Der Schwur des Wolfes von Kaname-chan ================================================================================ Kapitel 10: 10. Kapitel - Der schönste Tag im Leben --------------------------------------------------- „Was soll das heißen? Die Geschichte, wie ihr euch zum ersten Mal kennen lerntet? Ihr seit zusammen in der Schule gewesen, das weiß ich doch alles.“ „Deine Mutter hat mich vor einigen Jahren gebeten, ein paar Dinge dabei auszulassen. Sie hat mir nie erklärt, warum, aber ich habe sie geliebt und keine Fragen gestellt. Du kanntest sie ja auch sehr gut, du weißt, was ich meine.“ Lilly nickte langsam und er spürte ihren Herzschlag, der immer schneller wurde und sich dann, als er ihre Hand nahm, wieder ein wenig beruhigte. „Es tut mir leid, dass ich das ausgerechnet jetzt mache, wo du schwanger bist und deine Emotionen etwas außer Kontrolle geraten können. Doch Grace meinte, dass du alles erfahren sollst, sobald du mit deinem Mann in eurem Zuhause angekommen bist. Ihr seid zwar noch nicht verheiratet, aber…“ „Schon gut, Dad. Es ist alles okay.“ Taylor begriff nicht, warum sie diese Worte wählte, aber dann blickte er zu Dan und bemerkte diese eigenartige Schwärze in den Augen des Mannes. Er musste seine Frau unglaublich geliebt haben, dass er nach über sechs Jahren noch immer solch tiefen Schmerz über ihren Verlust empfand. Während sie ihre Hand an seine Wange legte, atmete er einmal tief ein und begann dann zu erzählen:   Crystal Falls war schon immer eine kleine beschauliche Stadt. Regentage überwiegten die mit Sonnenschein. Jeder kannte Jeden. Und Neuigkeiten verbreiteten sich schneller als ein Lauffeuer. In den nächsten Tagen würden ein paar neue Leute in die Stadt ziehen. Alte Bekannte von Marge, die die kleine Nähstube im Herzen der Stadt führte. Mr. Cooper senior hatte sich bei der letzten Versammlung verquatscht und nun wurde gerätselt, wie diese Leute wohl sein würden. Doch Bekannte von Marge konnten nur im Rentneralter sein, sodass sich Daniel Connor nicht wirklich darum scherte. Ihm ging es sogar total auf den Senkel, dass seine Freunde dieses Thema noch immer nicht beigelegt hatten. So spannend war das ja nun auch nicht. Nach der Schule seilte er sich von seinen Kumpels ab und durchforstete die Wälder, die an die schönen Eigenheime am Rande der Stadt reichten. Die Lichtung, die er beim letzten Mal gefunden hatte, war ihm besonders ans Herz gewachsen. Dort hatte man das Gefühl, es gäbe nur die Natur. Keine Menschen, keine Industrie, keinen Verkehr. Hier war alles so unberührt, die Vögel zwitscherten, Gras und Moos bewuchsen die alten Bäume, die es schon seit hunderten von Jahren gab. Daniel ließ sich ins Gras fallen, streckte sich genüsslich und ließ die wärmenden Sonnenstrahlen auf sein Gesicht scheinen. Er döste eine Weile vor sich hin, schnappte sich dann das Buch, das er aus dem Regal seines Vaters hatte mitgehen lassen und vertiefte sich in die spannende Lektüre. Sein Vater war ein kluger, angesehener Mann, der zu Hause allerdings schnell jähzornig werden konnte. Er mochte es nicht, wenn Daniel seine Bücher las und so stahl der sie aus dem Regal, verschlang sie innerhalb kürzester Zeit und stellte sie dann unbemerkt wieder zurück, um sich gleich das Nächste mitzunehmen. Seine Mutter hatte seit frühester Kindheit ein schwaches Immunsystem. Sie war oft krank und kam tagelang nicht aus dem Bett. Aber er liebte sie sehr, weil sie eine warmherzige liebevolle Mutter war. Geschwister hatte er keine, weil seine Geburt seine Mutter bereits bis an ihre Grenzen gebracht hatte. Aber er sehnte sich auch nicht sonderlich nach einem Bruder oder einer Schwester. Plötzlich knackte es hinter einem der dicken Eichenbäume. Das kam schon öfter vor, aber er hörte deutlich heraus, dass das nicht an der Wärme lag, die die Äste knacken ließ. Nein, hier war jemand. Er verfluchte die Person, die es gewagt hatte, diesen Platz aufzuspüren und in sein Gebiet einzudringen. Gerade als er sich aufrichten wollte, um den Eindringling zu verscheuchen, trat ein schmales blondes Mädchen aus dem Schatten hervor. Sie trug ein weißes langes Sommerkleid und war barfuss. Die Arme ausgebreitet, hielt sie ihr Gesicht der Sonne entgegen, drehte sich immer wieder um die eigene Achse und kicherte dann leise, so als hätte ihr gerade jemand einen Witz erzählt, von dem aber niemand wissen sollte. Sie schien ihn einfach nicht zu bemerken, besah sich den Boden und fing dann an ein paar Sprünge zu machen. Er kannte die Figuren von einem Ballettstück, zu dem seine Mutter ihn einmal mitgeschleppt hatte. Das blonde Haar flog und glich Engelshaar, als es von den Strahlen der Sonne getroffen wurde. So sehr er es auch wollte, er konnte sich einfach nicht rühren. Und dann machte sie einen weiten Sprung und prallte plötzlich mit ihm zusammen. Von der Wucht hart getroffen, fiel er, mit dem Rücken voran, zu Boden. Das Mädchen versuchte sich irgendwo abzustützen, fand aber keinen Halt und landete auf ihm. Ganz kurz blieb ihm die Luft weg, doch dann roch er diesen blumigen Duft, der von ihr auszugehen schien und war überhaupt nicht mehr wütend, dass sie hier auf dieser Lichtung eingedrungen war. Ein paar Augenblicke lang rührte sie sich nicht und er dachte bereits, sie wäre ohnmächtig, doch dann hob sie ruckartig ihren Kopf, schaute ihn aus großen kristallblauen Augen an und holte erschrocken Luft. Sie sagte nichts und es schienen Minuten zu vergehen, in denen sie einander einfach nur anblickten. „Oh mein Gott, es tut mir leid. Ich habe dich nicht gesehen. Verzeihung. Ich sollte sowieso nicht hier sein. Ich gehe lieber. Verzeih mir bitte. Dir geht es gut, oder? Du scheinst aber nicht verletzt zu sein. Entschuldige vielmals.“ Dieser Schwall an Worten überraschte ihn. Solch ein Temperament hatte er nicht erwartet und so nickte er nur und blickte ihr nach, als sie aufsprang und denselben Weg zurücklief, den sie gekommen war. Am nächsten Tag suchte er sie auf dem Schulhof. Sie musste zu den Leuten gehören, die in die Stadt ziehen würden. Oder aber sie war einfach nur bei Verwandten zu Besuch gewesen. Mit jedem vergeblichen Blick, schwand auch die Hoffnung sie wiederzusehen. Am Nachmittag dann war seine Laune völlig im Keller. Auch auf der Lichtung wartete er vergebens. Zwei weitere Tage vergingen und ihm ging es schlechter als je zuvor. Seine Freunde hielten Sicherheitsabstand zu ihm, sie wussten, dass er jeden Moment explodieren könnte. Als er zur nächsten Stunde wollte und um die Ecke bog, prallte er mit jemandem zusammen. Er hörte, wie die Bücher zu Boden fielen, sah kurz das blonde Haar, griff geistesgegenwärtig nach dem schmalen Handgelenk und zog das Mädchen sicher an sich, ehe sie ihren Büchern Gesellschaft leisten konnte. Wieder blickten ihn diese kristallblauen Augen an, doch diesmal ließ er sie nicht so einfach fort. „Es gab überhaupt keinen Grund sich zu entschuldigen“, flüsterte er und nachdem sie realisiert hatte, was er da gesagt hatte, lachte sie leise. „Grace, ist alles in Ordnung?“, fragte eines der Mädchen aus seiner Parallelklasse. „Aber ja. Ich wurde schließlich beschützt“, antwortete sie und wandte ihre Augen nicht von ihm ab. „Ich bin übrigens Daniel.“ „Hi.“ „Hi.“ „Ich gehe seit heute auf diese Schule. Und ich finde, wir sollten es nicht zur Gewohnheit werden lassen, ständig gegeneinander zu stoßen.“ „So schlimm finde ich das nicht.“ In den nächsten Tagen verbrachten sie jede Pause miteinander und irgendwann küsste er sie dann einfach. Zuerst schien sie überrascht, aber dann fiel sie ihm um den Hals und er plumpste mit ihr zu Boden. „So haben wir uns kennen gelernt, wieso sollte es also jetzt anders sein?“, scherzte er und Grace schlang ihre Arme noch fester um seinen Hals.   „Wir waren seit der 8. Klasse ein Paar. Ich habe nie eine Frau mehr geliebt als deine Mutter. Keine hat mich so aus der Fassung gebracht wie sie oder mich so glücklich gemacht. Wir haben geheiratet, dann kamst du auf die Welt und sie hat das tolle Haus gefunden. Sie hat mir Mut gemacht, wenn ich das Studium am liebsten hingeschmissen hätte. Und sie hätte alles für dich und mich geopfert, wenn sie es hätte tun müssen.“ „Wieso wollte sie nicht, dass ich von dem ersten Zusammenstoß erfahre?“ „Ich weiß es nicht.“ „Und was ist mit dem Buch da?“ „Grace hat in jeder freien Minute geschrieben. Sie hat über fast alles Buch geführt. Und das hier sollte ich dir geben, wenn du deine eigene Familie gründest. Aber frag mich nicht, was das ist. Ich habe es nie gelesen.“ Lilly berührte sanft den Einband und umarmte dann ihren Vater. „Ich weiß, dass sie immer bei uns ist und auf uns aufpasst. Wie ein Engel.“ „Und ich bin mir ganz sicher, dass sie genauso stolz auf dich ist, wie ich es bin.“ Taylor hatte still neben den beiden gesessen und der Geschichte gelauscht. Er hatte immer gedacht, dass Lillys Mutter schon immer hier in Crystal Falls gelebt hatte. Dann war sie also ebenso hierher gezogen, wie seine Familie und er. Die Geschichte wiederholte sich also, bloß entgegengesetzt. Nicht das Mädchen war in die Stadt gekommen, sondern diesmal der Junge.   „Sie hatte solche Träume seit sie eine Jugendliche war“, meinte ich und Taylor streckte seinen Kopf ins Schlafzimmer, die Zahnbürste noch im Mund. „Bei mir hat es genauso angefangen. Ich glaubte immer, dass es gruselige oder schöne Träume wären und fand sie unglaublich realistisch und in Wirklichkeit waren das die ersten Anzeichen dafür, dass ich diese Gabe übernommen habe.“ Ich blätterte die nächste Seite um und stemmte eine Hand in die Seite, als das Baby wieder gegen die Bauchwand trat. Taylor stieg zu mir ins Bett und legte beruhigend eine seiner Hände auf die Kugel, die er seit einiger Zeit für total süß hielt. „Ist das denn so eine Art Tagebuch von deiner Mutter?“, fragte er und die Tritte in meinem Innern wurden weniger. „Ja. Anfangs schreibt sie noch von ihren Träumen und dann später scheint ihr bewusst zu werden, dass sie mich darin sieht. Sie weiß von dir, von unserem ersten Kuss, von unserer Hochzeit und sie schreibt, dass sie stolz auf mich ist und uns nur das Beste wünscht. Außerdem hat sie mich gesehen, als ich nach unserer kurzen Trennung mit Sean am Strand gesprochen habe und ich bin mir sicher, dass sie auch von ihrem Enkelkind wusste.“ „Irgendwie finde ich das ja gruselig“, meinte er und streichelte ganz sanft über meinen Bauch. „Was?“ „Na ja, deine Mutter hat vor Jahren bereits das gesehen, was uns vor kurzem passiert ist und noch passieren wird.“ „Das tue ich doch auch. Vor einiger Zeit hatte ich einen Traum, wo unser Kind bereits um die zehn Jahre alt war. Ich weiß längst, wie es später aussehen wird.“ „Als jemand, der es nicht so sieht wie ihr, sondern nur davon hört, ist es nun mal gruselig.“ „Ja, mag sein. …verlass dich niemals zu 100% auf die Visionen. Sie sind mehr eine Art Leitfaden, die dir zeigen, dass du ein paar Dinge überdenken solltest, um zu den guten Seiten zu gelangen.“ „Ein Leitfaden?“ „Zumindest schreibt sie das.“ „Na ja, das stimmt schon. Manches hast du geträumt, und dadurch haben wir einiges überdacht und es ist nicht eingetreten. Und du meintest auch, dass du manchmal ein Mädchen und ein andermal einen Jungen hier im Garten spielen siehst.“ „Richtig… …Es ist, als würde sie gerade mit mir reden.“ Taylor blickte mir ins Gesicht und strich mit seinem Finger über meine Wange. „Ich denke, deshalb wollte sie auch, dass du es bekommst. Damit du dich nicht allein fühlst.“ Ich schob ein Lesezeichen zwischen die Seiten und legte das Buch beiseite. „Ich fühle mich ganz und gar nicht alleine. Ich habe schließlich dich und das Baby. Und in ein paar Tagen sind wir dann auch noch verheiratet.“ „Mrs. Lillian Wood. Mir gefällt das!“ Er knipste die Nachttischleuchte aus und ich lachte leise, als er meinen Hals küsste.   „Guten Morgen, Süße. Willkommen in deiner heutigen Bleibe“, verkündete Carly freudestrahlend, als ich aus dem Wagen stieg und eine Reisetasche aus dem Kofferraum holte. Ihre Eltern standen hinter ihr und lächelten verhalten. Mir war klar, dass sie immer daran dachten, dass ihre Tochter ebenfalls ‚so unvorsichtig‘ sein könnte wie ihre beste Freundin, wenn sie mich sahen. Manch ein Erwachsener konnte eben schlecht damit umgehen, dass ich schwanger und im Begriff war zu heiraten. Daran hatte ich mich längst gewöhnt. „Guten Morgen, Carly. Ihnen auch Mr. und Mrs. Simmons.“ „Komm, ich nehm dir die Tasche ab. Hast du schon gefrühstückt?“, fragte der Hausherr und ich nickte. „Taylor hat darauf bestanden, dass wir wenigstens das noch gemeinsam tun, wenn er sich meinem Willen für den Rest des Tages beugen muss.“ Carly lachte und hakte sich bei mir ein, als ich endlich die wenigen Stufen zum Haus erklommen hatte. Früher hatte ich hier viele Nachmittage verbracht. Manchmal hatten wir versucht zu backen, was natürlich immer in die Hose gegangen war, weil wir wichtige Zutaten nicht benutzt hatten. Die Schminkpartys, einkaufen und dann Modenschau. Oder die Video- und DVD-Abende. Alles hier war passend zueinander eingerichtet. Mrs. Simmons war immer schon sehr akkurat gewesen. Oft hatte Carly ziemlichen Ärger bekommen, wenn wir die Küche nach dem Keksreinfall nicht rechtzeitig sauber gemacht hatten. Mr. Simmons hatte dann nur abends über alles geschmunzelt und sich manches Mal sogar an die missglückten Backwaren getraut. Aber je älter wir wurden, umso seltener sind wir in den Häusern geblieben. Jetzt, wo mich Carly mit zu sich ins Zimmer zog, vermisste ich das irgendwie. „Jetzt schau doch nicht so bedröppelt. In 24 Stunden siehst du ihn doch wieder“, meinte Carly und ließ die Tasche, die sie ihrem Vater vor der Zimmertür abgenommen hatte, auf das Bett plumpsen. Notgedrungen hatte Taylor eingewilligt, diesen alten Brauch ebenfalls durchzuführen. Er hielt normalerweise nichts davon, mich und das Baby 24 Stunden aus den Augen zu lassen, aber ich hatte ihm geschworen, dass ich mich dem Wald nicht nähern und ständig in einer Gruppe unterwegs sein würde. Sean würde abends nach uns sehen und Jamie wurde sicherlich auch bereits von ihm um einen Anstandsbesuch gebeten. Heute Morgen dann war er extra früh aufgestanden, hatte ein riesiges Frühstück gemacht und wollte mich dann gar nicht aus der Haustür lassen. „24 Küsse“, hatte er dann gesagt und ich lachte, weil ich das für einen Scherz gehalten hatte. Er blickte mich todernst an. „Für jede Stunde, die wir uns nicht sehen Einen. Und ich rede hier von Richtigen. Keine kurzen Schmatzer auf den Mund.“ Carly rieb ich nicht unter die Nase, dass mich Taylor für die auf uns zukommende Zeit genug entschädigt hatte, ließ mich stattdessen langsam neben ihr nieder und sagte: „Ich musste eben an früher denken und bin ein wenig sentimental geworden.“ „Du meinst das Backen und all die anderen lustigen Momente?“ „Mhm.“ „Ich gebe zu, das war großartig. Aber das, was wir heute und morgen erleben werden, wird noch viel bedeutsamer sein. Und ich verspreche dir, ich werde es nicht übertreiben.“ „Taylor hat dich darum gebeten kürzer zu treten, oder?“ Sie seufzte theatralisch. „Ja, und, Mann, hat der ein Durchsetzungsvermögen, wenn es um euch beide geht!“ Ihre Hand legte sich leicht auf meinen Bauch und wir lächelten uns an. „Okay, also was steht alles an? Erzähl mir von deinem brillanten Plan.“ Ich klatschte in die Hände. Ihre Augen begannen zu glitzern, sie sprang auf und erst jetzt bemerkte ich die Tafel, die normalerweise in Büros bei Konferenzen benutzt wurden. Mit einem gekonnten Schwung drehte sie die Platte um und erläuterte mir die einzelnen Punkte. „09:00 Uhr Ankunft der Mama und Braut in spe. Check. 09:30 Uhr Anruf der Brautjungfer beim Papa und Bräutigam in spe, weil der darauf bestanden hat. Mach ich gleich“, sagt‘s und machte ein Häkchen. „10:00 Uhr Rest der Mädels trifft ein, damit Abfahrt nach Iron River erfolgen kann. 11:30 Uhr Ankunft in Iron River und letzte Anprobe des Kleides. 12:30 Uhr oder 13:00 Uhr Mittagessen. 14:00 Uhr Abfahrt nach Crystal Falls. 15:30 Uhr Ankunft im Haus der Brautjungfer und nochmaliger Anruf beim Bräutigam und Papa in spe. 16:00 Uhr Spaß beginnt und Jungesellinnenparty im ruhigen Kreise startet - Pyjamaparty. Ende des heutigen Abends noch nicht festgelegt.“ „Nicht allzu spät, hoffe ich. Ich möchte morgen nicht völlig verschlafen aussehen. Meinen Hochzeitstag würde ich gern wach erleben.“ „Anmerkung zur Kenntnis genommen und berücksichtigt.“ „Dann ruf jetzt besser den Papa an. Sonst kommt er vorbei und betreibt Sturmklingeln oder aber tritt gleich die Tür ein. Oder er klettert durchs Fenster, deines ist schließlich auch gut erreichbar. Ich gehe solange auf die Toilette.“ Sie schnappte sich das Handy und suchte die Nummer im Speicher. Als ich wiederkam, hörte ich gerade noch wie sie ihn beschwichtigte und dann von einer schlechten Verbindung sprach und das Handy zuklappte. „Soll ich das nächste Mal mit einer raschelnden Tüte Chips zu Hilfe eilen?“, fragte ich und sie streckte mir die Zunge entgegen. „Ich freu mich ja wirklich für dich, dass du einen so tollen fürsorglichen Ehemann abbekommst, aber ein wenig übertreiben tut er es schon, oder?“ „Sei ihm nicht böse. Wir sind seit dem Einzug ständig beieinander“, begann ich, legte eine Hand über meinen Bauch und tastete mit der anderen nach dem sicheren bequemen Bett, um mich darauf zu setzen, „Es ist seit langem das erste Mal, dass er in der Nacht nicht bei mir ist. Für mich wird das auch komisch werden.“ „Weißt du, wenn ich so an den ersten Tag denke, an dem wir ihm begegnet sind und dich jetzt so vor mir sehe, hätte es mir eigentlich sofort klar sein müssen…“ Sie ließ sich neben mir aufs Bett plumpsen und blickte ernst in mein Gesicht. „Was meinst du?“ „Du warst seit dem ersten Moment, in dem du ihm in die Augen gesehen hast, in ihn verliebt. Er hat dich verändert. Nicht, dass er dich zu einem anderen Menschen hat werden lassen, aber ich denke, du hast durch ihn zu dir selbst gefunden. Bei ihm hatte kein anderes Mädchen je eine Chance und keines wird je eine haben.“ Tränen liefen über meine Wangen und Carly begann ebenfalls ihre Augenwinkel zu betupfen. „Ich habe dich lieb und ich…wollte einfach Danke sagen. Dafür, dass du mich zur Brautjungfer gemacht hast und dafür, dass du mich so sein lässt, wie ich bin. Egal, wie verrückt das auch sein mag. Du bist wie eine Schwester.“ „Das hättest du morgen als Rede benutzen sollen“, antwortete ich und wir beide lachten. Nachdem wir in Iron River angekommen waren und ich mit Mrs. Menning, die tolle Schneiderin des Brautmodengeschäfts, in der Umkleidekabine stand und sie mir ins Kleid half, wurde ich hibbelig. Endlich gelangte die ganze Tragweite dieses Moments, dieses Tages, in mein Bewusstsein. Ab morgen Vormittag, 10:30 Uhr würde ich Mrs. Wood sein. Ich würde den wundervollsten Menschen heiraten, der mir je begegnet war. Der mich bedingungslos liebte, ganz egal wie merkwürdig ich mich verhielt. Der mich zu seiner Frau nahm und mit dem ich in wenigen Monaten ein Kind haben würde. Mrs. Menning legte gerade ihre Finger ans Kinn und besah sich die Rückansicht des Kleides, als sie zum Spiegel aufsah und mein Gesicht bemerkte. „Ist alles in Ordnung, Ms. Connor?“ „Oh, ja. Es ist alles wundervoll. Dieses Kleid ist atemberaubend.“ „Ja, es steht Ihnen wirklich ausgezeichnet. Ich muss zugeben, ich hatte zunächst wegen Ihres Bauches kleine Bedenken. Na ja, normalerweise schneidern wir nicht für Schwangere, aber die Herausforderung war es wert. Es sitzt wirklich alles sehr schön.“ Ich mochte ihre Ehrlichkeit, deshalb war ich auch froh, dass sie heute die letzten Handgriffe vornahm. „Wollen wir?“ Ich nickte und hob den Saum des Kleides an. Die Mädels saßen in einem Halbkreis auf den Stühlen vor dem Podest, auf dass ich mich stellen musste, damit ich mich in dem mehrteiligen Spiegel sehen konnte. Eben noch schnatterten sie aufgeregt miteinander, dann öffnete Mrs. Menning den Vorhang und sie verstummten. Erst als ich oben auf dem Podium stand, wagte ich einen Blick zu ihnen. Sie alle hielten sich die Hände vor den Mund, niemand traute sich zu sprechen und Mia weinte sogar. „Wollen Sie noch einen Schleier?“, fragte die ältere Dame, die solche Gefühlsausbrüche schon gewohnt zu sein schien und ich nickte. „Ja, aber nichts zu Auffälliges. Einen einfachen, den ich in Höhe der Ohren im offenen Haar feststecken kann. Und auch nicht bodenlang, vielleicht bis zum Kreuz.“ „So einen hätte ich auch gewählt. Der wird gut dazu passen, ich habe da noch was Schönes.“ Meine Freundinnen sprachen immer noch nicht, sodass ich mir sicher sein konnte, dass es wirklich mein Kleid war. Wir alle erschraken gleichzeitig, als mein Handy kurz aufpiepte. Carly reichte es mir aus der Tasche und ich hatte irgendwie im Gefühl, wer das war. Während ich die Nachricht öffnete, sahen auch die anderen auf ihre Mobiltelefone. »Willst du nicht herkommen und dann lassen wir die 24 Stunden noch einmal von vorn beginnen? Inklusive Entschädigung natürlich.« Mein Herz setzte kurz aus und schlug dann so kräftig in meiner Brust, dass ich glaubte ein Erdbeben auslösen zu können. Ich liebte diesen Mann so sehr.   Kurze Zeit später meldete sein Handy gleich mehrere eingehende Nachrichten. Entweder war ihr immer wieder eine schlagfertige Antwort eingefallen oder aber sie hatte ihn mehrere Male angefleht, zu ihr zu kommen. Er hoffte auf Letzteres. Es stellte sich allerdings heraus, dass ihm ihre vier Freundinnen und Lilly selbst geschrieben hatten. Sean beugte sich herüber und Jamie, der sich mit ein paar anderen Jungs des Footballteams im Wohnzimmer ausgebreitet hatte, sah zu ihm. „Was ist?“ „Ich lade euch hiermit alle wieder von meiner Hochzeit aus. Tut mir leid.“ Collin lachte lauthals. „Steht denn so was Gutes in der Nachricht?“ Er blickte wieder auf das Display und überflog nochmals die vier ersten Nachrichten: »Lilly sieht wunderschön aus. Schluchz.« - Mia; »Ein Engel, der hier auf dieser Erde wandelt, steht vor mir.« - Elli; »Wäre ich ein Mann, würde ich Lilly jetzt sofort entführen und nie wieder hergeben.« - Kelly; »Es wäre besser, du würdest morgen keinen deiner Kumpels in die Kirche lassen. Sean werde ich auch eine Augenbinde umlegen. Ausladen geht für ihn ja nicht, er ist Trauzeuge. Aber die Footballer wären eine schlechte Gastwahl. Lilly ist unglaublich schön. Und kaum hatte sie deine Nachricht erhalten, wirkte sie noch hübscher.“ - Carly Er las die Nachrichten nicht laut vor, sagte den anderen aber: „Meine Frau wird wunderschön aussehen und keiner von euch wird sie dann zu Gesicht bekommen. Dieses Privileg gebührt einzig und allein mir. Also, ihr braucht morgen nicht zu kommen.“ Die Jungs lachten und widmeten sich dann wieder dem Spiel im Fernsehen. Er indessen ging nach draußen auf die Veranda und öffnete endlich die Nachricht Lillys. »Deine Nachricht kam genau dann, als ich in dem Brautkleid vor den vier Mädels stand. Erst eben ist mir bewusst geworden, dass wir ab morgen wirklich ein Ehepaar sein werden. Ich liebe dich jeden Tag mehr und kann mir ein Leben ohne dich einfach nicht mehr vorstellen. Allein die Worte deiner SMS zu lesen, hat mein Herz so stark zum Klopfen gebracht... Ich kann nur immer wieder sagen: Ich liebe dich!« Gerade wollte er antworten, als noch eine Nachricht von ihr einging: »Vielleicht war es doch eine dumme Idee, diesem alten Brauch zu folgen. Willst du nicht doch heute Nacht zu Carlys Haus kommen und mich holen? 24 Küsse wären mir nämlich nicht genug.« Ein paar Nachbarn gingen dick angezogen an ihrem Haus vorbei, er grüßte sie und sie taten es ihm gleich. Alle bibberten vor Kälte, denn es war der 22. Dezember, aber Taylor war unglaublich warm. Nicht nur, weil er immer eine hohe Körpertemperatur besaß, sondern auch, weil er dieses Mädchen einfach unglaublich liebte. Sie hatte ihn im Sturm erobert. Keine andere Frau würde es schaffen, sein Herz nur durch einen Augenaufschlag oder eine einfache Berührung seiner Wange so zum Rasen zu bringen, wie sie es tat. Er würde ihr so gern mehr Wünsche erfüllen, aber sie sagte nie etwas. Schon Kleinigkeiten machten sie glücklich. Er stand kurz davor loszulaufen und sie zu sehen, doch wenigstens die ganz normalen Bräuche vor der Hochzeit sollte er ihr gönnen. Wenn schon sonst nicht alles in geregelten Bahnen lief, sollte zumindest das funktionieren. Und so blieb er, wo er war und tauschte mit seiner zukünftigen Frau anzügliche Nachrichten aus. Am Ende schien das sogar eine richtig gute Idee gewesen zu sein.   „Wollen wir dann endlich Mittag essen gehen? Ich sterbe fast vor Hunger…“, meinte nun Mia und auch ich spürte, dass mein Magen durchaus etwas Herzhaftes vertragen konnte. Auch die anderen stimmten sofort zu. Mrs. Menning half mir aus dem Kleid, packte es vorsichtig mit dem Schleier ein, ich bezahlte alles und wir verließen zufrieden den Laden. Nachdem wir den Kleidersack vorsichtig ins Auto verfrachtet hatten, debattierten wir darüber, wo wir essen würden. Jeder wollte etwas Anderes, aber schlussendlich einigten wir uns auf eine kleine Gaststätte, wo es viele verschiedene Gerichte gab und für jeden von uns das Passende dabei sein würde. Wir kamen tatsächlich halb Vier wieder bei Carlys Haus bzw. das ihrer Eltern an. Carly erledigte dann gleich den Anruf und dieses Mal schien es nicht so ein großes Problem zu sein. Ich ertappte mich dabei, wie ich mich zu ihr hinüber lehnte, nur um seine Stimme zu hören. Gott, ich vermisste diesen Mann so sehr. „Gut, dann kommt doch später sicher Sean und danach auch Jamie vorbei, oder? So einfach werden dich die Anrufe meinerseits ja sicher nicht beruhigen.“ Er antwortete, doch sie lachte. „Dachte ich mir. Kein Problem. Wir sind prima angekommen und auch die Braut ist happy. Das Kleid passt und wir mussten nur wenige Pausen einlegen. Nicht so wie beim letzten Mal…“ Ich stupste ihr wütend in die Seite und sie warf mir einen kurzen Blick zu. „Okay, Taylor. Eine Minute gebe ich dir…“ Sie wartete nicht auf seine Antwort und reichte mir den Hörer. Ich spürte sofort, wie mein ganzes Gesicht von einem Lächeln erhellt wurde. „Hey“, seufzte ich. „Wow, hey. Alles okay bei dir?“ „Ja, die Nachrichten haben doch ein wenig geholfen.“ Er lachte leise: „Das freut mich.“ „Was tust du gerade? Sind die Jungs schon weg?“ „Ja, wir haben nur ein Spiel gesehen. Sie haben tatsächlich nicht auf mich gehört, als ich sie von der Hochzeit auslud. Sie werden dich also doch zu Gesicht bekommen.“ „Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich nur dich sehen werde. Ist mir also vollkommen egal, wer da noch so rum sitzt.“ „Kriege ich das schriftlich?“ „Jederzeit. Haben sie viel Unordnung gemacht?“ „Lilly, das sind keine kleinen Kinder. Wir haben alles ordentlich hinterlassen.“ „Manchmal habe ich trotzdem das Gefühl, sie verhalten sich so.“ Wieder lachte er. „Was macht ihr jetzt?“ „Ich bin mir nicht ganz sicher, aber es riecht sehr lecker nach Kakao mit Marshmallows. Und wir werden sicher eine alte Schnulze sehen. Es soll ja eine Art Pyjamaparty werden.“ „Süße, ich sagte eine Minute. Die ist jetzt vorbei.“ „Du hast den Oberfeldwebel gehört…“, seufzte ich und wäre am liebsten durch den Hörer geklettert, um mich in seine Arme zu schmiegen. „Wir sehen uns morgen in der Kirche und dann lasse ich dich nie wieder weg.“ „Versprichst du es?“ „Ich schwöre. Schlaf gut, Schatz. Und sag auch unserem Kind, dass ich es sehr liebe.“ „Wir lieben dich auch. Träum schön!“ „Immer.“ „Und ewig.“ Dann legte ich auf und blickte meine Freundinnen an. Die wiederum betrachteten mich mit mitfühlenden Mienen und kamen dann gleichzeitig mit weit geöffneten Armen auf mich zu. „Eine Nacht, Lilly. Da bringen wir dich auch noch durch“, sagte Mia. „Okay.“ Ich ließ mich lange knuddeln, dann schlüpfte ich ebenfalls in meinen Schlafanzug und es wurde ein sehr lustiger Abend. Wir sahen ‚Pretty Woman‘, lachten viel, unterhielten uns, aßen Marshmallows und tranken den leckeren Kakao von Mrs. Simmons. Sean und Jamie heiterten jeweils für eine Viertelstunde die ganze Stimmung noch mehr mit ein paar witzigen Geschichten auf. Dann legten wir uns schlafen. Carly und ich kuschelten uns in ihr Bett, das die anderen uns freiwillig überließen. Kelly, Mia und Elli hatten es sich davor mit mehreren Decken und ihren Schlafsäcken gemütlich gemacht. „Egal, was du morgen für Wünsche hast“, wisperte Carly, „ich erfülle sie dir alle. Du musst sie nur äußern.“ „Ernsthaft?“ „Ja, vollkommen egal, wie verrückt sie zu sein scheinen.“ „Es war ein wundervoller Junggesellinnen-Abschied. Danke.“ „Das freut mich. Und jetzt schlaf. Du wolltest doch deinen Hochzeitstag wach erleben.“ „Aye aye, Ma‘m.“ Ich küsste sie auf die Wange, dann schliefen wir innerhalb weniger Minuten ein.   „Emmett Alexander Wood, erklärst du mir mal, was du da tust?“ Der soeben Angesprochene zuckte ein klein wenig zusammen. Reumütig dreinschauend wandte er sich zu mir um. „Ich habe nur versucht, Grams zu sehen.“ „Und das machst du hier draußen in dieser Kälte?“ Ich schlang meine Strickjacke fester um mich und schritt weiter auf den blonden Jungen zu, der neben der Schaukel auf dem gefrorenen Boden saß. „Hier kann ich es am besten. Keine Ahnung, wieso.“ „Aber du könntest dir wenigstens ein paar dickere Sachen anziehen.“ „Mom,…“ „Ja, ich weiß, dass du das aufgrund der Gene deines Vaters nicht brauchst. Aber wenn die Nachbarn dich so sehen, denken die noch ich hätte keine Ahnung von Kindererziehung.“ „Du bist die beste Mom der Welt“, grinste er - auch das verfluchte Lächeln seines Vaters - und blickte mich aus strahlend blauen Augen an. „Charmeur. Und trotzdem ziehst du dir was über, los.“ „Na gut“, er erhob sich und lief ergeben in Richtung Haus. „Hey, nicht so stürmisch, kleiner Mann!“ „Dad!“ Emmett klammerte sich an die Beine Taylors und der hob ihn auf seine Arme. „Wow, du wirst ja immer schwerer. Was gibt dir deine Mutter nur zu essen?“ „Dasselbe wie dir, Dad. Aber ich werde älter, da wird man auch größer und schwerer.“ „Ach, ich vermisse die Zeit, in der du noch nicht so viel wusstest und man dich mit solchen Dingen immer zum Lachen bringen konnte. Wie alt bist du noch gleich?“ „DAD!“ Taylor lachte laut auf. „Ist ja gut, ich weiß es doch.“ „Na?“ „Sechs. Du bist sechs, kleiner Mann.“ „Gut geraten“, erwiderte ich lächelnd und auch Emmett lachte, „jetzt lass ihn runter und sich was überziehen.“ Er tat es und unser Sohn lief schnurstracks ins Haus, um seine Jacke zu holen. „Was tust du bei der Kälte hier draußen?“, fragte Taylor und nahm mich fest in seine Arme. „Deinen Sohn daran erinnern, dass es Nachbarn gibt, die uns beim Jugendamt anschwärzen könnten, weil wir ihn bei solchen Temperaturen im T-Shirt im Garten auf dem gefrorenen Boden sitzen lassen.“ „Ja, er vergisst leider viel zu oft, dass andere bei diesen Graden frieren. Was hat er überhaupt auf dem Boden gemacht?“ „Er wollte meine Mutter sehen.“ „Kann er das denn schon so gut?“ „Ich habe es ihm vor einer Weile erklärt, weil er sie unbedingt selbst sehen wollte. Nicht nur auf Fotos. Er sagt, dass er es bei der Schaukel am besten kann.“ „Ein guter Punkt also.“ „Ja, wie bei mir bei deinem Vater zu Hause. Mir macht nur ein wenig Angst, wie weit es bei ihm schon in dem Alter ausgeprägt ist. Irgendwann wird er mehr können als ich und dann werde ich ihm keine Hilfe mehr sein.“ „Dann zeigt er dir etwas. Oder willst du es nicht weiter ausbauen?“ „Doch, aber als Mutter will man nicht von seinem Kind unterrichtet werden. Obwohl ich Mom auch Einiges erkläre, wenn ich sie sehe. Es ist komisch, dass sich das auf diese Weise wiederholt.“ „Genieß die Zeit, die du mit ihr verbringen kannst. Wenn das bei meiner Mutter auch funktionieren würde…“ „Ich weiß, Schatz. Ich wünschte, dass ich das für dich tun könnte, aber sie hat solch eine Fähigkeit nicht.“ „Allein für den Gedanken, bin ich dir doch schon dankbar. Aber im Moment solltest du dich nicht so anstrengen.“ „Aber es geht uns gut.“ Er strich über meinen Bauch, der langsam runder wurde und auch Außenstehenden von der zweiten Schwangerschaft verriet. „Auch meine Hebamme sagt, dass…“ „Deine Hebamme ist Carly, die würde dich immer bestätigen.“ „Das ist gar nicht wahr. Sie kann auch ziemlich streng sein.“ „Bei dir? Das bezweifle ich doch stark.“ Ich schubste ihn sachte und zog eine missmutige Schnute. Er lachte herzhaft. „Mom?“ „Ja, Spatz?“ Wir sahen beide zu Emmett, der auf der Veranda stand - in seine dicke Jacke gehüllt - und breit grinste. „Hast du es Dad schon gesagt?“ Seine blauen Augen betrachteten mich lange und eindringlich und ich wusste, was er meinte. „Du fragst, ob ich ihm schon gesagt habe, dass du eine kleine Schwester bekommst?“ Emmetts Grinsen wurde noch breiter und dann hob mich Taylor hoch. „Wirklich? Ein Mädchen?“ „Ja, ganz sicher.“ „Das ist wunderbar.“ „Freu dich nicht zu früh. Bei unseren verrückten Genen wird es ein Mädchen, dass friert wie ich und sich dennoch verwandelt wie du.“ „Na, und? Dann habe ich auch ein Kind, dem ich etwas beibringen kann. Ist doch super. Wir wollten immer einen Jungen und ein Mädchen.“ Ein paar Nachbarn kamen an unserem Grundstück vorbei und lächelten verschmitzt über das Bild, das wir abgaben. Ich glaube, sie wunderten sich schon lange nicht mehr über die Dinge, die wir taten. Taylor hob mich noch immer hoch und Emmett sprang fröhlich um uns herum. Und wenn ich daran dachte, dass wir auch noch eine Tochter dazu bekamen, konnte ich gar nicht anders und lachte mit ihnen.   Als ich erwachte, schlug ich die Hände vor den Mund, um nicht laut aufzulachen. Gott, in solchen Momenten liebte ich meine Gabe. Nicht nur, dass ich zwei Kinder haben würde, ich könnte auch meine Mutter sehen und mit ihr reden. Ich warf einen Blick auf Carly. Meine zukünftige Hebamme. Es passte so wunderbar zu ihr. Am liebsten hätte ich ihr von dem Traum erzählt, aber manchmal musste man den Menschen, die es betraf, die Möglichkeit geben, selbst ihre Entscheidungen zu treffen. Plötzlich klingelte ein Wecker und ich hörte, wie die anderen aufstöhnten. „Noch fünf Minuten“, klagte Mia und drehte sich geräuschvoll in ihrem Schlafsack herum. „Ich bin dafür“, stimmte ihr Kelly zu. Carly und Elli reagierten gar nicht erst. Deshalb drückte ich auf die Schlummertaste und stieg langsam aus dem Bett. Ich konnte nicht mehr liegen bleiben. So schlich ich ins Badezimmer, wusch mich und zog mir bequeme Sachen an. Dann machte ich mich auf den Weg in die Küche. Dort blickte mich ein verschlafener Mr. Simmons an, doch seine Miene hellte sich auf, als er mich richtig erkannte. Er sah anders aus als sonst bis mir auffiel, dass er seine Brille kurz abgesetzt hatte, um sie zu putzen. „Guten Morgen, Lilly. Konntest du nicht mehr schlafen?“ „Nein, ich freue mich einfach zu sehr auf den heutigen Tag. Und die Nacht war auch sehr erholsam. Ein gutes Bett und wundervoll geträumt.“ „Die anderen schlafen noch?“ „Ja, ich hoffe, wir haben nicht all zu viel Krach gemacht.“ „Nein, alles in Ordnung. Ich muss heute sehr früh ins Büro. Die Abrechnungen stehen an, dann kann ich morgen nämlich auf frei machen.“ „Oh, das ist natürlich schön. Aber Sie und Ihre Frau kommen doch heute Nachmittag zu uns?“ „Das hatten wir doch versprochen. Natürlich.“ „Schön.“ „Möchtest du einen Kaffee?“ „Eine kleine Tasse, gern. Danke.“ Er griff in den Schrank, zeigte mir die Tasse, ehe er sie füllte und reichte sie mir dann. Der Dampf stieg in meine Nase und ich genoss das Gefühl, das meine Fingerspitzen durchströmte. Mein Handy vibrierte - ich hatte es sicherheitshalber darauf umgestellt - und ich öffnete die Nachricht: »Guten Morgen, meine Schöne. Hoffe, ich wecke dich nicht. Aber ich konnte einfach nicht mehr schlafen und sitze gerade mit Sean und Dad in der Küche und frühstücke. Sie erzählten mir, dass du sie darum gebeten hast, damit ich nicht allein bin. Danke dafür. An so etwas hatte ich gar nicht gedacht. Irgendjemand sagte mir mal, dass man an seinem Hochzeitstag nervös wäre, aber ich bin nur voller Vorfreude auf dich. Hoffentlich vergeht die Zeit schnell.« Auch ich fühlte keine Nervosität. Es war merkwürdig, aber vielleicht lag es daran, dass es für mich nur natürlich war Taylor zu heiraten. Niemand sonst würde dafür in Frage kommen und ich freute mich, dass es auch für ihn so war. Ich schrieb ihm, dass ich ohne die Mädels aufgestanden war, eine kleine Tasse Kaffee trank und mich mit Mr. Simmons unterhielt, weil der früh zum Büro musste. Dann erklärte ich ihm, dass auch ich nicht nervös war und mich ebenso sehr freute. Mr. Simmons erhob sich dann, faltete die Zeitung zusammen und wünschte mir einen schönen Tag, als er sich auf den Weg zur Arbeit machte. Von oben hörte ich Geräusche, sodass es Carly und die anderen wohl doch aus dem Bett geschafft hatten. Nachdem sie gefrühstückt hatten, begann der Trubel. Jeder wollte sich fertig machen, doch für sie stand ich im Vordergrund. Auch Mrs. Simmons fasste mit an und half mir beim Kleid. Mia kümmerte sich um meine Haare, Carly um das Make-up und Kelly und Elli wurden dazu verdonnert, zu laufen, wenn jemand etwas brauchte. Dann war ich fertig und die anderen zogen sich um. Carly trug ein hellgrünes Kleid, das ihr fantastisch stand und zu ihrem kastanienbraunen Haar passte. Elli hatte sich für ein dunkelblaues langes Kleid entschieden, das zu ihren blonden Haaren wundervoll aussah. Sie hatte es sich in Locken gedreht. Kelly hatte sich ein rotes Top gekauft, das sie mit einem schwarzen knielangen Rock kombinierte. Es war seit langer Zeit das erste Mal, dass ich sie mit offenen Haaren sah. Sonst trug sie immer einen Pferdeschwanz, aber heute umrahmte ihr langes schwarzes Haar ihr Gesicht und sie wirkte damit zarter. Mia trug ein roséfarbenes Kleid mit langen Ärmeln, die an den Gelenken etwas weiter ausfielen und sie wie eine Elfe wirken ließen. Ihr braunes Haar war kunstvoll hochgesteckt. Dann klingelte es an der Tür und Carly lief hin. Es war mein Vater, der uns zur Kirche fahren würde. Ich hoffte, er würde nicht all zu geschockt über den Anblick seiner Tochter im Hochzeitskleid sein. Ein letztes Mal betrachtete ich mich in dem mannshohen Spiegel und musste mir eingestehen, dass ich mich recht hübsch fand. Das Haar hatte ich mir wie in dem ersten Traum meiner Hochzeit machen lassen. Das Deckhaar hochgesteckt, der Rest offen in weichen Wellen über den Rücken fließend. Am Hinterkopf in Höhe der Ohren den Schleier, der wirklich gut zum Kleid passte. Dieses wiederum hatte schmale Träger aus feiner Spitze, die sich auch am Dekollete wiederfand. Der Stoff war weich und fließend - fest um meine Brust, darunter allerdings weit geschnitten, damit mein Bauch nicht zu groß darin wirkte. Ich wollte mich nicht in ein Kleid hineinzwängen müssen. Es reichte bis zum Boden und ich trug flache weiße Schuhe, weil ich nicht Gefahr laufen wollte, zu stürzen. Auf die Handschuhe hatte ich verzichtet. Dazu trug ich kleine silberne Ohrstecker und die Kette, die Taylor mir zu meinem Geburtstag geschenkt hatte. Damit hatte ich dann auch gleich etwas Blaues. Das Make-up war auf ein Minimum reduziert. Und doch wirkte ich strahlend. Mascara, Eyeliner, ein leichtes Puder, Rouge und Lippenstift. „Kommen Sie noch kurz rein, Mr. Connor. Wir sind sofort so weit. Ich muss nur noch meine Wechselsachen einpacken“, meinte nun Carly und ich blickte zum Flur. Sie hatten sich alle für weitere Sachen entschieden, um sich nach der Trauung umzuziehen. Es war schließlich kurz vor Weihnachten und eisig kalt. Und bei Taylor und mir Zuhause würden sie nicht in den guten Kleidern herumlaufen müssen. Bei der Trauung war es mir wichtig und für die Fotos danach, aber beim gemütlichen Zusammensein nicht mehr. „Oh, Lils…“, seufzte mein Vater, „du siehst wundervoll aus.“ „Danke, Dad.“ „Deine Mutter wäre furchtbar stolz.“ „Oh, fang nicht damit an. Sonst weine ich gleich los und dann muss Carly mit dem Make-up noch mal von vorne anfangen.“ „Tut mir leid, aber es ist so.“ Er kam ein paar Schritte näher und schloss mich dann vorsichtig in seine Arme. „Gut, das war es. Mehr Rührseligkeiten wirst du von mir nicht hören, hoffe ich.“ Ich lachte. Dann dankte ich Mrs. Simmons für die Gastfreundschaft und, dass sie es mit uns Mädels ausgehalten hatte. Sie lächelte und wünschte mir alles Gute. Und fünf Minuten später saßen wir alle in dem Mietwagen, den mein Vater Richtung Kirche steuerte.   Noch immer war er nicht nervös. Ganz im Gegensatz zu seinem Vater. Der schritt auf und ab, überprüfte immer wieder seinen Schlips und die seiner Söhne. Richtete die Einstecktücher bei Sean und sich und die einzelne weiße Rose in Taylors Knopfloch. „Dad, setz dich doch einen Moment“, versuchte er es diplomatisch, doch sein Vater schüttelte den Kopf und brummte irgendetwas von ‚so weit kommt es noch‘ oder so ähnlich. Es war viertel Elf und ihm graute vor der nächsten Viertelstunde, die sein Vater hier noch verbringen würde. Auf und ab laufend und alle ringsum nervös machend. Einige Gäste waren bereits da. Collin und ein paar Jungs aus dem Team; Jamie wartete vor der Kirche auf Mia; die Kumpels von Lillys Vater, die sie schon von klein auf kannte und später in der Bar bedient hatte waren ebenfalls da; Henry und seine Frau und auch Rosie war gekommen. Es fehlten nur noch die Mädchen und seine Lilly. Seine zukünftige Frau, die Mutter seines Kindes. Ganz egal, wie oft er sich das sagte, es fühlte sich noch immer wundervoll an. Sean warf einen Blick auf sein Handy und las die eben darauf eingegangene Nachricht. „Ein paar Minuten, dann sind sie hier“, wisperte er ihm zu. „Dann können wir pünktlich anfangen. Gut.“ „Noch immer keine Nervosität?“ Sein Bruder warf ihm einen anerkennenden Blick zu. „Nein, denn sie ist Alles, was ich will. Sie ist die Richtige, die Einzige.“ Sean klopfte ihm auf die Schulter und sagte: „Ich weiß!“ „Was?“ „Ihr ward sofort miteinander verbunden. Das haben auch Dad und ich gespürt. Vom ersten Tag an. Und so viel, wie sie mit dir durchgestanden hat, konnte es nur hierauf hinaus laufen. Auch wenn ihr natürlich ein schnelleres Tempo hingelegt habt, als andere gedacht hätten.“ Er lächelte und sparte sich darauf einen Kommentar. Sein Vater zupfte ein letztes Mal an seinem Schlips herum, dann ging Sean zum Eingang, um den Mädchen zu helfen. Nur noch wenige Augenblicke und er würde seine Lilly wieder in die Arme schließen können. Diese 24 Stunden hatten ihm nur all zu deutlich vor Augen geführt, wie sehr er sie liebte; wie schrecklich er sie vermisste, wenn sie nicht bei ihm war. Nur wenige Momente später fühlte er ihre Anwesenheit hinter den großen Türen, die den Kirchenraum vom Flur trennten. „Dad“, sagte er fest, „setz dich!“ Der große Mann tat, wie ihm geheißen worden war, dann kam Sean zurück - er quetschte sich durch einen schmalen Spalt in der Tür, damit niemand die Braut sah. Hinter ihm kamen Kelly, Elli und Mia mit Jamie hinein, um sich auf ihre Plätze zu begeben. Sie lächelten ihm zu und Jamie nickte breit grinsend. Collin machte freudig lächelnd Kelly einen Platz neben sich frei, die wiederum leicht rot wurde und sich dann dankend hinsetzte. So ist das also, dachte er. „Eine wunderschöne Braut hast du da“, wisperte Sean, als er sich auf den Platz des Trauzeugen stellte. Dann gab er der Orgelspielerin einen Hinweis und sie begann eine hübsche Melodie zu spielen. Carly trat durch den schmalen Spalt und schritt langsam auf den Altar zu. Sie zwinkerte seinem Bruder zu und lächelte dann auch ihn an. Ihre Augen funkelten und er wusste, dass sie sich für ihre Freundin und ihn freute. Gott, wie lange dauerte es noch bis die Türen vollständig aufgingen? Sean räusperte sich, die Gäste erhoben sich und dann wurden die Türen weit geöffnet. Der Hochzeitsmarsch wurde gespielt und Lilly, am Arm ihres Vaters, ging langsam auf ihn zu. Sie hatte nur Augen für ihn - wie versprochen -, er hörte ihr Herz laut und kräftig schlagen, fühlte ihr Blut in ihren Adern rauschen und sah dieses unglaublich strahlende Lächeln, das sie ihm schenkte. Ein Lächeln, das er für den Rest seines Lebens nicht mehr vergessen würde. „Die Einzige“, wisperte er erneut und Sean klopfte ihm ein weiteres Mal auf die Schulter. Ein Engel in einem weißen Kleid trat auf ihn zu. Der Schleier wehte hinter ihr her und verlieh ihr etwas Zauberhaftes.   Sean hatte mir - ganz der Gentleman - aus dem Wagen geholfen, dann den anderen Mädchen und nachdem er Carly ausreichend ‚begrüßt‘ hatte, wandte er sich wieder mir zu. Ich war gerade dabei mein Kleid zu richten. „Er ist nicht ein bisschen nervös und du wohl auch nicht.“ „Nein, denn er ist Alles, was ich will.“ Keine Ahnung wieso, aber er lachte herzhaft. „Was war so komisch?“ „Nichts, ich habe nur festgestellt, wie ähnlich ihr euch seid. Du siehst wundervoll aus. Taylor wird begeistert sein.“ „Wirklich?“ „Glaub mir, ich kenne ihn lange genug, um das zu wissen.“ „Danke.“ Und ich küsste ihn auf die Wange. Dann trat mein Vater an meine Seite, nachdem er das Auto geparkt hatte und führte mich ins Innere der Kirche. Kelly, Elli und Mia folgten Jamie und Sean in den Kirchenraum. Der Rest von uns wartete auf die einsetzende Musik. Carly reichte mir meinen Brautstrauß und zupfte ein letztes Mal an meinem Schleier herum. „Das wird dein Tag, Süße.“ „Vielen Dank, für alles. Ich habe dich so lieb. Es gibt keine Worte dafür.“ „Schwestern“, erinnerte sie mich. „Schwestern“, bestätigte ich ihr und sie drückte auch meinem Vater kurz die Hand, als eine fröhliche Melodie erklang und sie sich auf den Weg zum Altar machte. „Er ist der Richtige für dich“, raunte mein Vater und ich blickte zu ihm auf. „Dad?“ Er wandte mir sein Gesicht zu. „Das Versprechen hat er gehalten. Er hat mir gezeigt, wie sehr er dich liebt und dich beschützen kann. Und so wie du ihn immer ansiehst, hat auch deine Mutter mich angeblickt. Deshalb hätte ich auch nie eine Chance gehabt, mich zwischen euch zu stellen, wenn ich es denn gewollt hätte. Ich möchte nur, dass du glücklich bist. Und das schafft er.“ „Ich danke dir. Und ich habe dich so lieb, Dad. Mom ist bei uns, da bin ich mir sicher. Und nur mit euch hätte ich diesen Tag begehen wollen.“ Er holte tief Luft, drückte meinen Arm an sich und fragte dann: „Gut, bist du soweit?“ „Oh ja, schon lange.“ Der Hochzeitsmarsch wurde gespielt und die Türen weit geöffnet. Der Kirchenraum erstrahlte im sanften Licht der Kerzen und die Blumenbouquets sahen aus, wie die aus meinem Traum unserer Hochzeit. Und dann konnte ich einfach nur noch Taylor ansehen. Er stand aufrecht am Altar, lächelte und blickte mich an. Für mich zählte nur das: Wie er liebevoll lächelnd neben dem Pfarrer stand und blendend gut aussah in seinem Anzug. Sonst nahm ich keinen der Gäste mehr wahr. Es kam mir wie Stunden vor, die wir für den Weg zu ihm benötigten, doch dann küsste mich mein Vater auf die Wange und reichte mich an Taylor weiter. Ich übergab Carly meinen Strauß, dann griff er auch nach meiner anderen Hand und wir sahen einander einfach nur an. Und strahlten um die Wette. „Hey.“ „Hey.“ Ich seufzte. „Du siehst wunderschön aus“, wisperte er. „Danke. Dir steht der Anzug auch sehr gut.“ „Ich liebe dich.“ „Ich dich auch.“ Dann beugte er sich hinab und küsste mich kurz und sanft. Ein Räuspern ließ uns aufsehen. Der Pfarrer lächelte höflich, blickte uns aber mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Warten Sie doch, bitte, noch damit bis ich Sie getraut habe.“ Ich lachte verlegen und auch Taylor wirkte reumütig. „Entschuldigung.“ Die Gäste kicherten leise und wir wandten uns wieder einander zu. Der Pfarrer begann mit der Zeremonie und kam dann zu einem besonderen Teil: „Die beiden haben sich dafür entschieden, ein paar eigene Worte aneinander zu richten. Bitte, Lillian.“ Ich spürte, wie Taylor meine Hände fester umschloss und lächelte noch ein wenig breiter. „Carly war es, die mir vor einer Weile sagte, dass du mich hast zu mir selbst finden lassen. Und wie so oft hat sie einfach Recht. Irgendetwas fehlte mir immer, ich wusste nur nicht was. Dann begegnete ich dir, ich verliebte mich in dich und wusste, dass ich den Rest meines Lebens an deiner Seite verbringen will. Du hast mich komplett gemacht; du hast dafür gesorgt, dass ich mich an jedem Tag seit ich dich kenne, geborgen fühle und nicht mehr so viel Angst vor dem Leben habe. Weil du an meiner Seite bist, mich liebst, mich beschützt und mir mehr gibst, als ich je erwartet hätte je zu bekommen. Du hast mir gezeigt, dass es kein Verbrechen ist, Träume zu haben und sie zu leben. Ich verdanke es dir, dass ich endlich weiß, wer ich wirklich bin und wozu fähig. Du bist der einzige Mensch, der mich aus dem tiefen Loch ziehen konnte, in das ich vor einigen Jahren fiel. Ich werde Dein sein für immer. Du bist das fehlende Stück zu meinem Herzen. Du bist meine Familie. Du bist mein Zuhause. Hier gehöre ich her!“ Sein Lächeln war verschwunden, doch seine Augen blickten mich liebevoll an. Ich hatte sogar das Gefühl, dass er einen Kloß in seinem Hals zurückdrängte. „Taylor“, meinte nun der Pfarrer und deutete ihm, dass er an der Reihe wäre. „Ich glaube nicht, dass ich bei so einem Gelübde mithalten kann, aber ich versuche mein Glück...“ Sean lachte leise und ich hörte auch Carly kichern. Er verschränkte seine Finger mit den meinen und strich sanft mit seinen Daumen über meine Haut. „Erinnerst du dich an den Abend, an den Sonnenuntergang, als ich dir sagte, dass ich immer schon etwas gesucht habe?“ Ich nickte nur, um ihn nicht zu unterbrechen. „Und ich sagte dir auch, dass ich es in dir gefunden hätte. Aber eigentlich beschreibt es das nicht einmal ansatzweise. Vom ersten Tag an, als ich dir begegnete, wusste ich, dass ich zu dir gehöre. Dass mein Leben erst mit dir richtig beginnen würde. Ich habe nie an die Zukunft gedacht, es war mir immer egal. Aber du warst es, die in mir die Wünsche zum Vorschein brachte, die tief in meinem Herzen vergraben waren. Die ich nicht zu träumen wagte, aus Angst, dass das wirkliche Leben sie findet und zerstört, ehe ich sie wahrmachen kann. Du treibst mich an meine Grenzen; lässt mich Dinge sehen, die ich nicht für möglich gehalten hätte. Du bringst mich zum Lachen; lässt mich manchmal verzweifeln und dann, mit nur einem Blick, machst du mich zum stärksten Mann der Welt. Ich könnte Bäume ausreißen oder die ganze Welt erobern, wenn du es dir wünschen würdest. Und ich wusste,… nur du konntest es sein, die all meine geheimen Wünsche auf einmal erfüllt.“ Ich schluckte schwer und dann griff er meine Worte auf: „Ich werde Dein sein für immer. Du bist meine Familie, mein Zuhause. Und hier gehöre ich her!“ Es herrschte Stille und dann endlich fand ich meine Stimme wieder und wischte ein paar Tränen fort: „Ich finde, du hast das sehr gut gemacht.“ Er setzte sein schiefes Lächeln auf. „Dann bitte ich um die Ringe“, fuhr der Pfarrer fort und Sean und Carly überreichten sie uns jeweils. „Bitte sprechen Sie mir nach: Ich, Lillian Elisabeth Connor…“ Taylor sah erstaunt auf. Bis heute hatte ich nie erwähnt, dass ich einen zweiten Vornamen hatte. Doch ich sprach dem Reverend unbeirrt nach: „Ich, Lillian Elisabeth Connor, nehme dich, Taylor Wood, zu meinem mir angetrauten Ehemann. Dich zu lieben und zu ehren, in Krankheit und Gesundheit, in Reichtum und Armut, in guten wie in schlechten Zeiten bis dass der Tod uns scheidet, das schwöre ich.“ Ich streifte ihm den Ring über den Finger und lächelte dann zu ihm auf. Dann wiederholte er die Worte des Geistlichen: „Ich, Taylor Wood, nehme dich, Lillian Elisabeth Connor, zu meiner mir angetrauten Ehefrau. Dich zu lieben und zu ehren, in Krankheit und Gesundheit, in Reichtum und Armut, in guten wie in schlechten Zeiten bis dass der Tod uns scheidet, das schwöre ich.“ Er nahm vorsichtig meine Hand und schob den Ring zu meinem Verlobungsring hinauf. „Was Gott vereint, soll der Mensch nicht trennen. Und so erkläre ich Sie, Kraft des mir verliehenen Amtes, zu Mann und Frau. Jetzt dürfen Sie die Braut küssen.“ Wieder lachten die Gäste und dann schlang Taylor seinen Arm um meine Hüfte und zog mein Gesicht mit seiner anderen Hand zu seinem Gesicht. Mein Herz zersprang fast vor Glück und schlug unglaublich schnell. Bis ich spürte, dass mir seines in gleicher Weise antwortete. Er empfand denselben Stolz, dasselbe Glück. „Ich liebe dich, Taylor.“ „Ich liebe dich auch.“ „Bitte begrüßen Sie mit mir, Mr. und Mrs. Taylor Wood“, sprach der Reverend und beglückwünschte uns als Erster. Er schickte uns Gottes Segen und entließ uns dann in die freudigen Arme unserer Familien und Freunde. Carly weinte, so wie auch meine anderen Freundinnen. Sean und Kenneth und mein Vater umarmten mich sanft nacheinander. Und auch der Rest der Gäste schloss sich fröhlich an. Dann löste sich die Gruppe auf, jeder stieg in seinen Wagen - wir beide allen voran - und man machte sich auf den Weg zu unserem Haus.   Er fuhr nur ein kleines Stück, dann hielt er rechts am Straßenrand und schnallte sich ab. „Ist bei dir alles in Ordnung?“, fragte er und berührte sanft ihre Wange, um die Tränen fortzuwischen, die unaufhaltsam aus ihren Augen drangen. „Ja, ich…“, sie schluchzte und gab sich dann Mühe, es in Worte zu fassen, „All deine Wünsche auf einmal?“ „Ja.“ „Ich?“ Er nickte: „Du!“ Dann lehnte er sich zu ihr hinüber und küsste sie zärtlich. „Wieso hast du mir das nie erzählt?“ „Weil es mir selbst erst vor Kurzem bewusst geworden ist. Ich dachte immer, ich hätte keine Wünsche und Träume. Wie gesagt, sie waren tief vergraben und du hast sie hervorgeholt.“ „Deine Worte waren so wundervoll. Und hätte ich mir selbst nicht geschworen, die Tränen solange zurückzuhalten bis wir alleine sind, hätte ich schon in der Kirche völlig die Fassung verloren.“ Irgendwie erfüllte ihn das mit Stolz, doch das sagte er ihr nicht. „Meinst du, wir können weiter fahren?“, fragte er stattdessen. „Ja, ich denke, ich habe mich bis Zuhause beruhigt. Nur ein Kuss noch!“ „Jederzeit, Elisabeth.“ Erneut beugte er sich zu ihr und küsste sie. Sie lachte und wischte noch einmal die Tränen fort. „Ich habe gesehen, wie überrascht du warst.“ „Du hast nie etwas gesagt… Aber ich liebe deinen Namen.“ „Du meinst: Lillian Elisabeth Wood?“ „Oh, ja.“ Erneut lachte sie und er griff nach ihrer Hand, während er das Auto wieder in den Verkehr lenkte.   Zuhause dann begrüßten uns alle Gäste - auch die Familie Simmons war komplett anwesend - mit Reis. Die Nachbarn traten aus ihren Häusern und riefen uns ebenfalls Glückwünsche zu. Manch eine Familie kam kurz hinüber, um kleine Geschenke zu überreichen und sich dann gleich wieder in ihr Haus zu begeben. Drinnen wurde ich erneut überrascht. „Hast du deinen gestrigen Tag etwa so verbracht?“, fragte ich erstaunt und griff nach seiner Hand. Im Haus war alles so umgestellt worden, dass ein langer Tisch als Tafel gedeckt und ein gewisser Platz zum Tanzen frei war. Sean schlüpfte an uns vorbei und drückte die Anlage an, aus der leise Musik spielte. Überall waren Blumen verteilt und der Kamin wurde gerade durch Kenneth angefeuert. Kleine Tischkärtchen wiesen den Gästen ihre Plätze und ich strich vorsichtig über das meine. „Mrs. Lillian Wood“, hauchte ich und wandte mich zu ihm um. Ein breites Lächeln zierte mein Gesicht und er grinste zurück. „Du bist der beste Ehemann aller Zeiten.“ „Das will ich schriftlich.“ Ich lachte und zog ihn für einen Kuss an mich. Carly und die Mädels johlten und auch Rosie stimmte mit ein. „Ehe wir uns alle setzen, würde ich gern ein paar Hochzeitsbilder machen. Carly, ihr wollt euch doch sicher erst danach umziehen?“, fragte Kenneth und hielt so meine vier Freundinnen davon ab, ins obere Stockwerk zu verschwinden. Neben dem Kamin war genug Platz, sodass sich jede Gruppe mit uns fotografieren lassen konnte. Danach bat mein Schwiegervater uns kurz nach draußen. „Es ist wundervolles Wetter und ich werde mich beeilen, damit du nicht all zu schnell frierst, ja?“, fragte er, doch Taylor schlang seine Arme um mich und ich meinte: „Mit diesem Mann werde ich nie wieder frieren.“ Die beiden lachten und wir verzogen uns schnell nach draußen. Ein paar Fotos später kehrten wir ins Haus zurück und die Stimmung war noch immer so fröhlich. „Wenn ich dann das Brautpaar zum ersten gemeinsamen Tanz bitten dürfte“, flötete Sean und ich erntete einen anzüglichen Blick meines Schwagers. „Geht es dir gut?“, fragte Taylor und ich griff sofort nach seiner Hand. „Oh ja, dem zeigen wir es.“ „Na schön…“ „Hey, ein bisschen mehr Begeisterung, wenn ich bitten darf.“ „Hurra!“ „Geht doch. Was nehmen wir?“ „Lass dich überraschen.“ „Was hast du eigentlich nicht geplant?“ Er hob seine Schultern fast bis an die Ohren und setzte eine Unschuldsmiene auf. Mir schwante, dass mein Leben nie wieder langweilig werden würde. Die ersten Töne des Songs erklangen und ich blickte wehmütig zu ihm auf. „Ich liebe dieses Lied“, hauchte ich und er nickte. „Dabei hatte ich ein wenig Hilfe.“ Carly lächelte auf, als ich sie ansah. Es war der Song „Make it to me“ von Sam Smith. Ein langsames Lied, das perfekt zu uns passte. Taylors Hand lag auf meiner Hüfte, die andere hielt meine Hand. Ich lehnte meinen Kopf an seine Brust und bekam längst nicht mehr mit, dass Kenneth auch jetzt Fotos von uns machte. Alles um uns herum blendete ich aus und verlor mich in dem Gefühl der Geborgenheit. Dann begann der Refrain und ich bewegte stumm meine Lippen mit, während ich Taylor ansah: You’re the one designed for me. A distant stranger that I will complete. I know you’re out there we’re meant to be. So keep your head up and make it to me. And make it to me. „Ich lasse dich nie wieder gehen”, antwortete er leise. „Und ich werde dich bis ans Ende meiner Tage nicht verlassen.“ Das Lied endete und wir küssten uns. „Na, ich würde mal sagen, das hat mein kleiner Bruder doch ganz gut hingekriegt. Das hatte ich nicht erwartet“, verkündete Sean und erntete ein paar Lacher. Mein Vater stand plötzlich neben uns und hielt mir seine Hand hin. „Darf ich?“ „Oh, ich bitte darum. Du entschuldigst mich?“ Taylor verneigte sich leicht und bat dann Carly um den nächsten Tanz. Das Essen war wunderbar. Rosie hatte auch eine grandiose Torte beigesteuert, die wir gemeinsam anschnitten und dann an alle verteilten. Wir tanzten und lachten und ich genoss diesen Tag in vollen Zügen. Es würde in einigen Monaten noch stressig genug werden. Abends fielen wir erschöpft ins Bett und nie hatte ich mich glücklicher gefühlt. Doch dann erinnerte ich mich an einen Eintrag meiner Mutter. „Oh, ehe wir das Licht ausmachen, muss ich noch einen Brief meiner Mutter lesen. Ist das okay?“ „Aber sicher. Möchtest du das alleine machen?“ „Nein, bleib ruhig. Ich weiß nicht, wie emotional das wird. Ich hätte dich gern dabei.“ Ich huschte schnell zum Schreibtisch hinüber, öffnete das Tagebuch und schlug die letzte Seite auf. Dahinter war ein Einsteckfach mit mehreren Briefen, auf denen unter anderem stand: Dein Hochzeitstag, Die Geburt deines 1. Kindes, Dein 21. Geburtstag, Die Einschulung meines Enkelkindes, und dutzende mehr. Ich griff mir den ersten und schlüpfte dann wieder zu Taylor unter die Decke. Er wickelte mich fest ein, dann lehnte ich mich an seine Schulter, atmete tief durch und öffnete den Brief, während er eines seiner Bücher zur Hand nahm.   »Mein wundervoller Engel, zu allererst möchte ich mich vielmals dafür entschuldigen, dass ich an diesem großartigen, für jedes Mädchen, so wichtigen Tag nicht ganz bei dir war. Du ahnst nicht, wie sehr es mich schmerzt nur auf diese eine Art dabei zu sein und dir nicht die Hand halten zu können, dir keine Ratschläge zu geben und keinen Tanz mit deinem Ehemann wahrzunehmen. (Seien wir ehrlich, irgendwie muss ich ihn ja unter die Lupe nehmen.) Aber sei dir gewiss, ich war da. Ich habe geweint bei euren Worten, gelacht als ihr euch die Ringe angesteckt habt und mich darüber gefreut, dass es diesen einen Menschen für dich gibt, der dich bedingungslos liebt. Und dessen Liebe du auf dieselbe Weise erwiderst. Ich weiß nicht, ob er diese Zeilen auch von dir vorgelesen bekommt, daher richte ihm bitte aus, dass ich sehr stolz bin, einen solchen Schwiegersohn in der Familie willkommen zu heißen und er mehr als das Recht besitzt, dich Sein zu nennen. Und sag ihm, dass dein Vater ihn ebenfalls sehr gern hat und von Anfang an wusste, dass ihr füreinander bestimmt ward. Er wird es ihm sicher nicht direkt sagen. Du kennst ihn ja. So. Nun bist du also eine Ehefrau. Eigentlich habe ich keine wirklichen Ratschläge für dich. Du kannst bereits wunderbar kochen, bist klug und scheust dich nicht davor mit anzupacken, wenn es deiner Hilfe bedarf. Aber eines will ich dir unbedingt mit auf den Weg geben. Etwas, das nicht nur für dich als Ehefrau gilt: Stell deine Wünsche nicht immer hinten an. Glaub mir, seine Sehnsüchte zu verschweigen und sein Leben nicht so zu leben, wie man es will, raubt einem Kraft. Ich sage nicht, dass man egoistisch sein soll und alles andere aus den Augen verlieren darf, aber ab und an mal sich selbst wichtig zu nehmen und andere um Hilfe zu bitten, ist keine Schwäche und kein Fehler. Man verliert viel mehr, wenn man schweigt. Als ich jünger war, habe ich das viel zu oft getan. Erst als ich deinem Vater begegnete und er mir half, zu mir selbst zu finden, war ich lebendig. Das ist auch etwas, das wir beide teilen. Manchmal sehe ich so viel von mir in dir, dass es mich wahrhaftig umhaut. Während ich diesen Brief schreibe, bist du zehn Jahre alt und kommst so sehr nach mir, dass dein Vater mich schon damit aufzieht, wir hätten eine zweite Grace im Haus. Das ist nicht immer nur als Kompliment gemeint. Deshalb bitte ich dich aus tiefstem Herzen, folge nicht immer deinem Kopf. Ich kenne dich, weil ich mich kenne. Mein Herz war oft anderer Meinung, aber ich habe Einiges nach meinem Sturkopf entschieden. Verrenne dich nicht und hör auf dein Gefühl. Es mag zunächst nicht immer richtig erscheinen, vielleicht geht manchmal auch etwas schief, aber am Ende ist jede von diesen Entscheidungen mehr wert als die deines Kopfes. Das wahre Leben verläuft nie nach Plan. Wäre das der Fall, glaub mir, wäre es für uns alle mehr als langweilig.   Zu guter Letzt kann ich dir nur noch sagen, wie stolz und glücklich ich bin deine Mutter zu sein. Du bist ein wundervoller Mensch mit Verstand und Güte. Und einem mehr als großen Herzen. Ich wollte dich nie enttäuschen und hoffe, du verstehst eines Tages, warum ich meine letzte Entscheidung traf. Begreifst, dass es eine mit dem Herzen war. Aber jetzt, wo du deine eigene Familie hast, bin ich mir eigentlich recht sicher, dass es dir klar ist. Ich liebe dich so sehr und wünsche euch nur das Beste. Alles Gute zu eurer Hochzeit!   In Liebe Mom«   Ich wusste nicht genau, was ich in diesem Moment fühlte, doch Taylor zog mich noch ein wenig fester an sich, während er weiterhin sein Buch las. Er musste gespürt haben, was in mir vor sich ging, doch Tränen rannen nicht über mein Gesicht. Sie war dabei gewesen, das wusste ich. Manchmal hatte ich das Gefühl, sie lachen zu hören oder hatte ihre Finger nah meines Armes und meines Gesichtes wahrgenommen. Doch jetzt zu lesen, dass es tatsächlich so gewesen war… Diese Gabe war mehr als ich mir überhaupt je vorgestellt hatte. Endlich verstand ich, was Taylor damit meinte, es sei für Außenstehende ‚gruselig‘. „Ich möchte, dass du den Brief liest. Es muss nicht jetzt sein, wenn du nicht möchtest, aber irgendwann vielleicht“, sagte ich leise und blickte zu meinem Mann auf. Er erwiderte meinen Blick und erkannte, wie ernst es mir war. Langsam legte er sein Buch auf seinen Nachttisch zurück und bot mir seine Hand, in die ich das Blatt Papier legte. Ich konnte ihn nicht dabei ansehen, während er die Zeilen meiner Mutter las, doch ich spürte, wie seine Haltung sich veränderte. Er war nicht ängstlich oder bestürzt, sondern… ehrfürchtig. Ja, vielleicht war es das. Seine Hand lag noch immer an meiner Hüfte, das Baby strampelte in meinem Bauch und ich strich sanft über die Kugel. Augenblicklich besänftigte das unser Kind und mich überkam eine tiefe Ruhe. Alles schien mir unglaublich logisch. Natürlich waren mir noch nicht alle Einzelheiten über diese Fähigkeit klar. Da waren immer noch genügend ungeklärte Fragen, aber langsam fügte sich alles zusammen. „Es wäre mir eine Ehre gewesen, sie kennen zu lernen“, sagte Taylor, nachdem er mir den Brief zurückgegeben hatte und ich ihn wieder in dem Umschlag verstaute. „Sie hätte dich sehr gemocht. Ich bin mir sicher, ihr hättet euch wunderbar verstanden.“ Er küsste mich sanft und legte seine linke Hand auf meinen Bauch. Eine Weile noch lagen wir so einander in den Armen und irgendwann übermannte mich dann der Schlaf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)