

Sie streckte den Rücken durch, lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf das unmittelbar bevorstehende und hörte wie jemand ihr Gemach betrat. Sicherlich war das eine ihrer Hofdamen, die ihr beim Umkleiden helfen wollte. Sie gönnte sich nochmals einen Blick über die Häuserdächer von Hyrule Stadt bis hin zur weiten hylianischen Steppe, ehe sie ihren Morgenmantel vor ihrer Brust zusammenzog und in ihr Gemach trat.

Überrascht starrte sie denjenigen an, der nichts in diesem Raum zu suchen hatte. „Lord Siam.“ Erbost über diese Dreistigkeit zog sie ihre blonden Augenbrauen zusammen und fuhr ihn mit eisiger Stimme an: „Was führt Euch zu mir?“

„Guten Morgen, Hoheit“, verbeugte sich ein älterer Mann, in seiner lilafarbenen Robe gekleidet, die ihn als erster Berater des Königs auszeichnete.

„Ihr habt kein Recht mich in meinem Gemach aufzusuchen. Alles was es zu besprechen gibt wird im Thronsaal oder im Arbeitszimmer meines Vaters beratschlagt. Warum seid Ihr hier?“

„Euer Majestät, ich bin zutiefst beschämt Euch in Euren privaten Gemächern aufzusuchen, aber es ist letzte Nacht etwas vorgefallen, das Ihr unverzüglich wissen solltet.“

„Es kann nicht warten bis ich angezogen bin?“ Um ihre Aufmachung zu verdecken, zog sie ihre Arme enger vor der Brust zusammen.

„Leider, nein, Majestät.“ Er richtete sich wieder auf und blickte der Prinzessin direkt in die Augen.

Zelda hatte schon immer ein ungutes Gefühl in der Gegenwart dieses Mannes empfunden. Das er sie nun mit diesen boshaften und kalten Augen ansah, trug nicht gerade dazu bei ihre Abneigung zu schmälern. Unruhe breitete sich in ihrem Innersten aus. Sollte ihr Traum eine Vision sein und etwas Schreckliches braute sich im Land zusammen?

„Vom Außenposten in Alnayru wurden Angriffe vermeldet. Wir müssen von einem Angriff des Königreichs Hyliades ausgehen und sollten sofort zum Gegenschlag ansetzen.“

Zelda zu überrascht von den Worten des ersten Beraters schüttelte den Kopf. „Nein, ein Krieg ist beileibe zu vermeiden.“

„Hoheit, seine Majestät ist bereits informiert und plant die nächsten Schritte.“

Wieder einmal ohne sie um ihre Meinung zu bitten. Nach dem Zeitkrieg hoffte sie wirklich ihr Vater habe daraus gelernt.

„Ist es denn bewiesen, das es sich um Hyliader handelt?“

„Nein, Majestät, wir vermuten nur, das...“

„Vermutungen sind unangebracht. Solange wir nicht die Gewissheit haben werden wir auch in keinen Krieg ziehen.“ Zelda deutete auf ihre Türe. „Ich werde meinen Vater aufsuchen.“

Der erste Berater verbeugte sich tief und verließ das Gemach der Thronerbin.

Die Prinzessin wandte sich müde zum Fenster, als auch schon ihre Hofdame eintrat und ihr beim Umkleiden half.
 

Anmutig und mit entschlossenem Blick verließ sie ihren privaten Bereich des Schlosses und ging durch die vielen Gänge zum Thronsaal. In diesem saß ihr Vater auf seinem Thron, die Stirn von Falten durchzogen, während er den Berichten eines Boten lauschte. Neben dem Thron stand sein erster Berater und dessen Gehilfe. Zusätzlich war die Leibgarde des Königs versammelt. Fünf Ritter, deren Familien seit vielen Jahren dem Königshaus treu zu Diensten standen.

Als die Prinzessin den Thronsaal betrat, stoppte der Bote in seinen Erzählungen und verbeugte sich tief. Auch die Ritter senkten das Haupt, die rechte Hand zur Faust geballt über ihrem Herzen haltend.

„Zelda“, begrüßte ihr Vater sie sorgenvoll.

Die Prinzessin ging durch die im Halbkreis aufgestellten Ritter und stellte sich neben den Thron ihres Vaters. Die Hände vor ihrem Unterleib gefaltet.

Mit wenigen Worten berichtete man ihr über die neuesten Erkenntnisse und der König deutete dem Boten fortzufahren.

„Die Anschläge kamen überraschend. Drei Soldaten sind schwer verletzt. Zwei weitere kamen erst hinzu, als es vorbei war.“

Die Prinzessin übernahm das Wort. „Und wer die Angriffe verübt hat ist noch ungewiss?“

Der Bote blickte zur Thronfolgerin des Landes auf und senkte den Blick. „Ein Soldat beschrieb einen Hyliader, Majestät.“

„Bezeugten diese Aussage auch die zwei anderen Soldaten?“

„Nein, Majestät. Ein anderer ist nicht ansprechbar“, antwortete der Bote.

Der König fuhr sich mit seiner Hand über die Stirn. „Dann müssen wir wohl davon ausgehen, das Hyliades den Friedensvertrag bricht.“

Zeldas Blick huschte zum königlichen ersten Berater, der herablassend zu ihr sah. Auch wenn sonst nichts seiner verschlossenen Mimik zu entnehmen war, so wusste Zelda in diesem Moment, das er sich bestätigt fühlte. „Und kann sich der dritte Soldat äußern?“, fragte sie nach, ohne auf die Aussage ihres Vaters einzugehen.

Der Bote blickte kurz zum Berater, dann zum König und wieder zu der Prinzessin. „Dieser beschrieb ein fremdes Wesen.“

Alle stutzten, während der Blick des Beraters sich verfinsterte.

„Fremdes Wesen?“, hakte der König misstrauisch nach.

Der Bote nickte bestätigend. „Er beschrieb ein langes Geschöpf mit Klauen an wabernden Armen und Beinen. Der Kopf war nur als solcher zu erkennen, weil dieser auf dem Körper saß. Keine Augen, nur drei rote Punkte.“ Der Bote zögerte kurz, dann fügte er noch hinzu: „Jeder Schwerthieb ging hindurch.“

Zelda erinnerte sich an ihren Traum. „Vater, ich bitte dich auf einen Krieg mit Hyliades zu verzichten, solange wir nicht wissen mit welchen Wesen wir es zu tun haben.“

Der König blickte von seiner Tochter zu seinem ersten Berater. „Lord Siam, schlagt in den alten Büchern. Findet heraus welches Ungetüm unsere Männer angriff“, befahl der König und sein erster Berater verbeugte sich tief. „Du hast recht, mein Kind! Hyliades in einen Krieg zu verwickeln ohne standfeste Belege ist unsinnig und zieht irreparable Schäden nach sich.“

Zeldas erleichterter Blick entging niemanden.

„Verstärkt die Wachen an den Grenzen zu Hyliades. Ich erwarte über jede Auffälligkeit einen unverzüglichen Bericht“, wies der König weiterhin an und die Ritter verbeugten sich.

Schon verließen alle den Thronsaal und nur noch Zelda stand bei ihrem Vater.

„Hattest du wieder eine Vision?“ Der König sprach erst als die Türe geschlossen wurde.

Zelda nickte langsam. „Dieses Wesen erschien mir letzte Nacht im Traum.“

„Wo ist Impa?“

„Ich gab ihr den Auftrag herauszufinden was im Land geschieht.“

„Was ist mit dem Held der Zeit? Kommt er her? Können wir uns auf seine Unterstützung verlassen?“

Ein trauriger Ausdruck legte sich über ihr Gesicht. Ihr Vater hatte jegliche Erinnerung an den alternativen Zeitpfad verloren und Zelda erzählte ihm von dem schrecklichen Schicksal in einer anderen Zeit. Seit der Rettung Hyrules war der Held der Zeit nur noch eine Legende. Es tat ihr weh zu wissen, das er für niemanden, außer ihr selbst, nicht existent war. Dabei war es allein sein Verdienst das Hyrule in Frieden leben konnte. „Ich weiß es nicht, Vater. Link ist...“, sie brach kurz ab. „... Link ist nicht mehr im Land. Ich weiß nicht, wo er sich zur Zeit aufhält.“

„Im Falle eines Krieges sollten wir uns nicht auf den Jungen allein verlassen.“

Zelda hoffte sehr, das es zu keinem Krieg kam.

„Fühlst du dich nicht wohl, mein Kind? Du siehst so blass aus.“

Die Prinzessin hob einen Mundwinkel. „Dieselbe Frage könnte ich dir auch stellen, Vater.“

Der König blickte seine Tochter lange an. Ein ernster Zug um seine Augen. „Erst vor vier Jahren stattete ich Hyliades einen Besuch ab. König Valent war ebenso darauf erpicht den Frieden zu bewahren wie ich.“ Er hielt inne, dann blickte er seine Tochter ernst an. „Nicht zuletzt haben wir an euch gedacht. Unsere Kinder.“

Zelda schluckte.

„König Valent hat eine Tochter und einen Sohn, wie du bereits weißt. Prinz Vadin ist in deinem Alter, Zelda. Wir hofften das ihr euch vermählt um den Frieden auf ewig zu halten.“

„Vater“, keuchte sie entsetzt auf.

„Aus diesem Grund wundert es mich, wenn kriegerische Angriffe von Hyliades ausgingen“, ging er auch schon nicht weiter auf seine Hoffnung ein.

Es verschlug ihr die Sprache. Sie träumte davon der Liebe wegen zu heiraten und nicht um Hyrule den Frieden zu sichern. Aus diesem Grund wusste sie nicht mit der Nachricht umzugehen, denn sie dachte ihr Vater würde das auch so sehen. Da der König aber diese Angelegenheit nicht weiter ansprach, nahm sie sich zusammen und tat es ihm gleich: „Wir sollten Hyliades nichts unterstellen. Misstrauen ist Gift und schädigt das Vertrauen nachhaltig.“

„Ich weiß, mein Kind, ich weiß.“

Angriff

Auch wenn Link und Sukki ihr Zusammensein noch geheim hielten, so trafen sie sich immer nach Einbruch der Dunkelheit um die Zeit miteinander zu verbringen. Dieses Gefühl von absoluter Leere in sich, welches er tagsüber zu verdrängen versuchte, konnte Link mit Hilfe von Sukki ignorieren und sie gab ihm das Gefühl einzigartig zu sein. Ihre Liebe wärmte ihn, machte ihn glücklich und brachte in ihm Gefühle zum Vorschein, von denen er noch nicht einmal wusste, das er sie hatte.

Seit sie ihm ihre Liebe gestand, waren viele Tage ins Land gezogen. Zoe's Visionen häuften sich inzwischen und sie bekam fast jeden Tag diesen Aussetzer. Nur die Worte blieben die gleichen: Das goldene Licht verblasst.

Viele Gedanken beschäftigten ihn und er überlegte was es mit dem goldenen Licht auf sich hat, aber er kam einfach nicht drauf. Er wusste nicht in welchem Zusammenhang das stand. Ein Seufzer entglitt seinen Lippen. Wäre Navi doch nur hier, sie könnte ihm bestimmt weiter helfen.

„Was beschäftigt dich?“

Aus den Gedanken gerissen sah er nach unten und blickte in das aufmerksame Gesicht des hübschen Mädchens. Seiner Freundin. Immer noch ein ungewohnter Gedanke. Zumal er ja überhaupt keine Ahnung hat, was Liebe ist oder wie es sich anfühlte zu lieben. Aber vermutlich war es genau das was er in diesem Moment fühlte, wenn er Sukki betrachtete.

Er lehnte seinen Kopf zurück und damit an den dicken Baumstamm in seinem Rücken. Link zögerte kurz, doch dann entschied er sich Sukki einzuweihen. Während seine Augen in den Sternenklaren Nachthimmel hinaufblickten, streichelte er mit seinen Fingern über Sukkis braunes, volles und weiches Haar. Ihr Kopf auf seinem Schoß gebettet. Ihr Rücken lag im Gras und ihre Beine wie Arme waren weit von ihr gestreckt. Genussvoll seufzte sie kurz auf, dann aber schenkte sie ihre Aufmerksamkeit ganz allein ihm.

„Zoe hat die Gabe Visionen zu empfangen.“

Überrascht richtete sich das Mädchen etwas auf. Sorge zeichnete sich auf ihren sanften Gesichtszügen. „Ernsthaft?“

Link nickte nur, spürte wie Sukki sich wieder hinlegte und ihren Kopf wieder auf seinen Schoß bettete.

„Was sieht sie?“

„Das wissen wir nicht und sie erinnert sich nicht daran. Das goldene Licht verblasst sind ihre Worte.“

Sukki runzelte die Stirn. „Goldenes Licht? Wie die Sonne?“

„Wenn ich das nur wüsste.“ Link fuhr mit seiner Streicheleinheit fort, hing seinen Gedanken nach. An die Sonne hatte er auch schon gedacht, aber das würde das Ende von Hyrule bedeuten. Ohne Sonne gab es kein Leben.

„Du bist mir zu nachdenklich“, murrte Sukki, setzte sich wieder auf und schwang eines ihrer Beine über Link, so dass sie auf seinem Schoß saß. Verliebt schlang sie ihre Arme um seinen Nacken und stupste seine Nase mit ihrer an. „Lass mich dich auf andere Gedanken bringen.“ Im nächsten Moment legte sie ihre Lippen auf seine und er erwiderte den Kuss mit Freude.
 


 

***~~~***~~~***
 

Dunkle Nacht hüllte das Land ein. Er blickte auf das weite Land vor ihm. Hyliades Steppe war ebenso atemberaubend wie Hyrules Steppe. Das nächste Dorf lag aber zu weit weg, als das man es von dieser Position hätte sehen können. Durch den letzten Angriff verdoppelte der König die Sicherheit. Doch bis die Soldaten aus Hyrule Stadt hierher kamen konnten noch zwei Tage dauern. Der Weg war weit und bis dahin schoben er und seine wenigen Kameraden längere Schichten. Das bedeutete lange Pausen, aber auch lange Wachzeiten und besonders die Nacht wollte überhaupt nicht enden.

Seine Augen wurden schwer, die Sicht verschwamm etwas. Er lehnte sich an die Mauer, gähnte herzhaft und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. Dann richtete er wieder den Blick in die leere weite und ruhige Steppe vor sich. Er glaubte sowieso nicht, das nochmals ein Angriff erfolgen würde.

Seine Gedanken schweiften zu seiner Familie. Er dachte an seine Kinder, die seit Sonnenuntergang schliefen, an seine wunderschöne Frau, die sich um Haus und Hof kümmerte, während er im Außenposten von Alnayru eingesetzt war. Noch zwei Tage, dann könnte er nach Hause gehen. Maya, seine jüngste Tochter, erst vor vier Vollmonden geboren, ist bestimmt schon ein Wonneproppen geworden. Ob sie sich schon auf den Bauch drehen konnte? Das Wiegenfest seiner siebenjährigen Tochter hatte er auch schon verpasst. Sobald er zu Hause war, würde er mit Seline ihren Festtag nachholen. Sein ältester Sohn Fredi konnte mit seinen zehn Jahren der Mutter auf dem Hof schon zur Hand gehen. Das gab seiner Frau ein wenig Unterstützung.

Er freute sich auf seine Heimkehr. Ein paar Tage zuhause bei seiner Familie würden die verbrauchte Energie wieder auffüllen. Seit dem letzten Vollmond stand er hier im Einsatz und mit jedem Tag mehr vermisste er seine Familie.

Erneut gähnte er, wischte sich wieder über die müden Augen, dann streckte er sich, bewegte seinen Kopf und dabei knackten seine Halswirbel. Er richtete sich die Uniform, betrachtete kurz seine Handschuhe und blickte dann wieder auf die Steppe.

Ein kurzer feuerroter Lichtblitz erschien in der Ferne.

Aufmerksam versuchte er in der Steppe etwas zu erkennen, aber die Dunkelheit lag still vor ihm.

Scheinbar halluzinierte er schon. Wieder drohte er in Gedanken zu versinken, als sich direkt unter ihm etwas bewegte.

Sofort schnappte er sich seine Lanze, beugte sich über die Steinmauer um etwas zu erkennen, aber wieder war nichts zu erkennen.

Alarmiert und aufmerksam sah er sich um. Ein unwohles Gefühl breitete sich in ihm aus. Etwas veränderte sich um ihn herum. Die Luft wurde kühler. Eine Hand streckte er zur Warnglocke aus, fasste nach der Schnur, hielt aber noch inne. Wenn er sich das alles nur einbildete?

Wieder beugte er sich über die Mauer, betrachtete die Steppe in der Ferne, wanderte mit seinem Blick zur Grenze und zur Mauer auf der er stand. Es war nichts zu sehen. Er wollte schon die Glocke los lassen, als plötzlich vor ihm ein dunkler Schatten auf die Mauer sprang, drei rote Punkte leuchteten auf.

Erschrocken schrie er auf, riss an der Schnur, dann sah er nur noch wie der Schatten sich bewegte. Ein nicht zuordnender Schmerz erfüllte ihn, dann wurde alles dunkel.
 


 

***~~~***~~~***
 

Es war das schönste Gefühl Sukki zu küssen. Am liebsten würde er damit überhaupt nicht mehr aufhören. Dieses Mädchen raubte ihm mit ihren Lippen den Atem, aber es war schon spät. Sukkis Eltern wären bestimmt erzürnt, wenn sie nicht bald nach Hause kommt. Widerwillig ließ er den Kuss enden, entfernte seinen Kopf von ihrem und blickte sie lächelnd an. „Es ist spät, ich bring dich nach Hause.“

Die Tochter des Bürgermeisters zog einen Schmollmund, wollte nicht aufstehen, doch da packte Link sie bereits unter ihren Oberschenkeln und stand mit ihr zusammen auf. Quietschend klammerte sie sich an Blonden. „Link, lass das!“

Der vergessene Held grinste sie schief an, doch plötzlich zog sich sein Bauch zusammen. Dieses Gefühl warnte ihn immer vor Gefahr. Und bisher konnte er sich auf sein inneres Warnsignal verlassen. Mit einem Ruck ließ er Sukki auf den Boden gleiten und blickte sich aufmerksam um. Sie waren nicht weit weg vom Dorf im angrenzenden Wald.

Westlich von ihnen zog eine Kältefront auf, die ihm eine Gänsehaut bescherte. Link spürte eine bedrohliche Gefahr mit der Kälte einhergehen und das ganze war nicht weit weg von ihnen. Er trug keine Waffen bei sich und könnte sich nicht einmal bei einem Angriff verteidigen. Seine Augen starrten in den finsteren Wald. Trotz seiner von den vergangenen Kämpfen geschulten Augen, erkannte er nichts. Seine Stimme verschärfte sich: „Wir sollten jetzt gehen!“ Und so bestimmt wie er es sagte, jagte er Sukki Angst ein.

Diese blickte sich nun auch um, schob sich näher an ihn heran und rieb sich leicht fröstelnd über ihre Arme. Ob ihr schlottern von dem plötzlichen Wetterumschwung kam oder ob es einfach die Ernsthaftigkeit in seiner gesamten Körperhaltung war und damit seine Anspannung auf sie überging, wusste sie nicht.

Ohne Wiederworte ihrerseits traten sie den Rückweg an, allerdings ließ Link seine Umgebung nicht aus den Augen. Nach wenigen Schritten verließen sie den Waldrand und erreichten die ersten Häuser des Dorfes.

Je weiter sie den Wald hinter sich ließen, desto schwächer wurde das Gefühl in ihm.

Schweigend gingen sie durch das bereits schlafende Dorf und erreichten bald das Haus des Bürgermeisters.

„Link? Was war das eben?“

Er blickte in das ängstliche Gesicht Sukkis und lächelte beruhigend. „Ich dachte da ist etwas, aber ich hab mich geirrt.“

Nicht ganz überzeugt nickte sie, dann drückte sie ihm einen Abschiedskuss auf die Wange und verschwand ins Elternhaus.

Erst als sie im Haus war, drehte Link sich um und kehrte zur Hufschmiede zurück.

Das schlafende Dorf lag friedlich vor ihm und den Weg vom Haus des Bürgermeisters zurück zur Schmiede nutzte er um sich selbst zu beruhigen. Seine Sinne waren immer noch angespannt und es dauerte etwas bis er sich selbst von dem herrschenden Frieden überzeugt hatte.

Allerdings spannten sich seine Muskeln wieder an, als er Boron in der Türe stehen sah.

Ein ungutes Gefühl stellte sich in ihm ein. Er war zwar vom Alter nun erwachsen, aber dennoch schlich er sich jeden Abend ohne ein Wort hinaus. „Boron?“

Die tiefen Sorgenfalten auf der Stirn des Hufschmieds beruhigten Link kein bisschen.

„Ich dachte schon, du bist abgehauen.“ Boron blickte seinen Ziehsohn erleichtert an, aber auch Sorge schwang in seiner Stimme. „Zoe, sie hat einen schlimmen Anfall. Dieses Mal ist es anders als alle Visionen zuvor.“

„Wo ist Zoe?“

„Sie ist in der Stube“, antwortete Boron.

Die beiden traten ins Haus.

Um Fassung bemüht saß Annelie in der Stube auf der Eckbank. Den Kopf der kleinen Zoe auf ihrem Schoß gebettet. Sanft streichelte sie ihrer Tochter das dunkle Haar aus der Stirn.

Link betrachtete die fünfjährige besorgt, kniete sich zu ihr nieder und umfasste die kleine geballte Hand. „Wie geht es ihr?“

„Es ist vorbei“, sprach Annelie mit brüchiger Stimme. Die Sorge um ihr jüngstes Kind übermannte sie beinahe.

„Was hat sie gesagt?“

„Das goldene Licht verblasst! Umhüllt von Schatten verschwindet es in der Finsternis.“

Link ließ sich die Worte durch den Kopf gehen, ahnte das eine unmittelbare Bedrohung bevorstand, erinnerte sich an die Situation im Wald, aber von wem oder was, das wusste er nicht. „Wann war die Vision?“

„Noch nicht lange her. Kurz bevor du gekommen bist“, antwortete Boron, der gefasster wirkte als seine Frau.

Konnte es sein das Zoe dieselbe Gefahr spürte, wie er zuvor im Wald?

Zelda...

Die Einzige, die ihm helfen konnte war die Prinzessin. „Legt euch schlafen. Zoe braucht Ruhe und ihr auch.“

Boron und Annelie nickten, brachten die Jüngste ins Bett und legten sich selbst schlafen.

Auch Link zog sich in sein Zimmer zurück, zog sich um und legte sich ins Bett. Er blickte zur Decke. Es würde schmerzhaft werden, aber er musste es dieses Mal zulassen und aushalten. Er musste Zelda fragen, ob sie etwas wusste. Er atmete tief ein und mit der Ausatmung schloss er seine Augen. Konzentriert versuchte der vergessene Held eine Verbindung zu ihr aufzubauen. Zulange war es das letzte Mal her, dennoch fixierte er seine Gedanken daran sie aufzuspüren.

Aber da war nichts.

Er konnte sie nicht finden. Obwohl das doch immer so einfach war. Link erinnerte sich an die vielen einsamen Momente in Termina, in denen er an Zelda dachte und sofort eine Verbindung zu ihr hatte. In diesen Momenten spürte er, das es ihr gut ging und allein dadurch schenkte sie ihm die Kraft nicht zu vereinsamen.

Aber jetzt war da diese unsagbare Leere. Das Band, welches immer zwischen ihnen vorhanden war, gab es nicht mehr.

Im Unterbewusstsein erinnerte er sich, wie er sich gegen ihre Kontaktaufnahmen gewehrt hatte und auch an diesen plötzlichen Riss mit der erdrückenden Leere.

Konnte es wirklich sein das ihr Seelenband nicht mehr existent war?

Wie konnte das nur geschehen?

Was hatte er nur getan?

Tieftraurig öffnete er die Augen und starrte die Zimmerdecke an. Welch weitreichende Auswirkung das auf ihn hatte, konnte er sich noch nicht mal vorstellen.

Opfer

Boron, Annelie und Link beobachteten Zoe mit Argusaugen, aber das kleine Mädchen verhielt sich ganz normal und zeigte keinerlei Anzeichen, das sie eine schlimme Vision hatte. Pantas und Qantas spielten draußen mit den Freunden im Dorf und Zoe schien die Sorge der Erwachsenen nicht zu bemerken.

Plötzlich wurde die Türe aufgerissen und die Zwillinge stürmten ins Haus. „Kommt schnell mit. Da draußen ist was los“, verkündeten sie aufgeregt und waren so schnell wieder verschwunden wie sie kamen.

Überrascht folgte der Rest der Familie den Zwillingen zum Denkmal des Königs. Bereits das ganze Dorf war dort versammelt und die Bewohner tuschelten untereinander.

Während Annelie und Boron sich zu befreundeten Familien gesellten, suchte Link nach Sukki die er auch schon bald fand.

„Link“, begrüßte sie ihn. „Es ist so schrecklich. Letzte Nacht wurde die Grenze gestürmt und ein Dorf in Brand gesteckt“, erklärte Sukki sofort mit großen traurigen Augen. Sie griff Halt suchend nach seiner Hand und verknotete ihre Finger mit seinen. Dann deutete sie mit ihrem Kopf in eine Richtung und Link folgte dieser Bewegung.

Der Bürgermeister stand neben dem Denkmal. Ihm gegenüber ein Dutzend Hylianer bestehend aus Erwachsenen und Kindern. Die Haut war rußgeschwärzt. Sie trugen zerfetzte, schmutzige Kleidung mit einigen Brandlöchern. Ein Kind lag schlafend in den Armen eines Mannes, hatte aber eine große Verletzung am Rücken.

Einige Frauen, die sich in Heilkunde auskannten, gingen auf den Mann zu und wenig später kümmerten sie sich um das Kind und seine Wunde.

„Weiß man schon von wem die Bewohner angegriffen wurden?“ Link ahnte, das alles miteinander zusammen hing. Das konnten keine Zufälle mehr sein.

„Nein, noch nicht.“ Sukki blickte zu ihm auf. „Es ging wohl alles zu schnell, denn sie wurden im Schlaf überrascht.“

Der Bürgermeister drehte sich den Dorfbewohnern zu: „Gebt Ihnen Kleidung, Essen und Trinken. Wir werden sie bei uns aufteilen und uns darum kümmern neue Häuser zu bauen. Diese Leute haben letzte Nacht alles verloren. Wir werden ihnen helfen.“

Sofort machten sich die Dorfbewohner emsig ans Werk und teilten die Fremden unter sich auf. Die Kinder des Dorfes fanden sich wieder zum gemeinsamen Spielen zusammen. Und zu guter Letzt standen Sukki und Link allein auf dem Platz.

„Wenn ihr Dorf zerstört wurde, kann uns dann das gleiche Schicksal ereilen?“ Ihre Stimme zitterte vor Angst.

Link schüttelte den Kopf und lächelte sie aufmunternd an. „Unser Dorf liegt verborgen im Wald. Wer auch immer das war, wird nicht die Wälder durchkämmen, sondern auf den Wegen bleiben. Und solange niemand weiß das wir die Pferdezucht für das Königshaus betreiben, werden wir in Sicherheit sein.“

Sukki nickte, zwar immer noch nicht überzeugt, aber ein wenig beruhigter. Sie lehnte ihren Kopf an seine Schulter und schloss die Augen.

Link hingegen blickte zum Himmel auf. Unmittelbar keimten die Erinnerungen an die alternative Zeit auf und das damit verbundene Leid der Hylianer.

Boron trat auf die beiden zu: „Sukki, Link“, begrüßte er die beiden und riss sie aus ihren Gedanken. „Link, wir müssen zurück. Die Arbeit wartet auf uns.“

Der Ziehsohn des Hufschmieds nickte und blickte auf Sukki herab. „Sehen wir uns nach Sonnenuntergang?“

Sukki blickte unsicher zu Boron, dann zu Link und nickte. „Bis dann.“

Die beiden lösten ihre Hände und gingen getrennte Wege.

Boron beobachtete den blonden jungen Mann, während sie zur Hufschmiede zurück kehrten. „Also du und Sukki, ihr seid jetzt ein Paar?“

Link errötete, nickte schnell statt zu antworten.

Der Hufschmied kratzte sich am Kinn, dann aber fügte er noch hinzu: „Wir sollten uns mal ernsthaft unterhalten.“

„Worüber denn?“, hakte Link sofort nach, der damit rechnete Ärger zu bekommen.

Die Antwort Borons überraschte ihn und trieb ihm zugleich die Verlegenheit ins Gesicht. „Über den Akt der Vereinigung. Auch wenn sich zwei Liebende erst nach dem Ehevollzug vereinigen, so wäre es gut, wenn du vorher schon davon gehört hast.“

Link brachte nun hochrot nicht mehr als ein Nicken zustande und fragte sich, wann dieses unangenehme Gespräch wohl stattfinden wird. Sie erreichten die Hufschmiede und begannen mit ihrer Arbeit, so hoffte er noch einen Aufschub zu bekommen.

Beim Abendessen saßen zwei fremde Gesichter mit am Tisch. Ein Junge, der nicht viel älter als Pantas und Qantas war und neben ihm saß ein verängstigtes Mädchen, welches so alt war wie die Zwillinge. Beide waren gewaschen und trugen Kleidung der Jungs. Annelie hatte sich bereit erklärt die fremden Geschwister aufzunehmen, da diese die Eltern bei dem Angriff auf das Dorf verloren hatten.

Link betrachtete die beiden mitleidsvoll. Sie waren Waisen, wie er. Der einzige Unterschied bestand darin, dass sie wissen wer ihre Eltern gewesen sind und diese auf ewig in ihren Erinnerungen behalten werden.

Zuerst aßen sie schweigend, doch dann brach Qantas die Stille. „Wir zeigen euch morgen unser Dorf, damit ihr euch hier schnell zurecht findet.“

Pantas nickte zustimmend. „Und wir stellen euch unsere Freunde vor.“

Ein unsicherer Blick der fremden Kinder, rief Qantas wieder auf den Plan. „Ihr braucht keine Angst haben, die sind alle total nett.“

„Und wir zeigen euch morgen die Zuchtpferde“, nickte Pantas begeistert.

„Au ja, die sind so schön“, stimmte Qantas zu.

Die fremden Kinder tauten langsam auf. „Pferde?“, fragte das Mädchen zögerlich. Seit sie im Dorf ankamen hatten sie noch kein Wort gesprochen.

„Wir haben die schönsten Pferde in ganz Alnayru und Hyrule“, prahlte Pantas und Qantas überbot: „Die schönsten Pferde der Welt!“

„Link hat auch ein Pferd“, mischte Zoe sich ein, was dafür sorgte, das die beiden fremden Kinder den Blonden musterten.

Der Ziehsohn der Familie nickte bestätigend. „Wenn ihr wollt, dürft ihr mal auf Epona reiten.“

Diese Aussage ließ die Kinderaugen glänzen und es schien das sie zum ersten Mal die Sorgen für einen kurzen Moment vergaßen.

„Wie heißt ihr?“, fragte nun Annelie behutsam.

„Ich bin Xenia“, stellte sich das Mädchen vor. Langsam fassten sie Vertrauen.

„Und ich heiße Tobin“, antwortete auch der Junge.

„Ich bin Qantas und das ist Pantas“, stellten sich die Zwillinge vor. „Wir werden bestimmt gute Freunde“, grinsten sie die Kinder an.

Link schmunzelte. Die Jungs hatten das Vertrauen gewonnen.

Nach dem Abendessen bereiteten Annelie, Boron und Link ein Schlaflager im Zimmer der Zwillinge vor. Die drei Erwachsenen hielten es für besser, die fremden und verwaisten Kinder in der ersten Nacht nicht allein zu lassen. Da sich die Vier prächtig verstanden, würden sie sich fürs erste ein Zimmer teilen.

Kaum waren die Kinder alle im Bett schlich Link sich in die Stube und zur Türe. Das Boron in der Stube saß und auf ihn wartete, ahnte er nicht. „Triffst du dich mit Sukki?“

Link hielt inne, drehte sich seinem Ziehvater zu und nickte. „Ja.“

Boron nickte, dann stand der Hufschmied auf und trat auf den Blonden zu. „Ich möchte, dass du draußen aufpasst. Wir wissen nicht, ob uns auch dieses Schicksal ereilt. Zudem sind die Angreifer unbekannt. Niemand konnte etwas sehen. Die Gefahr besteht allgegenwärtig.“

„Ich passe auf“, versprach Link.

Boron erkannte, das hinter dieser Aussage weit mehr steckte, als er sich nur annähernd vorstellen konnte. Auch wenn ihm erneut die Frage unter den Nägeln brannte, so ließ er Link ziehen. Der Waisenjunge hatte versprochen irgendwann zu erklären, was ihm in der Vergangenheit widerfahren war, Boron musste sich nur in Geduld üben. „Lass Sukki nicht länger warten und denke daran was ich dir heute erzählt habe.“

Rot anlaufend dachte Link an das Gespräch während der Arbeit zurück, denn Boron hielt tatsächlich Wort und fand es amüsant seinen unwissenden Ziehsohn aufzuklären aber auch aufzuziehen.

Schnell den Gedanken an die unangenehmen Worte verdrängend, verschwand Link mit einem leisen: „Gute Nacht!“
 

Der blonde junge Mann trat in die Nacht hinaus und ging zum Denkmal des Königs. Es war seit einiger Zeit seiner und Sukkis Treffpunkt, ehe sie das Dorf in den angrenzenden Wald verließen.

Er betrachtete das im Mondschein glänzende Antlitz der Statue und blickte in das gutmütige Gesicht des Herrschers über Hyrule.

Auch wenn er ihn vor langer Zeit mit Zelda durch das Fenster zum Thronsaal beobachtet hatte, so besaß er kaum eine Erinnerung an den König. Erst so viele Jahre später traf er ihn hier.

Zeldas Vater kannte ihn nicht, wusste nicht das er der Held der Zeit war, der Hyrule vor dem Untergang bewahrte. Und Link hatte sich ihm gegenüber auch nicht zu erkennen gegeben. Er wusste ja nicht einmal, ob der König überhaupt über die alternative Zeit unterrichtet wurde.

Links nächster Gedanke galt Epona. War seine treue Stute nicht in Gefahr, wenn sie sich frei im Land bewegte? Er sollte sie zu sich rufen und auf die Koppel bringen. Auch wenn Epona ein kluges Tier war und ebenso wie ihr Besitzer ein ausgeprägtes Gefühl für Gefahr hatte, so wollte Link sie doch in Sicherheit wissen.

„Guten Abend, Link“, begrüßte Sukki ihn.

Der Blonde war so in Gedanken versunken, das er ihr Erscheinen gar nicht bemerkte. „Guten Abend, Sukki“, lächelte er sie aber dann an. Nur erreichte sein Lächeln nicht wie sonst seine Augen.

Das entging der Tochter des Bürgermeisters nicht. „Was beschäftigt dich?“

„Lass uns Epona holen und zur Koppel bringen.“

Besorgt runzelte sie die Stirn. „Du hast gesagt, wir befinden uns nicht in Gefahr.“

„Das stimmt auch, dennoch sorge ich mich um Epona.“

Sukki nickte verständnisvoll und sie verließ mit Link das Dorf. Außerhalb spielte er auf seiner Okarina.

Die Tochter des Bürgermeisters lauschte verträumt den sanften Klängen.

Epona trabte auch schnell heran. „Meine Schöne“, begrüßte Link seine Stute, die ihn freudig begrüßte. „Hier draußen lauert die Gefahr. Ich werde dich auf die Koppel bringen. Zu deiner Sicherheit.“ Als würde Epona die Dringlichkeit seines Wunsches verstehen, schnaubte zwar das einem Aufbegehren gleich kam, ließ sich aber führen.

Sukki begleitete die beiden zur Koppel. Die Tochter des Bürgermeisters öffnete das Gatter zur Weide der Stuten. Die Pferdezucht war das Kapital des Dorfes. Es galten strenge Vorschriften und Verordnungen. Die Pferde befanden sich zu dieser späten Stunde bereits in den Boxen. Aus diesem Grund konnte Link ruhigen Gewissen Epona auf die Koppel lassen. Diese war groß, bot Platz zum Auslauf und die braune Stute wäre nicht in einer Box eingesperrt.

Epona trabte ein wenig umher, besah sich das Gehege und blickte zu Link und Sukki, die das Gatter wieder schlossen.

„Morgen werde ich mich ihrer Fellpflege widmen“, stellte der vergessene Held fest.

Sukki lehnte sich an das Gatter, betrachtete das schöne Pferd und widmete sich dann Link. „Du brauchst einen Sattel, wenn du auf Epona reitest.“ Dann lächelte sie: „Wir haben bestimmt noch einen. Ich sehe gleich morgen nach.“

Der vergessene Held der Zeit lächelte sie an. Er wusste selbst, wie wichtig ein Sattel war. Doch vor seiner Lehre verdiente er keine Rubine um Epona einen zu kaufen. „Ich werde dir diesen bezahlen.“

Sukki schüttelte den Kopf. „Ich bin dir noch etwas schuldig. Immerhin hast du mir das Leben gerettet und bisher konnte ich dir meine Dankbarkeit nur in Worten ausdrücken.“ Sie drehte sich ihm ganz zu, griff nach seinen Händen und blickte ihn an.

Ein Nicken seinerseits stimmte letztendlich zu.

Sie lächelte erleichtert. Dann aber betrachtete sie seine braunen ledernen Handschuhe. „Ich hab dich noch nie ohne sie gesehen.“

Link wich zurück, entzog ihr seine Hände und legte sich verlegen seine linke Hand an den Hinterkopf. Er wusste nicht was er darauf sagen sollte, darum wich er dem Thema aus. „Bei uns wohnen zwei Waisenkinder. Ich werde sie morgen hier her bringen.“

Skeptisch starrte sie ihn an, dann jedoch lächelte sie verständnisvoll. „Tu das“, antwortete sie.

„Sie haben schreckliches erlebt. Ich hoffe, das Epona die beiden aufmuntern kann.“

„Das ist sehr aufmerksam von dir.“

„Ich selbst bin auch Waise“, gestand er Sukki leise. „Ich habe nicht mal eine Erinnerung an meine Eltern.“

„Link“, hauchte Sukki mitfühlend.

Der junge Mann drehte sich dem Koppelzaun zu, stellte einen Fuß auf die unterste Latte und lehnte seine Arme über den obersten Holzbalken. Seine Augen beobachteten Epona, die die Koppel erforschte. „Meine Mutter hat mich als Säugling in die Verlorenen Wälder gebracht – in die Obhut des Deku-Baums. Dabei verlor sie ihr Leben. Wie du weißt dürfen Hylianer die Verlorenen Wälder nicht betreten.“ Er schluckte. „Meine Babydecke ist das einzige was mir von meiner Mutter und meiner Herkunft geblieben ist.“

Sukki konnte die Worte gar nicht glauben. „Deku-Baum?“

Link spürte wie schwer es ihm fiel über seine Vergangenheit zu reden, jedoch vertraute er Sukki. „Der Deku-Baum hat sich meiner angenommen und die Kokiris zogen mich auf.“

„Es gibt in Alnayru Geschichten über die Kokiris und den Deku-Baum in den Verlorenen Wäldern“, überlegte Sukki. „Aber das sind doch nur Märchen um kleine Kinder zu erschrecken?“

Link schmunzelte.

Von diesen Märchen hatte er auch schon gehört. Annelie und Boron erzählten den Zwillingen hin und wieder, das der Deku-Baum die Jungs in die Wälder holt, wenn sie nicht hören. Diese Kinder würden zu Kokiris und kämen dann nie wieder zu ihren Eltern zurück. Außerdem warnten die Eltern von Equipagus ihre Kinder vor den Wäldern, da diese mit den Verlorenen Wälder verwachsen sind. Auch die verirrten Kinder finden nicht mehr nach Hause zurück.

Link selbst wusste, das in Hyrule kaum einer von der Existenz der Kokiris und des weisen Deku-Baum wusste, warum sollten also in Alnayru nicht Märchen dieser Art existieren?

„Wie konntest du in den Verlorenen Wäldern überleben?“

„Das hab ich wohl dem Deku-Baum zu verdanken. Warum er sich meiner angenommen hat, weiß ich nicht.“ Und das war gelogen. Link schämte sich, aber er brachte es nicht über sich Sukki zu sagen, das er einer der drei Triforce-Träger war, welches ihn beschützte. Das er ein legendärer Held aus einer Legende war, wie es so viele bereits in diesem Königreich gab.

„Und du hast dich nie auf die Suche nach deiner Herkunft begeben?“

„Bevor ich hier ankam war ich damit beschäftigt, aber bisher blieb meine Suche erfolglos.“ Auch das war nicht ganz die Wahrheit und Link drückte das schlechte Gewissen. Er war zwar auf der Suche, aber zuerst kam der Zeitkrieg dazwischen, dann der herabfallende Mond in Termina und das Navi verschwunden blieb lenkte ihn von seiner Herkunftssuche ebenso ab. Für ihn war es inzwischen wichtiger herauszufinden wo Navi ist, als zu erfahren von wem er abstammt.

Sukki legte ihre Hand auf seinen Arm und blickte ihn mitfühlend aber auch besorgt an. „Du hast es nie erwähnt. Warum nicht?“

„Hier hab ich eine Familie gefunden.“

Eine schlichte und ruhige Antwort, da blickte er auf und lächelte seine Freundin an. „Ich bring dich nach Hause.“

Das braunhaarige Mädchen lächelte. „Ich danke dir für dein Vertrauen, Link.“

Link lächelte. Gemeinsam gingen sie durch das Dorf und vor dem Haus des Bürgermeisters blieben sie stehen. „Wir sind zusammen und darum sollten wir keine Geheimnisse voreinander haben. Ich bin froh, dass du mir von deiner Vergangenheit erzählt hast.“

Er lächelte gequält. Sukki schien das aber nicht zu bemerken, denn sie stellte sich auf die Zehenspitzen und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. „Gute Nacht, Link.“

„Schlaf gut, Sukki.“

Er wartete bis sie im Haus verschwand, ehe er selbst zurück kehrte.
 

In der Hufschmiede waren alle Lichter gelöscht. Der vergessene Held entzündete sich eine Kerze und schlich mit dieser durch die Stube zur hinteren Türe. Wenig später betrat er eine Kammer, in der eine große Chaiselongue stand, ein kleiner Holztisch davor. An der Wand gegenüber verzierte ein großer Bauernschrank die Wand. Von diesem Raum aus führte eine Stiege in den oberen ausgebauten Raum. Das flackernde Kerzenlicht zeigte den Weg. Die Holzstufen knarzten ein wenig unter seinem Gewicht. Dann fand sich Link in einem schmalen Flur wieder.

Zu seiner linken Seite lag das Zimmer der Zwillinge und die Ruhe darin bezeugte das sie alle schliefen. Er hoffte für die obdachlosen Geschwister, das sie trotz der schrecklichen Erlebnisse einen ruhigen Schlaf fanden.

Vor ihm war das Zimmer von seinen Zieheltern. Zoe schlief seit seiner Ankunft in ihrem Kinderbett bei den Eltern, denn Link bekam Zoes Kammer zugeteilt.

Irgendwann würde er ihnen alles zurückgeben.

Ein letzter Blick auf die geschlossene Tür, dann drehte er sich nach rechts und öffnete seine Türe. Wenig später stand er in der Kammer zog sich um, schrubbte sich die Zähne und wusch sich. Dann legte er sich in sein Bett und löschte die Kerze.

Trauma

Mitten in der Nacht weckte Link ein panischer Schrei. Er schreckte aus dem Schlaf, saß aufrecht im Bett und lauschte. Im Zimmer neben dem seinem polterte es und dann schlug die Türe zu. Alarmiert sprang auch Link aus dem Bett und stürmte ebenso aus dem Zimmer. Gerade noch sah er wie Boron im Zimmer der Zwillinge verschwand.

Link folgte ebenso in die Kammer der Kinder. Eine Kerze war bereits entzündet.

Tobin hielt seine weinende Schwester Xenia in den Armen, die Zwillinge saßen aufrecht im Bett. Pantas wischte sich müde mit seinem Ärmel über die Augen, während Qantas sorgenvoll auf seinem Bett kniete und die beiden Waisen beobachtete. Boron kniete sich eben zu den Geschwistern hinunter und strich behutsam über den zitternden Rücken des Mädchens.

Link stand im Türrahmen und lehnte sich dagegen. Dabei hielt er die Arme vor der Brust verschränkt.

„Sie hatte einen Albtraum“, erklärte Pantas gähnend.

„Bei dem was sie erlebt hat ist das auch kein Wunder“, antwortete Boron.

Annelie erschien hinter Link und bat ihn auf die Seite zu treten. In ihren Händen hielt sie ein Tablett mit vier Tonkrügen. Leichte Dampfschwaden stiegen aus den Krügen auf.

Der blondhaarige Ziehsohn der Familie machte der korpulenten Frau Platz und so konnte sie in das Zimmer der Kinder eintreten. Sie stellte das Tablett auf einen Nachttisch ab und verteilte die Krüge an die Kinder. „Trinkt das. Dann werdet ihr den Rest Nacht ruhig schlafen.“

Tobin roch an dem dampfenden Inhalt und fragte dann nach: „Was ist das?“

„Lavendeltee“, erklärte Annelie.

Xenia schniefte noch, jedoch beruhigte sie sich langsam. Allein der aufsteigende Dampf, den sie inhalierte ließ sie schon zur Ruhe kommen. Langsam tranken die Kinder den Tee.

Annelie nahm die leeren Tonkrüge dann auch gleich wieder mit und begab sich in die Küche hinab. Dort würde sie diese noch ausspülen, ehe sie wieder ins Bett ging.

Boron und Link blieben noch bei den Kindern. Diese fühlten die Wirkung der Lavendelblüte bereits, legten sich wieder hin und deckten sich zu. „Schlaft gut.“

Link lächelte: „Epona ist auf der Koppel. Ihr könnt mir nach Sonnenaufgang beim Striegeln und Putzen helfen.“

„Dürfen wir auch auf ihr reiten?“, setzte sich Pantas sofort neugierig nochmal im Bett auf.

„Natürlich“, stimmte Link zu.

Boron drückte seinen Sohn wieder in die Kissen zurück. „Aber erst morgen“, wies er an und lächelte dann liebevoll. „Gute Nacht.“

„Gute Nacht“, kam es vierstimmig zurück.

Schon löschte Boron das Licht und er und Link verließen das Zimmer.

Im dunklen Gang blieben sie stehen und tauschten einen sorgenvollen Blick. Dann aber flüsterte Boron: „Du hast Epona auf die Koppel geholt?“

„Hier ist sie in Sicherheit. Auch wenn ich weiß, das sie sich in der Not auch wehren kann.“ Link ging den schmalen Flur entlang und blieb vor seinem Zimmer stehen. „Gute Nacht.“ Er wollte soeben in seine Kammer verschwinden, da hielt Boron ihn nochmals zurück. Aufmerksam betrachtete Link seinen Ziehvater und wartete ab, was er noch zu sagen hat.

„Nimm dir die Zeit morgen mit den Kindern. Epona wird sie auf andere Gedanken bringen.“

Link nickte, dann schloss er hinter sich die Türe und hörte nur wenige Augenblicke später auch, wie sich die andere Türe schloss.

Er ging ins Bett zurück und schlief dann doch wieder recht schnell ein.
 

Die Nacht verging ohne weitere Vorkommnisse. Am nächsten morgen fanden sich alle zum Essen ein. Erst verlief das Frühstück schweigend, doch dann durchbrach Tobin die Stille. „Vielen Dank, das ihr uns bei euch aufgenommen habt und auch für den Tee letzte Nacht.“

Xenia schluckte. „Entschuldigt bitte die Störung in der Nacht.“

„Dafür brauchst du dich doch nicht entschuldigen“, widersprach Annelie. „Ich denke, ich werde euch schon heute Abend nach dem Essen einen Kochen. Dieser wird euch bestimmt wieder helfen einen ruhigen Schlaf zu finden.“

Tobin nickte unangenehm berührt, auch Xenia schämte sich die Familie nachts aus dem Schlaf gerissen zu haben.

„Nach dem Essen gehen wir zu Epona“, lenkte Link die Kinder ab und wechselte somit auch das Thema.

„Au ja ... und dann dürfen wir auf ihr reiten“, freute sich Pantas und Qantas nickte zustimmend. „Das ist toll!“

Schnell aßen sie auf und halfen noch beim Tisch abräumen. Dann verließen Link und die Kinder das Haus. Gemeinsam traten sie in den sonnigen Tag hinaus.

Die Zwillinge, die in der Hufschmiede zur Welt kamen, zeigten ihren neuen Freunden sofort das Dorf. Auf ihrem Weg zur Koppel standen vereinzelt Bauernhäuser herum. Eben kamen sie an einem Bauernhof vorbei. Die Tore zum Kuhstall standen offen und das Muhen der Kühe drang heraus.

Sie blieben stehen und sahen hinein. Die Familie des Hofs saß zum Melken verteilt. Jeder bei einer der vielen Kühe und sie zogen abwechselnd an den Zitzen um die Milch in Bottichen zu sammeln.

Während Link, Zoe, Tobin und Xenia einfach nur zusahen, wie die Milch ihren Weg in den darunter gestellten Eimer fand, riefen die Zwillinge: „Guten Morgen!“

„Morgen“, winkte ein Junge mit platinblondem Haar in ihrem Alter zurück. „Ich komme nach dem Melken raus. Dann können wir spielen.“

„Astrein“, freute sich Qantas.

„Bis später“, winkte Pantas.

Gemeinsam gingen sie weiter und passierten einen Bäcker. Aus der Stube drang der Duft von frischgebackenem Brot heraus.

Ihr Weg führte weiter und sie kamen zu der großen Statue des Königs. Plötzlich flatterten ganz viele Hühner auf den Platz.

„Kusch, kusch“, rief ein Mädchen in Zoes Alter und jagte die Hühner über den Platz.

„Guten Morgen, Alinia“, riefen die Kinder der Hufschmiede.

Das Mädchen mit dem kupferfarbenem Haar blieb stehen. Ihre geflochtenen Zöpfe wippten lustig umher. „Guten Morgen. Heute morgen sind unsere Hühner ausgerissen. Nun muss ich sie wieder einfangen“, erzählte das Mädchen.

Zoe blickte zu Link auf: „Ich helfe ihr und komme später zur Pferdekoppel.“ Schon stellte sich die Fünfjährige zu ihrer Freundin und gemeinsam trieben sie die Hühner zum Stall zurück.

Der Rest folgte Link zur Koppel, die sich etwas außerhalb des Dorfes befand.

Sukki stand bereits dort und beobachtete die Weide. Noch war Epona das einzige Pferd, aber nicht mehr lange dann kämen die anderen Stuten aus dem Stall ebenfalls hierher.

„Guten Morgen, Sukki“, begrüßte Link seine Freundin und stellte sich zu ihr.

„Guten Morgen, Link“, strahlte sie ihn an. Sie wollte ihm schon einen Kuss geben, da entdeckte sie die Kinder und wich sofort zurück.

Die Zwillinge bemerkten davon nichts. Sie kletterten schnell das Gatter hinauf und setzten sich hin, die Füße baumelnd. „Epona!“, riefen sie begeistert und winkten der Stute zu. Deren Ohren zuckten aufmerksam, dann hob sie den Kopf. Aufmerksam sah sie sich um und blickte dann mit ihren großen dunklen Augen zu den Hylianern.

Tobin und Xenia hielten sich zurück, waren nicht so übermütig wie die Zwillinge und standen vor den Holzverstrebungen des Zaunes und blickten hindurch. Dennoch leuchteten die Augen der beiden Kinder, als Epona endlich näher kam.

„Zeit für die Fellpflege“, grinste Link und tätschelte der Stute den Hals.

Sukki lächelte geheimnisvoll. „Ich zeig dir, wo das Putzset ist.“ Sie verschränkte ihre Finger mit seinen und zog ihn zu einer nicht weit entfernten Scheune.

Die Kinder waren zu beschäftigt Epona zu streicheln, als das sie davon etwas mitbekamen.

An der Scheune angekommen, grinste Sukki herausfordernd, schob die Türe auf, stellte sich aber Link in den Weg. „Ich erwarte von dir das du ohne Gegenwehr mein Geschenk annimmst“, verlangte sie.

„Sukki“, wollte er ihr widersprechen, da trat sie auf die Seite und zeigte einen hochwertigen und glänzenden Sattel. Dieser sah alles andere als alt und gebraucht aus.

„Ich möchte ihn dir schenken.“

„Das kann ich nicht annehmen.“ Seine Augen hingen an dem neuwertigen Sattel.

Sukki strich mit ihren Fingerspitzen über das Leder und zuckte mit den Schultern. „Mein Vater wollte mir eine Freude bereiten, aber mein alter Sattel ist noch vollkommen in Ordnung. Ich brauche diesen hier nicht.“

Der unerkannte Held der Zeit wusste ihr Geschenk sehr zu schätzen. Aus diesem Grund trat er auf sie zu, umschlang ihre schmale Taille und drückte ihr einen Kuss auf die Lippen. „Danke“, sagte er schließlich.

Sukki lächelte verliebt zu ihm auf und nickte. „Ist schon gut.“ Sie deutete auf die verschiedenen Bürsten und kicherte. „Wir sollten endlich Epona herausputzen.“

Er nickte, hauchte Sukki erneut einen Kuss auf die Lippen und ging mit ihr zusammen und dem Putzzeug in seiner Hand zurück zu den Kindern.

Die ersten Stuten wurden aus dem Stall geführt und zur Koppel gebracht. Es war an der Zeit Epona rauszuholen. Schon öffnete Link das Gatter und sein kluges Pferd ging heraus. Nahe der Koppel deutete er ihr stehen zu bleiben.

Auch die Kinder traten näher heran. Sukki und Link verteilten die Striegel und Fellbürsten und gemeinsam begannen sie Eponas verstaubtes und schmutziges Fell zu putzen.

„Und wer seid ihr?“, hakte die Tochter des Bürgermeisters neugierig nach.

„Tobin und Xenia“, stellte Qantas vor. „Sie wohnen bei uns.“

Sukki nickte. „Ihr müsst schreckliches erlebt haben.“

Tobin nickte nur stumm, blickte kurz zu seiner Schwester, dann konzentrierte er sich wieder auf das Striegeln des Fells.

Keiner sagte nun mehr ein Wort, doch dann erhob Xenia die Stimme: „Es war ein ganz normaler Abend. Mama und Papa brachten uns ins Bett und Fibus, unser Hund, verließ mit ihnen unser Zimmer. Wir schliefen schnell ein. Doch dann, es war schon ganz dunkel draußen, begann Fibus zu bellen. Er schläft immer in der Stube und Papa sagt, das er über uns und das Haus wacht.“ Xenia starrte während sie erzählte auf das braune Pferdefell vor sich. Sie schien nicht mehr in dieser Welt zu sein, sondern in schrecklichen Erinnerungen festzusitzen.

Alle hörten ihr aufmerksam zu, keiner unterbrach das Mädchen.

„Tobin und ich sind aus unserem Zimmer geschlichen und sahen wie Vater und auch unsere Mutter in die Stube eilten. Da wurde die Türe aufgebrochen und das Dach stand plötzlich in Flammen. Überall war nur noch Feuer und dicker Rauch.“ Sie schluckte, dann fügte sie zögerlich hinzu: „Tobin zog mich zurück in unser Zimmer und schloss die Türe. Wir hörten noch Fibus bellen und knurren. Das Feuer breitete sich ganz schnell aus und wir wurden von den Flammen und dem Rauch zurückgedrängt. Tobin öffnete dann das Fenster und wir sprangen hinaus.“

„Ihr seid aus dem Fenster gesprungen?“, hakte nun doch Sukki besorgt nach.

„Ja, es war nicht hoch, daher auch nicht so gefährlich“, antwortete Tobin plötzlich. „Wir rannten weg und trafen dann auf andere flüchtenden Dorfbewohner, denen wir uns anschlossen.“

„Wisst ihr denn wer euch angegriffen hat?“

„Das glaubt ihr uns eh nicht“, wies der Junge die Frage zurück.

Link und Sukki tauschten einen irritierten Blick.

Pantas fragte neugierig nach: „Habt ihr denn was gesehen?“

Tobin blickte zu Pantas, dann zurück auf den Striegel in seiner Hand. Er zögerte.

Xenia sah unsicher zu ihrem Bruder auf, dann fragend zu den anderen. „Wenn ich es euch erzähle, glaubt ihr das auch?“

„Ja“, bekräftigte Link überzeugt. Es gab nichts was er noch nicht gesehen hat und selbst wenn es etwas geben sollte, so war er sich sicher, das es existieren konnte. Dafür kämpfte er schon zu lange gegen Dämonen.

„Wir“, begann Xenia unsicher, doch dann schluckte sie und sprach weiter: „Wir versteckten uns in den Büschen. Die wachsen um unser Haus herum. Ein lauter Schrei kam aus dem Haus. Die Stimme unseres Vaters. Auch Mutter schrie und plötzlich wurde es ganz still.“

Tobin ballte seine Hand zur Faust, kämpfte mit den Tränen.

„Fibus bellte, doch dann fing er zu winseln an und wurde plötzlich auch ganz still“, flüsterte Xenia. Sie sprach als würde es sie nicht betreffen, als erzähle sie eine Geschichte, dennoch wusste sie tief in sich drin was in dieser Nacht im Haus geschehen war. „Es wurde ganz kalt und als wir zwischen den Ästen durchsahen, stand ein großer Schatten vor uns. Drei leuchtend rote Punkte schwebten in der schwarzen Wolke, sahen uns direkt an. Aber dann lief es weiter. Wir krochen aus dem Busch hervor und rannten so schnell wir konnten in den Wald. Dort trafen wir auf einige andere Dorfbewohner und gemeinsam liefen wir weiter, weg von diesen Kreaturen und dieser eisigen Kälte.“

Tobin mischte sich verbissen ein. „Erst als wir fühlten, das die kalte Finsternis nachließ, wagten wir einen Pause. Jemand schlug vor in Equipagus Schutz zu suchen. Dann liefen wir weiter und erreichten schließlich euer Dorf.“

Sukki schluckte.

Link hingegen überlegte: „Kalte Finsternis sagst du?“

Tobin blickte wütend auf. „Ich hab doch gleich gesagt, dass du mir nicht glaubst.“

„Nein, ich glaube euch, Tobin. Ich habe das auch schon gespürt.“

Sukki blickte erstaunt auf, auch die Zwillinge und Xenia stutzten.

Der vergessene Held blickte in die vielen Kinderaugen. Da aber lenkte er von dem ernsthaften Thema ab und betrachtete die wieder in ihrem schönsten Braun glänzende Pferdedame. „Wer möchte alles reiten?“

Die Kinder jubelten begeistert und auch Tobin und Xenia konnten wieder für einige Momente Kinder sein, denn durch das Schicksal mussten sie nun früher erwachsen werden, als die gleichaltrigen Zwillinge.

Der Vormittag schritt voran und die Kinder des Dorfes fanden sich zum Spielen zusammen. Pantas, Qantas, Tobin und Xenia schlossen sich auch den Kindern an und verschwanden.

Link holte den neuen Sattel aus der Scheune und legte ihn Epona auf den Rücken. Ohne ihn festzubinden, denn sie sollte sich erst einmal an die neue Last gewöhnen. Da Epona aber von Natur aus ein ruhiges Wesen hat, würde sie sich schnell einfinden.

Sukki blickte ihn an. „Du hast dasselbe gespürt wie diese Kinder?“

Link sah sie nicht an, dennoch nickte er. „Du bestimmt auch“, bemerkte er.

Sukki schien zu überlegen, denn ihre Stirn lag in Falten.

Der blonde ehemalige Held blickte sie nun an. „Vor zwei Nächten saßen wir im Wald und ich erzählte dir von Zoes Visionen“, erklärte er ihr nun. „Spürtest du da nicht auch diese plötzliche Kälte?“

Die braunhaarige junge Frau runzelte die Stirn, dachte angestrengt nach. Dann aber schien sie sich erinnern zu können und nickte letztendlich. „Ja, das war der Abend an dem du plötzlich so ernst wurdest.“

Links Mimik wurde sehr ernst. „Das war die Nacht des Angriffs. Sicherlich sind diese...“, er pausierte, prüfte ob sie auch wirklich keine Zuhörer hatten, und ergänzte: „...Wesen auf dem Hauptweg unterwegs gewesen.“

„Das hattest du in dieser Nacht bereits vermutet?“ Erst sah sie ihn ungläubig an, doch dann leuchtete ihr seine Reaktion aus dieser Nacht ein. „Deswegen wolltest du ins Dorf zurück.“ Sie blickte ihn neugierig, aber auch irritiert an. „Woher wusstest du davon?“

Link zuckte mit seinen Schultern, widmete sich wieder Epona und schloss den Sattelgurt um ihren Bauch. Auch das ließ die Stute ohne Protest mit sich machen. „Ich wusste es nicht.“

Er würde nicht mehr dazu sagen. Seine Haltung zeigte ihr das ganz deutlich und sie ahnte, das er ihr etwas wichtiges verschwieg. Sukki beobachtete ihn und überlegte wie sie ihn zum Reden bringen könnte und was er ihr alles eigentlich verheimlichte.

Der Bürgermeister trat zu ihnen. „Link, Sukki, wie schön euch zu sehen.“

„Vater“, begrüßte Sukki den älteren Mann. Sein bronzefarbenes Haar war von gräulichen Strähnen durchzogen.

„Bürgermeister Emden“, grüßte auch Link.

Falls Sukkis Vater bemerkt hatte, das Epona Sukkis neuen Sattel auf dem Rücken trug, so sagte er nichts dazu. Stattdessen betrachtete er den kräftigen Körperbau der Stute. „Welch wunderbare, kräftige und gesunde Stute. Sie wäre eine perfekte Zuchtstute. Sie mit unserem besten Hengst zu paaren würde die Pferdezucht um Weiten vorantreiben. Du möchtest sie uns nicht zur Züchtung überlassen, Link?“, zwinkerte der Bürgermeister im Versuch den jungen Mann dazu zu überreden. Auch mit dem Wissen, das Link nie zustimmen würde.

„Es tut mir leid, Bürgermeister Emden“, lehnte Link dieses Angebot ab.

„Ich weiß schon, Junge. Zu schade. Vielleicht überlegst du dir das Angebot ja nochmal“, scherzte der Bürgermeister und verschränkte nun die Hände vor der Brust. Sein Gesichtsausdruck wurde plötzlich ganz ernst. „Wir brauchen jede Hilfe beim Bau des neuen Hauses. Ich kann doch auf eure Unterstützung hoffen?“

Sukki und Link stimmten zu: „Natürlich.“

„Das ist doch erfreulich.“ Er sah zu seiner Tochter: „Ich brauche deine Hilfe bei der Planung, Sukki. Auf Wiedersehen, Link!“

„Auf Wiedersehen, Bürgermeister Emden“, verabschiedete sich auch Link und lächelte Sukki verhalten zu. Boron wusste um sein Verhältnis mit Sukki, aber den Bürgermeister wollte er nicht so schnell einweihen.

„Wir sehen uns, Link“, lächelte auch Sukki und folgte ihrem Vater dann.

Link blieb bei Epona und verbrachte den Nachmittag über damit die Stute im Sattel einzureiten. Abends brachte er Epona dann auf die Koppel, nachdem die anderen Stuten wieder in den Ställen untergebracht.
 


 

***~~~***~~~***
 

In den letzten drei Tagen wiederholte sich die Vision und Prinzessin Zelda wusste nun, das eine Gefahr unmittelbar bevorstand. In der alternativen Zukunft verstärkten sich die Visionen auch, je näher das Grauen kam.

Sie ging durch einen breiten Gang, an dessen Ende sich das Arbeitszimmer des Königs befand. Ihre Schritte wurden durch den großen roten Teppich mit seinen goldenen Fransen, welche diesen an den Längsseiten verzierten, gedämpft. Nur wenige Türen führten in kleinere Salons und vor jeder dieser Türen stand ein Diener, der diese auf Wunsch öffnete.

Zwei Soldaten sicherten zusätzlich den Flur.

Ihre Gedanken beschäftigten sich mit ihren Visionen. Sie musste ihren Vater aufsuchen und mit ihm weitere Schritte besprechen. Sie legte sich bereits die Worte zurecht, als ein anderer Gedanke sich einschlich. Link... Sie verstand noch immer nicht, weshalb er ihre Kontaktaufnahme abwies. Und erst recht nicht konnte sie sich erklären wie das Seelenband, das sie beide schon seit langer Zeit miteinander verband, reißen konnte.

Ein großer, stämmiger Ritter mit breitem Kreuz kam ihr entgegen. Er trug ein rotes Gewand, darüber ein Kettenhemd und graue Schärpen mit dem Symbol des Königshaus. Um seine Schultern hing ihm ein großer, schwerer schwarzer Umhang. Das braune Haar des Mannes fiel ihm bis zum Kinn hinab. Der Waffengurt um seine Hüfte gebunden. Die Stiefel untermalten mit jedem schweren Schritt, welch Gewicht die Schutzkleidung mit sich brachte.

Es war Ritter Strongfield, einer der treugesinnten Ritter im Dienste des Königshaus.

Als dieser der Prinzessin gegenüber stand, verbeugte er sich tief vor ihr und begrüßte sie ehrfurchtsvoll. „Prinzessin Zelda, seid gegrüßt.“ Er blickte auf und ein ernster Ausdruck lag um seine Augen. „Wie gut das ich Euch antreffe. Euer Vater befindet sich in einem wichtigen Gespräch, aber ich habe Meldungen von der Grenze erhalten.“

Zelda spannte sich an, deutete auf eine Türe nicht weit von sich und deutete den Ritter ihr zu folgen.

Der Diener öffnete die Flügeltüre und Zelda trat mit dem Ritter in einen kleinen Salon ein. Dieser war für seine geringe Größe immer noch geräumig. Inmitten des Raumes stand eine gemütliche Sitzbank mit einem runden Tisch davor und von drei Stühlen gesäumt.

Zelda setzte sich auf die Bank, deutete dem Ritter mit einer Handbewegung sich ebenfalls hinzusetzen. „Was ist geschehen?“

Dieser folgte der Anweisung und nahm auf einem der Stühle platz. „Es erfolgte wieder ein Angriff. Dieses Mal war es wahrlich ein Überfall. Diese Schattenwesen kamen zu hunderten und überrannten uns regelrecht. Die Grenze wurde durchbrochen und sie konnten in Alnayru eindringen.“

Zelda's Anspannung nahm sichtlich zu. „Wie viele Tote und Verletzte haben wir zu verzeichnen?“

„Das Dorf an der Grenze gibt es nicht mehr, Prinzessin. Die Schattenwesen setzten alles in Brand.“

Tief betroffen sackten ihre Schultern ab und sie senkte den Blick zum Boden. Auch in diesem Raum war Teppich verlegt. Allerdings war dieser Königsblau mit goldenen Sternen.

„Einige Dorfbewohner konnten entkommen, aber wie viele überlebt haben wissen wir nicht. Die überlebenden Soldaten konnten nur noch die Toten bergen, darunter auch sehr viele Kinder.“

„Wie schrecklich“, antwortete Zelda. Sie spürte die Tränen in sich aufsteigen, fühlte sich an die alternative Zukunft erinnert. Aber sie war auch so erzogen worden, das sie ihre Gefühle nicht nach außen trug. Sie fasste sich und ihre Gedanken zusammen. Die Gefahr war nun näher als erhofft. Sie blickte auf. „Konnten wenigstens einige der Schatten besiegt werden?“

„Jeder Schwerthieb ging durch diese wabernden Körper durch. Wir standen dem Feind machtlos gegenüber.“

Zelda nickte. „Ich muss mit meinem Vater sprechen.“ Sie stand auf.

Auch Ritter Strongfield stand auf. „Ich erwarte Euren Befehl.“

Schon zog er sich zurück und Zelda blieb allein im Salon stehen.

Ihre rechte Hand ballte sich zur Faust. „Bei Nayru, wenn ich doch nur wüsste was mit Link geschehen ist“, murmelte Zelda hilflos. „Göttin Farore, Schöpferin jeglichen Daseins der Welt und Schutzgöttin des Triforceträger des Mutes, ich bitte Euch! Gebt mir ein Zeichen das es ihm gut geht“, sprach sie, während ihre Augen zur Decke blickten. Es geschah nichts und die Traurigkeit breitete sich in ihrem Herzen aus.

Seufzend schüttelte sie ihren Kopf. Langsam spürte sie wie ihr alles über den Kopf wuchs. Und dieses Mal stand sie der neuen Bedrohung allein gegenüber.

Zelda sammelte sich und verließ den Salon. Wenige Schritte später stand sie vor dem Arbeitszimmer ihres Vaters. Ehe sie hineingehen konnte, traf sie auf Lord Siams Gehilfen. Dieser kam aus einem anderen Gang auf sie zu, schien sie aber gar nicht richtig wahrzunehmen. „Mika“, begrüßte sie ihn überrascht, denn so abwesend hatte sie den wohlgenährten Mann mittleren Alters noch nie erlebt.

„Oh, Prinzessin Zelda“, errötete der Gehilfe mit dem roten Haarschopf und verbeugte sich vor ihr. Er wirkte zerstreut.

„Fühlt Ihr euch nicht wohl?“

„Ja“, antwortete dieser sofort, aber dann griff er sich an die Stirn, fuhr sich ein paar Haarsträhnen über den Kopf und raufte sich das Haar. „Nein“, korrigierte er sich dann.

Die Prinzessin betrachtete ihn besorgt.

Plötzlich sah er sich auf dem Flur um, wirkte fast gehetzt und schon verbeugte er sich wieder. „Lord Siam beauftragte mich mit den Nachforschungen dieser Schattenwesen. Ich mache mich gleich ans Werk.“ Im nächsten Moment trat er sich zur ihr verbeugend an ihr vorbei, stieß mit seinem Hintern gegen die Wand, hätte dabei fast einen kleinen Beistelltisch mit Blumen umgestoßen, und verschwand schleunigst.

Die Thronfolgerin Hyrules trat verwirrt einen Schritt vor und deutete einem Diener die Türe zu öffnen. Sie konnte sich jetzt nicht auf Lord Siams Gehilfen konzentrieren, denn es gab wichtigeres in Hyrule zu regeln. Sie wusste, das ihr Vater sich eben in einem wichtigen Gespräch befand, aufgrund der neuesten Erkenntnisse konnte sie aber auch nicht länger warten. Die Türe wurde ihr geöffnet und sie trat ein.

Das geräumige und große Arbeitszimmer war unterteilt in eine gemütliche Sitzecke, oft saßen sie hier zusammen und beratschlagten sich über Regierungsangelegenheiten und auch privates, und der große Schreibtisch an dem alle offiziellen Beratungen stattfanden.

Ihre Augen blieben kurz an dem Wandbild hängen, das ihr geliebtes Hyrule zeigte. Es würde einmal ihr Land werden, sollte ihr Vater einst nicht mehr sein. Sie mussten die Entscheidungen mit den Gedanken an die Zukunft fällen, besonders in dieser ungewissen Zeit.

„Zelda!“

Haltung bewahrend sah sie zum Schreibtisch, an dem ihr Vater mit dem Rücken zum Wandbild saß. Seine graues schütteres Haar fiel ihm in Strähnen herab. Seine Stirn von Falten durchzogen, die Augen eingefallen und die Haut blass. Zelda sah ihm an, wie sehr die Angriffe auf Alnayru an ihm zerrten. Sie sorgte sich um seine Gesundheit.

Ein Stuhl rutschte, dann hörte sie: „Prinzessin Zelda.“ Sie blickte zur Seite und erkannte Lord Siam, der vor dem Schreibtisch stand und sich verbeugte. Der erste königliche Berater schien sich bis jetzt mit ihrem Vater beratschlagt zu haben wie sie weiter vorzugehen haben.

„Was führt dich zu mir?“ Ihr Vater blickte sie aufmerksam an.

In Zeldas Augen spiegelte sich Sorge. „Es gibt schlechte Nachrichten.“

schicksalhafte Nacht

Sie beratschlagten sich über das weiter Vorgehen. Lord Siams Gehilfe prüfte die alten Bücher, aber bisher ohne Ergebnis. Zelda schloss sich dem Lesen der alten Schriften an und so arbeiteten sie gemeinsam bis in die Nacht hinein.

Schlichtweg erschöpft fiel Zelda ins Bett. Sie wusste nicht, was sie tun sollte, fühlte sich hilflos und ratlos und hoffte, das sie am nächsten Morgen einen klaren Kopf hatte um die Problematik lösen zu können. Schnell schlief sie dann auch ein und fiel in einen Traumlosen Schlaf.

Ein Klopfen riss Zelda aus ihrem Schlaf. „Prinzessin Zelda! Prinzessin Zelda!“

Sie schlug die Augen auf, fühlte sich erschöpft, träge und unausgeschlafen. Müde stand sie auf, schwankte erst. Als sie sich sicher auf ihren Beinen fühlte, zog sie ihren Morgenrock über. Es klopfte erneut. Sie beeilte sich die Türe zu öffnen.

Ihr gegenüber stand ein dicklicher Mann mit rotem Haar und müdem Blick. Tiefe Augenringe zeichneten sich unter sorgenvollen braunen Augen ab und deuteten ebenso auf wenig Schlaf hin.

„Mika...“

„Entschuldigt, Prinzessin, aber ich habe eine äußerst dringliche Nachricht für Euch.“

„Was ist geschehen?“ Alarmiert blickte Zelda sich um, aber niemand außer dem Gehilfen von Lord Siam befand sich in diesem Gang.

„Prinzessin, diese Schattenwesen wurden in den Legenden vermerkt. Es dauerte etwas, aber ich fand eine Niederschrift. Sie gelten als unbesiegbar.“

Zelda runzelte die Stirn. „Es muss doch eine Schwachstelle geben?“

„Das ist noch nicht alles, Prinzessin.“ Mika blickte sich etwas gehetzt um. Doch dann richtete er seinen besorgten Blick wieder auf die Thronfolgerin des Landes. „Sie können sich mit unwahrscheinlicher Schnelligkeit im Schattenreich fortbewegen. Der Wechsel zwischen Licht und Schattenwelt gelingt ihnen mit einem Artefakt der Göttinnen. In der Lichtwelt kommen sie nur des Nachts voran, aber auch hier können sie so schnell sein, das es mit dem bloßen Auge kaum wahrzunehmen ist.“

In Zelda wuchs eine Unruhe heran. Sie spürte eine aufziehende Kälte, die sie an ihre Vision erinnerte.

Schreie hallten durch die Fenster ins Schloss. Panische Schreie aus der Stadt.

Plötzlich kam Leben ins Schloss. Eine ungeahnte Hektik verbreitete sich. Untermalt von dem Grauen und dem Leidensgesang der Bewohner Hyrule Stadt.

Eine dunkle Macht legte sich langsam über das Schloss.

Alarmiert drehte Zelda sich um und eilte zurück in ihr Gemach. Vor einer braunen Truhe kniete sie sich nieder und öffnete den Deckel. Ihre Augen betrachteten das Langschwert, die lange Schneide, in der es zum Schutz aufbewahrt wurde mit dem Zeichen des Triforce auf seinem Heft.

„Prinzessin?“ Mika blickte sich ängstlich um, auch ihm entging die kalte Finsternis nicht. Ein Knarzen hallte in den vielen Gängen wieder, dann zerbarst mit einem lauten Knall Holz und Kampfschreie durchdrangen jeden Winkel des Schlosses.

Zelda blickte entschlossen auf, band sich den Gurt mit der Schneide um und stürmte an Mika vorbei.

Ihr Weg führte sie aus ihrem privaten Bereich des Palastes. Letztendlich blieb sie in der großen Empfangshalle stehen, in der ein gewaltiger Kampf entbrannt war. Ritter und Angestellte kämpften gegen schattige Wesen in einer klirrenden Kälte.

Mika war ihr gefolgt und blieb verängstigt neben ihr stehen.

Die Hylianer waren weit unterlegen im Kampf.

Panische Schreie rissen ihn aus seiner Starre und bevor eines der Wesen noch auf die Prinzessin aufmerksam wurde, griff er nach ihrem Arm und zog sie bei seiner panischen Flucht mit sich. „Prinzessin, wir müssen weg!“

„Gibt es wirklich keine Schwachstellen?“

„Ich weiß nicht, Hoheit. Es war nichts darüber vermerkt.“

„Was stand noch in der Legende?“

Mika zitterte, überlegte, blickte hin und her und folgte einem anderen Gang entlang. Er suchte nach passenden Worten auf ihre Frage, folgte einem bestimmten Weg und schien nicht fähig zu sprechen.

„MIKA! Was... steht... in... der... Legende?“, wiederholte Zelda eindringlich und auch ein wenig außer Atem. Sie wusste nicht wo der Gehilfe mit ihr hin wollte.

„Laut der Legende...“, begann Mika zögerlich, das Zittern durch die körperliche Anstrengung aber auch die Angst brachte seine Stimmbänder zum Beben.

Hysterische Schreie erfüllten weiterhin die Nacht.

Ein kalter Schauer zog über Zeldas Rücken. Alles erinnerte sie an die alternative Zukunft. Würde sie nun doch eintreten, auch wenn sie damals Ganondorf besiegen konnten? War die Zukunft nicht zu ändern und musste Hyrule vielleicht dieses Schicksal erleiden?

Zwei Soldaten rannten ihnen entgegen. „Prinzessin Zelda. Euch geht es gut! Ihr müsst das Schloss sofort verlassen.“

Sie sträubte sich zu fliehen, wollte ihren Soldaten und Angestellten im Kampf beistehen. Sie würde nicht vor dem Feind feige davonlaufen. Eben wollte sie sich der Anweisung widersetzen, als es eiskalt hinter ihnen wurde und es plötzlich polterte. Es erschien ein Schatten, der sofort zum Angriff überging.

Die Soldaten stellten sich diesem in den Weg, damit Zelda und Mika fliehen konnten. Erneut zog der Gehilfe die Prinzessin hinter sich her, als spürte er das sie sonst nicht mitkäme. Sie folgten erneut vielen verschiedenen Gänge, als Mika endlich seinen Satz beendete: „... zerstörten die Schattenwesen jegliches Leben.“

Zelda zog ihre Augenbrauen zusammen. Ihre rechte Hand umfasste das Heft, jederzeit bereit ihr Schwert zu ziehen um zu kämpfen.

„Es gibt einen Weg aus dem Schloss. Wir müssen nur ungesehen durch die Stadt kommen, dann können wir uns in der weiten Steppe verstecken.“

Kampfgeschrei, aber auch Schmerzenslaute, hallten immer wieder in den vielen Gängen wieder. Inzwischen war das Schloss von einer durchdringenden Kälte überzogen.

Zwei weitere Soldaten kreuzten ihren Gang, nahmen aber die Prinzessin und den Gehilfen nicht wahr. Stattdessen fragte der eine aufgeregt besorgt: „Wo ist der König?“

„Er ist nicht in seinem Gemach. Wir müssen ihn suchen und unverzüglich aus dem Schloss bringen“, antwortete der andere und sie liefen den Quergang weiter.

Zelda hörte diese Worte und blieb ruckartig stehen. Mika selbst konnte sich gerade noch so fangen. „Mein Vater!“ Sie riss sich los und schlug die andere Richtung ein um wenig später wieder einen Haken zu schlagen. Ihr Vater war nicht in seinem Gemach? Sie ahnte, das er auf dem Weg zum Thronsaal war, als das Schloss angegriffen wurde.

Mika zögerte erst, doch dann folgte er ihr schnell.

Sie liefen einige verwinkelte Gänge des Schlosses entlang. Je näher sie dem Thronsaal kamen, desto kälter wurde es.

Ein eisiger Schauer überzog Zeldas Arme. Die Finsternis war direkt vor ihr, das spürte sie sofort und sie fühlte sich an ihren Traum erinnert.

Als sie um die nächste Ecke bog, blieb sie erschrocken stehen.

Mika, der hinter ihr rannte, stieß sie beinahe um, als er in sie krachte.

Beide starrten auf das große Schattenwesen.

Es hatte sie noch nicht bemerkt.

Zelda betrachtete das fremdartige Wesen aus ihrem Traum. Als ihre Augen dem wabernden Schattenkörper hinab folgten, fiel ihr Blick auf eine am Boden liegende Person. „Nein“, keuchte sie entsetzt auf.

Ihr Vater lag unter dem Wesen. In seiner Brust steckte ein Schwert und eine dunkle Magie umgab den Körper des Königs.

Durch den erstickten Aufschrei, wurde das Schattenwesen auf sie und ihren Begleiter aufmerksam. Ein kehliges Lachen erschallte plötzlich und hallte wieder. „Wie schön euch zu sehen, Prinzessin Zelda! Ihr seid nämlich die nächste. Das vereinfacht mir die Suche nach euch!“ Schon griff das Schattenwesen an, hechtete blitzschnell zu ihr.

Aber Zeldas Triforcefragment leuchtete blau auf und stieß den Feind zurück.

Diesen Augenblick nutzte Zelda und zog ihr Langschwert. Schon hechtete sie auf den Schatten zu.

„PRINZESSIN!“ Mika stand wie erstarrt da, wusste nicht was er tun sollte. Dann aber versteckte er sich hinter der Mauer, welche die Ecke zum anderen Gang säumte. Von dort beobachtete er den Kampf.

Das Schwert durchschnitt die wabernde Masse des Schattenwesen, aber nichts passierte.

Der Gegner hingegen sprang wieder auf seine Beine, lachte schallend und griff die Prinzessin mit einer dunklen Kugel an.

Zelda konnte dieser ausweichen.

Der Schatten war blitzschnell wieder über dem König gebeugt und entzog das Schwert aus dessen Brust.

Zelda sah noch wie das Blut ihres Vaters daran herablief. „Nein, du Monster!“ Schon griff sie den Schattenkörper wieder an, aber das fremde Wesen konnte jeden Angriff parieren.

Die Prinzessin des Landes geriet mehr und mehr außer Atem.

In einem ungünstigen Augenblick gab sie kurz ihre Deckung auf und der Schatten griff sofort an. Das Schwert stach zu ihr, jedoch kurz bevor es den Körper der Prinzessin durchbohren konnte, leuchtete das Fragment der Weisheit erneut auf und blendete den Schatten dermaßen, das dieser zurück stolperte.

Zelda spürte wie ihr die Kraft entschwand.

Plötzlich sprang jemand zwischen sie und den Schatten und schlug mit mehreren Schwerthieben auf das wabernde Wesen ein. Immer öfter traf er dabei eine Stelle, die dem Schattenkörper schadete, und nach vielen Hieben, fiel die wabernde Masse zusammen und löste sich auf.

Das Fragment pulsierte nach, während Zelda erschöpft in sich zusammen sackte.

„Prinzessin“, hörte sie Mika, der sich ihr schnell näherte und auch gleich stützte.

„Mika... Es gibt also doch eine Möglichkeit“, sprach sie schwach, aber hoffnungsvoll.

Sie stand auf, spürte aber wie viel Kraft und Magie sie der Schutzzauber gekostet hat.

„Der König ist tot“, stellte der Schwertkämpfer trauernd fest.

Zelda sah zu ihrem Vater, der auf dem Boden lag. Vor ihm kniete Ritter Strongfield und senkte seinen Kopf.

Mika und Zelda traten auch an den leblosen Körper heran.

„Vater“, hauchte die Prinzessin traurig.

Seine gütigen blauen Augen starrten leer und leblos. Der Glanz aus ihnen war aus den Glaskörpern verschwunden.

Zelda senkte traurig den Kopf, dann legte sie ihre Finger auf die Lider ihres Vaters und schloss diese. „Ruhe in Frieden, König Harkenia von Hyrule“, sprach sie mit Tränen in den Augen.

Kampfschreie näherten sich.

„Flieht, Prinzessin Zelda“, übernahm Ritter Strongfield das Kommando, doch Zelda weigerte sich: „Ich werde kämpfen und meinen Vater rächen!“

„Prinzessin, wenn ein Sieg aussichtslos scheint, ist ein Rückzug taktischer … Der König ist tot! … Ihr seid unsere Königin und die Herrscherin über Hyrule. Ohne Euch gibt es keine Hoffnung mehr für dieses Land und seine Bewohner. Flieht, sucht Euch Verbündete und kehrt mit diesen zurück für den alles entscheidenden Kampf.“

Zeldas gesamte Körperhaltung weigerte sich, dann aber nickte sie ergebend. Sie wusste wie Recht er hatte. Dennoch akzeptierte sie es nicht einfach so kampflos aufzugeben, auch wenn es im Moment keine andere Möglichkeit gab.

Die Kälte näherte sich rasch.

Ritter Strongfield richtete sich auf. „Hört mir zu, Prinzessin.“

Mika und Zelda blickten ihn an.

„Das Land braucht Euch! Ihr seid unsere Hoffnung. Wir, eure Ritter, stehen Euch immer zur Seite und werden Euch im Kampf stets zu Diensten sein.“

Die zukünftige Königin nickte, streckte den Rücken durch und deutete Mika ihr zu folgen. „Seid vorsichtig, Ritter Strongfield.“

„Jederzeit ... Königin Zelda von Hyrule.“ Verbeugte sich der Ritter und gab Zelda und Mika Rückendeckung bei ihrer Flucht.

„Wo gehen wir hin?“, schnaufte der Rotschopf außer Atem, denn die Prinzessin rannte regelrecht durch die vielen Gänge.

„Ich kenne einen Geheimgang, nicht weit von hier.“

„Wohin wollt ihr fliehen, Majestät?“

„In die Zitadelle der Zeit. Fürs erste sollten wir bei Rauru Zuflucht finden.“

Sie spürten ihre Verfolger und diese würden auch nicht eher ruhen, ehe Zelda neben ihrem Vater lag. Dennoch kamen die beiden Flüchtenden ungesehen am Geheimgang an und verschwanden in den dunklen tiefen Gemäuern des Schlosses. Die Kälte breitete sich schlagartig über das gesamte Anwesen aus, aber die Schatten würden sie hier vorerst nicht finden.

Zelda entzündete eine Fackel und begleitet von Mika stiegen sie eine lange Wendeltreppe hinunter. Schweigend gingen sie nebeneinander Stufe für Stufe nach unten.

Es roch modrig und das Gemäuer strahlte eine feuchte Kühle aus, dennoch wollte Zelda so schnell es ging die Zitadelle der Zeit erreichen.

Zum Glück stand diese immer noch unter einem Schutzzauber der sieben Weisen. Somit konnte das Böse nicht mehr eindringen um das Masterschwert an sich zu reißen.

Sie blickte kurz zu ihrem rothaarigen und verängstigten Begleiter. Zelda wusste, das er Rauru bei den Nachforschungen helfend zur Seite stehen konnte. Mika war ein kluger Kopf und trug das Herz am richtigen Fleck. Sie vertraute ihm.

Endlich erreichten sie das Ende der Treppe und folgten einigen Gängen.

Mika blickte sich verwirrt um, hatte längst die Orientierung verloren, aber Zelda kannte diese geheimen Gänge besser wie jeder andere.

Die Fackel bot das einzige Licht. Und durch die Helligkeit wurden viele Ratten aufgescheucht, die wild über den Boden und an den Wänden entlang flitzten.

„Wir sind bald am Ziel“, munterte die Prinzessin ihren stillen Begleiter auf.

Dieser nickte nur, wollte keine Aufmerksamkeit erregen. Denn jedes geflüsterte Wort hallte in den vielen Gängen wieder.

So gingen sie weiter durch die kühle und nur spärlich beleuchtete Dunkelheit bis sie auf eine erneute Wendeltreppe stießen.

Zelda und Mika stiegen die Stufen hinauf und standen kurze Zeit später vor einer Türe. Sie schoben diese auf und betraten einen dunklen Raum. Hinter ihnen fiel die Türe zu und verschmolz mit dem Gemäuer der Zitadelle.

Die Fackel erleuchtete den Raum mit jedem Schritt, den Zelda weiter ging.

Mika hingegen entdeckte die vielen Wandverzierungen und mit jedem Schritt zeigte das Licht ein neues Bild. Fasziniert wandte sich der Gehilfe von Lord Siam der Wand zu und besah sich die vielen Bilder.

Sieben Hylianer stehen im Kreis, die Hände zum Himmel gerichtet. Über ihnen in der Mitte schwebt das Triforce.

Das nächste Bild zeigte drei göttliche Wesen, die das Triforce Zeichen ebenfalls über sich halten.

Plötzlich erhellte sich die gesamte Wand.

Zelda stand neben ihm, leuchtete die Zeichnungen an und blickte stumm zum Rotschopf.

Mika errötete leicht, dann sprach er: „Unglaublich. Ich studiere die Lehren um das Triforce schon so lange, aber an diesem Ort bin ich noch nie zuvor gewesen.“ Er deutete auf das Bild mit den drei Gottheiten. „Das sind die Göttinnen Din, Nayru und Farore bei der Erschaffung des Triforce.“ Er fuhr mit seinem Finger die Wand entlang und zeigte Zelda noch etwas anderes. „Sie erschufen erst die Welt. Seht ihr die filigranen Flüsse, die kleinen Tiere und den festen Untergrund? Unsere Entstehungsgeschichte. Und hier...“, er ging zum anderen Bild. „In einer der alten Niederschriften stand: Das sieben Weisen die heiligen Tempel bewachen und das Gleichgewicht in Hyrule halten. Seht, Prinzessin, das hier stellt diese Weisen dar.“

Zelda betrachtete die Bilder, lauschte den Worten aufmerksam auch wenn sie die Geschichten nur zu gut kannte.

„Ihr seid ein belesener Mann.“

Die Stimme erkannte Zelda sofort. Sie drehte sich um und blickte dem Geist Raurus entgegen. Dem letzten Weisen des Lichts und er würde es solange bleiben, bis er einen Nachfolger fand. Aber das allein entschied nur das Schicksal. „Weiser Rauru“, begrüßte Zelda den Geist und knickste.

Mika drehte sich ebenfalls um und erschrak zutiefst. Er konnte nicht glauben was er sah, wischte sich über die Augen, aber die Erscheinung blieb. Ein dicklicher Geist in Erscheinung eines Mönchs schwebte ein paar Fuß über dem Boden und war nahezu durchsichtig.

„Prinzessin Zelda, ich bitte Euch, Ihr müsst euch nicht vor mir verbeugen. Ich muss das tun, aber so ganz gelingt mir das in dieser Gestalt nicht. Sagt, wen habt Ihr mitgebracht?“

„Weiser Rauru, das ist Mika, mein Berater. Wie Ihr sicherlich wisst, wurde das Schloss von Schattenwesen angegriffen und besetzt. Uns ist die Flucht gelungen. Hat Impa die Weisen schon aufgesucht?“

„Das ist mir alles nicht bekannt, Prinzessin Zelda. Ich spürte zwar die Gefahr...“, er stockte und blickte besorgt zur Thronerbin: „Wie geht es dem König?“

Zelda senkte die Augen und ihre Haltung sagte alles.

Rauru senkte betroffen die Augen. „Die Weisen sind noch nicht im Tempel des Lichts zusammen gekommen, aber ich werde dort auf sie warten. Sicherlich haben sie die Gefahr auch gespürt.“

„Meine Bitte an euch ist folgende“, erklärte Zelda nun. „Helft meinem Berater. Wir brauchen jede Informationen über diese Schattenwesen. Jede Hilfe im Kampf gegen diese schwer zu besiegenden Dämonen ist von Nöten.“

„Natürlich, Prinzessin Zelda, aber sagt, was habt Ihr vor?“

„Ich werde Verbündete suchen, die mir im Kampf gegen die Feinde beistehen. Allein bin ich machtlos, aber die Hoffnung auf ein friedliches Land hab ich noch nicht aufgegeben.“

„Der Held der Zeit...“, warf Rauru fragend ein, aber Zelda unterbrach den Weisen sofort. „... wird uns in diesem Krieg nicht zur Seite stehen.“

Besorgt runzelte der Geist seine Stirn.

Mika war es nun der zum ersten Mal seit langer Zeit sprach: „Habt Ihr nicht gesagt, hier wären wir sicher?“

Zelda nickte. „Mika, Ihr seid hier sicher.“ Sie deutete in den Raum. „Ihr befindet euch im heiligen Reich. Kein Dämon wird hier eindringen können.“

Der Gehilfe schluckte aufgeregt. „Im heiligen Reich? Welches das sagenumwobene Masterschwert birgt?“

Zelda nickte und trat einen weiteren Schritt in den Raum. Das flackernde Licht der Fackel ließ Rauru hell schimmern. Allerdings war das, was hinter dem Geist aufblitzte viel interessanter.

Fasziniert starrte Mika auf das steinerne Podest indem die mächtigste Klinge der Geschichte steckte. „Es existiert wirklich? Die Legende ist wahr?“

„Jede Legende hat einen wahren Ursprung, sonst wäre es keine Legende“, verkündete Rauru.

Zelda mischte sich nun ein: „Ich muss gehen!“

„Wohin wollt Ihr gehen? Und doch nicht etwa so?“

Zelda blickte an sich hinunter und nahm erst jetzt bewusst wahr in welcher Aufmachung sie unterwegs war. Ihr Nachtkleid umspielte ihre Figur, darüber trug sie ihren Morgenrock und über ihren Rücken hing der Gurt mit dem Langschwert. Das blonde Haar fiel ihr offen über den Rücken. Ihr Diadem lag auf dem Nachttisch in ihrem Gemach. Sie blickte entschlossen zu Mika. „Ich werde Hyliades um Hilfe bitten. Wenn mir jemand helfen kann, dann ist das König Valent.“

„Lord Siam behauptete die Hyliader würden hinter diesen Angriffen der Schattenwesen stecken“, bemerkte Mika leise.

„Glaubt Ihr das?“ Zelda sah ihren Begleiter lange an. Da dieser sich in Schweigen hüllte und die Prinzessin wusste, das Mika es ebenso nicht glauben konnte, wie sie selbst, nickte sie milde lächelnd. „Ich muss gehen. Aus diesem Grund bitte ich Euch alles über diese Schattenwesen herauszufinden. Sobald ich zurück bin, lasse ich es Euch über Rauru wissen.“

Mika blickte zu dem Geist, dann zur zukünftigen Königin.

Zelda lächelte zuversichtlich, schloss ihre blauen Augen und verwandelte sich, in hellem Licht eingehüllt. Wenig später stand sie als Shiek verkleidet vor ihren Vertrauten. Der einzige Unterschied zu der Verkleidung im alternativen Zeitpfad bestand darin, das sie ihre weibliche Figur nicht mehr verbarg. Das blau ihrer Augen war nun dem rot der Shiekah gewichen.

Mika staunte. Eine weitere Legende offenbarte sich ihm eben.

„Ich komme zurück und werde diesem Land den Frieden bringen.“ Zelda zog sich ihr weißes Tuch über Kinn, Mund und Nase und verbarg somit ihre Gesichtszüge.

„Mögen die Göttinnen Euch schützen, Prinzessin Zelda“, verabschiedete sich Rauru.

Mika verbeugte sich vor ihr. „Ich werde Euch nicht enttäuschen, Hoheit.“

Sie nickte, zückte eine Deku-Nuss und warf diese auf dem Boden. Im nächsten Moment war die Herrscherin Hyrules verschwunden.
 

***~~~***~~~***
 

Link schlief einen unruhigen Schlaf. Auch wenn er keine Seelenverbindung zur Prinzessin des Schicksals mehr hatte, so spürte er doch, das etwas nicht stimmte. Er wälzte sich in seinem Bett hin und her, strampelte seine Decke von sich und ein innerlicher Kampf entbrannte.

Er hörte Schreie und finsteres Kreischen der dämonischen Welt in seinen Ohren.

„Zelda“, murmelte er immer wieder, während er seinen Kopf hin und her warf.

Die Türe zu seinem Zimmer öffnete sich knarrend. Eine kleine zarte Gestalt stand im Türrahmen.

Link spürte eine mystische Aura und schreckte aus dem Schlaf. Sein Blick glitt sofort zur Tür und überrascht betrachtete er seine Ziehschwester. „Zoe“, rief er besorgt aus, schwang seine Beine aus dem Bett und stürzte auf die Fünfjährige zu. Vor ihr fiel er auf die Knie und packte sie an den Schultern. „Zoe, was ist mit dir?“

Sie sagte nichts, sie tat nichts. Sie stand einfach vor ihm, sah durch ihn hindurch und reagierte nicht.

„Schlafwandelst du?“

Wieder keine Antwort.

„Zoe, sprich mit mir!“, bat Link überaus besorgt und betrachtete das kleine Mädchen vor sich.

Die Türe zum Nebenzimmer öffnete sich und Boron trat mit einer Kerze heraus. Gleich hinter ihm stand Annelie.

Bevor einer der drei etwas sagen konnte, rührte sich Zoe. „Das goldene Licht verblasst! Umhüllt von Schatten verschwindet es in der Finsternis. Das Schicksal des Landes wird neu geschrieben. Die letzte Hoffnung ist der Held der Zeit.“

Links Augen weiteten sich.

Boron kniete sich neben seine Tochter und sah Link unsicher an.

„Der Held der Zeit? Das ist doch nur eine von vielen Legenden?!“

Zoes Blick wurde wieder klar. Angst zeigte sich in ihren Augen. „Rette die Prinzessin des Schicksals“, bat sie flüsternd. Im nächsten Moment fiel sie einfach um und Boron fing seine kleine Tochter auf.

„Zelda ist das goldene Licht?“ Link sprang auf, hetzte zum Bett und zog eine längliche Kiste hervor, die unter dem Bett verborgen war. Schon öffnete er den Deckel und blickte auf den Inhalt. In dieser Kiste lag sein brauner magischer Beutel, sein Hylia-Schild und sein Hylia-Schwert. Lange hat er diese Kiste nicht mehr hervor gezogen.

„Sie schläft wieder“, stellte Boron fest, ehe er auf Links Aussage reagierte. „Zelda?“

Annelie trat näher. „Prinzessin Zelda?“

Link nickte nur, schlüpfte aus seinen Schlafsachen und zog sein Kettenhemd und die grüne Tunika über. Wenig später war der braune Beutel umgebunden und auch das Schwert am Gürtel befestigt. Dann nahm er sich das Schild hervor und schlüpfte mit einem Arm durch die Schlinge, das es ihm auf dem Rücken hing. Er griff auch nach dem Bogen aus Eibenholz. Dann drehte er sich um und blickte die beiden Hylianer an, die ihn aufnahmen.

„Ich werde zurückkommen und euch alles erklären. Aber nun muss ich aufbrechen. Zelda braucht meine Hilfe! Ich war blind, das ich es nicht früher erkannt habe.“ Er blickte von Boron zu Annelie: „Ich weiß nicht wann ich wieder zurück bin.“

Sein Ziehvater blickte ihn lange an und nickte zuversichtlich. „Ich weiß, mein Junge!“

Annelie kullerten die ersten Tränen über die Wange. „Pass auf dich auf!“

Link nickte zuversichtlich und ging an den beiden vorbei. Im Flur blieb er nochmals stehen. „Sagt Pantas und Qantas noch nichts hiervon. Ich bin für einige Zeit auf Reisen. Sukki werde ich alles erklären, wenn ich zurück bin.“

Auch wenn er es nicht sah, so wusste er das die beiden ihr Einverständnis durch ein Kopfnicken gaben und er war ihnen dankbar, das sie ihn einfach so gehen ließen.

Dann verschwand er im Dunklen und verließ wenig später das Haus. Er eilte zur Koppel, die am anderen Ende des Dorfes lag. Schnellen Schrittes eilte er zur der kleinen Holzscheune, in der der Sattel und das Zaumzeug hingen und lud sich dieses auf. Dann ging er zur Koppel und entdeckte Epona, welche aufmerksam bereit stand und zu ahnen schien, weshalb ihr Reiter so in Eile war. Schnell war Epona gesattelt und zum Aufbruch bereit. Dann verließ er mit ihr das Dorf. Sie preschten den kleinen Pfad durch den Wald entlang und kamen wenig später auf den Hauptweg. Link ließ Epona nach rechts reiten, in Richtung Hyrule, der Weg links führte zur Außengrenze nach Hyliades. Hyrule lag mehrere Tagesritte entfernt. Selbst wenn sie die gesamte Zeit durchreiten würden, müsste er mit drei Tagen Reisezeit rechnen. Epona war schnell, aber das würde sie niemals durchhalten.

Während er Eponas kräftige Muskeln unter sich spürte, und die kühle Nachtluft ihm ins Gesicht wehte, blickte er zum Himmel hinauf. Seine Gedanken kreisten nur noch um die Prinzessin des Landes und er hoffte und betete, dass ihr nichts geschehen war.

Die Ruine

Shiek erschien in der hylianischen Steppe. Erschöpft blickte sich die Shiekah um und erkannte unmittelbar die Schlossmauern von Hyrule Stadt in ihrem Rücken. Sie seufzte, denn eigentlich wollte sie zur Lon Lon Farm und Malon um ein Pferd bitten, aber ihre Kraft reichte nicht mehr dafür aus. Die Abwehr des Schattenwesen kostete sie zu viel Energie. Zur Farm war es noch ein weiter Fußweg, dennoch blieb Shiek nichts anderes übrig als zu laufen.

Jederzeit mit einem Angriff rechnend, ging sie durch die finstere Steppe.

Hier und da traf sie auf ein Irrlicht, aber sonst blieb alles friedlich. Auch wenn Shiek vermutete auf Schattenwesen zu treffen, so befand sich keiner in der Steppe. Sie waren wohl alle unmittelbar ins Schloss gestürmt. Nun blieb die Frage, wann sie feststellten, das die Prinzessin längst aus dem Schloss geflohen war. Sie würden die Verfolgung aufnehmen und wenn die Shiekah bis dahin nicht die Landesgrenze erreicht hätte, war alles vorbei.

Sie lief eine ganze Zeit lang, immer dazu bereit sich zu verteidigen, als sie hinter sich Wiehern von Pferden hörte. Sie drehte sich um und erkannte in nicht allzu weiter Entfernung zwei Pferde heran preschen. Sie zogen eine Kutsche.

Shiek verharrte, spürte das von dieser keine Gefahr ausging.

Als die Kutsche nahe genug war, blieben die Pferde abrupt stehen und zwei Männer sahen vom Kutschbock herab.

Neugierig blickten auch vom Ladeboden einige Gesichter herunter.

Die Shiekah ahnte das dies flüchtende Hyruler waren. „Kommt ihr aus der Stadt?“

„Diese schrecklichen Wesen zerstören alles“, antwortete einer der beiden Männer und deutete mit einem Fingerzeig auf das Schloss in der Ferne.

Shiek folgte dem Fingerzeig. Sie wusste, dass das Schloss von hier aus in der Dunkelheit nicht zu sehen war, daher erschrak sie umso mehr.

Hohe Flammen und dicke Rauchschwaden stiegen in den Himmel empor. Ihr stockte der Atem, eine Träne kullerte ihre Wange hinunter und verschwand ungesehen in der Nacht.

„Ihr solltet keinesfalls dorthin gehen“, warnte der andere und nahm die Zügel, bereit wieder loszufahren.

Shiek riss sich aus ihrer Starre, dann antwortete sie: „Ich bin auf der Flucht, wie ihr.“

„Dann steigt ein“, nickten die beiden Männer zu und Shiek stieg auf den Lastenwagen. Zwanzig Hylianer, Alte, Junge, Kinder und Babys saßen eingepfercht auf dem Lastenboden hinter dem Kutschbock. Und sie alle trugen nichts bei sich. Einzig das Nachtgewand und dicke Mäntel, sowie wenige Decken schützten sie vor der kühlen herbstlichen Nacht.

Die Shiekah setzte sich zwischen zwei Mütter, die ihre schlafenden Kinder auf dem Schoß hielten und diese mit einer Decke wärmten. Eines davon war noch ein kleiner Säugling, erst wenige Tage alt.

Wieder kämpfte sie mit den Tränen. Das war alles ihre Schuld. Hätte sie die Gefahr doch nur früher wahrgenommen.

„Wie heißt Ihr?“, flüsterte die Mutter des Neugeborenen.

„Shiek. Mein Name ist Shiek.“

In diesem Moment setzten die Pferde an weiter zulaufen und die Kutsche bewegte sich von der Stelle. Schnell war an Fahrt aufgenommen und sie preschten durch die Nacht.

Die Augen der verkleideten Prinzessin hingen an den brennenden Dächern von Hyrule Stadt.

Die Fahrt war unangenehm, teils Schmerzhaft, wenn die Räder der Kutsche wieder auf einen Stein oder auf ein Schlagloch trafen. Dennoch würde sie sich nicht beschweren. Immerhin flüchteten diese Hylianer in die gleiche Richtung und es war bei weitem besser als den ganzen Weg zu laufen.

Irgendwann verlor Shiek dann doch den Sichtkontakt zum Schloss und sah nun an den ihr gegenüber kauernden Hylianern vorbei in die dunkle Landschaft. Eine Brücke führte über den Hylia Fluss, der sich vom Reich der Zoras durch das ganze Land schlängelte und in einem Kanal durch die Schlossanlage geleitet wurde um letztendlich in den Hylia See zu münden. Shiek kannte diese Brücke zu gut, und ebenso auch die lange Treppe, die in das Dorf Kakariko führte. Im alternativen Zeitpfad bot Kakariko ihr Zuflucht.

Ungeachtet der vielen Hindernisse jagte die Kutsche durch die Nacht und schon bald in den frühen Morgen. Langsam zeigte sich die Sonne, die hinter dem Todesberg aufstieg und das Land in einen neuen Tag führte. Durch die ersten Sonnenstrahlen berührt, erkannte Shiek die Gegend. Eben kamen sie an dem verborgenen Pfad zu den Verlorenen Wäldern vorbei.

Schon bald würde sie die steinige Steppe erreichen, die nach Alnayru führte. Allerdings lenkte der Kutscher nicht zur steinigen Steppe sondern drehte ab.

„Halt!“

Diejenigen, die bei der unsanften Fahrt erschöpft die Augen geschlossen hielten, schlugen diese nun auf. Sofort bremsten die Pferde ab und das Gespann blieb stehen. Alle Augen richteten sich auf Shiek.

„Ich steige hier aus.“ Schon stand sie auf und unter einem schmerzhaften Knacken streckte sie den Rücken durch. Sie sprang von der Kutsche und stand wenig später neben dem Kutschbock. „Habt Dank.“

„Passt auf euch auf, Shiek“, verabschiedeten sich die Flüchtenden.

„Wohin geht ihr?“ Sie musste es wissen, sichergehen, das diese Hylianer auch wirklich sicher waren.

„Wir suchen Zuflucht am Hylia See. Die zwei anderen Kutschen nahmen den Weg westlich zum See. Wenn alles gut geht, treffen wir sie dort.“

Die Shiekah nickte erleichtert. Andere Bewohner konnten auch fliehen. Dann aber sprach sie. „Solltet ihr in Gefahr sein, flieht in die Wüste. Das Volk der Gerudos wird euch aufnehmen und beschützen!“

Ihre roten Augen begegneten entsetzten Blicken.

Nach all den Jahren und trotz der Friedensverhandlungen mit dem Gerudo Volk misstrauten die Hylianer den kriegerischen Frauen immer noch.

Nachdrücklich fügte sie hinzu: „Sagt Anführerin Naboru, das Prinzessin Zelda euch schickt.“

Nun ging ein Raunen durch den Wagen. Shiek bekräftigte ihre Aussage: „Ich bin eine Vertraute der Prinzessin und habe einen bestimmten Auftrag erhalten.“

„Habt Dank, Shiek. Viel Glück auf Eurer Weiterreise.“

Die Shiekah nickte: „Eine gute Reise!“ Mit Besorgnis in der Stimme fügte sie noch ein: „Seid vorsichtig!“ hinzu.

Da setzte sich die Kutsche wieder in Bewegung und verschwand.

Shiek sah den Hyruler lange nach, doch dann widmete sie ihre Aufmerksamkeit der Umgebung.

Vor ihr ragten die ersten Felsen in die Höhe, welche durch die ersten Sonnenstrahlen lange Schatten auf dem Boden zogen. Mit einem mulmigen Gefühl straffte sie die Schultern. Auch wenn sie wusste, das in Alnayru ein Dorf die königliche Pferdezucht betrieb, so war sie noch nie in diesem Land gewesen. Ein letzter Blick über ihre Schulter zurück in die weite Steppe Hyrules, dann kehrte sie ihrem Land den Rücken und betrat die Grenze zur steinigen Steppe.

Zu ihren Seiten ragten die Felsen wie Mauern auf. Hier und da hatten sich in der Vergangenheit Felsen gelöst und die Steinkolosse lagen verstreut und bereits seit vielen Jahren hier. Schritt für Schritt folgte sie dem einzigen Weg durch die Schlucht, wich hier und da Steinbrocken aus und schluckte ehrfurchtsvoll.

Sollten sich erneut Felsen lösen, dann wäre das ihr sicherer Tod.

Shiek wusste, das sie sich beeilen musste. Schon bald würden diese Schattenwesen ihre Flucht bemerkt haben und durch die hohe Geschwindigkeit dieser Wesen hätten diese sie innerhalb kürzester Zeit eingeholt.

Auch das wäre ihr Tod.

Es gab nur eine Möglichkeit, eine Hoffnung. Sie musste die Grenze zu Hyliades erreichen, so schnell wie möglich und sie musste den Tag nutzen.

Entschlossen ging sie weiter.

Schon bald ließ sie die Felsen hinter sich und traf auf steiniges Land. Keine Blumen und Gräser wuchsen hier. Weit und breit sah sie nichts außer trockenem Ödland.

Das war also die steinige Steppe.

Shiek folgte dem Hauptweg noch eine ganze Weile, aber nichts änderte sich an der Umgebung. Sie überlegte was sie eigentlich über das Land wusste.

Früher einmal war Alnayru ein blühendes Land, mit vielen Pflanzen und Bächen, wie auch Flüssen. Auch Alnayru hatte einen Feuer spuckenden Berg, ähnlich dem Todesberg in Hyrule. Das Ende dieser wundervollen Landschaft kam eines Tages ganz plötzlich, als der Berg eine Feuerflut aus spie und die brennende Flüssigkeit alles zerstörte. Das Land war zerstört, konnte viele Jahre nicht betreten werden, bis die rötlich glimmende Lava zu schwarzen Stein erkaltet war. Dies alles passierte vor vielen Jahrhunderten und seither hatte sich nichts verändert an der Landschaft. Auch der Berg schlief seitdem.

Langsam näherte sich die Sonne ihrem höchsten Stand. Ihr Magen knurrte und sie hatte Durst. Shiek löste ihr Tuch im Gesicht und wischte sich über die feuchte Stirn. Ihr Weg war noch weit, aber ohne Nahrung würde sie es nicht schaffen.

Die verkleidete Prinzessin sah sich um. In östlicher Richtung lag ihr Ziel. Aber weit und breit war nichts zu sehen außer einer kargen und unfruchtbaren Landschaft.

Als ihre Augen in die westliche Richtung glitten, entdeckte sie in der Ferne einen großen grünen Baum. Überrascht blinzelte sie, versuchte sich davon zu überzeugen, das dies kein Trugbild war, und entschied dorthin zu gehen. So verließ sie den Hauptweg in westliche Richtung und näherte sich dem Baum. Je näher sie diesem kam, desto mehr und mehr Gras breitete sich aus.

Mit großen Augen und überwältigt von der veränderten Landschaft schritt sie schon bald über weiche Wiese. Der Baum, eine große Weide, mit weit ausschweifenden Ästen schien die einzige hochgewachsene Pflanze in der Gegend zu sein. Die Ebene stieg etwas an und schon bald stand Shiek auf einem kleinen Hügel in dessen Mitte der Baum prangte. Sie blickte fasziniert diese über hundert Jahre alte Weide hinauf. Erstaunt stellte sie fest, das die feurige Lava diesen Bereich Alnayrus nie berührte.

„Wer seid ihr?“

Überrascht blickte Shiek sich um, konnte aber niemanden entdecken.

„Hört ihr schlecht? Ich hab euch etwas gefragt.“

Wieder sah sie sich um und letztendlich blickte sie in die dicken von sattgrünem Laub behangenen Ästen. Auf einem der dicken Stämme saß ein Junge. Er lehnte an dem Baumstamm, ein Bein hinab baumelnd und eine Schirmmütze über die Augen gezogen. „Du bist ja ein kleiner Junge“, stellte Shiek fest.

Plötzlich sprang dieser vom Ast herunter und baute sich in seiner ganzen Größe vor ihr auf. Er reichte ihr gerade mal bis zur Brust, funkelte sie aber aus wütenden dunklen Augen an. „Ich bin kein kleiner Junge!“

„Oh, Verzeihung“, wich Shiek zurück und lächelte. „Wer bist du dann und was machst du hier?“

„Ihr habt mir auch noch nicht geantwortet“, verschränkte er trotzig die Arme vor der Brust.

„Natürlich, da hast du recht. Ich bin Shiek. Und wie heißt du?“

„Ich bin Fredi“, antwortete er.

„Es freut mich dich kennen zu lernen“, lächelte Shiek. „Vielleicht kannst du mir helfen und sagen wo ich hier bin?“

Mit großen Augen blickte er sie an. „Seid Ihr ein Reisender?“

Shiek nickte. So konnte man das auch nennen. Wieder blickte sie sich um. Ein wundervoller Ort war das hier. Überall blühten Blumen, wuchsen Büsche. Es war als wäre sie in einem ganz anderen Land und in einer anderen Zeit angekommen.

„Das hier ist der Landsitz von der Ritterfamilie Fearlest“, erklärte Fredi.

„Die Ritterfamilie Fearlest?“ Shiek schluckte. Diese Ritterfamilie stand lange Zeit im Dienste der Königsfamilie. Über viele Jahrzehnte galt diese Ritterfamilie als eine der treuesten aller Ritter.

Fredi stopfte seine Hände in die Hosentaschen. „Sie lebten früher in einer großen Burg am Rande der Lichtung.“

Shieks Neugier war geweckt. „Kannst du mich hinführen?“

Fredi klopfte sich auf die Brust und nickte stolz: „Natürlich. Niemand kennt sich hier besser aus“ Schon eilten die beiden den Hügel hinab und folgten der weiten grünen Landschaft.

„Du bist hier aufgewachsen?“

Fredi nickte. „Ja, wir leben in einem Bauernhof nicht weit von der alten Burg entfernt. Meine Mutter kümmert sich um die Tiere. Wir haben Hühner, Kühe und Schweine. Sie hat viel Arbeit mit dem Hof und den Tieren.“

Dann plötzlich deutete er in eine Richtung und Shiek folgte dem Fingerzeig. In der Ferne zeichnete sich ein imposanter Schatten ab. Ein hoher Turm ragte in den Himmel.

„Das ist die alte Burg der Fearlest. Komm mit!“

Er rannte los und Shiek folgte dem Jungen geschwind. Sie näherten sich schnell der Burg und die Shiekah hätte in diesem Moment nicht nervöser sein können. Sie erinnerte sich das ihr Vater einst von einem engen Vertrauten sprach. Er war schon mehr als ein Ritter, fast sogar schon ein Freund. Sie erinnerte sich nur nicht mehr an seinen Namen.

Endlich erreichten sie die Burg und Shiek erstarrte. Ihre Augen folgten den gemauerten Ziegeln hinauf und ließ sie erschrocken zurück weichen. Teilweise war die Mauer eingefallen, das Dach wies Löcher auf und überhaupt sah die ganze Burg aus, als würde sie bald in sich zusammenfallen.

„Komm schon, Shiek. Ich zeig dir was.“ Der kleine Junge verschwand zwischen einigen Steintrümmern und Shiek folgte ihm zögernd. „Ist das nicht gefährlich?“

„Nein, ich bin hier öfter.“ Fredi kletterte über einige Trümmer und ging tiefer in die Burg.

Shiek sah sich um. Auch wenn überall Steintrümmer lagen, so hingen noch Bilder an den Wänden, Teppich war in den Hallen ausgelegt. Es roch modrig, dennoch ahnte sie von den Überresten der verkleideten Wände wie schön es einst hier gewesen sein muss. Sie versuchte sich in die Zeit zurück zu versetzen als es hier noch nicht so aussah, sondern die Burg in ihrer wahren Größe und Schönheit strahlte.

„Komm schon“, drängte Fredi und schlüpfte durch ein Fenster hindurch und wartete auf sie.

Shiek folgte dem aufgeweckten Jungen und kletterte durch das Fenster. Als sie mit den Füßen auf dem Boden stand blickte sie sich um. Sie stand inmitten eines wunderschönen versteckten Garten. Um sie herum waren meterhohe Steinmauern, an denen Efeu entlang wuchs.

Sie fühlte die heilige Aura in diesem von Mauern eingezäunten Garten. Dieser Ort war nicht viel größer als der versteckte Garten in Schloss Hyrule.

Fasziniert ging Shiek einige Schritte vor und sah sich genau um. Vorsichtig und auch andächtig strich sie mit ihren Fingern über die unebene, von Efeuranken verkleidete, Steinmauer entlang. „Das ist wunderschön hier!“

„Es ist mein Lieblingsort. Mama sagt, ich darf nicht herkommen, aber ich liebe diesen Ort, die Ruhe. Hier kann ich nachdenken.“

Shiek stutzte. „Gibt es denn etwas worüber du nachdenken musst?“

Mit einem Mal war der Junge ganz verändert. Er war ruhig, in sich gekehrt, beinahe enttäuscht vom Leben und auch wütend

„Fredi?“, hakte Shiek überrascht nach, senkte ihre Hände vor den Unterleib und faltete sie. „Möchtest du darüber reden?“

Fredi zögerte, doch dann schüttelte er den Kopf.

Schweigend standen sie eine Weile an diesem magischen, verzaubernden Ort.

„Fredi!“, ertönte plötzlich eine wütende Frauenstimme.

In einem versteckten Torbogen stand eine Frau zwischen den Efeuranken. Ihre Augen fixierten den Jungen, ohne überhaupt Shiek zu bemerken. „Wie oft habe ich dir gesagt, dass du nicht in der alten Ruine spielen darfst?!“

Fredi sprang auf: „Mama!“ Erst blickte er erschrocken auf, doch dann rannte er zum Fenster und kletterte hindurch. „Du verstehst das nicht!“ Schnell war er verschwunden.

Die Frau senkte traurig den Blick.

Shiek betrachtete sie. Die Frau war nicht viel größer als sie selbst. Die dunkelblonden Haare zu einem Zopf gebunden. Sie wirkte abgemagert und erschöpft. „Fühlt Ihr euch nicht wohl?“

Überrascht hob sie den Kopf und blickte die Shiekah aus klaren blauen und dennoch tieftraurigen Augen an. „Oh, verzeiht. Ich habe euch gar nicht bemerkt.“

„Fredi hat mir diesen Ort gezeigt. Ich bat ihn darum“, nahm Shiek die Schuld auf sich.

„Dieser Junge“, schimpfte sie. „Nie hört er auf mich. Ich hab ihm schon so oft gesagt, das die alte Ruine einstürzen kann, aber das scheint ihn überhaupt nicht zu interessieren.“

„Er ist doch noch ein Kind“, versuchte die Shiekah Verständnis zu erwecken. „Was ist hier überhaupt geschehen?“

„Ein Feuer zerstörte hier alles. Das ist der letzte Rest, der noch an die alte Burg erinnert“, erklärte die Frau und sah sich ebenfalls um. „Ich war schon so lange nicht mehr hier.“

Shiek betrachtete sie, hörte weiterhin schweigend zu.

„Dieser Ort war immer etwas ganz besonderes. Mein Bruder und ich spürten die Magie, die hier herrschte. Hier fühlten wir uns immer sicher.“

Shiek nickte verstehend, denn auch sie hatte die Wirkung an diesem Ort sofort gespürt.

„Dann seid Ihr hier aufgewachsen?“

Die junge Frau, die vielleicht dreißig Jahre zählte, nickte wehmütig. „Das ist aber schon sehr lange her.“

Shiek wollte mehr erfahren, über diese Frau, diesen Ort und diese Burg, aber ihr Magen meldete sich lauthals zu Wort. Verlegen lächelte sie und entschuldigte sich.

Die Frau hingegen winkte nur ab. „Kommt mit zum Hof, dort könnt Ihr etwas essen und trinken. Mein Name ist Julienne.“

„Shiek“, antwortete die verkleidete Prinzessin und gemeinsam gingen sie zu einem nicht weit entfernten Bauernhof.

„Mama“, rief ein Mädchen ihnen schon entgegen. „Maya weint die ganze Zeit. Ich hab schon alles versucht, aber sie hört nicht auf“, beschwerte sich das kleine Ebenbild der Mutter.

Aufmerksam betrachtete Shiek das runde Gesicht, die strahlend blauen Augen, das dunkelblonde Haar, welches zu zwei Zöpfen geflochten war. Dieses Mädchen erinnerte sie an jemanden.

„Ich bin schon da! Hast du Fredi gesehen?“ Die junge Frau eilte ins Haus und kam wenig später mit einem Baby auf dem Arm zurück.

„Nein, der ist noch nicht zurück.“ Das Mädchen musterte nun neugierig die Fremde.

„Ich bin Shiek!“

„Seline“, antwortete das Mädchen.

„Kommt herein, Shiek. In der Stube ist ein Laib Brot aufgeschnitten. Bedient euch.“

Zwar vom Hunger getrieben hielt sich Shiek dennoch beim Essen zurück. Auch wenn sie in dieser Gestalt unterwegs war, so war sie immer noch die Prinzessin des Landes.

Die junge Frau ihr gegenüber stillte in ihrer Anwesenheit das Baby, während Seline nach den Tieren sah.

„Fredi kommt wieder nach Hause?“, fragte die Shiekah besorgt nach.

„Ja, er weiß das ich später seine Hilfe brauche. Die Kühe müssen gemolken und die Hühner und Schweine gefüttert werden.“

„Lebt Ihr hier allein mit den Kindern?“

„Ja“, blickte Julienne müde auf. Tiefe Traurigkeit sah man in ihren Augen. „Mein Mann ist“, sie brach ab, dockte das Baby an die andere Brust an und sprach dann weiter. „Er war Soldat der königlichen Armee.“ Sie war tapfer. Kämpfte für ihre Kinder gegen die Tränen, blieb die Starke. „Er starb vor einigen Tagen im Einsatz.“

Shiek verschluckte sich: „In welchem Einsatz?“

Julienne streichelte dem kleinen Mädchen über dem kaum vorhandenen Kopfflaum. Sie würde ihren Vater niemals kennen lernen. „Er war an der Grenze zu Alnayru eingeteilt und starb bei dem Angriff fremdartiger Wesen.“

„Wie?“

Nun tropften die ersten Tränen doch aus den klaren blauen Augen. „Eine Klaue des Wesens riss ihm die Bauchhöhle auf.“

Shiek erschrak. Sie musste schleunigst zur Grenze Hyliades und Hilfe im Kampf gegen diese Schattenwesen erbeten. Sobald der Kampf gewonnen ist, würde sie dieser Familie Hilfe zukommen lassen.

„Wie war der Name eures Mannes?“

„Alva Garwin“, antwortete Julienne.

„Es tut mir sehr leid!“

„Ihr könnt nichts dafür, Shiek“, erschien Fredi plötzlich in der Tür. Auch Seline stand daneben und nun erkannte man einen Altersunterschied von drei Jahren. Seline war doch noch um einen ganzen Kopf kleiner als ihr Bruder. „Schuld an allem ist der König und Prinzessin Zelda. Hätten sie die Lage vorher bemerkt, wäre es nie soweit gekommen.“

Shiek stand getroffen auf, ihre Hände um die Tischkante geklammert.Julienne ermahnte ihren aufmüpfigen Sohn. „Sie hätten es nicht verhindern können, Fredi.“

„Doch das hätten sie“, ließ sich der Junge nicht den Mund verbieten. „Das ganze Land spricht von Prinzessin Zeldas Gabe Visionen zu haben. Wieso hat sie das nicht vorher gesehen?! Sie hätte Papa retten können, aber sie hat nichts getan. Sie hat ihn sterben lassen!“

Shiek starrte bestürzt zu dem Jungen. Er hatte recht. Warum nur hatte sie diese Vision nicht früher erkannt und rechtzeitig reagiert? Stattdessen hielt sie sich mit Besprechungen auf. Sie hatte versagt. Sie alleine und niemand anderes. Sie war zu sehr abgelenkt von ihren eigenen Gefühlen, statt sich auf ihr Volk zu konzentrieren welches ihre Hilfe wirklich benötigte. „Ich kann euch eines sagen: Prinzessin Zelda würde alles sofort rückgängig machen, wenn sie es könnte.“

„Woher willst du das wissen, Shiek?“, fauchte der Junge erneut. „Du kennst die Prinzessin nicht einmal. Niemand tut das.“

Shiek schüttelte ihren Kopf. „Ich bin eine Vertraute der Prinzessin und habe einen wichtigen Auftrag zu erfüllen. Sobald ich im Schloss zurück bin, werde ich der Prinzessin von eurem schweren Schicksal berichten. Sie wird euch helfen, da bin ich sicher.“

„Ich glaube dir nicht“, widersprach Fredi.

„Ich gebe dir mein Wort“, sprach Shiek und die Worte kamen so fest über die Lippen, das niemand mehr im Raum daran zweifelte.

Langsam senkte sich die Sonne nieder. Sie hatte vollkommen die Zeit vergessen. Sie musste sich sputen um die Grenze so bald wie möglich zu erreichen. „Ich muss weiter. Mein Auftrag ist noch nicht zu Ende. Habt Dank für eure Gastfreundschaft und euer Vertrauen.“

So schnell wie möglich rannte Shiek über die Wiesen und stieß schon bald wieder auf die steinige Steppe. Ein trockenes Ödland. Die Sonne verschwand hinter dem Horizont und eine kühle Nacht überzog das Land. Allerdings spürte Shiek in dieser steinigen Wüste die Kälte der Nacht schneller und empfand sie kälter als es sein sollte. So schnell sich auch die Felsen in der Sonne aufheizten, so kühl wurden sie wenn es dunkel wurde.

Shiek wusste nicht wie lange sie noch zur Grenze Hyliades brauchen würde, dennoch lief sie unbeirrt weiter und spürte schon bald die Müdigkeit in all ihren Knochen.

Sie war versucht eine kurze Pause zu machen, als vor ihr ein feuerroter Lichtblitz erschien. Im ersten Moment zu verwirrt über diese Erscheinung blieb sie stehen.

Plötzlich bebte die Erde um sie herum. Sie sah sich um, alles wirkte so verzerrt, verschwamm vor ihrem Auge. Shiek wich zurück, zog sich dabei schnell wieder ihr Tuch über die untere Gesichtshälfte und starrte auf die verzerrte Landschaft vor sich. Dann erschien ein durchsichtiges Tor. Shiek konnte hindurch sehen, sah die steinige Steppe, jedoch nicht so wie bei sich in Dunkelheit von dem Mond in silbriges Licht gerückt, sondern in schwarzer Finsternis.

„Was ist das?“, murmelte die verkleidete Prinzessin vor sich hin. Sie sah sich um. Entdeckte nichts was ihr Schutz bieten könnte und wich erneut einige Schritte zurück. Plötzlich kam Bewegung in die Finsternis und ein Dutzend schattiger Wesen trat durch das verzerrte Tor. Shiek erschrak. Es waren die gleichen Kreaturen, die das Schloss angriffen. Sie wich erneut zurück, zog dabei aber schnell ihr Langschwert hervor. Im selben Augenblick, als das Tor sich schloss leuchteten die roten Punkte auf und fixierten die Hylianerin.

Die Legende vom Held der Zeit

Link war die Nacht durchgeritten und außer einer kurzen Pause am Morgen, trieb er Epona immer weiter voran. Gegen Mittag erreichte er den Waldrand und entdeckte nicht weit von sich einen kleinen Teich. Erst da gönnte er sich und seiner treuen Stute eine weitere Pause. Besorgt saß er unter dem letzten Baum im Schatten, beobachtete wie Epona graste und fragte sich, wie schlimm es bereits um Zelda und das Land stand. Wieder ärgerte er sich, das er nur so blind war und es nicht früher erkannt hatte. Zelda brauchte seine Hilfe und er ließ sie einfach im Stich.

Er aß seinen Apfel auf, dann schwang er sich in den Sattel seiner Stute. Link ließ die Wälder hinter sich, diese verschwanden in der Ferne und erst als die Dämmerung einsetzte erreichte er die steinige Steppe.

Die Bewohner Equipagus erzählten ihm von dem Ödland, das einmal ein wunderschönes blühendes Land gewesen ist. Er selbst war noch nie hier, denn als er Alnayru erreichte befand er sich auf dem Weg von Termina, dessen Wälder mit denen Alnayrus und Hyrules Verlorenen Wäldern verwachsen waren. Kaum einer kannte die Grenzen zwischen den Ländern innerhalb der Wälder.

Lange ritt er durch die steinige Steppe. Durch die Felsen und Unebenheiten konnte Epona nicht so schnell wie sonst galoppieren lassen. Er beobachtete seine Umgebung, denn mit der kommenden Nacht wurde es auch kühler.

In der Ferne sah er einen feuerroten Leuchtblitz, der so schnell verschwand wie er erschien. Er zog den Köcher mit den Pfeilen aus seiner Tasche hervor. Er würde sich bereit machen, egal auf welches Wesen er auch treffen würde. Sein Bauch zog sich zusammen je weiter er kam.

Es dauerte nicht mehr lange, da sah er ein helles blaues Licht aufleuchten.

Eiskalt wurde die Nacht und ein schwarzes Nichts hüllte die Landschaft ein. Dann sah er wie große Wesen mit ihren langen Klauen auf das Licht schlugen, das mehr und mehr zu flackern begann. Er ließ Epona frei laufen, zog den Bogen, das Geschenk seiner Ziehbrüder, hervor und spannte den ersten Pfeil. Nun würde sich zeigen, ob dieser auch funktionierte.

Er ließ den ersten Pfeil los und dieser sauste mit einer rasanten Geschwindigkeit durch die Luft und als er auf eines dieser fremdartigen Wesen traf, wurde der Pfeil so hell wie goldenes Licht. Sofort fühlte sich Link an die alternative Zeit erinnert, in dem er die Lichtpfeile eingespannt hatte.

Erneut flackerte das blaue Licht, erlosch für einen kurzen Augenblick ganz, dann baute sich dieses wieder auf. Schnell nahm Link den nächsten Pfeil, schoss diesen ab und auch dieser wurde so hell wie Licht und zerstörte ein weiteres Schattenwesen. Je näher er kam, desto schwächer wurde das blaue Licht, und desto weniger wurden auch die Schattenangreifer.

Am Schluss war nur noch ein Wesen übrig, die roten Punkte in der wabernden Wolke, die sein Kopf darstellte, richteten sich auf ihn. Link legte einen weiteren Pfeil ein, schoss und traf. Auch dieses Wesen löste sich im Nichts auf.

Das blaue Licht erlosch zeitgleich. Auf zitternden Beinen stand eine bekannte Gestalt vor ihm, erschöpft und verletzt, dann brach diese zusammen.

Link erkannte sie, wusste aber nicht was das zu bedeuten hatte: „Shiek?!“

Epona blieb stehen und Link sprang sofort vom Pferd. Mit schnellen Schritten war er bei seiner Verbündeten aus der alternativen Zeit und kniete sich zu ihr hinab. Zuerst betrachtete er Shiek und stellte fest, das sie dieses Mal ihre weibliche Figur nicht versteckte. Dann entdeckte er einige Kratzer an ihren Armen und Beinen. Das Fragment der Weisheit schien sie vor schlimmeren Verletzungen bewahrt zu haben.

Vorsichtig zog er ihr das Tuch vom Gesicht und betrachtete die bewusstlose Prinzessin in ihrer Shiekah-Gestalt. Was war nur geschehen, das er auf sie in der steinigen Steppe traf? Was suchte sie in Alnayru? Was geschah in Hyrule?

Links Augen starrten auf ihr Antlitz, das so zart und unschuldig im Mondlicht wirkte.

Dann wurde ihm bewusst, das sie sich in größter Gefahr befanden. Seine Pfeile gingen ihm aus und er wusste nicht ob diese Wesen wieder zurückkamen. Entschlossen blickte er in Zeldas Gesicht, dann hob er sie auf seine Arme. Mit Hilfe seiner Stute konnte er sie auf Eponas Rücken heben und schwang sich, sie vor einem Sturz bewahrend, ebenso in den Sattel. Er umschlang sie mit seinen Armen, hielt sie beschützend fest und nahm Eponas Zügel. „Lass uns nach Equipagus zurück kehren.“ Dieses Mal achtete der vergessene Held darauf Epona nicht mehr zu quälen.

Link drohte die Müdigkeit zu übermannen, dennoch riss er sich zusammen um nicht einzuschlafen. Er konzentrierte sich auf die junge Frau in seinen Armen und es fiel ihm immer schwerer den Blick von ihrem hübschen Gesicht abzuwenden.

Sie brauchten die ganze Nacht zurück zum Waldrand. Und mit den ersten Sonnenstrahlen durchbrachen sie die ersten Bäume. Er lenkte Epona zum Teich, an dem sie sich eine Pause gönnten.

Link stieg aus dem Sattel und ließ die immer noch erschöpfte Zelda von Eponas Rücken rutschen und fing sie auf. Dann trug er sie zum See und begutachtete ihre Wunden. Mit dem Wasser des Teiches wollte er diese nicht säubern, daher zog er seine Trinkflasche hervor und träufelte das Wasser über einige tiefere Schnitte.

Er prüfte Zeldas Atmung, die regelmäßig ging, und legte sich dann neben sie in die Wiese. Schon war er eingeschlafen.

Epona trank aus dem Wasser, dann widmete sie sich der frischen Wiese.
 

***~~~***~~~***
 

„Wo ist sie? Verdammt nochmal! Wo ist SIE?!“

Einige der Schatten zuckten zurück. Aber derjenige der angeschrien wurde, kniete im Thronsaal als Gefangener vor den Stufen zum Thron.

„Sie ist nicht mehr im Schloss“, antwortete der Gefangene, senkte sein Haupt und wartete auf sein Ende. Dann allerdings fasste er den Mut und hob seinen Blick. Seine Augen trafen auf den Schatten, der scheinbar der Anführer dieser Armee war. „Aber wir könnten sie des Hochverrats anklagen. Das würde die Bewohner Hyrules dazu bringen ihr Versteck zu verraten.“

„Das dauert zu lange. Der Herrscher wird bald hier eintreffen. Findet sie und bringt sie her!“

„Nein, wartet, lasst mich mit dem Volk sprechen! Lasst mich euer Sprachrohr werden. Ihr seid am Tag schwach und hilflos...“

Die Klauen des Wesens umschlangen seinen Körper und hoben ihn in die Luft. „Du wagst es“, drohte das Wesen mit dem wabernden Körper

„Ihr versteht mich vollkommen falsch“, erwiderte der Hylianer und erklärte sich erneut. „Das Volk wird euch nicht als seinen neuen Herrscher anerkennen. Lasst die Bewohner Hyrules in dem Glauben dass das Königshaus alles unter Kontrolle hat. Dann könnt ihr regieren, wie Ihr das wünscht.“

Der Schatten überlegte, dann stellte er den Hylianer wieder auf seine Füße. „Das klingt nach einem Plan. Zumindest bis unser Herrscher hier eintrifft und das Zepter in die Hand nimmt.“ Der Schatten setzte sich auf den Thron und deutete mit einer Klaue dem Hylianer fortzufahren: „Erklärt mir noch einmal was genau ihr vorhabt.“

Ein böses Grinsen zeigte sich auf den Lippen des Mannes und dieser erklärte sich.
 


 

***~~~***~~~***
 

Die heiße Mittagssonne brannte trotz der schattenspendenden Bäume hindurch und weckte Link aus seinem kurzen, dennoch erholsamen Schlaf.

Epona trabte zu ihm, schien auch etwas erholter.

Zelda allerdings regte sich immer noch nicht. Besorgt betrachtete er die schlafende Prinzessin. Vorsichtig strich er ihr eine verirrte blonde Haarsträhne aus der Stirn. Erschrocken spürte er die hohe Temperatur. „Epona, wir müssen so schnell es geht zurück. Sie hat Fieber und muss vor Einbruch der Nacht in ein Bett.“

Geübt und wieder mit Eponas Hilfe schwang er sich mit Zelda in den Sattel und schnell galoppierten sie zurück nach Equipagus.

Kurz nach Einbruch der Dunkelheit erreichte Link die Hufschmiede. Er trug Zelda auf seinen Armen und öffnete die Türe.

Überrascht blickten Boron und Annelie auf. Die Kinder waren schon im Bett. „Link?“ Boron blickte auf.

„Du bist wieder da“, freute sich Annelie. Betrachtete aber dann die fremde Frau: „Wer ist das?“

„Das ist Prinzessin Zelda“, antwortete Link. „Sie hat Fieber und entzündete Wunden. Ich bringe sie ins Bett.“ Schon verschwand Link im hinteren Zimmer.

Nach dem ersten Schock, stand Annelie auf und holte eine Dose mit ihrem Kräutersud aus der Küche. Dann folgte sie mit dem Heilmittel.

Link hatte Zelda auf seinem Bett abgelegt, sie von ihren Kopfverbänden befreit und betrachtete das lange blonde Haar, das wie ein Fächer auf seinem Kissen ausgebreitet war. Er sah sie an, und konnte seine Augen nicht mehr abwenden. Sie sah aus wie aus dem alternativen Zeitpfad. Genauso atemberaubend schön.

Annelie betrat das Zimmer, blieb ehrfürchtig vor dem Bett stehen und betrachtete die junge blonde Frau. Niemals hätte sie angenommen die Prinzessin des Landes in ihrem Haus zu empfangen, sich gar um sie zu kümmern. Dann aber schob sie Link zur Seite. „Geh schon mal hinunter zu Boron. Ich kümmere mich um unseren Gast.“

Link nickte, betrachtete die schlafenden Schönheit und konnte es selbst kaum glauben Zelda vor sich zu haben. Als Annelie aber begann sie zu entkleiden um sich ihre Wunden anzusehen, errötete er und drehte sich schnell um. Dann verschwand er aus dem Zimmer.

Erschöpft schlich er die Stiege hinunter und wollte in die Küche etwas trinken, als Boron ihm entgegen trat. Er reichte ihm einen dampfenden Tonkrug und deutete auf die Sitzecke.

Die beiden Männer setzten sich, ließen den Tee ein wenig auskühlen und schwiegen.

„Schön das du wieder zurück bist, Held der Zeit“, schmunzelte Boron schließlich, auch wenn er es immer noch nicht ganz zu glauben schien.

„Oh, bitte, Boron, lass die Scherze“, wies Link ihn zurück.

„Das ist also dein Geheimnis, dass du all die Jahre gehütet hast?“ Wie gewünscht schlug der Ziehvater einen ernsthaften Ton an. „Wie alt bist du gewesen, als das Schicksal dich auserkoren hat?“

„Den Held der Zeit gibt es nicht“, antwortete Link.

„Ich kenne die Legende, Junge! Er hat Hyrule vor einem schlimmen Schicksal bewahrt. Es hieß, das er ein junger Mann war.“

Link nickte nur. Das war er damals, mit dem Wissen eines kleinen Jungen. Viele verwirrende Gefühle spürte er damals in sich, wusste nicht was diese bedeuten sollte, denn er war damals gerade zehn Jahre alt. Zumindest schätzte er sich auf das Alter. Selbst der Deku-Baum konnte ihm zu seinem Alter nichts sagen.

Der vergessene Held trank einen Schluck und schmeckte Lavendeltee. Das war wirklich wohltuend und er hoffte er würde diese Nacht in einen ruhigen Schlaf finden.

„Ich schätze ich war zehn, als ich meiner Bestimmung folgte“, erklärte Link nun doch.

„Zehn Jahre alt?“ Boron schluckte. Das erklärte einiges und dennoch war es viel zu jung um eine ganze Welt zu retten.

„Aber ich war zu klein um das Masterschwert zu tragen, darum versetzten mich die Weisen in einen langen Schlaf. Sieben Jahre später erwachte ich und stellte mich nach vielen Prüfungen Ganondorf, dem Großmeister des Bösen.“ Link starrte in die gelbliche Flüssigkeit in seinem Krug. „Als dieser besiegt und Zelda gerettet war, kehrte ich in die Vergangenheit zurück. Der Frieden war fortan bewahrt und unsere Welt hat sich verändert.“

Boron wollte es lassen, doch er konnte nicht und zog amüsiert seine Augenbrauen hoch. „Zelda? Ihr seid ja sehr vertraut.“

Link blickte auf, errötete: „Wir haben ein gemeinsames Schicksal.“

„Also ist etwas wahres dran, wenn man vom Held der Zeit und der Prinzessin des Schicksals als Liebespaar spricht?“ Süffisant grinste Boron und wackelte vielsagend mit seinen Augenbrauen.

„N...nein“, wies Link entrüstet ab. „Wir sind kein Liebespaar, nie gewesen. Wir sind ...“, er hob die Tasse an seine Lippen. „... Freunde.“ Dann trank er einen großen Schluck Tee. Es ärgerte Link, das Boron nicht ernst bleiben konnte und sich einen Spaß auf seine Kosten machte.

Annelie betrat die Stube.

Beide Männer blickten auf, wobei in Links Gesicht Sorge stand.

„Sie schläft. Ich hab sie gewaschen, umgezogen und ihre Wunden versorgt.“ Sie bedachte ihren Ziehsohn mit einem langen Blick. „Was ist ihr zugestoßen und warum ist sie nicht im Schloss, wo sie hingehört?“

„Ich fand sie bewusstlos in der steinigen Steppe.“ Nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn er sich nicht auf den Weg gemacht hätte. Was aber in Hyrule geschehen war, würde nur Zelda erklären können.

„Wirst du uns nun alles erzählen?“ Boron musterte ihn aufmerksam.

Link war erschöpft, dennoch stimmte er zu. Sie hatten es verdient die Wahrheit zu erfahren. „Fragt was ihr wissen möchtet.“

Annelie holte sich einen Becher Lavendeltee und setzte sich zu den Männern an den Tisch.

Boron nickte ernst: „Du bist also mit zehn Jahren deiner Bestimmung gefolgt.“

Annelie schnappte erstaunt nach Luft, während Link mit einem Kopfnicken zustimmte. „In etwa, ich weiß nicht wann ich geboren wurde.“

„Wo bist du aufgewachsen?“, fragte Annelie.

„Meine Mutter brachte mich in die Verlorenen Wälder. Sie gab mich in die Obhut des Deku-Baums. Sie selbst verlor dabei ihr Leben. Ich war ein kleiner Säugling und wuchs bei den Kokiris auf.“

Er dachte an die fröhlichen Kinder zurück, die nie erwachsen werden und jeder eine Fee als Begleitung hatte, nur er nicht.

„Ich war immer der Feenlose Junge und die Kokiris machten sich immer wieder darüber lustig. Meine erste Fee bekam ich erst, als die Gefahr für Hyrule drohte. Der Deku-Baum schickte sie mir als Begleiter auf die Reise mit. Sie war eine treue Gefährtin.“

„Ist sie in die Verlorenen Wälder zurückgekehrt?“ Annelie hakte vorsichtig nach, denn die Vergangenheitsform war ihr nicht entgangen.

„Nein“, er schüttelte seinen Kopf. „Ich weiß nicht wo sie ist. Als ich von Prinzessin Zelda in die Vergangenheit zurückgeschickt wurde, war Navi verschwunden.“

Annelie verstand die Zusammenhänge noch nicht, während Boron überlegte. Aber dann erinnerte er sich an das Gespräch am Abend vor Links Wiegenfest: „Sie ist die Freundin nach der du suchst?“

Link nickte. „Ich habe mir geschworen sie zu finden und nach Hause zu bringen.“

„Warum hat dich deine Mutter in die Verlorenen Wälder gebracht?“, Annelie blickte ihn besorgt an.

Link zog seine Schultern hoch. „Ich weiß es nicht. Ich weiß auch nicht wie ihr Name war oder wo ich geboren bin.“

Boron hingegen interessierte etwas anderes: „Was hast du alles erlebt?“

„Nachdem ich den großen Deku-Baum von dämonischen Insekten befreit habe, erhielt ich von ihm einen heiligen Stein. Er schickte mich nach Hyrule zu Prinzessin Zelda. Dann starb er an dem Fluch des Bösen, konnte aber den Kokiris einen neuen Spross hinterlassen.“ Erklärend fügte er noch hinzu: „Die Kokiris wären verloren und schutzlos allen finsteren Mächten ausgeliefert, wenn es den heiligen Deku-Baum nicht mehr gäbe.“

Er trank einen Schluck, dann erzählte er weiter: „Meine Aufgabe bestand darin das Schloss aufzusuchen und die Prinzessin zu finden. Das tat ich und ich erfuhr vom Großmeister des Bösen. Ganondorf wollte mit aller Macht das Triforce für seine finsteren Machenschaften einsetzen.

Zelda bat mich die anderen beiden heiligen Steine zu finden und in die Zitadelle der Zeit zu bringen. Es waren schwierige Aufgaben, dennoch hab ich sie bewältigt.“

Näher würde er nicht darauf eingehen. Es waren schreckliche Erinnerungen an viele Kämpfe und mit vielen Schmerzen verbunden. Auch wenn er wie abgestumpft wirkte, so nagten die Erlebnisse noch heute in ihm.

„Als ich in dieser einen Nacht das Schloss Hyrule erreichte, öffnete sich die Zugbrücke und Zelda wurde von ihrer Zofe weggebracht. Sie konnte mir während ihrer Flucht noch ihre Okarina zuwerfen. Die Okarina der Zeit.“

Er stockte. Durch die Erzählung erwachten all die Erinnerungen wieder zum Leben und er fühlte wie er alles erneut durchlebte. Er blickte kurz auf, sah in die aufmerksamen und neugierigen Blicke seiner Pflegeeltern. Es schien als würden sie dies alles nur für eine Geschichte halten, dennoch spürte er, das sie ihm glaubten.

„Mit den drei heiligen Steinen und der Okarina ging ich zur Zitadelle der Zeit und spielte dort die Hymne der Zeit. Dadurch öffnete sich das Tor zum heiligen Reich.

Ich war der Auserwählte, des Masterschwerts würdig, allerdings noch zu jung um es zu führen. So wurde ich sieben Jahre gebannt und in einen tiefen Schlaf versetzt.

Als ich aufwachte, war ich ein junger Mann mit Gedanken und auch dem Wissen eines kleinen Jungen. Es war alles so fremd für mich. Mein Körper hat sich verändert, meine Stimme war so anders ... ich brauchte einige Zeit um mit diesen Veränderungen umgehen zu können.“

„Was ist alles geschehen in den sieben Jahren?“ Boron wollte es genau wissen, aber Link zögerte mit seiner Antwort. So schlimm wie er es erlebt hatte, stellte sein Ziehvater sich das bei weitem nicht vor.

„Ich erfuhr das Ganondorf das heilige Reich betrat um das Masterschwert an sich zu nehmen. Dabei teilte sich das Triforce und verschwand. Dennoch war der schrecklichste Mann in Hyrules Geschichte im heiligen Reich. Er erlangte die Kontrolle über das Reich und das Triforce-Fragment der Kraft. Er eroberte Hyrule und verbreitete Angst und Schrecken. Nichts war mehr so wie ich es kannte. Alles war zerstört. Hylianer gab es in der neuen Zukunft nicht mehr. Wer fliehen konnte hat es getan – alle anderen waren verloren.

Ich traf auf Shiek und sie sagte mir, das die Weisen in der Lage sind Ganondorf zu verbannen. Meine Aufgabe bestand darin die Tempel aufzusuchen, diese von dem dunklen Fluch zu befreien und die Weisen zu erwecken.“

Es klang wie ein Spaziergang, doch das war es bei weitem nicht. Es war eine gefährliche und anstrengende Reise und hätte er Navi nicht dabei gehabt, so wäre er so manches Mal einfach nur verzweifelt und hätte aufgegeben.

Boron warf die nächste Frage ein: „Wer ist Shiek?“

„Ihr habt sie vorhin gesehen.“

„Prinzessin Zelda?“ Annelie blickte verwirrt Link an. Sie schien überfordert, denn es war unvorstellbar von einem so grausamen Schicksal zu hören, was parallel zu dieser Zeit passiert sein soll.

Link nickte müde. Er war erschöpft, dennoch würde er seine Geschichte erzählen und wenn sie die ganze Nacht hier saßen. „Sie hat sich in den sieben Jahren vor Ganondorf versteckt, da sie das Triforce-Fragment der Weisheit in sich trägt. Damit Ganondorf sie nicht findet, hat sie sich als den männlichen Shiek, dem letzten Nachfahre der Shiekah ausgegeben.

Ich wusste bis zuletzt nicht, das es sich bei Shiek um Zelda handelte. Erst als die Weisen im heiligen Reich zusammentrafen, zeigte sie mir ihr wahres Gesicht. Aber Ganondorf lauerte und entführte Zelda, als sie sich zu erkennen gab.“

Boron war sichtlich anzusehen, das er entsetzt von Links Geschichte war. Es erklärte zumindest all die verblassten Narben auf seinem Körper. „Und du trägst das dritte Fragment in dir?“

Zögerlich nickte Link, dann zog er sich den Handschuh von seiner linken Hand und zeigte den Beiden das Abbild des Triforce, wobei sein Fragment rechts unten farblich hervor gehoben war. „Das Fragment des Mutes.“

Beide zogen die Luft zischend ein, starrten auf den Handrücken und schienen nicht glauben zu können, was sie sahen.

Link zog seinen Handschuh wieder an, unterdrückte ein Gähnen und erzählte dann weiter. „Ich bin Ganondorf gefolgt, konnte Zelda befreien und gemeinsam besiegten wir den Großmeister des Bösen und auch seine dämonische Gestalt Ganon. Er konnte mit Hilfe des Triforce und durch die Macht der Weisen verbannt werden. Als es überstanden war, schickte Zelda mich mit der Okarina in die Vergangenheit, damit ich meine Kindheit nachholen konnte.“

Boron und Annelie ließen die gesprochenen Worte erst mal sacken. Die eben gehörte Geschichte klang so unwirklich, dennoch zweifelten sie nicht an der Wahrheit. Die Legende vom Helden der Zeit erzählte man sich ein wenig anders, dennoch stimmte die Grundgeschichte dahinter. Zudem nahmen auch die Hylianer an, das dieser Kampf vor vielen hundert Jahren statt fand und nicht erst in diesen Augenblicken.

Link ahnte was in den Köpfen seiner Pflegeeltern vor ging, ließ ihnen die Zeit zum Verarbeiten und trank seinen Tee aus. Auch wenn ihm jeden Moment die Augen zufielen, so würde er warten bis sie keine Fragen mehr hatten. Er unterdrückte ein erneutes Gähnen und wartete ab.

Schließlich fand Boron seine Stimme wieder. „Du bist also wirklich ein Held.“

„Keiner erinnert sich an mich. Ich bin nur eine Legende. Daher bin ich für alle ein ganz normaler Hylianer und kein Held.“

„Wieso kann sich keiner an das erinnern?“

Link zuckte mit den Schultern. „Ich kehrte zu dem Zeitpunkt zurück, als ich Zelda das erste Mal im Schlossgarten traf. Wir sahen wie zuvor durch das Fenster in den Thronsaal. Statt Ganondorf empfing der König Naboru, die Anführerin der Gerudos. Ab diesem Zeitpunkt gab es den Großmeister des Bösen nicht mehr. Das Schicksal nahm einen anderen Lauf – Hyrule lebte in Frieden.“

„Prinzessin Zelda kann sich auch nicht daran erinnern?“

Link starrte in den leeren Tonkrug. „Sie ist vermutlich die einzige, die sich auch an alles erinnern kann.“

Boron schüttelte den Kopf. „Wir glauben dir und Prinzessin Zelda weiß das du der Held bist. Du trägst die Macht der Göttinnen in dir. Du trägst den Beweis auf deinem Handrücken. Zeig es den Hylianern, dem König und du wirst als Held anerkannt werden.“

„Und dann?“, unterbrach Link Boron unwirsch. „Was geschieht dann? Werden sie mich respektieren? Akzeptieren? Es wird Neider hervorrufen und ich würde als Lügner tituliert werden!

Außerdem werde ich Verpflichtungen nachkommen müssen, die ich vielleicht gar nicht übernehmen wollte. Wahrscheinlich erwartet man das ich in die Armee des Königs eintrete, obwohl ich doch lieber Hufschmied bin!“

Boron schluckte, während seine Augen zu glänzen begannen.

„Ich werde nie wieder ein ruhiges Leben führen können. Alle Augen werden auf mich gerichtet sein. Das möchte ich nicht. Aus diesem Grund verstecke ich das Zeichen der Göttinnen.“

Annelie nickte verständnisvoll. „Wichtig ist, dass du weißt was du getan hast. Dank dir und deinem Mut dürfen unsere Kinder in Frieden aufwachsen.“

Boron nickte den Worten seiner Frau zustimmend zu und gähnte herzhaft. „Es ist spät. Wir sollten schlafen gehen.“

Annelie und Link stimmten zu. Sie standen auf, spülten die Krüge noch aus und verließen danach die Stube.

Link blieb vor der Chaiselongue stehen. „Mein Bett ist belegt, ich werde hier schlafen.“

Boron nickte. „Ich bringe dir gleich noch eine Decke.“ Schon verschwand er die Stiege hoch.

Annelie stand vor dem Jungen, der seit vier Jahren bei ihnen lebte und den sie genauso liebte wie ihre eigenen Kinder. „Du hast viel durchgemacht, viel erlebt und bestimmt grausame Bilder gesehen. Wenn ich dir helfen kann, du reden möchtest... ich bin für dich da – jederzeit.“

„Danke, ich weiß das zu schätzen“, antwortete Link und lächelte ihr zuversichtlich zu.

Annelie beugte sich vor, strich ihm über das blonde Haar und lächelte ihn mütterlich an. „Du hast hier immer ein zuhause. Ich möchte, dass du das weißt.“

Link fühlte die warme Hand, die liebevolle mütterliche Geste und schluckte gerührt. Da ihm seine Stimme entglitt, nickte er nur.

Seine Ziehmutter wünschte ihm noch eine gute Nacht und zog sich ebenso zurück.

Link zog seine Tunika über den Kopf, sein Kettenhemd aus und legte seine Waffen wie auch die magische Tasche zur Seite. Als er den Bogen betrachtete erinnerte er sich an die magischen Pfeile.

Er sollte sich bei Mister Ektarius melden, sich für den Bogen bedanken und ihn fragen, ob er sich erklären konnte, was mit seinen Pfeilen geschehen ist.

Die Stiegen knarrten und Boron trat nochmal ins Zimmer. Unter seinem Arm eine Decke eingeklemmt. „Hier“, er reichte die Decke an Link. „Ich bin froh, dass du uns erzählt hast, was du alles erlebt hast.“

Link nickte nur, nahm die Decke entgegen und hielt sie fest.

„Sukki ist über deine plötzliche Abreise sehr aufgebracht gewesen. Du solltest sie morgen aufsuchen und mit ihr reden.“

An seine Freundin hatte Link überhaupt nicht mehr gedacht. Das schlechte Gewissen drückte ihn. Ein Kopfnicken gab Boron Antwort.

„Gute Nacht, Link“, verabschiedete sich sein Ziehvater. Kurz bevor er aber die Stiege wieder hinauf ging, fügte er noch hinzu: „Danke, dass du uns dein Geheimnis anvertraut hast.“ Dann verschwand er.

Link löschte die Kerze und legte sich auf die Chaiselongue. Er kuschelte sich in die Decke und starrte in die Dunkelheit.

Verrat

„Link?“

„Link!“

„Link ist wieder da!“

Aus dem Schlaf gerissen murrte der legendäre Held der Zeit, als plötzlich jemand auf seinen Bauch sprang.

„Linkie!“

Seine Augen fühlten sich schwer an. Er konnte sie kaum öffnen. Der Nachtschlaf war viel zu kurz. Er fühlte sich absolut kraftlos und erschöpft. Quälend langsam schlug er seine Augenlider auf und blickte in ein großes dunkles Augenpaar, das ihn vor Freude anstrahlte.

„Du bist wach!“, freute sich Zoe und hüpfte begeistert auf seinem Bauch herum.

Link stöhnte unter dem Druck leicht schmerzhaft auf. „Geh bitte runter, Zoe“, murrte er verschlafen und noch orientierungslos. Sein Rücken fühlte sich steif wie ein Brett an, sein Nacken verkrampft und überhaupt spürte er jeden Winkel seines Körpers schmerzhaft ziehen.

Zoe folgte seiner Bitte schnell, rutschte von ihm hinunter auf den Boden und betrachtete ihn aufmerksam.

Schmerzhaft und darauf bedacht seine Muskeln vorsichtig zu dehnen, richtete Link sich auf. Er sah sich um, blickte in drei vor Freude strahlende und zwei neugierige Gesichter. Vor ihm standen Zoe, Pantas, Qantas, Tobin und Xenia. Alle Augenpaare sahen ihn aufmerksam an. „Was macht ihr in meinem Zimmer?“, fragte er immer noch nicht richtig wach.

„Du bist nicht in deinem Zimmer“, erwiderte Pantas irritiert.

Qantas nickte zustimmend. „Warum schläfst du hier?“

Link stutzte, dann betrachtete er die Chaiselongue und erinnerte sich an die letzte, viel zu kurze Nacht. Er setzte sich nun komplett hin, schwang dabei die Beine von seinem Schlafplatz und rieb sich müde über die Augen. „Ich bin letzte Nacht spät zurück gekommen“, antwortete er. Sein nächster Gedanke aber galt schon der Person, die in seinem Bett ruhte. Zelda. Er blickte zur Stiege.

Annelie kam diese eben hinunter. „Kommt, Kinder, Link ist erschöpft von der Reise.“ Sie betrachtete ihren Ziehsohn und schien zu wissen, was ihm durch den Kopf ging.

Die Kinder folgten Annelie aus dem Zimmer.

Link streckte seine verspannten Glieder und stand dann auf. Er musste sie sehen. Er wollte wissen wie es ihr geht. Daher stieg er die Stiege hinauf und trat den kleinen Gang nach rechts zu seiner Kammer.

Er griff nach der Türklinke, doch dann entschied er sich zu klopfen. Sie war schließlich die Prinzessin des Landes. Es gehörte sich nicht unangekündigt im Zimmer zu erscheinen. Auch wenn es in den letzten Jahren seine Kammer war. Zaghaft hob er seine Hand und klopfte vorsichtig an. Es erfolgte aber keine Reaktion. Entschlossen umfasste er den Türknauf und drehte ihn. Erst lugte er ins Zimmer, fand sie aber schlafend in seinem Bett vor.

Er betrat die Kammer, schloss die Türe und trat näher.

Sie war so blass wie das Laken. Auf ihrer Stirn lag ein Lappen. Neben dem Bett auf dem Nachttisch stand eine Waschschüssel.

Er befühlte das Tuch, welches durch ihre erhitzte Stirn ausgetrocknet war. So nahm er es und tauchte dieses in die Waschschüssel. Er wrang es aus und legte ihr den feuchten Lappen wieder auf die Stirn.

Er vermutete, dass das Fieber ihrer Wunden wegen kam. Besorgt beobachtete er ihre feinen Gesichtszüge, die blonden geschwungenen Augenbrauen, sowie die hohen Wangenknochen. Er folgte der schmalen und spitzen Nase hinab zu ihren rosigen vollen Lippen. Sie war bei weitem das schönste Wesen, das er bisher traf.

Er befeuchtete das Tuch ein weiteres Mal und legte es wieder auf ihre Stirn. Dann setzte er sich auf die Bettkante und wartete.

Wieder mal fragte er sich, was nur geschehen war, warum er sie als Shiek verkleidet in Alnayru traf und was Zoes Visionen nur bedeuten konnten. Zudem sorgte er sich. Die fremdartigen dunklen Wesen, mit wabernden Körpern und den drei leuchteten roten Punkten, griffen sie an. Warum? Es waren die gleichen Wesen, wie Xenia beschrieb. Zudem spürte er wieder diese klirrende Kälte, nahm die Finsternis um sich herum wahr, als diese Dämonen erschienen. Sollte das alles miteinander zusammen hängen?

Es klopfte an der Türe.

Aus den Gedanken gerissen, blickte Link auf und sah Annelie das Zimmer betreten. „Sie schläft noch?“

„Ja.“

Annelie nickte sorgenvoll. „Wir müssen abwarten.“ Ihre Augen hingen an der schlafenden Prinzessin und so ganz schien sie es immer noch nicht glauben zu können. „Du solltest etwas essen. Geh nur. Ich kümmere mich um sie.“

Link nickte. Er betrachtete die schlafende Schönheit und stand dann auf. Wenig später verließ er das Zimmer und stieg die Stiege hinab.

Am Tisch saßen die Kinder zusammen und aßen. Sie schmiedeten bereits ihren Tagesplan.

Link setzte sich dazu und nahm sich ein Stück Brot.

Kaum das er saß richteten sich die Kinderaugen wieder auf ihn. „Du bist zwei Tage weg gewesen. Wo warst du?“

„Ich bin in die steinige Steppe geritten“, antwortete Link. Was er den Kindern erzählen sollte, wusste er auch noch nicht. Bisher hatte er sich keine Gedanken gemacht.

„Was wolltest du da?“, bohrte Qantas neugierig nach.

„Ich...“, er suchte nach den passenden Worten, fand sie aber nicht.

„Ich hab ihn beauftragt mir ganz bestimmte Kräuter zu suchen, die nur an der Waldgrenze zur steinigen Steppe wachsen.“ Annelie betrat die Stube, verschwand in die Küche und kehrte dann zurück. In ihren Händen hielt sie ein kleines Döschen. „Wenn ihr gegessen habt, könnt ihr spielen gehen“, wies sie noch an und verschwand wieder.

Die Kinder und Pflegekinder aßen auf. Nach dem Essen verschwanden sie aus dem Haus.

Link ging nochmals zu seinem Zimmer, klopfte und trat ein. Aber nichts hatte sich bisher verändert. Annelie saß am Bettrand und blickte auf. Die korpulente Frau befeuchtete wieder das Tuch. Gerade als sie dieses auf die Stirn der Prinzessin legte, rührte sich das blonde Mädchen und schlug die Augen auf.

Verwirrt sah Zelda sich um, blinzelte von der Helligkeit geblendet, dann öffnete sie ihren Mund um etwas zu sagen, aber kein Ton folgte. Schnell griff Annelie nach einem Tonkrug und stützte die Prinzessin im Rücken, sodass sie einen Schluck trinken konnte. Dann legte sie sich wieder in das Kissen zurück: „Wo bin ich?“, krächzte sie.

„Sprecht noch nicht, Hoheit. Schont Eure Kraft und ruht Euch aus.“

Link stand sofort neben Annelie, blickte in die müden und doch so leuchtend blauen Augen seiner Kindheitsfreundin. „Zelda“, hauchte er sorgenvoll.

„L... Link?“ Aber dann fielen der erschöpften Prinzessin auch schon wieder die Augen zu und sie versank in einen tiefen Schlaf.

„Ein gutes Zeichen“, stellte Annelie fest und nickte erfreut. Nach einem Blick zu dem Blonden lächelte sie aufmunternd. „In ein paar Tagen ist sie wieder ganz gesund.“

Auch der Held der Zeit spürte die Erleichterung um sein Herz. Nur mit Mühe und Not wandte er seine Augen von ihrem Antlitz ab und sah zu der Frau, die ihn vor vier Jahren wie ihr eigenes Kind aufgenommen hat. „Ich werde Mister Ektarius aufsuchen. Ich muss mich noch für den Bogen bedanken. Danach kümmere ich mich um Epona. Ich hab sie letzte Nacht ganz schön vernachlässigt.“

Annelie nickte. „Geh nur! Ich bin hier und sorge für unseren Gast.“

Link verließ das Zimmer, trat die Stiege wieder hinab und schnappte sich den Bogen. Mit diesem verließ er das Haus.

Die Sonne stand hell am wolkenlosen Himmel. Allerdings spürte er, das sie nicht mehr mit selber Intensität strahlte wie noch vor einigen Wochen.

Link sah sich nach seiner Stute um, konnte sie aber nirgends sehen.

Da trat Boron aus der angrenzenden Hufschmiede heraus. „Link, guten Morgen.“

„Guten Morgen, Boron. Hast du Epona gesehen?“

Der Hufschmied hatte seine dicke Schutzschürze umgebunden und trug die feuerfesten Handschuhe. „Hab sie heute morgen völlig erschöpft hier stehen sehen. Sie ist in der Box und ruht sich aus.“ Er trat näher. „Wo willst du hin?“

Link sah auf den Bogen in seiner Hand. „Zu Mister Ektarius und mich dafür bedanken.“

„Funktioniert er denn?“

Der Held blickte auf. „Ohne ihn hätte ich Zelda nicht retten können.“

Boron nickte, dann deutete er auf die Hufschmiede. „Kommst du danach? Ich hab heute viel Arbeit.“

Link bestätigte: „Es dauert nicht lange.“

Der Hufschmied drehte sich um und kehrte zu seiner Arbeit zurück, während Link in die entgegengesetzte Richtung zur Dorfmitte ging.

Die Bewohner Equipagus gingen ihrer täglichen Arbeit nach. So traf Link auf viele bekannte Gesichter, die er grüßte. Beim Denkmal bog er links ab und folgte dem Weg, der zwischen weiteren Häusern lag. Wenige Schritte später kam er am Hühnerhof von Alinias Eltern vorbei. Dieses Mal waren die Hühner da, wo sie hingehörten und flatterten nicht wieder über den Dorfplatz.

Er passierte den Hof und blieb vor dem nächsten Haus stehen. Dieses Haus bestand nur aus Holz mit vielen verschiedenen feinen Schnitzereien und Verzierungen. Es hatte einen eigenen Liebreiz. Link trat auf die Türe zu, klopfte an die Türe und drückte die Klinke herunter, aber es war abgeschlossen.

Irritiert runzelte er die Stirn, kratzte sich am Kopf und ging zu einem der Fenster. Er erhaschte einen Blick ins Innere, das über und über mit verschieden großen und unterschiedlichen Holzfiguren zugestellt war.

„Mister Ektarius ist nicht zuhause.“

Link löste sich von dem Fenster, drehte sich der Stimme zu und entdeckte Alinia, die ein noch recht junges Huhn auf dem Arm trug. „Weißt du wann er zurückkommt?“

„Er ist nach Hyrule gereist um seine Waren zu verkaufen.“

Link ahnte, dass der Holzschnitzer für längere Zeit abwesend sein würde. „Danke, Alinia.“

Zoes Freundin nickte und verschwand wieder im Hof.

Auch Link trat den Rückweg zur Hufschmiede an. Gerade als er den Platz mit dem Denkmal erreichte und zur Arbeit gehen wollte, wurde er erneut zurückgehalten. „Link?!“

Diese Stimme kannte er zu gut. Langsam drehte er sich um und stand Sukki gegenüber. „Guten Morgen, Sukki.“

„Guten Morgen?“, wiederholte sie brüskiert. „Du verschwindest ohne ein Wort für zwei Tage und dann höre ich nur ein guten Morgen?“ Sie verschränkte ihre Arme vor der Brust, blickte ihn herausfordernd aber auch sehr misstrauisch an. „Wo bist du gewesen?“

Er legte sich eine Hand an den Hinterkopf und antwortete: „Annelie hat bestimmte Kräuter gebraucht, die nahe der steinigen Steppe wachsen.“

Sukki starrte ihn noch einen Moment an, beobachtete jede noch so kleine Änderung in Mimik und Verhalten, dann aber löste sie ihre verkrampfte Haltung und fiel ihm um den Hals. „Ich hab mir Sorgen gemacht. Das nächste Mal redest du mit mir, in Ordnung?“

Link nickte, schloss seine Arme um ihren schlanken Körper, aber es fühlte sich nicht mehr so intensiv an wie vor einigen Tagen.

„Ich hab dich vermisst“, säuselte sie an seinem Hals.

Verwirrt über seine veränderten Gefühle löste er sich von der Tochter des Bürgermeisters und wich ein Stück zurück. „Ich habe Boron versprochen gleich zur Schmiede zu kommen um ihm bei der Arbeit zu helfen.“

Verständnisvoll nickte Sukki und löste sich endgültig von Link. „Sehen wir uns nach Einbruch der Dunkelheit?“

Der Blonde nickte: „Ja, wir treffen uns hier.“ Schon drehte er sich um und flüchtete regelrecht. In seinem Inneren herrschte die reinste Verwirrung.
 


 

***~~~***~~~***
 

Misstrauisch stand er hinter den Stahlstreben. Nicht nur er, sondern auch viele Mitstreiter waren hier versammelt. Sie alle wurden hierher gerufen und erhielten den Auftrag das Tor zu sichern. Niemand sollte das Schloss betreten. Falls sich jemand unerlaubt Zugang verschaffte lautete der eindeutige Befehl zu handeln.

Er sträubte sich unschuldige Hylianer zu richten. Am liebsten hätte er diejenigen zu Fall gebracht, die seit einigen Tagen das Schloss beherrschten und die Stadt teilweise zerstörten. Nur dank einiger Hyruler und den königlichen Soldaten konnte das Feuer in dieser schicksalshaften Nacht eingedämmt und letztendlich gelöscht werden. Diese fremdartigen Wesen sind es, die hingerichtet gehörten.

Dennoch hielt er sich und seine Wut zurück. Prinzessin Zelda verließ sich auf ihn. Er würde in ihrer Abwesenheit alles beobachten, wichtige Informationen sammeln um diese Wesen letztendlich mit ihren eigenen Waffen zu schlagen.

Die anderen Ritter der Leibwache konnte er noch nicht sprechen. Diese Schattenwesen waren überall und beobachteten alles. Strongfield musste darauf vertrauen, das die Ritter auch weiterhin dem Königshaus die Treue hielten.

Zusehends mehr Hylianer, Goronen, Zoras und Gerudos fanden sich vor dem großen Tor ein. Die breite Straße wurde mit voranschreiten des Morgens immer gefüllter.

Langsam verstand er, warum die vielen Soldaten postiert wurden. Sollte die Masse sich aufbäumen und das Schloss stürmen wollen, so war die Armee die letzte Bastion zum Schutz des Palastes.

Obwohl er überzeugt war, dass diese fremdartigen Geschöpfe der Hölle sich auch gut allein verteidigen könnten.

Das die vielen Bewohner Hyrules sich an diesem Tag vor dem Schloss versammelten, lag eigentlich nur an dem großen Markt, der vor den Toren Hyrule Stadt stattfand. Nur zu jedem Vollmond trafen sich die Völker Hyrules in der hylianischen Steppe vor der Stadt zusammen um ihre Waren zu verkaufen.

Und sie alle waren dem Aufruf des Palastes gefolgt um der Verkündung des Königshaus beizuwohnen.

Unruhe breitete sich vor den Toren aus, niemand konnte sich erklären, was es zu verkünden gab. Sicherlich kursierten die Erzählungen über den Angriff durch das Land, aber niemand berichtete aus erster Hand.

Als auch der letzte Winkel auf dem breiten Weg gefüllt war, tat sich etwas im Schloss. Innerhalb einer ausgewählten Einheit von Soldaten trat Lord Siam aus dem kaum zerstörten Schloss heraus. Erstaunlicherweise war das Schloss weitestgehend von dem Angriff verschont geblieben und glänzte im Sonnenlicht. Woran das liegen mochte konnten allein die Göttinnen sagen.

Als Strongfield seine Augen auf Lord Siam richtete, der mit einem gehässigen Grinsen dem Weg zum Tor folgte, überkam ihn Wut. Die lilafarbene Robe um seine Schultern zeichnete ihn für alle Bewohner des Landes als ersten Berater des Königs aus.

Seine Hand ballte sich zur Faust. Was soll nur aus Hyrule werden, sollte Prinzessin Zelda etwas zustoßen und dieser widerliche Mann regieren. Niemand wusste wo die Prinzessin sich derzeit versteckt hielt. Und wieder einmal fragte er sich: Hätte er sie vielleicht begleiten sollen? Aber er musste dieses Schattenwesen von ihr ablenken. Wie hätte er ihr sonst zur Flucht verhelfen können?

Der Lord trat an ihm vorbei, ließ sich von einem Soldaten die Türe im seitlichen Turm öffnen und verschwand darin. Wenig später betrat er die Steinmauer oberhalb des Tores, auf der auch viele Soldaten standen, bereit jederzeit einen Angriff abzuwehren.

Ein Raunen ging durch die Menge, die ständig vorhandene Lautstärke vieler verschiedener Stimmen und Gespräche verstummte langsam.

Lord Siam erhob seine Stimme und mit seinen ersten Worten, kehrte ruckartig eine beängstigende Stille ein. „Bewohner Hyrules! Ihr wisst bereits, dass wir angegriffen wurden. Das Schloss und die Stadt wurden teilweise beschädigt und wir mussten schmerzhafte Verluste hinnehmen, dennoch konnte ich mich mit den Angreifern auf ein Abkommen einigen. Sie werden euch, die Bewohner des Landes Hyrule, in Frieden lassen. Sie werden ab sofort nachts für die Sicherheit auf den Straßen der Stadt und im Land sorgen. Dafür lassen wir sie aber auch in Frieden.“

Erste widerwillige Aufschreie ertönten aus der Masse. Viele der Hylianer gaben sich mit dieser Einigung nicht zufrieden, misstrauten den zerstörerischen Kräften, die einige Häuser der Stadt in Brand gesteckt hatten.

„Wo ist der König?“, rief jemand aus der Masse und immer mehr Hylianer verlangten den König zu sehen.

Lord Siam hob beruhigend seine Hände und nur zeitverzögert verstummten die aufbegehrenden Stimmen wieder. „Der König ist tot!“

„Diese Wesen haben ihn umgebracht“, rief wieder jemand aus der Masse, die Hylianer sofort angestachelt von den Worten begehrten wieder auf, drückten gegen das Tor und wollten das Schloss stürmen um dem Feind gegenüber zu treten.

Ritter Strongfields Hand krampfte sich um das Heft seines Schwertes. Was für ein abgekartetes Spiel wurde hier nur getrieben? Er traute dem Lord in keinster Weise.

Jemand räusperte sich und der Ritter blickte zum Tor. Nicht weit von sich entfernt stand eine verhüllte Gestalt. Skeptisch betrachtete er den braunen Umhang, die große Kapuze und trat unauffällig näher an das Tor heran.

Die verhüllte Gestalt nutzte den Moment und presste sich an das Torgitter. „Zitadelle der Zeit. Ich warte dort auf euch“, raunte eine männliche Stimme ihm zu.

Als er einen Blick unter die Kapuze erhaschte, sog er die Luft ein.

„Hört zu! Hört mir zu!“, versuchte Lord Siam die Kontrolle zurück zu gewinnen. Doch seine Worte gingen bei dem Aufstand unter. Darum gab er den Soldaten das Zeichen die Waffen zu zücken.

Als die Spitzen der Lanzen durch die Stäbe des Tores blitzten, auch von der Mauer herab gerichtet waren, drückten die vordersten zurück um nicht aufgespießt zu werden.

Er sah wie der Verhüllte in der Masse untertauchte. Auch er stand unter dem Kommando des Lords und aus diesem Grund zog Ritter Strongfield ebenso sein Schwert.

Als die Waffen gezogen waren, verstummte das Volk sofort wieder, blickte zu dem Lord auf. Entsetzen und Verärgerung, wie auch Wut und Hass blitzten in den Gesichtern auf.

„Der König wurde hinterlistig ermordet, aber nicht so wie ihr denkt. Nein, es ist viel schlimmer, denn unser König wurde von seinem eigen Fleisch und Blut ermordet.“

Nicht nur Ritter Strongfield blickte bei den Worten hasserfüllt auf. Viele Hyruler und Hylianer schienen diese Worte nicht zu glauben.

„Prinzessin Zelda befindet sich seit dieser Nacht auf der Flucht. Jeder, der Hinweise auf ihren Verbleib hat oder ihr Versteck kennt und es mir meldet, wird reich belohnt. Wer ihr aber bei der Flucht geholfen hat, wie auch ihr Unterschlupf gewährt, wird wegen Landesverrat zum Tode verurteilt.“

Ein wütendes Aufbegehren zog sich über die Masse.

Lord Siam war aber noch lange nicht am Ende. „Ich, Lord Siam, König Harkenias erster Berater und Vertreter des Königshaus, klage Prinzessin Zelda an wegen Hochverrats an der Krone!“

Wieder rebellierten die Bewohner, wollten nicht akzeptieren und glauben was sie da hörten, doch Lord Siams letzte Worte machten sie handlungsunfähig.

„Wer sich der Vereinbarung widersetzt und Unfrieden stiftet, hat unser Schicksal besiegelt!“ Mit diesen Worten drehte sich der Lord um, verschwand von der Mauer und später wieder mit seiner Eskorte im Schloss.

Die Soldaten hingegen standen immer noch mit gezückten Waffen um das Schloss vor möglichen Angriffen verteidigen zu können.

Lange blieb das Volk noch schimpfend vor den Toren stehen. Keiner wollte es glauben und das ließ Strongfield innerlich aufatmen. Das Volk würde hinter Prinzessin Zelda stehen.

Es dauerte noch eine ganze Weile, bis sich die entrüsteten Bewohner dann doch auf den Rückweg machten.

Einige seiner Kameraden sicherten weiterhin das Tor, auch wenn es bei weitem keinen Aufstand mehr geben würde. Strongfield sah sich um, zögerte, denn er wollte sich sofort zur Zitadelle aufmachen, aber sein Dienst war noch lange nicht zu Ende.

Niemand war mehr hier, auch keines dieser Schattenwesen zeigte sich und so näherte er sich seinen wachhabenden Kameraden und fragte: „Glaubt ihr dem Lord?“

Vier Augenpaare musterten Strongfield aufmerksam, dennoch ohne Gefühlsregung. Jeder hielt sich bedeckt, würde nichts falsches sagen und letztendlich antworteten sie ihm nicht.

Drei von ihnen blickten wieder durch die Gitterstäbe, einer aber murrte: „Stelle nicht solche Fragen!“

Strongfield zuckte zurück. Auch die anderen drei haben diese Worte gehört, taten aber so, als ginge es sie nichts an. „Aber wenn sie zurück kommt...“, setzte er erneut an.

„Genug jetzt“, fauchte der Soldat zurück und wie aus dem Nichts ertönten schwere Schritte auf dem von Kies gesäumten Weg.

„Ritter Strongfield!“

Sofort versteifte sich der Angesprochene und streckte den Rücken durch. Er drehte sich dem Soldaten niedrigeren Ranges zu und wartete was dieser zu sagen hat.

„Lord Siam wünscht euch zu sehen! Bitte folgt mir!“

Von misstrauischen Augen beobachtet, kam Strongfield der Aufforderung nach und folgte dem Soldaten ins Innere des Schlosses.

Es überraschte ihn nicht, das Lord Siam ihn im Thronsaal empfing. Ebenso konnte ihm der Anblick, wie Lord Siam auf dem königlichen Thron saß, als wäre er bereits der Herrscher über das Land, nicht verblüffen. Allerdings staunte er über die Tatsache, das die vier höchstrangigen Ritter bereits versammelt waren.

Seine Augen glitten über die vier unterschiedlichen Männer, die allesamt die gleiche Stellung im Schloss hatten, wie er selbst.

„Ritter Strongfield, wir haben euch bereits erwartet“, sprach Lord Siam und lehnte sich in dem Thron zurück. Seine Hände verschränkte er dabei über der Brust, während seine Ellbogen auf den seitlichen Lehnen gestützt waren. „Unser König ist tot! Ich, als sein erster Berater, bin somit der königliche Vertreter und habe einen ganz speziellen Auftrag. Dieser wird umgehend ausgeführt!“

Skeptisch betrachtete Strongfield die verlogene Ratte auf dem Thron. Ihm lagen bissige Worte auf der Zunge, dennoch schluckte er diese und schwieg. In den Gesichtern seiner langjährigen Kameraden konnte er ebenso Abscheu und Gegenwehr erkennen. Das beruhigte ihn nun doch ungemein, denn auch sie würden Prinzessin Zelda die Treue halten. Zu lange standen sie schon im Dienste des Königshaus, als das sie dem Verrat und dem Bösen die Treue schworen.

„Bei Sonnenaufgang beginnt der Auftrag und er endet erst, wenn ihr mir die Prinzessin des Landes bringt. Tot oder Lebendig macht dabei keinen Unterschied.“ Lord Siam stand auf.

Strongfield selbst noch viel zu erschrocken über diesen Auftrag, hörte einen seiner Kameraden fragen: „Wie viele Soldaten sollen wir mitnehmen?“

„Keinen! Ihr werdet allein reisen. Euer Auftrag unterliegt der höchsten Stufe der Geheimhaltung, Ritter Mistleroy. Ihr teilt euch auf und sucht nach Prinzessin Zelda. Wenn ihr Versteck gefunden wurde – zerstört es!“

Alle Ritter sogen scharf die Luft ein. Ihr Treueschwur untersagt dieses Handeln, dennoch war der König tot und die Prinzessin verschwunden. Ihnen blieb nichts anderes übrig als zu gehorchen.

„Teilt euch selbst ein, wo ihr suchen werdet...“, verkündete Lord Siam großzügig. „... nur kehrt nicht ohne die Prinzessin zurück!“

Widerwillig verbeugten sich die Ritter vor Lord Siam und verließen den Thronsaal.

„Wir sollten uns heute Abend in der Taverne zusammen setzen und alles weitere besprechen“, schlug Mistelroy vor, als sie den langen Flur entlang schritten. „Nach Sonnenuntergang treffen wir uns dort“, fügte er dann hinzu und die anderen vier nickten zustimmend.

Zusammenkunft

Den gesamten Tag verbrachte Link in der Hufschmiede. Er spürte die körperliche Arbeit, die Anstrengung seiner Muskeln und fühlte sich erschöpft aber gut. Das hatte ihm gefehlt und lenkte ihn zusätzlich von den wirren Gefühlen ab, die in ihm vorherrschten.

Zum einen war da Sukki, die er später noch treffen würde, aber eigentlich nicht sehen wollte. Er scheute sich vor der Erklärung, die sie von ihm erwartete. Aber fühlte er sich wirklich schon bereit ihr von seinem Schicksal zu berichten? Annelie und Boron kannten nun seine Vergangenheit, doch sollte er Sukki das alles wirklich erzählen?

Zum anderen war da Zelda, die in seinem Bett lag und mit dem Wundfieber kämpfte. Er hatte den Kontakt zu ihr verloren und wusste nicht einmal ob sie ihn überhaupt noch sehen wollte. Dennoch musste er ihr unter die Augen treten. Er wollte wissen, was ihr und auch in Hyrule geschehen ist und würde ihr helfen so gut er eben konnte.

Dieser innerliche Aufruhr nagte an ihm und er setzte all seine Kraft in die Schläge um das glimmende Hufeisen in die richtige Form zu bringen.

Was er nicht bemerkte war der sorgenvolle Blick, den Boron ihm immer wieder zuwarf.

Entkräftet wusch sich Link am Abend in der Waschkammer und zog sich frische Kleidung an. Ein Blick in den Spiegel überzeugte ihn den Haarwuchs in seiner unteren Gesichtshälfte zu entfernen. Und so griff er nach dem Messer und dem Tuch und begann inzwischen geübt den Bart zu entfernen. Erst als er mit sich zufrieden war, verließ er die Kammer und folgte dem Weg in die Stube.

Am Tisch saß bereits seine Familie zusammen und wartete mit dem Essen auf ihn. Schnell setzte er sich dazu und nach einem gemeinsamen Tischsegen begannen sie zu essen.

Boron durchbrach die Stille: „Wie geht es unserem Gast?“

Annelie senkte den Löffel zur Schüssel. „Besser. Ich werde ihr später eine Suppe bringen, damit sie zu Kräften kommt und morgen wird sie dann sogar schon wieder aufstehen können.“

„Dürfen wir sie heute sehen?“, hakte Qantas neugierig nach.

„Nein, Kinder. Sie braucht noch Ruhe. Wenn ich einen von euch in Links Kammer erwische, muss ich den Deku-Baum bitten euch zu holen.“ Im nächsten Moment biss sich Annelie auf die Unterlippe, blickte reuevoll zu ihrem Ziehsohn und senkte dann die Augen zu ihrem Suppenteller.

Link entging nichts. Seine Sinne extrem geschärft seit das Gespräch auf Zelda gelenkt wurde. Er kannte die Geschichten, die im Dorf erzählt wurden. Und auch wenn das nicht der Wahrheit entsprach, so lächelte er milde und wandte sich an seine Ziehgeschwister. „Mama hat recht. Passt auf, das euch der Deku-Baum nicht zu sich holt. Wenn ihr einmal bei den Kokiris seid, könnt ihr nicht wieder zurückkehren.“

Verängstigt nickten Qantas und Pantas schnell und auch Zoe zog ihren Kopf ein. Tobin und Xenia würden sowieso nichts machen, was den Zorn der Gasteltern auf sich ziehen könnte.

Schweigend beendeten sie das Abendessen.

Während Boron die Kinder ins Bett brachte, beeilte sich Link das Haus zu verlassen.

Annelie kam gerade mit einem Schälchen aus der Küche heraus, als Link die Türe öffnen wollte. Kurz hielt sie ihn zurück. „Es ist das erste Mal, dass du Mama zu mir sagst.“

Und erst jetzt fiel Link auf, dass ihre Augen schimmerten. In seinem Hals bildete sich ein Knoten, dennoch nickte er und lächelte. „Ich bin hier zuhause“, stellte er bekräftigend fest.

Annelie schluckte, strahlte, dann aber deutete sie zur Stiege. „Sie ist wach. Möchtest du zu ihr?“

Sofort richteten sich seine Augen zur Decke. Er schüttelte den Kopf. „Ich bin mit Sukki verabredet. Sie wartet schon.“

Annelie nickte.

Link lächelte nochmals zu seiner Ziehmutter, dann verließ er die Hufschmiede. Kaum stand er draußen in der Dunkelheit glitten seine Augen zu dem Fenster, welches zu seiner Kammer gehört. Das flackernde Licht erhellte den Raum und ein langer dunkler Schatten verdunkelte kurz das Zimmer. Auch wenn alles in ihm schrie zu ihr zu gehen, wandte er sich ab. Schon folgte er dem Weg durch das schlafende Dorf zum Denkmal.

Sukki lehnte bereits an der Statue. Die Hände hinter dem Rücken verschränkt, den Kopf gesenkt und ihr Fuß stupste einen Kieselstein an.

Ein schönes Mädchen. Ihre Figur war äußerst ansprechend, ihre Haare weich und sie glänzten im Schein des Mondes. Sie schien zu spüren, das er hier war, denn sie hob den Kopf und strahlte ihn regelrecht an. Ihr Blick so vertrauensvoll und glücklich.

„Link!“

Im nächsten Moment hielt er sie in seinen Armen und spürte ihre feste Umarmung. „Ich bin so froh, dass du wieder hier bist.“ Sie löste sich von ihm und blickte aufmerksam zu ihm auf. „Warum hast du mir nichts gesagt?“

„Die Kräuter gingen zu Neige und Annelie brauchte dringend welche.“ Das war gelogen und sofort schämte sich Link, das er seiner Freundin gegenüber nicht ehrlich war.

„Ist etwas geschehen? Mit einem der Kinder?“

„Nein“, beschwichtigte er sofort und lehnte sich nun seinerseits an das Denkmal des Königs. „Unterwegs hab ich ein verletztes Mädchen gefunden und mit ins Dorf gebracht“, gestand er nun doch, wenn auch immer noch nicht die ganze Wahrheit.

Sukki hörte skeptisch zu.

„Sie hat einige Verletzungen und Fieber. Annelie kümmert sich um sie und es geht ihr auch schon wieder besser.“

„Ist sie hübsch? Wie heißt sie?“

„Sukki, bitte, das ist doch nicht wichtig“, wich Link aus, aber seine Freundin sah das ganz anders.

„Bist du deswegen so seltsam gewesen an diesem Morgen?“

„Ich verstehe nicht“, hakte Link nach, doch Sukki antwortete ihm bereits mit verschränkten Armen vor der Brust. „Du wolltest sofort zu ihr zurück.“

„Was? Nein! Ich habe Boron in der Hufschmiede geholfen.“

„Das glaube ich dir nicht“, keifte sie ihn weiter an. „Du warst bei diesem Mädchen.“

„Nein, ich war den ganzen Tag in der Schmiede. Bitte, glaub mir Sukki!“ Link trat einen Schritt vor, umfasste die schlanke Taille der jungen Frau und blickte ihr in die Augen. „Du bist mir wichtig, Sukki. Lass uns bitte nicht streiten.“

So ganz beruhigt war sie noch nicht, aber zumindest löste sie ihre verkrampfte Haltung auf.

„Auch wenn dir das alles nahe geht, so habe ich eine Bitte an dich. Hilfst du mir?“

Skeptisch blickte sie auf, stimmte aber zu.

„Das Mädchen braucht etwas zum Anziehen. Kannst du ihr etwas leihen?“

Ein wütender Blick, dann folgte ein Schnauben, während sie ihre Arme wieder vor der Brust verschränkte.

„Ihr ging es wirklich schlecht und ich weiß nicht was ihr zugestoßen ist. Hilfst du ihr?“, bat Link erneut und sah sie aus seinen blauen Augen an, ohne zu wissen, welche Macht er eigentlich mit diesem Blick auf Sukki hatte.

Ergeben und mitfühlend stimmte sie dann zu. „Ich hole dir schnell Kleidung.“ Und gemeinsam gingen sie durch das Dorf zum Haus des Bürgermeister. Während Link vor der Türe wartete, suchte seine Freundin nach Kleidung in ihrem Schrank. Mit einigen Kleidungsstücken trat sie zu Link in die Nacht hinaus und überreichte ihm diese. „Sie wird vermutlich das alles brauchen.“

„Ich danke dir, Sukki!“ Und schon drückte er ihr einen Kuss auf die Wange.

„Schon gut, Link. Sehen wir uns morgen?“

Er nickte. „Schlaf gut, Sukki.“

„Gute Nacht, Link.“

Während Sukki ins Haus zurück ging und die Türe schloss, schlenderte der blonde Held mit den weiblichen Kleidungsstücken durch das ruhige Dorf und versuchte nicht daran zu denken, was er da eigentlich in seinen Händen trug. Auch die Gedanken, wie Zelda in Sukkis Kleidung wohl aussehen mag, verbot er sich.

Wenig später betrat er die Schmiede und entschied Zelda die Kleidung hinzulegen. Durch das Fieber geschwächt wird sie schlafen und gar nicht mitbekommen dass er die Kammer überhaupt betreten hat. So ging er entschlossen die Stiege hinauf und schlich sich durch den kleinen Flur. Alles war ruhig in der oberen Etage, und er würde auch keinen wecken wollen.

Vor der Türe blieb er stehen, klopfte sachte an und betrat das kleine Zimmer.

Die Kerze auf dem Nachttisch brannte und verströmte ein schwaches Licht im Zimmer. Daneben befanden sich ein Schälchen mit Obst und ein Krug gefüllt mit Wasser.

Leise schloss er die Türe, drehte sich dann dem Stuhl im Zimmer zu und legte die Kleidungsstücke ordentlich darüber. Zaghaft strich er den Stoff glatt. Es war zwar nicht so ein feines Gewebe das eine Prinzessin normalerweise trug, dennoch waren Sukkis Kleider edler als die der anderen Mädchen im Dorf. Es war nun mal von Vorteil die Tochter des Bürgermeisters zu sein.

„Du bist es wirklich!“

Eine helle Stimme durchströmte die Stille in Links Gedankengänge. Und obwohl die Worte nur gehaucht waren, jagten sie ihm einen Schauer über den Rücken. Ertappt drehte sich der junge blonde Mann um und starrte auf das blasse und erschöpft wirkende Wesen mit langem goldenen Haar, das im Bett saß und ihn mit aufmerksamen blauen Augen ansah.
 


 

***~~~***~~~***
 

Ritter Strongfield verließ das Schloss und trat zu den wachhabenden Soldaten ans große Tor. „Eine ruhige Nacht“, wünschte er den Wachen und ließ sich das Tor öffnen. Schon schlüpfte er hindurch und folgte dem Weg in die Stadt. Die letzten Strahlen der Sonne berührten das Land, ehe sie sich für die Nacht verabschiedete und der Nacht Platz machte. Die Dunkelheit würde die Schattenwesen zum Leben erwecken. Sie würden nun für die Sicherheit, wie lachhaft, auf den Straßen Hyrules sorgen. Waren es doch diese Wesen, die die Stadt erst vor einigen Nächten zerstörten.

Er betrat den Dorfplatz mit dem großen runden Brunnen in der Mitte. Das Wasser plätscherte vor sich hin und nur noch wenige Hylianer waren auf den Straßen unterwegs. Auch einen Goronen traf er auf dem Weg zu der Zitadelle der Zeit.

Besorgt blickte Strongfield sich um. Viele Häuser wurden von dem Angriff zerstört. Es hielt sich das Gerücht, das es einigen Hyruler gelungen sei zu fliehen und sie würden sich versteckt halten. Andere waren ums Leben gekommen und nur noch ein Bruchteil der Bürger konnte noch in seinen Häusern wohnen.

Langsam trat er auf die große Zitadelle zu. Das imposante Gebäude ragte vor ihm in den Himmel und es erweckte den Anschein, das der mittlere und größte Turm mit seiner Spitze das rötliche Himmelszelt berührte. Die beiden kleineren Türme ragten ebenso in die Höhe.

Überall sollten die Blumen blühen, aber die Beete waren schier verbrannt. Ebenso waren die Wasserbecken leer, weil die Bewohner versuchten mit diesem Wasser die Brände unter Kontrolle zu bringen.

Ritter Strongfield blickte sich um und entdeckte auch hier die zerstörten Häuser, für welches das Flammenmeer verantwortlich war..

Seine Augen wanderten zurück zu der Zitadelle, aber sie stand so schön und unversehrt wie eh und je vor ihm. Es schien als wäre sie auf wundersame Weise nicht von den Flammen berührt worden, obwohl alles um sie herum schlichtweg verbrannt ist.

Er trat nun auf den Weg und folgte diesen zu den Treppenstufen, die zu der Doppelflügligen Türe führten. Wenig später schob er eine der beiden Türen auf und betrat das riesige Kirchenschiff. Die rustikalen Holzbänke säumten den roten Teppich, der zum Altar führte.

Die Türe fiel schwer ins Schloss. Strongfield trat in die eindrucksvolle und hohe Halle. Langsam und ehrfürchtig folgte er dem Weg. Seine schweren Schritte hallten in dem hohen Kirchenschiff wieder, dessen Dach eine halbrunde Kuppel bildete.

Er näherte sich dem Altar und zum ersten Mal fragte er sich, ob er nicht längst zu spät war und vielleicht sofort hätte kommen müssen.

Erst vor dem Altar blieb der Ritter stehen und betrachtete den steinernen Opfertisch, in dem seltsame Zeichen eingraviert waren. Er runzelte die Stirn, fragte sich was es mit diesen Zeichen wohl auf sich hatte und hob seine Hand. Vorsichtig strich er mit seiner behandschuhten Hand über eine der drei Gravuren und fuhr die filigranen Linien mit dem Finger nach.

„Ihr seid gekommen!“

Die Stimme hallte laut in den hohen Hallen an den Wänden wider.

Erschrocken zog Strongfield seine Hand zurück und suchte nach der Person, die ihn ansprach. Er drehte sich um und entdeckte die verhüllte Gestalt seitlich in der ersten Bankreihe sitzen. „Es ging nicht eher.“ Strongfield drehte sich um und platzierte sich neben der verhüllten Person. „Ihr seid in Sicherheit“, stellt er noch fest.

Die Gestalt nickte. „Die Zitadelle der Zeit ist ein heiliger Ort und vor Angriffen gefeit.“

„Wie geht es Prinzessin Zelda?“

„Sie ist geflohen.“

„Allein?!“ Das Wort war lauter gesprochen als beabsichtigt und hallte dementsprechend in dem großen Kirchenschiff wieder.

„Es war mir auch nicht Recht, aber wir brauchen nun mal Hilfe im Kampf gegen diese Wesen“, erwiderte die Gestalt und seine Stimme klang nun auch ärgerlich. „Vertraut unserer Königin. Sie verfügt über magische Fähigkeiten und kann jederzeit Kontakt aufnehmen.“

„Wie kann sie Kontakt aufnehmen?“, bohrte Strongfield nach, aber der Verhüllte winkte ab. „Das ist zu kompliziert zu erklären. Wie ist die Lage im Schloss?“

„Lord Siam sitzt auf dem Thron.“ Strongfield sah die Hand, die sich zur Faust ballte.

„Dieser Verräter!“

Schon fügte der Ritter hinzu: „Ich bin die nächste Zeit nicht in der Stadt. Seid vorsichtig. Lord Siam wird euer Verschwinden bestimmt schon bemerkt haben. Dumm ist er nicht. Er wird die Zusammenhänge schnell erkennen.“

„Ich bin hier in Sicherheit. Das Böse kann hier nicht eindringen“, wiederholte die Gestalt überzeugt. „Wo reist Ihr hin?“

„Ich habe den Auftrag nach der Prinzessin zu suchen und sie ins Schloss zurück zu bringen“, erklärte Strongfield ernst.

„Werdet Ihr die Prinzessin zurückbringen?“

Der Ritter schüttelte seinen Kopf: „Ich habe Ihr meine Treue geschworen. Wenn ich sie gefunden habe, werde ich ihr als Leibwächter zur Verfügung stehen.“

Der Verhüllte atmete erleichtert auf: „Sie ist auf dem Weg nach Hyliades.“

Ritter Strongfield stand auf: „Ich werde mich auf die Suche begeben. Hoffen wir das ihr noch nichts geschehen ist.“ Er ging ein paar Schritte, drehte sich dann aber nochmal um: „Gebt auf euch Acht, Adlatus Mika!“

„Seid wachsam, Ritter Strongfield“, bat der einstige Gehilfe des Lord, blieb aber sitzen.

Dann verließ Strongfield die Zitadelle der Zeit. Inzwischen war es dunkel geworden. Der Ritter entfernte sich so unauffällig wie möglich von der über Jahrhunderte alten Kirche und verschwand in einer finsteren Gasse zwischen den Häusern. Wenig später schlug er den Weg zur Taverne ein. Als er auf den großen Marktplatz treten wollte, entdeckte er zwei Schattenwesen, die sich beim Brunnen aufgestellt hatten. Die wabernden Wolken verschwammen mit der Finsternis um sie herum. Ritter Strongfield spürte die kühle Nachtluft, welche von diesen Wesen einherging. Er trat zurück in den Schatten der Gasse und schlug einen anderen Weg zur Taverne ein.

Nach einigen Umwegen erreichte der Ritter das Gasthaus und öffnete die Türe. Sofort schlug ihm verbrauchte Luft entgegen, während hinter ihm die Türe ins Schloss fiel. Erst blickten ihn die wenigen Gäste misstrauisch an, dann aber kümmerten sie sich wieder um ihre eigenen Angelegenheiten.

In der Taverne standen eckige Tische mit Stühlen drumherum. Nur drei Tische waren besetzt. Der Gastraum war durch die Fackeln an den Wänden in trübes Licht gedämmt. Er ging zwischen den Sitzmöglichkeiten durch und sah seine Kameraden an einem Tisch in einer Ecknische sitzen. Sie waren weit ab der anderen Gäste.

Der Wirt trat an den Tisch und stellte einen gefüllten Krug auf die Tischplatte noch ehe Strongfield sich gesetzt hatte.

Die Ritter der Königsgarde warteten bis der Wirt hinter den Tresen verschwand. Dann aber begannen sie leise zu beratschlagen.
 


 

***~~~***~~~***
 

Link starrte das blonde und liebliche Geschöpf an, welches aufmerksam mit blauen Augen zu ihm aufsah. „Zelda“, hauchte der vergessene Held tonlos, räusperte sich jedoch schnell. „Ja, ich bin es.“ Verlegen sah er sie an, wusste nicht so recht wohin mit seinen Händen. „Lange nicht gesehen.“

Die Prinzessin betrachtete ihn aufmerksam, senkte ihre Augen und hauchte leise: „Wohl wahr.“

„I... Ich... ich hab dich gefunden. Du bist in der steinigen Steppe zusammengebrochen und ich habe dich hergebracht“, stammelte er nervös und schalt sich im nächsten Moment wie dumm er sich ihr gegenüber doch verhielt. Wie ein kleiner Junge, doch der war er schon so lange nicht mehr.

Ihre blauen Augen wandten sich ihm wieder zu und sie nickte. „Ich weiß. Annelie hat mir alles erklärt.“ Sie hielt inne, zögerte, fuhr dann aber fort: „Sie ist sehr warmherzig.“

„Ja, das ist sie. Sie hat drei Kinder, du wirst sie noch kennen lernen, und sie hat mich aufgenommen. In den letzten Tagen haben wir auch noch zwei Waisenkinder bei uns wohnen.“ Er sprach so schnell und hätte sich beinahe verhaspelt.

Zelda lauschte seinen Worten. „Und nun falle ich ihr auch noch zur Last.“

Link erschrak über ihre Worte. „Nein, das tust du nicht! Zelda....“ Er trat näher an das Bett und zögerte. Ob er sich setzen durfte? Sein Blick glitt zum Stuhl auf dem er die Kleider abgelegt hatte. Unschlüssig sah er wieder zu seiner Kindheitsfreundin und begegnete ihrem undurchdringbaren Blick.

„Bitte, setz dich“, sprach sie aus.

Langsam folgte er ihrer Aufforderung und setzte sich auf die Bettkante. Aufmerksam betrachtete er sie. „Was ist geschehen? Warum bist du nicht im Schloss?“

„Sollten wir nicht erst einmal über das reden, was nach deiner Abreise geschah, wo du gewesen bist und wie es dir ergangen ist?“, erwiderte Zelda leise.

„Das ist nicht wichtig“, wies Link Kopfschüttelnd ab und blickte sie fest an. „Viel wichtiger ist, wieso du außerhalb des Schlosses bist und warum ich dich bewusstlos in der steinigen Steppe fand?“

Sie zögerte, doch dann nickte die Prinzessin nachgebend. „Das Schloss wurde angegriffen“, begann Zelda zu erzählen. Dabei senkte sie traurig die blauen Augen. „Ich habe es zu spät erkannt und wir wurden überrascht. Viele verloren ihr Leben. Mein Berater und ich konnten fliehen.“

„Erzähl mir davon“, forderte Link sie einfühlsam auf und lauschte wenig später ihrer Erzählung: „Die Vision zeigte mir was geschehen würde aber ich habe sie nicht ernst genommen. Doch plötzlich wurde sie wahr. Diese schattigen Wesen, nicht mehr als wabernde Wolken griffen die Stadt und das Schloss an. Mein Vater hat im Kampf sein Leben verloren. Lord Mika und ich konnten in die Zitadelle der Zeit fliehen. Er ist dort in Sicherheit und forscht mit dem Weisen des Lichts, Rauru, über diese Wesen. Ich selbst bin in die steinige Steppe geflohen. Als es Nacht wurde, tauchten sie plötzlich vor mir auf und griffen an. Es ging alles so schnell... Ich konnte mich nur verteidigen. Mit meinem Langschwert wehrte ich die Angriffe ab, konnte aber keinen Schaden anrichten. Nayrus Schutzzauber bewahrte mich die gesamte Zeit vor tödlichen Verletzungen.“

Link schluckte betroffen. Dank seinem neuen Bogen und einer gehörigen Portion Glück konnte er ihr Leben retten. Mehr zu sich als zu ihr murmelte er: „Ich bin gerade noch rechtzeitig gekommen.“

Zelda schluckte, blickte ihn an und ihre Mundwinkel zuckten sachte nach oben. „Dann hast du mir das Leben gerettet – wieder einmal.“ Sie schloss ihre Augen und neigte den Kopf vor ihm. „Ich danke dir, Link!“ Sie krallte ihre Finger in die Decke und erzählte weiter. „Ich muss so schnell es geht die Grenze nach Hyliades überqueren.“

„Warum?“ Er verstand nicht, wieso sie sich nach Hyliades flüchtet statt bei Naboru und den Gerudos unterzutauchen.

„König Valent hat eine große Armee. Seit vier Jahren stehen die Königshäuser von Hyrule und Hyliades in Gesprächen für ein Bündnis. Er wird mir im Kampf sicherlich beistehen und ist im Moment meine einzige Hoffnung.“

„Was ist mit mir?“ Link hatte ihr im Zeitkrieg beigestanden, sein Leben für sie und Hyrule riskiert und nun, da sich alles verändert hat, fragte sie ihn nicht einmal, ob er ihr helfen würde?

Zelda blickte überrascht auf. Allerdings erinnerte sie sich das er den Kontakt zu ihr abbrach. Ernüchternd sprach sie: „Du hast dein Leben schon einmal riskiert. Ein zweites Mal werde ich dich nicht in einen Kampf hineinziehen.“

Ihre Mimik blieb verschlossen, ihre Augen wirkten auf einmal so kalt. Er wusste nicht was in ihrem Kopf vor ging. Hatte sie kein Vertrauen zu ihm? Zweifelte sie an seinen Kampfkünsten? Er war doch einer der Triforceträger. Einer der drei Auserwählten und er hatte immer den Mut besessen sich in einen Kampf zu stürzen. Warum sprach sie nicht mit ihm? Link wusste, das es keinen Sinn machte nun weiter darüber zu reden. Sie war auf der Flucht. Jeder Tag länger im Land wäre gefährlich für sie. Sie sollte ausgeruht sein, wenn sie weiterreisen wollte. „Ruhe dich aus, Zelda. Das Wundfieber hat an deinen Kräften gezehrt.“ Er stand auf, ging zur Türe und öffnete diese. „Die Kleider sollten dir passen. Gute Nacht“, sagte er noch, ehe er aus dem Zimmer trat und die Türe hinter sich schloss. Die Hand an dem Knauf und dieser im Rücken, streckte er sich und lehnte den Hinterkopf an dem Holz der Türe an. Er schloss seine Augen, während er leise seufzte, denn in seinem Inneren herrschte die reinste Verwirrung.

Genesung

Zelda erwachte. Sie rieb sich über die müden Augen, wischte sich den Schlafsand heraus und richtete sich langsam in dem schmalen Bett auf.

Es war Links Kammer und sein Bett. Sie fragte sich, wo er die letzten Nächte verbracht hatte. Ihre Augen wanderten auf die Kleidung, die er ihr noch in der Nacht hingelegt hatte. Sofort sah sie ihn vor ihrem geistigen Auge, wie er vor dem Stuhl stand und den Stoff glatt strich. Seine schlanke und großgewachsene Figur und die blonden Haare fielen ihm über die Schulterblätter. Er war nun erwachsen, wirkte so anders obwohl er dem Link aus dem alternativen Zeitpfad sehr glich. Ihr Herz begann einen unruhigen Rhythmus zu schlagen.

Ihre Erinnerungen kehrten an die letzte Nacht zurück. Sie war aus dem Schlaf geschreckt, nachdem sie wieder eine schreckliche Vision ereilte. Die Zerstörung Hyrules und sie selbst den Schatten hilflos ausgeliefert. Es war so schrecklich und sie spürte die Angst noch immer in ihrem Leibe. Ihre Hände ballten sich um das aufkommende Zittern zu unterdrücken. Es fiel ihr schwer in den Schlaf zurück zu finden und so saß sie im Bett, starrte vor sich hin bis es an der Türe klopfte. Link betrat die Kammer und sie konnte es erst gar nicht glauben. Er sah zum Bett, nahm sie nicht wahr und drehte sich dann dem Stuhl zu. Erst als sie sich ihrer Stimme sicher war, sprach sie ihn an. Dabei schien sie ihn aus den Gedanken gerissen zu haben. Als er sie dann endlich ansah, glaubte sie sich in seinen Augen zu verlieren.

Ein Klopfen an der Zimmertüre holte Zelda aus ihren Gedanken an die vergangene Nacht. Annelies Kopf erschien und betrat auch schon die Kammer. „Guten morgen, Liebes. Wie fühlt Ihr Euch?“

„Besser“, antwortete die Prinzessin und lächelte ihre Pflegerin freundlich an. „Ich danke euch sehr und werde mich erkenntlich zeigen sobald ich im Schloss bin.“ Das würde sie. Diese Familie hat selbst nicht viel und alles gegeben. Niemals konnte sie das zurückgeben, was für sie getan wurde, dennoch würde sie es versuchen.

„Werdet erst einmal ganz gesund, Hoheit“, lächelte Annelie aufmunternd. „Ihr habt sicherlich Hunger. Ich werde euch etwas zu Essen bringen. Habt Ihr noch einen Wunsch?“

Zelda schüttelte den Kopf. Annelie stand auf und verließ die Kammer. Gerne würde Zelda aufstehen und sich die Beine vertreten. Doch ihr Körper war noch zu schwach. Die Macht des Triforce hat sie zu viel Kraft gekostet, das Wundfieber schwächte sie zusätzlich. Aber sie musste weiter. Sie durfte keine Zeit mehr verlieren. Entschlossen schlug sie die Decke weg, schob ihre Füße aus dem Bett und blieb erst aufrecht sitzen um ihrem Kreislauf Zeit zu lassen sich zu sammeln. Dann richtete sie sich auf, fühlte die weichen Beine, spürte wie der Untergrund schwand und stürzte auf die Knie.

Wenig später wurde die Türe zu ihrer Kammer geöffnet und ein dunkler Haarschopf erschien im Spalt. Ein kleines Mädchen mit großen Augen lugte ins Zimmer. Als sie erkannte in welcher Lage sich Zelda befand, eilte sie herbei und stützte die Prinzessin.

„Ich helfe dir“, sprach das Mädchen. Kaum berührten die kleinen Hände Zelda, da wurde die Prinzessin schlagartig von Bildern des Grauens heimgesucht.

Es waren zu viele verschiedene Momente als sie einzeln zu erfassen und zu einem gesamten Bild zusammen zu fügen. Die Bilder zeigten Feuer, wabernde Schatten, verwesende Leichen, zerstörte Landschaft, trostlose Gegenden, verängstigte Menschen, Finsternis.

Erschöpft ließ sich die Herrscherin Hyrules auf das Bett sinken und betrachtete ihr Gegenüber besorgt.

„Du bist wunderschön“, sagte das Mädchen bewundernd. „Mama sagt ich darf nicht hierher kommen. Du musst dich noch schonen. Warum bist du aufgestanden? Mama sagt, du bist noch viel zu schwach und musst erst zu Kräften kommen.“

„Wie heißt du?“

„Ich bin Zoe.“ Das Mädchen blickte ganz aufmerksam die Prinzessin an. „Du siehst noch viel schöner aus als in meinen Träumen“, sprach sie plötzlich.

„In deinen Träumen?“, wiederholte Zelda überrascht.

Das Mädchen nickte lächelnd. „Sie sind nicht immer schön, aber du machst alles wieder schön.“

Fragend blickte Zelda das Mädchen an. „Und wovon träumst du?“

Zoe blickte nun traurig zu der Prinzessin auf. „Böse Wesen kommen und zerstören alles, aber du bringst das Licht zurück!“ Schon lächelte sie.

„Hast du Angst?“

Zoe zuckte mit den Schultern. „Anfangs schon... jetzt nicht mehr.“

Besorgt betrachtete Zelda das kleine Mädchen vor sich. Es war ihr ein Rätsel warum dieses Kind solch böse Träume ereilte.

Die Türe wurde geöffnet und Annelie erschien wieder im Zimmer. „Zoe, ich hab dir doch verboten dieses Zimmer zu betreten.“

„Es tut mir leid, Mama“, antwortete das kleine Mädchen und zog ihren Kopf ein. „Werde schnell wieder gesund“, sprach das Mädchen lächelnd und verschwand.

Annelie blickte kopfschüttelnd ihrer Tochter nach und drehte sich der Prinzessin zu. „Entschuldigt bitte, Hoheit. Zoe wird euch nicht mehr belästigen.“ Sie reichte dem Gast eine dampfende Schüssel.

„Eure Tochter hat mich nicht belästigt.“ Unsicher blickte Zelda die korpulente Frau an. „Hat sie euch schon mal von ihren Träumen erzählt?“

„Nein, nie...“ Ein sorgender Ausdruck erschien in dem freundlichen Gesicht. Doch dann schüttelte die Frau jegliche Gedanken ab und lächelte wieder aufmunternd. „Nun esst eure Suppe. Ihr müsst zu Kräften kommen.“ Sie betrachtete die Prinzessin. „Ihr sitzt ja schon wieder aufrecht. Ich denke ihr könnt heute Abend aufstehen und herumlaufen.“

„Das wäre schön“, nickte Zelda.
 

Link wischte sich den Schweiß aus der Stirn. In den letzten Tagen arbeiteten die Dorfbewohner emsig an einem neuen Haus. Die Grundbalken stellten sie mit Hilfe verschieden langer Stangen auf, jeweils zwei Baumstämme verbunden mit einem breiten Lederband.

Diese dienten als verlängerte Arme um die schweren Balken aufzurichten. Alle packten mit an. Die Sonne stand hoch am Himmel und zeigte sich an diesem Tag von ihrer schönsten Seite. Auch wenn die Hitze das Arbeiten extrem erschwerte. Seine Augen beobachteten die Umgebung.

Mehrere Männer standen zusammen, betrachteten das Grundgerüst und beratschlagten was als nächstes zu tun war. Einer löschte eben seinen Durst, während drei weitere um Sukki standen und mit ihr zusammen die Baupläne studierten.

Die hübsche Braunhaarige klammerte sich an dem Plan fest, während alle drei Männer scheinbar gleichzeitig auf sie einredeten.

Bürgermeister Emden hatte sich zurückgezogen um sich den Bauvorbereitungen der nächsten Häuser zu widmen. Zudem war er der Ansicht, das Sukki einmal seine Nachfolge antreten würde und wollte sie mehr und mehr in seine Arbeit einführen. Eines Tages würde sie Bürgermeisterin von Equipagus werden.

Links Mundwinkel zuckten leicht nach oben. Er war überzeugt, das sie ihre Aufgabe großartig bewältigen würde.

Als könnte sie seine Gedanken lesen, blickte Sukki auf und ihre braunen Augen erfassten ihn. Etwas hilflos wirkte sie zwischen den kräftigen und größeren Männern, die nun in eine handfeste Diskussion verstrickt waren.

Link schenkte ihr einen aufmunternden Blick.

Zaghaft lächelte sie zurück und betrachtete wieder aufmerksam den Plan. Schon erhob sie ihre Stimme und stellte ihren Standpunkt klar. Wenig später lauschten die Männer ihren Worten und nickten nachdenklich. Dann strömten sie auseinander und nahmen die Arbeit auf. Als spürte sie immer noch Links Aufmerksamkeit, blickte sie erneut zu ihm und dieses Mal lächelte sie triumphierend.

Der vergessene Held der Zeit schmunzelte.

„Träum' nicht“, sprach Boron seinen Ziehsohn an und reichte ihm einen Hammer und ein Nägel.

Link blickte zu dem stämmigen Mann auf.

Dieser zog wieder amüsiert seine Augenbrauen hoch und zwinkerte plötzlich. „An welche der beiden Damen denkst du so intensiv? Die hübsche Dame hier vor Ort oder vielleicht an die hübsche Dame, die noch das Krankenbett hütet?“

Schlagartig errötete Link. „Boron“, rief er beinahe entsetzt aus. „An keine von beiden“, fügte er noch hinzu, ehe er sich auf den Weg zur nächsten Leiter machte und diese hinauf kletterte. Die ersten Bretter lagen bereit und Link würde helfen diese an den vorgefertigten Balken zu befestigen. Es kam ihm gelegen seinem feixenden Ziehvater ausweichen zu können. Konzentriert schlug Link die Bretter an und kam sogar recht zügig voran. Er merkte gar nicht wie der Tag voran schritt.

„Link!“

Er blickte auf, wischte sich wieder den Schweiß von der Stirn und sah hinab. Sukki grinste zu ihm hinauf. Den Bauplan eingerollt winkte sie ihm zu. „Sehen wir uns später?“

Auch er lächelte. Ein sanftes Nicken gab ihr Antwort und sie nickte zurück. Dann eilte sie davon.

Link befestigte noch ein paar Bretter, ehe er sich streckte und sich umsah. Sie waren weit gekommen und schon bald könnten sie das Dach mit Stroh auskleiden und die Wände mit Lehm füllen.

Nun wartete noch die Arbeit in der Schmiede auf ihn. Flink kletterte er die Leiter herunter und ging zurück zur Schmiede. Boron stand bereits am Feuer und gemeinsam erledigten sie die restliche Arbeit.
 

Abends, frisch gewaschen und angekleidet, fand sich die Familie im Wohnbereich zusammen. Die Kinder deckten gerade den Tisch, als Link dazu stieß.

Annelie trat mit dem dampfenden Topf aus der Küche.

Boron trug eine Flasche Wein und Link staunte. Wein kam nur zu ganz besonderen Anlässen auf den Tisch. Gab es was zu feiern?

Es klopfte an der Türe.

Da alle beschäftigt waren, empfing Link den Besuch. Er öffnete die Türe und blickte Sukki an. Überrascht zog er seine Augenbrauen hoch. Sie waren doch wie immer nach Einbruch der Dunkelheit verabredet, warum war sie denn jetzt schon hier? Und jetzt fiel ihm die Person neben ihr auf. „Bürgermeister Emden“, staunte er.

„Guten Abend, Link.“ Der Bürgermeister trat in die Stube und wurde von Boron freundlich empfangen.

Sukki überraschte Link mit einem schnellen Kuss auf die Wange, zwinkerte ihm zu und folgte ihrem Vater. Auch Link schloss die Türe und überlegte was der Anlass für ein Abendessen mit dem Bürgermeister war.

Gerade als der Heroe nachfragen wollte übernahm Boron das Wort. „Bürgermeister Emden, wie Ihr bereits wisst beherbergen wir zur Zeit einen ganz besonderen Gast. Es sollte euch als Oberhaupt des Dorfes das Anrecht zustehen, diesen Gast persönlich in Equipagus willkommen zu heißen. Link fand sie verletzt in der steinigen Steppe und sie hütete die letzten Tage das Krankenbett.“

Mit großen Augen vernahm Link die Worte, aber er konnte nicht schnell genug reagieren. Sukkis Blick entging ihm auch nicht. Sie würde ihn sicherlich bei Gelegenheit fragen, warum er eine solch wichtige Information verschwieg.

Annelie betrat die Stube und direkt hinter ihr betrat eine wunderschöne, schlanke, blonde junge Frau das Zimmer.

Link betrachtete sie aufmerksam und das hellblaue Kleid von Sukki umspielte ihre Figur schmeichelnd. Ein hochgeschlossener Kragen, lange Ärmel schlossen am Handgelenk und das Kleid reichte ihr bis zu den Fußknöcheln. Der Stoff war fein und enthielt schöne Stickereien in verschiedenen Muster. Diese waren mit einem dunkelblauen Faden eingenäht. Das blaue Kleid unterstrich das blau ihrer Augen und passte perfekt zu dem blonden Haar.

Die Kinder verhielten sich ruhig, aber jeder starrte die junge Frau an.

„Prinzessin Zelda“, sprach Bürgermeister Emden ungläubig, trat sofort auf die Herrscherin zu und verbeugte sich vor ihr. „Welch Ehre Sie in Equipagus empfangen zu dürfen.“ Er küsste ihren Handrücken, hielt seinen Kopf aber weiterhin gesenkt.

„Ich danke Euch, Bürgermeister Emden“, sprach Zelda.

Der Bürgermeister richtete sich auf. „Hätte ich gewusst, das Ihr uns die Ehre erweist, so hätte ich euch einen Empfang bereitet.“

Zeldas freundlicher Blick verdunkelte sich. „Dazu wollte ich Euch um ein Gespräch bitten... nach dem Abendessen“, fügte sie hinzu und deutete damit an, das sie alle Platz nehmen konnten.

„Gerne, Prinzessin Zelda“, sprach der Bürgermeister und bot ihr seine Hand um sie zum Tisch zu führen, der nur wenige Schritte von allen entfernt eingedeckt war. „Bevor wir aber mit dem Essen beginnen, so möchte ich euch noch meine Tochter Sukki vorstellen.“

Sukki, die neben Link verharrte und alles mit Argusaugen beobachtete, knickste vor der Prinzessin. „Es ehrt mich, Ihre Majestät persönlich kennenzulernen“, sprach sie, wie es ihr beigebracht wurde.

Prinzessin Zelda nickte lächelnd zurück und wurde zum Tisch geführt.

Als wüssten sie plötzlich was das Wort Benehmen bedeutete, folgten die Zwillinge brav und setzten sich ordentlich an den Tisch. Auch die Gastkinder und Zoe, sowie die Erwachsenen folgten und wenig später saßen alle vor den gefüllten Teller. Boron schenkte sich und dem Bürgermeister Wein in den Becher.

Link saß neben Sukki und sammelte all seine Konzentration um nicht ständig zu seiner Kindheitsfreundin zu sehen. Diese saß ihm schräg gegenüber zwischen Boron, der an seinem Platz am Tischende saß, und Bürgermeister Emden.

Boron und der Bürgermeister unterhielten sich angeregt während dem Essen. Dann band der Bürgermeister die Prinzessin mit ein und berichtete ihr von der Pferdezucht und das einige Pferde für das Königshaus bereit standen. Auch von dem Angriff auf das Dorf nahe der Grenze berichtete er und erklärte, dass die Bewohner bereits eifrig am Aufbau neuer Häuser halfen.

Zelda lauschte den Worten mit Sorge. Es war bei weitem schlimmer, als im Schloss berichtet wurde.

Die restlichen Familienmitglieder aßen schweigend. Auch Link schwieg, obwohl er aufmerksam dem Gespräch lauschte.

Nach dem Essen brachte Annelie die Kinder ins Bett, während Boron, Bürgermeister Emden, Link und Sukki am Tisch sitzen blieben und ihre Aufmerksamkeit auf Prinzessin Zelda richteten.

„Ich bedanke mich für das Essen und die Krankenpflege, geehrter Boron“, sprach Zelda in die Richtung des Hausherren, dann richtete sie sich zu Bürgermeister Emden. „Ihr wundert euch sicherlich über mein plötzliches Erscheinen. Eine Ankündigung war leider nicht möglich.“ Sie schluckte, versuchte die aufkommende Traurigkeit zu verdrängen und sich ganz auf ihre Aufgabe konzentrieren. „Leider haben wir neue Feinde. Wir Ihr bereits wisst haben auch diese das Dorf zerstört. Danach sind sie nach Hyrule Stadt gekommen und haben das Schloss angegriffen. Ich konnte gerade noch rechtzeitig entkommen.“

„Das klingt ja schrecklich. Wie geht es dem König?“

Zelda schloss betroffen die Augen. „Er ist im Kampf gefallen“, hauchte sie. „Ich bin auf dem Weg in das Königreich Hyliades um Hilfe zu erbitten. Zu Fuß bin ich nicht schnell genug. Bürgermeister Emden, habt Ihr ein Pferd für mich?“

Das Dorfoberhaupt nickte. „Natürlich könnt Ihr ein Pferd haben.“ Besorgt fügte er noch hinzu: „Nur lasse ich euch ungern allein auf solch eine gefährliche Reise.“

„Mir geschieht nichts“, sprach Zelda zuversichtlich.

Link schnaubte. Warum nur war sie so stur? Er hatte schweigend zugehört, weil es ihm auch nicht zustand sich zu äußern, aber bei dieser unbedachten Aussage geriet er in Rage. „Ach ja? Was ist wenn sie dich wieder angreifen?“

„Link“, wurde er von fünf Stimmen gleichzeitig angesprochen, die in diesem Moment nicht unterschiedlicher hätten klingen können. Annelie, die in die Stube trat und dabei ihren Ziehsohn streng ermahnte. Boron, der um Links Freundschaft zu Zelda wusste, sprach ihn mehr erheitert als mahnend an. Bürgermeister Emden wies ihn mit der Aussprache seines Namen zurecht. Link hatte nun mal keine Befugnis mit der Prinzessin zu sprechen und schon gar nicht auf solch Art. Sukki hingegen sprach seinen Namen entsetzt aus, einzig mit der Sorge begründet, die Prinzessin könne ihn für sein respektloses Verhalten bestrafen. Und Zelda war mehr als überrascht und fühlte sich von ihm ertappt.

Der junge blonde Mann schenkte keinem am Tisch Beachtung außer Zelda. Seine blauen Augen fixierten sie. „Nayrus Schutzzauber wird dich vielleicht vor schlimmen Verletzungen bewahren, aber irgendwann ist auch deine Kraft am Ende.“

„Link!“ Bürgermeister Emden schnappte entsetzt nach Luft.

Ein fassungsloser Blick glitt zu Boron, der nun erklärte. „Bürgermeister Emden, wie ich bereits sagte: Link fand Prinzessin Zelda verletzt in der steinigen Steppe und brachte sie hierher.“

„Das gibt ihm noch lange nicht das Recht so taktlos mit unserer Herrscherin zu sprechen“, brüskierte sich der Bürgermeister erneut.

Link entging keineswegs der tadelnde Blick. Ein Gespräch mit dem Bürgermeister persönlich würde wohl noch folgen, doch es gab im Augenblick wichtigeres zu besprechen. „Ich werde dich begleiten!“

Zelda blickte ihn an, ihre Augen funkelten. „Das wirst du nicht“, wies sie ihn an.

„Oh doch, und du wirst mich nicht davon abbringen“, forderte er sie heraus.

„Und wie ich das werde“, Zelda stand auf, stützte sich mit ihren Händen auf die Tischplatte. Die anderen schienen vergessen zu sein, denn ihr Blick lag einzig und allein auf Link.

Der vergessene Held der Zeit fühlte seinen Puls rasant ansteigen. Zelda wollte ihm überlegen sein? Das Spiel konnten sie auch zu zweit spielen. Auch er stand auf. „Du wirst dich dem fügen müssen. Wäre ich nicht gewesen wärst du jetzt gar nicht mehr hier“, fauchte er. Er ließ sich nicht so leicht abschieben. Was auch immer mit Zelda geschehen war, er fühlte sich für sie verantwortlich und er würde sie niemals in einem Kampf im Stich lassen.

Zelda blickte ihm in die Augen, dann senkte sie diese. „Das ist wahr“, flüsterte sie. Dennoch blieb sie uneinsichtig: „Dies hier hat nichts mit dir zu tun. Es geht um mein Königreich, um die Zukunft und das Schicksal Hyrule“, sprach sie ernst und entschlossen aus.

Link spürte das sie ihn nicht in ihrer Nähe haben wollte. Dennoch musste sie sich damit abfinden. Ohne ihn war sie den Feinden hilflos ausgeliefert: „Und ich werde dir zur Seite stehen, damit die Zukunft und das Schicksal Hyrules ein positives Ende finden … mit dir als Königin!“

Zelda schluckte. Blickte ihm tief in die blauen Augen. Gegen dieses Argument kam sie nicht an. Sie nickte letztendlich. Ihre Augen auf Link gerichtet, stellte sie sich wieder gerade hin und sprach zu Bürgermeister Emden: „Im Morgengrauen werde ich aufbrechen.“

Link wusste, das sie keine Widerworte mehr duldete.

Annelie wollte sich äußern, verharrte und dann nickte sie. „Ich werde Euch und Link“, ihre Augen nahmen einen traurigen, besorgten Ausdruck an, dann schüttelte sie kaum merklich ihren Kopf. „Ich werde Proviant für die Reise vorbereiten.“

Link richtete seine Körperhaltung auch wieder auf, seine Augen fixierten Zelda. „Wie weit ist es bis zum Schloss Hyliades?“

„Einige Tage.“ In einem wesentlich ruhigeren Ton fügte sie schließlich hinzu: „Link, du musst mich wirklich nicht begleiten.“

Entschlossen erwiderte er ihre Aussage. „Zelda, diese Wesen sind gefährlich. Du selbst bist ihnen gegenüber gestanden und konntest nichts ausrichten.“ Seine Entscheidung stand fest. „Ich werde dich begleiten.“ Und ich werde dich mit meinem Leben beschützen, schwor er sich selbst.

Boron stand auf. Damit zog er die ineinander verfangenen Blicke auf sich. Er räusperte sich und unterdrückte ein Grinsen. „Ich sehe schon, dass wir Link nicht davon abhalten können euch zu begleiten. Ich fühle mich auch wohler mit dem Gedanken euch nicht allein reisen zu lassen. Zumal Ihr sicherlich am Besten wisst, welche Fertigkeiten er so an den Tag legen kann.“

Zelda blickte den Hausherren überrascht an, dann wieder zu Link.

Dieser vernahm die Worte beinahe entsetzt. Seine Augen schlichen zur Prinzessin. Diese nickte Gedankenverloren und Link wusste, ebenso wie Zelda, das niemand für eine Leibwache geeigneter wäre als der Held der Zeit.

Bürgermeister Emden stand ebenfalls auf. „Ich kümmere mich gleich darum, dass euch morgen vor Sonnenaufgang ein Pferd zur Verfügung steht. Prinzessin Zelda, ich erwarte eure Anweisungen wegen der anderen Pferde. Bis dahin bleiben diese in Equipagus.“ Mit diesen Worten verbeugte er sich, bedankte sich bei seinen Gastgebern und verließ wenig später das Haus.

Annelie räumte den Tisch ab.

Zelda blickte zu Link, während sie die Teller aufeinander stellte. „Du hast deine Sachen in deiner Kammer?“

Link nickte und stieg die Stiege hinauf. Sukki folgte ihm schnell.

Zelda hingegen half Annelie beim Geschirr spülen. Sie wollte sich erkenntlich zeigen, während Boron nachdenklich am Tisch sitzen blieb.

Link betrat seine Kammer und ging zur Holzkiste. Er öffnete diese. Unter verschiedenen Kleidungsstücken fand er seinen magischen Beutel. Kurz prüfte er den Inhalt. Bald möglichst sollte er die Bomben und Pfeile wieder auffüllen. Besonders die Pfeile würde er brauchen. Seinen alten Bogen ließ er in der Kiste. Er würde den neuen Bogen von Mister Ektarius mitnehmen. Als er sein Kettenhemd herauszog, spürte er wie zwei Arme sich von hinten um ihn schlangen und sich ein weiblicher Körper an seinen drückte.

„Ich habe Angst um dich. Bitte bleib!“

Sukki.

Link immer noch verwirrt drehte sich um und blickte sie zuversichtlich an. „Du brauchst keine Angst um mich zu haben. Sorge dich lieber um Zelda.“

Wütend blitzten ihre Augen auf. „Ich denke die Prinzessin kann ganz gut auf sich alleine aufpassen.“

„Was hast du denn auf einmal?“ Er war mehr als verwirrt.

„Bist du von allen guten Geister verlassen? Sie ist launisch und wenn sie mit dem Finger schnippt, werden dich ihre Wachen in das Verlies sperren. Du kannst doch nicht so respektlos mit ihr reden.“ Ihre Augen fielen auf das Kettenhemd. Plötzlich wurde ihr angst und bange. „Bitte Link, ich habe Sorge dir könnte etwas zustoßen.“

Link schüttelte seinen Kopf und lächelte. Sukki wusste nichts von seinen kämpferischen Fähigkeiten. „Ich werde Zelda begleiten und mit ihr in den Kampf ziehen. Es geht um das Schicksal von ganz Hyrule.“

„Wieso nennst du sie immer beim Vornamen?“ Misstrauisch kniff Sukki ihre Augen zusammen. „Du hast gesagt, du hättest sie in der steinigen Steppe gefunden.“

Eine Erklärung musste her, glaubwürdig, aber kurz und nicht die ganze Wahrheit. „Zelda und ich haben uns vor langer Zeit kennengelernt. Ich bin damals nach Hyrule Stadt gegangen und habe mich ins Schloss eingeschlichen.“

Sukki zog ungläubig ihre Augenbrauen hoch.

„Ich war neugierig, das Schloss so imposant. Überall waren Wachen postiert. Ich hab mich eingeschlichen, konnte ungesehen durch den Garten gehen und plötzlich stand sie vor mir. Wir haben uns unterhalten und...“, es wäre gelogen zu sagen, das er nicht wusste wem er gegenüber stand und es wäre auch gelogen zu sagen das sie seit dem Freunde waren. Waren sie überhaupt jemals Freunde? Durch das Schicksal miteinander verbunden, das würde es eher treffen. Auch wenn es sich gut anfühlte, ihre Anwesenheit zu spüren um nicht so allein auf Reisen zu sein. Aber pflegten sie eine richtige Freundschaft? Rückblickend hatte sie Hilfe gebraucht und er war der Auserwählte.

„Ist schon gut, Link.“ Sukki umarmte ihn fest. „Ich habe nur Angst um dich. Bitte komm zu mir zurück.“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und legte ihre Lippen auf seine.

Überrascht und nicht schnell genug um sie abzuweisen spürte er ihren warmen Mund auf seinem. Er schloss die Augen, lauschte in sich hinein um herauszufinden was er fühlte. Er wusste nichts von Liebe. Hatte nie geliebt und wurde auch nie geliebt. Dieses Gefühl war ihm völlig fremd. Aber er wusste wie es war einen Freund zu haben und Sukki war ihm von Anfang an eine sehr gute Freundin gewesen, so wie Navi im alternativen Zeitpfad. Vor einigen Tagen hatte er sich gut gefühlt und Sukki zu küssen war wirklich schön... Zelda. Er spürte ihre Anwesenheit und öffnete die Augen. Sofort löste er sich von Sukki, schob sie sanft von sich und blickte zur Türe.

Eine wunderschöne Frau mit großen blauen Augen hielt sich im Türrahmen fest und ballte ihre Hand vor der Brust zur Faust. „Entschuldigt bitte, die Türe stand offen“, versuchte sie zu erklären. „Ich dachte du bist schon fertig.“

Sukki riss erschrocken ihren Kopf herum. Bisher hatte sie noch nicht mitbekommen dass sie beobachtet wurden. Aber als sie die Prinzessin erkannte, legte sich ein siegessicheres Lächeln auf ihre Lippen.

Aufbruch

Die Ritter trafen sich vor Sonnenaufgang bei den Stallungen. Jeder sattelte sein Pferd und führte dieses heraus. Die Schattenwesen beobachteten jeden Handgriff, ließen die Ritter aber in Ruhe. Misstrauisch setzten sich die fünf Männer auf die Rücken ihrer Pferde und ritten langsam auf das Schlosstor zu. Die wachhabenden Soldaten öffneten das schwere Tor, in dem sie den Seilzug betätigten. Als die Königsgarde an ihnen vorbei ritt salutierten sie und schlossen das Tor wieder. Die Reiter folgten dem Weg zur Stadt, langsam über den großen Platz am Brunnen vorbei und durch die Häuser zum großen Stadttor. Auch dort wurde die Zugbrücke hinab gelassen. Sie ritten über die Holzbrücke und blieben in der Steppe Hyrule stehen.

„Wie besprochen trennen wir uns ab hier“, sprach Ritter Strongfield.

„Ich reite in die Wüste“, deutete Ritter Mistelroy in Richtung Westen.

„Ich werde in Richtung Hylia See aufbrechen.“ Ritter Winston of Kaine klang entschlossen. Sollte ich dort keinerlei Spuren von der Prinzessin finden, werde ich jeden Winkel der Steppe Hyrules nach ihr absuchen.“

„Dann übernehme ich den Todesberg“, sprach Ritter Slowfoot.

„Und werde ich die Zoras aufsuchen und mich in ihrem Reich umsehen“, stimmte Ritter Minestrong entschlossen zu.

„Sei vorsichtig“, sprach Ritter Winston of Kaine. „Die Zoras sind ein eigentümliches Volk.“

„Ich passe auf. Die Wüste und der Todesberg können aber auch sehr schnell lebensgefährlich werden“, erwiderte der Ritter ebenso besorgt.

„Wohin reitet Ihr, Ritter Strongfield?“, hakte Ritter Slowfoot nach.

„Ich werde die steinige Steppe nach der Prinzessin absuchen. Beim nächsten Vollmond treffen wir uns in Kakariko, dann beratschlagen wir unser weiteres Vorgehen, sollte die Prinzessin bis dahin unauffindbar bleiben.“

Die anderen Ritter stimmten zu und schon ritt jeder in eine andere Richtung.
 


 

***~~~***~~~***
 

Weit vor Sonnenaufgang stand Zelda in Links Kammer und zog sich Shieks Kleidung an. Annelie hatte einige Stellen geflickt. Auch wenn Zelda wusste, das ein Kleid wohl wesentlich schöner wäre, so war es aber auch deutlich unpraktischer. In Shieks Anzug konnte sie besser reiten und sich bewegen. Und sie hatte einige lange Tagesritte vor sich. Sie überlegte ob es nicht doch sinnvoller gewesen wäre des Nachts zu reisen, da auch die Schattenwesen sich nachts bewegten, aber zu groß war die Gefahr von einem Kampf in den nächsten gezogen zu werden. Tagsüber würden sie schneller voran kommen. Ihre Gedanken glitten zu Link und dem Essen am Vorabend. Auch wenn es sich die Prinzessin nicht gerne eingestand, so war sie erleichtert und auch dankbar über Links Entscheidung sie zu begleiten und zu beschützen. Sie fühlte sich in seiner Nähe sicher. Er war ihr immer ein treuer Begleiter und zuverlässiger Weggefährte. Ihm konnte sie blind vertrauen. Er war wohl der einzige Hylianer auf den sie sich immer verlassen konnte und ihr Leben anvertraute. Obwohl sie nicht verstand und sich auch immer noch nicht erklären konnte, wie das Seelenband zwischen ihnen reißen konnte. Aber vielleicht gab es dafür einen Grund, der sich ihr auf ihrer gemeinsamen Reise erschließen würde.

Sie hatte kaum genächtigt und dementsprechend müde blickte ihr Spiegelbild ihr entgegen. Dennoch war es an der Zeit aufzubrechen. Je schneller sie ihr Ziel erreichte, desto sicherer wäre sie. Sie schulterte ihr Langschwert und verließ Links Kammer. Dann folgte sie dem kleinen Flur und die Stiege hinab.

Auch Link war bereits wach und angezogen und packte die letzten Items in seinen Beutel. Dann band er sich seinen magischen Beutel um die Hüfte, band die Schwertschneide ebenso um und schlüpfte mit seinem Arm durch die Schlaufe des Hyliaschildes.

Zelda erinnerte sich an seine Waffen und Ausrüstung im Kampf gegen Ganondorf und dessen dämonischen Erscheinung Ganon. Aber diese Erinnerungen lagen im alternativen Zeitpfad. In diesem hier hat er all die Kämpfe nicht erlebt und auch die gesamte Ausrüstung nicht anhäufen können. Ob dieses kleine Schild sie wirklich im Ernstfall beschützen würde?

„Bist du bereit?“

Die Prinzessin wurde aus ihren Gedanken gerissen. Dann nickte sie. „Ja, lass uns aufbrechen.“

Annelie hatte den Proviant auf dem Tisch bereitgelegt. Sie und Boron verabschiedeten sich am Vorabend. Der Tag würde so oder so lange werden und in Links Abwesenheit musste der Hufschmied die Arbeit alleine stemmen.

Link packte noch den Proviant in seinen Beutel und gemeinsam verließen sie die Schmiede. Zuerst holte der junge Mann Epona von der angrenzenden Koppel, sattelte sie, und führte sie neben sich her zum Pferdestall.

Der Bürgermeister stand bereits am Stall und neben ihm eine weiße Stute, anmutig, kräftig und schön. Sie war bereits gesattelt und zum Aufbruch bereit.

Prinzessin Zelda begrüßte den Bürgermeister freundlich. „Guten Morgen, Bürgermeister Emden. Vielen Dank für das schöne Pferd.“

„Das ist Frida“, stellte der Bürgermeister der Prinzessin die Stute vor, während er überrascht ihre Aufmachung betrachtete.

Zelda entging das keineswegs und es war an der Zeit diesen Mann aufzuklären. Nun da er ihr allein gegenüberstand und seine neugierige Tochter nicht anwesend war. „Wie Ihr sicherlich wisst, gibt es viele Legenden über Hyrule. Eine davon betrifft den alternativen Zeitpfad.“

„Wer kennt diese Legende nicht, Prinzessin. Der Held der Zeit und die Prinzessin des Schicksals haben den bösen Ganon besiegt und Hyrule für immer den Frieden gebracht.“

Die Prinzessin nickte, während Link neben ihr immer blasser wurde. „Diese Legende beruht auf einer wahren Begebenheit. Der Held der Zeit“, sie blickte zu Link und dann zurück zum Bürgermeister, der erstaunt den jungen Mann betrachtete. „Und die Prinzessin des Schicksals haben in der Tat Wunder vollbracht. Links Verhalten am Vorabend bei Tisch, hat euch sicherlich schockiert. Aber seid euch gewiss, das wir ein gemeinsames Schicksal haben und uns bereits viel länger kennen, als es den Anschein macht. Link ist der Auserwählte und ich bin ihm dankbar, dass er mich auf dieser Reise wieder begleitet.“

Beide Männer sahen die Prinzessin überrascht an.

„Sorgt euch nicht um mein Wohlbefinden. Ich bin in sicheren Händen. Aber seid bitte vorsichtig. Die Gefahr ist allgegenwärtig. Equipagus sollte im Schutz des Waldes in Sicherheit sein, dennoch spüre ich die Bedrohung.“

Der Bürgermeister schluckte, dann verbeugte er sich vor der Prinzessin des Landes und er verbeugte sich auch vor Link. „Hätte ich gewusst das der Held der Zeit in unserem Dorf lebt“, murmelte er, aber Link unterbrach ihn sofort. „Behaltet dieses Geheimnis bitte für euch!“

Erneut nickte der Bürgermeister. „Natürlich“, akzeptierte er den Wunsch des jungen Mannes.

Die Prinzessin nahm die Zügel von Frida und beide verabschiedeten sich vom Bürgermeister. Sie führten die Pferde aus dem Dorf, stiegen auf die Rücken ihrer Pferde und ritten in die Dunkelheit davon.

„Warum hast du es ihm erzählt?“ Durchbrach Link die Stille nach einer ganzen Weile.

Zelda blickte ihn verwundert an. „Warum hast du es ihm nicht erzählt?“

Daraufhin schwieg Link in Gedankenversunken. Auch Zelda runzelte die Stirn, würde ihn aber zu nichts drängen.
 

Eine Weile nach Sonnenaufgang erreichten sie das Dorf nahe der Grenze. Als die ersten zerstörten Häuser in ihr Sichtfeld traten, erschraken sie. Langsam ritten sie weiter, folgten der Straße und betrachteten schockiert die Ruinen. Alles war zerstört. Viele Häuser sind eingestürzt, bei anderen war das Dach verbrannt. Überall waren Schmauchspuren und Ruß. Der Geruch von verwesenden Leichen lag in der Luft.

Zelda wurde schlecht. Sie versuchte nicht über die Nase einzuatmen. Je näher sie der Mitte des Dorfes kamen, desto stärker wurde der Geruch des Todes.

Auch Link fühlte sich ganz und gar nicht wohl. Unbewusst trieb er Epona schneller voran. Zelda passte sich seinem Tempo an. Während sie über den Dorfplatz ritten hielten beide die Luft an.

Übelkeit stieg in der Prinzessin hoch, als sie die vielen Leichen, von Fliegen umschwärmt und Maden zerfressen herumliegen sah. Was sie am meisten schockierte waren die vielen toten Kinder. Das Bild brannte sich tief in ihr Gedächtnis ein und sie wusste jetzt schon, das sie es nie wieder vergessen würde.

Sie konnten nicht ewig die Luft anhalten und ritten schneller weiter. Schon bald ließen sie das zerstörte Dorf und die verwesenden Bewohner hinter sich.

Tränen sammelten sich in ihren Augen, während sie die Bilder des Grauens aus ihrem Kopf verdrängte. Niemand würde ihnen eine Bestattung geben, wie diese Menschen es verdienten.

Link sprach lange Zeit nicht. Er schien ebenso schockiert wie sie selbst.

Schweigend ritten sie weiter und zum Mittagsstand der Sonne erreichten sie den Grenzposten. Auch hier begegneten sie einem Bild der absoluten Zerstörung. Die Grenzmauer teilweise zerstört, das Durchgangstor gewaltsam geöffnet. Viele Leichen, die über der Mauer hingen oder am Boden verstreut lagen. Auch hier wieder der beißende, verwesende Geruch.

Nicht mal annähernd konnte die Prinzessin sich solch ein Massaker vorstellen. Und wieder mal stellte sie fest, das man am Hofe nicht annähernd eine Vorstellung bekam, wie es vor Ort aussah. Aber hier sah sie den Kampf vor Augen. Grausame Bilder, viele tote Soldaten. Überrannt in der schicksalshaften Nacht, wehrlos und schutzlos ausgeliefert von unbesiegbaren Feinden. Jede Schwertklinge ging durch diese Körper hindurch. Jeder Angriff verlief ins Leere. Ein mächtiger Feind, der sich die Dunkelheit zunutze machte und alles tötete was ihm in den Weg kam.

Entsetzt wanderten ihre Augen von einem Hylianer zum nächsten. Jedes Gesicht leichenblass, aschfahl, jene Augen vor Schreck geweitet und jeder Mund, jeder Gesichtszug zum Schreien verzerrt.

Dies alles prägte sich tief ein.

Auf einem Mann blieb ihr Blick schließlich hängen. Er lehnte im Sitzen an den Zinnen. Eine Hand fest um das Seil der Alarmglocke gekrallt. Seine Augen vor Schrecken weit geöffnet und eine tiefe, große Bauchwunde klaffte durch seine Uniform.

Erschüttert keuchte sie auf, hielt Frida an und starrte zu dem Soldaten, der selbst im Tode die Kameraden warnen würde.

Link beobachtete die Prinzessin, hielt Epona ebenso an und folgte ihrem entsetzten Blick. „Er ist ein Held. Er konnte alle warnen, auch wenn es längst zu spät war und sie den Feinden vollkommen unterlagen.“

Zelda starrte den Soldat an. Das musste Alva Garvin sein. Fredis und Selines Vater. Ein junger Mann im Dienste des Königshaus, hinterließ eine Frau und drei kleine Kinder, sowie einen Hof mit Tieren, den seine Frau nun alleine halten musste. Sie würde diesem Mann, der tapfer und selbst im Tod noch das Seil der Warnglocke festhielt die letzte Ehre erweisen. Sie blickte sich um. Sie würde all diesen tapferen Männern für ihren Mut, ihre Treue und ihre Tapferkeit die letzte Ehre erweisen.

Die Prinzessin stieg von der Stute ab und trat wenige Schritte auf einen Platz, kniete sich hin und faltete ihre Hände vor der Brust. Schon senkte sie den Kopf zum Gebet.

Überrascht beobachtete Link sie.

Die Sonne stieg weiter an.

Ihre Augen waren geschlossen, dennoch hörte sie stumpfe Schritte von schweren Stiefeln hinter sich. „Wir sollten weiter“, sprach Link sie sanft an.

Zelda nickte bedächtig, dann erhob sie sich und blickte sich traurig um.

Vorsichtig legte Link eine Hand auf ihre Schulter. „Sie sollen nicht umsonst gestorben sein.“

Die Prinzessin blickte auf, direkt in das ernste und doch zuversichtliche Gesicht. Er würde ihr beistehen und mit ihr zusammen für den Frieden einstehen. Sie nickte. „Je schneller wir das Königreich Hyliades erreichen, desto eher werden wir eine Lösung finden.“

Link nickte. Sie gingen zu ihren Pferden zurück, setzten sich auf deren Rücken und ritten durch das große Holztor in die weite Steppe von Hyliades.

Diese Steppe ähnelte der Hyrules. Eine große Weite und nichts außer Gras, kleine Steine oder ein paar höhere Büsche. Alles war ruhig. Eine angenehme Stille hüllte sie ein.

„Die Zerstörung des Dorfes und des Grenzposten erinnert mich an den Zeitkrieg“, durchbrach Zelda die Stille. „Die Weisen haben beschlossen dich sieben Jahre schlafen zu schicken. Als kleiner Junge, der du damals noch warst, hättest du Ganondorf und seine dämonische Erscheinung Ganon nicht besiegen können. Sieben Jahre Leid, Unterdrückung und Zerstörung habe ich miterlebt und ich konnte nichts dagegen machen. Meine Aufgabe war es mich versteckt zu halten um im richtigen Moment dir zur Seite zu stehen und dich im alles entscheidenden Kampf zu unterstützen.“ Zelda sah kurz zu dem Held der Zeit, dann richtete sie ihren Blick wieder in die weite Ferne. „Ich wünschte es hätte einen anderen Weg gegeben, dennoch bin ich dir sehr dankbar, Link. Deine Treue und dein Mut sind starke Eigenschaften. Du hast dem Zeitkrieg ein Ende gesetzt.“

„Ich erinnere mich noch an deine Flucht aus dem Schloss.“ Link erhob seine Stimme. „Du hast mir die Okarina der Zeit zugeworfen.“

Zelda unterbrach ihn nicht, nickte aber mit dem Kopf.

„Ganondorf erschien kurz nach euch. Er hat nicht bemerkt, das ich sein Feind bin. Somit konnte ich zur Zitadelle der Zeit und die drei Artefakte auf den steinernen Altar legen.“

Die Prinzessin blickte zu ihrem Begleiter.

„Was ich nicht wusste, nicht einmal ahnte, das mir der Lord der Finsternis lauerte.“

„Das konntest du auch überhaupt nicht wissen“, sprach Zelda beruhigend.

„Ich bin Schuld das er in das heilige Reich eintreten konnte.“

Zelda sorgte sich um den jungen Mann, der neben ihr ritt. „Du konntest es nicht verhindern. Das Schicksal war geschrieben. Es war der Lauf der Zeit. Eine Zeit die kommen musste. Und du allein hast Hyrule gerettet. Dank dir, konnten wir einen anderen Weg in die Zukunft einschlagen und in Frieden leben.“

„Nun nicht mehr“, sprach der Heroe leise, mehr zu sich als zu ihr.

Eine tiefe Sorgenfalte breitete sich über die Stirn der Prinzessin aus. Dem musste sie zustimmen und sie wusste immer noch nicht wer der Gegner war und wie sie diesen besiegen konnte. Sie hoffte ihre Antworten in Hyliades zu finden.

Eine ganze Weile ritten sie über die weite Steppe aber nicht ein Anzeichen von Leben trafen sie hier.

Die Sonne neigte sich dem Horizont entgegen. Es würde bald dunkel werden. Die letzte Rast war an der Grenze gewesen. Eine kurze Rast.

Link blickte sich aufmerksam um. Dieses Land wirkte unbewohnt. Er wunderte sich warum sie noch nicht auf ein Dorf oder einen Hof gestoßen waren. Nichts weiter als die weite, trostlose aber sehr grüne Ebene erstreckte sich zu allen Seiten.

Sie müssten bald eine Rast einlegen, aber er wollte nicht wie auf einem Präsentierteller in der Wiese ruhen. Er hätte gern ein bisschen mehr Schutz um sich herum. Niemand wusste, woher die Schattenwesen kamen und wenn sie auch schon in Hyliades ihr Unwesen trieben, könnten sie schnell in Lebensgefahr geraten. Auch dachte er sich, das er seine Pfeile wieder auffüllen müsste. Er hoffte auf einen Laden zu treffen, einen Bauernhof, irgendwas, aber das Land war eine unendliche, unbewohnte Weite.

In der Ferne glitzerte etwas in den Strahlen der Abendsonne. Link trieb Epona schneller voran und Zelda passte sich seinem Tempo an.

Er fragte sich was das wohl sein würde und je näher er kam, desto mehr erkannte er es. „Ein See“, rief er erfreut aus. Das war ein guter Ort für eine Rast. Die Pferde könnten trinken und sich erholen. Zelda und er könnten sich im See erfrischen und eine Feuerstelle ließ sich bestimmt auch einrichten. „Dort werden wir unser Nachtlager aufschlagen“, bestimmte er.

Die Prinzessin in der Verkleidung von Shiek nickte und kurz vor Einbruch der Dunkelheit erreichten sie das Ufer.

Link sprang von Eponas Rücken, näherte sich mit wenigen Schritten dem Wasser und hockte sich hin. Aufmerksam beobachtete er das klare Gewässer, welches sanfte Wellen schlug.

Zelda stieg auch von Fridas Rücken und näherte sich ihm vorsichtig. „Link?“

„Das Wasser ist klar und Fische schwimmen darin. Es ist alles in Ordnung. Die Pferde können hier trinken“, stellte er erleichtert fest und nickte Zelda zuversichtlich zu.

Überrascht betrachtete die Prinzessin das Gewässer nun ihrerseits.

„Es wird gleich dunkel.“ Sein Blick wich in das dunkle Firmament. „Ich suche schnell Feuerholz damit wir ein wärmendes Feuer für die Nacht haben.“ Schon sprang Link auf und verschwand.

Zelda blieb am See stehen, hockte sich hin und glitt mit einem Finger in das kühle Nass. Aufmerksam beobachtete sie welche Schwingungen ihr Zeigefinger in dem Wasser auslöste.

Gedankenverloren starrte sie in das dunkelblaue Nass.

Hinter sich hörte sie schwere Schritte dann flogen mehrere Äste auf den Boden. Überrascht blickte sie auf und entdeckte Link, der bereits eifrig ein kleines Lagerfeuer erbaute und wenig später entzündete.

„Du kannst dich im Wasser erfrischen, Zelda. Ich werde mir mal die Umgebung ansehen“, sprach er die Prinzessin an. Link fühlte sich nervös in ihrer Nähe. Das Feuer brannte jetzt und würde so schnell nicht mehr ausgehen. Und auf seiner Erkundungstour würde er nach weiteren Ästen und Zweigen suchen, damit das Feuer auch über Nacht nicht erlosch. Schon machte er sich auf die Suche.

Zelda zog sich aus, tauchte in das dunkle kühle Nass ein und genoss das kurze Bad. Lange konnte sie nicht im Wasser bleiben, dafür war es einfach schon zu kalt. Wenig später saß sie wieder angekleidet an dem Lagerfeuer und starrte in die lodernden Flammen. Das Feuer erwärmte ihren kühlen Körper.

Auch Link war weiter entfernt kurz ins kühle Nass gehüpft und fühlte sich dadurch erfrischt und lebendig. Die Erschöpfung des langen Ritt und die traurigen Bilder an diesem Tag wurden durch das Wasser weggespült. Auch er zog sich wieder an und sammelte Äste und Zweige und kehrte dann zurück zu ihrem nächtlichen Lagerplatz. Immer wieder lauschte er in sich hinein, aber er konnte Zelda nicht mehr spüren. Die Verbindung, die er früher zu der Prinzessin des Schicksals hatte, fand er nicht mehr. Erst als sie in sein Blickfeld kam, fühlte er ihre Anwesenheit. Auch wenn es nicht mehr so intensiv und über große Distanzen spürte, so durchflutete ihn unendliche Erleichterung ihre Nähe überhaupt noch zu spüren.

Er setzte sich wieder ans Feuer und warf ein weiteres Stück Holz in die Flammen. Dann holte er den Proviant hervor und sie teilten sich etwas Brot, ein Stück gepökeltes Fleisch und einen Apfel.

Das Feuer erwärmte sie und die Umgebung.

Die Nächte wurden immer kühler und schon bald würde der Winter einkehren.

„Ich habe leider kein Zelt dabei“, entschuldigte sich Link, dem es unangenehm war, der Prinzessin keine angenehmere Schlafmöglichkeit bieten zu können als nur den Boden unter ihnen.

Zelda blickte auf und lächelte ihn vorsichtig an. „In der alternativen Zeit habe ich oft unter freiem Himmel genächtigt.“

Link erwiderte den Blick schüchtern. Er wusste vieles nicht. Sie hatten nie die Zeit gehabt richtig miteinander zu reden. Immer folgte auf ein Ereignis gleich das nächste. Sie aßen auf und legten sich auf den noch von der Spätsommerlichen Sonne gewärmten Boden.

Lange hing jeder für sich seinen Gedanken nach bis sie von der Müdigkeit eingeholt wurden.

Die Reise beginnt

Er ritt über die Steppe Hyrules, folgte dem Weg vom Schloss aus zum Hylia See. Schon bald erstreckte sich das große, blaue Gewässer vor ihm. Er hielt sein Ross an und sah sich genauer um. Rechts von ihm befand sich ein kleines Häuschen mit einem recht schiefen Turm. Links von ihm etwas entfernt war ebenfalls ein Haus. Er stieg von seinem schwarzweiß gescheckten Ross und ging zu dem Hexenhäuschen. Jeder Schritt wirbelte etwas Sand auf, der sich hier mit Gras vermischte. Dann klopfte er kräftig mit der Faust gegen die Türe und wartet auf Antwort. Als keine erfolgte rüttelte er an der Türklinke, die erstaunlicherweise nachgab und er überrascht in das Häuschen stolperte. Ein Kaminfeuer loderte, darüber hing ein geschlossener Kochtopf und es dampfte regelrecht daraus. Ein Tisch und vier Stühle standen in der Mitte des Raumes und an der anderen Seite eine alte teilweise zerfetzte Couch. Eine steinerne Treppe führte in den Turm und sein Blick glitt hinauf zum Dach, das einige bedenkliche Löcher aufwies.

Ein alter Mann mit weißem langen Haar betrat sein Haus. „Ein Ritter. Wie komme ich zu eurem Besuch?“

Er drehte sich um und musterte erstaunt den älteren Hausbewohner, der in einem blauen bodenlangen Gewand und einem spitzen blauen Hut das Haus betrat und zum Kochtopf ging, der über dem Feuer hing.

Sofort legte sich der Ritter seine rechte Faust an die Brust, oberhalb seines Herz. „Mein Herr, verzeiht mein respektloses Eindringen. Ich bin Eldred Winston of Kaine, Ritter der Königsgarde von Hyrule und auf der Suche nach einem Hylianer. Habt ihr euch unbekannte Personen hier am See getroffen? Und könnt ihr mir sagen, wohin diese gegangen sind?“

„Viele suchten hier Schutz. Doch dann kamen diese Schattenwesen und sie flohen weiter.“

„Wohin?“

„In die Wüste.“

„Man munkelt Prinzessin Zelda habe den König ermordet und befindet sich auf der Flucht?“

Der Ritter beschäftigte sich noch mit der Neuigkeit und antwortete nicht auf die ihm gestellte Frage. Warum sollten sich die Hylianer in die Wüste flüchten? Das war einer der wenigen gefährlichen Orte in Hyrule. „Wie kamen sie denn auf die verrückte Idee?“, murmelte er mehr zu sich, als zu seinem Gesprächspartner. Eine Hand führte er dabei nachdenklich zu seinem Kinn, während sein Zeigefinger grübelnd gegen seine Wange tippte. Das junge Gesicht zierte einen Dreitage-Bart, die wachen grünen Augen starrten in den Rücken des alten Mann. Mit der anderen Hand fuhr er sich durch den kurzen rotbraunen Haarschopf mit dem Erfolg, das seine Haare danach etwas durcheinander wirkten.

„Prinzessin Zelda riet den Dorfbewohnern Schutz in der Wüste zu suchen. Die Gerudos sind wohl Verbündete des Palastes.“

Überrascht zog er seine Augenbrauen hoch. In die Wüste brauchte er nicht aufzubrechen. Ritter Mistleroy befand sich schon auf dem Weg dorthin. Er selbst würde sich auf jeden Fall hier noch umsehen und dann sein weiteres Vorgehen überlegen. „Ich danke euch“, verabschiedete er sich und verließ das kleine Häuschen mit dem alten Mann.

Kaum trat er ins Tageslicht ging sein Blick zu dem blauen Wasser, welches durch die Sonnenstrahlen glitzerte. Sein Ross graste entspannt. Eldred Winston of Kaine näherte sich dem See und sank mehr und mehr mit seinen schweren Stiefeln im Sand ein. Aufmerksam betrachtete er das ruhige und friedliche kristallklare Wasser. Rechts von ihm in einiger Entfernung führte ein Weg über das Wasser zu einer kleinen Insel. Sein Blick glitt in die Tiefe hinab und er beobachtete die bewaffneten Zoras, welche in den Tiefen schwammen und den sagenumwobenen Tempel bewachten.

Seine Augen glitten zu dem Häuschen links von sich. Er würde noch dort nach ihr suchen, auch wenn er ahnte, dass es ergebnislos sein würde.

Er öffnete die Türe und trat in den Gastraum. Zu seiner rechten befand sich eine Theke. Dahinter stand ein stämmiger Mann mit weißem Vollbart und einer Glatze. Er wurde freundlich begrüßt.

Der Rest des Raumes kam einem Gasthof gleich. Tische mit Bänken und Stühle. An den Wänden hing Anglerzubehör und viele Fotos von Anglern mit ihren verschieden großen Fängen, die wahrliche Brocken waren. Interessiert sah sich der Ritter um.

„Der Fischweiher ist geöffnet“, bot der Besitzer an, aber Eldred schüttelte seinen Kopf. Erst jetzt drehte er sich dem Mann zu und trat zum Tresen. An der Wand hing ein in golden gerahmtes Foto. Auf diesem strahlte ein Mann, der ein Prachtexemplar von Fisch hielt

Der Besitzer folgte dem Blick des Fremden und erklärte: „Das ist bisher der größte Fang. 20 Pfund. Sicher das ihr euer Glück nicht versuchen wollt?“

Eldred überlegte. Er musste sich dort zumindest mal umsehen. Er nickte. „Ich werde es probieren“, sprach er und ließ sich von dem Besitzer durch eine Tür führen. Dann stand er vor einem großen Fischbecken in einer Halle.

Der Besitzer drückte ihm noch eine Angel in die Hand und wünschte ihm viel Spaß. Sobald die Zeit ablief, sollte er zurückkommen.

Niemand war hier. Eldred schüttelte über sich selbst den Kopf. Prinzessin Zelda würde in solch einer brenzligen Situation garantiert nicht fischen gehen. Er trat näher an das Becken und bestaunte die verschieden großen Fische. Nun wo er schon mal hier war, würde er sein Glück versuchen.

Nach einer Weile packte er zusammen. Es war zwar nicht die größte Ausbeute, als er den Fischweiher wieder verließ, dennoch hatte er überhaupt etwas gefangen. Nun sollte er sich aber auf den Weg machen. „Fremde Hylianer sind euch nicht begegnet?“

„Nicht mehr und diejenigen, die hier Schutz suchten, sind in die Wüste geflohen“, antwortete der Besitzer.

Ritter Winston of Kaine bedankte sich und trat hinaus. Es dämmerte, schon bald würde die Nacht einkehren. Er stieg auf sein Ross und verließ den Hylia See. Hier hielt sich Prinzessin Zelda definitiv nicht versteckt. Er ritt über die weiten Wiesen, trieb sein Pferd zum Galopp an und nahm wenige Hindernisse in Angriff, über die er mit seinem Pferd hinweg sprang. Vor ihm ragte ein Felsen auf, inmitten der weiten Steppe. „Die Lon-Lon-Farm“, sprach er. Dort würde er nach einem Platz für die Nacht fragen und morgen weiter nach der Prinzessin suchen. Er ritt um den Felsen herum und kurz vor Einbruch der Dunkelheit erreichte er den Eingang zur Farm und führte sein Pferd den Weg hinauf auf den Felsen.

Ein kauziger, schmächtiger Mann trat eben aus einem Stall heraus. „Was wollt ihr hier?!“, bellte er schon mürrisch.

Der Ritter zügelte sein Pferd. „Entschuldigt mein spätes Erscheinen. Ich suche einen Lagerplatz für die Nacht.“ Er stieg von seinem Ross und sah sich um. Ein großer Stall befand sich zur rechten Seite. Links befand sich ein Wohnhaus.

„Wir sind kein Gasthof!“

„Basil“, ermahnte ihn eine junge Frau mit roten Haaren und trat freundlich näher. Sie betrachtete den Fremden, starrte auf die Uniform und staunte. „Ein Ritter der Leibgarde des Königs“, stellte sie fest. „Es ist uns eine Ehre Sie bei uns empfangen zu dürfen.“ Sie sah zu dem schlaksigen Mann. „Basil, kümmere dich bitte um das Pferd. Ich bereite das Gästezimmer vor.“ Zu dem Ritter sagte sie: „Kommt erst mal herein. Das Abendessen ist bald fertig und Ihr seid herzlich eingeladen diesem beizuwohnen.“

Eldred betrachtete die schöne junge Frau mit den großen Augen. Dankbar folgte er ihr wenig später in das Wohnhaus.
 


 

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Am nächsten Morgen löschte Link das Lagerfeuer und sie brachen auf. Ein langer Tagesritt stand ihnen bevor.

„Im alternativen Zeitpfad flohen wir in der Nacht aus dem Schloss. Du erinnerst dich sicherlich, als ich dir die Okarina der Zeit zuwarf.“ Zelda sah kurz zu ihrem Begleiter. „Ganondorf verfolgte uns und Impa versuchte ihn abzuschütteln. Doch er war dicht hinter uns. Dann plötzlich hielt er inne, drehte um und ritt davon. Den Grund dafür erfuhren wir erst später, aber für uns kam es gelegen. So konnten wir nach Kakariko fliehen und versteckten uns im Dorf.“ Zelda sah sich um. Die Landschaft Hyliades wirkte sehr unbewohnt. In Hyrule gab es wenigstens ein paar Häuser, kleine Dörfer, einen Gasthof oder die Lon-Lon-Farm. Hier war die weite Steppe mit gelbgrünlichem Gras durchzogen und schien absolut leblos und leer. „Und plötzlich spürte ich eine gewaltige Macht in mich strömen. Sie war so hell, voll Wärme. Die Energie riss mich von den Füßen und erfüllte meinen ganzen Körper. Goldenes Licht umhüllte mich und dann formte sich dieses Mal auf meinem Handrücken.“ Sie betrachtete das Triforce Zeichen auf ihrem rechten Handrücken. Das Fragment der Weisheit stach etwas kräftiger hervor. „Nachdem ich die mächtige unkontrollierbare Macht spürte, konnte der Weise des Lichts mit mir Kontakt aufnehmen. Von ihm erfuhr ich, dass Ganondorf dich im heiligen Reich aufspürte und das Triforceteil der Kraft an sich reißen konnte.“ Sie sah zu ihrem Begleiter. „Es dauerte bis ich diese neue Macht beherrschte. Für meine Sicherheit schlüpfte ich in die Verkleidung der letzten Überlebenden Shiekah. Die Dorfbewohner akzeptierten mich und in dieser Rolle führte Impa mich in die Kampfkünste der Shiekah ein. Ich durchlief eine jahrelange Ausbildung und endlich war ich soweit. Ich fühlte mich tapfer und stark genug Ganondorf gegenüber zu treten. Zudem beherrschte ich einiges an neuer Magie und wusste mit meinen Triforce-Kräften umzugehen und sie auch zu verbergen.“ Zelda erzählte bereits eine ganze Weile von ihren Erinnerungen an den alternativen Zeitpfad. „Ich verließ Kakariko und begab mich zum Schloss. Es blutete mir das Herz das Land so trostlos und unbewohnt vor zu finden. Und je näher ich der Stadt kam, desto schlimmer wurde der Zustand. Ich wollte etwas tun, aber die Zeit war noch nicht reif. Ich betrat das Schloss, stellte mich Ganondorf als Shiek vor und reizte ihn mit meinen Fähigkeiten bis er mich in seine Dienste stellte“, gestand Zelda schließlich.

Link sah entsetzt auf. Bisher war er sehr schweigsam gewesen. „Du hast was getan?!“

Die Prinzessin konzentrierte sich auf den Weg durch die weite Landschaft Hyliades. „Sei dem Feind nahe, nur so erfährst du welche Machenschaften er plant. Natürlich vertraute er mir nicht sofort. Ich musste einige Bewährungsproben erdulden und zu seiner Zufriedenheit erledigen.“

„Was verlangte er?“

„Hylianer richten“, sie blickte Link ernst an.

Link erwiderte ihren Blick schockiert.

„Dank meiner Magie konnte ich diese Hylianer in einen tiefen Schlaf schicken. Jedoch glaubte er mir und hielt sie für tot. Letztendlich gewann ich sein Vertrauen und ich erfuhr immer mehr von seinen hinterhältigen Plänen. Er stellte schnell fest, das meine Fähigkeiten von Vorteil waren. Allerdings trieb ich ihn auch zur Rage, denn ich kam und ging wie es mir beliebte. Ganondorf akzeptierte irgendwann meine Eigenart. Es blieb ihm auch nichts anderes übrig. Ich war oft im Schloss, aber auch viel im Land unterwegs. Und ich konnte mir ein Bild von Hyrule und seinen Bewohnern verschaffen. Um den Lord der Finsternis nicht meine wahre Identität zu verraten brach ich den geistigen Kontakt mit den Weisen ab. Eines Tages verließ ich das Schloss und betrat die verfallene, und von Mumifizierten befallene, Stadt. Da spürte ich eine große goldene Macht. Ich nehme an das auch Ganondorf diese spürte. Aber er ließ sich dazu nichts anmerken. Ich achtete darauf, dass mir keiner folgte und betrat die Zitadelle der Zeit. Überrascht nahm ich die gleiche Macht wahr, wie ich sie in meiner Kindheit gespürt habe. Es war so weit. Die Weisen haben dich erweckt. Ich musste dich vorwarnen.“

Link erinnerte sich an das erste Treffen mit Shiek in der Zitadelle der Zeit, das andere vor dem Waldtempel und die vielen anderen Situationen, meistens wenn er unmittelbar den Feinden gegenüber treten musste. Es waren seine Erinnerung, allerdings hatte er diese in dieser Zeit nie erlebt. Er fragte sich wie Zelda damit zurechtkam. War es für sie auch so unwirklich mit zwei Erinnerungen zu leben? „Verwirrt dich das nicht?“

Zelda stutzte.

Link kramte in der Satteltasche und zog zwei Äpfel hervor. Einen reichte er der Prinzessin. Während er in den Apfel biss sah er sich um. Sie sind bereits weit gekommen, die Sonne verließ den höchsten Stand. Das lange reiten schmerzte langsam, eine Pause würde ihnen gut tun, dennoch mussten sie bis Einbruch der Dunkelheit so weit wie möglich kommen.

„Wie meinst du das?“

„Die Erinnerungen an die alternative Zeit sind immer noch vorhanden, aber wir haben es doch in diesem Leben gar nicht durchlebt. Manches Mal weiß ich gar nicht mehr, was wirklich geschehen ist und was der andere Link erlebt hat.“

Zelda kaute Gedankenverloren auf einem Stück Apfel herum. „Stell dir vor wir hätten es vergessen, wie all die anderen Bewohner in Hyrule. Was wäre dann?“ Aufmerksam ruhten ihre blauen Augen auf den Held der Zeit. „Wir wissen das diese Legende wahr ist. Niemand sonst weiß es. Einige können es sich vielleicht vorstellen, anderen werden es nie glauben.“

„Haben nur wir beide die Erinnerung daran?“

„Wir und die Weisen“, bekräftigte Zelda. „Es ist verwirrend, da stimme ich dir zu, aber wir hüten einen Schatz. Und diesen sollten wir in Ehren halten – Held der Zeit.“

Link erwiderte den warmen Blick seines Gegenübers etwas unsicher. Um sich abzulenken konzentrierte er sich auf die Umgebung.
 


 

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Letzten Abend war er hier angekommen und er fand einen kleinen Gasthof, der für ihn ein Zimmer frei hatte. Mehr schlecht als recht nächtigte er in dem durch gelegten Bett. Jede Feder der Matratze bohrte sich in seinen Rücken. Zudem quälten ihn die Erinnerungen an den Angriff auf das Schloss.

Die Nacht der Nächte hatte sich tief in seine Seele gebrannt. Er stand an vorderster Front und stand diesen wabernden Monster, die nur aus Wolken und Nebelschwaden bestanden, direkt gegenüber und versuchte diese Wesen davon abzuhalten das Schloss zu stürmen. Nur stand er diesen seltsamen Kreaturen machtlos gegenüber, denn jeder Schwerthieb ging durch diese Körper hindurch. Es gab keine Schwachstelle. Als seine Klinge sich mit einer Klaue kreuzte, wurde er von den Füßen gerissen und schlug mit dem Rücken hart gegen die Schlossmauer. Er war Bewegungsunfähig, sah wie die Soldaten im Kampf ihr Leben ließen und die Feinde letztendlich das Schloss stürmten.

Er richtete sich auf und spürte sofort jeden Muskel. Dies war mitunter die schäbigste Unterkunft, die er bisher besucht hatte. Während dem Aufstehen, streckte er seinen Körper und die Knochen knacksten. Er trat zu der Waschschüssel, füllte sich aus der Kanne Wasser hinein und wusch sich Gesicht und Nacken.

Gestern befragte er die wenigen Hylianer die ihm begegneten, aber niemand hatte etwas seltsames bemerkt oder war einer fremden Person begegnet. Dennoch sah er jedem die Angst vor dieser finsteren Zukunft deutlich ins Gesicht geschrieben.

Er blickte in den Spiegel. Ein müder Mann blickte ihm entgegen. Die braunen Augen von kleinen Fältchen umgeben. Seine schwarzen kurzen Locken kringelten sich um sein Haupt. Sein Blick fiel auf die angegrauten Schläfen. Lange vor der Geburt der Prinzessin stand er bereits im Dienste der Königsfamilie. Auch das plötzliche Ableben der Königin, kurz nach der Geburt der kleinen Prinzessin erlebte er mit. Der König litt lange und stark unter dem Verlust seiner Frau, aber er blieb stark für seine Tochter und für das Land. Dafür bewunderte er König Harkenia. Seine Stärke, seine Güte und die Prinzessin ähnelte ihrem Vater mehr und mehr. Sie wuchs auf, wohlbehütet und beschützt und dennoch stärkte der König ihre Persönlichkeit, band sie früh in Entscheidungen mit ein. Ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel, als er an den kleinen blonden Wildfang dachte, der meist die Leibgarde auf Trab hielt, wenn sie sich wieder mal in den Schlossgärten versteckte. Nun würde sie, wenn die Feinde besiegt wären, zur Königin gekrönt. Eine großzügige, gutmütige und gerechte Königin.

Sein schwarzer Vollbart müsste auch mal wieder gestutzt werden, aber dem würde er sich erst widmen können, wenn Prinzessin Zelda gefunden und sich in Sicherheit war. Er sollte nun keine Zeit verlieren. Seine Suche würde noch Zeit brauchen und die Begegnung mit dem König der Zoras stand ihm auch noch bevor.

Er schlüpfte in seine schwarze Hose, zog sein rotes Gewand über, darüber sein Kettenhemd und die graue Schärpe mit dem Zeichen des Königshaus. Dann schlüpfte er in seine Stiefel und hing sich den schwarzen Umhang um. Zuletzt band er sich den Waffengurt um den beleibten Bauch und prüfte sein Schwert in der Schneide. Mit schweren Schritten verließ er die Schlafkammer und stieg die Treppenstufen hinab in den Schankraum des Gasthofs. Bezahlt hatte er bereits am Vorabend und nach einem spärlichen Frühstück, das aus einem viertel Laib Brot und einer Käseplatte bestand, verließ er die Unterkunft und holte aus dem angrenzenden Stall sein hellbraunes Ross mit der weißen Blässe.

Jeden Bewohner befragte er nach Auffälligkeiten in der Umgebung oder fremden Personen. Und jeder verneinte. Er suchte jeden Winkel dieser Schlucht ab und folgte dabei stetig dem Flussverlauf, dessen Ursprung ein großer Wasserfall war. Dieser Fluss führte durch das Land, durch einen Kanal im Schloss bis in den Hylia-See.

Auch wenn er selbst noch nie im Reich der Zoras war, so munkelte man über Verbindungstunnel, die von Zoras Reich bis in den Hylia-See reichten. Das Reich der Zoras muss gigantisch sein und nur wenige Hylianer erhielten die Erlaubnis es überhaupt betreten zu dürfen.

Je weiter er ritt, je näher er dem Wasserfall kam, desto verwinkelter wurden die Wege und irgendwann musste er absteigen und sein Ross zurück lassen. Es ging nur noch zu Fuß weiter. Erstaunt blickte er die Felswände um sich herum hinauf. Der Weg wurde schmaler und links blieb nicht viel Platz zum Wasser. Rechts erstreckte sich die Felswand. Das Rauschen des gigantischen Wasserfalls beherrschte die Schlucht und als er um eine Kurve trat, staunte er über eben diesen.

Nervös hielt er sich mit der rechten Hand an seiner Schwertklinge fest. Niemand war zu sehen. Irgendwie war er in der Annahme gewesen auf Wächter zu treffen. Aber hier war nichts, außer dem tosenden Wasserfall, diesem schmalen Pfad, der reißende Fluss und die steile Felswand.

Hinter dem Wasserfall würde sich der Zugang zum Reich der Zoras befinden. Er würde sich als Leibwächter des Königs vorstellen. Das Symbol auf seiner Schärpe unübersehbar wem er diente. Eine Audienz beim König der Zoras würde reichen um ihn von seiner Suche nach Prinzessin Zelda überzeugen zu können und dann würde er sich im Reich der Fischmenschen umsehen. Entschlossen trat er auf den Wasserfall zu. Wenige Schritte trennten ihn noch von dem Eingang, als plötzlich, wie aus dem Nichts, drei Zoras aus dem Wasser heraussprangen und sich dem Ritter in den Weg stellten. Lange Speere mit scharfen Steinspitzen richteten sich auf ihn und er trat einen Schritt zurück. „Den Göttinnen zum Gruß“, sprach er und nahm Haltung an um das Symbol der Königsfamilie Hyrule zu zeigen. „Mein Name ist Wesley Minestrong, Ritter und Leibgarde der Königsfamilie von Hyrule. Ich erbitte eine Audienz bei König Zora.“

Die Wachen versteiften sich statt die Abwehrhaltung aufzulösen.

Er nahm aus dem Augenwinkel wahr, das erneut Zoras aus dem Wasser sprangen. Im nächsten Moment spürte er einen Schlag in den Nacken und verlor das Bewusstsein.
 


 

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In der Ferne entdeckten sie einen Wald und suchten in diesem nach einer Lagerstelle für die Nacht. Schließlich fanden sie eine kleine Lichtung. Die Dunkelheit würde bald alles einhüllen. Zelda half Link beim Feuerholz suchen und dann zeigte er ihr wie man ein Lagerfeuer aufbaute und entzündete. Gemeinsam betrachteten sie in stiller Harmonie das prasselnde Feuer und spürten die Hitze der Flammen. Das Reiten war anstrengend und schon bald übermannte die beiden Reisenden die Müdigkeit.

Die Pferde wurden unruhig. Beide tänzelten und schnaubten nervös.

Link wurde dadurch wach. Wie lange er geschlafen hat, konnte er nicht sagen. Er fühlte sich nicht ausgeschlafen und es war immer noch Nacht. Einzig das Lagerfeuer brannte noch auf kleiner Flamme.

Erneut ein schnauben der Reittiere. Nun erkannte er das den Tieren etwas Angst einjagte. Er lauschte und hörte es im Wald rascheln. Sofort kniete er sich zu Zelda und weckte sie.

Sie schlug ebenso verschlafen die Augen auf, doch ehe sie etwas sagen konnte hielt er seinen Finger an die Lippen. Dann stand er auf, ging zu den Pferden und strich beiden beruhigend über die Nüstern. Auch Zelda richtete sich alarmiert auf und eilte zu den Pferden.

In der Dunkelheit knurrte etwas. Überall um die Lichtung raschelten und knacksten Zweige. Die Pferde wurden panisch.

Während Link sich kampfbereit hinstellte und sein Schwert zog, so versuchte Zelda die Pferde ruhig zu halten.

Dann trat etwas größeres Vierbeiniges aus dem Busch heraus und knurrte sie an.

„Wölfe“, stieß Zelda ängstlich aus, die Pferde bäumten sich jetzt mehr und mehr auf, tänzelten panisch umher.

Immer mehr Wölfe traten aus der Finsternis hervor.

Zelda zog ihr Langschwert bereit sich und die Pferde zu verteidigen.

Link wurde es schwer ums Herz. Er wollte keine unschuldigen Tiere töten. Aber diese würden ohne zu zögern ihn und Zelda angreifen. Er entschied sich es erst anders zu probieren, danach konnte er sich immer noch mit dem Schwert wehren. Link baute sich zu ganzer Größe auf, stellte sich breitbeinig vor die Wölfe und knurrte sie an: „Haut ab!“, schrie er ihnen entgegen. „Verschwindet! Hier gibt es nichts zum Fressen!“

Überrascht hielt Zelda inne, blickte über ihre Schulter zu ihrem Weggefährten und den Wölfen. Erstaunt sah sie, wie sich die Tiere langsam zurück zogen. Sie tat es ihm gleich und beide traten mutig einen Schritt näher auf die Wölfe zu, die sich wieder ins Gebüsch zurück zogen und bald verschwunden waren.

Die Pferde wurden auch wieder ruhiger.

Link setzte sich überrascht hin. „Es hat tatsächlich funktioniert“, staunte er.

Zelda setzte sich neben ihn. Ihre Hände zitterten leicht. Mit einer Wolfsbegegnung hatte sie wahrlich nicht gerechnet. Plötzlich schob sich ein Handschuh in ihr Sichtfeld und umfasste ihre Hand. Das grobe Leder kratzte etwas, dennoch starrte sie überrascht auf die Fingerkuppen, die an den Fingerspitzen hervorlugten. Eine einfache Geste, die ihr in diesem Moment Kraft und Ruhe gab. Sie beruhigte sich wieder.

Schweigend saßen die beiden Reisenden in der Dunkelheit, nur durch ihre Hände miteinander verbunden.

Link hing seinen Gedanken nach. Er hat nicht groß überlegt, sondern einfach ihre Hand genommen. Zelda schien ihm etwas aufgelöst und er wollte ihr eigentlich nur ein wenig Mut und Zuversicht zusprechen. Aber es war ein schönes Gefühl ihre Hand zu halten und solange sie sich nicht dagegen wehrte wollte er sie auch nicht loslassen. Eine Erinnerung kam ihm unvermittelt. Diese hatte er in dieser Zeit nie erlebt, dennoch war sie klar und deutlich vorhanden. „Ich habe Shiek für den Feind gehalten. Einen von Ganondorfs Schergen. Aber dann hat er …“, Link zögerte, aber für ihn war Shiek immer ein Mann gewesen. „Shiek hat mir immer wieder Ratschläge gegeben, wichtige Hinweise.“ Er brach ab, spürte Zeldas aufmerksamen Blick auf sich. Seine Finger strichen Gedankenverloren über ihre Hand, mit der freien Hand fuhr er sich durchs Haar. „Nach dem ich alle Weisen befreit habe, ihre Amulette erhielt, traf ich Shiek in der Zitadelle der Zeit wieder. Nie hätte ich erwartet wer hinter der Verkleidung steckt.“ Unsicherheit wie auch etwas Enttäuschung zeigte sich in seinem Gesicht, als er zu Zelda aufsah. „Warum warst du nicht ehrlich zu mir? Du weißt doch, dass ich es niemanden verraten hätte.“

Zelda schluckte. „Hätte ich mich früher gezeigt, wäre alles anders verlaufen.“ Sie betrachtete seine Hand, verknotete ihre Finger mit seinen und blickte zu ihm auf. „Meine List und die Unaufrichtigkeit dir gegenüber war nicht richtig und es tut mir auch sehr leid.“ Sie klang aufrichtig und auch wenn sie es nie wirklich war, so war es ein anderes Ich der Prinzessin, die ihn belogen hatte. „Dennoch würde ich es jederzeit wieder tun, wenn es die Situation erfordert.“

Link blickte in die entschlossenen Augen, spürte die Enttäuschung in sich und dachte an die letzten Tage. Sie würde ihn wohl nie in ihre Pläne einweihen. Plötzlich fühlte er sich in ihrer Nähe unwohl. Überfordert von seinen wirren Gefühlen, löste er seine Hand von ihrer und stand auf. „Es wird bald hell, wir sollten aufbrechen“, lenkte er dann ab.

Zelda folgte seinen Bewegungen und nickte. Sie löschten das Feuer mit Erde und Steinen. Dann stiegen sie auf ihre Pferde und ritten durch den finsteren Wald.

Begegnungen

„Wo ist SIE?!“

Ein Schauer fuhr ihm über den Rücken. Die lange schwarze Kralle schwebte bedrohlich vor seinem Gesicht, jederzeit bereit seinen Kopf in zwei Teile zu schneiden. Wie scharfkantig diese Klauen waren, wusste er nur von den Berichten der Soldaten, die vor Ort an der Grenze nur noch die Leichen vorfanden. Getötete Soldaten zerfetzt, aufgeschlitzt und ohne den Hauch einer Chance kaltblütig hingerichtet. Er schluckte, versuchte etwas zurück zu treten, spürte aber hinter sich die Schattenkrieger ebenso lauernd und nach Blut lechzend wie das Wesen vor ihm. Eine Eiseskälte durchzog den Raum, so dass sich durch seinen Atem sichtbare Wölkchen bildeten: „Ich habe meine besten Ritter losgeschickt. Sie suchen nach ihr und werden sie sofort hierher bringen.“

Bedrohlich hob und senkte sich die Klaue vor seinem Gesicht.

Das Schattenwesen wartete, überlegte, auch wenn er sich nicht vorstellen konnte, wie solch eine wabernde Wolke überhaupt einen Funken Intelligenz besitzen konnte. Dennoch hatte er schnell begriffen, diese Wesen nicht zu unterschätzen. Bisher hielten sie sich auch an die Vereinbarung. Weitere Hylianer wurden nicht angegriffen. Nur wie lange dies noch so bleiben würde, wusste er nicht zu sagen. Die Klaue entfernte sich und das wabernde Wesen wich schwebend zurück. Es drehte ihm den Rücken zu, glaubte er zumindest denn die Augen verschwanden aus der Wolke, dennoch hatte er nicht den Eindruck es hätte sich tatsächlich umgedreht.

„Das dauert zu lange. Bald wird der Herrscher eintreffen. Ich fühle es! Schon bald hat er die Macht erlangt um den Übertritt zu schaffen.“

Lord Siam wusste nicht, wen dieses Schattenwesen meinen konnte. Dennoch glaubte er würde dieser Schattenherrscher ein gewaltiges Grauen über das Land bringen. Solange er in dessen Dienste gestellt war und sein Leben verschont blieb, konnte es ihm auch egal sein was diese Wesen Hyrule und seinen Bewohnern antun würden.

„Sie muss gefunden werden. Tot oder lebendig.“

Ein grauenerweckendes Kreischen erklang so plötzlich und laut, dass der Lord sich seine Ohren zuhielt und ängstlich zusammenfuhr. Erst als dieser schrille Schrei verklungen war, blickte er auf. Zwischen ihm und dem Schattenwesen hatte sich eine Armee an Nebelwolken gebildet.

„Holt euch Verstärkung aus der Unterwelt und sucht nach der Prinzessin. Sucht überall und kommt mir nicht ohne sie zurück!“

Die Schatten verschmolzen mit der Finsternis und verschwanden. Zurück blieb der Lord. Auf dessen Haut sich eine Gänsehaut gebildet hatte – durch die klirrende Kälte und den düsteren Worten.
 

***~~~***~~~***
 

Er schlug seine Augen auf und starrte in den noch dunklen von Sternen übersäten Nachthimmel. Sein Blick wanderte in Richtung Osten und er entdeckte die ersten Strahlen in den Himmel aufsteigen. Bald würde die Sonne aufgehen. Er sollte sich beeilen. Schnell verstaute er sein kleines Einmann-Zelt und aß einen Apfel, wie auch ein Stück Brot. Dazu trank er einen Schluck Wasser aus seiner Flasche und verstaute wenig später alles am Sattel seiner schönen kräftigen Kaltblüter Stute. Er strich ihr über das schwarze Fell und schwang sich dann behände in den Sattel. Er hatte zwei beschwerliche Tagesritte hinter sich und er wusste, er war nicht mehr weit vom Gerudo-Tal entfernt. Sein Blick glitt über die weite Ebene des Sandes und entdeckte in Richtung Westen eine große Düne. Dahinter befand sich die Festung der Gerudos. Er ließ seine Stute antraben und diese kämpfte sich tapfer durch den Sand. Immer wieder sank sie tief ein, zog ihre Hufe kräftig hervor und führte ihn Schritt für Schritt näher an das besagte Tal. Ein Tal, indem nur Frauen lebten. Ein Tal, dessen Volk für sich blieb und keinen Kontakt zur Außenwelt hielt. Ein Tal, in dem Frauen so heißblütig und schön sein müssen, das es einen Mann den Kopf verdrehen könnte. Ritter Mistleroy fuhr sich über seinen braunen Vollbart. Er selbst war noch nie dort, aber aus Erzählungen von Kaufleuten, hörte er von diesem einzigartigen Volk. Nicht das er Interesse hatte. Er war glücklich mit seiner Frau verheiratet. Vor zwanzig Jahren hatten sie sich das Eheversprechen gegeben und er hätte sich nie glücklicher schätzen können.

Er war der älteste der Leibgarde. Er hatte die Erfahrung und die kräftigste Stute. Wohl aus diesen beiden Gründen entschied er sich den Weg in die Wüste auf sich zu nehmen. Auch wenn die anderen Ritter nicht wesentlich jünger waren, so gab es doch noch so einige Jungspunde unter ihnen. Allen voran Winston, der mit Abstand der jüngste unter ihnen und auch nicht viel älter als die Prinzessin selbst ist. Auch befand er sich noch in der Kampfausbildung, als sein Vater überraschend an einer unheilbaren Krankheit verstarb und König Harkenia dem jungen Rittersohn vorzeitig in den Ritterstand und damit auch in seine Leibgarde aufnahm.

Die Sonne verdrängte die Nacht. Die Wüste um einiges kälter in der Nacht, wurde nun auch durch die Strahlen um einiges wärmer. Er näherte sich der Düne und schätzte gegen die Mittagszeit die Festung der Gerudos zu erreichen.
 


 

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Eldred Winston of Kaine zog sich sein Gewand an und band seinen Waffengurt um. Die Kammer, in der er nächtigen durfte, war ausreichend und liebevoll eingerichtet. Ein Bett, eine Kommode mit einer Waschschüssel, ein Spiegel an der Wand und ein schmaler Schrank standen darin. Die frischen Blumen am Fenster verliehen jedoch den Eindruck, dass dieses Zimmer immer bewohnt würde und sorgten für ein wohliges Ambiente. Er verließ die Kammer, stieg die Stufen hinab in den Hühnerstall und fand einen dickeren Mann mit Halbglatze schlafend vor. „Meister Talon“, begrüßte Eldred Malons Vater freundlich weckend.

Der Schlafende schreckte hoch, sprang auf die Beine und blickte sich verwirrt um. Dann entdeckte er den rothaarigen Ritter und begrüßte ihn: „Ritter Winston of Kaine, habt ihr gut geschlafen?“

„Ja, Sir, vielen Dank der Nachfrage und auch der Gastfreundschaft.“

Talon winkte ab.

„Ich weiß, dass ich euch gestern bereits fragte, aber vielleicht ist euch ja noch eine Begegnung eingefallen. Sind euch fremde Hylianer begegnet?“

Der dicke Mann versteckte seine Hände in den Hosentaschen seiner blauen Latzhose, die er immer während der Hofarbeit trug. Er überlegte, dann schüttelte er den Kopf. „Nein, ich kann mich an keine Begegnung mit Fremden erinnern, außer mit euch.“

Er hatte es ja vermutet und nach der erfolglosen Suche am Hylia-See glaubte er bereits, das sich die Prinzessin nicht in der Steppe Hyrules aufhalten würde. Dennoch musste er überall nach ihr suchen um Gewissheit zu erlangen. „Ich danke euch, Meister Talon.“

„Nennt mich einfach nur Talon“, korrigierte der Farmer. „Euer Pferd ist auf der Koppel. Malon hat sich seiner angenommen.“

Eldred Winston of Kaine nickte dankend und verabschiedetet sich. Dann verließ er den Hühnerstall und trat hinaus in die aufgehende Sonne. Alles wirkte ruhig und friedlich. Die Kühe muhten, in der Ferne wieherten Pferde und hier schien die Zeit still zu stehen. Eine liebliche Melodie drang an seine Ohren. Töne, die so schön und zart klingen und einen in eine wunderbare Welt eintauchen ließen. Der Ritter folgte dem Weg zur Koppel und in die Richtung der Melodie. Je näher er dem Durchgang zum größten Teil der Farm kam, desto kräftiger erklang die Melodie. Noch ein paar Schritte dann stand er auf dem großen Platz, bestaunte die riesige Pferdekoppel, von einem Holzzaun umgeben und betrachtete die Pferderennbahn die um die Koppel herum führte. Die Lon-Lon-Farm war atemberaubend und niemals hätte er sie als so riesig erachtet. Seine Augen glitten über die vielen Pferde, die friedlich grasten oder sich auf dem Boden wälzten. Andere galoppierten umher und jedes Pferd schien hier trotz der eingezäunten Koppel eine einzigartige Freiheit zu genießen. Wie gebannt blieben seine Augen auf einem schneeweißen Fohlen hängen. Es lief so schnell es konnte über die sattgrüne Wiese hin zu einer jungen rothaarigen Frau. Und erst jetzt erkannte er, das sie diese wunderbare Melodie summte. Er fühlte sich geborgen und wohlbehütet.

Das schneeweiße Fohlen stupste Malon an die Handfläche und wurde prompt gestreichelt ohne das die rothaarige Schönheit ihren Gesang unterbrach.

Wie gebannt trat er näher zum Zaun und betrachtete die freundliche Frau, die ihn am Vorabend voller Vertrauen in dem Gästezimmer der Farm einquartierte.

Das Lied schien nun zu enden, denn die letzten Töne verklangen und es wurde ganz still. Sie schien ihn bemerkt zu haben, denn sie deutete auf sein schwarzes Ross, welches friedlich graste. „Euer Hengst ist erholt und gestärkt. Ihr könnt jederzeit eure Reise wieder aufnehmen.“

Er hob einen Fuß auf das untere Gatter und lehnte seine Arme über das obere Gatter. „Welch wunderschöne Melodie“, stellte er versonnen fest.

„Es ist Eponas Lied“, antwortete Malon. Sie drehte sich dem Ritter zu und ihr Gesicht wirkte wehmütig.

„Wer ist Epona?“

„Eine ganz besondere Stute“, antwortete die Farmerstochter. „Es ist lange her, als dieses Fohlen bei uns auf der Farm lebte. Ein Junge kam eines Tages und bat mich sie mitnehmen zu dürfen.“

„Und Ihr habt sie ihm einfach geschenkt?“

Malon nickte. „Ich spürte die ganz besondere Verbindung zwischen den beiden.“ Sie schien zu ahnen welche Gedanken er hegte: „Er war kein Fremder für mich. Er hat mir damals geholfen. Mein Vater ist bei einer Milchlieferung im Schloss eingeschlafen. Er war so nett und hat nach meinem Vater gesucht und ihn geweckt.“

Eldred zog seine Augenbrauen nach oben. Das schien dem Farmer wohl öfters zu passieren.

„Er hat mich auf der Farm besucht und Epona gesehen und auch das Fohlen fasste schnell vertrauen zu ihm, wenn auch zu sonst niemanden.“ Malon schwelgte in Erinnerungen. Eine zarte Windböe stieg auf und verfing sich in ihren Haaren. „Wie hätte ich ihm diese Bitte nur abschlagen können.“

„Wie heißt dieser Junge?“

Malon blickte auf und direkt in die dunkelgrünen Augen des jungen Ritters. „Link.“

Eldred schwor sich, sollte er auf seiner Reise diesem Link und seiner Stute Epona begegnen so würde er ihn zur Lon-Lon-Farm schicken. Malon schien dieses Pferd sehr zu vermissen, wenn sie dessen Lied summte. „Wann habt ihr ihn zuletzt gesehen?“

„Vor sieben Jahren.“

Der Ritter überlegte. Vermutlich war dieser Junge in seinem Alter. „Sollte ich ihn auf meiner Reise treffen, werde ich ihn von euch grüßen.“

Malon lächelte liebevoll. Sie trat näher. Neugierig. „Wo führt euch eure Reise hin?“

Der Ritter überlegte, wie viel und was er erzählen durfte. „Ich bin auf der Suche nach jemanden und werde in den nächsten Wochen die Steppe Hyrules absuchen.“

„Wo werdet ihr ruhen?“

„Überall – wo es sich anbietet.“

Malon runzelte besorgt die Stirn. „Der Herbst zieht ein, die Nächte werden kälter. Die Farm liegt in der Mitte der Steppe. Ihr könntet jeden Tag von hier aufbrechen, euch in eine Richtung begeben und abends wieder kehren für die Nacht. Das Gästezimmer würde für euch bereitstehen und solltet ihr eure Suche beendet haben, so könnt ihr dann eures Weges gehen.“

Der Ritter war überwältigt von dem Angebot der rothaarigen Schönheit. „Ich bedanke mich herzlich für euren Vorschlag, dennoch möchte ich euch nicht zur Last fallen.“

„Dann hätte ich es nicht angeboten“, wies sie ab und lächelte zuversichtlich. „Es bietet sich an und ich müsste mir keine Sorgen um euch machen ob ihr in den kälter werdenden Nächten erfriert.“

„Ich danke euch sehr, Malon.“

„Gute Reise und bis heute Abend“, nickte die Farmerstochter zu und lächelte freundlich.

Ein Pfiff über die Koppel und der schwarze Hengst hob den Kopf und eilte zu seinem Reiter. Wenig später saß der Ritter im Sattel, lächelte die Farmerstochter an und verabschiedete sich bis zum Abendessen.
 


 

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Wie lange er schon in diesem Raum saß, wusste er nicht. Er hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Die Zoras hatten ihn überwältigt und eingesperrt. Ein Haftraum, ähnlich einer Kerkerzelle im Schloss, in der Verbrecher eingesperrt wurden, bis der König über ihr weiteres Schicksal bestimmt hatte.

Der König war nun tot und die Prinzessin verschwunden. Die Schatten beherrschten das Schloss und Lord Siam saß auf dem Thron.

Ob die Gefangenen noch eingesperrt waren, wusste er nicht. Im Schloss ging es in der Nacht des Angriffs drunter und drüber. Auf die Gefangenen, die sich das Chaos zu nutze machen konnten, hatte überhaupt keiner mehr geachtet. Und nun saß er hier eingesperrt, wie einer dieser Verbrecher, dabei wollte er doch nur eine Audienz bei dem König der Zoras.

Er sah sich in dem kleinen Raum um. Eine Pritsche und ein Abort waren hier. Ansonsten eine Gittertüre aus bruchsicherem Eis. Er spürte die Magie im Eis und wusste, hier würden seine Waffen nichts ausrichten können. Auch war noch kein Zora hier vorbei gekommen oder er hörte andere Gefangene. Es war alles still.

Sobald jemand kommen würde, würde er seine dringliche Bitte nach einer Audienz bei König Zora vorbringen und er würde solange betteln und flehen bis man ihn erhörte. Doch es kam niemand.
 


 

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Lange durchquerten sie den Wald und suchten sich immer wieder Wege, die die Pferde auch passieren konnten. Um sich von der trüben Stille und der düsteren Umgebung abzulenken, erzählte Zelda erneut von ihren Erinnerungen der alternativen Zeit. „Ich dachte immer Ganondorf wäre ein gefühlskalter und egoistischer Mensch, ein männlicher Nachkomme aus dem Gerudovolk, dem sein besonderer Stand in einem Frauenvolk zu Kopf gestiegen ist und sich für einzigartig hält.“ Sie pausierte, wusste das ihre folgenden Worte ihrem Begleiter ebenso wenig gefallen würden, wie die vom Vortag. „Je öfter ich ihn sah und je mehr ich ihn beobachtete, desto mehr begriff ich, wie einsam er eigentlich war.“

Links Blick verdunkelte sich mit jedem weiteren Wort.

Zelda schluckte, ahnte wie schmal dieser Weg war, auf dem sie sich befand, und wie schnell sie fallen konnte. Sie wusste, wenn sie ehrlich war und keine Geheimnisse mehr vor ihm verbergen musste, so würde ihr Vertrauen in einander gestärkt werden. Jedoch barg es das große Risiko, diesen dünnen Faden, der sie doch noch miteinander verband, zum reißen zu bringen. Ihr Seelenband, das sie einst miteinander verbunden hatte, existierte nicht mehr. Sie konnte diese besondere Verbindung zu ihm nicht mehr finden, sie konnte ihn nicht mehr spüren und sie konnte seine Empfindungen nicht mehr fühlen. In ihr herrschte nur noch eine tiefe, große Leere. Aber am See keimte ein Fünkchen Hoffnung in ihr auf. Sie konnte ihn spüren, seine unmittelbare Nähe fühlen und ihr wurde ganz warm ums Herz. Was auch immer geschehen war, es gab noch eine letzte Chance für sie. Und sie würde alles dafür tun, dieses Vertrauen zu stärken und die Leere in sich zu vertreiben. Ob er es auch spürte? Oder war dies nur einseitig? „Ich werde ihn nicht verteidigen und ich habe auch kein Mitleid mit ihm, dennoch habe ich erkannt, das dieser Mann, der in einem Frauenvolk wie dem der Gerudos großgezogen wurde, keinen leichten Stand hatte.“ Unsicher suchte sie in seinem Gesicht, welches zu einer wütenden Fratze verzerrt war. „Nach dem wir uns im Schlossgarten getroffen haben und durch das Fenster in den Thronsaal blickten, schöpfte ich Hoffnung auf eine friedliche Zukunft. Naboru, die Weise der Geister, welche ebenso die Erinnerungen an die alternative Zeit in sich trug wie du und ich, sie würde mit klugem Verstand die Friedensverhandlungen leiten und durchführen. Als ich älter wurde durfte ich zu den Gerudos reisen und habe mit ihr viele Gespräche geführt. Ein außenstehender würde das nicht nachvollziehen können, dennoch gewährten mir diese Informationen einen weiteren Einblick in das Leben meines größten Feindes.“

„Du hattest Mitleid mit ihm?!“, knurrte er.

Überrascht blickte sie auf. Seine blauen Augen verdunkelten sich und seine Kiefermuskulatur war angespannt. „Ich hatte kein Mitleid mit ihm. Was er Hyrule und seinen Bewohnern angetan hat, was er dir angetan hat war schrecklich“, erwiderte sie schnell. Sie wollte sein Vertrauen in sie stärken nicht ganz vernichten.

„Mein Gefühl hat mich nicht getäuscht. Wieder einmal nicht. Ich habe es mir also doch nicht eingebildet.“

Wie vor den Kopf gestoßen sog Zelda die Luft ein. Erstarrt blickte sie zu ihm, wollte ihn nicht verlieren. Dennoch sah sie in tief enttäuschte blaue Augen.

„Er hat alles zerstört. Er hat deinen Vater verraten und getötet. Er hat dich verfolgt, gejagt, bedroht und entführt. Er hat mich bekämpft und zuletzt hätte er uns beinahe mit sich in den Tod gerissen. Wie kannst du nur Mitleid für solch ein Monster empfinden?“

Link hatte recht und jedes einzelne Wort war wie ein Messerstich in ihr Herz. Ihre Stute wurde unruhig, spürte die Unruhe in ihrer Reiterin. Sie überlegte und gestand sich letztendlich ein, dass er ihr wirklich leid tat. Ihr ärgster und gefährlichster Feind wurde von der Prinzessin des Landes bemitleidet, weil er eine einsame Kindheit hatte, immer nach Anerkennung suchte, von der bösen Macht besessen war und nach mehr und mehr Macht gierte bis er vollkommen bösartig wurde. „Du hast Recht, Link.“ Sie zögerte. „Aber was wären wir für Menschen, die nicht zu solchen Gefühlen fähig wären? Würden wir dann nicht denen, die wir hassen, gleichen? Macht uns doch das Empfinden von Mitleid zu Menschen, während uns Hass zu Monstern macht.“

„Ich hasse Ganondorf. Durch ihn hat sich mein Leben komplett geändert, nichts war mehr so wie vorher. Mitleid habe ich mit diesem Monster nicht. Er hat das bekommen, was er verdiente.“

Zelda schluckte erneut. Sie spürte den Schmerz in sich und wie viel sie diesem jungen Mann damals zugemutet hatte. Die Erinnerungen an die Kämpfe, die Erlebnisse, die plötzliche Erkenntnis als Kind in einen Schlaf versetzt worden zu sein und sieben Jahre später als junger Mann zu erwachen. Sie wird das alles nie nachvollziehen können, was sie ihm damals angetan hat. In ihrem Leichtsinn, die Welt retten zu können, hat sie sein Leben dabei vollkommen außer Acht gelassen und zerstört. Hätte sie damals nur erahnt, was sie ihm mit ihrer Bitte antun würde, sie hätte es nicht riskieren wollen. Niemals könnte sie das wieder gut machen und sie sollte froh sein, das er überhaupt noch mit ihr redete. In ihr tobten die wirrsten Gefühle und mit einem Mal fühlte sie sich unendlich erschöpft und überfordert. Eine gute Königin würde sich selbst statt andere opfern. Eine weise Königin würde erst alle Möglichkeiten durchspielen und nicht kopflos fliehen oder voll Tatendrang losziehen. Eine gerechte Königin würde alle gleich behandeln und niemanden bevorzugen oder benachteiligen. Eine wahre Herrscherin würde niemals ihr Volk im Stich lassen und dessen Vertrauen so missbrauchen. Ein Schluchzen entfloh ihrer Kehle und sie konnte es nicht verhindern.

Link blickte überrascht auf, musterte sie stumm und vergaß für einen Moment die Wut. „Wir brauchen eine Pause und sollten eine ordentliche Rast einlegen. Auch müssen wir unbedingt etwas richtiges Essen. Die kargen Mahlzeiten schwächen uns und sollten wir angegriffen werden so wären wir den Feinden machtlos ausgeliefert.“ Er blickte in den Himmel hinauf um den Sonnenstand zu ermitteln. Aber der Wald war zu dicht bewachsen.

„Ich habe vor einer Weile eine Schutzhütte gesehen. Lass uns dorthin reiten und uns dort zu Kräften kommen.“

Zelda, immer noch gefangen in ihren vorwurfsvollen Gedanken, nickte abwesend. Sie drehte um und ritten eine Weile zurück.
 


 

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Endlich sah er die Gerudo-Festung. Ein großes Areal inmitten der Wüste und er glaubte fast es wäre ein Trugbild. Die Steinmauer umfasste das Gebiet und beschützte die Frauen des Volkes vor feindlichen Angriffen. Inmitten der Festung sah er mehrere Häuser und stellte die Ähnlichkeit zu einer hylianischen Stadt fest. War diese Festung vielleicht eher eine Stadt und die Mauer glich einer Stadtmauer wie in Stadt Hyrule?

Er saß auf seiner Stute und stand am obersten Punkt der Düne. Er erkannte einen großen abgetrennten Platz, ein großes, prunkvolles Haus, viele kleine Häuser und im östlichen Stadtteil eine lange Baracke. Der Ritter trieb sein treues Reittier an und dieses kämpfte sich die sandige Düne abwärts. Schon bald würde er die Festung der Wüste erreichen.

Vertrauen

Er bestaunte die hohe steinerne Mauer. Sie erstreckte sich über eine erstaunliche und weit unterschätzte Länge. Die Festung wirkte von weitem so klein, dabei war sie eine beeindruckend große und geschützte Stadt.

Zwei Gerudos stellten sich ihm mit ihren Speeren in den Weg.

Er stoppte sein Pferd und blickte auf die Kriegerinnen hinab. Zwei Frauen, mit den Rundungen wo sie sein sollten, knapp bekleidet um ihren Oberkörper und weite, weiße Pluderhosen um die Beine. Die Füße steckten in geschlossenen Schuhen. Die Haut von der Sonne gebräunt, die Augen schillerten gelb-golden und die Haare waren feuerrot. Beide trugen ihre Haare hochgebunden. Die Arme von goldenen Armkettchen verziert, deren Hände fest um die Speere gewunden, die Muskeln angespannt um sich und die Festung jederzeit zu verteidigen.

Unterschätzen durfte er diese Frauen nicht. Es hieß, sie wären großartige und geschickte Kämpferinnen, auch wenn sie äußerlich zierlich und hilflos erschienen. „Mein Name ist Ritter Cal Mistleroy. Ich diene dem Königshaus von Hyrule.“

„Was sucht ein Ritter von Hyrule in der Wüste?“ Eine Stimme tief und dunkel, so gar nicht weiblich, und dennoch war es eine der beiden Kriegerinnen vor ihm, die ihn ansprach.

„Mein Anliegen unterliegt der höchsten Geheimhaltung. Ich erbitte die Anführerin der Gerudos zu sprechen.“

„Die Bitte wird abgelehnt“, erwiderte die Kriegerin erneut.

„Darf ich den Grund erfahren?“

Die beiden Gerudos begannen zu lachen. „Ihr seid ein Mann, ein stattlicher Mann. Eine Verlockung für unser Dorf“, erklärte die andere, welche ihre gelb-goldenen Augen über seinen Körper wandern ließ. „Ihr stellt eine Gefahr dar.“

Ihm wurde unbehaglich, so aufreizend wie die Gerudos mit ihm umgingen. Etwas lag in ihren Stimmen, was er nicht in Worte fassen konnte. „Wenn ich nicht in euer Dorf hinein darf, so bitte ich eure Anführerin hier draußen zu sprechen.“

Die beiden warfen sich einen abschätzenden Blick zu und verneinten erneut die Bitte. „Welche Gründe können schon so wichtig sein, dass wir Naboru stören sollten?“

Der Ritter seufzte lautlos auf. Er hatte es sich wahrlich einfacher vorgestellt. Von König Harkenia wusste er, dass die Prinzessin eine enge Verbindung zu der Anführerin der Gerudos pflegte. Sollte er den wahren Grund seines Erscheinens preisgeben? „Es geht um Prinzessin Zelda und es ist eine äußerst dringliche Angelegenheit.“

Nun staunten die beiden Gerudos, tauschten einen weiteren Blick aus. Schon drehte sich diejenige der Beiden um, die solch eine tiefe Stimme hatte. Ihr Blick glitt die Mauer hinauf. „Jaki, geh und hol Naboru. Sag ihr ein Ritter von Prinzessin Zelda ist hier.“

Erst jetzt blickte Ritter Mistleroy auf und entdeckte viele Kriegerinnen auf der Mauer stehen, mit Speeren in den Händen, die ihn argwöhnisch ansahen. Sie lauerten, jederzeit anzugreifen und seinem Leben ein Ende zu setzen.

Er wusste nicht wie lange er vor dem großen Tor in der Wüste verharrte und wartete. Die Sonne brannte unablässig auf den sandigen Boden und es wurde immer heißer. Erneut wischte er sich den Schweiß von seiner Stirn, der sich, kaum fortgewischt, sofort neu bildete. Die Rüstung erhitzte seinen Körper zusätzlich und setzte ihm langsam zu. Die Frauen beobachteten ihn die gesamte Zeit über, rührten sich nicht und verhielten sich still. Sie harrten aus und waren jederzeit bereit ihn von der Mauer herab anzugreifen, sollte er eine falsche Reaktion zeigen.

Dann tat sich etwas und das große doppelflügelige Holztor wurde geöffnet. Je weiter die beiden Flügeltüren sich öffneten, desto mehr erkannte er, was sich innerhalb der Mauern befand. Eine kleine Stadt mit vielen Häusern und einem großen Platz davor. Eine Schar an Kriegerinnen stand auf dem Platz mit Sperren in den Händen, bereit anzugreifen um sich und ihre Festung zu verteidigen.

Jeder lauerte.

Der Ritter brachte sich in Habachtstellung, wusste nicht, was dieser Aufmarsch an Feindlichkeit bedeuten sollte. Erneut rann ihm der Schweiß von der Stirn und wieder wischte er sich diesen weg. Dann trat eine Frau hervor und er glaubte kaum was er zu sehen bekam.

Eine rothaarige Schönheit, die alle anderen Frauen mit ihrer bloßen Erscheinung in den Schatten stellte. Die Aura war unübersehbar - selbstbewusst, erfahren und stark. Sie schien eine Macht in sich zu tragen, die unglaublich überwältigend wirkte. Die knappe Bekleidung um die Brust, der sonnengebräunte Bauch unbedeckt, und die weiße weit auslaufende Hose betonte die gut gebaute Figur. Die langen weißen Handschuhe reichten bis zum Oberarm um den sich wiederum ein goldenes Band wand. Die roten Haare trug auch sie hochgebunden. Der lange rote Zopf schwang mit jeder Bewegung der Hüften mit. Die gelb-goldenen Augen – aufmerksam, weise, wissend – waren auf ihn gerichtet. Mit einer Spur Skepsis durchzogen und bereit selbst anzugreifen um ihr Volk, ihre Festung, ihr zuhause vor dem Feind zu schützen. Die braunen Schuhe wirbelten bei jedem Schritt Sand auf und ihre gesamte Erscheinung strahlte eine Erfahrung aus, die ein Mensch in solch jungen Jahren kaum erlebt haben konnte.

Er fühlte sich an die Prinzessin des Landes erinnert, die ein ebensolches Wissen in sich zu tragen schien. Ritter Cal Mistleroy straffte seine Schultern, richtete sich auf und sprang aus dem Sattel. Mit jeder seiner Bewegung spannten sich die Kriegerinnen an und bereiteten sich vor anzugreifen.

Der Ritter richtete sich auf und legte seine rechte Faust auf seinen Brustkorb, oberhalb seines Herzens. „Anführerin Naboru, mein Name ist Cal Mistleroy. Ich bin Ritter der Königsgarde von Hyrule.“

Naboru blieb stehen. Sie war kleiner als er, reichte ihm in ihrer Größe gerade einmal bis zum Brustkorb. Dennoch wirkte sie überlegen und mächtig und barg in sich eine Kraft, der er bei weitem unterlegen war. „Was führt euch in die Wüste?“ Ihre Stimme dunkel, dennoch weiblich. Direkt und klar. So machtvoll und bestimmend und doch weich und verletzlich.

Ein Schauer jagte ihm über den Körper. Nun ahnte er, wieso es Männern untersagt war sich diesem Volk zu nähern. Diese Frauen würden den standhaftesten aller Männer zum Fallen bringen. Er schüttelte innerlich den Kopf, atmete durch und antwortete ebenso bestimmt: „Es ist einiges geschehen im Königreich. Ich erbitte eure Erlaubnis mich bei euch in der Festung umzusehen.“

Ein Lachen erklang und es war so erfrischend. „Wozu sollten wir euch den Zutritt gewähren? Ihr seid ein Mann Hyrules und befindet euch auf für euch gefährlichen Terrain.“ Plötzlich verstummte sie und ein bitterer ernsthafter Ausdruck umspielte ihre Mimik. „Ihr habt eine Botschaft von Prinzessin Zelda?“

Der Ritter blickte sich unsicher um. Er würde ungern vor all den Kriegerinnen über die Misere im Schloss berichten. „Ja.“ Er sah die Anführerin an. „Die Botschaft ist nur für euch bestimmt.“

Naboru trat einen Schritt auf ihn zu. Ein verführerischer Schritt. Ihre Augen durchbohrten seine braunen Augen und er fühlte sich in seiner Seele berührt. „Sollte ich euch einlassen und euch Zutritt in meine Gemächer gewähren, so solltet ihr auch wissen, auf was ihr euch einlasst.“

Er schluckte, denn so wie es klang, war es sicherlich nicht gemeint.

Sie grinste: „Es gibt Regeln, die ihr zu beachten habt.“

Er nickte: „Und die lauten?“

„Keine Waffen!“, stellte sie klar. „Keine Rundführung“, fügte sie hinzu. „Niemand wird angesprochen!“ Sie grinste plötzlich so hämisch, das ihm ein erneuter Schauer über den Rücken zog. „Ihr seid mein Gast und steht unter meinem Schutz. Solltet ihr die Regeln brechen, so garantiere ich für nichts.“

Er nickte bekräftigend. „Ich werde mich an die Regeln halten.“

Sie musterte ihn aufmerksam und nickte dann ebenso. Schon kehrte Naboru ihm den Rücken zu. Eine neckische Hinteransicht bot sich ihm, denn das Oberteil wurde nur von wenigen Schnüren zusammen gehalten.

Er starrte, merkte es und riss seinen Blick die Mauer hinauf. Dort begegnete er den undurchdringlichen Gesichtern der rothaarigen Frauen.

„Habt ihr es euch anders überlegt?“ Naboru war stehen geblieben und blickte zu ihm zurück.

Schnell richtete er seine Aufmerksamkeit auf die Anführerin und eilte ihr nach. Bevor er zu ihr durch das Tor treten konnte, stellten sich ihm die beiden Wachfrauen in den Weg. Ihre Speere blockierten den Durchgang. Überrascht hielt er inne, blickte in die misstrauischen gelb-goldenen Augen der beiden Frauen, wie auch in den erwartungsvollen Blick von Naboru, dann entsann er sich und griff sich an den Gurt. Er löste diesen mit samt seinen Schwert und reichte diesen der Frau mit der tiefen Stimme.

Doch noch immer ließen sie ihn nicht durch.

Naborus Augenbrauen wanderten langsam nach oben in Richtung ihres Haaransatzes.

Der Ritter seufzte und griff in seinen Stiefel und zog eine kleine Stichwaffe hervor. Auch diese überreichte er.

Sie ließen ihn immer noch nicht durch.

„Das war alles“, sagte er und deutete auf sein Pferd. „Was ist mit meinem Pferd?“

Naboru hielt den Ritter noch einen Moment in ihrem Blick gefangen, dann entließ sie ihn und wandte sich ab. „Es wird versorgt.“ Schon ging sie weiter und die beiden Kriegerinnen ließen ihn schlagartig gewähren. Nun konnte er der Anführerin der Gerudos folgen.

Überrascht sog er all die Eindrücke auf, die er auf seinem Weg in Naborus Gemächer nur entdecken konnte. Eine richtige kleine Stadt mitten in der Wüste. Ein großer Brunnen, aus dem einige Frauen gerade Wasser herausschöpften. Viele Häuser und links von sich im Westen der Stadt war eine große Kampfarena. Die hatte er bereits von der Düne erkennen können. Rechts von sich entdeckte er in der Ferne die Baracken.

Jede Frau hielt in ihrem Tun inne und starrte ihn mit großen gelb-goldenen Augen an. Unter ihren Blicken fühlte er sich unwohl. Es schien ihm als hätten diese Frauen noch nie in ihrem Leben einen Mann gesehen.

Naboru ging unbeirrt voran und führte ihn auf ein prächtiges Haus zu. Dabei entfernten sie sich etwas von den Baracken. Eine Gerudo trug einen Korb mit Essen dorthin und plötzlich entdeckte er einen männlichen Hylianer. Entsetzt über diese Entdeckung kniff er die Augen zusammen und beobachtete den Gefangenen bis er die Baracke aus den Augen verlor und Naboru durch eine Holztüre in ein Gebäude folgte.
 


 

***~~~***~~~***
 

Zelda saß auf dem Schimmel und betrachtete die Schutzhütte skeptisch. Auch er wusste nicht was sie in diesem Holzverschlag erwarten würde. Jedoch musste er es herausfinden. Link sprang von Epona ab und trat auf eine kaum zu erkennende Holztüre zu. Er klopfte an, falls jemand diese Hütte sein eigen nennen sollte, doch nichts tat sich. Er kannte solche Schutzhütten zur genüge aus Termina und seiner Reise nach Alnayru. Sie dienten den Reisenden zur Übernachtung. Er öffnete die Türe und trat vorsichtig ein. Das was er vorfand bestätigte ihn in seiner Vermutung. Sie war leer und unbewohnt und wie es den Anschein machte, blieb sie lange Zeit ungenutzt. Die Spinnweben waren dick eingestaubt, das Bett kaum mehr als solches zu erkennen und in der Mitte der Hütte war eine Feuerstätte angebracht mit einem aus dem Dach führenden Kamin. Vorsorglich warf er einen Blick durch das lange steinerne Gebilde in Richtung Himmel, den er in klarem Blau über sich erkannte. Das bedeutete der Abzug war nicht von einem Vogelnest zugesetzt und ihnen drohte hier drinnen auch keine Rauchvergiftung, wenn sie die Feuerstelle entzündeten. Erleichtert, dass die Hütte doch noch gut in Schuss war, ließ er seinen Blick schweifen. Auch wenn die Einrichtung bereits vor sich hin moderte, so würden sie hier Kraft tanken können und sich richtig ausruhen.

Er spürte ihre Anwesenheit und hörte kurz darauf ihre Schritte. Ein wohliges Gefühl breitete sich in ihm aus. Besonders in den vergangenen Wochen war diese Leere in ihm erdrückend. Nicht einmal die gemeinsame Zeit mit Sukki konnte ihm dieses wohlige Gefühl geben, welches er in all den Jahren bei der Prinzessin von Hyrule gespürt hatte. Auch wenn sie in den letzten Jahren noch so weit voneinander entfernt waren, er war immer auf eine wundersame Art und Weise mit ihr verbunden. Seit diese Schattenkämpfer auftauchten hatte sich aber etwas verändert und er verlor diese Verbindung zu ihr.

Seine Begleitung blieb stehen.

Link drehte sich um. In seinem Inneren tobte ein Kampf der Zerrissenheit. Alles was er bisher auf ihrer gemeinsamen Reise erfuhr, widerstrebte seinen Ansichten und erschütterte ihn bis in seine Grundfeste. Ihre Erlebnisse aus dem alternativen Zeitpfad, ihr Verhalten und ihre Intrigen, dass war doch nicht mehr das Mädchen, welches er im Schlossgarten kennen lernte. Wie weit würde sie gehen, sollte es einmal wieder so kommen? Wie viel war sie bereit zu opfern, wenn es hart auf hart käme? Wozu war sie noch alles fähig? Am meisten aber spürte er die verletzten Gefühle des anderen Link in sich. Der junge Mann aus dem alternativen Zeitpfad, der immer dazu bereit war sein Leben für das ihre zu geben und dennoch kein Vertrauen ihrerseits bekam. Warum hatte sie sich ihm nicht schon früher zu erkennen gegeben? Es gab viele Möglichkeiten ihm zu sagen, wer sie in Wirklichkeit war. Es gab so viele Treffen und auch wenn sie es ihm nicht hätte zeigen können, sie hätte es ihm auf andere Weise mitteilen können.

Seine Augen hielten sie in seinem Blick gefangen. Was wäre passiert, wenn er sie nicht in der steinigen Steppe gerettet hätte? Wieso hatte seine kleine Ziehschwester eine Vision über die Prinzessin des Schicksals und den Held der Zeit, den es doch in dieser Welt überhaupt nicht gab? Warum war ihr beider Schicksal nur so miteinander verflochten?

So viele Fragen und keine Antworten. Stattdessen fühlte er sich erneut hintergangen. Ihre Offenbarungen, die Ehrlichkeit in ihren Worten, er glaubte ihr alles. Aber akzeptieren konnte er es nicht. Verstehen würde er es wohl auch nie. Seinen Unmut tat er bereits kund und seine Worte schienen sie sehr verletzt zu haben. Er musterte die schlanke Frau in der Shiekah-Kleidung. Die blonden Haare unter Tüchern versteckt, die Hände vor dem Bauch gefaltet. Sie war die anmutigste und schönste Frau, die ihm je begegnet war. Und selbst jetzt in dieser Verkleidung konnte sie ihre wahre Identität nicht verbergen. Die Macht des Triforce der Weisheit Nayrus und die Kraft der siebten Weise waren schwer zu verstecken und zudem beherrschte sie eine mächtige einzigartige Magie – die Energie und das Wissen von einem ausgestorbenen Volk. „Du hast dich zur Shiekah ausbilden lassen?“

Zelda zuckte zusammen. Schien selbst in Gedanken versunken gewesen zu sein und hatte nicht damit gerechnet von ihm angesprochen zu werden. „Ich habe aus der alternativen Zeit viel an Erfahrung mit genommen. Impa, als Weise der Schatten, erinnert sich ebenso an alles. Auch sie hielt es für ratsam mich noch einmal richtig auszubilden.“

Sie war auf alles vorbereitet. Fast schien es ihm, als rechnete sie damit, dass sich alles wiederholt. Aber warum? Die drei heiligen Steine waren doch an ihren Orten und in Sicherheit, oder nicht? „Wo ist der heilige Stein des Waldes?“ Er hatte ihn ihr überreicht bevor er aufgebrochen ist. Er wollte diesen kostbaren Stein nicht mit sich nehmen. Als er Horror Kid begegnet ist, wusste er auch warum er so gehandelt hatte. Immerhin hat ihm Horror Kid Epona gestohlen und ihn in einen Deku verwandelt. Sicherlich hätte er ihm dieses kostbare Juwel ebenso gestohlen.

Zelda beobachtete ihn. „Er ist im Schloss.“

„Bei den Feinden?!“ Entsetzt begann sein Herz stärker zu klopfen. War sie denn von allen guten Geistern verlassen? Wusste sie nicht mehr was passiert, wenn alle drei heiligen Steine zusammen kamen? Das heilige Reich und das Masterschwert waren bedroht.

„Zuerst wollte ich ihn in die Schatzkammer legen, dann habe ich mich für ein anderes Versteck entschieden.“

Link musste es wissen – für sich zur Beruhigung. „Wo hast du ihn versteckt?“

„An einem sicheren Ort und wenn sie nicht das ganze Schloss zerstören bleibt er auch unauffindbar.“

Ein weiteres Rätsel und ein weiteres Mal vertraute sie sich ihm nicht an. Er schüttelte den Kopf über seine eigene Dummheit. „Die anderen beiden Steine sind noch dort wo sie sein sollten?!“ Seine Stimme klang härter als er es beabsichtigte, aber er konnte sich nicht mehr kontrollieren. Zu enttäuscht war er von ihr.

Sie nickte eingeschüchtert.

„Es wird bald dunkel. Ich werde sehen ob ich uns was zum Essen auftreiben kann.“ Er musste hier raus. Er brauchte Abstand von ihr. Ohne ihr einen weiteren Blick zu würdigen, trat er entschieden an ihr vorbei und verließ die Schutzhütte. Hinter sich zog er die Türe zu, die so fest ins Schloss fiel, dass er selbst erschrak.

Ohne auf den Weg zu achten ging er in den Wald auf der Suche nach etwas essbarem. Wie sollte das alles nur weiter gehen? Was musste er tun, damit sie ihn in ihre Pläne einweihte, sich ihm anvertraute und ihm alles erzählte? Hatte er sich nicht längst als Freund bewiesen? In jeden Kampf stürzte er sich und war sofort bereit sich wieder für sie in Gefahr zu begeben. Wieder zu kämpfen, wenn es die Situation erforderte um ihr beizustehen. Und zum Dank rieb sie ihm noch mehr Geheimnisse unter die Nase.

Es raschelte im Gebüsch. Schlagartig hielt er inne und lauerte. Erneutes Rascheln und Link zog sein Schwert, wartete und beobachtete die Äste des Busches aufmerksam.

seltsame Macht

Die Spinnweben vibrierten immer noch von dem heftigen Schlag der Türe. Ein Wunder das diese nicht aus der Verankerung riss.

Zelda blieb allein in der Hütte zurück und kam sich vor wie ein gescholtenes Kind. Warum Link so sauer auf sie war, wusste sie nicht. Sie wollte doch nur ehrlich sein und ihm zeigen, wie sehr sie ihm vertraute. Aber scheinbar war alles falsch was sie tat und sagte. Mit seinem Verschwinden war auch das Gefühl der Verbundenheit wieder verschwunden und sie fühlte sich alleine wie lange nicht mehr. Wenn es jetzt für immer so sein würde? Schnell verscheuchte sie die Gedanken.

Link würde ihnen was zu essen holen und sie könnte schon mal ein Feuer entzünden.

Auch sie ging zur Türe öffnete diese und sammelte in der Nähe des Waldes ein paar Äste zusammen, dann kehrte sie zur Hütte zurück. Bevor sie eintrat, betrachtete sie die beiden Stuten, die kräftig und gesund wirkten und das frische Gras genossen. Sie ging in die Hütte schichtete das Holz in der Feuerstelle auf. Danach trat sie nochmals hinaus in den frühen Abend und sah sich ein wenig um. Hinter der Hütte entdeckte sie einen Brunnenschacht. Auch ein Eimer, den sie in der Hütte fand, war noch in gutem Zustand. Schnell band sie den Behälter an der Schnur des Brunnen an und ließ diesen hinab gleiten. Es dauerte eine Weile bis der Eimer auf Wasser traf. Dann füllte er sich und Zelda kurbelte in die andere Richtung. Langsam kam der gefüllte Wassereimer ihr entgegen. Als sie ihn erreichte, hob sie ihn auf den Boden und entfernte die Schnur. Mit beiden Händen hob sie den schwer gefüllten Eimer an und trug diesen zu einer alten Tränke, die ebenfalls noch in Ordnung war. Schon füllte sie das Wasser dort ein und wiederholte das ganze noch einige Male. Zuletzt holte sie einen gefüllten Eimer Wasser in die Schutzhütte stellte ihn ab und entzündete das Holz in der Feuerstelle.

Sie setzte sich vor das wärmende Feuer und beobachtete wie sich die Flammen durch das Holz fraßen und immer größer wurden. Ein sanftes Knistern durchzog dabei den Raum.

Wie lange sie auf dem Boden saß, wusste sie nicht mehr. Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor und in dieser Zeit fühlte sie sich einsamer denn je. Auch ihre Gedanken, die sich um ihre Gespräche mit Link drehten, halfen ihr nicht viel. Und egal wie sie es auch in Gedanken immer wieder durchspielte, sie konnte keinen Grund für seine Distanz erkennen. Irgendwann übermannte sie die Müdigkeit. Sie legte sich auf den Boden und schloss die Augen. Schon bald schlief sie tief und fest.
 


 

Ein erneutes Rascheln und jeder Muskel in Links Körper spannte sich an. Sein Gefühl bestätigte ihm das es kein Feind war und er hoffte auf ein Abendessen. Schon hoppelte ein Hase aus dem Gebüsch. Im nächsten Moment preschte der Heroe vor, erlegte das Tier mit seinem Dolch und blieb vor dem toten Häschen kniend. Seinen Kopf gesenkt und seine Augen geschlossen, während seine linke Hand den Dolch fest umklammerte. „Ich danke den Göttinnen, die Leben und die Natur erschufen. Ich weiß diese Gabe zu schätzen und zu ehren.“ Noch einen Moment blieb er in dieser Position.

Als er aufstand, griff er sich seine erlegte Beute und ging zur Schutzhütte zurück. Er strebte nicht die Türe an, sondern den Brunnen. Den Hasen legte er in die Wiese, ging zu dem steinernen Rand und blickte in die schwarze Tiefe. Seine Augen betrachteten unschlüssig das Seil und suchten die Umgebung nach einem Gefäß ab, welches er mit Wasser füllen konnte. Aber er fand nichts. So ging er um die Hütte herum. Ein Eimer stand nahe der Rückwand. Er hob diesen, prüfte ihn auf Löcher und konnte nur ein paar wenige undichte Stellen finden. Zumindest ließ sich der Eimer bis zur Hälfte füllen. Das würde ihm schon genügen. Er kehrte zum Brunnen zurück, befestigte den Bottich und ließ ihn mit Hilfe der Kurbel in den Brunnen hinabsinken. Es dauerte etwas bis er auf den Wasserstand traf, doch schnell bemerkte er wie das Seil spannte. Er drehte in die andere Richtung und der Eimer kam wenig später wieder zum Vorschein.

Als der gefüllte Behälter ebenso im Gras abgestellt war, setzte sich Link in die Wiese und begann seiner Beute fein säuberlich das Fell zu entfernen. Anschließend säuberte er das Fleisch gründlich, entfernte alle noch blutigen Stellen mit Hilfe des Wassers. Erst als er mit seiner Arbeit zufrieden war, wusch er noch seinen Dolch im Wasser.

Sein Blick glitt in den Himmel, der von einem aufsteigenden Rauch etwas benebelt wirkte. Die Dunkelheit würde bald einkehren. Die Nacht brachte auch wieder die Kälte mit sich. Mit jedem weiteren Tag näherte sich der Winter. Schon bald würde das Land unter einen dicken Schneeschicht versinken. Rauch stieg aus dem Kamin und konnte nur bedeuten das Zelda ein Feuer entzündet hatte.

Er ging zu den Pferden, erkannte dass die beiden vor einer mit Wasser gefüllten Tränke standen und prüfte die Zügel, welche Zelda an einem Gatter befestigt hatte. Für die Nacht waren die Pferde versorgt. Sie hatten Bewegungsfreiheit würden aber nicht weglaufen können. Nicht das er sich bei Epona sorgte, aber Frida kannte bisher nur das Gestüt. Zu groß war die Gefahr, dass sie sich auf und davon machte.

Link tätschelte den Stuten den Hals und begab sich mit seinem Fang in die Hütte. Kaum eingetreten umfing ihn eine wohlige Wärme. Das Feuer erhellte den Raum und warf ein angenehmes Licht. Die Flammen fraßen sich durch das Holz und ein stetiges Knistern bestätigte es. Er betrachtete die Feuerstelle und eine davor liegende Frau.

Mit schweren Schritten trat er näher, betrachtete die schlafende Prinzessin, die vollkommen ruhig und entspannt schien. Die Reise hatte ihr mehr zugesetzt als sie zugeben würde. Sie war die stärkste und schönste Frau, der er je begegnet ist. Sie kämpfte für den Frieden, für das Land und seine Bewohner. Ein zartes Lächeln umspielte seine Mundwinkel, während seiner Gedankengänge. Es beeindruckte ihn, wie sie in der alternativen Zeit sich unter Ganondorfs Gesindel geschlichen hatte um sein Vertrauen zu gewinnen. Wenn er ehrlich war, konnte er ihr Handeln sogar nachvollziehen. Nur so kam man dem Feind nahe und erfuhr die nächsten Schritte, um diese möglichst verhindern zu können.

Er betrachtete das zarte Gesicht, die helle Haut, die sanft geschwungenen Augenbrauen, die hohen Wangenknochen und die rosigen Lippen.

Link riss seine Augen von ihrem Antlitz und versuchte sich auf etwas anderes zu konzentrieren. Er überlegte wie er den Hasen braten könnte. Seine Augen suchten den Raum ab und entdeckten einen Spieß. Er holte sich diesen, fädelte den Hasen auf und hing das Gestänge in die Vorrichtung über der Feuerstelle. Der Spieß ließ sich leicht drehen, so könnte der Hase gleichmäßig von allen Seiten gebraten werden.

Er ging zur Türe und legte dort seinen Schild und sein Schwert ab, zog sich die Tunika aus und schlüpfte aus dem Kettenhemd. Gekleidet in einem weißen Leinenhemd und seiner weißen Hose, setzte er sich ans Feuer und betrachtete wieder seine schlafende Begleitung. Das wunderschöne Gesicht, die blasse Haut mit den geröteten Wangen. Er starrte wieder. Verlegen löste er seine Augen von seiner Begleitung und konzentrierte sich auf das Feuer. Immer wieder legte er Holz nach von einem kleinen aufgetürmten Stapel, drehte den Spieß und hing seinen Gedanken nach.

Nach einer Weile der Stille, die nur durch das knistern des Feuers durchbrochen wurde, schlug Zelda ihre Augen auf. Erst etwas orientierungslos richtete sie sich auf, entdeckte ihren Begleiter und letztendlich das tote Tier.

Link entging nicht wie sie das Gesicht verzog. „Wir brauchen Fleisch um Energie zu erhalten. Es liefert wertvolles Eisen und es ist eine Abwechslung zu unseren letzten kargen Mahlzeiten.“

Zelda blickte ihn mit einem undefinierbaren Blick, nickte stumm und richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Flammen.

Link seufzte. Er spürte die Spannungen zwischen ihnen und die Stille war unangenehm, beinahe erdrückend.

Die Pferde wurden unruhig. Wieherten immer wieder. Zeitgleich hoben sie den Blick und tauschten einen verwunderten Blick.

„Ich geh mal nachsehen.“ Er stand auf und zog sich seine grüne Tunika über.

Zelda wandte sich von ihm ab und starrte wieder in das Feuer.

Der vergessene Held der Zeit, blickte nochmals zu seiner Begleitung, betrachtete sie und seufzte schließlich. Dann trat er in die Nacht hinaus um nachzusehen, warum die Pferde so unruhig waren. Erkennen konnte er nichts, dafür war es zu dunkel, aber die Pferde tänzelten unruhig umher und wären sie nicht angebunden, so hätten sie schon längst die Flucht ergriffen. Langsam und dabei beruhigende Worte flüsternd näherte er sich den Stuten und strich ihnen zärtlich über den Hals. „Was habt ihr denn?“

Eine Antwort erhielt er natürlich nicht.

Unweit im Gebüsch raschelte es. Die Pferde tappten auf der Stelle. Dann hörte er ein tiefes Knurren.

Sofort drehte er sich in die Richtung, wollte sein Schwert ziehen, doch es lag noch in der Schutzhütte. Seine Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit, er konnte seine Umgebung schemenhaft erkennen. Allerdings lag der Wald in absoluter Finsternis. Seine Sinne bis aufs äußerste geschärft, entging ihm nicht, das sich etwas tat.

Ein großer Schatten kam hervor. Ein Augenpaar leuchtete ihm regelrecht entgegen. Das Knurren bedrohlich und bekannt. Die Bedrohung näherte sich und Link erkannte die Wölfe. Mit einer weiteren Begegnung hatte er wahrlich nicht gerechnet. Auch glaubte er nicht, dass es ein zweites Mal funktionierte den Leitwolf zu mimen. Immer mehr traten aus den Schatten der Bäume hervor. Sie alle wirkten grimmig und hungrig.

Blitzschnell sah er sich um, nach einem Gegenstand, irgendwas das ihm eine hilfreiche Waffe sein könnte.

Die Pferde unruhiger denn je, fast panisch, tänzelten, hoben ängstlich die Köpfe, ihre Augen weit aufgerissen, rissen sie immer wieder an den befestigten Zügeln in der Hoffnung sich befreien zu können.

Links von sich entdeckte Link einen größeren Ast nicht unweit von sich entfernt auf dem Boden liegend. Er ließ die Wölfe, die sich stets näherten und es auf die Pferde abgesehen hatten, nicht aus den Augen. Mit zwei schnellen seitwärts Rollen, schnappte er sich den Ast ziemlich zeitgleich als die Wölfe auf die Pferde stürzten. Die Stuten traten mit den Hinterläufen und bäumten sich vor den Angreifern auf.

Schnell kämpfte sich Link zu den Pferden. Kräftig hieb er mit dem Ast um sich, schaffte es die Aufmerksamkeit und die Aggression der Tiere auf sich zu lenken.

Auch die Pferde, die immer noch um sich traten, konnten den ein oder anderen Angreifer weg treten.

Link schlug einen Wolf zur Seite, der jaulend aufschrie. Doch im nächsten Moment verbiss sich einer der Wölfe in dem dicken Ast. Noch reichte seine Kraft um diesen zu halten und versuchte den Wolf abzuschütteln, aber da kam ein zweiter Wolf hinzu. Ein dritter stürzte ebenso auf den Ast und gegen die geballte Kraft der drei Wölfe hatte der Heroe keine Chance mehr. Die Wölfe entrissen ihm den Ast und der vergessene Held der Zeit stand ihnen ungeschützt gegenüber.

Ein anderer Wolf flog an Link vorbei und krachte gegen einen Baum. Epona wieherte zufrieden, doch das Rudel sammelte sich schnell und knurrend.

Link beobachtete, während er seine Möglichkeit durchging, aber egal wie er es sich auch überlegte, er hatte äußerst schlechte Karten.

Die ersten Wölfe griffen wieder an. So schnell wie der Blitz preschten sie auf Link und die Pferde zu. Die Lefzen verzogen, die reißenden Zähne zeigten sich und die Tiere waren bereit die Beute zu erlegen.

Link sah nur noch wie einer der Wölfe ihn ansprang, riss reflexartig seinen rechten Arm hoch um sich zu schützen.

„LINK!“

Ein gleißend blaues Licht breitete sich aus. Es drängte die Wölfe zurück und ließ sie nicht mehr näher kommen. Es war eine Schutzbarriere, die sich um die Schutzhütte legte.

Link erwartete einen schmerzhaften Biss doch nichts geschah. Er hörte die so vertraute Stimme und öffnete zögerlich seine Augen.

Der erstarrte Wolf schwebte vor ihm. Die Lefzen wütend verzerrt, die Zähne messerscharf und gefährlich blitzten aus dem geöffneten Maul. Wütende kalte Augen starrten ihn an.

Er spürte einen warmen blauen Lichtstrahl, voll Liebe und Fürsorge. Eine mächtige Kraft von Weisheit, Erfahrung und Wissen traf seinen linken Handrücken, und löste dort ein wohliges warmes Licht aus. Unter dessen Berührung kribbelte sein Handrücken, eine warme Energie bildete sich und seine Hand begann zu pulsieren. Eine andere gewaltige Kraft bildete sich von dort aus und strömte über die Blutbahnen in seinen Körper, füllte ihn bis in die kleinste Pore. Sie hüllte ihn ein, gab ihm das Gefühl von einem zuhause. Die Macht von dem Leben der Natur, den Wäldern, von Flora und Fauna erfasste ihn, umschloss ihn wie einen Kokon. Die Macht zentrierte sich vor seiner Brust, auf Höhe seines Herzen. Ein Strahl bildete sich, er war so grün wie der Wald, traf auf den Wolf und schlug diesen von Link weg, aus dem blauen Schutzkreis hinaus direkt gegen einen Baum.

Der Wolf landete unsanft und jaulte schmerzerfüllt auf. Kaum hatte er sich auf seine Beine gestellt ergriff er die Flucht und mit ihm das gesamte Rudel.

Link war absolut von dieser Macht überwältigt. Solch eine Kraft hatte er noch nie zuvor gespürt. Sie war wohltuend und dennoch machtvoll. Eine nicht zu kontrollierende Energie.

Sein Handrücken leuchtete golden auf. Durch den Handschuh hindurch. Seine Augen glitten zu seiner Hand, von der diese Macht kam, in der sich diese Macht gesammelt hat. Er zog seinen Handschuh aus und betrachtete das goldene Triforce, das heller als jemals zuvor strahlte. Doch eine Änderung stellte er fest. Das Triforcefragment des Mutes, strahlten nicht mehr golden, sondern in der Farbe der Göttin des Mutes. Das Fragment war klar hervorgehoben in einem klaren wunderschönem Grün.

Die Aura, in der gleichen Farbe des Fragments, hüllte ihn ein wie eine liebevolle Umarmung. Es erfüllte ihn mit Mut und Tapferkeit. Nichts und niemand würde sich ihm je in den Weg stellen. Er war bereit zu kämpfen und würde sich jeder Gefahr, jeder Herausforderung ohne zu zögern stellen. Diese göttliche Kraft in ihm stärkte ihn ungemein und es schien als hätte die Macht schon immer in ihm geschlummert. Aber jetzt war sie befreit worden.
 

Die Lichtung der Schutzhütte glühte in Blau und Grün und eine starke mächtige Aura breitete sich blitzschnell in alle Himmelsrichtungen aus. Als würde sich die gesamte Macht entladen gab es einen lauten Knall, der ein beängstigendes Beben nach sich zog und das Land erschütterte.
 

Schlagartig lag alles wieder in absoluter Dunkelheit und Link hatte Probleme sich auf den Beinen zu halten, so stark erzitterte die Erde unter seinen Füßen.

Ein schmerzerfüllter Aufschrei durchzog die Nacht.

Link sah, wie Zelda ihren Kopf hielt und in sich zusammenbrach. Schnell schlüpfte er in seinen Handschuh und stürzte zu seiner Gefährtin. „Zelda!“ Er kniete sich zu ihr, berührte sie an ihren Schultern. Besorgt musterte er sie. Sie war wie erstarrt, ihre Augen weit aufgerissen. Die Pupillen waren fast verschwunden.

Das Beben ebbte ab und letztendlich war alles wieder so ruhig wie zuvor.

Die Prinzessin fiel bewusstlos in sich zusammen.
 


 

***~~~***~~~***
 

Boron löschte die Feuerstelle und prüfte mit einem Blick die Hufschmiede. Alles war an seinem Platz. Er trat in die dunkle Nacht hinaus. Die Nächte wurden immer kühler. Ihn fröstelt es etwas. Link war mit der Prinzessin vor drei Tagen aufgebrochen. Ihm behagte es nicht, dass diese beiden jungen Leute auf eine solch gefährliche Reise gingen. Auch wenn sie bereits das Land einmal vor dem Untergang bewahrt hatten so erhoffte er, dass dies alles nur ein böser Traum war.

Er ging zum Wohnhaus, als der nachtschwarze Himmel sich blaugrün verfärbte. Für den Bruchteil einer Sekunde nur, dann spürte er eine gewaltige Macht auf sich zu rasen. Mit großen Augen sah er sich um, wusste nicht was dies bedeuten sollte. Ein Sturm zog auf, die Bäume der angrenzenden Wälder bogen sich. Eine blaugrüne Windböe erschien blitzartig.

Boron stand wie versteinert. Starrte auf diese seltsame Erscheinung, die sich blitzschnell näherte, auf ihn regelrecht zuschoss. Seine Augen weit aufgerissen, blieb er erstarrt stehen, konnte nicht ausweichen und wurde von dieser Lichterscheinung erfasst.

Eine mächtige Energie erfüllte ihn mit Liebe, Frohsinn und Optimismus. Eine überwältigende Macht von Wissen und Mut spürte er für einen kurzen Wimpernschlag. Dann war es schon wieder vorbei. Das Licht verschwand und die Erde erzitterte.

Boron hatte Schwierigkeiten sich auf den Beinen zu halten, so stark bewegte sich der Boden.

Ein markerschütternder Schrei durchzog die Schlafkammer, drang durch das Haus und hinaus in die Nacht.

Angst durchfuhr Boron und so gut es ging taumelte er über die zitternde Erde hin zum Haus und hinein.

Er klammerte sich an dem Geländer der Treppe fest, hangelte sich durch das wackelnde Haus hinauf in das Obergeschoss. Die Kinder weinten in ihrem Zimmer und schrien immer wieder auf.

Schnell eilte er zu ihnen. „Es ist ein Erdbeben, es wird gleich wieder aufhören“, beruhigte er sie.

Und als hätten die Göttinnen seine Worte erhört, so wurde es wieder ganz still, als wäre nichts gewesen.

Er zündete eine Kerze an und betrachtete das Bild, welches sich ihm bot. Die Geschwister Xenia und Tobin und die Zwillinge, Pantas und Qantas, saßen in Pantas Bett und kuschelten sich eng zusammen.

Boron setzte sich zu ihnen, strich jedem von ihnen beruhigend über den Haarschopf und versprach in dieser Nacht auf sie alle aufzupassen.

Es dauerte noch einen Moment bis sich die Kinder beruhigt hatten und jeder wieder in seiner Koje lag. Dann löschte er das Licht und schloss die Türe.

Ein Schluchzen drang durch die Türe aus der Schlafkammer. Es war seine Frau. Mit stark klopfendem Herzen eilte er nun zu seinem Zimmer, riss die Türe auf und fand seine Frau am Boden kniend, mit ihrer bewusstlosen Tochter in den Armen. Der Schein einer einzelnen Kerze brachte nur wenig Licht in die Kammer.

Erschrocken über das Bild der beiden Frauen in seinem Haushalt stürmte er ins Zimmer, kniete sich ebenso hin. Seine große Hand, strich über die kleine zarte Stirn seines Nesthäkchens und fühlte nach der Temperatur. Er sah an ihrem Atem, das Zoe noch lebte und strich seiner Frau nun beruhigend über den Rücken um sie dann fest an seine Brust zu ziehen. „Was ist geschehen?“, flüsterte er.

„Da war dieses seltsame Licht. Zoe schrie, hielt sich ihren Kopf, krümmte sich plötzlich. Ihre Augen waren weit aufgerissen, ihre Pupillen winzig klein. Ich konnte nichts tun“, schluchzte Annelie. „Ich konnte nur zusehen und nichts machen. Ich wünschte, ich könnte ihr das alles abnehmen. Ich wünschte, sie würde nicht solch schreckliche Albträume erleben, sondern einfach nur ein normales Kind sein.“

Boron drückte seine Frau fester an die Brust.

„Erst als das Beben aufhörte, fiel sie in die Ohnmacht.“ Annelie vergrub ihren Kopf in der Halsbeuge ihres Mannes. „Ich habe solch eine Angst um sie.“

„Ich weiß“, antwortete Boron. „Ich auch“, fügte er wesentlich leiser hinzu.

göttliche Macht

Aiden Strongfield lag im Schutze eines großen Baumes. Sein Nachtlager hatte er im Wald aufgeschlagen. Sein Pferd ruhte sich ebenso aus. Seit drei Tagen war er nun auf der Reise und würde schon morgen zur Mittagszeit das Dorf Equipagus erreichen. Auch wenn er sich keine Hoffnung machte, so wollte er dort nach der Prinzessin fragen. Er musste es nur geschickt anstellen um nicht zu verraten, was im Schloss und im Land vor sich ging. Die Pause tat ihm wie auch seinem Reittier gut. Die folgenden Wochen würden ihnen noch viel abverlangen.

Das Pferd wurde schlagartig aufgeschreckt und schnaubte ängstlich.

Durch die Aufregung und dem stark aufziehenden plötzlichen Sturm erwachte der Ritter und sprang auf. Die Blätter rauschten im Wind, die Bäume bogen sich schlagartig und bedrohlich. Wie aus dem Nichts tauchte eine grünblaue leuchtende Lichtwand auf, erfasste ihn für einen Augenschlag und durchflutete ihn mit einer mächtigen Energie. So erfüllt mit Liebe, Frohsinn und Optimismus. Eine überwältigende Macht von Wissen und Mut spürte er für einen kurzen Wimpernschlag, ehe alles um ihn herum wieder in Dunkelheit lag und nichts mehr auf diese seltsame Erscheinung deutete. Allerdings erzitterte nun umso stärker die Erde und der Ritter plumpste unsanft auf seinen Po. Verwirrt über diese aufeinander folgenden extremen Ereignisse konnte er nur abwarten bis das Beben sich legte. Und das tat es auch. Er sah zu seinem verängstigten Pferd, ehe er entschieden aufstand. Mit schweren Schritten trat er zu seinem Ross und streichelte diesem über die Nüstern. „Wir müssen Prinzessin Zelda finden und dürfen keine Zeit mehr verlieren!“ So stieg er in den Sattel und ritt weiter durch den Wald.
 


 

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In den verlorenen Wäldern war es tiefe Nacht. Die Kokiris schliefen längst in ihren Häusern und das kleine versteckte Dorf ruhte friedlich. Die Kokiris, nicht größer als Kinder, lebten seit vielen Jahren im Schutz der Wälder und unter dem Schutz des heiligen Deku-Baum. Ihr Tagesablauf richtete sich nach dem Sonnenstand. Ging diese am Morgen auf, erwachte das kleine Dorf zum Leben, ging die Sonne unter um sich schlafen zu legen, gingen auch die Kokiris schlafen. Nur sehr selten gab es Feste im Dorf, die noch nach Einbruch der Dunkelheit stattfanden.

Die Hütten waren dunkel, die Kokiris lagen in ihren Behausungen in ihren Betten und schlummerten selig. Nur in einer Hütte warf ein Kokiri-Mädchen im Schlaf wild ihren Kopf herum. Die grünen Haare rieben auf dem Leinenstoff des Kissens, während ihre Lippen sich tonlos bewegten. Auf einmal riss sie ihre Augen auf, sprang aus dem Bett und eilte zur Türe. Die grünen Augen suchten schnell und aufmerksam das Dorf ab, als ein Sturm aufzog und die Bäume ihre Äste schüttelten. Das Rauschen der Blätter war laut. Sie hob ihren Blick starrte auf die sich im Wind bewegenden Bäume, als blitzschnell wie aus dem Nichts eine blaugrüne Lichtwand auf sie zuraste. Sie nahm das gesamte Dorf für einen Augenschlag ein, fuhr direkt durch ihren Körper hindurch und verschwand so schnell wie sie gekommen war. Für diesen Bruchteil der Berührung, spürte sie die mächtigsten Kräfte, die es jemals gegeben hat. Mit großen Augen starrte sie ängstlich vor sich auf den Boden, als ein gewaltiges Beben das Dorf einnahm und alles erzittern ließ. Das Mädchen konnte sich nicht auf den Beinen halten, würde umfallen und schaffte es sich im letzten Moment an der Wand ihres Holzhauses festzuklammern. In den Häusern der Kokiris schreckten die Bewohner aus ihrem Schlaf, schrien vor Schreck oder fielen durch das Erzittern des Bodens unsanft aus dem Bett.

Auch das Beben war nach wenigen Momenten vorbei.

Das grünhaarige Kokiri-Mädchen sah sich um. Alles blieb unbeschädigt. Und dennoch bereitete sich in ihr große Sorge aus.

Mido trat aus seiner Hütte, seine Hände selbstbewusst in die Hüften gestemmt und blickte sich um: „Was ist passiert?!“ Seine Augen trafen auf das Mädchen. „Salia?“

„Ein Erdbeben“, erklärte sie.

Auch die anderen Kokiris steckten ihre Köpfe heraus und sahen sich ängstlich um. Mido, der Anführer der Kokiris, beruhigte: „Morgen suchen wir den Heiligen Deku-Baum auf. Geht wieder schlafen!“

Und diesem Befehl folgten die Kokiris und zogen sich in ihre Häuser zurück.

Mido musterte Salia aufmerksam: „Geh schlafen, Salia. Keine Angst – es ist vorbei.“

Die grünhaarige Kokiri nickte ihm zu und rang sich ein Lächeln ab. „Gute Nacht, Mido.“ Und sie sah, wie der blonde Anführer in seiner Hütte verschwand. Salia hingegen blieb vor ihrem Haus stehen und sah sich in dem nun wieder friedlich schlafenden Dorf um. Ihre Augen flogen von einem Häuschen zum nächsten, folgten dem Flußverlauf, der durch das kleine Dorf führte hin zu einer Holzhütte auf hohen Streben. In dem unbewohnten Baumhaus hatte früher ein ganz besonderer kleiner Junge gelebt. Ein Kokiri, der als einziger keine Fee hatte. Der Feenlose Junge, der auch immer anders war als die Kokiris. Ein kleiner blonder Junge mit blauen Augen dem sie Schutz gewährten und der einer ganz bestimmten Bestimmung folgte. Ihre Augen wanderten von dem Baumhaus in den schwarzen Nachthimmel. Große sorgenvolle Augen verloren sich in der Dunkelheit. Die Lichterscheinung, sie kannte dies nur aus Erzählungen, Legenden und ihren Erinnerungen als Weise des Waldes. Die Macht der Göttinnen war erweckt worden. Und das konnte nichts Gutes bedeuten.
 


 

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Für einen Moment erhellte sich das Firmament in seltsame Farben. Sie wusste um die verschiedenen Farben zu Zeiten des Sonnenaufgangs wie auch zu den Zeiten des Sonnenuntergangs. Aber dieses Phänomen inmitten der Nacht zu beobachten, faszinierte und ängstigte sie zugleich. Die Anzeichen für eine Veränderung waren zu deutlich. Erst dieser Angriff der fremden Wesen, der damit verbundene Tod ihres Mannes im Dienste des Königs. Shieks Erscheinen und die Kunde aus dem Schloss. Mit besorgten Augen starrte sie auf das immer heller werdende Licht und plötzlich erfasste sie eine Sturmböe und das grünblaue Licht erschien wie eine Wand vor ihr. Erschrocken dachte sie an ihre Kinder, die schutzlos in ihren Betten lagen und friedlich schliefen, da erfasste sie bereits diese fremde Lichterscheinung. Eine mächtige Energie erfüllte sie mit Liebe, Frohsinn und Optimismus. Eine überwältigende Macht von Wissen und Mut spürte sie für einen kurzen Wimpernschlag, ehe es vorbei war. Allerdings folgte diesem glückseligen Moment gleich die Ernüchterung, denn ein grollendes Beben folgte dem stürmischen Lichtspiel. Der Boden erzitterte und machte es beinahe unmöglich auf beiden Füßen stehen zu bleiben.

Durch das Erzittern der Erde und dem begleitenden lauten Grollen, erwachten die Kinder aus ihrem Schlaf und schrien ängstlich auf.

Sie versuchte zu ihren Kindern zu kommen. Hangelte sich an den Wänden zu der Schlafkammer ihrer zwei älteren Kinder und dem Baby. Kaum erreichte sie die Türe hörte das Beben auf und alles lag wie zuvor in friedlicher Ruhe. Schnell öffnete sie die Türe, stürzte zu den Betten ihrer Kinder und schloss ihre verängstigten Schützlinge in die Arme. „Das war nur ein Erdbeben“, beruhigte sie flüsternd. Auch wenn sie selbst innerlich vor Angst bebte, denn eine alte, verdrängte Erinnerung aus ihrer Kindheit suchte sich einen Weg um aus ihr herauszubrechen. Sie löste ihre Gedanken von damals und konzentrierte sich nur noch auf die kleinen zitternden Körper in ihren Armen.
 


 

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Der Hylia See lag friedlich und ruhig. Die Nacht so friedlich und still. Er saß in seinem Sessel, eine Pfeife entzündet und sog den Rauch in seine Lungen. Natürlich war das ungesund, aber was blieb ihm noch an Freude auf seine letzten gezählten Tage. Irgendwann würde jeder sterben und er hatte viel erlebt, war ins hohe Alter aufgestiegen, das nicht jeder erreichen würde. Seine Augen sahen sich um. Die Löcher im Dach waren noch nicht bedenklich, aber sie waren vorhanden. Bei Regen musste er Töpfe aufstellen. Er hatte nicht das Geld um einen Zimmermann kommen zu lassen und selbst war er zu alt um hinauf zu steigen und das Dach zu flicken. Aus seiner Pfeife stiegen kleine Rauchwölkchen auf mit jedem Atemzug, den er paffte. Wie immer kochte ein Trank auf dem offenen Feuer im Kamin. Das war das einzige was er noch konnte. Tränke brauen. Er hatte ein reiches Wissen und seine Erfahrungen in der Kräuterkunde waren untrüglich die besten des Landes. Wieder einmal war es ein Abend an dem er sich fragte, was für einen Sinn sein Leben noch hatte. Er hatte lange gelebt, aber doch spürte er, dass es noch etwas für ihn zu erledigen gab. Seine Bestimmung war noch nicht erfüllt. Aber ein alter Mann wie er – was konnte er denn noch helfen?

Die Flammen loderten auf und überrascht betrachtete er das ihm fremde Schauspiel. Seine Augen wanderten wie magisch angezogen zu der Tür. Er erhob sich schwerlich aus seinem alten durchgesessen Sessel, schritt langsam und wackelig zur Türe. Auch eine Last des Alters. Er war nicht mehr so schnell wie vor ein paar Jahren noch. Neben der Tür stand ein kleiner Tisch, auf dem sein blauer spitzer Hut lag. Schon setzte er diesen auf seinen weißen Haarschopf und trat hinaus in die Nacht.

Sein Blick glitt zu der Gaststube mit dem Fischweiher, doch diese lag in friedlicher Dunkelheit. Auch der See war ruhig und unauffällig. Keine Zoras, die lauerten und Gefahr witterten. Er betrachtete die friedliche Idylle, dieses schöne Fleckchen. Nirgendwo anders würde er sterben wollen, als an diesem Ort, an dem er sein ganzes Leben verbrachte. Auch wenn einer sagte, der Hylia See war erdrückend mit den hohen felsigen Wänden umrandet, so wirkte dieser Ort in sich harmonisch und friedlich.

Ein Wind zog auf und wandelte sich schlagartig zu einer stürmischen Böe. Überrascht reckte er seine Nase in den dunkeln Nachthimmel und sah blitzschnell eine grünblaue Lichtmauer auf sich zurasen. Erschrocken riss er seine alten Augen auf und starrte auf diese Lichterscheinung, als diese ihn schon für einen Augenblick erfasste und ihn mit einer mächtige Energie durchströmte. Diese erfüllte ihn mit Liebe, Frohsinn und Optimismus. Eine überwältigende Macht von Wissen und Mut spürte der alte Mann für einen kurzen Wimpernschlag, ehe es vorbei war. Er dachte er kenne bereits das gesamte Wissen aufgrund seines Alters, aber dieses göttliche Wissen war ihm bislang unbekannt. Ein Beben folgte begleitet von einem lauten Grollen. Er wankte unter dem erzitternden Boden zurück und stieß unsanft mit dem Rücken gegen die Wand seines Häuschens mit dem schiefen Turm auf dem Dach. Er konnte nur hoffen, das sein Haus keinen Schaden nahm. Seine Augen wanderten zum See, der nicht mehr friedlich ruhte, sondern große Wellen schlug und am Ufer überschwappte.

Es dauerte nicht lange, dann war alles vorbei.

Der alte Mann blickte in den dunklen Nachthimmel, dann zum See der sich nur langsam beruhigte und immer noch große Wellen schlug. „Was hat das zu bedeuten?“, murmelte er in die Nacht.
 


 

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Malon und Eldred Winston of Kaine saßen auf dem Gatter der Pferdekoppel. Sie hatten zusammen den Sonnenuntergang bewundert. Morgens ritt der Ritter durch die Steppe, suchte nach der Prinzessin oder einen Hinweis auf ihren Verbleib und kehrte bei Sonnenuntergang erfolglos zurück. An diesem Tag kam er sogar zeitig zurück, so dass die jungen Leute zusammen den Sonnenuntergang ansehen konnten. Sie verstanden sich sehr gut und hatten endlose Gesprächsthemen. Der Ritter fühlte sich äußerst wohl in der Nähe der rothaarigen Schönheit. Sie faszinierte ihn mit ihrem freundlichen Gemüt, der liebevollen Art mit den Menschen und Tieren umzugehen und ihrem reinen und großmütigen Herz. Er kannte sie erst seit drei Tagen und doch fühlte es sich für ihn an, als würde er sie schon ewig kennen. Er vertraute ihr und so glücklich hatte er sich noch nie zuvor in der Nähe einer Person gefühlt.

„Wir sollten langsam zurück. Du musst morgen wieder früh raus“, bemerkte Malon und doch klang es nicht danach, als würde sie sich freuen diesen Abend schon zu beenden.

„Du hast Recht, denn auch die Tiere müssen vor Sonnenaufgang versorgt werden“, stimmte der Ritter zu und sprang vom Gatter. Er drehte sich der schönen jungen Frau zu und reichte ihr die Hand, um ihr ebenfalls vom Gatter hinabzuhelfen, als ein starker Sturm aufzog.

Überrascht hielt Malon in der Bewegung inne, hob dafür ihren Blick und riss erschrocken die Augen auf.

Ritter Eldred drehte sich daraufhin um und erstarrte regelrecht. Mit dem Sturm zog eine blaugrüne Lichterscheinung auf und diese näherte sich so rasch, dass er nicht mehr reagieren konnte. Schon erfasste das seltsame Licht, die beiden und erfüllte sie für einen Augenschlag mit einer mächtigen Energie. Starke Liebe, Frohsinn und Optimismus erfüllte sie mit der Berührung. Eine überwältigende Macht von Wissen und Mut spürte jeder von ihnen für diesen kurzen Wimpernschlag, ehe es vorbei war. „Was war das?“, murmelte der Ritter überrascht, als plötzlich ein Beben folgte.

Durch das Erzittern der Erde war es für den Ritter schwer das Gleichgewicht zu behalten. Malon hingegen, die immer noch auf dem Gatter saß, verlor es durch das gewaltige Erdbeben und bevor sie rückwärts herunterfallen konnte, schnappte sich Eldred ihre Hand und zog sie schwungvoll in seine starken Arme. Allerdings brachte ihn das ins Wanken und er fiel rückwärts auf dem Boden, Malon fest an seine Brust gedrückt.

Dann war es plötzlich vorbei. Alles lag in absoluter Ruhe und Stille und nur langsam lösten sich die beiden voneinander.

Malon hob ihren Blick, errötete leicht, als ihr bewusst wurde, wie nah sie dem Ritter doch war. „Danke.“

„Nicht dafür“, sprach Eldred, dem das Herz bis zum Halse schlug und auch die Röte ins Gesicht stieg.

Schüchtern standen sie auf. „Am Besten wir schauen nochmal nach den Tieren“, sprach Malon verlegen und Eldred nickte: „Ja, und dann sollten wir wirklich schlafen gehen.“

Gemeinsam gingen sie in die Stallungen um nach dem Rechten zu sehen, ehe jeder in seine eigene Schlafkammer verschwanden.
 


 

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Sie beobachtete den Ritter. Wie lange sie schon im Schatten des Ganges stand wusste sie nicht mehr, aber sie ließ den Fremden nicht aus den Augen. Immer noch fragte sie sich, was er von König Zora wollte und warum ein Ritter Hyrules überhaupt die Zoras aufsuchte. Es sollte ihr egal sein. Mit dem Königshaus Hyrule hatte sie abgeschlossen. Sie würde einmal selbst über die Welt der Zoras regieren. Auch wenn sie nicht den Mann an ihrer Seite haben würde, den sie sich so sehr wünschte. Traurigkeit überzog das blaue Zoragesicht und die blauen Augen schimmerten etwas. Zu gut erinnerte sie sich an den alternativen Zeitpfad. Damals war Link auf der Suche nach dem heiligen Stein des Wassers in den Bauch von Lord JabuJabu eingedrungen und hat sie gerettet. Vom ersten Moment hatte sie ihm ihr Herz geschenkt. Als Ganondorf in das Heilige Reich eingedrungen ist, mussten sie den noch zu kleinen Jungen schlafen legen, aber sie hoffte so sehr auf eine gemeinsame Zukunft. Doch auch sieben Jahre später und im Kampf gegen Ganondorf zeigte er keine Gefühle für sie. Stattdessen sorgte er sich einzig und allein um Prinzessin Zelda.

In diesem Leben hat sie ihn nie kennengelernt. Sie hatte gehofft, anhand ihrer Erinnerungen, dass er sie aufsuchen würde, aber er ist nie gekommen. Ihr Herz schlug immer noch nur für ihn obwohl sie ihn überhaupt nicht kannte.

„Verdammt! Warum kommt denn keiner?!“, schrie der hylianische Ritter und klammerte sich hilflos an die vereisten Gitterstäbe, die sie mit Magie verstärkte.

Die Prinzessin der Zoras spürte einen starken Windhauch durch die vielen verwinkelten Gänge des Reiches ziehen. Die Zoras mochten es kalt und feucht, dem Ritter hingegen würde es über kurz oder lang zu kalt werden. Der König hatte kein Interesse an dem Ritter Hyrules, aber sie, die von kleinauf neugierig war, wollte wissen, was diesen Mann dazu bewegt hat die Zoras aufzusuchen.

Eine blaugrünes Licht erhellte plötzlich die Gänge und der Ritter, der ebenso auf dieses Licht fixiert war, riss mit einem Mal seine Augen weit auf, als er sie erblickte.

Sie beide wurden für einen Augenschlag von diesem Licht erfüllt. Eine überwältigende göttliche Macht durchströmte die Zora und eine tief in ihr verborgene Erinnerung erwachte. Ein Vorbote einer alles entscheidenden Veränderung und die Weise des Wassers wusste, Hyrule war erneut in Gefahr. Wie zum Beweis erfolgte ein grollendes Beben in Zoras Reich und kündigte Unheil an.

„Hilfe!“ Der Ritter schrie verängstigt auf. „Alles wird einstürzen!“

Die Zora, die sich selbst kaum auf den Beinen halten konnten, sprach so klar und schneidend, dass der Mann es durch das laute Grollen hin sofort verstand: „Hier stürzt gar nichts ein!“

Das Beben ebbte ab und alles wirkte unberührt und unzerstört.

Die Zora-Prinzessin kam aus ihrem Versteck hervor und trat dem Ritter hochnäsig gegenüber. Sie musterte ihn argwöhnisch, während seine Augen fasziniert über ihre nackte glänzende Fischhaut glitten und die perfekt sitzenden Rundungen bewunderte. Als seine Augen auf ihrer Brust hängen blieben errötete der Mann sogar und wandte schnell die Augen in ihr Gesicht. „Wer seid Ihr?“, sprach er überrascht.

„Mein Name ist Ruto!“

„Prinzessin Ruto? Zukünftige Herrscherin des Zora Reichs?“

„Wie ist euer Name?“

„Ritter Cal Mistleroy“, antwortete der Ritter sofort. „Bitte, ich muss König Zora sprechen. Es ist äußerst wichtig!“

Die Prinzessin rümpfte die Nase. „Mein Vater wird euch nicht empfangen!“

„Aber er muss mir eine Audienz gewähren, es geht um Prinzessin Zelda.“

Die Prinzessin funkelte ihn böse an. „Ich werde versuchen ihn umzustimmen.“

„Danke!“

„Erhofft euch nicht zu viel davon“, sprach sie noch kaltschnäuzig, dann verschwand sie in den Gängen.
 


 

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Naboru führte den Ritter in ihre Gemächer und deutete ihm auf den seidenen Sitzkissen Platz zu nehmen. Sie selbst setzte sich dem Mann gegenüber und verschränkte ihre Beine zum Schneidersitz. Sie stützte ihren rechten Arm auf das rechte Bein, während der linke Ellbogen sich auf ihrem linken Knie stützte und sie ihren Kopf auf die Handfläche ablegte. Sie lauerte und wartete, ließ dem Ritter Zeit sich umzusehen, doch dann brach es aus ihr heraus: „Prinzessin Zelda“, forderte sie.

Der Ritter nickte und richtete seine Aufmerksamkeit auf die Anführerin der Gerudo. „Ihr seid eine enge Vertraute unserer Prinzessin, aus diesem Grund möchte ich ehrlich zu euch sein. Es gab einen Angriff auf das Schloss. Der König ist tot. Prinzessin Zelda konnte fliehen. Allerdings weiß niemand wohin sie geflohen ist.“

Naboru richtete sich entsetzt auf, ließ das Gehörte sacken, doch dann verstand sie: „Ihr glaubt, die Prinzessin hat sich bei uns versteckt?“

„Ich hoffe sie hier zu finden und wenn ich darf, würde ich mich gerne umsehen.“

„Ausgeschlossen“, widersprach Naboru streng. „Prinzessin Zelda ist nicht hier. Ihr seid umsonst angereist.“

„Anführerin Naboru“, widersprach der Ritter, aber die Gerudo sprang auf und lief besorgt auf und ab. „Wer hat das Schloss angegriffen?“

„Schattenwesen.“

Naboru blieb plötzlich stehen. „Ich habe es gewusst. Mein Gefühl hat mich noch nie betrogen.“ Sie sah den Ritter an. „Ihr müsst die Festung sofort verlassen. Sucht nach der Prinzessin und beschützt sie. Ich werde den heiligen Tempel aufsuchen.“

„Der heilige Tempel? Ihr meint den Schattentempel?“ Mit großen Augen stand nun auch der Ritter auf. „Mit Verlaub, Anführerin Naboru, wo soll ich nach der Prinzessin suchen? Die anderen Ritter suchen in den Bergen und überall in Hyrule nach der Prinzessin. Könnte es sein, dass sich die Prinzessin im Tempel versteckt hat?“

„Unmöglich“, sprach Naboru, aber sie biss sich im nächsten Moment auf die Unterlippe und zog den Gedanken in Betracht.

Plötzlich veränderte sich die bereits eingebrochene Nacht. Ein blaugrünes Licht erschien und raste über die Festung hinweg. Das Licht drang in jedes Zimmer und erfüllte die Bewohner mit einem Gefühl von Liebe, Frohsinn und Optimismus. Der Ritter spürte eine überwältigende Macht von Wissen und Mut für einen kurzen Wimpernschlag.

Naboru hingegen spürte die allmächtige Kraft der Göttinnen von Nayru und Farore und ahnte, was dies bedeuten musste. Schon war der Lichtsturm verschwunden und ein mächtiges Erdbeben folgte.

Erst wenige Momente später ebbte es ab. Und Naboru sah trotz der gebräunte Haut sehr blass aus. „Ich muss sofort zum Tempel“, murmelte sie ernsthaft besorgt, als die Türe aufgerissen wurde und einige Gerudos die Gemächer der Anführerin betraten.

„Naboru, was hat das Beben zu bedeuten?“

„Nichts Gutes“, antwortete die Anführerin und blickte entschloss auf. „Sattelt mein Pferd. Ich muss zum Tempel.“

„Du kannst nicht weg“, sprachen die Kriegerinnen. „Der Sturm und das Beben haben einen Sandsturm heraufbeschwört. Alle haben sich in die Häuser geflüchtet und warten darauf, dass der Sturm weiter zieht.

Naboru, gefolgt von dem Ritter, eilte zum Fenster und sah hinaus, aber man konnte nichts mehr erkennen. Die abertausenden fliegenden Sandkörner versperrten jegliche Sicht.
 


 

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Blake Slowfoot lebte seit drei Tagen im Gasthaus von Kakariko. Das kleine Bergdorf von einst, war gewachsen und hatte inzwischen viele Bewohner. Jeder einzelne wurde in den letzten Tagen befragt, unauffällig in harmlose Gespräche verwickelt. Die Bewohner waren neuen Personen gegenüber offen und freundlich gesinnt. So hatte er bereits viele Bekanntschaften geschlossen, während er sich im Dorf nach einem möglichen Versteck für Prinzessin Zelda umsah. Der Ritter stand auf dem Balkon und blickte den in der Dunkelheit verstecktem Weg zum Berg hinauf.

Morgen früh, nach Sonnenaufgang, würde er dem Weg folgen und auf dem Todesberg nach Prinzessin Zelda suchen. Er wandte seinen Blick vom Berg ab und blickte hinab in die hylianische Steppe. Plötzlich erstarrte er, denn ein blaugrüner Lichtstrahl erschien und fegte übers Land. Mit großen Augen beobachtete der Ritter, wie dieses Licht alles auf seinem Weg erfasste und auf ihn zuraste. Schon spürte er die gewaltige Macht. Im nächsten Moment durchflutete ihn das Gefühl von Liebe, Frohsinn und Optimismus. Der Ritter spürte eine überwältigende Macht von Wissen und Mut für einen kurzen Wimpernschlag, dann war es vorbei ein und ein grollendes Erdbeben folgte.

Mit festem Griff umklammerte der Ritter das Geländer des Balkons und ließ sich auf die Knie sinken. „Was ist das?!“, fragte er sich selbst, doch dann hörte es auf und Blake Slowfoot richtete sich auf. Er ging von massenhaften Schäden aus, aber nicht ein einziges Haus wurde beschädigt. Dafür kamen die Bewohner aus ihren Häusern hervor, äußerst verwirrt warum es ein Erdbeben gegeben hat.
 


 

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Im Schloss von Hyrule herrschte absolute Unruhe. Die Schatten waren äußerst nervös und standen im Thronsaal versammelt.

Lord Siam kniete vor dem Thron und beobachtete die vielen Schattenwesen um sich herum. Dieses seltsame Licht schien sie alle zu ängstigen.

Der Schatten auf dem Thron sprang auf und quietschte: „Der Herrscher wird uns bald erscheinen. Das Tor wurde geöffnet!“

Schon brach der Jubel aus, was Lord Siam die Ohren klingeln ließen, so schrille Laute stießen diese fremdartigen Schattenwesen aus.

Kleinstadt

Weit erstreckte sich die sattgrüne Landschaft. Blumen blühten in den verschiedensten Blüten und Farben. Schmetterlinge, Bienen und andere Insekten flogen von Blüte zu Blüte. Eine sanfte Brise wehte über die ebene und dicht bewachsene Blumenwiese. Ein glockenhelles Lachen erklang und hallte über die Wiese. Von weit her näherten sich drei junge Mädchen. Sie hüpften federleicht durch die Kniehohen Blumen, kicherten unbeschwert und sahen sich begeistert und mit vor Freude glänzenden Augen um. Immer wieder tanzten sie vor Glückseligkeit, breiteten die Arme aus und genossen die warmen Sonnenstrahlen, die vom himmelblauen und nur von wenigen weißen Wolken durchzogenen Firmament herab fielen. Ein Schwarm Vögel glitt schwebend am Himmel über die Mädchen hinweg.

Das erste Mädchen blieb stehen, richtete ihren Blick in den Himmel, schirmte ihre Augen vor der Sonne ab und blickte verträumt dem Vogelschwarm nach. Während die Vögel ihre Kreise zogen, sich sammelten um über die weite Landschaft zu gleiten, strich sich das Mädchen eine vorwitzige bläuliche Haarsträhne hinters Ohr.

Das zweite Mädchen blieb so plötzlich stehen und ließ sich auf die Knie fallen, dass ihr grünliches Haar leicht wippte. Sie beobachtete fasziniert einen zitronengelben Schmetterling, der ganz ruhig und entspannt auf einer orangeroten Blüte saß. Mit einem strahlenden Lächeln und funkelnden Augen hob sie ihre Hand und streckte den Zeigefinger aus. Ganz vorsichtig näherte sie sich dem Schmetterling. Dieser schlug engelsgleich mit den Flügeln und setzte sich vertrauensvoll auf den ihm hingehaltenen Finger. Aufmerksam beobachtete das Insekt sein Gegenüber, während seine Flügel sich langsam bewegten.

Das dritte Mädchen mit rötlichen Haaren trat heran, verschränkte ihre Arme vor der Brust und blickte sich zufrieden und glücklich um. Lächelnd beobachtete sie die friedliche Idylle.

Das Mädchen mit den bläulichen Haaren hüpfte nun auch leichtfüßig heran, betrachtete begeistert den schönen Schmetterling und als dieser seinen Flügelschlag tat, flatterte er schon davon. Drei Augenpaare folgten den leichten Bewegungen des zitronengelben Falters, als die Rothaarige plötzlich ihre rechte Hand hob. Ein rotes Licht bildete sich oberhalb der Handfläche und wurde greller und greller. Ihre linke Hand in die Hüfte gestemmt, beobachtete sie aufmerksam die rote Lichterscheinung, die sie selbst erzeugte. Die anderen beiden Mädchen beobachteten aufmerksam das magische Licht. Als es verblasste, schwebte ein paar Fingerbreit ein feuerroter Kristall in Form einer Flamme über der rechten Handfläche.

Staunend betrachteten sie den leuchtenden Edelstein.

Die Mädchen lächelten sich an, als die Blauhaarige ihre Hände zu einer Schale formte und sich darin ein blaues Licht sammelte. Auch dieses wurde greller und greller bis es schlagartig verblasste und über ihren Handflächen eine blau schimmernde und glänzende Kugel schwebte.

Die Mädchen nickten sich begeistert zu, als die dritte ihre linke Hand hob und sich auch hier ein grünes Licht formte, das greller und greller wurde. Auch hier verblasste es letztendlich und über der Handfläche schwebte ein grünlicher schimmernder Kristall in Form einer Blume.

Stolz und glücklich betrachteten die Mädchen ihre erschaffenen Schätze.

Schlagartig wurde es dunkel. Die Finsternis zog ein tiefes Grollen nach sich. Die Erde begann zu erzittern.

Überrascht, ängstlich und verwirrt sahen sich die Mädchen um.

Die idyllische Landschaft verschwand, stattdessen breitete sich eine trostlose und sehr karge Gegend aus. Die Tiere wurden von der Dunkelheit verschluckt, als diese sich rasch ausbreitete.

Die Mädchen wurden eingekesselt. Sie rutschten näher zusammen, entsetzt über die plötzliche Veränderung und durch das Erdbeben verschreckt. Die Kristalle in ihren Händen haltend sahen sich sich um, während die Finsternis näher und näher kam.

Ein Riss erschien im Boden, als auch schon ein feuerrotes Licht aus dem Boden heraus schoss. Dann brach der Grund, wurde regelrecht entzwei gerissen. Erst entstand ein Spalt und je weiter dieser sich teilte, desto tiefer und breiter wurde die Schlucht.

Langsam hob sich eine schwarze wabernde Hand aus der finsteren Tiefe hervor. Erst ballte sie sich zur Faust, dann streckten sich die Finger ab, ehe sie blitzschnell auf die drei Mädchen zu schoss. Kaum berührte die dunkle Macht die Kristalle fuhr ein gleißender Blitz vom Himmel herab und tauchte alles in einem blendenden hellen Licht.
 


 

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Link schlug seine Augen auf und rieb sich müde über die Stirn, ehe er sich übers Gesicht fuhr. Langsam und etwas orientierungslos sah er sich um. Die Schutzhütte nur spärlich beleuchtet, draußen herrschte immer noch die Nacht. Das Feuer brannte nicht mehr stark. Er richtete sich auf und sein Blick fiel auf die blonde junge Frau, die immer noch reglos neben der Feuerstelle lag. Besorgt stand er auf, ging zu ihr und hockte sich hin. Aufmerksam und angespannt beobachtete er sie bis er schließlich erleichtert ausatmete. Sie war eingeschlafen. Er würde sie schlafen lassen, denn ihre Reise würde noch beschwerlich werden. Dann zog er sich an, ging zur Türe und trat durch diese in die Nacht hinaus. Friedlich schliefen auch Epona und Frida. Von den Wölfen war nichts mehr zu sehen und zu hören. Er ging ums Haus herum, der Mond schien immer noch vom Himmel herab und leuchtete ihm etwas den Weg. Dann holte er Holz von einem Holzstapel, lud sich einige Stapel auf seine Arme und kehrte ins Haus zurück.

Kaum erfassten die züngelnden Flammen das frische Holz loderte das Feuer wieder auf und erwärmte die Hütte von neuem.

Link setzte sich ans Feuer und starrte nachdenklich hinein. Er wusste den Traum einfach nicht zu deuten. Er kannte weder die Mädchen, noch jemanden, der ihnen ähnlich sah. Auch nach langem Grübeln wurde er nicht schlauer. Seine Augen glitten zu der Prinzessin, die friedlich schlief und selig zu träumen schien. Ein sanftes Lächeln hatte sich auf ihren rosigen Lippen gebildet.

Zu gerne wüsste er, was sie in ihrer Vision gesehen hatte. Überhaupt interessierte ihn was geschehen war. Die Verkettung der seltsamen Begebenheiten, ließ ihn nicht los. Er wusste nicht was das grüne Licht bedeutete und warum es das Erdbeben nach sich zog. Ein trauriger Schimmer legte sich in seine Augen. Aber sie würde es ihm sowieso nichts sagen. Sie schien kein Vertrauen zu ihm zu haben und ob sie ihm jemals in etwas einweihen würde, wagte er zu bezweifeln. Nur langsam und zögernd wandte er den Blick ab und richtete ihn wieder ins Feuer, das wieder hell und warm strahlte.
 


 

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Blake Slowfoot erwachte früh morgens. Die Nacht hatte er nicht viel geschlafen, denn diese seltsame Lichterscheinung und das seltsame unerwartete Erdbeben warfen ihm Fragen auf. Er hatte bisher keine Kriege erleben müssen und dankte den Göttinnen in Frieden leben zu dürfen. Der Angriff auf das Schloss und der Tod des Königs trafen ihn schwer und führten ihm vor Augen, dass sich von jetzt an alles ändern würde. Sie mussten die Prinzessin finden und das vor den Feinden. Und allein dieser Gedanke trieb ihn aus dem Bett und sorgte dafür dass er schnell angezogen und bereit für den Aufbruch war. Voll Tatendrang trat er aus dem Gasthaus heraus und schritt in die aufgehende Sonne, die sich langsam hinter den Todesbergen hervor schob. Sein Weg führte durch das verschlafene Dorf und entschlossen trat er den Weg zum Friedhof entlang um den Berg zu besteigen.

Er kam an der Ruhestätte vorbei. Boris, der Totengräber, ein inzwischen alter Mann, schlich zwischen den Gräbern umher und sah nach dem Rechten.

Der Ritter ahnte, dass dem Friedhofswärter nicht mehr viele Jahre zu Leben vergönnt waren und hoffte, dass der brummige Mann seinen Lebensabend noch in Frieden verbringen kann. Entschlossen ging der Ritter weiter, wollte soeben dem Weg durch die Schlucht folgen, als ein riesiger Felsbrocken den Durchgang blockierte.

Verzweifelt starrte er auf das gigantische Hindernis und ahnte dass es Zeit brauchte, diesen Felsen abzutragen. Zeit, die er einfach nicht hatte. Hilflos blickte er sich um, aber Kakariko, die kleine Stadt vor den Bergen, schlief noch. Um nicht tatenlos herumzustehen, begann der Ritter damit kleinere Felsbrocken abzutragen.

Mit der aufgehenden Sonne fanden sich mehr und mehr Bewohner vor dem verschlossenen Durchgang ein und halfen so gut sie konnten beim Abtragen der Gesteinsbrocken.
 


 

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Link hockte sich neben Zelda und rüttelte sie sanft an der Schulter. „Zelda? Zelda, wach auf“, sprach er sie an und wartete darauf, dass die Prinzessin erwachte.

Verschlafen schlug die Blonde ihre Augen auf, dann schrak sie auf. „Ist etwas geschehen? Sind die Wölfe wieder da?“

Der Held der Zeit schüttelte seinen Kopf und stand auf. „Nein, aber wir müssen weiter. Sonst verlieren wir zu viel Zeit.“

Zelda streckte ihre Glieder. Die Nacht auf dem Boden war nicht gerade bequem.

Link war bereits zum Aufbruch bereit und schnürte sich eben seinen magischen Beutel um. Das Feuer war bereits erloschen, so dass sie bedenkenlos weiter reisen konnten.

Beide traten in den frühen Morgen hinaus und wurden freudig von ihren Stuten mit einem Schnauben begrüßt. Die Reisenden banden die Pferde los, stiegen in den Sattel und ritten los. Der Weg führte sie wieder durch den Wald, der zwar immer noch dunkel war, aber gelegentlich von einzelnen Sonnenstrahlen erhellt wurde.

Den Vormittag über brauchten sie noch um den Wald zu durchqueren. Doch dann ließen sie diesen hinter sich und ritten weiter. Wieder befanden sie sich auf einer Ebene, die flach, grün und weitläufig war. Sie ritten mit dem Verlauf der Sonne bis sie an einem kleinen Bächlein ankamen. Hier ließen sie die Pferde grasen und setzten in die Wiese.

„Hier hab ich früher mit meinem Vater Rast gemacht. Dieses Fleckchen ist mir immer in Erinnerung geblieben.“

Link hielt ihr einen Apfel hin, den sie dankend annahm. Er biss ab und kaute, hörte ihr aber aufmerksam zu.

Die Prinzessin als Shiek verkleidet, hielt den Apfel in ihren Händen und betrachtete die rote Färbung aufmerksam. „Als ich noch klein war, nahm er mich immer mit auf seine Reisen. Erst später ließ er mich im Schloss bei Impa zurück. Er hat mich immer auf Händen getragen und wenn ich mal wieder zu wild herumgetobt bin, oder mich vor den Wachen versteckt habe, so hat er mich doch nur selten geschimpft.“ Sie lächelte wehmütig. „Er hat immer wieder gesagt: Zelda, deinem Schicksal kannst du nicht entkommen, aber es liegt in deinen Händen es zu leiten. Bedenke immer, du bist die künftige Königin. Handle weise.“ Traurig senkten sich die Augen zu Boden, betrachteten die Grashalme. „Und nun ist er fort und wird nie wieder zurückkehren.“

Link räusperte sich, hatte zwischenzeitlich aufgehört zu Essen und seine Hand mit dem Apfel gesenkt. Mitfühlend sah er sie an. „Es tut mir leid, was deinem Vater geschah.“

Zelda schüttelte ihren Kopf und suchte nach den blauen Augen ihres Begleiters. „Ich hätte es verhindern können. Ich hätte alle warnen können, wenn ich es nur eher bemerkt hätte. Wenn ich nicht ...“, sie brach ab, senkte den Blick auf den roten Apfel in ihren Händen zurück.

„Wenn nicht?“, hakte Link nach.

Die Prinzessin wagte es kaum laut auszusprechen. „Wenn ich nicht mit mir selbst beschäftigt gewesen wäre.“ Sie traute sich nicht aufzusehen. „Mein Vater und so viele Hylianer würden noch Leben, wenn ich die drohende Gefahr nur früher realisiert hätte.“

Link verstummte, runzelte dennoch seine Stirn. Sie stellte immer ihr eigenes Wohl zurück, dachte in erster Linie an ihr Volk. Umsichtig und weise begegnete sie allen Widrigkeiten und entschied immer mit Bedacht auf die Gerechtigkeit. Nie hatte er erlebt, dass sie nur an sich selbst dachte. Aber war er überhaupt imstande es zu beurteilen? Er lernte sie im Schlossgarten kennen, kämpfte mit ihr im Zeitkrieg und er verabschiedete sich nach dem Kampf. Richtig kennengelernt hatten sie sich nie. Wenn er nun nur ein verklärtes Bild von ihr hatte und sie hier, auf dieser Reise, ihm ihren wahren Charakterzug zeigte? Zudem berichtete sie über die Erinnerungen an den Zeitkrieg. Wie sie geflohen ist, wie sie sich unter Ganondorfs Schergen geschlichen hat, wie sie einer von den Bösen wurde um die Machenschaften des Feindes auszuspionieren. Sie hatte selbst ihn, ihren treuesten Kämpfer, getäuscht und wie einen Narren vorgeführt. „Du kannst deinem Schicksal nicht entkommen“, sprach Link leise. „Niemand kann das. Auch dein Vater konnte es nicht.“

Beide versanken in schweigende Stille und aßen gedankenvoll ihren Apfel. Link stand als erster auf und sah sich um. „Wie weit ist es noch bis zum Schloss?“

Auch Zelda stand auf. „Morgen Abend werden wir es erreichen.“

Sie stiegen wieder auf die Pferde und ritten weiter.

Am Horizont zeichneten sich Häuser ab und kurz vor Einbruch der Nacht erreichten sie die ersten Wohnbauten. Sie ritten gemächlich zwischen den Steinhäusern hindurch. Es gab breitere Straßen und enge Gassen. Das mutmaßliche Dorf entpuppte sich schon bald als große Stadt. Erst in der einstigen Dorfmitte mussten sie absteigen und ihre Pferde am Zügel weiterführen. Alles war bunt geschmückt, Girlanden und Laternen waren aufgehängt, die Häuser hatten bunte Fahnen und viele Blumen aufgestellt. Eine große Masse an Hyliader sammelte sich um den Brunnen.

Ein älterer Mann kreuzte ihren Weg. „Entschuldigung, findet ein Fest statt?“

„Ja, zu Ehren Prinz Vadins Wiegenfest. Zum Sonnenuntergang beginnt es.“

„Habt ihr in der Stadt ein Gasthaus?“

„Gleich hier die Straße runter“, deutete der alte Mann zu ihrer rechten Seite und ging seines Weges um den Beginn des Festes nicht zu verpassen.

Zelda und Link beschlossen erst nach einem Zimmer für die Nacht zu fragen. Sie traten auf eine große Unterkunft zu, banden ihre Pferde fest und traten wenig später in das Haus. Sie befanden sich in einer Gaststube, die zu diesem Zeitpunkt leer war. Einzig eine korpulente Frau stand hinter dem Tresen. Sie spülte gerade einen Krug. Ihre Schürze wies getrocknete dunkle Flecken auf, während die fettigen braunen Haare zu einem Knoten gebunden waren. Einzelne Haarsträhnen fielen ihr in die Stirn. „Das Fest ist draußen“, brummte sie den Fremden unfreundlich zu.

Link ließ sich nicht beirren und trat auf den Tresen zu. „Guten Abend, haben Sie zwei Zimmer frei?“

Ein abschätziger Blick musterte Link und Zelda, dann begann sie kurz laut aufzulachen. „Habt ihr nicht gesehen was da draußen los ist?“

„Wir sind nicht wegen des Fest gekommen. Wir befinden uns auf der Durchreise und brauchen eine Unterkunft für diese Nacht“, erklärte Link um Höflichkeit bemüht.

Wieder musterte die Schankdame die beiden kritisch, dann murrte sie: „Ein Zimmer kann ich euch geben. Das letzte und einzig freie.“

Unsicher sahen sich Link und Zelda an, doch dann nickte Zelda. „Wir nehmen das Zimmer.“

„Einhundert Rubine macht das.“

Die Prinzessin hielt erschrocken inne. Sie hatte bisher nicht einmal daran gedacht, dass sie absolut mittellos war. Während der Flucht dachte sie nicht einmal daran Rubine für Notfälle mitzunehmen. „Einhundert?“

„Einhundert und wenn du das nicht zahlen kannst, Schätzchen, hinter dir ist die Türe.“

Jemand trat näher. Es war ein junger Mann mit rötlichem Haarschopf und seine eisblauen Augen blitzten in dem Gesicht. Großmütig stellte er sich neben Zelda, ließ seine Augen über ihre Aufmachung gleiten und stieß wohlwollende Laute aus, als er ihre Rundungen ausmachte. Seine Zunge leckte sich kurz über die Lippen, ehe er seine Aufmerksam einzig und allein auf die verkleidete Prinzessin legte. „Gibt es Probleme?“

„Nein“, sprach Zelda, die von ihrem Gegenüber sichtlich beeindruckt war.

„Bitte korrigiert mich, aber wie ich das ganze verstanden habe, könnt ihr das Zimmer nicht bezahlen? Ich kann euch aushelfen.“

„Danke, nicht nötig“, sprach Link plötzlich dazwischen und zog einen klimpernden Beutel hervor. Schon zahlte er ohne ein weiteres Wort den verlangten Betrag.

Und wieder mal hatte er sie gerettet.

Das Geld wechselte den Besitzer und der Schlüssel fand in Links Hände. „Lass uns ins Zimmer gehen“, forderte er leicht ungehalten seine Begleitung auf. Ohne auf sie zu warten oder auf Zelda noch Rücksicht zu nehmen folgte Link die Stufen hinauf und suchte nach der Zimmernummer.

Zelda warf dem Fremden noch einen entschuldigenden Blick zu und eilte dem Heroen nach. Sie fand Link in der offenen Zimmertüre stehen und folgte seinem erstarrten Blick. Ein kleiner Raum mit einem Schrank, einem Tisch, einem Stuhl und einem einzigen Bett, das kaum Platz für eine Person bot.

Fest

Der unangenehmen Situation ausweichend, bemerkte Link: „Wir sollten uns umsehen, wenn wir schon mal hier sind.“

Zelda stimmte ihm zu: „Ja, das sollten wir.“

Und beide wandten sich ab. Sie folgten den Stufen wieder hinunter. Der rothaarige Fremde war inzwischen verschwunden und auch sie verließen den Gasthof. Ihr Weg führte die Straße entlang zum großen Brunnenplatz. Eine große Masse Hyliader strebte bereits dahin.

Die Nacht brach an, die Finsternis umhüllte das Land. Dennoch war der Dorfplatz beleuchtet. Durch Lampions, die überall hingen, und die aufgestellten Fackeln warfen die bunten Blumen, wie auch die zwischen den Häusern gespannten Girlanden Schatten. Alles war friedlich und fröhlich. Es wurde gesungen, getanzt und gelacht. Es schien als wäre jeder Bewohner dieser Stadt auf den Beinen um diesem Fest beizuwohnen.

Zelda sah sich mit großen Augen um. Sie hatte noch nie einem Fest beigewohnt, selbst wenn Hyrule Stadt einen Ehrentag der Göttinnen feierte, musste sie immer im Schloss bleiben. Sie ließ sich von der Menge treiben, sog tief die verschiedensten Gerüche in sich ein. Der Duft von gebrannten Mandeln, gemischt mit den Gerüchen verschiedenster Früchte. Sie sah kaum etwas, denn um sie herum drängelten die Hyliader. Jeder versuchte vorwärts zu kommen. Aufgeregt sah sie sich um, entdeckte in einer großen Nebenstraße verschiedene Marktstände und wollte sich schon dorthin begeben um zu stöbern, aber die Masse ließ sie nicht durch. Es schien als würden alle ein bestimmtes Ziel anstreben. Und erst jetzt bemerkte sie, dass Link nicht mehr bei ihr war. Entsetzt sah sie sich um, aber sie konnte ihn nirgends entdecken. Mit großen Augen überflog sie die vielen fremden Gesichter, aber Link blieb unauffindbar. Hilflos beugte sie sich und ließ sich treiben, nicht aber ohne sich immer wieder nach ihrem Begleiter umzusehen. Erst vor einer großen aufgebauten Holzbühne verteilten sich die Festbesucher und Zelda konnte sich einen Überblick verschaffen.

Kinder tobten herum.

Die vielen Holzbänke vor der Bühne waren bereits besetzt und eng aneinander gepresst, teilten sich die Hyliader die vorhandenen Sitzplätze.

Ein Mann, klein, hager und mit einer großen Brille auf der Nase eröffnete mit einer flammenden Rede die Feierlichkeiten und kurz darauf wechselten sich verschiedenste Künstler ab, tanzten, sangen und schauspielerten. Nach und nach verteilte sich die Masse über die Innenstadt und an die Marktstände.

Zeit genug um nach Link Ausschau zu halten. Ein unbehagliches Gefühl breitete sich in der verkleideten Prinzessin aus. Wie schnell sie sich an seine Anwesenheit gewöhnt hatte. Würde das Seelenband noch bestehen könnte sie ihn sofort ausfindig machen, aber nun blieb ihr nichts anderes übrig als nach seiner grünen Tunika Ausschau zu halten. Sie ging über den Platz, lauschte dem lieblichen Gesang eines kleinen Mädchens, das eben ein Lied zu ehren des Thronfolgers zum Besten gab.

Hin und wieder schob sich Zelda zwischen Festbesuchern hindurch, aber sie entdeckte Link nirgends. Erneut sah sie zur Bühne auf der nun vier Tanzpaare Volkstänze vorführten. Für einen kurzen Moment beobachtete sie die Bewegungen, dann drehte sie um und folgte dem Weg zurück. Inzwischen hatte sich die Masse gut verteilt und die verkleidete Prinzessin konnte ausgiebig die Stände mit den verschiedensten Waren begutachten. Viele fremdartige Waren aus Holz und Glas, die schönsten Stoffe in bunt schillernden Farben, Kleidungsstücke für Männer, Frauen und Kinder, Taschen, Spielzeug und noch so vieles mehr wurden angepriesen. Gerade betrachtete sie eine wunderschöne Kette, als ihr ein herrlicher Duft in die Nase sog. Sie richtete sich auf, sah sich um und erkannte um einen Stand, nicht unweit von ihrem jetzigen Ort entfernt, einige Männer und Frauen, die einen dampfenden Krug in ihren Händen hielten. Neugierig auf dieses Getränk, das aromatisch-süßlich duftete, trat die verkleidete Prinzessin zu dem Stand hin und lauschte dem Verkäufer, der sein Heißgetränk der Kundschaft anpries.

Eine kleine Gruppe jubelte plötzlich begeistert und zog damit Zeldas Aufmerksamkeit auf sich. Sie schob sich an den Hyliader vorbei, näherte sich der kleinen Versammlung und hörte die Besucher des Festes lachen.

Ein Gaukler unterhielt die Bürger in seiner tapsigen Art und warf immer wieder schier unbeholfen Bälle und Kegel hoch in die Lüfte um damit mehr oder weniger erfolgreich zu jonglieren. Wenn er wieder etwas fallen ließ, erntete er großes Lachen.

Auch Zelda lächelte, war es doch des Gauklers Aufgabe freudiges Lachen zu entlocken. Sie war so fasziniert von den Bewegungen, dass sie nicht auf ihre Umgebung achtete und gegen einen Widerstand stieß. Erschrocken blickte sie auf und entschuldigte sich sofort: „Verzeihung“, stockte aber als sie erkannte wem sie gegenüber stand.

Eisblaue Augen blitzten ihr amüsiert und auch erfreut entgegen, während der junge Mann sich eine rötliche Haarsträhne aus der Stirn strich und sie aufmerksam musterte. „So schnell sieht man sich wieder“, bemerkte er anzüglich grinsend. Er sah sich um, suchte scheinbar nach ihrem Begleiter, als er dann aber doch das Wort an sie richtete: „Ihr seid nicht von hier. Woher kommt Ihr?“

Zelda, die sich in ihrer Verkleidung als Shiekah sicher fühlte, bekam dennoch ein ungutes Gefühl. Diese Augen, wach und aufmerksam, wissend, leuchteten ihr entgegen. „Ich wüsste nicht was Euch das angeht“, wich sie aus, setzte einen Schritt zurück.

Bevor sie aber gehen konnte, umfasste der Fremde blitzschnell ihren Arm und zog sie näher an sich heran. „Warum denn so abweisend?“, grinste er. „Ich bin doch nur neugierig.“ Seine Augen fuhren wieder musternd über ihren Körper und sprach dann zu Zeldas Entsetzen: „Neugierig darauf zu erfahren, warum sich eine Shiekah in Hyliades aufhält. Abgesehen davon, dass die Shiekahs ein uraltes Volk einer Legende sind und angeblich überhaupt nicht mehr existieren.“

Zelda in Verkleidung von Shiek verzog keine Miene, würde sich nicht dazu äußern, diesem Fremden nicht in seinen Annahmen bestätigen. Auch wenn sie sich fragte, woher er so viel über das Volk der Shiekahs wusste.

„Nun ja, es halten sich aber auch Gerüchte, dass eine letzte Überlebende Shiekah im Dienste des hylianischen Königshaus steht“, sprach er die zweite Vermutung aus, die ihm auf der Zunge lag.

Aber auch hierzu würde Zelda schweigen. Die Fragen hingegen kreisten in ihrem Kopf und sie wusste nicht, was dieser Mann im Schilde führte.

„Lasst sie los!“

Und kaum hörte sie die ihr so bekannte Stimme, spürte sie seine Anwesenheit als wäre das Seelenband nie zerrissen. Auch wenn es wieder nur für kurze Dauer sein würde, so wollte sie das Gefühl der Verbundenheit festhalten und nachspüren. Sie drehte ihren Kopf zu Link, ihrem selbsternannten Beschützer, unendlich erleichtert ihn wahrhaftig vor sich stehen zu haben.

„Euer Begleiter ist so eben gekommen“, zog der rothaarige Fremde die Aufmerksamkeit der Prinzessin wieder auf sich und erschrocken, weil seine Stimme so nah an ihrem Ohr klang, riss sie ihren Kopf zurück und starrte in das jungenhafte Gesicht mit kantigen Zügen. Das eisig blaue Augenpaar blitzte auf. Er beugte sich noch näher zu ihr, grinste sie unverschämt und triumphierend an. „Ihr seid eine Shiekah, glaubt nicht mich täuschen zu können.“ Statt dem Befehl nun endlich nachzukommen und Zeldas Arm loszulassen, zog der Fremde sie schon an sich, überbrückte den kleinen Abstand und presste seine Lippen auf Zeldas.

Die Prinzessin zu geschockt von dem Kuss riss ihre Augen weit auf, während der Fremde seine Augen geschlossen hielt und sich ganz dem Reiz hingab.

Link riss ebenso entsetzt seine Augen auf, dann knurrte er, zog blitzschnell sein Schwert und drückte es dem Mann an die Kehle.

Dieser vom kalten Metall überrascht, öffnete seine Augen, löste sich von der attraktiven Shiekah und richtete seine Aufmerksamkeit komplett auf seinen Herausforderer.

Link reagierte schnell, schnappte sich Zeldas Arm und zog sie instinktiv hinter sich.

Der Rothaarige belächelte den blonden jungen Mann in seiner grünen Tunika. „Wer glaubt ihr, dass ihr seid um euer Schwert gegen mich zu richten?“

„Wer seid ihr, dass ihr euch erdreistet fremde Frauen zu küssen?“, erwiderte Link ungehalten.

Zelda, immer noch verwirrt und entsetzt über den Kuss, spürte wie der Körper ihres Beschützers sich anspannte. Es würde eskalieren, wenn sie sich nicht einmischte. „Link“, sprach sie ihn leise und doch flehend an. Ihre Augen starrten auf den Rücken, der sie verbarg.

Aber der junge Mann hörte nicht und gab seine Angriffsstellung nicht auf.

Der Rothaarige lachte kurz auf. „Ihr sucht wirklich den Kampf wegen eines bedeutungsloses Kusses?“ Im nächsten Moment zog er ein Schwert aus der Scheide, das an einem Waffengurt unterhalb des dunklen Mantels verborgen war.

„Geh zur Seite“, forderte Link Zelda auf, die sich aber in seinen Rücken krallte und den Kopf schüttelte. „Bitte nicht, Link, sei vernünftig“, flehte sie leise, dass nur er es hören konnte.

Unwirsch schubste er Zelda zur Seite und parierte sofort den Angriff des Fremden. Das Metall der Schwerter kreischte entsetzlich als es aufeinander traf und alle Passanten wichen erschrocken zurück. Immer wieder parierten sie einen Angriff oder schlugen zu. Mehr und mehr Hyliader umringten schon bald die beiden Schwertkämpfer, jubelten, wetteten wer wohl gewinnen möge. Sie hielten das für eine Einlage der Festveranstalter und nur Zelda wusste in diesem Moment wie ernst dieser Kampf hier war. Er war ausgewogen, beide Kämpfer standen sich in nichts nach, aber auch keiner von ihnen konnte so die Überhand gewinnen. Sie waren flink, ein Schritt zurück, eine Drehung, Angriff, bücken, zurückweichen, parieren. Es war ein flüssiger Bewegungsablauf, der sich wiederholte in der Hoffnung einen Sieg davon zu tragen.

Zelda stellte fest, dass sich immer mehr Zuschauer sammelten. „Link!“

Ihre Stimme so flehend, dass der vergessene Held der Zeit innehielt. Diese Möglichkeit ließ sich der Rothaarige nicht entgehen, schlug Link das Schwert aus der Hand, welches klirrend zu Boden fiel. Da spürte der Heroe die kühle Klinge an seinem Hals.

Die Prinzessin Hyrules wusste nicht was sie tun sollte. Die Menge um sie herum jubelte und klatschte begeistert. Nach und nach löste sich aber die Traube auch schon wieder auf, hielten den Kampf für ein Spektakel und eilten weiter.

„Ich hoffe, dass war dir eine Lehre“, sprach der Rothaarige überheblich. Seine Augen wichen anzüglich zu der attraktiven Shiekah. Drei Männer erreichten den Schauplatz, doch ehe einer etwas sagen konnte, hob der Rothaarige die Hand als Zeichen des Schweigens. Seine Augen musterten Link, der ihn immer noch wutverzerrt ansah, die Klinge zu deutlich an seiner Kehle spürend. „Fordere nie jemanden heraus, der dir haushoch überlegen ist.“ Schon zog er sein Schwert zurück, steckte es zurück in die Schwertscheide und ging von dannen.

Der Heroe blieb stehen. Die Hände zu Fäusten geballt.

„Link“, flüsterte Zelda, wusste sie doch dass sie es war, die ihn aus seiner Konzentration gerissen hatte.

Er ignorierte sie, hob sein Schwert vom Boden auf, betrachtete es einen langen Moment gedankenverloren, dann steckte auch er es weg. Ein finsterer Blick traf die Prinzessin, ehe er zielstrebig davon ging.

Zelda wollte ihn nicht wieder verlieren und folgte ihm sofort.

Den ganzen Weg zurück sprachen sie kein Wort mehr.

Erst in der Unterkunft betrachtete er das Bett und drehte sich seiner Begleitung zu: „Leg dich schlafen. Morgen wird nochmal ein beschwerlicher Ritt auf uns zu kommen.“

„Und du?“, erwiderte die Prinzessin unsicher.

„Ich komme schon zurecht“, wies er ab und verließ das Zimmer. Hinter ihm fiel die Türe ins Schloss.

Sie starrte ihm nach, konnte sich nicht erklären, warum er jetzt so wütend war. Auch wenn sie ihm gegenüber ein schlechtes Gewissen hatte, so folgte sie seiner Anweisung. Es wäre wirklich ratsam sich hinzulegen. Dann aber trat die Sorge hervor. Wo würde er diese Nacht schlafen?
 


 

***~~~***~~~***
 

Lord Mika saß Tage wie auch Nächte in den Heiligen Hallen und studierte alte Schriften, aber er fand keinen Hinweis, nicht einen einzigen, der ihnen einen brauchbaren Rat im Kampf gegen diese Schattenwesen gab.

Zumal diese gewaltige Macht die Heiligen Hallen, ebenso hat erzittern lassen, wie das gesamte Land. Das beunruhigendste seither war das Schwert im heiligen Stein, das rot aufgeglüht hatte und seitdem nur noch bedrohlich wirkte.

Seine Augen hoben sich und glitten zu dem umtriebigen Geist. Seit der kraftvollen Magie war der Weise unruhig. Er schwebte von einer Seite zur anderen Seite des Raumes, immer wieder und wurde nicht müde. Zudem murmelte er wirre, unverständliche Worte. War es eh schon seltsam einem Geist gegenüber zustehen, mit diesem zu reden, so behagte ihm das unruhige Wesen nun überhaupt nicht mehr. Er richtete seine Konzentration wieder auf die alten Schriften, begann wieder die Runen zu betrachten und versuchte diese zu übersetzen.

Ein gleißend heller Lichtblitz durchzog die spärlich beleuchteten Räume. „Weiser Rauru. Es gibt Grund zur Besorgnis.“

Mika kniff durch die blendende Helligkeit seine Augen zusammen. Erst als er sich sicher war, dass es vorbei war, öffnete er vorsichtig die Lider und erkannte eine großgewachsene, starke Frau. Das weiße Haar zusammengebunden. Rote Augen, wie es nur das Volk der Shiekah hatte. „Lady Impa“, stieß der Lord überrascht aus.

Ebenso überrascht Lord Mika hier vorzufinden zog die Shiekah ihre Augenbrauen hoch. „Lord Mika, ihr … hier?“ Sie sah zu Rauru, zu Mika und wieder zu Rauru. Der Geist nickte, während er heran schwebte. „Lange Geschichte. Was habt ihr in Erfahrung gebracht?“

„Im Schattentempel spürte ich die Bewegung und die fremdartige Ansammlung von Schatten. Er ist unpassierbar, dennoch sie suchen nach einer Möglichkeit einzudringen.“ Eine tiefe Sorgenfalte durchzog die Stirn. „Ich bin dem nach gegangen und habe es beobachten können. Sie kamen durch ein Tor aus der Schattenwelt. Sie bewegen sich unwahrscheinlich schnell in der Nacht, doch am Tage kauern sie an dunklen Orten und sind wie bewegungsunfähig.“ Sie sah von Lord Mika zu Rauru. „Prinzessin Zelda trug mir auf die Weisen zu warnen. Ich bin direkt zu Darunia aufgebrochen und habe Salia in den Verlorenen Wäldern aufgesucht. Ich bin gerade auf dem Weg zu Ruto gewesen als ...“ sie hielt inne, doch dann sah sie besorgt auf. „... als die Macht der Göttinnen erschien.“

Rauru lauschte aufmerksam dann nickte er. „Ja, die Macht der Göttinnen wurde freigesetzt.“

„Wie konnte das geschehen?!“, forderte Impa eine Erklärung.

„Prinzessin Zelda muss sie freigesetzt haben.“

„Sie ist im Schloss“, widersprach Impa sofort. „Diese Macht kam aber aus südlicher Richtung.“

„Bei uns hat sich auch einiges getan, Lady Impa“, mischte sich Mika zögernd ein. „Während eurer Abwesenheit wurde das Schloss angegriffen.“

Die Shiekah zog entsetzt ihre Augenbrauen hoch.

„Der König?“

„Tot“, brachte er nur noch tonlos heraus.

Impa senkte traurig und in Gedenken an ihren Herrscher den Kopf. Auch Rauru verfiel in ein stummes Gebet.

„Lord Siam?“

„Hat uns verraten und sitzt auf dem Thron“, sprach Mika und ballte vor Wut seine Hände zu Fäusten.

„Die Prinzessin?“

„Die Schatten haben uns überrascht, der Prinzessin und mir gelang die Flucht. Die Ritter der königlichen Garde sind bereits auf der Suche nach ihr. Ritter Strongfield ist auf dem Weg nach Hyliades und versucht die Prinzessin einzuholen. Sie wollte Hilfe bei König Valent ersuchen.“

„Ist sie etwa alleine auf der Reise?!“ Impa wanderte nun unruhig auf und ab.

Lord Mika senkte betroffen den Blick, doch Rauru schüttelte schmunzelnd den Kopf. „Habt ihr es nicht gespürt? Nayrus und Farores Macht hat sich gemeinsam entfacht.“

Mika sah fragend zu dem Geist, doch Impa hielt inne, schien zu verstehen und sprach: „Der Held der Zeit begleitet sie.“ Und eine unendliche Erleichterung klang in dieser Aussage mit. Sie sah zu Rauru. „Ich werde Prinzessin Zeldas Auftrag ausführen und die Weise des Wassers und auch die Weise der Geister aufsuchen. Sie alle haben die Macht der Göttinnen sicherlich auch gespürt, schließlich hat es die ganze Welt zu spüren bekommen.“ Sobald mein Auftrag ausgeführt ist, werde ich Zelda in Hyliades aufsuchen und ihr berichten. Darunia wie auch Salia melden sich sobald sie etwas in Erfahrung bringen.“ Ihre Augen trafen auf Lord Mika.

Rauru entging das keineswegs. „Lord Mika sitzt über die alten Schriften und versucht ebenso etwas herauszufinden, sobald wir mehr wissen, werde ich euch eine Nachricht zu kommen lassen.“

Impa nickte, dann verschwand sie in einem gleißenden Licht.

„Hoffen wir, dass wir am Ende nicht zu spät kommen“, sprach Rauru gedankenverloren.

Lord Mika verharrte still, mit tiefer Sorge im Herzen und wirren Gedanken im Kopf.

unruhige Nacht

Link kümmerte sich um Frida und Epona. Die Sattel hatte er zur Seite gelegt. Nacheinander striegelte er die Pferde, kratzte die Hufe aus und bürstete die Mähnen. Beide Pferde genossen die Schönheitskur nach den anstrengenden Tagen. Für diese Nacht standen die Pferde im Stall, jede Stute in einer eigenen Box, bekamen Hafer und Heu. Auch wenn Epona bei weitem nicht so entspannt blieb wie Frida. Als ahnte Link wie unwohl sich seine Stute in dieser Box fühlte, zog er Karotten und Äpfel aus seinem magischen Beutel und verfütterte das Obst und Gemüse an die beiden schönen Stuten.

Seine Gedanken glitten zu der Prinzessin, die in ihrem Zimmer lag und längst schlief. In den letzten Tagen hatten sie sich viel unterhalten, auch wenn er mehr den Part des Zuhörers übernommen hatte. Er war verwirrt über ihre Erzählungen, ihre Handlungen, die er nicht nachvollziehen konnte. Sie war ihm so fremd und doch fragte er sich erneut: Hatte er sie überhaupt jemals gekannt? Nur weil sie vom Schicksal her miteinander verbunden waren, so hieß es doch nicht gleich, dass er sie gut kannte oder sie Freunde waren.

Tief in Gedanken versunken lehnte Link an der Innentüre von Eponas Box.

Die treue Stute stieß den jungen Mann sanft an und suchte mit den Nüstern nach weiteren Leckereien.

Der blonde Heroe lächelte und holte einen weiteren Apfel heraus. Nun schnaubte Frida. „Für dich habe ich auch noch einen.“ Während die Pferde genüsslich kauten, hing Link seinen Gedanken wieder nach. Wer auch immer die Feinde sein mochten, sie waren gefährlich. Als sie an Equipagus vorbeikamen und ihre eiskalte dunkle Aura verbreiteten, kamen sie schnell voran. Hätte er damals schon geahnt, dass sie auf dem direkten Weg ins Schloss waren, er hätte sich dazwischen gestellt. Ärgerlich über sein untätiges Verhalten, ballte der vergessene Held seine Hand zur Faust. Hätte er es ändern können? Würde der König dann noch leben? Oder war es vom Schicksal vorherbestimmt? Musste Hyrule sich der neuen Gefahr stellen? War dies die Strafe, weil sie im alternativen Zeitpfad das Schicksal gelenkt haben?

Link raufte sich die Haare. So viele Fragen und keine einzige Antwort. Er streichelte Epona und tätschelte ihr den Hals. „Ich werde mich noch ein wenig umsehen“, flüsterte er. Dann verließ er die Box und wenig später den Stall.

Sein Blick glitt die Außenmauer der Herberge hinauf zu der dunklen Kammer, in der Zelda schlief. Erst zögerte er sie allein zu lassen, aber dann fragte er sich, was ihr schon passieren sollte. Für alle war sie Shiek, eine Shiekah. Niemand kannte ihre wahre Identität.

Langsam trat er durch die Stadt, die noch immer ausgiebig feierte. Die Menge hatte sich verlagert, viele saßen zusammen und tranken fröhlich, einige taumelten bereits reichlich angetrunken. Link ging unauffällig durch die Straßen, an den vielen Holzbuden vorbei, die verschiedenste Waren anboten. Neugierig beäugte er die Auslagen. So hatte er am frühen Abend nicht einen Augenblick Zeit gehabt die Atmosphäre auf sich wirken zu lassen. Schnell war ihm Zelda im Getümmel verloren gegangen und er hatte sie verzweifelt und überaus besorgt gesucht. Wusste er doch nicht, wohin sie plötzlich verschwunden war. In seinen Gedanken malte er sich bereits aus, dass sie entführt wurde. Dann fand er sie, wie sie diesem Fremden aus dem Gasthof gegenüberstand. Von unbändiger Wut überrollt, musste er eingreifen. Auch jetzt ballte er die Hände zu Fäusten, als er an diese Situation zurückdachte. Auch wenn Shiek durch Tücher die halbe Gesichtshälfte verbarg, die Dreistigkeit sie dennoch zu küssen ärgerte Link maßlos. Link wusste zu gut, wie der anschließende Schwertkampf ausgegangen wäre. Hätte Zelda ihn nur nicht aus seiner Konzentration gerissen. Auch wenn sein Gegner ein guter Schwertkämpfer war, er war Link gewiss nicht haushoch überlegen.

Der blonde junge Mann sah sich um. Er ging langsam tiefer in die Gassen, entfernte sich von den Hauptstraßen. Unweit verließen mehrere Männer und Frauen ein Haus. Laute Musik drang heraus. An ihm trat ein älterer Mann vorbei und strebte eben dieses Gebäude an. Neugierig folgte Link dem Mann und je näher er kam, desto mehr Lärm drang durch das steinerne Gemäuer. Kurz zögerte der Heroe, doch dann trat er ein und sah sich aufmerksam um.

Viele Hyliader feierten, saßen an Tischen tranken Met und unterhielten sich angeregt. An der gegenüberliegenden Seite befand sich eine lange Bar mit vielen Hocker davor. Eine Traube an Gästen hatte sich an der Theke gebildet. In der Mitte des Raumes tanzten Paare. Ein paar Musikanten spielten begleitend eine fröhliche Melodie mit ihren Instrumenten.

Link ging tiefer in den vollen Raum, beobachtete die Tänzer, die einer bestimmten Schrittfolge folgten und damit einen Volkstanz zum Besten gaben. Da stach ihm ein roter Haarschopf ins Auge. Der Heroe blieb stehen und sah genauer hin. Nicht weit entfernt an einem der Tische saß der unverschämte Kerl. In seinen Armen zwei junge schöne Damen, die an ihm lehnten und kicherten. Unauffällig drückte sich Link etwas näher an eine Gruppe, die am Rande der Tanzfläche in Gesprächen vertieft waren. Die aufmerksamen blauen Augen hingegen beobachteten den Fremden. Dieser trank einen großen Schluck Met, beugte sich plötzlich zu einem der Mädchen in seinem Arm und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Sofort zog eine Röte auf die Wangen der Frau, ehe sie aufstand und davon ging. Einen lüsternen Blick ihrem Rücken.

„Hey, du da! Was willst du trinken?“, wummerte eine tiefe laute Stimme neben Link.

Überrascht wandte er seinen Blick von dem Rothaarigen und der verbleibenden jungen Frau in dessen Arm ab und suchte den Besitzer der sonoren Stimme.

Ein großer breiter Mann stand hinter dem Tresen, von der Statur ähnelte er Boron. Das verdreckte ärmellose Hemd wurde halbwegs von einer noch schmutzigeren Schürze verdeckt. Die Oberarme waren muskulös und übersät mit schwarzem Haar. Der schwarze Vollbart wucherte förmlich in dem Männergesicht, während auf dem runden Kopf eine große glänzende Glatze thronte.

„Nichts, danke“, antwortete Link höflich und wandte seinen Blick wieder ab. Allerdings saß der Rothaarige nicht mehr an dem Tisch. Flink huschten die Augen durch das Gedränge an feier-freudigen Hyliadern. Am Ende des Raumes verschwand der rote Haarschopf gerade hinter einem Vorhang.

Der tiefe Bass wummerte erneut: „So nicht, Bürschchen! Entweder du trinkst was oder du verziehst dich wieder!“

Links blaue Augen fixierten wieder den Wirt. Er kniff seine Augen zusammen. „Was ist dort hinten?“, fragte er, statt eine Bestellung aufzugeben.

Der Hüne grinste hämisch. „Warum willst du das wissen, Bürschchen? Du bist doch sicherlich noch grün hinter den Ohren.“ Er begann schallend zu lachen. „Glaub mir, Kleiner, die Mädels da hinten sind eine Nummer zu groß für dich!“ Er wischte sich seine großen Pranken an der Schürze ab und wiederholte seine Frage. „Was ist jetzt?! Willst du was trinken?“

Links Blick huschte kurz zu dem Vorhang, ehe er sich wieder zu dem großen Mann drehte. „Einen Becher Met!“

Es sah für einen Moment so aus, als wollte der Riese wieder eine herablassende Bemerkung fallen lassen, doch er schwieg und machte sich daran aus einem großen Fass einen Becher abzufüllen.

Link stellte sich derweil an den Tresen, ließ aber den Vorhang die gesamte Zeit nicht aus den Augen. Schon wurde der Becher vor ihm abgestellt und er zog ein paar Rubine aus seiner Tasche. Wenn das so weiter ging wie bisher, ist sein Angespartes schneller ausgegeben als ursprünglich geplant. Er umfasste den Becher mit seiner im Handschuh eingepackten linken Hand und roch an dem süßen, alkoholischen Getränk. Sein Blick schweifte wieder zum Vorhang. Wenn in den hinteren Räumen ein Freudenhaus beherbergt war, könnte die Rückkehr des Rothaarigen eine Weile dauern. Er wandte seinen Blick wieder auf das honigbraune Getränk und führte den Becher zu seinem Mund. Eine herrliche Süße sog ihm in die Nase. Als der erste Schluck seine Kehle hinab rann, wurden seine gesamten Geschmacksknospen angesprochen.
 


 

* * *
 

Endlich erreichte er das kleine Dorf. Überrascht sah er sich um und beobachtete das geschäftige Treiben. Emsig trugen die Bewohner Holzbalken und er konnte ein fast fertiges Haus und eines im Rohbau entdecken. Ihm war nicht bewusst, dass dieses Dorf stetig wachsen würde. Bisher hielt er Equipagus für ein kleines verschlafenes Dorf im Wald, dass sich nur auf die königliche Pferdezucht spezialisiert hatte.

Ritter Aiden Strongfield entschied sich den Bürgermeister aufzusuchen. Immerhin hatte er das Dorfoberhaupt schon einige Male im Schloss angetroffen und wusste wie er aussah. Ohne lange zu suchen, hatte Ritter Armstrong Glück, denn wie durch einen Zufall kam ihm der Bürgermeister entgegen. In Begleitung einer schönen jungen Frau.

Ebenso überrascht betrachtete der Bürgermeister den königlichen Ritter. Es war nicht ein Ritter, sondern einer der Leibgarde des Königs. „Guten Tag, was kann ich für Sie tun?“

„Guten Tag, Bürgermeister Emden. Mein Name ist Aiden Strongfield. Ich bin vom Königshaus ausgesandt worden.“ Während seiner Vorstellung ballte Aiden die rechte Hand zur Faust und legte sich diese auf die Höhe seines Herzens. Der königliche Gruß, den alle Ritter innehatten.

„Prinzessin Zelda hatte gar nicht erwähnt, dass ein Ritter zu uns kommen würde“, grübelte der Bürgermeister sofort.

„Dann war sie wirklich hier?“

„Ja, das war sie. Sie ist auf dem Weg nach Hyliades - zum Königsschloss.“

„Wann ist sie aufgebrochen?“

„Vor fünf Tagen“, antwortete das Dorfoberhaupt.

Ritter Strongfield runzelte die Stirn. „Dann müsste sie bald das Schloss erreicht haben.“ Er sollte sich beeilen. „Ich hoffe sehr, dass ihr nichts zugestoßen ist.“

„Ihr könnt unbesorgt sein. Link begleitet sie“, wischte der Bürgermeister die Bedenken des Ritters zur Seite.

„Wer ist das?“

„Er ist…“, setzte der Bürgermeister an, spürte jedoch auch Sukkis aufmerksamen Blick auf sich und erinnerte sich an sein Versprechen. „… ein alter Freund der Prinzessin und gibt ihr Geleitschutz.“

„Ich danke Ihnen, Bürgermeister Emden.“ Ritter Strongfield verabschiedete sich und würde sich gleich auf den Weg machen. Auch wenn bald die Dunkelheit einkehren würde, so galt es keine Zeit mehr zu verlieren. Die Prinzessin hatte bereits einen viel zu großen Vorsprung. Schnell verließ er das Dorf, setzte sich auf sein Ross und ritt davon. Schon bald erreichte er den Hauptweg und erschrak. Seit wann befanden sich vereinzelte Dekuranha in Hyrule? Schon wurde er angegriffen. Ritter Armstrong zog sein Schwert und bekämpfte den dunklen Feind.
 


 

* * *
 

Link ließ sich sehr viel Zeit den Becher zu leeren. Aber der Rothaarige kehrte nicht zurück. Dafür beobachtete er die gesamte Zeit über dessen beide Begleiter. Auch sie amüsierten sich und hielten vollbusige, leicht bekleidete Damen im Arm. So langsam fragte Link sich, was er hier überhaupt tat und warum es ihm plötzlich so wichtig war, diesem Fremden nachzustellen, aber seine Intuition riet ihm zu warten. Seine Augen wichen wieder zu dem Vorhang.

Plötzlich bewegte sich dieser und der Rothaarige trat mit einem zufriedenen Grinsen heraus. Während er an den Tisch seiner Begleiter zurückkehrte, schob sich indessen ein gewaltiger Vorbau in Links Sichtfeld.

Überrascht starrte er auf das ausladende Dekolleté. Dann hob er irritiert seinen Blick und sah einem Mädchen ins Gesicht. Das braune Haar zu zwei Zöpfen geflochten, große braune Augen funkelten ihn an und die Lippen zu einem verführerischen Lächeln gezogen. „Na, Hübscher, so ganz allein?“ Ihre Stimme rau und erotisch, jedoch ließ diese eher auf eine erwachsene Frau schließen. Erneut betrachtete der Held der Zeit das Gesicht und entdeckte die vielen kleinen Fältchen um die Augen herum. Sie sah auf dem ersten Blick jünger aus, als sie in Wirklichkeit war.

Link lehnte sich zurück, erhaschte einen Blick auf den Tisch und beobachtete, wie Bewegung reinkam. Im nächsten Moment warf einer der Begleiter einen Beutel Rubine über den Tresen zum Wirt und verabschiedete sich. Dann verschwanden die drei Fremden.

Der Held der Zeit stand auch auf, drückte sich möglichst ohne Körperkontakt an der vollbusigen Hyliaderin vorbei, murmelte etwas und verschwand nun ebenso. Er folgte den Dreien unauffällig durch die Stadt. Während der Rothaarige erhobenen Hauptes voran schritt, torkelten dessen zwei Begleiter mehr oder weniger hinterher.

An einem Außenstall hielten sie an, holten sich drei Pferde hervor, stiegen in den Sattel und ritten wenig später aus der Stadt davon.

Für Link bedeutete dies umzukehren und wenigstens noch ein wenig Schlaf in dieser Nacht zu bekommen. So schlich er zurück in den Pferdestall und richtete sich in Eponas Box ein kleines Nachtlager ein.
 


 

* * *
 

Winston von Kaine hatte erneut die Steppe abgesucht und mit Einbruch der Dunkelheit wollte er zu Lon-Lon-Farm zurückkehren. Er freute sich bereits auf das gemeinsame Abendessen mit Malon. Auch wenn ihr Vater Talon und der Gehilfe Basil dabei wären, so genoss er doch jeden Augenblick, den er mit der Farmerstochter verbringen durfte. Auch erhoffte er sich wieder eines der angenehmen Gespräche. Er lenkte sein Pferd zur Farm, als etwas seine Aufmerksamkeit erweckte. Wie aus dem Nichts erschienen plötzlich verschiedene dunkle Wesen. Bewaffnet und bedrohlich. Eldred zügelte sein Ross und kniff die Augen zusammen. In der Dämmerung blitzte ein Schwert hervor, der dazugehörende Körper hingegen bestand nicht aus Fleisch und Blut, sondern bestand nur aus einem Skelett – in Rüstung.

Der Ritter erschrak. So hatte er in der Ritterschule von diesen Wesen gehört und gelesen, selbst ist er noch nie einem gegenübergestanden. Stalfos!

Das feindliche Wesen trat direkt auf ihn zu. Eldred stieg von seinem Pferd ab und zückte sein Schwert. „Für Hyrule“, sprach er. Im nächsten Moment stürzte er sich auf den Feind.
 

* * *
 

Zelda erwachte mit den ersten Sonnenstrahlen und blickte sich etwas orientierungslos um. Dieses fremde Zimmer irritierte sie, so hatte sie doch zuvor noch geträumt im Schloss zu sein. Jedoch wurde ihr schlagartig bewusst, dass das Schloss von den Schatten eingenommen wurde und sie sich auf der Flucht befand. Jeder Augenblick, den sie vergeudete, bot sie ihren Feinden die Möglichkeit sie zu finden. Schon richtete sie sich auf, sah sich im Zimmer um und stellte fest, dass Link sich nicht hier aufhielt. Wo sich ihr Begleiter befand, wusste sie nicht. Sie wusch sich kurz, ehe sie die Tücher über ihr Gesicht zog und ihre wenigen Habseligkeiten packte. Im nächsten Moment verließ sie das Zimmer, trat die Treppe in den Gastraum hinab. Ihre Augen erfassten den Raum, aber Link fand sie nicht. Sich fragend, wo er nur sein könnte, verließ sie den Gasthof und ging zum Pferdestall. Schnell stand sie vor Fridas Box und streichelte sanft über die Nüstern ihres Reittiers. „Hast du gut geschlafen?“, flüsterte sie zu der weißen Stute. Kaum erklang ihre Stimme streckte auch Epona ihren Kopf hervor.

Die verkleidete Prinzessin trat an die Box nebenan, um auch die treue Stute ihres Begleiters zu begrüßen, als ihr Blick auf das Nachtlager fiel. Sofort überkam die Prinzessin das schlechte Gewissen. Er hatte ebenso ein warmes Bett verdient. Auch wenn dieses bei weitem nicht das bequemste war, so war es dennoch besser als ein Bett aus Stroh.

Zelda betrat die Box, schloss die Türe hinter sich und spürte das sanfte Schnauben der braunen Stute. Leise trat sie an den noch schlafenden Helden heran und hockte sich neben ihn. Sie betrachtete seine feinen Gesichtszüge, den friedvollen Schlaf und das dichte blonde Haar. Wie von Zauberhand geführt hob sich ihre rechte Hand und wollte ihm eine vorwitzige Haarsträhne aus seinem Gesicht streichen. Als ihr das bewusst wurde, schrak sie zurück. Ihr Herz klopfte schneller in ihrem Brustkorb und verlegen blickte sie zu der Stute, die sie mit einem aufmerksamen Blick und aufgestellten Ohren beobachtete.

Die Prinzessin atmete tief durch, ehe sie Link sanft an der Schulter rüttelte. „Guten Morgen, Link.“

Sofort öffneten sich die blauen Augen und mit einer Reaktion, die sie ihm nach so einem festen Schlaf nicht zugetraut hätte, sprang er auf und sah sie alarmiert an.

„Es ist Zeit“, erklärte sie beruhigend, während sie ebenso aufstand und ihn anlächelte. Schon verschwand sie aus der Box, um ihren Sattel zu holen. Sie würde Frida satteln und überließ Epona dem vergessenen Helden der Zeit.

Etwas später ritten sie durch die kleine Stadt und Zelda folgte einem bestimmten Weg. Nicht mehr lange, dann erreichten sie das Schloss Hyliades und die Prinzessin wäre vorerst in Sicherheit.

Schloss Hyliades

Auf seinem Weg nach Hyliades begegnete Ritter Strongfield einem Feind nach dem anderen. Er erledigte einige Dekuranha, mehrere Raubschleime und einen Knochengänger. Sein Weg führte ihn in ein kleines zerstörtes Dorf. Der Verwesungsgeruch war unerträglich und der Anblick entsetzlich. Die Kadaver von Maden befallen und Fliegen umringt. Die eingestürzten Häuser, Ruinen und verbrannten Dächer zeugten von einer Grausamkeit, die niemand sich vorzustellen wagte. Aiden war vieles gewohnt und hatte im Dienst des Königshauses viel gesehen, aber das war bei Weitem das schrecklichste Szenario, dem er begegnete. Er wollte so schnell es ging dieses Dorf hinter sich bringen. Jedoch in der Dorfmitte wimmelte es von Zombies. Es würde nicht einfach werden, aber er stellte sich dem Kampf und schickte jene Untoten wieder in die Finsternis zurück. Von dem schrecklichen Leichengeruch fast betäubt, schwang er sich wieder auf sein Pferd und beeilte sich voranzukommen. Sein Weg führte zur Grenze, traf auf die vielen gefallenen Soldaten. Entsetzt wanderten seine Augen von einem Hylianer zum nächsten. Jedes Gesicht leichenblass, aschfahl, jene Augen vor Schreck geweitet und jeder Mund, jeder Gesichtszug zum Schreien verzerrt. Dies alles prägte sich tief ein.

Auf einem Mann blieb sein Blick schließlich hängen. Er lehnte im Sitzen an den Zinnen. Eine Hand fest um das Seil der Alarmglocke gekrallt. Seine Augen vor Schrecken weit geöffnet und eine tiefe, große Bauchwunde klaffte durch seine Uniform.

Erschüttert keuchte Aiden Strongfield auf. Alva Garwin, ein alter Freund und treuer Soldat. Er hatte alle noch gewarnt und dennoch war es zu spät. Alva hatte sich auf seine freien Tage und die gemeinsame Zeit mit seiner Familie gefreut. Wie es seinen Kindern und seiner Frau wohl ergehen mochte? Sobald er seinen Auftrag beendet hatte, würde er Alvas Familie einen Besuch abstatten.

Respektvoll senkte Aiden seinen Kopf vor diesem Mann, der selbst im Tode noch alle warnen würde. Dann trieb er sein Ross an und verließ Hyrule. Er ritt eine Weile durch die Nacht und in den Morgen.
 


 

* * *
 

Sein Schwert klirrte, als es auf die Rüstung des Stalfos traf. Schon setzte das Skelett wieder zur Gegenwehr an. Zweien hatte er bereits ein Ende gesetzt, jedoch der dritte setzte sich eisern zu Wehr. Eldred Winston of Kaine spürte die Kraft schwinden. Er versuchte diesen einen verwundbaren Punkt zu treffen, jedoch schien sein Gegner jeden Treffer vorauszuahnen. Schwer atmend hob Eldred sein Schwert über sich und verhinderte gerade noch einen Treffer. Allerdings entdeckte er eben jene Schwachstelle. Das klopfende blutige Herz unter dem Rippenbogen. Kraftvoll stieß er Stalfos zurück, sammelte seine Energie und begann seinen Angriff. Erst rechts, dass aufeinanderprallende Metall der Schwerter klirrte, dann links. Im nächsten Moment täuschte er einen Angriff an, lenkte die Aufmerksamkeit des Stalfos ab und zog ruckartig das Schwert dann doch durch, mitten zwischen die Rippenknochen. Ein quietschender Kreisch, dann brach das Skelett in sich zusammen.

Schwer atmend starrte der Ritter auf den Knochenhaufen und beobachtete wie dieser langsam zu Staub zerfiel. Sein Blick glitt in den Himmel. Der Morgen graute bereits. Er würde sich nun endlich auf den Weg zur Lon-Lon-Farm begeben. Er stieg auf sein Ross und ritt davon. Pünktlich zum Sonnenaufgang erreichte er den Pferdestall und sattelte sein Reittier ab, rubbelte es trocken und fütterte es. Müde rieb er sich über die Augen, während seine Gedanken unablässig im Kreis rotierten. Die Begegnung mit den Stalfos warf so viele Fragen auf.

Unbemerkt trat Malon näher. Ihre Augen ruhten besorgt auf dem Ritter von Hyrule. „Eldred“, flüsterte sie.

Aus den Gedanken gerissen, drehte sich der müde junge Mann um. Doch ihm trat sofort ein Lächeln auf die Lippen, als er die schöne rothaarige Frau sah: „Guten Morgen, Malon.“

„Ich habe mir Sorgen gemacht. Was ist passiert?“ Sie trat näher, zog einen Apfel hervor und verfütterte diesen an das Pferd.

„Ich bin auf verschiedene finstere Wesen getroffen und befand mich die gesamte Nacht über in Kämpfen.“

„Finstere Wesen?“ Malon runzelte die Stirn. Außerhalb der Farm sollte es gefährliche Gestalten geben?

Eldred drehte sich ihr zu. „Ich habe dies in meiner Ausbildung gelernt. Diese Wesen… Sie sind gefährlich.“ Er legte die Hände auf die Schultern der Rothaarigen. Seine Augen suchten die der Farmerin. „Verlasse nachts niemals das Haus!“

Sie spürte, wie ernst er seine Worte meinte. Malon wollte nicht, dass er sich um sie sorgte. Ein liebevolles Lächeln trat auf ihre Lippen und sie nickte. „Ich verspreche es.“

Der Ritter nickte erleichtert, im nächsten Moment umschlang er die junge Frau und drückte sie an seine Brust, während er sein Gesicht in ihrem roten Haar vergrub.

Malon ließ es geschehen und verharrte mit starkem klopfendem Herz in den starken Armen des Ritters. Dieser Moment gehörte nur ihnen beiden.
 


 

* * *
 

In der Ferne erkannte man bereits die Schlossmauern und die hohen Türme. Je näher sie kamen, desto größer und imposanter wurde es. Das Schloss inmitten flacher Landschaft ließ einen weiten Blick zu und feindliche Angriffe frühzeitig erkennen. Zelda, in ihrer Verkleidung als Shiek, ritt auf eine breite Zugbrücke zu. Link folgte ihr und ließ seine Augen wandern.

Ein tiefer und weiter Burggraben sorgte für einen zusätzlichen Schutz und verhinderte, dass jemand die Mauer hinaufkletterte. Das Schloss, so edel es aussah, glich auch einer Festung. Einer unbezwingbaren Burg. Neugierig suchte er nach Schwachpunkten. Auch wenn sie im ersten Moment undurchdringlich aussah, so fand Link einige Stellen, die er locker mit einem Enterhaken umgehen hätte können. Nur den Enterhaken besaß er in diesem Zeitpfad nicht.

Sie überquerten die Zugbrücke und trafen auf ein verschlossenes Tor. Zelda stieg ab und trat auf das Tor zu. Fridas Zügel hielt sie fest in ihrer linken Hand.

Ein kleines Gitterfenster bot einen winzigen Einblick in den großen Schlosshof. Im nächsten Moment erschien ein Kopf. „Wer seid Ihr und was wollt Ihr?“

Shiek erschrak innerlich, doch dann antwortete sie. „Ich bin Shiek, eine Vertraute der Prinzessin Hyrules. Prinzessin Zelda schickt mich mit einer Botschaft für König Valent.“

Das Gesicht hinter dem Gitterfenster verschwand wieder. Lange Zeit tat sich nichts, doch dann erklang ein metallenes Geräusch und langsam öffneten sich die Tore.

Shiek blickte über ihre Schulter zurück und beobachtete Link, der aufmerksam die Mauer und die Brüstung unter Augenschein nahm. Als Bewegung in das Tor kam, stieg auch Link ab und führte Epona am Zügel näher an die verkleidete Prinzessin.

Ein Soldat erschien vor ihnen. „König Valent erwartet Euch. Bitte folgt mir.“

Zelda und Link traten durch das Tor in den Hof und sofort eilte ein Stallbursche herbei, um den Gästen die Pferde abzunehmen und diese im Stall zu versorgen. Die Reisenden hingegen folgten dem Soldaten durch den großen Schlosshof. Beschäftigte und Wachen gingen emsig ihren Tätigkeiten nach.

Links Augen sahen sich auch hier aufmerksam um, während er Zelda und dem Soldaten folgte. Als sein Blick gerade zu einem der Türme hinauf glitt, entdeckte er eine Gestalt hinter einem Fenster. Eine junge Frau mit hochgestecktem rotem Haar beobachtete die Fremden. Und in diesem Moment begegneten sich ihre und Links Augen. Gelb-golden schoss es dem Heroen durch den Kopf.

Der Weg führte zu einem Seiteneingang. „Hier herein“, sprach der Soldat und riss Links Aufmerksamkeit auf den Weg vor sich. Sie folgten einem Gang und blieben vor einer großen doppelflügeligen Türe stehen. Der Gang war nur spärlich geschmückt und wirkte eher trist. Die Türen wurden geöffnet und der Soldat ließ den Fremden den Vortritt.

Shiek und Link traten vor und folgten einem breiten roten Teppich in einen großen Saal. Die Wände aus Marmor, geschmückt mit Stickbildern und Wandteppichen. Alte Rüstungen zierten den Weg des roten Teppichs. Das Wappen Hyliades hing an der Wand gegenüber. Ein roter und ein grüner Drache, ineinander verschlungen und ihren offenen Schlund einander zugedreht. Rechts und links der Wand befand sich eine große Glasfront, die einen wundervollen Blick in die großen Schlossgärten bot. Vor dem Wappen standen vier große Stühle. Auf einem der beiden Mittleren saß ein Mann mit braunem lockigem Haar. Auf seinem Haupt trug er eine goldene Krone.

„Majestät, Shiek aus Hyrule“, sprach der Soldat, verbeugte sich und bezog Stellung an der Türe.

Link betrachtete den König des Landes. Ein stattlicher Mann mit breiten Schultern. Schlank und kräftig mit einer Ausstrahlung von unfassbarer Stärke. Ein brauner Bart umspielte die Kinnpartie des Königs. Eisblaue Augen musterten die Reisenden aufmerksam, aber auch misstrauisch.

Zelda und Link verbeugten sich. „Ich danke Euch, Majestät. Euer Empfang ist von großer Bedeutung.“

Der König runzelte die Stirn. „Ich kenne euch nicht.“ Ein tiefer Bass ertönte und vermittelte Strenge und Härte. „Shiek…“, er verstummte, musterte dann die Fremde erneut und schüttelte den Kopf. „Ich habe noch nie von euch gehört.“

Zelda richtete sich auf. „Ich verstehe das Misstrauen, König Valent. In der Tat habt Ihr noch nie von Shiek gehört. Bitte verzeiht meine Verkleidung, aber sie diente meiner eigenen Sicherheit auf dieser Reise.“ Im nächsten Moment löste Zelda die Tücher von ihrem Gesicht und befreite ihr langes blondes Haar.

Die blauen Augen des Königs beobachteten die fallenden Tücher. „Prinzessin Zelda“, murmelte er. „Welch eine Ehre, Euch in meinem Schloss empfangen zu dürfen. Warum hat mir Euer Vater keine Nachricht zukommen lassen?“

„Dafür war leider keine Zeit.“

Neugierig, aber auch misstrauisch wich der königliche Blick hin zu Zeldas Begleiter. „Wer ist der junge Mann an Eurer Seite?“

Zelda lächelte kurz zu Link, ehe sie ihre Aufmerksamkeit wieder einzig und allein auf König Valent richtete. „Link ist mein Leibwächter, Majestät.“

Der König betrachtete den blonden Jüngling lange, ehe er nickte. „Link, ich danke euch für eure Dienste, aber bei mir ist Prinzessin Zelda in Sicherheit.“

Überrumpelt blickte Link zum König. Er hatte den Rauswurf vernommen, aber warum wollte der König ihn nicht hier im Saal haben?

Zelda, ebenso erschrocken über die unfreundlichen Worte, widersprach sofort. „Majestät, ich habe keine Geheimnisse vor Link. In der Tat ist er auch in all meine Beweggründe eingewiesen und verschwiegen. Ich wünsche das er bleibt.“

König Valent zog die Augenbrauen wütend zusammen. Widerworte hörte er wohl selten und ungerne. Er musterte die Prinzessin vor sich, dann den Leibwächter. „In Ordnung, er kann bleiben.“

Zelda senkte ihren Kopf, um ihre Dankbarkeit über seine Zustimmung auszudrücken, ehe sie sprach. „König Valent, ich erbitte Eure Hilfe. Fremde Wesen überfielen Hyrule und das Schloss. Wir wurden im Schlaf angegriffen und überrannt. Das Schloss fiel in die Hände des Feindes und mein Vater verlor sein Leben im Kampf.“ Je weiter sie sprach, desto leiser wurde Zeldas Stimme. Der Verlust ihres Vaters traf sie immer noch schwer. „Ich bitte Euch mir Schutz zu geben und die Erlaubnis zu erteilen Eure Bibliothek aufsuchen zu dürfen. Ich erhoffe mir, etwas über diese fremden Wesen in euren Schriftrollen zu finden. Es muss doch eine Möglichkeit geben diese Wesen zu besiegen.“

König Valent stand die Sorge über das Ausmaß der Erzählung ins Gesicht geschrieben. „Selbstverständlich dürft Ihr bleiben, Prinzessin“, stimmte er zu und gab einen Fingerzeig. Sofort verschwand der Soldat an der Türe hinaus und trat mit einem Diener wieder ein. „Bereitet zwei Zimmer für unsere Gäste vor.“

Der Diener verbeugte sich und verschwand.

König Valent lehnte sich im Thron zurück und sah Zelda aufmerksam an. „Berichtet mir von den feindlichen Wesen.“

„Schattenartige Wesen. Keine Körper, keine Gliedmaßen, keine Knochen. Einzig drei leuchtende rote Punkte erscheinen in dieser wabernden Masse. Jeder Schwerthieb geht hindurch. Sie scheinen keine sichtbare verwundbare Stelle zu haben.“ Zelda erinnerte sich plötzlich an die Begegnung mit dem Schatten, der ihren Vater getötet hatte. Nayrus Schutzzauber hatte sie bewahrt und Aiden Strongfield kam ihr zu Hilfe und schlug auf dieses schattenhafte Wesen mehrfach ein. „Obwohl! Einer meiner Leibgardisten hat einen Schatten vernichtet.“ Die Sorge in König Valents Gesicht verringerte sich dadurch nicht. Sie fügte hinzu: „Dennoch unterlagen wir ihnen machtlos.“

Der König fuhr sich über das Gesicht, ehe er seine Hände an sein Kinn legte und grübelnd an seinem Bart zupfte. Erst schien es, als würde er etwas sagen wollen, schwieg aber weiter.

Irritiert sprach Zelda weiter. „Mein Gelehrter forscht bereits nach Schwachstellen aber bisher ohne Erfolg.“

König Valent schwieg immer noch. Er stand auf und ging zu einem der Fenster. Sein Blick schweifte durch die königlichen Gärten, während er in Gedanken versunken schien.

Zelda sah kurz zu Link, der seine blauen Augen aufmerksam auf den König hielt.

„Das kann nicht sein“, murmelte dieser plötzlich und drehte sich zu Zelda. Er verschränkte seine Arme hinter dem Rücken und begann im Saal auf und abzulaufen. Er wirkte plötzlich wie ein eingesperrter Tiger, der aus seinem Käfig nicht ausbrechen konnte. Schon drehte er sich wieder den königlichen Gärten zu.

Die Türe wurde geöffnet und der Soldat sprach. „Majestät! Ihre Hoheit, Prinzessin Viona, wünscht die Gäste zu begrüßen.“

Ohne seinen Blick abzuwenden, nickte der König.

Zelda drehte sich neugierig um, ebenso Link. Überrascht musterte er die schlanke junge Frau mit sonnengebräunter Haut, die in einem hochgeschlossenen, dunkelgrünen Kleid gekleidet war. Die roten Haare waren kunstvoll hochgesteckt und ausdrucksstarke gelb-goldene Augen musterten die Fremden aufmerksam. Neugierig näherte sich die Prinzessin von Hyliades und musterte Link intensiv, bevor sie die verkleidete Prinzessin musterte.

„Prinzessin Viona, es ist mir eine Ehre“, Zelda knickste vor der Prinzessin des Landes und musterte sie ebenso neugierig wie die junge Frau sie.

„Wir haben uns zuletzt als Kinder gesehen“, stellte Viona fest. Ihre Stimme klang fest und eisern, als wäre sie es gewohnt ständig Befehle zu erteilen.

Link, der sich vor der Prinzessin verbeugt hatte, wagte einen neugierigen Blick und begegnete prompt diesen seltsamen Augen, die ihn aufmerksam und interessiert musterten. Diese Augenfarbe war so selten und er kannte nur ein Volk in Hyrule, das ebenso ausdrucksstarke Augen hatte. Zeldas Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. „Ja, das ist sehr lange her“, stimmte Zelda zu.

Auch Viona löste den Blickkontakt zu dem jungen Mann und musterte Prinzessin Zeldas Erscheinung. „Aber es freut mich Euch vor der Hochzeit doch noch kennen zu lernen.“

Link stutzte.

Zelda schluckte. Die Hochzeit hatte ihr Vater damals auch erwähnt, allerdings vertrat die Prinzessin Hyrules einen anderen Standpunkt. Für sie stand fest, dass diese Hochzeit nie stattfinden würde. „Ich denke nicht, dass“, begann Zelda, brach aber ab als der Soldat erneut die Türe öffnete.

„Prinz Vadin, Sire.“

Alle richteten ihre Aufmerksamkeit auf die Türe. Sofort versteifte sich Link, was auch Zelda unmerklich spürte. Sie konnte ihrem Begleiter jedoch keine weitere Beachtung schenken, denn der Prinz Hyliades trat direkt auf sie zu. Das jungenhafte Gesicht mit kantigen Gesichtszügen, der rote Haarschopf und eisblaue Augen musterten sie. Er überragte sie um einen Kopf. Der schlanke Körper steckte in einer dunkelblauen Uniform. Sie konnte es nicht glauben. Innerlich erstarrte sie, musterte ihr Gegenüber, dem sie bereits mehrfach gegenüberstand.

„Prinzessin Zelda“, sprach er freundlich, während ein süffisantes Lächeln auf seine Lippen trat. Er beugte sich vor, nahm Zeldas Hand in seine und führte diese in einen Handkuss. „Welch Ehre Euch in Hyliades begrüßen zu dürfen.“ Er löste sich wieder von ihr, ließ sie allerdings nicht aus den Augen. „Hätte ich gewusst, dass Ihr es seid, so hätte ich Euch letzte Nacht bereits aufs Schloss geleitet, statt in dieser überteuerten und schäbigen Unterkunft nächtigen zu lassen.“

Zelda spürte wie Links Anspannung immer größer wurde. Auch er hatte diesen jungen Mann sofort wieder erkannt. Sie entzog ihre Hand dem Prinzen und sprach: „Ich habe in dem Gasthaus sehr gut geschlafen.“ Ihre Augen wichen kurz zu Link und erneut überkam sie das schlechte Gewissen, dass er so viel Geld für dieses kleine einfache Zimmer bezahlen musste, und selbst im Pferdestall genächtigt hatte.

Vadin folgte dem Blick und grinste überlegen. „Euer Begleiter.“

„Mein Leibwächter“, widersprach die Prinzessin sofort.

Der Prinz nickte kaum merklich, schenkte dem Blonden allerdings keine weitere Aufmerksamkeit und ließ stattdessen seine Augen über die Kleidung der Prinzessin Hyrules wandern. „Eine geschickte Verkleidung. Wollt Ihr Euch nicht umziehen? Ich bin mir sicher, meine Schwester wird Euch mit Kleidern aushelfen.“

Viona nickte zustimmend.

Da sprach König Valent: „Wir besprechen nachher alles weitere. Die Gemächer sind fertig. Viona, begleite die Prinzessin und veranlasse das ihr Kleidung gebracht wird.“ Der König musterte seinen Sohn streng und auch verärgert. „Vadin, du bleibst! Es gibt etwas zu besprechen!“

Alle leisteten den Befehlen von König Valent folge. Ein Diener und der Soldat begleiteten die Prinzessinnen wie auch Link in einen anderen Trakt des Schlosses. Er führte sie zu zwei nebeneinander gelegenen Zimmer. Viona schickte nach Kleidern, während sie in Zeldas Zimmer eintrat. „Meine Kammerdienerin wird Euch beim Umziehen helfen. Solltet Ihr etwas benötigen, mein Gemach ist den Gang entlang. Schickt nach mir und ich komme zu Euch.“

Die Prinzessin von Hyliades drehte sich um. Link stand im Türrahmen, schweigsam und aufmerksam. Wie ein Leibwächter, der alles dafür tat, dass es seiner Herrin an nichts mangelte. Viona lächelte ihn an. „Folgt mir, Sir Link, ich zeige Euch euer Gemach.“

„Ich bin kein Ritter“, entgegnete Link, während er zur Seite trat, um die Prinzessin vorbeizulassen.

Viona stutzte, betrachtete ihn aufmerksam, dann verließ sie das Gästezimmer.

Link warf noch einen Blick zu Zelda, die ihm aufmunternd zu lächelte. Sie waren in Hyliades und in Sicherheit. Hier würde ihr nichts mehr geschehen. Und dennoch breitete sich in ihr das Gefühl der absoluten Leere aus, sobald Link sich umdrehte und das Zimmer verließ.

Gespräche

Zelda stand unschlüssig vor Links Türe. Sie fühlte sich einsam und sehnte sich nach seiner Nähe und seiner Sicherheit. Ihre Haare frisch gewaschen und in einem von Vionas Kleidern gekleidet, zupfte die Prinzessin an dem Saum an ihrem Handgelenk. Sie zögerte erneut, atmete tief durch und klopfte.

Sofort öffnete Link die Türe. Überrascht ließ er Zelda eintreten und schloss die Türe wieder. Seine Augen musterten sie. Das Kleid umspielte verlockend ihre Körperrundungen. Die violetten samt färbenden Stoffe schmeichelten ihrem Teint.

Auch Zelda musterte Link aufmerksam. Er war ebenso frisch gewaschen und trug eine braune Hose und ein weißes Hemd. Das Kettenhemd und die Tunika waren verschwunden, ebenso wie das Schwert und Schild.

Link fühlte sich verpflichtet zu erklären. „König Valent gab den Auftrag mir eine neue Tunika zu schneidern.“

Dies überraschte Zelda. Was bewog den König zu solch einer Entscheidung?

Der Heroe schien nun auch ganz in Gedanken zu sein, denn schon stolperten die nächsten Worte über seine Lippen. „Du siehst sehr hübsch aus.“ Im nächsten Moment biss er die Zähne zusammen.

Erst überrascht sah Zelda auf, ehe sie liebevoll lächelte: „Danke, Link.“ Sie sah an sich hinab. „Ich habe mich in Shieks Kleidung wohler gefühlt“, gestand sie ihm dann noch leise. Die Kleider gaben ihr das Gefühl bereits zu Hyliades zu gehören, als künftige Gemahlin Prinz Vadins.

Beide schienen sichtlich überfordert mit der Situation zu sein. Bisher war ihr gemeinsames Ziel das Schloss zu erreichen, aber nun wusste keiner so recht, wie er mit dem anderen umgehen solle. „Wie geht es weiter?“

Zelda suchte Links Augen. „Ich hoffe Antworten zu finden.“

„Und was ist mit diesem Prinz Vadin?“

Die Prinzessin bemerkte, dass ihm die Worte sichtlich schwer über die Lippen kamen und nickte gedankenverloren. „Mein Vater und König Valent dachten sich, dass unser Friedensbündnis für immer bestehen blieb, wenn Vadin und ich heiraten.“ Sie faltete ihre Hände vor ihrem Bauch und trat an Link vorbei. Sah sich in dem geräumigen Raum um. Ein Schrank, ein Bett und eine kleine Sitzgelegenheit waren allerdings die einzigen Einrichtungsgegenstände. Karg und spärlich, jedoch von edlem Holz. „Natürlich hat mein Vater Gefallen an dem Gedanken gefunden. Wie immer hat er etwas entschieden ohne vorher mit mir zu reden.“

„Du bist eine Prinzessin, wen sonst solltest du heiraten, wenn nicht einen Prinzen?“

Zelda drehte sich dem Helden der Zeit zu, sah ihn lange an, doch dann nickte sie. „Für mein Land wäre es vermutlich der einzig richtige Weg.“ Sie senkte den Blick. „Zuallererst muss eine Schwachstelle gefunden werden, einen Hinweis wie wir die Feinde besiegen können. Ist Hyrule erst einmal gerettet, wird die Zeit zeigen, wie es weitergeht.“ Sie zögerte etwas, doch dann suchte sie seine klaren blauen Augen. „Bleib bitte in meiner Nähe.“

In Gedanken versunken nickte er: „Ich bin dein Leibwächter. Es dürfte nicht allzu schwierig werden.“

Es klopfte an der Türe. Link drehte sich zur Türe und öffnete. Ein Diener stand davor und verbeugte sich. „Seine Majestät wünscht Prinzessin Zelda zu sehen.“

Während sie durch das Schloss geführt wurden, ließ Zelda ihren Blick schweifen. Auch wenn hier alles anders war, so erinnerte sie doch einiges der Einrichtung an ihr zuhause. Schloss Hyrule in den Händen der Feinde. Erneut angegriffen und teilweise zerstört. War es Schicksal, dass ihr Königreich wieder zum Opfer fiel? War es die Bestrafung, dass sie damals die Zeit lenkten, um Frieden zu bringen?

Der Diener führte sie am Thronsaal vorbei und blieb vor einer weiteren Türe stehen. Er klopfte, öffnete die Türe und ließ Zelda und ihrem Begleiter den Vortritt.

Überrascht sah sich die Prinzessin um. In einem Kamin zu ihrer linken Seite loderte bereits ein Feuer und hüllte den Raum in eine angenehme Wärme. Der Blick aus dem Fenster ging in den herbstlichen und bereits dämmernden Schlossgarten. In der Mitte des Raumes standen ein Kanapee und zwei große Ohrensessel in Samtrot und ein runder kleiner Tisch.

Prinzessin Viona saß auf dem Sofa und stickte, während ihr Bruder vor einem großen Gemälde stand und dies zu betrachten schien. Als aber Zelda in den Raum trat, drehte er sich um, musterte sie aufmerksam und kam auf sie zu. „Das Kleid steht Euch vortrefflich“, sprach Prinz Vadin, während er sie zu einem der Ohrensessel geleitete und ihr einen Platz anbot.

Link beobachtete ihn finster, ließ seinen Blick auch durch den Raum schweifen und entdeckte zwei Männer, die ihm ebenfalls nicht unbekannt waren.

Prinz Vadin schien ebenso nichts zu entgehen, denn schon stellte er vor. „Das sind meine Leibwächter. Sir Andu und Sir Kien.“ Die beiden deuteten einen Gruß an und Link nickte kurz. „Ihr seid gar kein Ritter?“ Prinz Vadin trat auf Zeldas Leibwächter zu und musterte ihn aufmerksam.

„Muss man ein Ritter sein, um dem Königshaus zu dienen?“

„Nein, aber ein Leibwächter sollte den Titel eines Ritters tragen“, bemerkte Prinz Vadin abschätzend.

„Was genau sagt der Titel über eine Person oder dessen Fähigkeiten aus? Ein Ritter kann sich Ritter nennen, muss aber nicht unbedingt ein guter Schwertkämpfer sein.“

„Dass Ihr euer Schwert beherrscht, habe ich bemerkt, auch wenn eure Fähigkeiten noch ausbaufähig sind.“ Prinz Vadin sprach so verachtend und herablassend, dass Link innerlich vor Wut kochte.

„Zum einen gefährde ich keine unschuldigen Bürger, zum anderen dient meine Schwertkunst einzig Prinzessin Zelda und dem Volk von Hyrule.“ Er war sichtlich bemüht, sich nicht provozieren zu lassen.

Prinzessin Zelda ballte ihre Fäuste, während sie unfassbar zornig über die gefallenen Worte wurde. „Link mag kein Ritter sein, aber er hat weit mehr für Hyrule getan als jeder Ritter in den Diensten meines Vaters.“ Ihre blauen Augen funkelten Prinz Vadin an, der seine Aufmerksamkeit seiner künftigen Braut schenkte. „Solltet Ihr euch um meine Sicherheit sorgen, so kann ich Euch beruhigen, Prinz Vadin. Ich werde nirgendwo so sicher sein wie in Links Nähe.“

Überrascht sahen alle Prinzessin Zelda an.

Vionas Augen hafteten dagegen nur auf den erstarrten jungen blonden Mann mit geröteten Wangen.

König Valent war zwischenzeitlich unbemerkt eingetreten in Begleitung einer schönen rothaarigen Frau mit sonnengebräunter Haut. Beide haben das Wortgefecht angehört. Der König sprach nun laut und deutlich: „Ich habe von den Taten eures Leibwächters gehört, Prinzessin Zelda.“

Erstaunt nahmen erst jetzt alle das Königspaar wahr. Zelda knickste, während alle Männer im Raum sich verbeugten. König Valent begleitete seine Frau zum Sofa, ehe er sich selbst in einen Ohrensessel setzte. „Euer Vater hat mir alles vom alternativen Zeitpfad erzählt. Es erschien wie eine Geschichte und dennoch wissen wir nur zu gut, dass jede Erzählung einen wahren Kern beinhaltet.“

Zelda wusste gar nicht, dass ihr Vater sich König Valent anvertraute. Es überraschte sie.

König Valents Augen erfassten Link. „Für den Leibwächter einer Prinzessin seid Ihr wahrlich noch zu jung und für einen Ritter ebenso. Aber als ich euch vor mir stehen sah, wusste ich sofort, dass Ihr der sagenumwobene Held der Zeit seid.“

Stille bereitete sich in dem kleinen Kaminzimmer aus und alle Augen ruhten auf Link.

König Valents Augen entdeckten das Triforce Zeichen auf Zeldas rechtem Handrücken, ehe er wieder Link ansah. „Ihr tragt das Symbol der Göttinnen auf eurem Handrücken, ebenso wie Prinzessin Zelda.“ Unbewusst krampfte Link seine linke Hand zur Faust. Dem König entging nichts und er nickte. „Die Last liegt sicherlich schwer auf euch. Ihr musstet viel erleben und unvorstellbares Leid mit ansehen. Und dieses Schicksal wiederholt sich in diesen Augenblicken.“ König Valent sah zu Zelda. „Es gibt eine Legende in Hyliades. Anders als in Hyrule handelt sie von unserer Göttin Hylia.“ Er lehnte sich in seinem Sessel zurück, stützte die Ellbogen auf den Lehnen und faltete die Hände zusammen. „Göttin Hylias Auferstehung brachte die Sonne mit sich und sie erschuf Hyliades. Jedoch fühlte sie sich bald einsam. Sie drittelte ihre Macht und gebar drei Göttinnen – Din, Nayru und Farore. Jede Göttin erhielt von Hylia ein Relikt, das für Weisheit, Mut und Kraft stand, um eine Welt im Einklang mit dem Himmelreich zu erschaffen. Nach der Schöpfung zog sich jede Göttin in ihr eigenes kleines Reich zurück. Nayru baute sich einen Tempel, Farore zog sich in die Tiefen der Wälder zurück, während Din sich einen eigenen Berg erschuf, umgeben von Wasser. Es heißt die Relikte würden immer noch in den Tempeln ruhen, verborgen im tiefsten Inneren.“

„Niemand hat je diese Tempel betreten?“ Prinz Vadin spottete über diese Geschichte.

König Valent betrachtete seinen Sohn einen langen Moment. „Es heißt, dass es niemand wagte. Diejenigen, die sich auf die Suche begaben, kehrten nie wieder zurück.“

„Gibt es Aufzeichnungen?“ Prinzessin Zelda glaubte der Legende. Immerhin gab es auch das sagenumwobene Masterschwert, das Triforce, dessen Macht der Weisheit in ihrem Körper schlummerte, die Heiligen Tempel und die Weisen, die ihr im alternativen Zeitpfad gegen den dämonischen Ganon geholfen hatten.

„Gerne dürft Ihr in der Bibliothek stöbern. Vielleicht findet Ihr einen Hinweis.“

„Es sind Legenden“, mischte sich Vadin verächtlich ein. „Ebenso wie die Legende des Helden der Zeit.“ Ein eisiger Blick traf Link, der erneut seine Hände zu Fäusten ballte und seinen Ärger schluckte.

„Du hast noch nie viel Wert auf diese Geschichten gelegt. Dein Kopf hat sich schon immer davor verschlossen“, mischte sich plötzlich die Königin ein. Schon fügte sie erklärend hinzu: „Vadin hat schon als kleiner Junge jegliche Legende als Mythos, Märchen oder Humbug abgetan.“ Die Königin stand auf und trat auf Link zu und musterte ihn aufmerksam. „Wahrlich seht Ihr so aus wie Naboru euch beschrieben hat.“

„Naboru?“ Link starrte die Königin an. Gelb-goldene Augenfarbe, rotes Haar, gebräunte Haut. „Ihr kennt Naboru?“

Die Königin nickte lächelnd. „Sie ist die Anführerin des Wüstenvolkes, dem auch ich entstamme.“

Links Augen wichen zu Prinzessin Viona, die das Aussehen ihrer Mutter geerbt hatte. Als könne die Königin seine Gedanken lesen, erklärte sie. „In meinem Volk setzen sich bei Frauen die Gerudo-Gene durch. Vadin selbst kommt nach seinem Vater, außer seine roten Haare, die hat er von mir geerbt.“ Sie musterte Link aufmerksam. „Ich habe Naboru schon lange nicht mehr gesehen. Dennoch erinnere ich mich an ihre Erzählungen. Wie der junge Held der Zeit, mit blondem Schopf und klugen nachtblauen Augen, mutig und tapfer gegen das finstere Unheil sein Masterschwert schwang und sein Leben riskierte, um Hyrule und all seine Bewohner vor der Verdammnis zu beschützen.“

Der besagte Held der Zeit starrte die Königin sprachlos an. Er wusste, dass man es nicht tat, aber er konnte seine Augen nicht abwenden. Ungläubig lauschte er den Worten, die voll Lobgesang auf seine Heldentaten waren, denen er selbst nicht mal genug Glauben schenken konnte. Und umso überraschter war er, dass Naboru solch Lobgesänge auf ihn hielt. Auf ihn, den Retter Hyrules, den Helden der Zeit, dem Lenker des Schicksals.

Ganz in Gedanken an ihre Heimat und ihr Volk, fügte die Königin leise hinzu: „Eine Gerudo, die ihr Volk wegen eines Mannes verlässt, ist nicht mehr gern in der Wüstenstadt gesehen.“

„Die Gerudos sind ein spezielles Volk“, stimmte Link zu und eine Erinnerung aus dem alternativen Zeitpfad trat hervor. Damals schlich er sich in die Festung ein, wurde von Naboru erwischt und bekam nach einem kleinen Kampf, den er gewann, die offizielle Erlaubnis in der Stadt ein- und auszugehen und den Trainingsplatz des Wüstenvolkes nutzen zu dürfen.

Die Königin nickte dem Helden der Zeit zu und drehte sich zu Prinzessin Zelda, die ebenso erstaunt wie gebannt den Worten gelauscht hatte. „Meine Tochter wird euch morgen in die Bibliothek begleiten und euch behilflich sein.“

„Ich danke euch, Königin Viala.“ Ihre Stimme wackelte. Zelda spürte zu deutlich die Gänsehaut auf ihren Armen. So hoffnungsvoll und voll Dankbarkeit hatte sie noch nie jemanden zu Link sprechen hören. Auch wenn diese Worte für alles standen, dass Zelda selbst fühlte, so war nicht einmal sie in der Lage ihren Dank an Link auszusprechen. Sie war ihm so dankbar für alles was er für Hyrule, ihrem Volk und für sie getan hatte. Sie sah ihrem Freund aus Kindheitstagen an, wie sehr die Worte ihn bewegten, in ihm arbeiteten und ihm einen Blick auf sich selbst gaben, den er nie für möglich gehalten hatte. Und sie dankte der Königin im Stillen für ihre klaren Worte.

„Ich werde mich nun zurückziehen“, sprach Königin Viala. Sie nickte allen im Raum zu und wandte sich zur Türe.

König Valent stand ebenso auf. „Es ist spät geworden.“ Seine Augen wichen in die Dunkelheit hinaus. „Ihr solltet alle schlafen gehen“, sprach er fast väterlich.

Im nächsten Moment verließ er mit seiner Gemahlin den Raum. Zelda und Viona folgten. Link begleitete die Prinzessinnen. Nur Vadin blieb mit einem grimmigen Gesichtsausdruck und seinen beiden Leibwächtern zurück, verschränkte seine Arme vor der Brust und verlor seinen Blick in den züngelnden Flammen.
 


 

* * *
 

Es war so kalt. Er wusste schon gar nicht mehr, wie er seinen Körper noch warmhalten sollte. Seit dieser mystischen Nacht hatte er Prinzessin Ruto nicht mehr gesehen. Auch der König des Wasservolkes ignorierte ihn und ließ ihn in dieser eisigen und feuchten Zelle versauern. Es schien vollkommen unerheblich, dass er ein Ritter des Königs Hyrules war, der einen wichtigen Auftrag erledigen soll. Wie konnte der König der Zoras nur so stur und kalt sein?! Wesley Minestrong rieb sich über seine Arme, um sich zu wärmen, aber er spürte, dass es nichts mehr brachte. Zu sehr war er innerlich bereits unterkühlt.

Sein Atem ging schwer, weiße Wölkchen bildeten sich vor seinen Lippen. Seine Finger kalt und beinahe unbeweglich. Die müden Augen schlossen sich langsam. Sein Geist verlor so langsam den Kampf.

Schritte näherten sich.

Überrascht blickte er auf. Bildete er sich es ein? Der Ritter richtete seine müden Augen auf das magische Gitter, welches ihm den Weg in die Freiheit blockierte.

Im nächsten Moment stellte sich ein Zora vor das Gefängnis. Die Gitterstäbe verschwanden und der Zora trat ein. Nur sehr verschwommen nahm er wahr, wie ein Fischmensch auf ihn zutrat. Im nächsten Moment wurde er von einer warmen Decke eingehüllt. Seine Augen schlossen sich und er fiel in eine tiefe Dunkelheit.
 


 

* * *
 

Blake Slowfoot starrte wie so oft in den letzten Tagen auf den großen Felsen, der ihm den Weg zum Todesberg versperrte. Der Abbau des Gesteins ging nur sehr langsam voran, auch wenn die Dorfbewohner all ihre Kraft in diesen Felsen steckten. Er wurde von Tag zu Tag ungeduldiger. Sein Auftrag drängte je mehr Zeit verging.

Die Sonne ging unter. Umso schlimmer einen weiteren Tag vergeudet zu haben. Er fragte sich, wie es den anderen Rittern wohl erginge. Sir Mistleroy sollte die Gerudostadt längst erreicht haben, ob er Prinzessin Zelda dort wohl gefunden hatte? Oder Sir Kaine, der die hylianische Steppe nach ihr absuchte. Hatte er schon Erfolg? Oder war Sir Minestrong bei den Zoras inzwischen fündig geworden? Ritter Strongfield wollte die steinige Steppe absuchen. Sollte sich ihre Prinzessin dort verstecken, wäre der Ritter noch viele Monde mit der Suche beschäftigt. Die Zeit drängte aber. Der nächste Vollmond würde bald kommen. Viel Zeit blieb ihnen nicht mehr.

Ein stämmiger Mann trat auf den Ritter zu und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Es wird noch Tage dauern, bis das Geröll entfernt ist.“

„Gibt es keine Möglichkeit den Felsen zu sprengen?“

„Nein, Sir, die Bomben können nichts ausrichten.“

„Nun gut, so sei es“, stimmte der Ritter zu. Er konnte nichts ausrichten und musste auf die Unterstützung der Dorfbewohner Vertrauen.

„Die Männer machen morgen weiter“, verabschiedete sich der Bewohner Kakarikos und nach und nach gingen alle nach Hause.

Verzweifelt starrte der Ritter den großen Felsen an während um ihn herum langsam die Nacht hereinbrach.
 


 

* * *
 

Müde wischte sich Eldred über die Augen. Er hatte nur etwas gegessen, dann war er sogleich wieder aufgebrochen, um in den entlegensten Winkeln nach der Prinzessin zu suchen. Erfolglos kehrte er mit Einbruch der Dämmerung wieder zur Lon-Lon-Farm zurück.

Malon deckte bereits den Tisch als er in die Stube eintrat. Es war ein Bild, das sich ihm tief einprägte. Ein Gefühl des nach Hause kommen stellte sich bei ihm ein. Auch wenn er nie eine Vorstellung von einer Familie hatte, geschweige denn sich seine Gedanken mit Frauen bisher beschäftigt hatten. Einzig Hyrule gab es bis jetzt in seinem Leben. Er diente dem König und dem Volk. Etwas anderes fand keinen Platz in ihm. Doch hier, auf dieser friedlichen Pferdefarm, fühlte er sich wohl.

Er trat langsam auf die Farmerstocher zu, näherte sich mit schweren Schritten und sog den Duft des Mädchens in sich ein. Sie roch so gut und er würde nie von ihr genug bekommen.

Malon drehte sich zu ihm und strahlte ihn an. „Du bist wieder hier.“ Kaum sah sie ihm in die Augen, trat Sorge in ihr Gesicht. „Du hättest heute hierbleiben sollen.“

„Das geht nicht. Mein Auftrag ist zu wichtig.“ Seine Gedanken beschäftigten sich bereits seit ein paar Tagen mit diesem Auftrag. Er wusste nicht, wo er noch nach Prinzessin Zelda suchen sollte. Daher würde sein nächster Weg ihn in die steinige Steppe führen. Denn in die Verlorenen Wälder, so war er sich sicher, war sie nicht geflüchtet. Zu gefährlich war es dort und für Hylianer bedeutete es das sichere Ende. Auf dem Weg würde er noch einen Abstecher in das Dorf Kakariko wagen. In der Wüste war Cal und bei den Zoras hielt sich Wesley auf. Die beiden hatten sicherlich alles unter Kontrolle und bestimmt schon ein Bündnis mit den Gerudos und den Zoras geschlossen. Sicherlich standen die Streitmächte schon bereit. „Malon, ich werde weiterreisen müssen.“

Erschrocken starrte sie ihn an. „Wohin?“

„Ich werde in die steinige Steppe weiterziehen.“

Traurigkeit zog ihr übers Gesicht und Eldred hob vorsichtig seine Hand. Sanft strichen seine Finger über ihre Wange und sofort griff Malon nach dieser und schmiegte sich in seine Handfläche.

Talon betrat die Stube. „Sir Eldred. Ihr seid zurück!“

Malon löste nur zögerlich ihre Finger von seiner Hand, öffnete ihre Augen und wandte sich ab. Sie würde das Essen nun an den Tisch holen.

„Ja, Talon. Dies wird meine letzte Nacht auf eurem Hof sein“, sprach Eldred, der sich seinem Gastgeber ganz zuwandte, jedoch hin und wieder zu der hübschen Rothaarigen schielte.

„Das ist sehr schade“, antwortete Talon und suchte sich einen Platz am Tisch.

Basil, der hinter Talon in die Stube trat, grinste breit. „So schade“, sprach er gehässig und freute sich diesen nervigen Ritter wieder loszuwerden.

Alle nahmen Platz und Malon trug den Topf an den Tisch und verteilte das Essen in die Tonschüsseln.

„Wir hoffen, Ihr besucht uns wieder“, sprach Talon zum Ritter. Er hatte ihn als angenehmen Gast wahrgenommen. Basil verdrehte seine Augen und brummte etwas vor sich hin.

Eldreds Augen wichen zu Malon und er verlor sich beinahe in ihren. „Auf jeden Fall.“
 


 

* * *
 

Naboru tigerte seit Tagen nervös in ihrem Gemach herum. Sie musste zum heiligen Tempel, aber der Sandsturm ebbte einfach nicht ab. Und nun hinauszugehen, wäre purer Wahnsinn. Niemand würde das überleben, nicht einmal sie als eine der Weisen.

Ritter Cal Mistleroy hielt sich die gesamte Zeit bei ihr auf. Er war ein angenehmer Mann, der seiner Frau unendlich treu schien. Inzwischen hatte sie so einiges von ihrem Gast erfahren und ihn für vertrauenswürdig erklärt. Dennoch war es ihm nur gestattet in sein Zimmer und zu ihrem Gemach zu gehen. Weitere Ausflüge konnte sie ihm nicht zugestehen. Ihr Volk war eh schon aufgeregt, dass ein Mann sich innerhalb der Stadt aufhielt. Je schneller sie aufbrechen würde, desto eher würde wieder Ruhe in der Festung einkehren. Ihre gelb-goldenen Augen sahen aus dem Fenster. Ihre Gedanken rotierten dennoch. Wo konnte sich Zelda nur versteckt halten? Wo würde sie Zuflucht suchen und auch finden? Die einzige Tatsache, die sie innerlich beruhigte, war Link, der bei ihr war. Die vereinte Macht von Nayru und Farore war unverkennbar und die Folgen dieser Vereinigung bedeutend schwer.

Entschluss

Viona begleitete Zelda und Link durch die Hallen und führte sie zur Bibliothek. Die Thronfolgerin Hyrules hörte bereits viel von der großen Schriftsammlung, aber sie selbst in den vielen großen Regalen zu sehen, überstieg bei weitem ihre Vorstellungskraft.

„Hast du eine Idee, wo wir anfangen sollen zu suchen?“, raunte Link etwas überfordert und ahnte, dass sie hier Jahre verbringen könnten.

Zelda sah zu ihm auf. „Wir werden uns durcharbeiten müssen.“

Viona nickte. „Leider kann ich euch auch nicht mit Hinweisen dienlich sein. Wir sollten uns aufteilen.“

Alle nickten und verteilten sich in der großen Bibliothek. Einzelne Rollen wurden ausgerollt und kurz überflogen. Sobald sie erkannten, dass es nicht die gesuchten Papiere waren, legten sie diese zurück und zogen die nächsten hervor.

Stunden verbrachten sie in der Bibliothek ohne Erfolg.

Es klopfte und die Türe wurde geöffnet. Sir Andu trat ein und beobachtete belustigt wie die drei eine Rolle nach der anderen öffneten, überflogen und wieder zusammenrollten. „Link!“

Überrascht blickte Angesprochener auf.

„Hast du Lust auf einen Übungskampf? Von Leibwächter zu Leibwächter.“

Link sah unschlüssig zu Zelda. Immerhin war sie auf jede noch so kleine Hilfe angewiesen. Zu seinem Erstaunen nickte seine Prinzessin und schenkte ihm ein Lächeln.

Die Prinzessin brauchte zwar seine Hilfe, könnte ihn aber nicht nur für sich beanspruchen. Daher nickte sie ihm aufmunternd zu und widmete sich wieder der nächsten Schriftrolle.

Überrascht und auch ein wenig erfreut etwas anderes als altes Papier zu sehen, folgte Link Andu hinaus.

Der Leibwächter führte Link durch eine schwere Holztüre und eine steinerne Wendetreppe hinab. Sie begaben sich in das Untergeschoss. Im Kellergewölbe folgten sie dem spärlich beleuchteten Gang. Vor einer doppelflügeligen Holztüre blieben sie stehen. Kampfgeräusche drangen durch die geschlossenen Türen.

Andu lächelte Link freundlich zu und öffnete die Türe. Nacheinander traten die Männer ein und verharrten.

Prinz Vadin befand sich mitten in einem Trainingskampf mit Kien. Beide schlugen ihre Schwerter gegeneinander. Es war ein taktischer Tanz zwischen Verteidigung und Angriff ohne einen Siegtreffer. Der Kampf war ausgeglichen und von hohem Tempo.

Eine Weile beobachtete Link die Bewegungen, analysierte regelrecht die Kampfstile, die sich teils ähnelten und dann wieder doch so gegensätzlich waren.

Andu trat an die Seite. Ein großes Waffenarsenal war dort eingerichtet. Schon zog er ein Schwert hervor, betrachtete es aufmerksam und zog noch ein weiteres heraus.

Schwer atmend listete Vadin seinen Leibwächter aus und trug einen Sieg davon.

Kien verbeugte sich, nahm die Schwerter an sich und brachte sie zurück in die entsprechende Vorrichtung.

Prinz Vadin trank einen Schluck und wischte sich mit einem Tuch den Schweiß von der Stirn.

Eine unangenehme Stille entstand zwischen den Männern.

Da drehte sich der Prinz zu Link und musterte ihn abschätzend.

Link hielt den eisblauen Augen stand.

Andu trat auf den Blonden zu und reichte ihm eines der Schwerter. Freundlich deutete der Leibwächter ihm in die Mitte des Raumes zu folgen und die beiden nahmen Haltung an.

Lauernd beobachtete Link seinen Gegner in diesem Kampf. Er rief sich all die Kampfstile aus der alternativen Zeit in Erinnerung. Auch wenn er diese nie so erlebt hatte, so waren sie tief in sein Gedächtnis eingebrannt. Durch Horror Kid und den herabfallenden Mond in Termina hatte er selbst einige Schwerterfahrungen gesammelt, die aber noch nicht annähernd an die alternative Zeit heranreichten.

Andu griff an und Link verteidigte sich elegant. Rechts, links, dann eine seitliche Drehung. Ein Schritt nach vorne, um einen Angriff zu starten und zwei Schritte zurück, um zu blocken. Geschickt wichen sie einander aus, wehrten die Angriffe des anderen ab und ein schnelles wiederkehrendes Klingen des Metalls drang durch den Raum.

„Gar nicht übel“, bemerkte Prinz Vadin so plötzlich. Seine Stimme durschnitt die Konzentration der beiden Kämpfer, die sich dennoch nicht beirren ließen. „Ich muss zugeben, dass ich mir den Helden der Zeit anders vorgestellt habe.“ Er verschränkte seine Arme vor der Brust und beobachtete die geschmeidigen Bewegungen des jungen blonden Mannes. „Größer… kräftiger… einen gestandenen Mann und keinen Jungen!“

Link startete nun eine kleine Abfolge verschiedener Angriffe, führte sie geschickt und schnell durch. Er brachte Andu langsam in Bedrängnis. Unzählige Monster und finstere Gestalten, wie auch Wesen aus der Unterwelt hatte Link bereits besiegt. In diesem, wie auch in seinem anderen Leben. Sein Erfahrungsschatz reichte für viele hundert Generationen. Er war sich fast sicher, dass der Prinz noch nie einer echten Bedrohung gegenüberstand.

Doch der hyliadische Leibwächter fand sich schneller zurecht als erhofft und blockte plötzlich ebenso geschickt einen weiteren Angriff.

„Der Legende nach trägt der Held der Zeit ein Fragment der Göttinnen in sich. Eine Macht, die niemand je erlangen hätte sollen“, überlegte Prinz Vadin laut. „Wie konnte es passieren, dass diese Macht in euch schlüpfte?“

Link verteidigte sich konzentriert. Allerdings überlegte er, inwieweit er diesen Prinzen einweihen wollte. Er verteidigte sich gegen Andus Angriffe und als er in arge Bedrängnis kam, rettete er sich durch eine geschickte Seitwärtsrolle. „Euch ist die Legende doch bekannt. Darin ist alles erklärt“, wich Link in doppeltem Sinne geschickt aus, denn auch Andu folgte ihm sofort und er verteidigte sich weiter.

„Der Held trägt das heilige Bannschwert.“

„Auch hier findet Ihr Eure Antwort in der Legende“, erwiderte Link erneut.

„Als ob das Heilige Reich und das sagenumwobene Masterschwert wirklich existierten“, schnalzte Vadin ungläubig und verachtend mit seiner Zunge. „Das sind alles nur Geschichten, die sich irgendwelche Heiligen ausgedacht haben.“

„Wenn Ihr Euch da so sicher seid, dann ist nun alles gesagt“, antwortete Link und entdeckte eine Schwachstelle in Andus Angriffen, die er sich schon wenig später zum Vorteil nutzte.

Vadin beobachtete aufmerksam den Zweikampf. „In der Legende spricht man von einem Liebespaar.“

Nicht mehr ganz so konzentriert, wich Link einem erneuten Angriff aus. „Die Geschichte wurde etwas ausgeschmückt.“

„Dann kann ich davon ausgehen, dass ihr euch nicht zwischen mich und Zelda stellt?“

Link kniff die Augen zusammen. Ihm gefiel es ganz und gar nicht, dass Zelda diesen Prinzen heiraten sollte. Aber was hatte er schon zu sagen. Sie war die Prinzessin, bald Königin Hyrules. Ihr künftiger Gemahl musste vom hohen Stand sein, um im Volk akzeptiert zu werden. Plötzlich gab Andu seine Schwachstelle preis und Link nutzte die Gelegenheit. Er gewann.

Beide Kämpfer verbeugten sich schweratmend und auch zufrieden. Dann nahm Andu Link das Schwert wieder ab.

Dem Heroen wurde bewusst, dass er dem Prinzen noch eine Antwort schuldig war. Seine Aufmerksamkeit richtete sich auf Vadin. „Ich bin Prinzessin Zeldas Leibwächter. Ich werde ihr in diesem Kampf gegen die fremden Feinde beistehen. Hyrule braucht seine Königin mehr denn je. Sollte dieser Kampf gewonnen sein, werden sich unsere Wege wieder trennen.“ Ernsthaft hielt er dem Blick des Prinzen stand. Nachtblau traf auf Eisblau. „Ihr könnt unbesorgt sein, Prinz Vadin. Sollte Zelda Eure Gemahlin werden wollen, stehe ich Euch nicht im Weg.“

Vadin verzog keine Mimik und nickte seinen Leibwächtern zu. „Andu, bring Link zu meiner Schwester zurück.“

Der Leibwächter folgte der Aufforderung und führte den blonden jungen Mann wieder zurück. Sie gingen schweigend durch die Gänge. Wenig später standen sie wieder vor der Bibliothek und Andu verabschiedet sich. „Ich danke für den Trainingskampf.“

Der Heroe nickte, ehe er wieder in die Bibliothek eintrat. Seine Augen musterte die Prinzessinnen, die beide über einer Schriftrolle die Köpfe zusammensteckten und diese intensiv studierten.

Erst als die Türe hinter Link ins Schloss fiel, blickten die Prinzessin überrascht auf. „Schon zurück?“, fragte Zelda sichtlich aus den Gedanken gerissen.

Der Heroe runzelte die Stirn. Er war den halben Tag weg gewesen. Aber Zelda schien so in ihre Suche nach Hinweisen vertieft zu sein, dass sie offenbar nicht mitbekam, wie der Tag vorangeschritten war.

Er trat näher und blickte über Zeldas Schulter. Sie standen vor einer ausgebreiteten Karte. Eine sehr alte Landkarte mit drei roten Kreuzen eingezeichnet. Link betrachtete sich alles genauer.

„Hier ist Eldin“, deutete Prinzessin Viona auf ein Kreuz im Osten. Ihr Finger folgte einem bestimmten Weg und sie hielt etwas südwestlicher inmitten der Karte an. „Hier ist Hyliades.“ Sie betrachteten die Karte weiter. Westlich gelegen wurde die Grenze zu Hyrule sichtbar, auf Höhe der Zora-Welt in Richtung Norden zum Gebirge.

„Und hier ist Farorlien“, erklärte die Prinzessin Hyliades weiter. Das Kreuz war inmitten dunkler Halbkreise eingezeichnet.

„Farorlien reicht bis in die Verlorenen Wälder Hyrules“, stellte Zelda beim genaueren Betrachten fest.

„Alnayrus Wälder grenzen auch dort an“, erklärte Link und sein Finger legte sich auf eine Stelle der Karte. Genau unter seiner Fingerkuppe lag das heutige Dorf Equipagus.

Das dritte Kreuz lag ganz im südwestlichen Bereich der Karte. Zeldas Finger fuhr vom Kreuz in Alnayru nördlich. In alter Schrift stand etwas niedergeschrieben. „Heiliger Hain“, übersetzte sie. Ihre Finger fuhren noch östlicher und sie erkannte eine kleine Schlucht eingezeichnet. „Hier ist der Übergang von Alnayru nach Hyrule.“ Sie musterte die grüne Landschaft, die heute so trist und karg war. „Die steinige Steppe wurde als lebendes Land eingezeichnet.“

Viona nickte. „Es ist hunderte Jahre her, als der Berg sein Feuer spie. Diese Karte muss also noch viel älter sein als wir zuerst annahmen.“ Die Prinzessin drehte sich um und trat zielsicher auf ein bestimmtes Regal zu. Sie zog eine weitere Schriftrolle, rollte sie heraus und schüttelte dann den Kopf. Im nächsten Moment legte sie diese zurück und griff nach der nächsten Rolle.

Zelda hingegen betrachtete Hyliades und seine drei umliegenden Länder, die nach den Göttinnen benannt waren und versank in Gedanken.

Link stand nah hinter der Prinzessin. Ihr Duft stieg ihm in die Nase. Verlegen trat er einen Schritt zur Seite und stellte sich neben sie. Seine Hände legte er nun auf dem Tisch ab und besah sich die Karte aufmerksam. Konzentriert fuhr sein Finger vom Standort des Schlosses, das ebenso noch nicht eingezeichnet war, hin nach Eldin. „Dins Heiligreich“, murmelte er.

Zelda beobachtete ihn, folgte seinem langen Finger, der aus seinem braunen ledernen Handschuh ragte, und eine imaginäre Linie entlangfuhr. Aufmerksam besah sie sich den Abstand zwischen dem Schloss und dem Kreuz. „Es müsste zwei Tagesritte dauern“, schätzte sie für sich. Eldin war bei weitem nicht so breit wie Alnayru, sondern zog sich von Nord bis Süd.

Link sah sie aufmerksam an.

Zelda starrte hingegen weiterhin auf die Karte. „Natürlich wäre es wichtig, weitere Hinweise zu finden, aber vielleicht finden wir etwas in Dins Tempel, das uns ebenso helfen könnte.“

„Wann möchtest du aufbrechen?“

Keine Widerworte von Link zu hören, überraschte Zelda. Ging ihm das gleiche durch den Kopf, als er sich die Karte genauer angesehen hatte?

Viona verfolgte aufmerksam die Unterhaltung. „Ihr werdet auf das Meer treffen. Wo der göttliche Tempel sich verbirgt, weiß niemand. Seid Ihr Euch sicher dorthin reisen zu wollen?“

Zelda nickte entschlossen. „Wir müssen es versuchen.“ Sie würden jederzeit zurückkehren können und weiter in den Schriftrollen suchen können, sollte ihre Suche kein Ergebnis liefern.

Die Prinzessin Hyliades nickte, rollte die Aufzeichnung in ihrer Hand zusammen und überreichte diese Prinzessin Zelda. „Hier ist die gleiche Karte mit einer neueren Aufzeichnung.“

Zelda rollte sie auf. Link und sie glichen die Karten ab und hier fanden sie mehrere Dörfer und Städte eingezeichnet. Auch das Schloss Hyliades war hier aufgemalt.

„Ich werde weiter forschen. Vielleicht finde ich etwas, das Euch dienlich sein kann.“

„Ich danke euch, Viona“, lächelte Zelda aufrichtig.

Die Prinzessin von Hyliades trat zur Türe. „Ich lasse Eure Abreise vorbereiten. Ihr solltet morgen vor Sonnenaufgang aufbrechen, um möglichst viel Zeit zu gewinnen.“ Sie legte ihre Hand auf den Türgriff und drehte sich nochmals um. „Kehrt gesund zurück und viel Glück auf der Suche nach Antworten.“

Zelda nickte dankbar und Viona verließ die Bibliothek.

„Ist es Irrsinn?“, fragte die Thronfolgerin und suchte Links Augen.

„Nein, wir sollten wirklich den Tempel aufsuchen. Die heiligen Steine ruhen in Hyrule auch in ihren Tempeln. Warum sollte es keine heiligen Relikte in diesen Tempel geben?“

Er dachte das gleiche wie sie. Zelda lächelte. „Dann lass uns morgen zeitig losreiten. Je schneller wir Antworten finden, desto besser ist das.“

Sie reichte Link die Karte, der sie in seinen magischen Beutel verstauen würde. Die ältere Aufzeichnung rollte Zelda zusammen und legte sie zurück, wo sie diese gefunden hatte. Dann verließen sie auch die Bibliothek. Sie sollten König Valent und Königin Viala in ihr Vorhaben einweihen.
 


 

* * *
 

Eldred ritt im Morgengrauen wehmütig von der Lon-Lon-Farm. Sein Weg führte nach Kakariko. Das Dorf war mit dem Pferd schnell erreicht. Sicherlich hatte Ritter Slowfoot bereits die Goronenhauptstadt Goronia erreicht und mit Darunia gesprochen. Ob sich die Prinzessin in den Bergen versteckte? Er konnte es sich nicht vorstellen. Er ritt über die kleine Brücke und ließ sein Ross vor dem großen Treppenaufgang stehen. Hier konnte es grasen und aus dem Hylia-Fluss frisches Wasser trinken.

Bevor er einen Schritt auf die Treppe trat, drehte sich Eldred um und betrachtete das Schloss. Es fiel mehr und mehr in sich zusammen und eine dicke, dunkle Wolke hatte sich bereits darum gebildet.

Er seufzte besorgt auf. Dann folgte er den Stufen hinauf. Das Dorf Kakariko war nicht mehr ganz so beschaulich, wie noch vor ein paar Jahren. Er sah sich aufmerksam um. Die Goronen halfen den Dorfbewohnern Felsen der Berge abzutragen, um mehr Platz für neue Häuser zu schaffen. Es war sichtlich gewachsen. Aufmerksam betrachtete er das vormittägliche Treiben im Dorf. Emsig waren die Bewohner unterwegs, folgten ihren Tätigkeiten. Der hylianische Ritter folgte dem Weg durch das Dorf, kam an einigen Häusern vorbei. Die Windmühle arbeitete, um Mehl zu mahlen. Trotz der Hektik, wirkte dennoch alles idyllisch.

Eldred von Kaine ging weiter und kam wenig später zum Friedhof. Der in die Jahre gekommene Totengräber Boris wandelte mehr tot als lebendig zwischen den Gräbern. Seine Zeit würde wohl bald ablaufen, so alt und blass wirkte er. Seit Eldred denken konnte, lebte Boris für diesen Ort. Wer wohl Boris Nachfolge antrat? Der Ritter ging weiter und wollte soeben sich auf den Weg zum Todesberg machen, als er auf eine Menschenmenge traf. Emsig klopften und hämmerten die Bewohner Kakarikos an einem gigantischen Felsen.

Die Sonne brannte heiß herunter. Es war ein richtig schöner spätsommerlicher Tag in Hyrule.

Mit verschränkten Armen stand Blake inmitten der Menge und rieb sich über die Stirn.

Eldred trat zu Blake und begrüßte ihn. „Den Göttinnen zum Gruße, Blake.“ Die beiden jüngeren Ritter sahen sich an, ehe sie sich die Hand reichten.

„Eldred of Kaine“, begann Blake Slowfoot und strahlte plötzlich. „Was verschlägt dich nach Kakariko?“

„Die hylianische Steppe habe ich durch, aber keine Spur von ihr.“ Er senkte mit Absicht seinen Ton, um kein Misstrauen zu hegen. Dann glitten Eldreds Augen zu dem gigantischen Felsen. „Und was ist hier passiert?“

„Wenn ich das nur wüsste. Seit Tagen sitze ich hier fest. Die Bewohner arbeiten von morgens bis abends, dennoch scheint der Fels unüberwindbar.“ Blake runzelte besorgt die Stirn. „Ich denke es wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen, diesen aus dem Weg zu räumen.“

„Beim nächsten Vollmond treffen wir uns sowieso hier“, sprach Eldred. „Ich werde mich nun in die steinige Steppe aufmachen. Sicherlich braucht Ritter Strongfield Unterstützung.“

„Mach das.“ Blake senkte seine Stimme. „Ich habe ein ungutes Gefühl.“

„Ja, ich auch“, stimmte Eldred hinzu. „Nicht nur, dass ich auf finstere Wesen in der Steppe traf, auch das Schloss fällt mehr und mehr ein. Diese schattenartigen Wesen bringen nur Unheil mit sich.“ Der junge Ritter von Kaine ballte die Hände: „Wir müssen die Prinzessin finden, bevor sie es tun.“ Und er war sich sicher, dass diese finsteren Kreaturen ebenso auf der Suche nach Prinzessin Zelda waren.

Die beiden Ritter sprachen sich gegenseitig Mut zu, dann verließ Eldred das Dorf Kakariko. Wenig später saß er im Sattel und trieb sein Pferd über die weitläufige Steppe Hyrule, vorbei an den Wegen zu Zoras Reich, ebenso ließ er den verborgenen Eingang zu den verwunschenen Wäldern links liegen. Er ritt zielstrebig auf die Schlucht zu, die Hyrule von der Alnayru trennte.
 


 

* * *
 

Verärgert trat Lord Siam durch die kalten und tristen Gänge. So hatte er sich eine Herrschaft gewiss nicht vorgestellt. In seinen kühnsten Träumen war er der König dieses Landes, in einem prunkvollen Schloss, das heller strahlte als unter Harkenias Herrschaft. Doch diese schattenartigen Wesen zerstörten mehr und mehr davon. Zudem war die Kälte inzwischen nur noch schwer auszuhalten. Jeder Hylianer war geflüchtet. Einige wenige hielten sich in ihren Häusern verschanzt und kamen nur tagsüber heraus. Nachts war die Stadt wie ausgestorben. Diejenigen, die eine Möglichkeit zur Flucht sahen, taten es. Nicht nur das Schloss fiel in sich zusammen, auch die Hälfte der Stadt war bereits zerstört. Erstaunlicherweise blieb die Zitadelle der Zeit unbeschädigt.

Der Lord folgte einem bestimmten Weg. Dabei traf er auf einige seltsame Kreaturen. Nicht nur die Schatten hatten sich im Schloss ausgebreitet. Auch seltsame andere Wesen trafen vermehrt ein. Eben schritt er an glibberigen Schleimhaufen vorbei, achtete darauf nicht damit in Verbindung zu kommen, als er die doppelflügelige einstmals prunkvolle Türe erreichte. Schon öffnete er diese und trat in den Thronsaal.

Verächtlich musterte er dieses schattenartige Wesen, welches sich seit seiner Ankunft nicht vom Thron wegbewegt hatte. Je näher Lord Siam trat, erkannte er wie zusammen gesunken diese wabernde Wolke aussah. Es wirkte beinahe so, als würde es schlafen. Misstrauisch kniff der Lord seine Augenbrauen zusammen. Er sollte auf diesem Thron sitzen.

Die roten Punkte erschienen in der Wolke und das wabernde Wesen richtete sich auf. „Lord Siam!“, zischte es gellend. „Gibt es Nachricht von euren Rittern?“

„Nein, bisher nicht.“

„Es wird Zeit die Prinzessin nach Hause zu holen. Der Herrscher wird sehr bald eintreffen. Da wollen wir ihm doch einen schönen Empfang bereiten?“

„Die Ritter werden sie finden“, verneigte Lord Siam sich und er hasste sich selbst, sich dem Schatten zu unterwerfen. Andersrum hätte es sein müssen. Zumal er sich wieder einmal fragte, wer dieser Herrscher überhaupt sein sollte.

„Ich hoffe es für euch“, drohte der Schatten. „Ich hoffe es für euch, dass Prinzessin Zelda bald gefunden wird.“

Lord Siam zog finster seine Augenbrauen zusammen, dann drehte er sich um und verließ den Thronsaal wieder. Er hätte wissen müssen, dass diese Ritter der Königsfamilie zu treu ergeben waren. Sicherlich hatten sie die Prinzessin bereits gefunden und versteckt. Es war an der Zeit selbst die Sache in die Hand zu nehmen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Von:  Kamui-Shiro
2021-06-18T07:30:05+00:00 18.06.2021 09:30
Heyho, bin zufällig auf deine FF gestoßen und finde sie richtig gut. Ich hoffe wirklich, dass du die Zeit findest die Geschichte weiter zu schreiben. Das Potenzial ist auf jeden Fall mega. Hoffe bald wieder auf neue Kapitel. Gruß Sebastian ✌️
Antwort von:  Kittykate
11.01.2022 17:27
Hallo :-),
vielen Dank. ich war lange nicht mehr da, aber ich hab ein Kapitel mitgebracht. Naja, muss selbst erstmal wieder reinfinden nach der langen Pause.
Viele Dank für deinen Kommi!
Grüße
Kittykate
Von: abgemeldet
2018-11-19T15:17:18+00:00 19.11.2018 16:17
Eine spannende Geschichte. Habe heutigen ganzen Vormittag am Lesen verbracht und bin wirklich neugierig geworden wie es weiter geht :)
Antwort von:  Kittykate
20.11.2018 12:24
Hallo :-),
vielen Dank dass du dir die Zeit genommen hast. Und dann auch für diesen Kommi. :-)
Es geht bald weiter. Das nächste Kapitel ist in Arbeit.
Lg
Kittykate
Von:  ReinerAnnieBertl
2018-11-11T10:18:23+00:00 11.11.2018 11:18
Hallo... Ich verstehe gar nicht warum keiner einen Kommentar hinterlassen hat. Finde die Idee echt genial, mal den anderen Zeitstrang zu sehen... Hoffe natürlich du schreibst weiter und viel Zelink zu sehen...
Grüßle

Antwort von:  Kittykate
13.11.2018 23:41
Hi,
vielen Dank dass du dich zu Wort meldest. Ja, ich schreibe weiter. Dauert aktuell nur ein bisschen länger. Zelink kommt noch, auch wenn es vorerst noch nicht so ganz danach aussiehst ^^
Viele Grüße
Kittykate


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