Erwachende Legenden von _Supernaturalist_ (Die Geschichte vor der Schule) ================================================================================ Kapitel 2: Der Jauchzende Eber ------------------------------ „Ich sage dir – mit diesem Fräulein ist nicht zu spaßen!“, murmelte Salazar so leise er konnte, als er neben seinem Freund lief und sein Pferd am Zügel führte. Die holde Maid Rowena ließ Greif in einem gemütlichen Trab voraus laufen. „Das glaube ich dir“, erwiderte Godric ebenso leise wie auch sein Freund, „..., aber sieh dir doch nur mal ihr Kleid an! Solch ein Gewand trägt man nicht als gewöhnliche Bäuerin. Sie muss sehr wohlhabend sein. Wenn wir es geschickt anstellen, so sollte noch einiges mehr an Gewinn für uns herauskommen.“ „...wenn sie uns vorher nicht verwünscht.“ Mit verengten Augen blickte Salazar zu der Schönen hinüber. Er traute ihr nicht. Sie erschien ihm sehr klug und gewiss wusste sie genau was sie sagte und tat, um leicht an ihr Ziel zu kommen. Er war da zwar nicht anders. Es missfiel ihm aber, eine Frau mit solchen Zügen zu treffen. Er bevorzugte es einfach, der einzige listige in seinem Umfeld zu sein.   „Nur weil sie einen Zauberstab mit sich führt, heißt es nicht, dass sie auch damit umgehen kann. Oder, dass sie flink ihre Sprüche hervorbringt. Deswegen sollten wir uns keine Sorgen machen. Zudem sind wir ihr körperlich überlegen.“ „Sie ist eine Frau. Willst du dich wirklich mit einer Frau prügeln?“, fragte Salazar erstaunt, was Godric grinsen ließ. „Nicht, wenn ich es nicht muss. Nur weil sei eine Frau ist, ist sie keine andere Spezies, mein Freund. Und wenn es zu einem ordentlichen und gerechten Schwertkampf zwischen ihr und mir kommen sollte, so werde ich diesen auch auf mich nehmen. Das heißt aber nicht, dass es eine Frau zu schlagen gilt!“ „Was beredet ihr zwei dort die ganze Zeit eigentlich?“, erkundigte sich Rowena allzu plötzlich und hielt den Schimmel halten. Über ihre Schulter hinweg fixierte sie die beiden Zauberer genau, als könne sie genau spüren, dass die beiden über sie gesprochen hatten.   „Ihr müsst wissen, dass ich eine ganz hervorragendes Vertiaserum zubereiten kann. Wer weiß, ob ich nicht eine Phiole bereits mit mir trage, um sie euch in den Tee zu gießen. Drei Tropfen würden genügen, und ihr würdet mir alles erzählen. Wenn ihr also irgendwelche dunklen Machenschaften mir gegenüber plant, so kann ich euch vergewissern, dass ich dem wohl entgegenwirken kann.“ „Dann sollte ich euch vertrösten. Ich trinke keinen Tee und gewiss von keiner Fremden. Weiterhin kann ich Euch beruhigen, denn wir planen nichts gegen Euch. Alles, was wir wollen, ist sicherzugehen, dass wir am Ende des Tages unseren Lohn bekommen. Und Ihr Euer Pferd – versteht sich.“   Rowena presste nur ihre Lippen aufeinander und sah den Mann mit den roten Haaren genau an. Sie betrachtete ihn genau, hielt die Zügel ruhig in der Hand, sodass auch Greif nur leise unter ihr schnaufte, sich sonst nicht bewegte. „Wenn es hierbei nicht um die Zukunft meiner Reise ginge, so könnte ich ohne schlechtes Gewissen sagen, dass ich Euch nicht traue, Godric.“ „Mir?“, fragte der Mann erschrocken und legte dabei wie vor Schrecken seine Hand auf die Brust, als wolle er sein schlagendes, entsetztes Herz beruhigen. „Wie unüblich...“, murmelte Salazar selbst nur, denn normalerweise war er es, dem die Leute misstrauten. Er konnte es ihnen allerdings nicht vergelten.   „Natürlich Ihr, Sir Gryffindor! Schließlich verheißt ein Mann nichts Gutes, wenn er so viel spricht, ohne dabei auf dem Punkt zu kommen.“ „Ja, selbstverständlich. Ihr solltet aber nur bedenken, dass dies meine Art ist und ich ein aufgeschlossener und von mir selbst überzeugter Redner bin.“ „Von euch selbst überzeugt? Gut, dass Ihr es selbst einseht. So muss ich Euch nicht mehr auf Euren Fehler aufmerksam machen.“ „Das stimmt wohl. Aber bedenkt Ihr, dass es sich für eine Frau nicht schickt, so vorlaut zu sein – Hexe, oder nicht.“ „Vorlaut nennst du das?“, lachte sie und Salazar konnte nur schlecht einschätzen, ob dies etwas Gutes heißen sollte, oder nicht. „Ich nenne das eher gebildet. Ich lasse mich gewiss nicht von einem Mann bevormunden. Und erst Recht nicht von Zweien überrumpeln! Ich weiß mich zu verteidigen!“ Mit diesen Worten zückte sie ihren Zauberstab aus ihrem Ärmel und hielt ihn den beiden Männern entgegen.   „Mein wertes Fräulein Rowena – wir haben wahrlich nichts geplant, was Euch in Gefahr bringen könnte!“, wendete Godric gleich ruhig ein.   „Zudem solltet Ihr wissen, dass die Menschen im naheliegenden Dorf allesamt Nicht-Magier sind. Wir sollten sie also weniger beruhigen und erst Recht sollten wir für kein Aufsehen sorgen. Sie sind gekonnt darin, Hexen und Zauberer zu verbannen und davonzujagen“, fügte auch Salazar hinzu, aber eher mit gedämpfter Stimme, da er nicht wollte, dass es die falschen Ohren hören, „..., Also wären wir Euch sehr dankbar, wenn Ihr den Zauberstab wieder senken könntet. Wir sind nicht gefährlich.“   Rowena sah sich bei den Worten des schwarzhaarigen Zauberers um, als wolle sie sichergehen, dass er die Wahrheit spreche. Als sie aber doch nichts und Niemanden erkennen konnte, senkte sie ihren Zauberstab einfach, bevor sie ihn schon kurz darauf wieder zurück in sein Versteck schob. „Gut“, zischte sie knapp und zog an den Zügeln, sodass das Pferd unter ihr sich wieder in Bewegung setzte, „Dann sollten wir uns jetzt beeilen, um einen so kurzen, wie möglichen Aufenthalt in diesem Dorf zu haben. Mich sinnt es nicht gerade nach einer Auseinandersetzung mit irgendwelchen Menschen.“   „Da sind wir uns ja einig“, lächelte Godric zufrieden, bevor er eilig an der jungen Frau vorbei schritt, um vor ihr laufen zu können. „Ihr müsst Euch auch nicht sorgen, wir sind bald am Gasthaus. Zum Jauchzenden Eber. Wird selbstverständlich von Nicht-Magiern betrieben. Aber die Fleischpastete, auch wenn nicht ganz so gut wie eine gewöhnliche Kürbispastete, solltet Ihr euch Schmecken lassen. Sofern sich der Tod den alten Koch nicht geholt hat.“ „Ihr wart schon einmal hier?“, fragte Rowena, auch wenn ihre Stimme nicht gerade von Erstaunen oder von Überraschung geprägt war. „Wir sind hier sogar aufgewachsen. Nun, ich die meiste Zeit im Nachbardorf, während dies der Ort von Godrics Geburt ist.“ „Also wurdet auch Ihr beide von hier verjagt, nehme ich an.“ Godric schüttelte seinen Kopf, während wieder der schwarzhaarige Zauberer sprach: „Dies gilt für einige der Zaubererfamilien hier. Wir Beide aber haben uns schon vor einiger Zeit auf den Weg gemacht, um armen Seelen in Nöten zu helfen. Menschen, wie auch Zauberern und Hexen. Wir beseitigen Tierwesen jeglicher Art. Damit verdienen wir unser tägliches Brot.“ „Und gewinnen zudem den Ruhm und die Anerkennung einiger Dörfer und Städte. Bevor wir verjagt werden, weil wir Zauberer sind – versteht sich“, fügte Godric nun auch noch hinzu.   „Also seit Ihr nur Scharlatane, die es nicht für wichtig ansehen, sich einen ordentlichen Beruf zu suchen.“ „..., das 'Scharlatane' kannst du bitte weglassen. Und unsere Berufung ist es, uns mit allerlei Geschöpfen auseinanderzusetzen. Die Bezahlung ist zu meist gut. Die Konkurrenz ist eigentlich sehr gering. Und wer weiß schon, wo du wärst, hätten wir dich nicht vor diesen elendigen Gnomen gerettet. Gern geschehen dafür, erneut!“, sprach Godric erneut, sich halb zu der Maid drehend und dabei verbeugend.   „Und danke für das Geld“, fügte auch Salazar hinzu, „Aber...“, begann der schwarzhaarige Zauberer dann noch“, was macht denn eine Zauberin allein in der Wildnis? Schwer bepackt und zu dieser Jahreszeit?“ Es war beinahe Herbst und die Tage wurden bereits kürzer und kälter.   „Das geht euch ja wohl nur wenig an.“ „Dann sollten wir wohl noch einmal über Zinsen für Eure Rettung sprechen? Pro Stunde Zehn Prozent? Findest du das gut, Salazar?“ „Das klingt wirklich sehr gut, Godric!“   Rowena seufzte und verdrehte ihre Augen. „Nun gut – ich bin im ganzen Land auf der Suche nach allen magischen Rückständen, um diese für die Nachwelt zu sammeln. Ich suche nach unbekannten Zaubern und Verwünschungen. Zaubertränke...Alles, was ich für wichtige ansehe, was den Zauberern und Hexen späterer Generationen erhalten bleiben soll.“ „Das klingt allerdings nach einer langen und schwierigen Aufgabe. Für eine Hexe allein...“ „Sie ist aber nicht unmöglich“, wendete Rowena gleich ein, als Godric sein Wort erhoben hatte, „..., Ihr werdet schon sehen, dass man noch in späteren Zeiten von mir sprechen wird. Dass ich bekannt sein werde.“ „Also ist Euer Ziel, Eure Bekanntheit, was ja dann doch unserem nahe kommt.“ Rowena hielt inne, bevor sie sich umwandte, um zu Salazar zu blicken. Kurz öffnete sie ihren Mund, um etwas zu erwidern, schloss ihn dann aber wieder. Doch nach nur wenigen Augenblicken sprach sie dann doch: „Wahrscheinlich habt Ihr da Recht, Salazar. Aber ich versuche nicht mein Ziel mit solch einer niedrigen Tätigkeit zu erreichen, wir Ihr.“ Dabei funkelte sie ihn böse an, der schwarzhaarige Zauberer erwiderte aber ihren Blick. „Selbstverständlich...“, zischte Salazar schließlich nur, sah ihr dann aber so lange in die Augen, bis sie sich wieder umdrehte.   „Ihr Beiden versteht Euch ja blendend!“, konnte Godric darüber nur lachen, als er die Zügel seines Pferdes ergriff und es so zum Stehen kam. Denn ohne dass sie es bemerkt hatten, waren sie an ihrem Ziel angekommen: Es war eine alte Hütte, gerade Mal durch Menschenhand gebaut und somit hatten schon oft die Zähne der Zeit an ihr genagt. Die Windläden hingen schief in ihren Angeln und auch die Tür schien einer leichten Neigung verfallen zu sein. Das gräuliche Holz wirkte morsch und von allerlei Gewürm zerfressen. Dass es hier eine vernünftige Mahlzeit und noch vernünftigere Betten geben sollte, bezweifelte die holde Jungfrau stark, so wie man es direkt von ihrem Gesicht ablesen konnte.   „Glaubt mir, es ist nicht ganz so furchtbar, wie es scheint. Außerdem ist es im ganzen Land dafür bekannt, den besten Service zu haben. Zudem ist alles essbar, wenn es nicht drauf und dran ist, sich seinen Weg vom Teller hinunter zu bahnen.“   Nun blickte sie Godric angewidert an, was Salazar ein wenig schmunzeln ließ. Selbst als diese die Hand des Rothaarigen wegschlug und selbst vom Pferd stieg, musste der Zauberer sich umdrehen, um sein Gesicht zu verbergen. Schließlich wollte er die Hexe nicht noch mehr verärgern, da er auf jegliche Streitigkeiten nur wenig Lust hatte.   „Warum habe ich das ungute Gefühl, dass das mit dem wandernden Essen auf dieses Lokal zutrifft?“, fragte Rowena unsicher, während die beiden Männer ihre Pferde anbanden und ihnen noch etwas Futter in die Tröge gaben.   „Keine Sorge, oh wertes Fräulein. Es wird alles zu Euren Freuden sein. Vergesst nicht – hier ist die Heimat einer guten, gewöhnlichen Fleischpastete. Und nun kommt, Eure Hoheit und lasst nur uns reden!“   Zweifelnd sah Rowena zu dem Rothaarigen, während Salazar seinen Freund allerdings schon verstand. Schließlich würden sie einfach so tun, als wären sie ihre Gefolgsleute. Gefolgsleute, einer adligen, reichen Frau.   „Eure Hoheit?“, fragte die schöne Dame dann allerdings und and ihre Tasche von Schlanges Sattel, welche Godric dann eilig griff und selbst über die Schulter warf. „Das hier sind einfache Menschen, Lady Ravenclaw“, murmelte Salazar nun, so leise, dass nur die drei es verstehen konnten. „Als solche bemerken sie nur sollten eine kleinere List. Vor allem können wir uns so einen Vorteil verschaffen.“ „Also der beste Platz im Jauchzenden Eber und auch die besten Betten“, fügte Godric nur hinzu. Salazar nickte zustimmend, bevor er fortfuhr: „Also benehmt Ihr, Lady Ravenclaw, Euch so, als wären wir Eure Diener, die Euch zu einer arrangierten Hochzeit bringen.“ „Das ist doch alles ein absolut ausgemachter Unfug!“, wendete Rowena ein. „Als ob man euch solch einen Trick abkaufen würde!“ „Wenn Ihr Euch dagegen ziert, dann fliegen wir natürlich auf“, kam es von Godric noch, „..., man sagt, dass es einige Zauberer gab, die sich natürlich den Dunklen Künsten verschrieben haben, die in London selbst gefoltert und getötet wurden. Und hier sind wir auf einem Dorf. Da würde man uns einen kurzen Prozess machen. Wenn Ihr das also wollt, so stehen wir Euch nicht im Weg.“   Wie schon einige Male zuvor presste Rowena ihre Lippen aufeinander. Bei diesem Anblick wurde Salazar gleich klar, dass dies keine Frau war, die sich gerne überlegen sah. Allein schon bei ihrer Ausdrucksweise und bei Berücksichtigung des Ziels ihrer Reise, wusste der Zauberer, dass sie unglaublich schlau sein musste. Und dass sie sich nicht gern unterkriegen ließ. Nun aber sah sie sich dazu gezwungen.   Also seufzte sie resignierend. „Nun gut. Dann soll es so sein. Meine Herren – dann öffnet mir die Tür! Ich möchte eintreten.“ Salazar nickte knapp, während Godric breit grinste. Er war es auch, der die Tür aufstieß, nur um dann lauthals zu verkünden: „Sehr geehrte Sir's und Lady's! Wir erwünschen uns Eure Aufmerksamkeit! Lady Ravenclaw betritt den Raum.“ Und sie alle standen stramm. Sahen mit Faszination, wie diese schöne, edel gekleidete Frau den Raum betrat, gefolgt von zwei scheinbar gewöhnlichen Burschen.   'Diese törichten, dummen Nicht-Magier', dachte sich Salazar, als er dieses Schauspiel beobachtete – und auch noch ein Teil davon war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)