Forever Dream von Mad Hatter-sama ================================================================================ Kapitel 12: Hells Bells (You Got Me Ringing) -------------------------------------------- Yoshiki war sich nach wie vor nicht ganz sicher, was hier gerade passierte. Doch da er es nicht unterband, bedeutete das wohl, dass er nichts dagegen hatte. Vielleicht, dass es ihm gefiel. Vielleicht, dass er es wollte. Oder? Bedeutete es das? Er hatte keine Ahnung. Was möglicherweise erklärte, warum er immer noch nichts getan hatte, außer zu beschließen, dass er dem Bassisten keinen Schädelbasisbruch zufügen würde. Er fand auch eigentlich, dass das schon total ausreichte. Taiji andererseits schien ganz genau zu wissen, was hier passierte und wo er damit hinwollte: Er löste seine Lippen von Yoshikis und knabberte leicht an seiner Unterlippe, bevor er zu einem weiteren Kuss ansetzte. Dann fühlte Yoshiki eine Zunge auffordernd über seine Lippen gleiten. Das war jetzt der Punkt, dachte Yoshiki, wo eine Entscheidung gefällt werden musste. Mit passivem Aussitzen kam er hier nicht mehr weiter. Gut, vielleicht sollte er einmal Pro und Contra machen, wie der halbwegs gebildete Mensch, der er war. Contra: Taiji. Pro: Er war beschwipst, er war ein Rockstar, er hatte Stop Bloody Rain fast zur Perfektion gebracht, er hatte die Schule beendet, er konnte machen, was er wollte und der Rest seines Lebens begann gleich heute Nacht. Yoshiki zog die Augenbrauen ein wenig zusammen, als ihm auffiel, dass einige dieser Dinge jetzt wirklich nichts hiermit zu tun – Taiji hauchte ein kurzes Küsschen als Unterbrechung auf seine Lippen, bevor er einen zweiten Versuch startete. Eines musste man ihm lassen: Er ließ so schnell nicht locker. Zusätzlich kraulte er jetzt leicht seinen Nacken. Scheiße, das fühlte sich gut an. Unwillkürlich entspannte sich Yoshiki in die stützende Hand an seinem Hinterkopf und seine Lippen entwickelten ein Eigenleben. Er öffnete den Mund leicht. Taiji nutzte die sich bietende Chance sofort, leckte noch einmal über seine Lippen und vertiefte dann ihren Kuss: Seine Zunge schob sich ungeniert in Yoshikis Mund, erforschte das neue Terrain und begegnete dabei schließlich irgendwann einer anderen ihrer Art, die sich zögernd auf ein gemeinsames Abenteuer einließ. Yoshiki kannte sich da nicht in der Tiefe aus – er war bisher mit zwei Mädchen ausgegangen und das war vermutlich zu wenig, um eine qualifizierte Meinung zu diesem Thema zu haben – doch er befand, dass Taiji ein guter Küsser war. Der Bassist leckte und stupste und saugte, bis Yoshiki ihn wegschieben musste, weil er keine Luft bekam. Ihm war ein bisschen schwindelig. Sie sahen sich ein paar Herzschläge lang schwer atmend an, dann leerte Yoshiki sein Bier in einem Zug, ließ die Flasche mehr neben das Sofa fallen als dass er sie wegstellte und küsste zurück. Alles andere als gekonnt: Es war unkoordiniert und schlabbrig, doch seine jetzt freie Hand vergrub sich in den dunklen Locken und zog den Bassisten entschlossen enger an sich. Es wurde erst weniger ungelenk, als Taiji ihm eine Hand zwischen Wange und Hals legte und wieder die Führung übernahm. Einen Jungen zu küssen, dachte ein Teil seines Kopfs, der nur noch auf Sparmodus lief, war anders, als ein Mädchen zu küssen. Nicht so anders, wie er es erwartet hätte, aber immerhin. Mädchen waren weich und sanft und schmeckten immer irgendwie süßlich – vielleicht, weil er das erwartete. Das hier, das war anders. Da war nichts Sanftes oder Süßes an Taiji: er war energisch und frech und… ja, draufgängerisch war das Wort, und schmeckte ein wenig bitter, wie grüner Tee. Die Haare unter Yoshikis Fingern waren ein bisschen kratzig und seine andere Hand lag immer noch auf einem erstaunlich kräftigen Oberarm. Er dachte nicht mehr darüber nach, was hier passierte. Er dachte auch nicht mehr darüber nach, ob es ihm gefiel. Eigentlich dachte er gar nicht mehr: Denken war überbewertet. Es existierte nur noch Gefühl. Erst als sein Hinterkopf schließlich auf die Armlehne sank, realisierte er, dass sich etwas verändert hatte. An irgendeinem Punkt waren sie zur Seite weggerutscht. Zu Yoshikis Seite, was bedeutete, dass der andere Junge nun halb auf ihm lag. Vermutlich war das irgendwann um die Zeit herum gewesen, als Taiji seine Lippen verlassen und angefangen hatte, seinen Hals zu küssen. Das hatte ihn zu sehr abgelenkt, als dass er noch groß auf Dinge wie Vertikale und Horizontale geachtet hätte. Yoshiki leistete, abgesehen von neuerlichen, zögerlichen Versuchen, den ein oder anderen Kommentar abzugeben – Versuche, die Taiji allesamt im Keim erstickte - keinen nennenswerten Widerstand. Vermutlich, weil der Bassist die Stelle in seinem Nacken gefunden hatte, die immer so schön kitzelte und es sich zu gut anfühlte, als dass er überzeugende Einwände hätte formulieren können. Gerade spürte er an genau dieser Stelle Zähne, dann wieder Lippen und schließlich ein leichtes Saugen. Ein leises Seufzen kam ihm über die Lippen und Taiji ließ von seinem Hals ab und kehrte, mit einem Umweg über seine Kieferpartie, wieder zu eben diesen zurück. Ja… Zärtlichkeiten austauschen war schöner, wenn man dabei lag. Dann brauchte man nicht so viele… Halsmuskeln… und so… Langsam kämmte er mit den Fingern durch Taijis Haare und ließ sich in eine neue Serie aus tiefen, sinnlichen Küssen verwickeln. Doch als sich eine Hand unter sein Hemd mogelte, drehte er den Kopf ein Stück weg, um den Kuss zu brechen. „Ist das jetzt immer noch, damit ich die Klappe halte?“, fragte er gegen Taijis Lippen. „Naja, du warst ruhig“, antwortete dieser mit einem listigen Funkeln in den Augen. „Sieh es als präventive Maßnahme.“ „Ah. Aber-“ „Argh!“, machte Taiji, leise aber entschieden und schnalzte missbilligend mit der Zunge. Seine Stimme war eine Spur tiefer als sonst und vor allem rauer. Er hauchte einen Kuss in die Nähe von Yoshikis linkem Mundwinkel und ließ seine Hand ihren Weg fortsetzen – über prominente Hüftknochen, einen flachen Bauch und sich deutlich abzeichnende Rippenbögen. Als Taijis Finger seinen Oberkörper erreicht hatten, begann Yoshiki sich zu fragen, ob er nicht irgendetwas tun sollte, um hier wieder so etwas wie Ausgeglichenheit herzustellen – seine Hände lagen immer noch passiv dort, wo er sie vor einer gefühlten Ewigkeit geparkt hatte und er fühlte langsam den Druck seiner eigenen Erwartung, der Fairness halber irgendetwas zurückzugeben. Da er auf der rechten Seite nicht viel Spielraum hatte, löste er schließlich seine linke Hand von Taijis Nacken und versuchte, ebenfalls auf Wanderschaft zu gehen. Der Winkel war allerdings merkwürdig und er bezweifelte, dass es sich für den anderen Jungen so anfühlte wie Taijis Fingerspitzen auf seiner Haut, kribbelnd und brennend. Dennoch wurde er mit einem leisen Brummen der Zustimmung belohnt und das spornte ihn an. Er schob das Shirt ein Stück höher. Zu seiner Überraschung fanden seine Finger leichte Erhebungen und er brauchte einen Moment um zu begreifen, dass es Muskeln waren. Taiji musste einen Sixpack haben, und er redete nicht von Bier. Oder naja, dachte Yoshiki etwas fahrig und wanderte mit der Hand nach hinten, zu einem starken Rücken und dem steten Auf und Ab von Taijis Wirbelsäule, zumindest redete er nicht nur von Bier. Hier war der Winkel angenehmer für sein Handgelenk und er beschloss, sich fürs Erste auf die Rückseite zu konzentrieren. Die Hand des Bassisten geisterte inzwischen federleicht über seinen Oberkörper, fand eine besonders interessante Stelle und neckte ihn dort, und irgendwann zwischen dieser Empfindung und dem dazugehörigen Keuchen wurde Yoshiki auf einmal bewusst, dass seine Hosen an gewissen Stellen etwas fester saßen als geplant. Wie konnte Taiji derjenige sein, der das mit seinem Körper anstellte? Erneut bewegten sich ein Paar Lippen begierig gegen seine. Ah ja. So. Frage beantwortet. Am Ende des Kusses lehnte richtete sich Taiji mit einer leichten Grimasse ein Stück auf und veränderte seine Position ein wenig – vermutlich, damit ihm nicht in den nächsten zwei Minuten der Arm vollständig einschlief. Dadurch landete sein Knie etwas höher zwischen Yoshikis Beinen und war auf einmal nah – so nah, dachte Yoshiki mit einem leichten Anflug von Entsetzen, dass der Bassist es bemerken musste. Er hob den Blick und begegnete Augen von der Farbe dunklen Honigs. Yoshiki spürte, wie seine Wangen zu glühen begannen. „Das-“, begann er atemlos, obwohl er noch nicht wusste, wie er nach diesem Wort weitermachen wollte. (Das wurde irgendwie langsam zur Regel.) Doch da schnitt ihm bereits ein weiterer, kompromissloser Kuss das Wort ab. Während er an Yoshikis Unterlippe nippte, lehnte sich Taiji noch ein Stück nach vorne und verlagerte sein Gewicht noch etwas, entlastete dadurch seine Arme und sank dafür mehr auf Yoshiki. Und nun konnte dieser deutlich die Erregung des anderen Jungen an seinem Oberschenkel spüren. Nach einigen langen Sekunden, in denen sich auch der letzte Zweifel in Luft auflöste, unterbrach der Bassist den Kuss und sie blickten sich an. Yoshiki schloss den Mund und schluckte. Er hatte immer gedacht, dass ihm so etwas seltsam, vielleicht abstoßend vorkommen müsste, doch zu seiner Überraschung fühlte er nichts dergleichen. Taiji wollte ihn. Das Wissen, dass ihm das in gewisser Weise Macht über ihn gab und das seltsam berauschende Gefühl, das damit einherging, stiegen Yoshiki mit einem Kribbeln entlang der Wirbelsäule zu Kopf und vermischten sich dort mit dem vorhandenen Alkoholnebel zu einem äußerst aufregenden Cocktail, und als Taiji schließlich den Blickkontakt brach und mit seiner Aufmerksamkeit zu seinem Hals zurückkehrte, schloss Yoshiki die Augen und legte den Kopf genießerisch in den Nacken. Er hatte noch ausreichend Gelegenheit sich zu fragen, ob Taiji wohl ähnliche Gedanken hatte und wer von ihnen beiden die Situation jetzt wirklich kontrollierte. Doch bevor er auch zu einer Antwort gekommen wäre, spürte er Taijis Hand in seinem Schritt, streichelnd und forschend. Yoshiki riss die Augen wieder auf und hob den Kopf ein wenig, gerade genug für einen schockierten Blick. Sein Nacken protestierte gegen die Bewegung. Sofort hörte Taiji auf, seinen Hals zu liebkosen und betrachtete ihn aus einer Handbreit Entfernung, offenbar in Erwartung der Reaktion, die seine Handlung auslösen mochte. Yoshiki zögerte. Die Hand fühlte sich gut an, doch darum ging es nicht. Es überschritt eine Grenze. Alles bisher konnte man vielleicht noch mit jugendlicher Verrücktheit, Bier, Ausprobieren wegerklären. Aber das hier, das fiel definitiv nicht mehr in die Kategorie ‘Selbstfindung‘. Yoshiki schluckte einmal, sein Hals war trocken. Der Bassist hielt mit der Bewegung seiner Hand inne und als Yoshiki ihn ansah wurde er sich in Taijis Augen etwas gewahr, das er noch nie dort gesehen hatte: Unsicherheit. Noch starrten sie einander regungslos an, doch Yoshiki wurde bewusst: wenn er nicht innerhalb der nächsten drei Sekunden irgendwie reagierte, war das alles hier vorbei. Tick. Es war komisch. Gott. Es war so komisch. Aber es war auch interessant. Ihm war heiß. Warum war ihm so heiß? Tock. Mochte er Taiji? War Taiji hübsch? Woran merkte man, ob ein anderer Mann hübsch war oder nicht? War das wichtig? Was waren sie beide nach dem hier? Tick. Falsch. Alles hieran war falsch. Aber auch das war interessant. Crap. Mit ihm war etwas falsch! An dieser Stelle erwartete Yoshiki eine Welle aus Panik oder zumindest angemessenen emotionalen Schmerz, doch nichts passierte. Vielleicht, weil ihn die Erkenntnis im Grunde nicht überraschte. Natürlich war etwas falsch mit ihm. Die meisten Menschen dachten das doch anscheinend, oder nicht? Taijis Worte kamen ihm in den Sinn: Ist doch scheißegal, was die Leute reden. Die wissen halt nicht, wie das ist. Wenn die Leidenschaft dich ruft, dann folgst du. Was willst du sonst machen? Ach, Scheiße, dachte Yoshiki durch den Dunst in seinem Kopf hindurch. Er wollte nicht darüber nachdenken, was das hier bedeutete oder was danach passierte. Er wollte, dass der Moment, in dem es zu Ende war und er irgendwie damit umgehen musste, niemals kam. Er war jung und man lebte nur einmal und er wollte Versuchungen nachgeben, denn wer wusste, wann sie wiederkamen und so weiter. Er wollte einmal nicht nachdenken. Leben, bevor man starb. Ja! Er zog sich aus den Bauchmuskeln nach oben, fing mit der rechten Hand den Hinterkopf eines sich gerade zurückziehenden Taiji ein und küsste ihn, so ungestüm, dass ihre Zähne dabei aneinander schlugen. Aber das war egal: die Nachricht kam an. Als Yoshiki den Kuss löste, um sich wieder bequemer zurückzulehnen und vor allem seinen Nacken von seiner undankbaren Aufgabe zu erlösen, wurde er sich eines Lächelns in Taijis Gesicht gewahr, das zu gleichen Teilen aus freudiger Erwartung und Erleichterung zu bestehen schien. Doch ein wohlwollendes Lächeln reichte ihm gerade nicht. Kurz aber entschieden bewegte sich Yoshiki dem strategisch günstig platzierten Oberschenkel entgegen, um deutlich zu machen, was er wollte. Der Bassist nahm sein Tun wieder auf, eine Spur gröber als zuvor. Ein leiser Laut bildete sich in Yoshikis Kehle, doch wurde von einem weiteren Kuss erstickt, bevor er jemals wirklich eine Stimme gefunden hätte. Schließlich verschwand Taijis Hand von seiner Erregung und Yoshiki quittierte es mit einem unzufriedenen Knurren. Doch über den Kuss hinweg bemerkte er am Rande, wie Taiji an seiner Hose herumnestelte. Schließlich hatte er Erfolg damit und seine Hand schob sich tiefer, eroberte sich Platz in Yoshikis Hose und massierte ihn nur noch durch den dünnen Stoff seiner Shorts hindurch. Es war nun auch für den Bassisten ein merkwürdiger Winkel und er war nicht sonderlich geschickt dabei, doch gerade war jede Stimulation gute Stimulation. Yoshiki seufzte und schloss die Augen und ließ ihn machen. Schließlich stellte er umständlich das rechte Bein auf, hob das Becken leicht an und ermöglichte Taiji einen besseren Griff, was dieser mit einem leisen, etwas amüsierten Geräusch quittierte. Augenblicklich wurden seine Bewegungen sanfter und gezielter, umfassten ihn durch die letzte Lage Kleidung und streiften dabei immer wieder die empfindliche Spitze. Sie hatten irgendwann aufgehört sich zu küssen und Yoshiki biss sich auf die Unterlippe, um die kleinen Laute zurückzuhalten, die sich Bahn zu brechen drohten. Nach einigen Minuten öffnete er die Augen und ließ den Blick über die Szene wandern, in der sie beide die Hauptrollen spielten. Der Anblick, wie Taijis Hand halb in seiner Hose verschwunden war und sich dort aufreizend bewegte, erschien ihm zugleich obszön und in seiner Undeutlichkeit erregend, in seiner Wirkung vielleicht vergleichbar mit der Silhouette einer duschenden Dame. Yoshiki blinzelte und streckte den linken Arm aus, in einem halb durchdachten Versuch, die Nettigkeiten zu erwidern. Doch er konnte nichts erreichen, das unterhalb von Taijis Rücken lag. Also legte er seine Hand schließlich wieder unter seine Schulterblätter und bestaunte die Art und Weise, wie er die Bewegung von Taijis Fingern bis in seinen Rücken hinein spüren konnte. Die Finger seiner anderen Hand hatten sich irgendwo in Taijis Oberarm gekrallt und würden wohl bald Spuren hinterlassen. Ein überraschtes Geräusch kam ihm über die Lippen. Taiji hatte begonnen, sein Becken parallel zu den Bewegungen seiner Hand gegen seinen Oberschenkel zu pressen. Der Bassist stellte Blickkontakt her und einen Moment lang glaubte Yoshiki, dass er einfach auf Augenkontakt während des Akts stand. Dann erkannte er, dass er um Erlaubnis fragte. Ein erneutes Kribbeln wanderte Yoshikis Wirbelsäule nach oben. Taiji bat um etwas. Na, das würde er mal unter F für Fortschritt ablegen! Er lächelte schief, hob den Kopf noch einmal an und hauchte Taiji einen winzigen Kuss auf die Lippen. Dieser lächelte schief zurück und setzte zur Verfolgung seiner eigenen Erfüllung an. Hätte man ihm diese Situation nur beschrieben, Yoshiki wäre sie absonderlich vorgekommen und er hätte jede Zustimmung seinerseits vehement verneint. Doch jetzt, wo es passierte, störte es ihn gar nicht: Das laszive Reiben von Taijis Härte an seiner Seite war nur eine weitere Schicht von Empfindung in einem anregenden Zusammenspiel. Einige Herzschläge lang, in denen sie beide sich ihren jeweiligen Empfindungen hingaben, blieben ihre Gesichter so nah beieinander, dass Yoshiki Taijis heißen Atem auf seiner Wange spüren konnte. Dann wanderten seine Lippen wieder tiefer, zurück zu Yoshikis Hals, wo er küsste, biss und leckte - genau an der richtigen Stelle. Das wohlbekannte Gefühl einer sich immer mehr zusammenziehenden Hitze begann in Yoshikis Unterbauch zu köcheln, immer weiter angeheizt von Taijis Händen und Lippen, seinen leisen Geräuschen und der Wärme seines Körpers auf Yoshikis. Wann genau hatte er ihn so gut gelernt?, dachte Yoshiki matt, und warum konnte er so viele Dinge gleichzeitig tun, wenn er selbst schon Probleme damit hatte, gleichzeitig zu atmen und diesen Rücken zu streicheln? Taijis Hand machte eine äußerst wohltuende Bewegung und etwas wie ein Quieken, das gut eine halbe Oktave über seiner normalen Stimmhöhe lag, verließ Yoshikis Mund. Seine Zehen kringelten sich in seinen Schuhen und seine Beinmuskulatur spannte sich zittrig an. Er wurde noch eine Spur roter, als er ohnehin schon war, als ihm auf einmal bewusst wurde, wo das hier hinführte. Der andere Junge lachte geräuschlos und wiederholte sein Handeln, wieder gewohnt selbstsicher und gekonnt. Yoshikis Fingernägel gruben sich in Taijis Rücken und er drehte das Gesicht ein Stück in Richtung Rückenlehne. Er konnte doch nicht zulassen, dass Taiji ihn so sah! Das war doch viel zu – viel zu – peinlich hatte er noch denken wollen, doch da war es bereits zu spät: Mit einem Mal war die Hitze überall, raste von ihrem Zentrum aus durch seine Adern, schaltete sein Gehirn für ein, zwei Sekunden komplett ab und hinterließ ein leises Klingeln in seinen Ohren. Plötzlich war da wieder ein Mund auf seinem und sein leises Stöhnen ging in einem letzten, tiefen Kuss unter. Noch während die Vereinigung ihrer Lippen andauerte, wurde sich Yoshiki gewahr, wie Taijis Bewegungen energischer wurden und schließlich erschauderte der Bassist mit einem rauen Keuchen, welches ihren Kuss unterbrach. Es dauerte ein paar Sekunden, bis Yoshiki begriff, was soeben passiert war: Taiji war gekommen, ohne dass er ihn auch nur berührt hatte. Yoshiki streichelte ihm einmal über den Kopf und konnte sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen. Er hatte die Situation kontrolliert. Eindeutig. Mit geschlossenen Augen atmete er einige Male durch, bis sich sein Herzschlag wieder etwas beruhigt hatte. Die Stirn an Yoshikis Schulter gelehnt, tat Taiji es ihm gleich. Sie blieben länger so liegen, als es unbedingt nötig gewesen wäre und Yoshiki führte es darauf zurück, dass keiner von ihnen scharf darauf war, dem anderen ins Gesicht sehen zu müssen. Doch schließlich machte Taiji den Anfang. Er zog die Hand aus Yoshikis etwas feuchter Hose, setzte sich auf und richtete umständlich seine eigenen Verhältnisse. Der Schlagzeuger stemmte sich in eine sitzende Position hoch und zog seine Sachen wieder anständig an. Seine Unterwäsche klebte unangenehm an der Haut. Das würde später noch schön werden. Er seufzte lautlos. Dann ließ es sich nicht mehr vermeiden: Sie sahen einander an. Eine tiefe Stille legte sich über den Raum. Offenbar hatte das flüchtige Hoch auch einen Teil ihres Rauschs geklärt. Das war jetzt der Moment, dachte Yoshiki, den er vorhin gemeint hatte. Der schreckliche Moment, in dem einem bereits klar geworden war, was man gerade getan hatte und in dem man eine Entscheidung treffen musste, wie man jetzt damit umging. Bedeutete das hier nun etwas? Yoshiki gab sich einen Wimpernschlag, um in den honigbraunen Augen zu versinken und dachte dann: Nein. Es bedeutete nichts. Emotional war alles unverändert. Er war nicht einmal verwirrt, so eindeutig war es. Er mochte Taiji nicht sonderlich. Er hatte keine Ahnung, ob er ihn zumindest attraktiv fand. Und sie beide – sie beide waren jetzt… zwei Menschen mit demselben Geheimnis. Nicht mehr. Nicht weniger. Gut soweit. Blieb noch eines zu tun: Entscheiden, wie es weiterging. Es fiel ihm erstaunlich leicht. „Das hier“, sagte Yoshiki eindringlich, Taijis Blick nach wie vor erwidernd, „nehmen wir mit ins Grab.“ Taiji blieb still, solange wie er brauchte, um noch einmal zu blinzen. Dann nickte er, ernst und fast feierlich, doch bevor er ganz damit fertig war, begann er zu grinsen - erst ein wenig und dann immer mehr. „Ok“, stimmte er zu. Er lehnte sich zur Seite und griff über die Armlehne, wohin sich seine Jacke vor geraumer Zeit verabschiedet hatte und kramte in den Taschen. Schließlich zog er eine Schachtel Mild Sevens hervor. Mit einem betont unschuldigen Gesichtsausdruck streckte er sie Yoshiki übers Sofa. „Zigarette?“ Yoshiki blickte ihm wenig begeistert entgegen. Hinter seinem lammfrommen Augenaufschlag lag Taiji lachend in der Ecke – es stand quasi auf seiner Stirn, so offensichtlich war es. Der Schlagzeuger seufzte. Er hätte vorhin einfach nach Hause gehen sollen. -X- Yoshiki stand vor dem Badezimmerspiegel und starrte fassungslos hinein. Er wollte einfach nicht glauben, was er dort sah. „Yoshiki!“, sagte seine Mutter von der anderen Seite der Tür und klopfte. „Kann ich reinkommen? Ich muss langsam los!“ „Äh“, machte Yoshiki und griff nach seiner Zahnbürste und trug sie einmal am Wasserhahn vorbei, „klar!“ In dem Moment, in dem sie die Tür öffnete, stellte er das Utensil wieder zurück, wie jemand, der die letzten zehn Minuten mit Zahnpflege zugebracht hatte – und nicht damit, das eigene Ebenbild in einer reflektierenden Glasfläche zu betrachten. Gleichzeitig hob er die Hand zu seinem Hals, hier eine ungeplante Bewegung. Seine Mutter schob sich an ihm vorbei zum Regal und griff nach ihrer Haarbürste. Er war schon auf halbem Weg zur Tür, als sie über das Kämmen hinweg fragte: „Ist alles in Ordnung?“ „Mmh?“ Er drehte sich um, bemerkte, wo seine Hand war und spürte, wie er rot anlief. „Oh. Äh. Ja. Ich hab mich nur… verlegen. Genau. Hab einen schönen Tag!“ Schleunigst flüchtete er auf den Gang und kehrte in sein Zimmer zurück. Erst dort betastete er noch einmal seinen Hals. An der Stelle, die aussah, als habe sich ein fetter Karpfen dort festgesaugt, spürte er zwar nichts ungewöhnliches, doch es tat ein bisschen weh. Er ließ sich auf seinen Futon fallen. Betrachtete seine Hand, als erwarte er, dass das Ding sich ausbreitete. Natürlich nichts zu sehen. Er hörte die Badezimmertür. „Tschüss mein Schatz!“, rief seine Mutter und gleich darauf verschwanden ihre leichten Schritte die Treppe hinunter. „Tschüss!“, rief er zurück, in Gedanken bei etwas ganz anderem: Wie zum Henker tarnte man so was im Frühsommer? Scheiße, verfluchte! Unten fiel die Haustür ins Schloss. Yoshiki zählte bis hundert, bevor er zum Telefon im Flur ging und nach kurzem Suchen eine der Nummern auf den kleinen Zetteln an der Wand wählte. Es tutete. Yoshiki tappte ungeduldig mit dem Fuß. „Sawada de gozaimasu“, meldete sich eine etwas unangenehme Frauenstimme. „Hallo, Hayashi Yoshiki hier“, sagte Yoshiki und stützte sich an der Küchentür ab. „Könnte ich bitte Taiji sprechen?“ „Kleinen Moment bitte“, sagte die Frau. Er hörte ein Klonk, mit dem der Hörer abgelegt wurde, dann nichts und dann Geräusche und Worte, die zu weit entfernt waren, um sie zu verstehen. Schließlich knisterte es, als jemand das Telefon aufhob. „Ja?“, drang Taijis Stimme aus dem Hörer. Yoshiki nahm das Telefon vom Ohr, hielt sich den Sprechmuschelteil frontal vor den Mund und brüllte: „DU ARSCHLOCH!“ Dann legte er auf. Und atmete durch. Schon besser. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)