All Hellows Eve von Laito-Sakamaki (Ein zu perfektes Opfer) ================================================================================ Kapitel 8: Schokoladenplätzchen und ein zerbrochenes Glas --------------------------------------------------------- Nachdem Hikari eine Weile gegrübelt hatte, war sie duschen gegangen um sich das Blut und Reiji´s Geruch vom Körper zu waschen. Sie mußte einfach aufmerksamer werden. Weder hatte sie körperlich eine Chance, sich gegen einen der Vampire ernsthaft aufzulehnen, noch konnte sie etwas vor ihnen verbergen, wenn diese etwas wirklich wissen wollten. Ihr Plan war also nicht wirklich einer. Es waren eher einige kleine Dinge die sie tun konnte, um keinen der Brüder unnötig zu verärgern und ihnen vielleicht so auch etwas weniger Angriffsfläche zu bieten. Das erste auf ihrer kurzen Liste der Möglichkeiten war, Ayato stets so milde nur möglich zu stimmen. Sein Ego zu streicheln dürfte ihr nicht allzu schwer fallen. Schmierte sie ihm genug Honig ums Maul, wäre ein großer Teil ihres Problems mit ihm bereits gelöst. Als nächstes hieß es weitgehend zu vermeiden, dass er einen seiner Brüder an ihr roch oder sie sogar mit einem von ihnen erwischte. Das konnte sie ganz sicher nicht jedes Mal verhindern, doch auch da gab es kleine Chancen für sie, einer Bestrafung des besitzergreifenden Vampirs, der sie als sein Eigentum sah, hin und wieder zu entgehen. Als sie aus dem Bad zurück in ihr Schlafzimmer ging begann sie langsam sich zu fragen, wo Ayato überhaupt war. Normalerweise bekam er beinahe alles mit, wenn es um sie ging. Doch auch von den anderen hatte sie bisher weder etwas gehört, noch gesehen. Einzig Reiji war ihr seit dem Aufwachen begegnet. Es war schon irgendwie seltsam, dass sie vollkommen unbehellig hatte duschen können, wie sie im Nach hinein nun fest stellte. Irgendeiner der sechs tauchte sonst doch immer genau dann auf, wenn Hikari es so absolut gar nicht brauchen konnte - warum also hatte sie einzig Reiji zu Gesicht bekommen in den letzten ein einhalb Stunden? Irgendetwas ging vor sich. Diese Ruhe konnte einfach nichts Gutes verheissen. Nicht in diesem Haus. Sie beschloß, sich aus dem Zimmer zu wagen und heraus zu finden, wo sie alle hin waren. Außerdem wollte sie sich einen Cranberry Saft holen, denn damit war sie bisher recht nachlässig umgegangen und vielleicht half es ihr wirklich etwas, den Saft regelmässig zu sich zu nehmen. Sie konnte jedes bißchen Kraft und vor allen Dingen, jeden Tropfen Blut, gebrauchen. Als sie in der Küche ankam, wäre sie an Ort und Stelle am liebsten tot umgefallen. Sie hatte wirklich damit gerechnet irgendwo auf dem Weg einem der Brüder doch noch in die Arme zu laufen, aber beim öffnen der Küchentür, hatte sie sich bereits in Sicherheit gewähnt. Nun aber stand sie direkt vor dem Stuhl auf welchem Kanato stand, seinen Teddy hoch hielt und diesen dazu antrieb, ihm die Plätzchen vom Schrank zu holen, die sein blöder Bruder wieder vor ihm da oben versteckt hatte. Eine Sekunde lang hatte Hikari den Drang, sich einfach ganz schnell wieder aus der Küche hinaus zu stehlen, doch da sah der kindliche Vampir sie auch schon an. Sofort jagte ihr ein kalter Schauer über den Rücken und sie musste hart gegen den Fluchtinstinkt ankämpfen. "Warum starrst du uns so an, Mensch?" zischte er ihr gleich entgegen, "Mach dich gefälligst nützlich und hol uns die Plätzchen von da oben herunter. Teddy und ich sind zu klein, um da heran zu reichen." "Ich bin auch nicht größer als du", rutschte es Hikari dummerweise heraus und sofort hielt sie sich den Mund zu. "Du sollst uns nicht widersprechen!" fuhr der lilahaarige Vampir sie an und stand in der nächsten Sekunde direkt vor ihr. Hikari´s Knie wurden weich und zu verhindern, dass sie zu zittern begann, fiel ihr sekündlich schwerer. "Entweder du holst jetzt die Plätzchen da herunter oder du gehst zu Raito-kun und sagst ihm, dass er das tun soll", knurrte er sie finster an, "Such dir aus, was du tun willst, aber mach gefälligst schnell!" "Ra...Raito-kun?" stammelte Hikari entsetzt, "Hat er deine Plätzchen da hinauf gelegt? Warum tut er das?" Sie wusste selbst nicht, wieso sie gefragt hatte, würde sie doch sowieso keine vernünftige Antwort bekommen. Andererseits, was hatte sie nun schon zu verlieren? Augenblicklich gab es zwei Möglichkeiten für sie. Entweder sie stellte Kanato zufrieden - was ziemlich aussichtslos war, da auch sie nicht an die Plätzchen würde heran reichen können - oder aber sie musste sich in Raito´s Hände begeben und wie das enden würde, war relativ klar. Zudem würde danach auch noch Ayato´s Zorn sie wieder treffen, wenn er auch nur das geringste davon erfuhr. Was da am Ende dann wirklich das kleinere Übel war, war unmöglich abzuwägen. In der nächsten Sekunde hatte Kanato ihr die Entscheidung allerdings bereits abgenommen. Ganz plötzlich packte er sie, riss sie herum und schubste sie auf den Stuhl, auf welchem er gerade gestanden hatte. Geschockt blickte Hikari zu ihm auf und erkannte sofort diesen gefährlichen Glanz in seinen Augen. "Ich...kann dir Plätzchen backen", presste sie in einem verzweifelten Versuch hervor, als seine Zähne sich ihr bereits näherten. Hingegen jeder Erwartung richtete Kanato sich wieder auf und sah sie beinahe erstaunt an. "Du würdest mir meine eigenen Plätzchen backen?" fragte er und seine Stimme klang, als könne er dies wirklich nicht glauben, "Nur für mich? So, wie ich sie mag? Süß wie dein Blut?" Ok, das mit dem Blut hätte er sich jetzt sparen können, war Blut doch ganz sicher nicht süß, wusste Hikari, dennoch nickte sie und brachte sogar ein Lächeln zustande. "Nur für dich allein", sagte sie, "Für dich und Teddy und genau so, wie du sie haben willst." Er sah sie abschätzend an und schien wirklich darüber nach zu denken. "Was meinst du Teddy?" sah er sein Plüschtier an, "Wollen wir wissen, wie ihre Plätzchen schmecken?" Hikari schluckte. Wenn der Vampir sich auf diesen Deal einließ, hatte sie vielleicht doch etwas gefunden, womit sie selbst ihn etwas ruhiger stellen konnte. Wenn er mit ihrer Backkunst zufrieden war, würde sich dies vielleicht vorteilhaft für sie auswirken. "Also gut", sah er sie dann an, "Teddy und ich wollen Schokoladen Cookies. Mit einem flüssigen Schokoladenkern und wehe, du versuchst uns zu hintergehen!" "Das würde ich niemals", sprang Hikari auf. Die Erleichterung, dass sie Kanato davon abgebracht hatte, sie zu beißen gab ihr regelrecht Schwung und beinahe freute sie sich sogar auf´s Plätzchen backen. Ohne jede Scheu suchte sie zusammen, was sie benötigte, fragte sogar einige Male Kanato danach, wo sie etwas fand und hatte bald alles vorbereitet. Sie entspannte sich mit jeder Handlung etwas mehr, war plötzlich voll in ihrem Element und störte sich nicht einmal mehr daran, dass der psychopathische Vampir ihr die ganze Zeit aufmerksam auf die Finger schaute. Sie erlebte gerade ein kleines Stück Normalität, ein unscheinbares Sück Alltag, welches sie früher niemals für bedeutungsvoll - und eher lästig - gehalten hätte. Nach allem, was aber in den letzten Tagen oder gar Wochen für sie das normale Leben geworden war, schätzte sie nun jede Sekunde die nichts mit Blut, Folter oder Flucht zu tun hatte und genoss die Möglichkeit Plätzchen backen zu können, einfach nur in vollen Zügen. Zum ersten Mal fühlte sie sich nicht wie eine Maus umzingelt von sechs ausgehungerten Katzen, seit sie von Ayato in dieses Haus verschleppt worden war. Zum ersten Mal war sie nicht gehetzt und auf der Flucht. Zum ersten Mal hatte sie keine Angst und fühlte sich... "Zu Hause...", murmelte sie und erschrak fürchterlich, als Kanato wissen wollte, was sie gesagt hatte. Sie war bereits genug erschrocken, über ihre eigenen Gedanken und das Kanato jetzt auch noch neugierig wurde, verunsicherte sie wieder vollkommen. "Nichts, nichts", gluckste sie verlegen, "Ich rede nur manchmal mit mir selbst." Sie wurde rot und fühlte sich deutlich unwohl unter seinen prüfenden Blicken. "Du bist ein seltsames Mädchen", kam es schließlich von ihm, "Selbst für einen Menschen." Damit war diese Sache scheinbar erledigt und Hikari fiel ein Fels in der Größe des Mount Everest vom Herzen. »Die zweite Eskalation abgewendet«, dachte sie erleichtert und auch ein bißchen stolz. Scheinbar war es wirklich möglich, Kanato daran zu hindern, die Grenze zu seinem ganz persönlichen Wahnsinn zu überschreiten. Die Freude darüber wich jedoch schnell wieder dem vorherigen Gedanken. War es wirklich möglich, dass sie sich hier zu Hause fühlen konnte? Hier in diesem Haus? Umgeben von sechs, emotional völlig gestörten, blutrünstigen Vampiren? »Vielleicht verliere ich allmählich den Verstand«, kam ihr in den Sinn, »Der ständige Bluverlust, die nie endende Angst wieder einem von ihnen in die Arme zu laufen, rund um die Uhr auf der Flucht...das hält niemand auf Dauer aus, ohne Schaden zu nehmen...« Dabei wurde sie sich abermals bewusst, dass sie nicht einmal wusste, wie lange sie schon hier - oder welches Datum heute war. Jegliches Zeitgefühl war ihr abhanden gekommen und durch Bewusstlosigkeit und tagelange Schlafphasen war es ihr unmöglich, überhaupt noch annähernd ein Empfinden dafür zu haben, wie lange sie nun schon eine Gefangene in diesem Haus war. So in ihre Gedanken vertieft vergaß sie wieder, dass Kanato sie genau beobachtete und hatte bald das erste Blech mit Cookies im Ofen. Während sie den restlichen Teig verarbeitete und noch ein zweites Blech beinahe komplett füllte, schwängerte bereits ein dezenter Gebäckduft die Luft im Raum. Nur wenig später schnappte Hikari sich die Ofenhandschuhe, um die erste Ladung aus der Hitze zu holen. Allerdings zog sie die Schutzhandschuhe nicht an, sondern faltete sie nur um das heiße Blech, um es dort halten zu können. Sie stellte es auf die Arbeitsfläche, damit es auskühlen konnte. Jetzt trat auch Kanato zu ihr und sah neugierig auf die fertigen Plätzchen. "Die sehen schon ganz gut aus...", warf er ihr einen undeutbaren Blick zu. "Danke", lächelte Hikari, denn dieses Kompliment freute sie wirklich. Sie nahm das andere Blech - natürlich ohne die Ofenhandschuhe, denn es war ja noch kalt - und schob es schnell in den Ofen.. In der nächsten Sekunde sprang sie mit einem Aufschrei zurück und hielt sich die Hand. "Verdammter Mist", fluchte sie und Kanato sah sie an. "Hast du dich verbrannt, du Arme?" fragte er beinahe mitleidig und griff nach ihrer Hand, "Das muss fürchterlich weh tun..." Er pustete leicht über die knallrote Stelle und sofort glitt ein Schauer ihren Rücken hinab. Der Vampir war völlig entspannt, wirklich freundlich und beinahe schon hilfsbereit, doch genau das beunruhigte Hikari gerade ungemein. Sorge? Mitgefühl? Von einem Wahnsinnigen, der obendrein noch ein Vampir war? Das passte so überhaupt nicht und auch wenn es Kanato scheinbar wirklich milde stimmte, dass sie extra für ihn Plätzchen gebacken hatte - dieses Verhalten jetzt war doch einfach nur zu viel des Guten für so etwas Winziges, wie ein paar selbstgemachte Kekse. Besonders da es hier um Kanato ging. Und bevor sie noch weiter darüber nachdenken konnte, bohrten seine Zähne sich in ihren Zeigefinger, genau in die Stelle, an welcher sie sich verbrannt hatte. Reflexartig presste sie die Kiefer aufeinander, konnte das schmerzliche Aufstöhnen jedoch trotzdem nicht unterdrücken. Auch die Tränen, welche ihr sofort in die Augen schossen, waren unmöglich zurück zu halten. Allein die Verbrennung schmerzte schon höllisch, doch seine Fänge vervielfachten den Schmerz auf ein unsagbares Mass. "Wieso...tust du das...Kanato-kun...?" presste sie zwischen den Zähnen hindurch, als er seine Zähne, ebenso schmerzhaft, aus ihrem Finger löste. Sofort rann Blut aus den frischen Wunden und tropfte zu Boden. "Warum?" seuselte Kanato und zog sie leicht etwas zu sich, "Du hast versprochen, sie genau so zu machen, wie ich es will...süß...wie dein Blut..." Er dirigierte ihre Hand über das Backblech mit den fertigen Plätzchen und ließ grinsend ihr Blut auf diese tropfen. »Er hatte genau das von Anfang an vor«, schoss es Hikari durch den Kopf, »Es ging nicht um die Plätzchen, sondern um mein Blut darauf.« Mit einem zufriedenen Schnurren nahm Kanato ein Plätzchen und drehte sich zu dem Mädchen. "Du darfst zuerst probieren", blitzte deutlich wieder der Wahnsinn in seinen Augen, "Dann sagst du mir, ob du mit deinem Werk zufrieden bist." Er führte den Keks zu ihren Lippen, doch Hikari drehte angewidert den Kopf beiseite. "Du wagst es...!?" brauste Kanato sofort auf, "Hattest also doch vor, mich zu vergiften, du wertloser Mensch!" Sein Griff um ihre Hand wurde stahlhart und sofort schossen weitere Tränen in ihre Augen. "Nein", schluchzte sie, denn es fühlte sich an, als bräche er ihr gleich die Hand, "Sie sind nicht...vergiftet! Gib mir eines ohne Blut, dann...esse ich es auch." "Dein eigenes Blut und du willst es nicht?" Seine Stimme klang, als könne er das wirklich absolut nicht glauben. Kurz lockerte sich sein Griff, doch gerade als Hikari erleichtert seufzte, zogen seine Finger sich wieder zu und sofort verließen ihre Lippen wieder deutliche Schmerzlaute. "Du wirst das jetzt essen!" fuhr er sie beinahe von Sinnen an, "Mach schon!" Er drückte das Gebäck gegen ihre Lippen, doch sie weigerte sich unter Schluchzen, diese zu öffnen. "Mach schon!" schrie der Vampir nun und sie zuckte heftig zusammen. Er ließ ihre Hand los und packte stattdessen ihren Kiefer. Mit schmerzhaften Druck zwang er sie, ihren Mund zu öffnen, wobei er schallend lachte. »Wäre ich doch besser zu Raito gegangen«, liefen Tränen ihre Wangen hinab, »Wie konnte ich mir nur einbilden, ausgerechnet mit diesem Irren umgehen zu können?« "Los iss!" gluckste Kanato und schob ihr den blutigen Keks in dem Mund. Dann verschloss er ihre Kiefer und hielt ihr den Mund zu. "Selbst wenn du dich weigerst, zu kauen...", schnurrte er und lehnte sich dicht zu ihrem Ohr, "Dein Speichel wird ihn auflösen und er wird dir, zusammen mit deinem Blut, auf der Zunge zergehen. Und ich werde in der ganzen Zeit dein süßes Blut saugen und heraus finden, ob es dadurch noch süßer wird..." Hikari schluchzte und versuchte verzweifelt, sich zu befreien, doch sofort drückte der Vampir sie mit dem Rücken auf die Arbeitsfläche und lehnte über ihr. Schmerzhaft drückte sich das Blech mit den Plätzchen in ihren Rücken. Es war noch warm, doch zum Glück nicht mehr heiss und so war ihr größtest Problem gerade, dass ausgerechnet der kleine Verrückte sie wieder in die Finger bekommen hatte. Er würde sie beißen und Gott weiss, was noch mit ihr machen. Grenzen in irgendeine Richtung gab es für ihn ganz sicher nicht. Sie war ihm ausgeliefert und wartete ergeben auf den Schmerz. Der schoß kaum eine Sekunde später durch ihren Körper. Reißend, von unglaublicher Intensität, so unerträglich, dass Hikari beinahe in Versuchung kam, sich zukünftig lieber in Nähe der Brüder aufzuhalten, dessen Bisse zwar ein übles Libido Problem brachten, dafür aber nicht von solch unglaublicher Schmerzintensität waren. Sie hatte das Gefühl, jede Sekunde nicht mehr atmen zu können vor lauter Schmerz und wünschte sich nur noch eines: »Wäre ich doch nur gestorben, damals an der Klippe...« Plötzlich ein lautes Klirren und Kanato ließ augenblicklich von ihr ab. Sofort legte sie die Hand auf ihren Hals und rutschte umständlich von der Arbeitsfläche. "Shu!" hörte sie ihren Peiniger knurren, "Was soll das?" Hikari hatte kurz zu kämpfen, auf den Beinen zu bleiben und musste sich abstützen, dann jedoch wich das Schwindelgefühl von ihr und sie erlangte die Kontrolle über ihre Muskeln zurück. "Rede schon!" keifte Kanato ungeduldig, da er bisher noch keine Antwort bekommen hatte. Hikari hob den Kopf und sah den blonden Vampir direkt an der Tür stehen. Er hatte, wie üblich, seine Stöpsel in den Ohren, die Augen geschlossen und wirkte völlig entspannt. Kanatao machte es eher wütend, das sein ältester Bruder absolut gar nicht reagierte. "Sag was oder hau ab!" zischte er. Jetzt öffnete Shu die Augen und seufzte genervt. "Mir ist einfach nur das blöde Glas aus der Hand gerutscht", murmelte er ziemlich gleichgültig, "Konnte ja nicht ahnen, dass du - hingegen Reiji´s strikten Anweisungen - solche Dinge außerhalb deines Zimmers tust..." Er zuckte leicht mit den Schultern. "Das war doch Absicht", fuhr Kanato ihn an, "Die anderen kannst du vielleicht täuschen, aber mich nicht! Du versuchst, ihr zu helfen." Hikari nutzte gerade die Chance, von Kanato weg zu kommen und aus der Küche zu fliehen. Sie wollte einfach an der blonden Schlaftablette vorbei laufen und verschwinden. Die Worte des Lilahaarigen jedoch schossen beinahe wie Pfeile in ihren Kopf und sofort suchte ihr Blick diese traumhaft blauen Augen. "Sie könnte mir nicht egaler sein", vernahm sie seine kalten Worte und sein Gesichtsausdruck jagte ihr einen Schauer über den Rücken, "Von mir aus töte sie - dann ist endlich wieder Ruhe in diesem Haus!" Sofort wich Hikari seinem Blick aus und zögerte auch, nun einfach an ihm vorbei zu laufen. Natürlich hatte er ihr nicht helfen wollen. Wie konnte sie das auch nur eine Sekunde lang glauben? Auch wenn einer seiner Brüder es war, der diese Behauptung aufstellte - welchen Wert hatte das schon? Sie alle waren keine wirklichen Brüder. Ihr Blut verband sie zwar, aber eine Familie waren sie nicht. Sie akzeptierten sich, teilweise tolerierten sie sich auch nur, doch ganz sicher würde keiner von ihnen einen seiner Brüder retten, sollte soetwas jemals notwendig sein. Jeder von ihnen dachte nur an sich selbst und den eigenen Vorteil. Hikari nahm all ihren Mut zusammen und hetzte nun doch an Shu vorbei. Die Hoffnung, dass er zu träge war, sie aufzuhalten trieb sie voran und nachdem sie aus seiner Reichweite entkommen war, atmete sie erleichtert auf. Die Mühe sie zu verfolgen würde er sich ganz sicher nicht machen. Das er in weniger als einem Augenaufschlag direkt vor ihr erscheinen konnte, wenn er wollte, hatte sie in diesem Moment völlig vergessen. Sie lief einfach nur so schnell sie konnte nach oben und Richtung ihres Zimmers. Erst Reiji, der zwar noch annähernd gesittet vorgegangen war, ihr aber nichts desto Trotz absolut klar gemacht hatte, dass sie ihm ausgeliefert war und dann noch Kanato, dieser kleine Psycho mit dem Erscheinungsbild eines kränklichen, schwachen Jungen, der er jedoch ganz sicher nicht war. Er war genauso stark, wie alle seiner Brüder, kein bisschen weniger tödlich und einfach nur brandgefährlich, weil sein Irrsinn es unmöglich machte, ihn auch nur ansatzweise einzuschätzen. Das war bereits wieder mehr Höllenqual, als Hikari an einem Tag ertragen konnte. Zudem schmerzte ihre Hand quälend heftig. Sie wollte sich einfach nur noch in ihrem Zimmer verstecken und am besten niemals wieder heraus kommen.. Schluchzend hastete sie den schumrigen Flur entlang, den Blick verschleiert durch die Tränen, welche noch immer nicht versiegen wollten und stieß gegen Jemanden. »Shu«, stieg direkt Panik in ihr auf, doch dann erkannte sie den Duft. »Natürlich«, fühlte sie ihre Kraft direkt schwinden, »Jetzt auch noch Bestrafung für die Folter, die sein Bruder mir angetan hat...« Sie spürte, wie ihre Knie nachgaben und auch, wie Ayato sie festhielt. "Oi Chichinashi", hörte sie seine leicht überraschten Worte, "Werd nicht schon wieder ohnmächtig!" Er hob sie auf seine Arme und langsam hob Hikari den Kopf. Sie bekam kein Wort heraus, sah ihn einfach nur beinahe flehend an, während aus ihren verweinten Augen noch immer unaufhörlich Tränen über ihre Wangen rollten. Sie hatte heute einfach keine Kraft mehr, sich auch ihm noch stellen zu müssen. Sie wusste, er war nicht weniger sadistisch als seine Brüder und soetwas wie Mitleid konnte sie auch von ihm nicht erwarten. Dennoch hatte sie gerade ein derartiges Bedürfnis nach Schutz und etwas Trost, dass sie all das einfach ignorierte und wirklich hoffte, Ayato würde sie verstehen. Das er das natürlich nicht tat, wurde direkt bei seinen nächsten Worten deutlich. "Du hast mich wieder betrogen", murrte er eisig, "Und dann auch noch mit dem Singvögelchen. Hast du denn überhaupt keine Grenzen, dummes Mädchen?" Er drehte sich um und trug sie n ihr Zimmer. Hikari zitterte am ganzen Leib. Der pochende Schmerz der Brandverletzung raubte ihr fast den Verstand und die Angst vor dem, was Ayato nun mit ihr tun würde, gab ihr einfach nur den Rest. "Bitte Ayato-kun", krampften sich ihre Finger in sein Hemd während sie ihr Gesicht an seiner Brust vergrub, "Tu mir nicht auch noch weh, bitte. Ich halte das nicht mehr aus! Ständig erwischt Raito mich und als wäre das nicht schlimm genug, scheint Kanato-kun mich wirklich unbedingt tot sehen zu wollen." Sie schluchzte immer lauter, presste sich immer fester an ihn und weinte ohne Unterlass. Der Vampir war sichtlich irritiert, denn er blieb stehen und sah das völlig aufgelöste Mädchen auf seinem Arm unschlüssig an. "Bitte Ayato-kun, du musst mich vor ihnen allen beschützen", bettelte die weinerliche Stimme brüchig, "Reiji hat mich jetzt auch gebissen und ich habe so schreckliche Angst vor ihm. Er und Kanato sind...sind...sie sind..." "Ich weiss, was sie sind", war Ayato´s Stimme erstaunlich ruhig, jedoch eisig und er setzte sich wieder in Bewegung. Dieses mal warf er sie wieder auf´s Bett, jedoch nicht so, wie er es üblicherweise tat. Eher, als wäre es eben einfach Gewohnheit und sogar mit einer gewissen Behutsamkeit ausgeführt. Als Hikari sich etwas drehte und zu ihm aufsah, schluckte sie leicht. Er stand da, ohne jede Regung, sah sie an und hatte einen Ausdruck in den Augen, den das Mädchen bei ihm noch niemals gesehen hatte. War es wirklich möglich, dass ihre Worte ihn erreicht hatten? Das er ihre Angst verstand? Das er...? "Reiji ist ein Bastard", ließen seine gezischten Worte Hikari direkt zusammen zucken, "Er tut immer so edel und anständig, dabei hätte er jeden von uns längst getötet, wenn er nicht die Strafe unseres Vaters fürchten würde. Wir Brüder lieben einander nicht, jedoch haben wir zumindest noch eine gewisse Achtung voreinander. Reiji achtet Nichts und Niemanden! Für ihn heiligen seine Zwecke absolut jedes Mittel. Immer und überall, also halte dich von ihm fern!" Er lehnte sich zu ihr hinab und sah ihr genau in die Augen, was Hikari verunsicherte, denn sein Blick war absolut nicht zu deuten für sie. Zwar wirkte er gefasst, beinahe schon ruhig, doch es fiel ihr schwer zu glauben, dass er sie wirklich trösten oder beschützen wollte. Auch als seine kalten Finger sanft über ihre Wange strichen und einige Tränen fort wischten, erwartete sie jede Sekunde das abrupte Ende der minimal aufkeimenden Hoffnung in sich. "Und Kanato muss niemand fürchten", sprach er, noch immer ruhig, weiter, "Er ist nur ein kleiner Junge der spielen will, nichts weiter." "Spielen?" rutschte es Hikari heraus und sie entzog sich Ayato´s Berührung, indem sie den Kopf weg drehte, "Für euch alle ist das hier scheinbar nichts, als ein Spiel! Ihr spielt mit mir und meinem Leben und ich bin ganz allein und hilflos. Ich bin zu schwach, mich gegen irgendetwas zu wehren und niemand ist da, den ich um Schutz bitten kann oder der mich einfach nur ein wenig versteht..." Sie drehte mit einem Ruck ihr Gesicht wieder zu ihm und sah ihn verbittert an. "Nein Ayato", brachte sie, erstaunlich fest hervor, "Für mich ist das alles hier kein Spiel und mit jedem weiteren Mal, wenn einer von euch sich einfach mein Blut nimmt wünsche ich mir mehr, dass ihr mich endlich tötet!" Einen Moment lang regte der Vampir sich nicht, dann jedoch schlich sich ein Grinsen auf seine Lippen und er lehnte sich ganz dicht zu ihr. "Bittest du mich darum, dich zu erlösen?" schnurrte er, ähnlich anzüglich wie Raito es so oft war, "Finde dich damit ab - du gehörst mir und ich habe entschieden, dich niemals gehen zu lassen!" Seine Zunge glitt langsam über ihre Kehle und er seufzte wohlig. "Du bist mein!" Seine Worte und sein Biss waren rasiermesserscharf, schnitten in ihr Fleisch und ihre Seele, nahmen ihr die letzte Hoffnung und besiegelten ihr Schicksal. Hikari würde ihm und der Hölle in diesem Haus niemals entkommen. Nicht durch Flucht und selbst nicht durch den Tod. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)