Orangentarte von _Supernaturalist_ ================================================================================ Kapitel 3: Weißes Kleid, weinrote Flecken ----------------------------------------- Ich schaute auf meine Uhr und sah, dass es beinahe Elf war und seufzte. Ich verspürte noch keinerlei Müdigkeit und wusste, dass ich eh ausschlafen konnte. Wozu also die Eile, ins Bett zu kommen… …außer… Von meinem Platz am Hotdog-Stand hatte ich einen guten Blick auf den Club, der auf der anderen Straßenseite lag. Die Geschöpfe der Nacht drängten sich dicht an dicht zusammen, während sie in einer Menschschlange auf Einlass warteten. Ich sah hübsche Frauen, in glitzernden, schrillen und vor allem knappen Kleidern, die mein Aufsehen sehr erregten und von Scharen von Freundinnen begleitet wurden. Mit langen, wellenden Haaren und einer guten Menge Make-Up, willig suchend nach dem Mann ihrer Träume. Ich liebte solche Frauen. Für ein paar Drinks tanzten sie mit jedem bis in die späten Abendstunden und wenn man wollte, teilten sie das Bett, nur um schnell am nächsten Morgen zu verschwinden. Natürlich war ich nicht immer ein Jäger, der sich gern in Ihresgleichen mischte, doch ab und an überkamen auch mich gewisse Gelüste, durch welche mein Jagdinstinkt geweckt wurde. Ferner war nicht ich es, der diese geheimnisvollen Wesen ansprach, um sie weg von ihren Rudeln zu leiten – ich wartete schließlich immer, bis sie es waren, die den schnellsten Weg zum nächsten Bette suchten. Schließlich war ich nach wie vor ein Gentleman. Mit der Serviette wischte ich mir den Senf aus den Mundwinkeln und drückte die Zigarette aus, bevor ich hinüber auf die andere Straßenseite ging und die Schlange entlangwanderte, bis ich zum Türsteher gelangte, der das Partyvolk nur grimmig beobachtete und keinem mehr Einlass gewähren wollte. Er war ein großer, blonder Mann, mit dunkeln Augen und einem symmetrisch geformten Gesicht, was die Knie vieler Damen weichwerden ließ, auch wenn er dabei durch seine Persönlichkeit (und durch sein seltsames Lederoutfit) manchmal Schwierigkeiten hatte. Als er mich nach einigen Augenblicken in der Dunkelheit erkannte, grinste er breit und freundlich und hieß mich gleich mit offenen Armen willkommen. „Junger Meister!“, krächzte er gleich voll Freude, während ich mich fragte, wie ich nur seine Bekanntschaft machen konnte (Mal abgesehen davon, dass wir mal in einen Streit gerieten, in welchen ich ihn ein wenig vermöbelte und dann für das Richten seines Gesicht bezahlte – wodurch er nun wesentlich attraktiver wirkte). „Hallo Duval…“, sagte ich knapp, während der mich weiterhin freudig in den Himmel lobte. „…, ist noch Platz?“ „Natürlich, natürlich! Aber heute treten hier einige Bands auf. Leider keine DJ’s, aber heiße Mädels kann ich dir trotzdem versprechen. Und du weißt doch, dass ich jetzt Handsome heiße, junger Meister!“ „Bands? Ich habe nichts gegen alternative Musik“, sagte ich, mit den Schultern zuckend, „Und den Aspekt mit den Mädels finde ich doch gut. Kann ich rein?“ Natürlich gewährte er mir Einlass, was einige Leute hinter mir ein wenig erzürnte. „Die Ladys lässt du doch auch rein, nicht?“, fragte ich, als ich mich zu seinem Ohr lehnte, um ihn diese Worte zuzuflüstern. „Umso mehr hübsche Damen, desto besser ist es doch für euren Club, nicht?“ „Was der junge Meister will, das soll er auch bekommen!“, rief Handsome noch hinter mir, während ich bereits die Treppen zum Inneren des Clubs hinabstieg. Und er hatte auch Recht behalten. Schon am untersten Absatz der Treppe erblickte ich die Bühne auf der anderen Seite der Tanzfläche, auf welcher eine bunte, rockige Band ihre Musik spielte, zu welcher die Leute tanzten. Ein wenig irritierte mich dabei das Aussehen des Sängers und Gitarristen, welcher sehr groß und schlaksig war und durch seine Statue mich sehr an ein Skelett erinnerte und dabei seinem großen, schwarzen Afro ganz schönes Leben verpasste. Und die Leute schienen diese Band regelrecht zu lieben. Auch ich fand die Musik gar nicht mal so schlecht. Vorsichtig bahnte ich mir den Weg zur Theke, während ich mit meinen Augen bereits die Tanzfläche abscannte, auf der Suche nach ein paar Damen, die ich gern in meiner Gesellschaft wissen würde. Dabei fand ich natürlich auch ein paar, die meinem Geschmack sehr entsprachen. Doch zu Beginn benötigte ich einen Drink, um mich aufzulockern. Ich stellte mich zwischen einer großen Gruppe aus Männlein und Weiblein, welche aufgeregt dem Spektakel auf der Bühne zusahen und Fotos und Videos machten – sie erschienen mir die Band zu kennen – und einigen Typen, die bereits sehr betrunken an der Bar rumhangen. Ich bestellte ein kleines Glas Rotwein, da ich den Geschmack der Hausmarke hier sehr schätzte und mein Selbstbewusstsein auf Hochtouren brachte. Während der Barkeeper meiner Bestellung nachging, lehnte ich mich gegen den Tresen und versuchte einen Blick auf die Bühne zu erhaschen, doch die Gruppe vor mir war leider zur groß und zu aktiv in ihren Bewegungen, als dass ich etwas mitbekommen konnte. Mir genügte natürlich auch der entzückende Blick auf den Rücken der Orangehaarigen vor mir, welche ein nettes, weißes Kleid trug, das mir ihre schmalen Schultern und einen Teil des berauschenden Rückens offenbarte. Ein wenig erinnerte sie mich an meine liebste Kellnerin aus dem kleinen Café, doch dann fiel mir ein, dass diese Stadt viel zu groß sei, als dass ich sie hier tatsächlich antreffen würde. Just in jenem Moment, als der Sänger sich bedankte und ein neues Lied anstimmte, jubelten die Leute um mich herum und so auch die Gruppe vor mir. Und dies war auch der Moment, in welchen ich gerade mein Trinken zum Mund führen wollte. Doch schon stieß irgendjemand gegen mich (es musste dieser riesenhafte, Muskelbepackte Typ mit der seltsamen, türkisfarbenen Frisur gewesen sein) und der Rotwein landete anstelle in meinem Mund, auf meinem Hemd und Jackett und – wissend von der Macht des Getränks – ruinierte es. Nun innerlich ein wenig verstimmt, sah ich wohl für die hübschen Ladys aus wie ein Vollidiot und tippte den Typen, den ich meinte der Übeltäter dieses Dilemmas gewesen zu sein, an. „Entschuldige mal-!“, knurrte ich, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. Doch er hörte mich nicht, was mich nur noch mehr kochen ließ. Stattdessen, und zu meiner Überraschung, drehte sich dann aber die junge Frau mit dem weißen Kleid um, welche mein Aufregen wohl wahrgenommen hatte. Und wir erstarrten, hatten wir wohl beide nicht damit gerechnet, uns hier zu sehen. „Oh?“, konnte ich ihre Verwunderung über den Klang der Gitarre hören, während ihre Anspannung ein wenig abfiel und den Rotwein auf meiner Kleidung sah. Ein peinlich berührter Blick erfüllte ihre wunderschönen, braunen Augen und sie legte ein wenig den Kopf schief. „Sag mir bitte nicht, dass einer von meinen Freunden daran Schuld ist…“ Ich hingegen stand noch immer in voller Schockstarre vor ihr – ihr, die sich doch als meine Lieblingskellnerin herausgestellt hatte und betrachtete sie nur voller Erstaunen und Erregung, meine Gedanken nicht davon abhaltend, sie in diesem weißen Kleid mit schwarzer Schleife unter der Brust absolut umwerfend zu finden. Dennoch erkannte mein geschultes Auge schnell, dass es eine Kopie eines Designerkleides war, welches ein halbes Vermögen kostete. Ich fragte mich gleich, warum solch eine schöne Frau nicht das Original an ihrem Körper trug. „Ääh-“, brachte ich dämlicher Weise gerade mal hervor und blickte zu ihrem hünenhaften Freund hinüber, der noch immer den Sänger bejubelte. Sie seufzte. „Du musst meine Freunde heute ein wenig entschuldigen. Sie freuen sich einfach für Brook, der heute seinen ersten großen Auftritt mit seiner Band hat. Oh- Moment, ich helfe dir!“ Hastig griff sie eine Handvoll Servietten vom Tresen und drückte sie gegen meine Brust, als hoffe sie, tatsächlich den Schaden noch etwas begrenzen zu können. Ich hingegen wünschte mir, dass da kein Stoff und kein Papier wäre, als Barriere zwischen meiner Haut und ihren Händen. „Also konntest du es doch einrichten?“, fragte ich sie über die Musik hinweg, während sie weiter tupfte, bemerkte aber ihren fragenden Blick und entschuldigte mich gleich: „Verzeihung! Ich wollte euch heute nicht im Café nicht belauschen…“ „Nicht schlimm…, aber sag mir – das mit dem Schein, war das mit Absicht, oder ein Versehen?“ Ich bemerkte, dass mittlerweile einige ihrer Freunde sich zu uns umgedreht hatten und uns mit Belustigung und Bewunderung beobachteten. „Absicht. Aber nicht, dass du jetzt Denken musst, dass du mir was schuldest. Ich bin eh der Meinung, dass ich dir zu wenig Trinkgeld gebe. Wird Zeit, dass ich mal etwas Aufstocke, nicht?“ „Uuuh~ Wer ist das? Dein Freund?“, fragte nun einer ihrer Freunde mit einer absurd langen Nase, während er sich auf ihre Schulter lehnte, um mich genau zu mustern. „Sonst fasst du Kerle doch nie so an!“ „Nami hat einen Freund?“, fragte ein anderer, kleiner Typ, der mich auf eine bizarre Weise an ein Rentier erinnerte. „Einen Freund? Und wir wissen nichts davon?“, fragte nun der Große, der mich angerempelt hatte und zog seine Sonnenbrille von der Nase. „Haltet die Klappe!“, zischte sie gleich und nahm (leider) die Hände von meiner Brust, wahrscheinlich, da sich die Papierservietten vollgesogen hatten. „Er ist im Café mein bester Kunde!“ „Uuuuuuuh~“, raunten ihre männlichen Freunde, während einer davon, der einen Strohhut und ein breites Grinsen trug, nun seinen Arm auf meine Schultern legte und meinte: „Ja cool! Namis Freunde sind auch meine Freunde. Willst du dann mit uns kommen? Wenn Brook fertig ist, wollen wir noch was Essen gehen! Und – Junge – ich verhungere gleich! Hier um die Ecke gibt es einen Hammer Burgerladen! Das Fleisch dort ist einfach lecker!“ „Lasst mal, Jungs. Ich denke, dass er noch etwas vorhat. Du wartest doch bestimmt auf jemanden, nicht? Du wärst doch sonst nicht allein hier, oder?“, sagte nun Nami, die ihre Freunde wegschob, als diese immer näherkamen. Ich wusste gar nicht was ich sagen sollte. Schließlich hatte ich doch andere Pläne und ich wollte mich auch nicht aufdrängen. Nami sollte nichts Falsches von mir Denken. Was würde sie schließlich von mir halten, wenn ich ihr sage, dass ich keine Freunde habe und tatsächlich allein in diesem Club war… „E-eigentlich warte ich auf meine Freunde-“ „Haben sie dich versetzt?“, fragte nun ihre schwarzhaarige Freundin Robin, die mich mit ihren eisigen, blauen Augen ansah, als würde sie bereits die Wahrheit kennen. Daher nickte ich knapp, um nicht noch mehr lügen zu müssen. „Nehmen wir diesen Klimmstängel wirklich mit?“, brummte der Moosschädel neben ihr und verschränkte die Arme. „Klar!“, sagte nun wieder der schwarzhaarige Strohhutträger. „Umso mehr Freunde, desto besser!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)