der Geschmack von Rauch von Spiegelich ================================================================================ Kapitel 1: komplette FF ----------------------- „Here but now they´re gone Romeo and Juliette Are together in eternity“ Tibby lag auf einem großen, leicht abgewetzten Teppich und starrte verträumt an die Decke, während die Klänge des Gitarrensolos den Song immer weiter vorantrieben. Sie formte stumm mit ihren Lippen die nächsten Textzeilen, wobei sie die Akkorde – mehr schlecht als recht – auf der Luftgitarre mitspielte und dabei beinahe etwas von dem Feuerwhiskey verschüttet hätte. „Ey, Tibby, pass auf!“ Bevor sie etwas sah, spürte sie Finger, die ihre Hand streiften und ihr die Flasche aus den Händen wanden. „Den hat Flint erst neu besorgt, da darf nichts verschwendet werden!“ Ein dunkler Schopf schob sich in ihr – noch immer nach oben gerichtetes – Sichtfeld. Terry leckte sich die Finger ab, an denen der Whiskey klebte, der am Flaschenhals hinuntergelaufen war. Das schottische Mädchen tat es ihm gleich. Auch ihre Finger klebten leicht vom Alkohol; er schmeckte rauchig und kratze im Hals, aber sie war mittlerweile so entspannt, dass sie das gar nicht mehr störte. Das ihr so bekannte Grinsen stahl sich auf die Lippen des Gryffindorjungen. Er nahm einen richtigen Schluck aus der Flasche und wirkte ebenfalls ziemlich entspannt, als er sich neben Tibby fallen ließ. Die letzten Klänge von Blue Öyster Cult verebbten, hinterließen eine Stille, die in ihren Ohren dröhnte, jedoch wurde bereits der nächste Song gespielt. Black Sabbath, wenn sie sich nicht irrte. Eine Band, die sie durch ihren Dad kannte – jedoch durch Terry noch öfter gehört hatte als etwa Led Zeppelin. Die Musik schallte aus Terrys kleinem Radio, welches er immer dabeihatte und immer auf den Sender Hogsbeat eingestellt blieb, um keine der Sendungen zu verpassen. Die rothaarige Hexe richtete sich langsam auf. Ihre Umgebung nahm sie etwas gedämpft wahr, sie war sich jedoch immer noch bewusst, dass die beiden sich in einer der bequemen Ecken der Bibliotheksausläufer befanden, in denen sich Schüler aller Häuser gemeinsam aufhalten konnten. Da aktuell Frühlingsferien waren und die meisten Schüler ihre Familien besuchten, störte sich keiner an dieser spätabendlichen Session – nicht mal die Bibliothekarin war anwesend. Tibby richtete sich auf, erkannte nun endlich, dass sie dem Lied War Pigs lauschte, tatsächlich einem Sabbath-Song, der ihr immer in die Glieder fuhr. Trotz ihres diesigen Zustandes bewegte sie sich passend zum Rhythmus und störte sich nicht daran, wie es aussehen mochte. Außerdem war doch eh nur Terry... Terry... er saß da, wippte passend zur Musik vor und zurück, sah sie immer wieder an und ermutigte sie dazu, sich schneller zu bewegen. Der Feuerwhiskey tat seine Pflicht, lullte sie ein und machte sie herrlich abenteuerlustig. Skrupel kannte sie nun keine mehr. Das durfte auch der Grund sein, wieso sie sich traute, nach Terrys Hand zu greifen und ihn auf die Füße zu ziehen. Sie mochte ihn. Sie waren Freunde, sie hatten sich schnell gut verstanden und hörten gerne die gleiche Musik. Aber wenn Tibby ehrlich war, mochte sie ihn mehr als nur einen Freund. Sie fand ihn ausgesprochen gutaussehend und mutig, so wie er sich kleidete und allen Widrigkeiten trotzte. Er hatte vor kurzem Probleme mit einem Muggelmädchen gehabt, so viel hatte sie aus ihm herausgekriegt. Ob das zu Ende war, wusste sie allerdings nicht. Sie feiges Huhn hatte sich nicht getraut, ihn darauf anzusprechen. Wäre er nur ein Freund wie Paul oder Tayren gewesen, hätte sie einfach gefragt ... aber so? „Tanz mit!“ Ihre Zunge fühlte sich schwer an, aber sie lallte noch nicht – glaubte sie zumindest. Sie zog noch etwas stärker an Terrys Hand, sodass er beim Aufstehen ins Stolpern geriet, was jedoch nur teils ihrem kräftigen Ziehen geschuldet war. Er hatte schon ganz schön was getrunken. Erst bewegte er sich gar nicht wirklich, trippelte von einem Fuß auf den anderen, lachte dabei und fixierte sie immer wieder mit seinem festen Blick. „Jetzt sei mal nicht so lahm, Davidson!“, neckte sie ihn und stupste dem jungen Zauberer gegen die Schulter, während sie um ihn herumlief. Ihr flammend rotes Haar wirbelte um ihren Kopf, erweckte dabei beinahe den Eindruck, ein Eigenleben zu besitzen. Was mach‘ ich hier eigentlich?, schoss ihr das letzte bisschen Klarheit durch den Kopf. Aber wenn sie doch wirklich ehrlich mit sich war, genoss sie diese Szenerie. Sie wollte sie gar nicht hinterfragen. Jedoch schaffte es diese eine Frage, ihr die Schamesröte ins Gesicht zu treiben, was sie versuchte zu kaschieren, indem sie sich die Haare mehr ins Gesicht fallen ließ und den Augenkontakt abbrach. Während das nächste Lied bereits begann, ließ sich Tibby zurück auf den Teppich fallen. Ihr Herz raste und als sie mit den Fingerspitzen über ihre sommersprossigen Wangen strich, spürte sie die Hitze, die ihr ins Gesicht gestiegen war. Terry blieb weiter stehen, wippte hin und her, hatte die Augen halb geschlossen und schien nur noch die Musik wahrzunehmen. Diese Gelegenheit nutzte Tibby, um ihn sich noch ein weiteres Mal genauer anzusehen. Er trug sein dunkles Haar offen, eher unfreiwillig, da ihm das Haarband gerissen war und er schlicht und ergreifend einfach zu faul war, um in den Gryffindorturm hinaufzustapfen. Wie immer hatte er seine Lederjacke übergeworfen, die mit so vielen Patches und Nieten bedeckt war, dass schwer zu sagen war, wie die eigentliche Jacke wirklich aussah. Tibby zuckte zusammen, als Terry plötzlich innehielt. Der nächste Song hatte begonnen und schien ihm nicht sonderlich zuzusagen – wenn man nach seinem Gesichtsausdruck schloss. Während Terry also seine Gesichtsakrobatik erprobte, griff sie nach der am Boden liegenden Flasche und nahm einen großen Schluck. Als Terry es bemerkte machte er einen Satz auf sie zu und rief: „ Hey! Lass mir auch was übrig, McArren!“ Sie verschluckte sich. Bei ihrem Nachnamen hatte Terry sie noch nie genannt und das klang irgendwie so seltsam, dass sie nicht anders konnte, als zu lachen und dabei noch mehr Whiskey einzuatmen. Die Schottin röchelte, versuchte Luft zu kriegen und hustete derartig laut, dass sich Terry scheinbar genötigt sah, ihr auf den Rücken zu klopfen. Tibby standen die Tränen in den Augen, als sie endlich wieder halbwegs nach Luft schnappen konnte und Terry die fast leere Flasche reichte. „Du darfst mich doch nicht so zum Lachen bringen, wenn ich hochprozentigen trinke!“ Ihre Stimme klang kratzig und etwas erstickt. „Sorry, das war echt keine Absicht!“ Er sah sie mit seinem herzerweichendsten Welpenblick an. Wo hatte er sich den denn abgeschaut? Bei Paul? Tibby beugte sich nach vorne, griff an Terry vorbei und schaltete das Radio aus. Als sie sich wieder zurückzog, streifte sie den Jungen wie durch Zufall am Oberkörper und grinste ihn breit an. „Da du der guten Diana Ross nicht so viel abzugewinnen scheinst, lass uns rausgehen. Ich würd‘ gerne eine rauchen.“ Damit erhob sich das Mädchen, klopfte ihren Rock gerade und sah ihn dann mit einer hochgezogenen Augenbraue und den Händen in die Hüfte gestemmt auffordernd an. Er war etwas überrascht, aber schüttelte das schnell ab und erhob sich „Klar..., wenn ich mich recht erinnere hast du noch nie eine mitgeraucht.“ Er stellte es nur fest, urteilte nicht über ihre bisherige Abstinenz oder das Brechen ebendieser. Als die beiden Schüler ins Freie traten – es war bereits dunkel geworden und der Mond schien hell auf sie herab, während sie zu den Gewächshäusern liefen – erfasste sie eine kleine Böe und bauschte Tibbys Rock auf. Sie trug ihre Schuluniform, hatte sich jedoch von AC/DCs Frontmann inspirieren lassen und dafür gesorgt, dass sie besonders unordentlich und rebellisch aussah. Kaum hatten sie die Gewächshäuser erreicht, verdrückten sie sich hinter die hohen Beete und setzten sich dort auf einen Stein, der ihnen auch in den Schulstunden oft als Sitzplatz diente. Wer auch immer aus dem Schloss nach draußen sah, würde die beiden Freigeister nicht sehen können, höchstens die feinen Rauchfäden die sich nun gen Himmel kräuselten und ihren Ursprung in den Zigaretten in ihren Händen fand. Die frische Luft war eine gute Idee gewesen. Tibby fühlte sich nun etwas klarer, ihre Zunge fühlte sich nicht mehr ganz so schwer an und sie konnte sich wieder etwas besser konzentrieren. Ihre ersten zögerlichen Züge an der Zigarette konnte man höchstens als paffen bezeichnen. Sie schaffte es einfach nicht, sich zum Inhalieren zu überwinden. Aber da Terry nun mal neben ihr saß und sie leicht belustigt – wie sie sich einbildete – die ganze Zeit über musterte, überwand sie sich schließlich doch. Der Rauch kratze im Hals und zwang sie dazu, wieder heftig zu husten … das zweite Mal an diesem Abend. Es brannte nur noch viel schlimmer. Tibby röchelte, als sie versuchte zu reden, und verschluckte sich. Bei Merlins Bart, schmeckte das scheußlich. Während sie sich also bemühte, nicht am Zigarettenrauch zu ersticken, entglitt ihren ungeschickten Fingern die Zigarette und stürzte sich kopfüber in eine Pfütze zu ihren Füßen. „Oh verdammt!“, fluchte sie und machte Anstalten das triefende Tabakgebilde aufzuklauben, aber Terry winkte ab, nahm einen tiefen Zug und hielt ihr dann seine eigene Zigarette hin. „Für den Anfang reicht‘s dir vielleicht, wenn du ab und zu bei mir mitrauchst. Da muss man sich dran gewöhnen. Vor allem wenn man sonst so ‘n braves, wohlerzogenes Mädchen ist wie du.“ Wieder dieses Grinsen und eine leichte Überheblichkeit, die sie ihm aber verzeihen konnte. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und als sie gerade zu einem „So brav bin ich gar nicht!“ ansetzte, verbrannte sie sich die Finger an Terrys Zigarette in ihrer Hand. Beinahe hätte sie diese auch noch fallen gelassen, doch der Gryffindorjunge fing sie in allerletzter Sekunde auf, und das fast ohne sich zu verglühen. Er steckte sich die Zigarette zwischen die Lippen und begutachtete seine Hand, was Tibby als Chance sah, seine Nähe zu suchen. „Hast du dir schlimm weh getan?“ Sie ergriff seine Hand und vergewisserte sich, dass es wirklich nicht so schlimm war, wie Terry ihr beteuerte. So blieben sie erst einmal eine Weile nebeneinander sitzen, sahen sich den Mond an und horchten in die Stille hinein. Tibby begann zu zittern. Kein Wunder bei der dünnen Bluse und dem Rock mit Kniestrümpfen, die sie trug. Ohne dass sie etwas sagte, umarmte Terry sie und zog sie näher an sich. „Ist dir sehr kalt?“ Als Tibby nickte, schob er sie noch einmal sanft weg, zog seine Jacke aus und streifte sie ihr über. Die Jacke war schön warm und hatte Terrys ganz eigenen Geruch angenommen. Eine Mischung aus Leder, Rauch und einem süßlichen Duft - den sie nicht zuordnen konnte.    Sie legte ihren Kopf auf seine Schulter und schloss die Augen. Allmählich wurde sie etwas schläfrig und fragte gähnend: „Wird dir auch nicht kalt?“ Ganz der Gentleman, der er war, verneinte Terry natürlich und zog sie – wie zur Bestätigung – noch fester an sich heran. Tibby hob den Kopf, wollte ihm sagen, dass sie vielleicht lieber reingehen sollten, und realisierte erst dann, wie nah sie sich waren. Die Röte kehrte auf ihre Wangen zurück und sie begann zu stammeln. „ I... I... Terry...“ Er beuget sich weiter vor, ihre Lippen näherten sich ... Die Nachttischlampe fiel laut scheppernd zu Boden und zerbrach in große Stücke. Ein sehr betreten schnarrender Fredericus sprang leicht auf und ab und hüpfte Tibby auf den Kopf. Die brauchte noch einen Moment um zu realisieren, dass das alles nur ein Traum gewesen war. „Oh je...“, stöhnte sie laut in ihre Kissen. Was hatte sie da nur zusammengeträumt? Wie kam sie überhaupt darauf ... ihr Kopf schnellte wieder empor und starrte auf den Kalender, der an der Zimmertür hing. Es war der 13. Juli! Terry würde heute in Edinburgh ankommen um sich die Stadt von ihr zeigen zu lassen... Sie hatte sich zum Beginn der Sommerferien überwunden, ihn zu fragen, ob sie sich sehen könnten, und er hatte ja gesagt! Fredericus flog vom Bett hinunter, als seine Besitzerin aus dem Bett stürzte und versuchte das perfekte Outfit zu finden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)