»Steig auf!« von Gmork ([ Otayuri ]) ================================================================================ Prolog: Intro: »Nein.« ---------------------- Wenn frei zu sein bedeutete die Arme zu heben und sein Verlangen offen zu zeigen, dann hatte er soeben die Freiheit gefunden. Da war dieses Gefühl in seiner Brust, schon so lang. Von Anfang an, seit sich ihre Blicke zum ersten Mal gekreuzt hatten. Etwas, das mit jeder Begegnung und jeder zufälligen Berührung bittersüß über sein Herz rieb. Schwitzige Hände beim Telefonieren. Herzstolpern, wenn eine Nachricht kam. Wut bei Funkstille. Und dieses klaffende Loch in seiner Brust bei jedem Gedanken an ihn. Dieses verdammte Gefühl, das er vorher nie spüren musste. Und wie sehr hatte es ihn getroffen, bei der Erkenntnis, dass es Vermissen war. Vermissen, Sehnsucht, Trauer. Die erste Erfahrung etwas haben zu wollen, was man nicht bekam. Ein völlig neues Empfinden, auferstanden aus dem Unbekanntem.   Verdrängung war gescheitert. Entfernung hatte nichts geändert, Zeit nichts gerichtet, Training nicht davon abgelenkt. Es war immer nur stärker geworden.   Doch jetzt war er hier, ein Jahr nachdem er bei seinem Senioren-Debüt die Goldmedaille geholt hatte. Das zweite Wiedersehen in Fleisch und Blut. Seine erste und letzte Chance das auszudrücken, was ihn nun schon so lange quälte. Und es fiel ihm so unerwartet leicht. Jeder Toeloop verlieh ihm Flügel, jeder Axel riss ihn ein Stück mehr aus seiner Angst. Fahrtwind peitschte durch sein Haar und versetzte ihn zurück in die Vergangenheit: Nach Barcelona, zu seiner ersten Fahrt auf einem Motorrad, mit dem Geruch seiner Lederjacke in der Nase und das Rauschen der Straße unter ihnen. Jeder, der ihn länger als fünf Minuten kannte, wusste um sein loses Mundwerk und der Talentlosigkeit, freundliche Gespräche zu führen. Manche Spitznamen hafteten ihm nicht umsonst nach und eben dieser fläzige Ruf eilte ihm sehr oft voraus. Sanfte Worte fielen ihm schwer. Er war ein Mensch der Taten. Auch sein bester Freund konnte ein Lied davon singen. Immer wieder glitt sein Blick zurück zu ihm. Sah er zu? Er musste einfach. Er tat das für ihn. Er öffnete sich ihm, auch wenn er wusste, dass es Wahnsinn war. Doch er hatte keine Wahl, er musste diesen Wahnsinn willkommen heißen. »Ich habe immer gedacht, dass wir uns ähnlich sind.« Dieses erste Gespräch zwischen ihnen war unvergessen. Schon damals hatte sein Herz wie wild geschlagen und er hatte es ignoriert. Wenn er es nur schon damals richtig gedeutet hätte … Ruckartig drehte er sich in seine Richtung, suchte ihn, erfasste ihn. Noch während der Fahrt riss er sich die Sonnenbrille herunter und entblößte tiefschwarze Smokey-Eyes. Er wollte ihn ansehen und von ihm angesehen werden, so sehr, dass es ihn von innen verbrannte und seine Organe schmolz. Er gab sich dem hin, streckte im Rausch der Musik seine Hand nach ihm aus -  und wie sehr überraschte es ihn, als sein Gegenüber diese tatsächlich ergriff. Plötzlich war dort überall Gänsehaut, als er in diesen sonst so ruhigen Augen etwas aufblitzen sah. In fließender Eleganz ließ er sich den Handschuh abstreifen und zögerte auch nicht mit seiner stummen Aufforderung, es bei der anderen Hand gleichzutun. Und dann spürte er plötzlich Lippen und Zähne an seinen Fingern, die Blitze nicht nur in seine Brust, sondern auch in seine Lenden jagten. Gott sei Dank übertönte die Musik sein erregtes Keuchen, als auch der zweite Handschuh vergessen zu Boden fiel. Jetzt war es sicher. Deutlicher konnten keine Worte der Welt sagen, dass die Botschaft angekommen war. Und er tanzte weiter, denn sein Auftritt war noch nicht beendet. Seine gesamte letzte Kraft legte er in seine Choreographie, denn von nun an tat er das nicht mehr für sich allein, sondern auch für ihn. Von der anderen Seite der Eisfläche glitt er auf ihn zu und ging dabei in die Knie, ließ geschmeidig seinen Oberkörper nach hinten gleiten und zog die ausgestreckten Arme hinter sich her zu einer sinnlichen Pose. Wie durch Zufall rutschte dabei sein schwarzes Tanktop bis über seine Brust und entblößte nackte Stellen, die er bis zu diesem Tag niemandem erlaubt hatte so zu sehen. »Willst du mein Freund sein, oder nicht?« Er richtete sich auf und verlor sich in Pirouetten, wirbelte herum und fasste mit unsichtbaren Händen immer wieder in seine Richtung. Seine direkte Art war schon damals erschütternd gewesen. Und schon letztes Jahr in Barcelona hatte er die richtige Antwort gekannt, jedoch zum ersten Mal erfahren was es hieß den Mut zu verlieren. Nein. Nein, ich will keine Freundschaft mit dir. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)