The Demon Carver von Sas-_- (Road to a Nightmare) ================================================================================ Kapitel 1: Huldige dem blauen Tee! ---------------------------------- Müde lag Davion im Bett. Was für ein beschissener Tag! Seine Freundin will nichts mehr von ihm wissen, seine Arbeit in Mathe hatte er bestimmt vermasselt, sein bester Freund hat ihm nicht nur gestanden, dass er schwul ist, sondern auch, dass er sich in ihn verliebt hätte. Das alles mutete Davion wie ein schlechter Traum ohne Notausgang an oder wie einer dieser Filme, in denen so viel wie möglich schief lief. Warum seine Freundin, oder besser gesagt, seine zukünftige Ex-Freundin, ihrer idiotischen besten Freundin mehr Glauben schenkte als ihm, blieb Davion ohnehin unbegreiflich. Wäre die Situation umgekehrt, hieße es wieder, er sei ein Arsch, weil er ihr nicht vertrauen würde. Mädchen – die drehen auch immer alles so, dass man dasteht wie der letzte Depp, dachte Davion zähneknirschend. Und was sollte das mit seinem Kumpel?! Als er Davion sagte, wie es um seine Sexualität stand, war Davion nicht sonderlich geschockt, schließlich lebten sie nicht mehr in den 50ern. Aber als er ihn auch noch angraben musste, zog Davion erschrocken die Notbremse. Sein Freund war enttäuscht und Davion ratlos und seine Freundin hatte noch einen Grund mehr, ihn schief anzusehen. Und über die Mathearbeit wollte er erst gar nicht nachdenken! Davion dachte erst, er sei zu wütend um einzuschlafen, aber allmählich glitt er ins Land der Träume. Und zwar sehr holperig. Davion wusste, dass er im Klassenzimmer saß. Er wusste auch, er hatte eine Menge zu erledigen! Eine große Tasse blauer Tee stand auf seinem Schreibtisch. Davion tunkte seinen weißen Bleistift in den blauen Tee, bis dieser sich blau gefärbt hatte. "WIR SCHREIBEN NUR MIT BLAUEM TEE!", stand in Großbuchstaben an der Tafel geschrieben und Davion wusste, wer diese Regel brach, den erwartete die Hölle selbst. Urplötzlich stand seine Freundin vor seinem Schreibtisch, das Gesicht zu einer zornigen Fratze verzogen. „Wie wäre es mit etwas schwarzen Tee?!“, zischte sie und schüttete aus einem Glas eine schwarze Flüssigkeit in Davions blauen Tee. Oh je, dachte er nur entgeistert. Sein Mathelehrer stand auf einmal neben ihm und brüllte los: „Du besudelst den blauen Tee! Hinfort mit dir, du kaputter Zentrifugalkreisel!“ Davion stand linkisch auf und wedelt albern mit seinen Händen in der Luft herum. „Ich habe nichts getan, sie hat …“ „Hör auf, nun raus! Nun raus!“ Und mit diesen Worten packte er Davion am Schlawittchen, zerrte ihn zu einem Fenster und warf ihn einfach hindurch. Davion sah noch, wie Glassplitter neben ihm durch die Luft segelte und dachte noch: „Seltsam, der Himmel blaut gar nicht so edel wie sonst …“ Davion hatte die Augen geschlossen, aber nun öffnete er sie wieder. Er saß in einer riesigen Schüssel voller Rote Beete, bis zum Hals. Vor der Schüssel stand ein Thron, vollständig erbaut aus blauen und rosafarbenen Kuscheltieren. Auf dem Thron saß sein schwuler Freund Tim. Aber das dachte Davion nicht, er dachte: „Oh nein, der Teufel! Der unbarmherzige Richter über Tee, den blaue ausgenommen, und Lebkuchenproduzent. Wobei, die Musik der Gingerbread-Boys ist gar nicht so übel.“ Ohne ersichtlichen Grund, begann Davion zu singen: „Back mich mit Liebe und 170 Grad, schlag mein' Teig mit Hiebe, ich bin zuckersatt!“ „Ein bisschen Butter-Créme, ja das kann ich tun, vergiss nicht, ich muss mindestens sechs Tage ruh'n!“, beendete Tim für Davion den Refrain. „Du hast also dem blauen Tee abgeschworen, mein Liebchen?“, fragte er Davion unvermittelt. „Nein!“, rief Davion entsetzt. Wieder erwarten tauchte seine Freundin vor der Schüssel auf. Ihre Kleidung mit blauem Tee durchtränkt und sie jammerte sofort los: „Die Quadratwurzel unserer Liebe ist eine Unbekannte in der linearen Gleichung des Lebens! Warum hast du nicht gelernt?! Dann wüsstest du um die Steigung und hättest den Y-Faktor rechtzeitig erkannt!“ Sie zog sich am Rand der Schüssel hoch und klatschte in den Rote Beete Saft – ihre Kleidung färbte sich lila. „Möchtest du einen Keks?“ Davoin war davon überzeugt, dass nur allein Zucker bei wahnsinnig gewordener Liebe Heilung versprach. Kaum hatte sich seine Freundin den Keks in den Mund gesteckt, zerfiel sie wimmernd zu leise wispernden Staub. „Du bist … mörderisch!“, rief Tim Davion breit grinsend zu. Tim trug ein blaues T-shirt und einen ziemlich kurzen rosafarbenen Minirock. „Einem Succubus gibt man keinen Zucker, davon explodieren ihre Nierchen!“ Tim schüttelte sich vor Lachen und Schadenfreude so sehr, dass er die weichen Stufen seines Throns hinunter purzelte. „Das wusste ich nicht“, antwortete Davion bekümmert. „Ein bedauerlicher Unfall. Zurück zum Tee!“ „Ich huldige dem blauen Tee! Lass mich zurück nach Hause!“, murmelte Davion, während er dem traurigen Wispern des schwarzen Staubes lauschte. „Aber wir heiraten, du und ich! Und mit einer Tasse schwarzen Tee!“, protestierte Tim wirsch. Davion stand plötzlich wieder vor der Schule. Wie er dort hingekommen war kümmerte ihn wenig. Er dachte nur noch daran, dass er seine Freundin retten musste. Wie durch eine unsichtbare Macht gelenkt, rannte er in das Gebäude und fand sich unversehens in der Schwimmhalle wieder. Das Becken der Schwimmhalle war mit dunklem, nahezu schwarzen Wasser gefüllt und auf der Oberfläche trieben Blütenstaub, tote Insekten und Seerosen, deren verwelkte Blüten kläglich glimmten wie Glühwürmchen. Im Becken selber schwammen lauter blaue Fische, die mit den Augen rollten und ihre Köpfe aus dem Wasser reckten und Davion eindringlich zuriefen: „Fischstäbchen, Fischstäbchen, nur mit blauem Tee! Iss mich nicht, iss mich nicht, wir sind aus dem schwarzen See!“ Gehetzt blickte Davion sich um; irgendwas sagte ihm, dass er jemand anderen suchte, doch er wusste nicht wen oder was, nur, dass derjenige scheinbar nicht hier war. Also wandte er sich in seiner Not den Fischen zu: „Wie belebe ich meine Freundin wieder?“ Die Fische erstarrten in ihrer ungelenken Schwimmerei und beäugten Davion mit glasigen Blick. „Succubus … ein Succubs …“ „Ja...“, antwortete Davion unsicher. „Wie belebe ich sie wieder?“ Die Fische drehten ihm ihre bläulich weißen Bäuche zu und leierten: „Milch ist der Schlüssel zum blutleeren Herz, trink sie und trag einen blutvollen Nerz!“ Dann färbten sich die Fische schlagartig schwarz, als wäre das Leben wie auf ein geheimes Zeichen aus ihren Leibern gefahren und ihre glasigen Augen begannen zu glühen wie brennende Kohlen. Einer der Fische schmiss sich an Land und schnappte nach Davions Füßen. Erschrocken schrie er auf: „Iss mich nicht!“ Davion stand wieder im Klassenzimmer, nur diesmal war er ganz allein. An der Tafel stand: „DER LEBKUCHENTEUFEL UND DAVIOIN FÜHREN EINE GLÜCKLICHE EHE!“ Davion nahm das wohl wahr, schenkte dem aber keine Beachtung. Er klappte seinen Schreibtisch auf und holte eine Schüssel heraus, anschließend griff er sich den Tafelschwamm, denn er wusste, dieser war immer mit Milch gefüllt. Er drückte hastig die Milch in die Schüssel und gab allen schwarzen Staub, den er finden konnte, in die Milch. Kaum, dass der Staub die Milch berührte, erstarb das traurige Wispern. Ohne zu zögern trank Davion die Milch samt dem Staub in einem Zug aus. In der Schüssel bildete sich ein schillernder Strudel, in dem goldener Staub wirbelte und die blauen Fische huschten darin umher. Auf einmal tauchte das Gesicht seiner Freundin im Strudel auf. Ihre Haut war ganz faulig blau und ihre Augen rot gerändert und sie schrie: „Der blutvolle Nerz, wo ist er?! Was soll ich denn ohne mein Herz?!“ Kreischend wand sie sich Stück für Stück aus der Schüssel. Schließlich stand sie krumm und in zerlumpter Kleidung vor Davion, doch ihr Blick galt der Tafel. „Hätte ich ein Herz, würde es vermutlich jetzt brechen. Doch ich habe kein Herz, daher …“ Ihre Hand war mehr eine Pranke als eine Hand und sie zog diese geradezu anmutig über Davions Gesicht. „Na, wie seh ich aus?“ Tim stand in einem Lebkuchenkostüm vor Davion. Davion saß auf einem Bett. Sie befanden sich in Tims Zimmer. „Du bist teigig. Wo ist meine Freundin?“ „Ach!“ Tim winkte beiläufig ab. „Du hast es verdaddelt, ein Succubus ohne Herz! Sie sitzt in der Schwimmhalle und angelt blaue Fische und fragt sie ein ums andere mal, ob sie vielleicht ihr Herz gesehen haben“ „Ich muss ihr helfen!“ Stolpernd kam Davion auf die Füße und bemerkte erst jetzt die Fruchtschnüre, die sich um seinen Körper schlangen wie Fesseln. „Das geht nicht!“, fauchte Tim ihn kalt an und zerrte nachdrücklich an seinem Zuckerguss. „Wir sind mitten in den Flitterwochen!“ „Geht nicht!“, widersprach Davion. „Wo ist das Herz meiner Freundin?“ „Warum retten, was nicht zu retten ist?“ Davion riss verzweifelt an den Fruchtschnüren, sein Freund sah ihm argwöhnisch zu. „Sachte, das ist Apfel. Wenn du die zerreißt, werden sie sauer“ „Seit wann sind Äpfel Milchprodukte?“ Tim zuckte nur mit den Schultern. „Das ist ein Traum!“ Die Erkenntnis traf Davion wie ein Schlag, doch sein Freund blieb gelassen. „Ist das so?“, Tim lächelte verschmitzt. „Dann solltest du jetzt aufwachen, das Herz des Succubus findest du nicht hier!“ Prompt erwachte Davion und schlug gerädert die Augen auf. Was für eine Nacht! Gähnend schälte er sich aus seiner Bettdecke, wankte ins Bad, wusch sich, erinnerte sich daran, dass heute Samstag war und frühstückte. Kurz darauf tauchte Tim bei ihm auf und entschuldigte sich für das gestrige Dilemma. Davion und er beschlossen, einfach Freunde zu bleiben. Nachmittags überlegte Davion, ob er nicht zu seiner Freundin gehen sollte. Schließlich gab er sich einen Ruck. Natürlich wollte sie erst nicht mit ihm reden, doch am Ende gab sie Davions Bitte nach. Endlich hatte er die Möglichkeit, ihr die Situation aus seiner Sicht erklären zu können. „Ich bin echt froh, dass wir da noch mal drüber gesprochen haben“, sagte Davion und seufzte erleichtert auf. „Ich auch“, pflichtete ihm seine Freundin bei. Mit einem Ruck stand sie auf. „Das hätte ich beinahe vergessen …“ Sie eilte aus dem Zimmer. Nach kurzer Zeit kam sie zurück und fragte Davion: „Schatz, wie wäre es mit etwas schwarzen Tee?“ Verdutzt glotzte Davion sie an. „Was ist, hab ich was falsches gesagt?“, fragte sie irritiert. „Nein … nein, schon gut. Hast du auch zufällig blauen Tee da?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)