ANY Adventure von Storyteller_Inc ================================================================================ Kapitel 4: Zwischen fremden Bekannten ------------------------------------- Jonghyun hatte das Zimmer gerade wieder verlassen und ich ließ mich, fast schon erschöpft als hätte ich einen langen Marsch vor mir gehabt, auf den Boden sinken. Ich atmete tief aus und lehnte den Kopf gegen die Kommode auf der noch vor meinem Aufbruch zu Soo-Won die Schriftrolle gelegen hatte. Sie war weg. Scheinbar hatte man alles unnötige, aus dem Zimmer entfernt, abgesehen von meiner Kleidung, die zusammengelegt neben dem Futon lag, auf dem ich zu mir gekommen war. Es war viel passiert. Viel zu viel. Erst war ich von meiner Welt in einer fiktionalen gelandet, wobei man sagen musste, dank meiner ganzen MSPs sollte ich Übung darin haben und dann hatte man mich niedergeknüppelt und in den Palast geschleppt. Etwas, dass man mit einem Gast, als den ich mich sehen sollte, nicht machte, wenn man ihn in den Palast einlud. Es war seltsam, aber ich fühlte mich, als wäre ich gerade in einem Kampf gefangen. Einen Kampf um mein Leben, bei dem meine Chancen zu gewinnen einfach nur miserabel standen. Man versuchte mir den Mord an König Il anzuhängen. Das war offensichtlich und gleichzeitig hatte meine Lüge auch Soo-Won und seine Anhänger verunsichert. Meine Kleidung war eine Art Beweis dafür geworden, dass ich immerhin teilweise die Wahrheit sagte. Dass ich aus einem anderen Land kam. Ja, ich glaubte Soo-Won dass er nichts riskieren wollte, indem er diplomatische Probleme mit meiner Hinrichtung verursachte. Sie wussten nicht, dass niemand wusste, dass ich hier war und daher auch niemand ein Problem damit haben würde, wenn ich starb. Selbst wenn es jemand gewusst hätte, ich glaube kaum, dass es auch nur eine Sau interessiert hätte. Man hätte höchstens gesagt „Wir verhandeln nicht mit Terroristen.“ Headshot for me. Ich musste einen kühlen Kopf bewahren, wenn ich das hier überleben wollte. Vielleicht ein wenig an Soo-Wons Schuldgefühl appellieren, denn das war wohl noch ein weiterer Grund warum ich lebte. Soo-Won wusste um den wahren Mörder. Er wusste, dass er es war und ich damit nicht sein konnte. Ich war lediglich zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen. Wenn ich Soo-Won richtig einschätzte, hatte er vielleicht Mitleid oder Schuldgefühle. Nach dem Gespräch war ich mir dessen sicher. Er wollte nicht unnützer Weise unschuldiges Blut vergießen. Anders als sein Berater, der mich wahrscheinlich als König Ils Mörder öffentlich hingerichtet hätte. „Wie sieht also dein Plan aus, Eri?“, fragte ich mich leise und rieb mir dabei den Kopf. So viel zu denken, ließ mein Hirn irgendwie schmerzhaft pulsieren. „Erstmal bei der Geschichte bleiben... Geschichtenerzählerin liegt ja nicht so fern ab der Wahrheit. Hatte mir im Magi-MSP auch jeder abgekauft. Scheiße... ich bin in Akatsuki no Yona... ich bin auf der falschen Seite... irgendwie... warum bei Soo-Won?“, fluchte ich leise und versuchte dabei einen Anflug von Panik zu unterdrücken. Angst war jetzt nicht gerade der beste Berater. „Scheiße... scheiße... scheißescheißescheiße...“ Die Gedanken in meinem Kopf routierten und vermischten sich mit allen möglichen Gedanken. Nur einer war klar und deutlich herauszuhören. 'Wenn kein Wunder geschieht, wirst du hier sterben. Du kommst hier nicht mehr raus.' Wie würden meine Eltern reagieren, wenn ich mich nicht mehr meldete? Würde mich jemand außer meinen Eltern vermissen? Gut vielleicht Shicchi und Franzi aber sonst noch wer? Würde man denken, dass ich meinen letzten „Selbstmordplan“ endlich umgesetzt hatte? Einfach verschwinden... niemals wieder auftauchen, oder das jemand es wusste... Oh fuck. 'Was machst du dir eigentlich für Sorgen? Interessiert doch eh keinen. Alle haben nur deine Fehler gesehen. Das Gute was du getan hast, tun wolltest, tun könntest, interessiert in deiner Welt doch keine Sau. Du weißt doch, Fehler werden erst verziehen, wenn man tot ist. Nun bist du das so gesehen.' Ich holte tief Luft und versuchte diesen wahren Gedanken nieder zu ringen. Es war nicht das erste Mal, dass er sein hässliches Haupt erhob. 'Hier musst du nicht um Vergebung betteln. Hier kannst du neu anfangen...' Ja... vielleicht war es gut so. Gut so, dass ich aus der Welt gefallen war. Dass ich eine neue Welt gefunden hatte. Zwar nicht die idealste Welt, aber das MSP hatte mich ja gelehrt, dass es keine ideale Welt gab. Sterben konnte ich überall... aus den seltsamsten Gründen. Irgendwie beruhigte mich der Gedanke. Die Schmerzen in meinem Kopf stumpften wieder ab. Es war gut so. Irgendwie. Es interessierte keinen wenn ich verschwand. Meine Eltern würden sich damit abfinden... irgendwie. Franzi und Shicchi würden neue Freunde finden die mich ersetzen konnten, irgendwie. Es würde sich keiner mehr an mich erinnern. Niemand würde fragen „Hey was ist eigentlich mit Erenya“. Ein bitteres Lachen kam über meine Lippen. Und doch... liefen mir Tränen über die Wangen. Ich würde Shicchi nicht mehr sehen, meine Eltern, Franzi... meine anderen Freunde die mir eigentlich wichtig waren. Alle weg. Ich war alleine hier. Den Stimmungen eines Soo-Won ausgeliefert. Meiner eigenen Dummheit ausgeliefert... warum... warum konnte ich nicht irgendwie awesome sein... Zumindest awesome genug um mein Leben zu retten. Geschichten erzählen würde mich nicht retten. Ich würde sterben, ohne das meine Liebsten wussten, was mit mir geschehen war. „Erenya!“ Ich hatte meinen Kopf auf meine Knie gestützt,nachdem ich die Beine angewinkelt hatte. Ich spürte die Tränen auf den Kimono tropfen und hörte durch mein Geschluchze hindurch Jonghyuns Stimme. Ich sah nicht auf, denn ich wollte nicht, dass er die Tränen sah. Geschirr klapperte leise als er etwas abstellte. Ich hörte das Rascheln seiner Kleidung, als er auf mich zukam. „Erenya, was ist los? Tut dir was weh? Soll ich den Arzt holen?“ Ich schüttelte den Kopf, fand aber keine Worte und sah auch nicht auf. Er durfte die Tränen nicht sehen. Niemand durfte meine Verzweiflung sehen. Ich musste doch stark nach außen hin wirken. Schwäche war ein Tabu für mich. „Oh, ich denke ich verstehe“, flüsterte Jonghyun. Ich wartete kurz, hörte wieder das Rascheln seiner Kleidung. Doch es entfernte sich nicht. Stattdessen spürte ich, wie er sich neben mich setzte, ganz dicht, so dass wir Schulter an Schulter saßen. „Mach dir keine Sorgen. Soo-Won-sama hat gesagt du bist hier zu Gast. Sicher die Umstände wie du ein Gast des Palastes wurdest waren jetzt nicht ideal, aber Soo-Won-sama ist kein schlechter Mensch. Ich kenne Soo-Won-sama seit einigen Jahren. Weißt du, er ist der Sohn des verstorbenen Generals Yu-Hon. Er ist der Neffe des verstorbenen König Ils. Ich habe ihn noch nie wütend erlebt. Und er ist auch nie grausam gewesen. Man kann sagen, Soo-Won-sama ist ein Mann des Wortes. Wenn er verspricht, dass dir nichts passiert, dann wird es auch nichts. Wenn General Son-Hak hier wäre oder Prinzessin Yona, dann würden die beiden euch das auch bestätigen. Ebenso der verstorbene König Il.“ Jonghyun konnte nicht wissen, dass ich das alles bereits irgendwie wusste. Gut, offiziell durfte ich das nicht wissen, doch meine Tränen hinderte das nicht. „Ich werde mit Soo-Won-sama reden, wenn es sein muss. Denn ich glaube immer noch nicht, dass du ein böser Mensch bist. Jemand der einen König kaltblütig umbringt, würde jetzt nicht weinen.“ Jonghyun war ja wirklich süß. Vielleicht aber auch etwas naiv. Ich hätte diese Tränen spielen können um sein Vertrauen zu gewinnen. Mein Aussehen konnte täuschen, sicher hätte ich ein Assassine sein können, aber das würde ich jetzt sicher nicht laut aussprechen, soviel stand fest. „Werde ich meine Eltern und meine Freunde wiedersehen?“, fragte ich leise und schluchzte dabei mehr als das ich wirklich sprach. „Sicher. Sobald alle Zweifel beseitigt sind, wird Soo-Won-sama dich sicher gehen lassen und dir helfen zurück in deine Heimat zu kommen. Und danach kannst du ganz viel aus unserem Land berichten. Über Geschichten, Helden und noch viel mehr.“ Ich konnte deutlich hören, dass Jonghyun lächelte. Er bemühte sich wirklich. Umso bitterer waren seine Worte, denn so leicht konnte ich sicher nicht in meine Welt zurück. Ich wusste ja nicht einmal wie ich hier gelandet war, so dass ich meinen Weltensprung nicht rekapitulieren konnte. „Komm, ess erst einmal was. Danach sieht die Welt anders aus. Auf leeren Magen spielen die Gedanken meist verrückt.“ Er griff mich sanft am Unterarm und zog mich mit sanfter Gewalt auf die Füße. Ich konnte meine Tränen nicht länger verbergen, spürte aber, wie Jonghyun sie sanft von meiner Wange strich. „Die Köche haben aus den Resten des Frühstücks noch etwas Bibimbap gemacht. Hast du das schon einmal gegessen?“ Ich schüttelte den Kopf und folgte Jonghyun zu dem Tablett, aber dem eine steinerne Schüssel mit Inhalt stand, in der ich viel Grünzeug sag. Bohnen vermutlich und etwas Salatähnliches. Doch auch etwas braunes, pilzähnliches guckte hervor, eben so etwas weißes. „Das ist ein Gericht das man meist aus Resten macht. Damit nichts weggeworfen wird. Man kann es auf verschiedene Weise machen. Das hier wurde mit Rettich, Shiitake, Königsfarm und Bohnensproßen gemacht. Dazu noch mit Gochujang und Fleisch. Du solltest es aber umrühren, denn darunter befindet sich Reis. Dazu gibt es hier noch dieses kleine Schälchen mit der Brühe, die für die Suppe heute früh verwendet wurde. Es ist wirklich lecker probier mal.“ Ich setzte mich vor das Tablett und nahm einen hölzernen Löffel in die Hand. Gochujang sagte mir irgendwas. Eine kleine Alarmglocke schrillte im Hintergrund, doch ich wusste nicht wieso. Wie es mir Jonghyun geraten hatte, vermischte ich den Reis mit Gemüse und Pilzen, bevor ich meinen Löffel fühlte. Es roch gut. Nach Pilzen, Fleisch und frisch gekochten Reis. Doch irgendwie mischte sich noch etwas anderes in die Duftkomposition. Ein bekannter Duft, den ich aber nicht einordnen konnte. Die Alarmglocke im Hinterkopf schrillte lauter. Ohne länger zu zögern, das wäre unhöflich gewesen, nahm ich den Löffel in den Mund. Der Geschmack war unbeschreiblich. Frisch, heiß und vor allem... Meine Augen weiteten sich, und ich schluckte so schnell ich konnte das Bibimbap runter. Ohne vieles Kauen, ohne es länger auf der Zunge liegen zu lassen. Eilig griff ich zu der Brühe und trank sie in einem Zug leer, denn die Schärfe, die das Gericht bei mir verursacht hatte, wurde von Sekunde zu Sekunde stärker. Ich starb... am Essen... weil Soo-Won gnädig war. ~*~ Müde rieb ich mir den Schlaf aus den empfindlichen, tränenden Augen. Nicht nur die Tatsache, dass ich mich an einem mir vollkommen fremden Ort befand, hatte für eine eher unruhige Schlafenszeit gesorgt. Auch mein Einschlafproblem hatte seinen Teil dazu beitragen. Ohne Kopfhörer und Handy lag ich auf dem harten, kalten Boden, rollte mich von der einen Seite auf die andere und starrte müde ins Nichts. Irgendwann war mein Körper vor Erschöpfung eingeschlafen. Da ich, sobald ich zuhause oder bei meinem Freund ankam, alles Unbequeme unverzüglich auszog, lag ich hier ohne meine Armbanduhr herum. Mein Gefühl sagte mir hinterher, dass ich Yona um ihren tiefen Schlaf um mindestens 45 Minuten lang beneidet hatte. Ob Hak geschlafen hatte, kann ich nicht sagen. Auf jeden Fall machte er einen deutlich fitteren Eindruck, als ich mit dem halben Schlaf im Gesicht. Trotzdem wollte ich nicht noch mehr zur Lastwerden, als ich ihnen ohnehin schon war. ‚Es würde mich nicht wundern, wenn sie mich hier in Haks Heimat zurücklassen würden. Soweit ich mich richtig erinnern kann, ging es Yona hier wieder viel besser, sie war auch nicht mehr so antriebslos. Da werden sie mich bestimmt nicht mehr brauchen. Aber was mache ich dann? Irgendwie muss ich einen Weg nach Hause finden. Ob es einen bestimmten Grund gibt, warum ich hier gelandet bin? Wie bei den Digirittern? Aber was ist meine Aufgabe? Bin ich überhaupt die richtige Person? Gab es eine Verwechslung und sie wollten jemand anderes? Oder bin ich wie Sora aus Kingdom Hearts nur die zweite Wahl? Gibt ja jetzt nicht so viel, das ich hier tun kann …‘ Während ich so herumüberlegte, erreichten wir schließlich unser Ziel. „Eure Hoheit“, sagte Hak, ohne sich zu uns umzudrehen, „jetzt kann man sie sehen“. Vor uns lag eine Stadt, umgeben von Felsen und Bäumen, im Zentrum ein kleiner Berg mit einer stattlichen Festung darauf. Zwar kannte ich die Stadt bereits aus dem Anime und Manga, aber solche Gebäude einmal live zu sehen, ist dann wieder eine ganz andere Geschichte. Besonders, da ich mal wieder so vertieft in meinen Gedanken gewesen war, dass ich mal wieder nur das Allernötigste aus meiner Umgebung wahrgenommen hatte. „Der Windclan. Das ist seine Hauptstadt Fuga“, murmelte Yona unter ihrer Kapuze hervor. Damit sie nicht so schnell erkannt werden konnte, hatte sie sich in einem schlichten Tuch oder ähnlichem vermummt. Auch wenn sie meiner Meinung nach damit noch auffälliger wirkte, behielt ich meine Gedanken für mich. Einfach, weil ich Hak nicht verärgern wollte, der die Idee wohl auch gut fand. Ein paar wenige Minuten später hatten wir die Tore erreicht, bereits aus der Ferne konnten wir das aktive Wettsägen der Wache sowohl sehen, als auch hören. Wie auch Hak trugen sie die typische Kleidung des Windclans, wenn auch weniger edel. Aber es hatte was und bequem sah die Kleidung auch aus. Auf jeden Fall praktischer als meine eigene, war ich ja die vergangene Nacht auf Haks Mantel angewiesen. Beschämt schüttelte Hak den Kopf, vermutlich war ihm der Anblick peinlich. Vor allem Prinzessin Yona gegenüber. Ein bisschen beneidete ich die beiden Jungs um ihren Schlaf, so friedlich im Stehen. Was ihnen Hak auch gleich wieder austrieb. Mit einem saftigen Tritt riss er sie aus dem Reich der Träume zurück in die Realität. Ich bekam Mitleid mit den beiden. „Teu, Heangdea! Die Wache dieses Clans hält einen Mittagsschlaf …?!“, rief Hak immer noch genervt. Verwirrt sahen die beiden jungen Männer ihn an, begriffen aber sofort, wer sie da so unsanft geweckt hatte. „Hak-sama?“, wunderten sie sich unisono. Dieser hob die Hand zum Gruß. Er klang nicht sonderlich überrascht, weshalb ich vermutete, dass Hak ein solches Verhalten wohl gewohnt war. „Wie lange ist das jetzt her? Zehn Jahre? Was machst du hier?“, fragte Teu mit einem dümmlichen Grinsen im Gesicht. Ich konnte nicht sagen, ob er Hak nicht so ernst nahm wie er es sollte oder ob er noch nicht ganz wach war. Vermutlich wusste er es selbst nicht. „Hat man dich als General entlassen? Das Leben geht trotzdem weiter“, erwiderte Heangdea genauso tiefenentspannt. Hak seufzte. „Ihr seid also immer noch solche Weicheier. Außerdem ist es erst drei Jahre her. Und ihr könnt nicht einfach im Dienst schlafen, egal, wie friedlich es ist.“ „Aaaber Hak!“, kam es in einem Singsang aus beiden Mündern.“ „Wir sind der Windclan. Wir biegen uns so, wie der Wind sich dreeeht!“ „Wenn wir müde sind, schlafen wir“, stimmte Teu seinem Kameraden zu. Haks Laune änderte sich dadurch nicht, besonders nicht zum Besseren. [LEFT]„Wer hat die zwei bloß zu Wachen ernannt?“, fragte sich Hak laut und schüttelte erneut den Kopf. Sowohl Yona, als auch ich hatten die ganze Szene schweigend beobachtet. Dabei sind mir Heangdeas Sommersprossen aufgefallen, was ihn mir gleich ein wenig sympathischer machte als Teu. Wenn auch nur einen Ticken.[/LEFT] [LEFT] [/LEFT] ~~*~~ Ich atmete schwer, während mit Jonghyun Luft zufächelte. Das Essen hatte ich kaum noch angerührt. Nicht einmal der Reis. Der war mit dem Gochujang kontaminiert. Nur weil Jonghyun es wollte, hatte ich noch zwei drei Bissen mehr zu mir genommen. Auch wenn er verstanden hatte, dass es mich quälte. „Ich hätte vorher fragen sollen, was du nicht isst“, entschuldigte sich Jonghyun zum gefühlt Millionsten mal. Ich war dankbar dafür, dass er mir Luft zufächerte, denn die Hitze in mir war einfach unerträglich. „Nein, nein... alles in Ordnung. Man könnte meinen ich hätte mich an das Essen in diesem Land gewöhnt habe, aber ich bin echt nicht gut mit scharfen Essen.“ Ich bemühte mich zu lächeln und sah zu Jonghyun, der nur mit dem Kopf schüttelte. „Ich hätte daran denken müssen, dass du vielleicht unser Essen hier nicht gewohnt bist. Soll ich dir wirklich nicht noch was anderes besorgen?“ Ich schüttelte erneut mit dem Kopf und sah zu Jonghyun der gerade wie ein begossener Welpe aussah. Er tat mir schon leid, denn er hatte es ja gut gemeint, aber ich vertraute dem Essen gerade nicht. Oder eher meinem Magen der randalierte. „Können wir aber frische Luft schnappen gehen?“, fragte ich schließlich, wobei sich Jonghyuns Gesichtsausdruck aufhellte. „Natürlich, warum habe ich nicht gleich daran gedacht. Ich zeige dir den Palast. Du wirst das Wissen brauchen.“ „Kommt die Wache dann mit?“, fragte ich, denn ich erinnerte mich daran, dass vor meinem Zimmer eine Wache positioniert war. „Nein, nein keine Sorge. Die Wache steht nur da, wenn du hier drinnen bist. Wenn dich jemand von den Dienern begleitet reicht das. Soo-Won-samas Anordnung. Immerhin gibt es hier im Palast genug Wächter die dich fangen könnten.“ Das klang logisch und gleichzeitig war ich froh darüber. Sicher, ich würde jetzt keine großartige Flucht versuchen, aber mir wäre es doch schon unangenehm gewesen auf Schritt und Tritt von jemanden beobachtet zu werden, der mit einem Schwert meine Kehle teilen konnte. „Ich kenne einen Ort, der wird dir sicher gefallen!“, erklärte Jonghyun und machte sich mit diesen Worten bereit das Zimmer zu verlassen. Ich erhob mich ebenfalls und folgte Jonghyun hinaus in mein Gefängnis, dass ein ganzer Palast war. Kaum zu glauben, dass die Freiheit eines ganzen Palastes auch gleichzeitig ein Gefängnis sein konnte. ~*~ „Anführer!“ „Junger Anführer!“ „Hak-Sama! Es ist so lange her!“ Wir konnten gerade einmal blinzeln, schon waren wir umkreist von Windclan-Bewohnern, allesamt eingekleidet in der typischen Windclan-Tracht. Welche sich außerordentlich freuten, ihren Anführer wiederzusehen. „Wann bist du zurückgekehrt?“, fragte eine der vielen Bewohnerinnen. „Oh nein, du siehst ja immer männlicher aus!“, schwärmte eine andere. Doch Hak erwiderte nichts, mit ausdrucksloser Miene betrachtete er das Empfangskomitee. Weshalb sie ihre Aufmerksamkeit nun auf den Rest unserer Truppe richteten. „Nanu?“, fragte sich eine junge Frau. „Wer ist sie? Etwa Hak-samas Geliebte?“ Erste Theorien und Gerüchte um die arme Yona machten unter den Stadttratschen bereits die Runde, obwohl die Betroffene noch nicht mal die Grenzen der Stadt passiert hatte. „Hier ist noch ein hübsches Mädchen. Wer sie wohl sein mag?“, wunderte sich ein junger Mann mit Vollbart. ‚Wen meint der? Wohl mich? Aber hübsch? Öhm, ok …‘ „Hak, wie kommt es, dass du den Palast verlassen hast und in Begleitung zweier junger Damen zu uns zurückkehrst?“ Da fiel mir ein, dass der Windclan noch gar nichts von den Ereignissen im Schloss mitbekommen hatte. Mun-deok war gerade erst zum Schloss gerufen worden und konnte den Clan bisher nicht informieren. Dass sich solche Informationen so langsam verbreiteten, ließ mich innerlich schütteln. Dank Seiten wie Facebook oder Twitter war man über Dinge wie Anschläge, Unfälle oder andere tragische Ereignisse sofort informiert, was ich als sehr angenehm empfand. Hak ging nicht auf die Fragen der Meisten ein, sondern wand sich an Yona und begann, sie seinem Clan vorzustellen. „Das hier sind nicht meine Geliebten. Nein. Sie ist eine Hofdame in Ausbildung aus dem Palast.“ Ungläubiges und erstauntes Raunen ging durch die Runde. „Aber es stimmt. Ihr Name lautet …“, dabei sah er in meine Richtung. Ich fühlte mich dezent überfordert. „Rina“, sagte ich, wie ich mich zum Glück an den Anime erinnern konnte. „Und mein Name ist Kira. Ich verdanke Hak-sama mein Leben, er hat mich aus einer bedrohlichen Situation gerettet.“ Meine Gedanken schweiften zu den Blutegeln, was mich innerlich aufschütteln ließ. Was er dagegen dachte, ließ sein Pokerface nicht erkennen. „Ich bin ihm sehr dankbar dafür und möchte ihn ein wenig bei Rinas Ausbildung unterstützen.“ Ein freundliches Lächeln meinerseits, welches von sämtlichen Bewohnern erwidert wurde. Offenbar genügte ihnen meine Erklärung, bewundernd und voller Stolz betrachteten sie Hak. Was ihn nicht aus der Ruhe brachte, im Gegenteil. Ein weiteres Mal sahen die Bewohner Yona, wie auch mich wieder ziemlich neugierig an, man merkte, dass ihnen noch sämtliche Fragen auf den Lippen brannten. Was ich persönlich nicht nachvollziehen konnte, denn im Gegensatz zu mir war Yona wirklich hübsch, außerdem hatte sie noch kein einziges Wort gesprochen und wirkte dadurch sicherlich interessanter. Auch fühlte ich mich nicht gerade wohl damit, der Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit zu sein. „Woher kommst du?“, will eine junge Frau mit Baby im Arm wissen. „Wie alt bist du?“, kam es von einem jungen Mann, etwa in meinem Alter. Er sah uns beiden mit einem scharfen Blick an, den ich nicht einordnen konnte. „Hättest du Interesse an meinem Enkel?“ , fragte eine ältere Dame, die wie eine typische Oma auf mich wirkte. Dabei tätschelte sie Yonas Hand ein wenig. „Aus welcher Situation hat dich denn unser großer Held denn gerettet“?, will ein älterer Mann mit kinnlangem Bart und einer ebenso langen Narbe auf der Wange wissen. Ich begann zu überlegen. „Nun, ich war gerade auf einer Art Feldweg unterwegs, als mich vermummte Gestalten überfallen wollten. Ich habe aber nicht sehr viel Geld bei mir und wer weiß, was sie sich stattdessen alles genommen hätten, wären die Beiden hier nicht auf dem Feldweg aufgetaucht. Es war sehr mutig und auch sehr edel von Hak-sama, dass er mir in der Stunde der Not zur Hilfe stand und mich, wie auch meine Ehre gerettet hatte.“ Allgemein begeistertes Klatschen erfüllte kurz die Menge, man merkte ihnen ganz deutlich an, dass sie stolz auf ihren Anführer waren. Ich dagegen lobte mich für meine Lüge, dass ich schon seit Jahren keine Jungfrau mehr war, mussten sie ja nicht wissen. Und da ich sowieso nicht vorhatte, hier mit irgendwem das Bett zu teilen, würde es auch niemand erfahren. „Du hast aber eine lustige Haarfarbe!“, hörte ich ein kleines Kind rufen. Viele drehten sich erst zu dem Kind um, dann zu mir. Da Yona eine Kapuze trug, konnte man ihre Haare nicht so gut erkennen, also musste ich gemeint sein. „Ach das … nun, da wo ich herkomme, ist das eine ganz normale Haarfarbe, jeder trägt die dort. Es kann allerdings sein, dass sie mit dem Alter erblasst oder heller wird. Unsere Haare sind … sehr empfindlich, was das Sonnenlicht angeht und bleichen schneller als die Haare von anderen Leuten. Ich mag die Farbe“, erklärte ich und sah erneut in mehrfaches, interessiertes Nicken. Die Masse hatte sich nun in ihrer Begeisterung hochgeschaukelt. Fragen über Fragen strömten auf uns beide ein, was Yona völlig überforderte. Doch statt eine Antwort zu geben begann sie zu wanken, bis sie schließlich vor unser aller Augen zusammenklappte. Sorgenvoll sahen die jungen Frauen, welche neben ihr in die Hocke gingen, Yona an. Und gaben gleich Entwarnung. „Das Mädchen ist nur erschöpft“, sagte eine von ihnen und stützte sie an der Schulter. Ich konnte Yonas Reaktion verstehen, bei allem, was sie durchgemacht hatte, musste sie so ein Andrang ja überfordern. Würde mir ja nicht anders gehen, solche Situationen machten mich immer ganz nervös und kirre. Auch jetzt versagte mir die Stimme den Dienst und ich brachte so gut wie keine Worte heraus. ‚Kann mich nicht irgendwas oder irgendjemand aus dieser peinlichen Situation retten?‘ Langsam begann ich Yona auf eine seltsame Art um ihre Ohnmacht zu beneiden. Hak eilte zu Yona herüber und hob sie auf seine Arme. Anschließend sah er Heangdea mit ernstem Blick an. „Bereite sofort ein Bett und Essen vor.“ Heangdea, mit rosa leuchtenden Wangen, bestätigte den Befehl und machte sich mit Teu sofort auf den Weg. „Der Rest von euch geht wieder dem Tagesgeschäft nach“, lautete der Befehl für die Menge; und diese gehorchte ohne Ausnahme. Jetzt standen nur noch wie zwei hier; Hak mit Yona in den Armen und ich. Verloren blickte ich ihn an und wurde das Gefühl nicht los, dass ich eventuell vergessen wurde. Dann drehte er sich zu mir um. [LEFT]„Ich möchte, dass du an Yonas Seite bleibst und über sie wachst, bis sie aufwacht. Sie kennt dich jetzt“, sagte er nun und begann, tiefer in die Stadt zu laufen. Da ich mich in seiner Heimat nicht auskannte wie er, versuchte ich sofort, mit ihm Schritt zu halten.[/LEFT] [LEFT] [/LEFT] ~~*~~ „Der Palast ist groß, hier kann man sich schnell mal verlaufen, aber mach dir keine Sorgen. Es wird immer jemand bei dir sein, der dir helfen kann. Daher musst du dir keine Sorgen machen. Mit der Zeit wirst du dich aber hier zurecht finden.“ Jonghyun führte mich zielsicher durch die verwinkelten Gänge des Palastes. Er hatte mir bereits das Herzstück gezeigt, einen Garten mit kleinem Fluss, über den eine Brücke führte. Es blühten dort Blumen, die es in meiner Welt nicht zu geben schien, oder schon lange ausgestorben waren. Zumindest schienen sie mir nicht vertraut. „Also Prinzessin Yona jung war, hat sie hier oft mit Son Hak und Soo-Won-sama gespielt. Die drei waren immer zusammen. Man könnte sagen sie waren beste Freunde. Jeder hier dachte, dass die Prinzessin einen von beiden heiraten würde und die Tendenz schien sehr stark zu Soo-Won-sama zu gehen. Umso tragischer ist es, dass die Prinzessin entführt wurde.“ Ich lauschte Jonghyun, der mir ein wenig versuchte etwas aus der Chronik des Palastes zu erzählen. Neben dem Garten zeigte er mir auch Yonas Zimmers, die Unterkünfte der Wächter, Bediensteten und so weiter. Noch dazu die Toiletten, so wahr man sie so nennen konnte. Es waren mehr Vertiefungen in den Boden. Keine Plumpsklos wie bei uns im Mittelalter. Aber genauso eklig. Es würde Überwindung kosten auf so ein Klo zu gehen, selbst wenn ich wusste, dass man sie hier im Palast wohl gut genug reinigte. Ich war Jonghyun dankbar gewesen, dass er einige Details ausgespart hatte in seinen Erklärungen denn ich wollte nicht wissen wie sie gereinigt wurden, was mit dem Inhalt passierte und so weiter. Es reichte schon, dass ich mich an den Geschichtsunterricht erinnert hatte, in dem man erfuhr, was die Menschen dort mit ihren Hinterlassenschaften taten. Übel. „Wir sind gleich in dem Raum, in dem die Könige ihre Bücher verwahren. Ich dachte mir, dass du das sicher interessant finden dürftest.“ Bücher? Mein Herz schlug vor Freude, denn das war doch etwas, dass mir vertraut war. Noch dazu konnte man in so einem Raum mit Büchersammlungen sicher die ein oder andere nützliche Schriftrolle finden, die mir helfen konnte zu fliehen oder mich zurecht zu finden. Jonghyun ahnte gar nicht, was er mir damit für eine Freude bereitet. Ich lief schneller und schloss so dicht zu meinem Begleiter auf, der leise kicherte. Scheinbar schien es ihn zu erfreuen, dass er mich mit so etwas begeistern konnte. „Sag mal, wie hast du eigentlich unsere Sprache gelernt?“, fragte mich Jonghyun. Ich spürte seinen Blick auf mir und sah ebenfalls zu ihm. „Durchs Anwenden. Am Anfang habe ich mich viel über Zeichen verständigt. Mit der Zeit habe ich dann die Wörter gelernt. Dann den Satzbau und schließlich konnte ich kommunizieren. Man lernt Sprachen schneller, wenn man sie täglich hört, beobachtet und dann Wörter lernt. Nur lesen kann ich die Sprache nicht. Ihr benutzt Zeichen. In meiner Heimat benutzt man das sogenannten lateinische Alphabet.“ „Oh... dann kannst du dir nur die Bilderbücher ansehen. Aber keine Sorge, ich kann dir viele Geschichten von denen erzählen. Hier wird man mit diesen Geschichten sozusagen groß.“ Ich staunte nicht schlecht und war gespannt, was für Geschichten in der Buchsammlung zu finden war. Sicherlich gehörte die Entstehungsgeschichte vom Königreich Kouka dazu. Ich wollte das Buch sehen, dass König Il seiner Tochter vorgelesen hatte. Die Zeichnungen darin waren sicher fantastisch. „Und wenn uns die Bücher ausgehen, dann kenne ich sicher noch andere. Und zur Not frage ich für dich herum.“ Jonghyun war auf seine Art und Weise wirklich süß. Wahrscheinlich wollte er mir diese Geschichten aber nur erzählen, damit es mich von meiner Angst und meinem Heimweh ablenkte. Oder er wollte mir den Aufenthalt wirklich so angenehm wie möglich gestalten. „Hier sind wir. Komm rein. Ich hab schon eine Geschichte im Sinn“, erzählte er und betrat den Raum, in dem in Schränken stehend Bücher waren. Schriftrollen lagen auf den Regalen und auf einem Tisch mit einem Stuhl stapelten sich ein paar Manuskripte. So wie es aussah gab es hier sicher Ausgaben, die in ihrer Art einmalig waren, denn den Buchdruck hatte man hier sicher noch nicht erfunden. Das hieß, die Bücher waren alle handgeschrieben. Die Bilder einzeln gemalt. Was für ein Aufwand um Wissen zu vermitteln und zu teilen. „Was für eine Geschichte hast du denn im Sinn?“ „Nun, es ist eine Legende. Sie stammt von der Zeit vor König Hiryuu. Viele haben sie vergessen, aber hier im Schloss gibt es noch ein Exemplar.“ Jonghyun ging zu einem der Regale und sah sich genau in diesem um. Ich hatte nun eigentlich erwartet, dass er mir die Legende von König Hiryuu erzählen wurde. Doch scheinbar hatte ich mich damit geirrt. Umso spannender war zu erfahren, welche Legende es nun sein würde. „Ah, da ist es. Erenya, setzt dich an den Tisch.“ Wie es Jonghyun gefordert hatte, setzte ich mich auf den freien Platz am Tisch und wartete darauf, dass er zu mir kam. Vor mir legte er das Buch auf den Tisch und zeigte mir gleich auf der ersten Seite ein Bild von einer Frau an einem See. „Das ist die Legende von der Frau mit den magischen Heilkräften.“ Ich hob die Augenbrauen und sah zu Jonghyun. Magie... na gut warum eigentlich nicht. König Hiryuu war ja auch ein Drache der zum Menschen geworden war. „Sook, so der Name der Frau, wurde von Drachengöttern bei ihrer Geburt mit einer Gabe gesegnet. Lange Zeit blieb ihr diese Fähigkeit verborgen, bis sie einen Krieger an einem See fand. Sie war dabei gewesen Kräuter zu sammeln, als sie den verletzten Krieger sah. Ohne zu zögern nahm sie einige Kräuter von denen sie wusste, dass diese eine heilende Wirkung hatten. Sie machte eine Paste daraus, die sie auf die Wunde des Kriegers schmierte und kaum, dass sie diese berührt hatte, heilte die Verletzung. Der Soldat überlebte und verbreitete die Kunde, dass Sook göttliche Kräfte hatte. Das war der Moment, an dem Sook entschied, eine Heilerin zu werden. Sie studierte die Medizin und behandelte Menschen mit kleineren und größeren Verletzungen. Dabei lernte sie, dass sie nicht etwas heilende Kräfte besaß, sondern viel mehr die heilende Wirkung von Pflanzen, Salben und medizinischen Mitteln verstärken konnte. Schlimmere Verletzungen wurden zwar nicht sofort geheilt, aber verheilten in kürzester Zeit. Kleine Schnitte hingegen heilten sofort.“ Ich lauschte Jonghyun und sah dabei die Bilder an, die er mir in dem Buch zeigte. Zu Beginn war ich wirklich davon ausgegangen, dass die Frau heilende Kräfte hatte, doch dass sie nur heilende Wirkungen verstärkte, ergab irgendwie mehr Sinn und machte das ganze fast schon realistischer. Nicht Realer aber greifbarer. „Und passierte mit Sook?“, fragte ich Jonghyuk gespannt und sah auf die nächste Seite, auf der Sook von einem jungen Mann besucht wurde. „Nun, ein junger Mann hörte von ihren Fähigkeiten und dachte sich, dass sie vielleicht nicht nur heilende Hilfsmittel verstärken könnte, sondern auch tödliche. Er brachte Sook einen Pilz mit, den sie noch nie zuvor gesehen hatte. Er erzählte ihr, dass sein Vater krank sei und dieser Pilz ihn retten könnte. Doch es gäbe nicht mehr genug, so dass dieser eine, letzte Pilz alles sei um seinen Vater zu retten. Sook versprach, dass sie sich darum kümmern würde und besuchte den vermeintlichen Vater des Jungen. Aus dem Pilz hatte sie einen Brei gemacht, dem sie den Vater zu Essen gab. Doch der Pilz war nicht heilend. In ihm schlummerte ein schwaches Gift. Eigentlich war es nicht tödlich, doch Sooks Fähigkeiten sorgten dafür, dass es stärker wurde und so tötete sie den Mann, der nicht einmal der Vater ihres Klienten war, sondern ein Rivale, der um dieselbe Frau buhlte. Er war vermögender, wenn auch älter. Doch die Frau war eindeutig ihm zugetan gewesen. Sook wurde des Mordes bezichtigt und in aller Öffentlichkeit geköpft.“ Das letzte Bild zeigte die Frau mit dem Kopf auf einen Baumstumpf und einem Mann mit einem scharfen Schwert, dass erhoben über der Frau war. „Es gab nie wieder eine Frau wie Sook, denn die Götter wollten nicht, dass jemand erneut diese heilige Kraft ausnutzte. Doch an der Stelle, an der Sook geköpft wurde, so sagt man, ist aus ihrem Blut eine heilende Quelle geworden. Noch heute pilgern insbesondere die Alten und Schwachen dahin um die Schmerzen ihrer Gebrechen zu lindern.“ Irgendwie hatte das ganze mit der Quelle doch mehr einen mystischeren Beigeschmack. Ich glaubte nicht, dass aus dem Blut eine heilende Quelle geworden war. Wahrscheinlich hatte es die Quelle schon vorher gegeben, und man hatte sie erst später entdeckt. „Wie hat dir die Legende gefallen?“, fragte Jonghyuk und sah mich mit strahlenden Augen an. Er schien stolz auf seine erzählerische Leistung zu sein. Wenn man das ganze ausschmückte, mit Namen, mehr Hintergrund und so weiter, konnte man daraus sicher eine super Geschichte machen. Aktuell wirkte es mehr wie eine kleine Zusammenfassung einer größeren Geschichte. „Sie klingt interessant. Und ich denke die Erwachsenen in meiner Heimat dürfte diese Geschichte interessieren. Für Kinder ist sie ja eher weniger geeignet. Gibt es noch mehr solcher Legenden?“, fragte ich Jonghyuk der freudig nickte und das Buch schloss um es wieder an seinen Platz zu legen. „Aber ich denke wir machen morgen weiter. Ich will dir noch den Rest des Palastes zeigen. Du hast die oberste Etage noch gar nicht gesehen.“ Ich erhob mich von dem Stuhl und blickte mich noch etwas im Raum um. Wenn ich doch nur koreanisch lesen könnte, ich hätte sicher viel Spaß hier. Mehr noch eventuell als mit den Bilderbüchern. Aber für den Anfang sollten mir die reichen. Vielleicht konnte ich Soo-Won irgendwie überzeugen mir noch das Lesen beibringen zu lassen. Aber erst mal sollte ich die Dinge laufen lassen, denn wer wusste schon, wie lange ich hier bleiben würde als Gast. ~*~ Wir gingen durch sämtliche Straßen und Gassen, vorbei an dutzenden Häusern und Gärten. Doch da ich mich in der Hauptstadt des Windclans überhaupt nicht auskannte, musste ich mehr darauf achten, mit Hak Schritt halten zu können, als dass ich großartig die Umgebung betrachten konnte. Was ich ein wenig bedauerte, sah die Gegend hier doch komplett anders aus als die, aus der ich stammte. Allein schon seine höhere Körpergröße und die damit längeren Beine ließen ihn schneller gehen. Als wir endlich unser Ziel erreicht hatten, atmete ich auf. „Willkommen zurück, junger Herr“, wurde er von seiner Dienerschaft begrüßt. Doch wie schon sämtliche Personen, denen wir auf der Straße begegnet waren, ignorierte Hak auch sie. Offenbar waren sie es von ihm gewohnt, zumindest konnte ich nichts von Wut oder Ärger in ihren Gesichtern erkennen. Dienerinnen eilten herbei, sie alle sahen sowohl erfreut, als auch besorgt aus. Heangdea hatte sich in der Zwischenzeit als äußerst fleißig erwiesen. Die älteste der Dienerinnen führte uns in einen größeren Raum, in welches ein provisorisches Bett aufgestellt worden war. Daneben stand eine Kanne gefüllt mit frischem Wasser, zusammen mit einem kleinen Becher. Sanft legte Hak die Prinzessin im Bett ab und deckte sie zu. Sofort kniete sich eine andere Dienerin zu ihr hin und befeuchtete Yonas Gesicht mit einem feuchten Tuch. Da ich absolut nicht wusste, wohin mit mir, setzte ich mich neben die blonde Dame und sah ihr beim Betupfen zu. Yona dagegen schlief tief und fest, machte aber bereits einen lockeren Eindruck als vorher. In ihrem Gesicht war auch wieder mehr Leben und Farbe zu sehen, war sie vorhin noch etwas blass ums Näschen gewesen. Erleichtert sah ich sie weiter an. [LEFT]Von irgendwo her konnte ich einen schwachen Essensgeruch wahrnehmen, aber nicht wirklich erkennen, wonach genau es roch. Gleichzeitig fiel mir mein Hunger auf. Stumm hoffte ich, dass mein Magen nicht zu knurren begann. Das wäre mir dann zu unangenehm, wie wenn ich der Klasse saß und der Magen knurrte. Stets befürchtete ich, meine Klassenkameraden würden deswegen schlecht von mir denken. Immerhin war ich nicht gerade die schlankste Person im Raum, im Gegenteil. Und wenn dann ausgerechnet mir der Magen knurrte, hatte ich mit Sicherheit den Ruf des kleinen, nimmersatten Dickerchens weg. Die, die wohl nie den Mund vollbekam. Weswegen ich froh war, wenn mir mein Magen mir auf eine stumme Art mitteilte, dass ich gerade was zum Essen brachte. Auch wenn die anderen Arten, wie Übelkeit, Kopf- oder Magenschmerzen oder eine ziemlich niedrige Aggressionsschwelle auch nicht viel besser waren, wenn ich genauer drüber nachdachte. Nur waren sie mir nicht so peinlich. Bis auf den Teil mit der Aggression. Oft genug passierte es, dass ich Dinge sagte und tat, die mir hinterher mehr als peinlich waren. Doch zu meinem Glück passierte es immer seltener, worüber ich sehr froh war.[/LEFT] [LEFT] [/LEFT] ~~*~~ In der obersten Etage zeigte mir Jonghyun einen Saal in dessen Mitte ein großer Tisch aufgestellt worden war. Es war das Besprechungszimmer des Königs und der fünf Clans, so hatte es mir zumindest Jonghyun erzählt. Dass der König auch hier seinen Platz hatte, machte der Thronähnliche Stuhl deutlich, der auf einer Erhöhung stand. „Heute werden die Anführer der fünf Clans hier sein um darüber zu reden wie es weiter geht. Wir brauchen einen neuen König und Soo-Won-sama ist der einzige, der dafür geeignet ist. Doch er wird die Zustimmung der fünf Clans brauchen um gekrönt zu werden“, erklärte mir Jonghyun als ich mich in dem Raum umsah. „Wir sollten wieder zurück, bevor alle hier sind. Ich kann dir gerne noch zeigen, wo du hier oben mal einen Tee genießen kannst.“ Es war nur logisch, dass Jonghyun irgendwie zur Eile drängte und ich wollte auch ehrlich gesagt nicht wirklich den Clanoberhäuptern über den Weg laufen. Wobei... Mundok würde dabei sein. Konnte ich mich ihm vielleicht anvertrauen? Es war kritisch. Denn ich konnte ihm ja schlecht sagen „Soo-Won hat den König umgebracht und man will nun mir die Schuld in die Schuhe schieben.“ Nein, das hätte nichts gebracht. Geduld. Ich musste mich in Geduld üben und durfte nicht überreagieren. Ja, es war wohl besser wieder nach der Tour zurück ins Zimmer zu gehen, zu schreiben und meine Gedanken ordentlich zu ordnen. Ich folgte daher Jonghyun und warf noch einmal einen letzten Blick in den Raum. Hier würde die Geschichte ihren Lauf nehmen. Weiterhin ohne mich. Was ein seltsames Gefühl war, denn ich glaubte nicht, dass Dinge einfach so ohne guten Grund passierten. Das Zimmer war nicht weit vom Besprechungszimmer entfernt. Es lag fast schon nebenan und wurde nur durch eine Wand mit großen Fenster getrennt. Allerdings konnte man nicht durch sehen, so dass man nicht sehen konnte, wer gerade die Besprechung führte. Sonst wäre das auch nicht sonderlich clever gewesen dieses Zimmer nebenan zu bauen. Der Raum selbst war mit ein paar Blumen geschmückt, einem Schrank, der nahe dem Fenster stand Ein kleiner runder Tisch in der Mitte sollte dafür sorgen, dass man sich hinsetzen und den Tee genießen konnte. Ich war mir sicher, dass man hier ein paar bessere Gespräche mit den Clanmitgliedern führen konnte, aber wahrscheinlich war das eher ein Raum, in dem man mit Freunden Gespräche führte die etwas lockerer waren. Die Ausstattung vermittelte das zumindest. Ich folgte Jonghyun aus dem Raum und konnte in der Ferne Soo-Wons Rücken erblicken. Ein innerer Drang machte sich plötzlich breit, ihm nach zu laufen und unter vier Augen zu reden. Ihm zu sagen was ich wusste und das zu meinen Gunsten auszuspielen. Oder einfach nur... um ihm zu danken, auch wenn das vollkommen absurd war. „Uhm... Jonghyun, können wir vielleicht einen Tee in diesem Zimmer trinken? Ich weiß die Generäle kommen gleich und alles, aber wir trinken ja nur Tee und lauschen nicht.“ „Das können wir gerne tun. Und keine Sorge, lauschen können wir nicht. Man hört aus dem Zimmer nebenan nichts. Auch wenn es durch das Fenster verbunden scheint. Zwischen dem Besprechungszimmer und dem Teezimmer gibt es einen Hohlraum. Daher hört man auch nichts. Wobei es auch Gerüchte gibt, dass es eine Geheimtür gibt mit der man von einem Raum zum nächsten kommen kann. Allerdings hat bisher noch niemand diese Tür gefunden.“ Ich dachte nach und fragte mich, ob ich das Gerücht überprüfen sollte. Ich konnte so zumindest zu Soo-Won kommen, ohne das jemand mich bemerkte. „Ich hole dann mal den Tee. Vielleicht kann ich auch ein paar Süßigkeiten stibitzen. Die passen zum Tee immer ganz gut. Ich bin gleich wieder da.“ Mit einem Lächeln ging Jonghyun aus dem Zimmer und irgendwie hatte ich ein schlechtes Gewissen, dass ich seine Gutmütigkeit gerade so ausnutzte. Ich musste mir also dringend eine Ausrede einfallen lassen, für den Fall, dass er zurückkam und ich die Tür wirklich gefunden hatte. Kaum das Jonghyun aus der Tür war, sah ich mir den Raum genauer an. Der erste Gedanke der mir gekommen war, war dass das Fenster vielleicht doch eher eine Tür war. Vorsichtig drückte ich dagegen, doch es war nur Widerstand zu spüren. Kein Anzeichen dafür, dass das hier eine Tür war. Ich überlegte weiter und ließ meinen Blick schweifen. Logisch wäre es nur gewesen, wenn der Eingang direkt an der Wand war. Mein Blick fiel auf den Schrank. Es wäre schon ein starkes Klischee, aber andererseits wirkte der Schrank auch dezent deplatziert. Er hatte zwei Türen, wobei ich hier in diesem Raum eher mit einem Bücherregal gerechnet hätte. Ich sah noch einmal zur Tür und versicherte mich, dass ich noch sicher war, bevor ich die Schranktür öffnete. Er war leer. Seltsam. Genauso seltsam war es auch, dass er überhaupt hier stand. Wenn das Klischee stimmte... Ich drückte vorsichtig gegen die Rückwand, die nachgab. Aber anders als gedacht. Sie schob sich etwas nach Rechts. Klischees mögen zwar kitschig sein, aber sie kommen ja nicht von ungefähr. Die Rückwand schob ich weiter nach rechts, betrat den Schrank und schloss die Türen. Wenn niemand diesen geheimen Gang kannte, dann sollte das auch so bleiben. Wie es Jonghyun erwähnt hatte, befand ich mich in dem Zwischenraum. Und ich erkannte auch, warum ich nichts gesehen hatte aus dem Fenster heraus. Die Wände waren dicht, hölzern und undurchsichtig. Und doch erweckte das Reispapier die perfekte Illusion. Respekt an die Architekten. Ich folgte dem Gang zu meiner Rechten, wobei ich mich bemühte so wenig Krach wie möglich mit meiner Bewegung zu machen. Von der anderen Seite, dem Besprechungszimmer, hörte ich das Kratzen von Stühlen. Bewegung war eingekehrt, weswegen ich nicht unbedingt auf mich aufmerksam machen wollte. „Was sollen wir also hier?“, hörte ich es gedämpft von der anderen Seite und hielt inne. „Leider müssen wir Ihnen, ehrenwerte Clanoberhäupter, mitteilen, dass König Il einem Anschlag zum Opfer gefallen und verstorben ist.“ Die Stimme des Erklärers kam mir nicht bekannt vor, weswegen ich schon einmal Soo-Wons Berater oder ihn selbst ausschließen konnte. Wahrscheinlich handelte es sich hier um eine der Wachen oder Bediensteten. „Der König ist verschieden?! Was soll das heißen?! Man ruft uns so plötzlich und dann das!“ „Beruhigt euch, Geun-Tae.“ Geun-Tae. Der Name ließ ein paar Glöckchen in meinem Kopf schrillen. Wenn ich mich recht erinnerte, war er der Anführer des Erdclans. „Wie soll ich mich beruhigen? Der König soll tot sein!“ Ich lehnte meinen Kopf vorsichtig gegen die Wände und versuchte so mehr zu erfahren. „Noch dazu scheinen Prinzessin Yona und General Hak unauffindbar zu sein. Ob etwas im Palast vorgefallen ist?“ Erneut eine fremde Stimme. Sie klang aber nicht wie Geun-Taes. Sie schien weich, ruhig und überlegend zu sein. Wenn ich mich recht daran erinnerte, waren bei dieser Versammlung die fünf Generäle da. Oder viel mehr vier, denn Son Hak war auf der Flucht mit Prinzessin Yona. „Ältester Mundok, wisst ihr etwas über den Verbleib von General Hak?“ „Was wollt ihr damit andeuten, Bursche vom Feuerclan?“ Immerhin hier konnte ich mir nun denken um wen es sich handelte. Kan Soo-Jing den Anführer des Feuerclans und Vater des Bengels, der Yona und Hak noch übel mitspielen würde. Die beiden taten mir echt leid. Die zweite Stimme hingegen war alt, aber doch kraftvoll und unerschrocken. Mundok. Mein Herz raste denn wie gerne hätte ich mich diesem alten Mann anvertraut und darauf gehofft, dass er mich zum Windclan mitnahm aber so... nein, ich musste hier bleiben. Zumindest sagte mir das ein dumpfes Gefühl. „Im Hiryuu-Palast geht das Gerücht um, dass General Hak seine Majestät getötet und Prinzessin Yona als Geisel genommen hat. Dies würde bedeuten, der Windclan hat den König verraten.“ 'NEIN!' Ich hatte die Stelle schon im Manga gehasst, denn der Feuerclan drehte sich alles so zurecht, wie er es sich wünschte, oder viel mehr, wie es auch Soo-Won in die Hände gespielt hätte. Wussten sie um Soo-Wons Verrat? „Wir sollten keine voreiligen Schlüsse ziehen. General Hak wird ebenfalls vermisst. Es ist also nicht auszuschließen, dass ihm ebenfalls etwas passiert ist.“ „Der Raiju ist schon mit 13 stärker gewesen als jeder von uns. So leicht stirbt der nicht. Ich habe gehört, dass er sogar Soldaten des Palastes verletzt hat!“ Ich vermutete, dass der General des Wasserclans versuchte zu vermitteln. Zumindest hätte das gut zu der ruhigen, sanften Stimme gepasst. Wie das Wasser bedacht, fließend und doch nicht unterwürfig. Ich war mir sicher, dass auch dieser Mann ganz anders konnte, wenn er entschlossen war oder ihm etwas gegen den Strich ging. Vielleicht wurde dieser Gedanke aber auch nur durch „Avatar- Herr der Elemente“ geprägt. „Ruhe!“ Soo-Wons kraftvolle Stimme hallte durch den Raum und ließ die Generäle verstummen. Mich hingegen ließ sie zusammenzucken und etwas von meiner Lauschposition zurückschrecken. „Seine Majestät wurde vor drei Tagen ermordet. Prinzessin Yona und General Hak sind seitdem verschollen.“ „Dann ist es also wahr, Soo-won-sama?“ „Wir sind schon auf der Suche der beiden und kümmern uns darum. Deswegen überlasst diese Angelegenheit bitte uns. Solltet Ihr etwas über ihren Verbleib wissen, dann teilt es uns umgehend mit und fügt Ihnen kein Leid zu oder macht ihr Auffinden öffentlich bekannt.“ „Aber...“ Geun-Tae wollte gerade einen Einwand erheben,, als ihm Soo-Won das Wort abschnitt. „Wenn diese Sache öffentlich wird, könnte es im Land zu Aufständen kommen und das würde nur die Kämpfe zwischen den Clans anfachen. Selbst wenn es nicht so weit kommt, ist unser Land im Kern instabil. Vielleicht wird es eines Tages vom Kaiserreich Kai im Norden oder den Ländern Shin und Sei im Süden angegriffen. Unsere Fünf Clans müssen sich daher so schnell wie möglich zusammenschließen und Kouka soweit stärken, dass es nicht von anderen Ländern eingenommen wird.“ Soo-Wons Worte klangen logisch und ließen einen kurzen Moment Schweigen. Seine Worte schienen wirklich eine ungeheuerliche Macht zu haben. Noch dazu schien er wie ausgewechselt. Er klang anders als in dem Gespräch mit mir. Ernst, wissend und nicht mehr naiv. Im Gegenteil, er schien sich wirklich bewusst zu sein, was seine Tat alles angerichtet hatte. Er schien sogar schon im voraus geplant zu haben, wie er dann vorgehen musste. „Wohl wahr. König Ill hat Kämpfe so sehr gemieden, dass er andere Statten lieber Landesteile überließ oder ihnen Tribute zahlte.“ „Die Macht von Kouka ist gänzlich am Boden. Es ist also nicht die Zeit für Kämpfe im Inneren!“, bestätigte Geun-Tae und machte nur noch einmal deutlich, dass Soo-Wons Worte wahr waren. „Zudem... braucht Kouka einen neuen König“ Erklärte Kan Soo-Jing, wobei er einen Unterton an den Tag legte, der mir ein Frösteln über den Rücken jagte. War er selbst vielleicht scharf auf den Thron? Irgend so etwas hatte ich zumindest im Manga gelesen. „Mit Verlaub...“ Diese Stimme war wieder bekannt. Soo-Wons Berater. Der Typ, der zwar gut aussah, aber nicht davor zurückschrecken würde mich zu töten. Was fand Soo-Won nur an ihm so hilfreich. Er war eher der Typ Charakter, bei dem ich fürchtete, dass er einen in den Rücken fiel. Wobei es mir so erschien, als wäre er bereit für Soo-Won alles zu tun. „In Prinzessin Yonas Abwesenheit ist nur einer von könglichem Blut. Soo-Won-sama der hier anwesend ist. Soo-Won-sama ist der Sohn von König Ils älterem Bruder Yu-Hon-sama. Demnach hat er von Rechts wegen den Rang des Kronprinzen inne. Es steht damit außer Frage, dass er den Thron besteigen wird.“ Soo-Won sagte nichts zu dieser Verkündung. Er schwieg und ich stellte mir vor, wie er die Mitglieder der fünf Clans anblickte. „Wenn Soo-Won-sama der neue König wird, werde ich Kan Soo-Jing vom Feuerclan ihm mit Leib und Seele dienen.“ „Und wie steht es mit den anderen Anführern?“ Wieder Schweigen. Doch dieses Mal war es nicht lange genug. „Nun ich habe keine Einwände gegen Soo-Won-sama.“ Es waren auch die anderen Mitglieder, die sich dazu äußerten. Bis auf einer. Der sich Zeit ließ, bevor er die Stimme erhob. „Ich bin müde. Ich bin zu müde...“ ein Stuhl wurde zurück geschoben, was mich vermuten ließ, dass Mundok sich erhoben hatte. „Schwierige Themen sind entkräftend für für alte Männer. Ich werde heimkehren.“ „Mundok-sama wir sind noch nicht-“ „Ich bin kein General. Diese Angelegenheit solltet ihr mit Hak besprechen“, fiel Mundok Soo-Wons Berater ins Wort. „Wenn ihr nicht zustimmt, dass Soo-Won-sama König wird, gerät der Windclan nur noch mehr in den Verdacht des Verrates.“ Der Ton von Soo-Wons Berater wurde harscher, doch Mundok schien sich nicht beeindrucken lassen. Doch er bewegte sich auch nicht. Scheinbar schätzte er ab, was er noch tun sollte und wie er seinen Clan aus der Schusslinie bekam, ohne Hak zu opfern. Doch die Stille wurde von einem Seufzen durchbrochen. „Ohne die Zustimmung der fünf Clans kann ich nicht König werden. Aber ohne einen Könit wird das Land nicht bestehen können. Wie kann ich eure Zustimmung gewinnen?“ Da war sie wieder, diese Stimmänderung bei Soo-Won. Diese Maske, die er aufsetzte und irgendwie auch nicht vollständig eine Maske war. „Soo-Won-sama hättet ihr Prinzessin Yona geehelicht und wärt somit formell Koukas König geworden, hätte ich euch mit großer Freude ein Geschenk dargebracht. Außerdem... würde Hak den Palast niemals ohne Grund verlassen. Ich kann euch daher mein Einverständnis zu eurer Thronbesteigung nicht geben.“ Es schien wie eine stumme Kriegerklärung und doch konnte ich hören, dass Mundok enttäuscht war und vielleicht sogar mehr zu ahnen schien, als Soo-Won hoffte. „In drei Tagen, findet die Krönungszeremonie für den neuen König statt.Ohne das Einverständnis des Windclans können wir die Zeremonie nicht vollziehen. Aber ich bin fest überzeugt, dass ihr in drei Tagen hier sein werdet, ältester Mundok. Auch zum Wohle der Einwohner von Fuga.“ Eine Drohung. Nicht einmal stumm, sondern sehr offensichtlich, hatte Soo-Won da ausgesprochen. Ich hörte das Herz des alten Mannes zerbersten. Und in Anbetracht dessen, was ich wusste, spürte ich, wie meine Augen feucht wurden. Hier verlor nicht nur Mundok etwas, dass ihm etwas bedeutete, sondern auch Soo-Won. Die Frage war nur, zu welchem Preis. „Es ist traurig, Soo-Won-sama. Ihr wart... genauso wie Hak... immer wie ein Enkel für mich.“ Ich konnte das nicht mehr mit anhören. Es war einfach zu viel. Zu tragisch und zu schmerzend. Ich trat leise den Rückzug an und dachte über das nach, was ich gehört hatte. Schien niemand außer Mundok zu ahnen was los war? Weder der Wasserclan noch der Erdclan? Das konnte doch nicht sein? Und ahnte Soo-Won nicht, dass der Feuerclan ein falsches Spiel spielte? Es war alles in allem so verstrickt. So dramatisch. Und irgendwie spürte ich, so wie schon als ich den Manga gelesen und den Anime gesehen hatte, dass diese Geschichte kein gutes Ende nehmen würde. Irgendein Herz würde brechen, eines würde aufhören zu schlagen und ein drittes musste stark bleiben um all das zu überstehen. Oder vielleicht würden sie alle brechen... Stark sein mussten sie momentan alle. Ich seufzte leise, als ich die Rückwand des Schrankes zurückschob. Dabei spielte ich mit dem Gedanken, ob ich nicht doch Mundok suchen sollte um ihn zu überreden, der Krönung zuzustimmen. Doch wie sollte ich das erklären? „Hey Mundok, ich weiß was passiert. Der Feuerclan wird Fuga schaden wollen und Prinzessin Yona wird euch sowieso bitten dem zuzustimmen.“ Nein. Und wenn ich nichts erklärte, würde er nur denken, dass ich auf Soo-Wons Seite stand. Doch noch immer wollte ich unbedingt mit dem alten Mann reden, bevor er los ritt. Ich öffnete die Tür einen Spalt und erkannte, dass niemand da war. Es stand auch kein Tee auf dem Tisch. Seltsam. Brauch Jonghyuk so lange? War ihm etwas passiert? Ich setzte mich an den Tisch, immer noch mit dem Gedanken spielend, Mundok aufzusuchen. Doch dieser Drang wurde niedergekämpft, als Jonghyuk die Tür öffnete und mit einem Tablett mit einem Becher Tee und einem Schälchen süßen Gebäcks hereinkam. ~*~ „Ihr habt vorhin also die Wahrheit gesagt“, meinte Hak seinen Untergebenen gegenüber, diese nickten. Noch bevor wir uns auf den Weg zu Haks Zuhause gemacht hatten, wurde dieser von seinen Leuten über die aktuelle Lage informiert. Mun-deok wurde an Haks Stelle als Ältester des Clans vorgeladen, was seine Untergebenen mehr als seltsam fanden. Hak ließ dies jedoch unkommentiert, auch jetzt noch. Auch ich wusste, was es damit auf sich hatte. Den Grund für das spontane Treffen der fünf Clans im Palast. Su-won benötigte die Zustimmung der fünf Clans, ohne sie würde er niemals König werden können. Ich wusste auch bereits über das Ergebnis dieses Treffens. Allmählich bekam ich eine Vorstellung davon, wie sich Hanyuu und auch Rika aus „Higurashi no Naku Koro Ni“ fühlen mussten. Sie wussten bereits, was passieren würde, wollten aber nicht, dass das jemand bemerkt. Wie sie konnte ich nur hilflos zusehen, keine meiner Handlungen würde auch nur irgendwas daran ändern können. Ein schreckliches Gefühl der Ohnmacht breitete sich in mir aus und ich konnte nun zum ersten Mal wirklich behaupten, das kleine Mädchen auch nur ansatzweise verstehen zu können. Es war ein bedrückendes Wissen. Und im Gegenteil zu Rika konnte ich nicht einmal den kleinsten Hint von mir geben. Nein, das hier war nicht Hinamizawa, sondern das Königreich Koka. Und ich war auch kein kleines Mädchen von rund zehn Jahren. Hier würde man meine Worte nicht als die seltsamen, aber auch knuffigen Fantasien eines kleinen Mädchens abstempeln, das hier und da ein wenig merkwürdig ist. Eines Mädchens, dem man nachsagte, die Reinkarnation von Oyashiro-sama zu sein. Nein, die Leute hier würden Fragen stellen. Fragen, die ich nicht beantworten wollte oder konnte. Besonders Hak und Yona würden sich nicht mit billigen Antworten abspeisen lassen, dessen war ich mir sicher. Leise seufzend und mit halbem Ohr lauschte ich Hak, wie er sich detaillierte Informationen von den anderen einholte. ‚Zwar ist das hier ein wenig anders als im Anime … oder wurde das nur nicht gezeigt? War das off-screen? ‘ Ich begann nervös mit meinen Fingern zu spielen. Seit Yona in ihr Zimmer gebracht wurde, standen wir vor ihrer geschlossenen Tür im Flur. Selbst ich, die laut Hak eigentlich neben ihr sitzen sollte, wurde von ihm hinausgeben. Was ich selbst nicht so ganz verstand, aber offenbar reichte es ihm, dass der kleine Junge bei ihr blieb. Da ich keine Schwierigkeiten machten wollte und auch wusste, dass man sich auf den Jungen verlassen konnte, fügte ich mich. Seitdem standen wir vor ihrer Schiebetüre. Ein wenig blickte ich mich im Flur um, konnte jedoch nicht mehr erkennen als Schiebetüren aus stabilem Papier und einfachen Holzböden. Auch die Wände waren schlicht, machten aber auch einen stabilen Eindruck. Bestimmt musste man sich fest dagegen lehnen, um die Wände zu beschädigen und durch sie hindurch zu fallen. Das Gefühl, dass ich erneut vergessen wurde, nagte an mir. Wieder wurde ich eines besseren belehrt. „Teu, Heangdea, bewacht Rinas Tür.“ Hak drehte sich zu mir um. „Taeyeon kümmert sich um Rina. Besorg ihr etwas zu essen. Und dir gleich mit. Bleib dann bei ihr“, erwiderte er wortkarg, bevor er um die Ecke und damit aus meinem Sichtfeld verschwand. ‚Das ist also meine Aufgabe. Ich soll zwar warten, bis Yona wach ist, aber ihr auch gleichzeitig was zum Essen geben. Klar, wir hatten heute Morgen auch eine eher klägliche Mahlzeit …‘ Ich blickte in beide Richtungen des Flurs und bekam den Wunsch, das eine oder andere Fluchwort loszuwerden. Eine nervige Strähne hing mir ins Gesicht und wie schon öfters an diesem Tag wischte ich sie mit einer Handbewegung hinters Ohr. Es fühlte sich an, als könnte ich mindestens eine Haarwäsche gut gebrauchen. ‚Toll, er hätte mich wenigstens zur Küche bringen können … und wo geht er eigentlich jetzt hin? ‘ Ich überlegte und überlegte, aber mir fiel partout keine Antwort ein, was auch an meinem Hunger lag. Wie immer wurde mein Hirn dabei immer „leerer und klarer“, meine Gedanken nahmen ab, selbst die Ohrwürmer verstummten, bis es still war. Ich mochte diese Stille nicht. Mein Hirn war immer beschäftigt, außer, wenn ich Hunger hatte oder müde war. Wenn dann absolut nichts in meinem Hirn passierte, das gefiel mir überhaupt nicht. Das war mir zu ruhig. Gleichzeitig fragte ich mich, ob das bei anderen der Normalzustand war. Oder ob es bei ihnen auch normal war. Was war bei ihnen normal? Dass sie ständig zig Gedanken und Ohrwürmer hatten wie ich? Oder war die Stille ganz normal für sie? Ich schüttelte den Kopf, ich wollte ich nicht wieder in ein Gedankenkarussel einsteigen, in dem ich schon fast als Stammgast galt. So befragte ich die beiden Jungs nach einer Wegbeschreibung, doch sie nahmen mir sämtlichen Wind aus den Segeln. „Entspann dich, das mit dem Essen eilt doch nicht. Es ist bestimmt noch nicht mal fertig“, sagte der tiefenentspannte Teu. Heangdea, nicht minder locker, pflichtete ihm bei. „Genau, von Stress bekommt man nur Falten. Weißt du was, sobald wir mitbekommen, dass Rina wach ist, helfen wir dir und besorgen dir das Essen.“ Ich wollte zuerst was erwidern, doch gegen zwei so freundliche Grinser war ich machtlos. So gesellte ich mich zu den beiden, da ich Yona nicht aufwecken wollte. Außerdem war ja der kleine Junge bei ihr. Schweigen trat zwischen uns ein, eine unangenehme Situation. Schließlich öffnete sich die Tür und Taeyeon trat zu uns heraus. Offenbar gab es auch für ihn nichts weiter zu tun, da er nun die Tür hinter sich schloss und ein paar Worte mit der Wache wechselte. Ich beschloss, dass ich lieber ein paar Fragen stellen sollte, bevor einer der Drei etwas über mich wissen wollte. So überlegte ich mir eine erste Frage. Angriff ist die beste Verteidigung. „Hier in diesem Clan lebt es sich anscheinend ziemlich friedlich, oder?“, fragte ich vorsichtig. Die drei Jungs nickten im Einklang. „Ja, hier ist es wirklich sehr friedlich. Und auch sehr schön“, beantwortet Heangdea meine Frage. „Wir leben im Strom des Winds und tun, was uns gefällt. Lassen die Seele baumeln und einfach in den Tag hineinleben.“ ‚Das klingt herrlich‘ „Das klingt herrlich“, sprach ihn nun meinen Gedanken laut aus. Wenn ich an meine Heimatwelt dachte, mit all ihrer Hektik, wäre so eine Einstellung mehr als Balsam für die gehetzten Seelen. Beiläufig strich ich mir eine Strähne aus dem Gesicht, als könnte ich damit dem Gespräch besser lauschen. „Wollt ihr mir nicht noch ein bisschen über eure Heimat erzählen? Da, wo ich herkomme, ist es ganz anders und ich finde es toll hier.“ ‚Wenn das hier die richtige Zeit wäre, meine Zeit, dann würde ich hier mindestens zwei Wochen länger bleiben wollen. Aber auch so würde mir zu viel fehlen, besonders ER. ‘ Wieder kehrten meine Gedanken zu meinem Freund zurück. Gedanken, die mich traurig machten. Dennoch versuchte ich, es mir nicht anmerken zu lassen, was mir nicht gerade leicht fiel. Stattdessen riss ich mich ein weiteres Mal aus meinem Gedankenkreis und konzentrierte mich auf die Erzählungen der Jungs. Über den Clan, seine Mitglieder und auch seine Mentalität. „Unglaublich, wir hätten nie gedacht, dass Hak sanft zu einer Frau sein sein…“, plauderte Teu aus dem Nähkästchen. Ich winkte nur ab. „Ja, das liegt daran, dass die beiden sich recht schnell angefreundet hatten, außerdem will er ihr so beibringen, was Anstand und gutes Benehmen sind. Sie ist ja nicht gleich ohnmächtig geworden, sondern erst ein bisschen später und hat das sicherlich mitbekommen und gelernt.“ Teu und Heangdea schienen recht beeindruckt zu sein, was sie dazu brachte, nun auch mehr über ihren Anführer und dessen Vorgänger zu erzählen. [LEFT]Mir war das alles recht, solange es mich nur ein wenig ablenkte und auf andere Gedanken brachte.[/LEFT] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)