Auf geheimer Mission von UrrSharrador (Klassenfahrt nach New York) ================================================================================ Epilog: Situation normal, all fucked up --------------------------------------- Auf dem Weg vom Dach nach unten kam ein wenig gute Laune zutage wie die Sonne, die sich nach einem verregneten Nachmittag endlich mal wieder hinter den Wolken hervorwagt. Die Freunde hatten ihre – selbst auferlegte – Pflicht erfüllt und konnten wieder in die Situation zurückkehren, aus der sie Cham-Ps Verschwinden so abrupt gerissen hatte: eine sturmfreie Bude ohne ihre Lehrerin. Alles war wieder in schönster Ordnung. Cham-P kuschelte sich an Gundham, so wie es sein sollte. Kazuichi ärgerte sich, dass er sich nicht an Sonia kuscheln konnte; was ebenfalls ganz dem Normalzustand entsprach. Hajime fühlte sich zwar müde und ausgelaugt, war aber mit dem Ergebnis ihrer Suchaktion zufrieden. Zwischen ihm, Fuyuhiko und Nekomaru hatte sich so etwas wie eine stumme Verbrüderung eingestellt, als wären sie Kampfgefährten, Veteranen aus der Sengoku-Ära, die nach einer gewonnenen Schlacht gemeinsam heimkehrten. Vor allem Letztere sprachen nicht viel, aber wem das subtile soziale Gefüge auffiel, das sie wie ein filigranes Spinnennetz umgab, der konnte den Unterschied bemerken. Der vermutlich nur so lange anhalten würde, bis Nekomaru wieder in alter Manier herumbrüllen würde und Fuyuhiko etwas Neues fand, worüber er fluchen konnte. Chiaki war ungewöhnlich munter nach ihrem Spiel, aber nicht halb so munter wie Ibuki, die auf dem Weg nach unten fröhlich drauflos plapperte und sicher dazu beitrug, dass die Hälfte der Gäste in dem Hotel sich unruhig im Bett herumwälzte, weil sie etwas nicht schlafen ließ – diese typische Urlauberstimme, die vom Flur her weht und die man wegen der dünnen Wände und des fremden Bettes dreimal so laut hört. Peko schritt feierlich hinter Fuyuhiko her und genoss den zufriedenen Gemütszustand ihres jungen Herrn voll und ganz. Und Akane hatte ihre Burger verdrückt und beklagte sich gerade, dass sie Hunger habe. Totaler Normalzustand also. Auf dem Weg in das Jungenzimmer – es würde dort jetzt wohl noch enger werden, denn Ibuki hatte sich kurzerhand selbst eingeladen, mit den anderen zu spielen – trafen sie ein recht missmutiges Quartett: Byakuya, Teruteru, Mikan und Hiyoko waren ebenfalls gerade auf dem Weg in ihre Zimmer. Der Kimono von Letzterer war geschwärzt, Teruterus Gesicht verrußt und Mikan sah aus, als würde sie jeden Moment zerfließen. „Was ist denn mit euch passiert?“, platzte Hajime heraus. „Mich würde eher interessieren, wo sie waren, während wir uns den Arsch aufgerissen haben“, stellte Fuyuhiko fest – der in den nächsten Momenten den erwähnten Samurai-Status wieder abwerfen würde. „Hm“, mache Byakuya nur überheblich und wandte den Blick ab. „Das dumme Schwein ist schuld!“ Hiyoko hatte die Fäuste geballt und Tränen in den Augen. „Ist es angebrannt?“, fragte Chiaki, die gewusst hatte, dass Teruteru und Byakuya im Keller eine kleine Grillparty geplant hatten. „Schön wär‘s!“, blaffte die Kleine und Mikan duckte sich, als hätte sie jemand geschlagen. „Oh“, machte Hajime, der plötzlich wusste, wen Hiyoko eigentlich meinte. „Ach je, wie das nur wieder passieren konnte …“ Teruterus Blick glitt verträumt in die Vergangenheit – er war der Einzige, der nicht nur aus Sauerteig gemacht schien. „Hm? Hiyoko-chan, was ist denn, hast du einen Feuertanz probiert?“, fragt Ibuki erstaunt. „Klasse! Das ist so richtig extrem! Das nächste Mal mach das nicht ohne mich, ja?“ Akane schlich näher und schnupperte an Hiyoko. „Du riechst … wie frisch vom Grill …“ erklärte sie und begann zu sabbern. „Weg von mir, du Freak!“ Die Kleine verpasste ihr einen Faustschlag, da Akane sie musterte, als würde sie sie gleich anbeißen wollen. „Kann mir mal jemand erklären, was eigentlich los war?“, fragte Hajime. „Diese Unholde wurden durch kosmischen Zuspruch für die Verweigerung ihrer Hilfeleistung bestraft“, war Gundham überzeugt. „Solcherart passiert gemeinem Fußvolk, das dem Ruf ihres Herrn nicht zu folgen bereit ist.“ „Es sieht mir eher so aus, als hätte es einen Unfall gegeben. Wahrscheinlich“, meinte Chiaki. Nach und nach kam die ganze Sache heraus. Die vier hatten sich bereits auf die erste Ladung saftiger Steaks gefreut, die unter Teruterus Kochkünsten garantiert das Edelste geworden wären, was ein einfacher Reisegriller zustandebringen konnte. Dann hatte Mikan – ohne ersichtlichen Grund und ohne, dass sie irgendetwas Gefährliches getan hätte – es geschafft, auszurutschen und dabei den Griller umzustoßen. Glut und Fett waren auf Hiyokos Kimono gespritzt, die wie am Spieß losgebrüllt hatte. Byakuya war mit einem genau bemessenen Schritt ausgewichen, der ihn nur minimale Kalorien gekostet hatte, und hatte die Bescherung herablassend und missmutig betrachtet. Mikan war dann um Verzeihung wimmernd am Boden gelegen – natürlich in einer äußerst unglücklichen Pose, die wiederum Teruteru für alles entschädigt hatte, was eben geschehen war. Und dann war die Empfangsdame in Begleitung des Hausmeisters herein gerauscht, die Hiyoko schreien gehört hatten. Es hatte ein mächtiges Donnerwetter gegeben, sie hatten sich beide darüber ausgelassen, wie unmöglich sich Schüler – und vor allem ausländische Schüler – doch immer benahmen, und dass ihre Lehrerin garantiert etwas zu hören bekäme. Byakuya hatte der Tirade mit so viel Würde standgehalten, wie es jemandem in dieser Situation nur möglich war, und wenn man bedachte, dass hinterher niemand auch nur ein Sterbenswörtchen zu Usami sagte, dann war sein Verhalten offenbar zutiefst beeindruckend gewesen. Man könnte also sagen, selbst diese Sache war glimpflich ausgegangen. Auch der Rest des Abends ging in gewohnter Normalität vonstatten. Gundham war zufrieden, weil die vier, die ihm nicht bei der Suche nach seinem Hamster geholfen hatten, ihre göttliche Bestrafung erhalten hatten. Akane war traurig, dass es kein Grillgut gab, obwohl sie bisher gar nicht gewusst hatte, was die vier im Keller trieben. Teruteru versicherte ihr, sie könne immer noch das Fleisch in seiner Hose haben. Hajime und Fuyuhiko herrschten ihn daraufhin an, den Mund zu halten. Hiyoko war dermaßen angepisst, dass Fuyuhiko ihr wütendes Getue bald nicht mehr aushielt und ebenso angepisst war. Peko machte sich ganz leichte Vorwürfe, dass sie das Unglück im Keller, welches ihren Meister nun in Rage versetzte, nicht hatte verhindern können. Dass es für sie schier unmöglich gewesen war, Mikan vom Stürzen abzuhalten, verstärkte das Gefühl nur noch. Nekomaru lachte laut auf und erklärte, dass doch nun alles in Ordnung sei. Daraufhin öffnete sich irgendwo in der Etage eine Tür und eine Stimme brüllte sie an, endlich ruhig zu sein. Schließlich verzogen sich die meisten wieder in Hajimes Zimmer. Hiyoko weigerte sich, den verbrannten Kimono zu wechseln, und aß zum Trost den Rest ihrer Gummibären. Byakuya ging in sein eigenes Zimmer, um zu schmollen. Der Rest quetschte sich in das Jungenzimmer, in dem nun so wenig Platz war, dass Kazuichi sogar fand, er wäre Sonia unverhofft nahe gekommen (obwohl Ibuki und Gundham noch zwischen ihnen saßen). Nach und nach ermüdete sie das Kartenspielen. Chiaki schlief an Ort und Stelle ein und schaffte es gerade noch, ihren Kopf auf Hajimes Schoß zu legen, der sich daraufhin nicht mehr zu bewegen wagte und wie ein steinerner Wasserspeier wirkte. Die anderen trollten sich auf ihre Zimmer. Schließlich waren (fast) nur noch die geplanten Insassen des Jungenzimmers hier – Hajime, Kazuichi und Fuyuhiko, denn Nekomaru besetzte gerade die Toilette. Chiaki war noch nicht aufgewacht. „Was für ein Tag“, seufzte Fuyuhiko und streckte sich auf seinem Bett aus. „Du sagst es.“ Kazuichi gähnte. „Hey, Hajime, wie lange willst du noch da sitzen bleiben?“ „Psst!“, zischte Hajime, der immer noch im Schneidersitz auf dem Boden vor den hingeworfenen Karten saß und dessen Beine langsam zu kribbeln begannen. „Lass ihn.“ Fuyuhiko starrte zur Zimmerdecke. „Mit euch Schwerenötern wird einem echt nie langweilig“, meinte er dann in einem seltsamen Anfall von Melancholie. „Sogar wenn wir im Ausland sind …“ „Also dafür, dass es das Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist, war der Ausflug ja doch relativ normal“, meinte Kazuichi. Hajime überlegte sich, dass der Ausflug genau genommen erst begonnen hatte, aber er war sich ziemlich sicher, dass sie den aufregendsten Part hinter sich hatten. Bald würden Usami und Nagito ankommen, und das Sightseeing würde wie geplant ablaufen. (In Wahrheit versuchten diese beiden gerade ebenfalls zu schlafen, und zwar in viel billigeren, schäbigeren Betten. Sie hatte nur mehr ein Zimmer zu zweit bekommen, weswegen Usami einen Riesenaufstand von wegen Lehrer-Schüler-Beziehungen machte, aber Nagito war so müde, dass er mitsamt seiner Klamotten einschlief, kaum dass er sich in sein Bett gelegt hatte.) Hajime bedachte Chiaki mit einem sanften Blick und strich ihr eine Haarsträhne aus der Stirn. Irgendwie war er froh über Nagitos kleinen Abstecher. Es war immerhin ein ganz schöner Abend geworden. „Sagt mal, haben wir nicht was vergessen?“, fragte Kazuichi plötzlich. „Hm“, überlegte Fuyuhiko. „Ja, jetzt wo du es sagst – irgendwas ist da bei mir im Hinterkopf. Oder irgendwer …“ Hajime zuckte so sehr zusammen, dass Chiakis Kopf auf seinem Schoß einen Hüpfer machte. „Mahiru! Wir haben Mahiru vergessen!“ In der Besenkammer ein Stockwerk tiefer hämmerte ein gewisses rothaariges Mädchen von innen gegen die Tür und verlangte erbost, endlich herausgelassen zu werden.   The End. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)