Niños de la noche von _Qhuinn_ ================================================================================ Kapitel 1: 1. Kapitel --------------------- „Ich wusste doch, dass wir uns wieder sehen würden.“ Obwohl Camille genau genommen kleiner war als Simon, schaffte sie es, auf ihn herab zu sehen, wie eine Katze auf eine Maus, während sie mit langen, eleganten Schritten auf ihn zu kam. „Schon sehr . . . sehr . . . bald.“ Ihre roten Lippen verzogen sich zu einem Grinsen und die Geräusche ihrer Absätze auf dem Asphaltboden hallten laut auf der Straße wieder. „Was . . . willst du von mir?“ Er bemühte sich, ein Zittern in seiner Stimme zu unterdrücken, was ihm mehr schlecht als recht gelang. Die raubtierhaften Augen fixierend auf ihn gerichtet kam sie direkt auf ihn zu und Simon wich stolpernd einen Schritt zurück. Scheiße, weg zu laufen würde ihm hier überhaupt nichts bringen. Bis vor wenigen Minuten hatte er die Abkürzung, die durch einige abgelegene Straßen auf schnellerem Weg zurück zum Hotel Dumort führte, noch für eine fabelhafte Idee gehalten. Auch wenn er noch ausreichend Zeit gehabt hatte, machte ihn der Gedanke an den nahenden Sonnenaufgang nervös. Jetzt bereuhte er es, sich mitten in der Nacht allein hier draußen herum zu treiben. Welch Ironie, kam es ihm in den Sinn. Ein Vampir, der sich alleine draußen im Dunklen fürchtete? Er gab wirklich eine Witzfigur ab. Kein Wunder, dass er bisher keinen Anschluss fand und der Clan ihn auf die selbe herablassende Art ansah, mit der ihn zuvor die Schattenjäger als Mundi bezeichnet hatten. Camille streckte ihren bleichen Arm aus und stieß mit dem Zeigefinger gegen seine Brust. Ihr langer, blutrot lackierter Fingernagel bohrte sich unangenehm durch den dünnen Stoff des T-Shirts hindurch. „Was ich mit dir vorhabe? Sag, hast du unser letztes Treffen etwa nicht vermisst?“ Panik machte sich in dem jungen New Yorker breit. Ihm war klar, dass sie ihm vermutlich mit einer einzigen Bewegung die Kehle aufschllitzen konnte. Obwohl . . . würde ihn das überhaupt umbringen? Vermutlich nicht. Was ihn jedoch nicht im Geringsten daran zweifeln ließ, dass sie ihn in wenigen Sekunden töten könnte. Wobei er genau genommen ja schon tot war. Sie blickte ihn noch immer mit diesem bittersüßen Lächeln an, sodass ihm ganz schlecht wurde. Dann ging plötzlich alles sehr schnell. Mit einem Fauchen stürzte sie sich auf ihn, stieß einen Dolch auf sein untotes Herz zu – welcher im nächsten Augenblick klirrend zu Boden fiel. Gleich neben der silbrig schimmernden Klinge landete Simon auf der Straße. Reflexartig griff er danach und hielt das Messer abwehrend von sich gestreckt, drohend in Richtung der dunklen Gestalt vor ihm. Als diese sich zu ihm herunter beugte, verfehlte er nur knapp, was seinem Gegenüber einen erschreckten Laut entlockte. „Woha, Idiota! Pass doch auf, fuchtel nicht so damit in der Gegend herum.“ Einen Augenblick konnte Simon ihn nur anstarren. Sein Gehirn ratterte auf Hochtouren, wärend er versuchte die Geschehnisse der letzten Sekunden zu erfassen und zu verstehen. Camilles toter Körper – also toter als tot – lag zusammengesackt etwa zwei Meter neben ihm. Blut verschmierte ihr hübsches Kleid und fassungslose, leere Augen starrten ihn unbewegt an. Gerade, als er sich von diesem gruseligen Anblick losreißen wollte, zerfielen die Überreste der Vampirin vor seinen Augen zu Staub. Vor ihm, gerade so außerhalb der Reichweite seiner bewaffneten Hand, hockte Raphael auf dem Boden. „Du hast sie umgebracht . . .“, hörte Simon sich sagen. „Sie war schon tot.“, erwiderte der Vampir trocken. „Ja schon“, entgegnete Simon und rappelte sich auf. Seine Beine fühlten sich noch immer an wie Wackelpudding. „Aber ich meine . . . Du hast sie wirklich umgebracht.“ Er konnte seine Verblüffung nicht verbergen und er fragte sich, ob das irgendwelche Konsequenzen nach sich ziehen würde. Falls es so etwas wie ein Handbuch als Einführung in das Vampirdasein gab, sollte er es dringend einmal lesen. „Alles okay bei dir?“, riss Raphael in aus seinen Gedanken. „Ja . . . Ja, denke schon.“ Simon rappelte sich auf und sah den Schattenweltler an. „Gut. Fuck . . .“, presste dieser zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, fasste sich an die Schulter und Blut lief über seine Hand. Erschrocken eilte Simon zu ihm und kniete sich vor ihm hin. „Du blutest.“ „Echt? En siero? Wäre mir nicht aufgefallen.“, zischte Raphael mit ironischem Unterton. „Lass das!“, fauchte er ihn an, als Simon nach seiner Hand griff und sie von der Stichwunde nehmen wollte. Er stand er auf und entzog sich dem jüngeren. „Es geht schon.“ Seine Worte waren jetzt weicher und weniger bissig. Viel mehr klang er erschöpft und resigniert aufgrund dessen, was gerade vorgefallen war. Camille war tot. „Wir sollten zurück zum Hotel.“, sagte Raphael schließlich. „Die Sonne geht bald auf.“ Als sie wieder im Dumort waren, folgte Simon dem anderen Vampir die Stufen hinauf und bis zu seinem Zimmer – dem einzigen, abgesehen von seinem eigenen, vom dem er mitlerweile ganz genau wusste, wem es gehörte. „Was ist?“, drehte Raphael sich um und sah den Jungen fragend an, der ihm wie ein schwanzwedelnder Golden Retriever gefolgt war und ihn nun treudoof ansah. „Das sollte verbunden werden.“, erklärte der Golden Retriever und Raphael seufzte ergeben. Er war müde und hatte einfach keine Lust mehr zu diskutieren. Er stieß die Zimmertür auf und ging, gefolgt von Simon, in einen kleinen seperaten Raum, der sich als Badezimmer entpuppte. Vorsichtig zog er sich das Shirt über den Kopf und ließ es zu Boden fallen. Dann öffnete er den Spiegelschrank über dem Waschbecken und holte Verbandszeug heraus. „Setz dich mal hin.“ Simon, der beim Anblick der Verletzung das Gesicht verzog, drückte ihn nach hinten auf den Toilettendeckel und der Vampir ergab sich seinem Schicksal. Er hatte wirklich schon genug Stress für eine Nacht gehabt. Allein den dummen Irdischen ausfindig zu machen, war schwer genug gewesen. Er hatte von Anfang an kein gutes Gefühl dabei gehabt, ihn alleine losziehen zu lassen. Aber der Junge hatte ja unbedingt darauf bestehen müssen, seine beste Freundin zu besuchen. Es war nun wirklich nicht so, dass er ihn aus Spaß hier im Hotel einsperrte. Viel mehr galt es seiner eigenen Sicherheit. Erschrocken zuckte er zusammen und zog scharf die Luft ein, als Simon, der mitlerweile neben ihm auf dem Rand der Badewanne hockte, mit einem Tuch über die Wunde tupfte und das Desinfikationsmittel sich in sein Fleisch brannte. „’Tschuldigung.“, murmelte er, ließ sich jedoch nicht von seinem Vorhaben abbringen. Er griff nach einer Mullbinde und wickelte sie sorgfältig um Raphaels Oberarm. „Gracias.“ Vorsichtig bewegte Raphael seinen Arm. Die Verletzung würde sehr bald wieder geheilt sein. Der große Vorteil seines Vampirdarseins. Er stand auf und ging zurück zum Schlafzimmer. „Ich werd ins Bett gehen.“ Simon sah ihm nach und ihm fiel auf, wie der matte Schein des Badezimmerlichts sich an den scharfen Konturen seines Rückens brach. Der Vampir war nicht besonders groß, zierlicher als die Schattenjäger, aber dennoch deutlich durchtrainiert. Einen Augenblick starrte er ihn an und eine Spur von Neid machte sich in ihm breit. Dann machte er sich auf den Weg in sein eigenes Zimmer. „Okay . . . Schlaf gut.“ Er drehte sich noch einmal um. „Und ähm, danke. Für alles.“ Raphael blieb stehen und sah ihm in die Augen. „Warum wollte sie mich töten?“, fragte Simon den Hispanoamerikaner. Dieser zuckte mit dem Schultern und warf ihm einen Blick zu, der besagte, dass man nicht alles so genau hinterfragen sollte. „Sie hatte schon immer ein bösartiges Wesen.“ Kapitel 2: 2. Kapitel --------------------- Wo steckst du? Meld dich zurück! Simon betrachtete den gekritzelten Zettel, der auf seinem Bett im Hotel lag und seufzte resigniert. Kontrollfreak, ging es ihm durch den Kopf. Ein Blick auf sein Handy verriet ihm, dass es fast vier Uhr morgens war. Und dass er drei entgangene Anrufe hatte. Er zog sich eine bequemere Jogginghose und machte sich auf den Weg nach Unten. Er hatte einen verdammten Hunger. Durst. Wie auch immer. In der Küche blickte er sich zögerlich um. Es war etwas anderes, sich eben schnell ein Käsebrot zu schmieren oder sich einen wortwörtlichen Bloody Merry zusammen zu mixen. „Du stinkst nach nassem Hund.“ Simon fuhr zusammen und drehte sich um. Hinter ihm stand Raphael an den Türrahmen gelehnt und hatte die Arme vor der Brust verschrenkt. Der Unterweltler blickte ihn einen Moment lang mit undurchdringlicher Miene an, dann stieß er sich von der Wand ab und durchquerte den Raum mit den geschmeidigen Bewegungen einer Raubkatze. Er griff an Simon vorbei nach einem der Gläser im Regal. „Wieso warst du in Chinatown?“ „Wieso geht dich das etwas an?“, konterte Simon gereizt. „Ich bin immer noch für dich verantwortlich, Idiota.“ Raphael wandte sich zu ihm um und reichte ihm das Glas, das nun mit roter Flüssigkeit gefüllt war. „Wenn du da draußen herumspazierst und irgendwelche Mundis anknabberst, hab ich ein ernsthaftes Problem, Chico!“ Simon trank das Glas in einem Zug leer und seine schlechte Laune hob sich augenblicklich. Er musste das wirklich besser unter Kontrolle bringen. Was genau einer der Gründe war, warum er sich im Jade Wolf aufhielt. Luke, hoffte er, könnte ihm vielleicht helfen. Die Unterschiede zwischen Vampiren und Werwölfen waren gar nicht so groß, hatte er festgestellt. Auch wenn niemand es hören wollte, wurde das Leben beider von einem Tag auf den anderen auf den Kopf gestellt. Man bekam neue Kräfte geschenkt, musste dafür aber teuer bezahlen. Außerdem machte sich etwas in ihm breit, dass er zu beherrschen lernen musste, wenn er nicht wollte, dass es ihn in Zukunft beherrschte: Hunger. Er musste sich eingestehen, dass das Clanoberhaupt nicht ganz Unrecht damit hatte, dass er von einem Fettnäpfchen ins nächste trat und jetzt alles ohne Umwege auf Raphael zurück fiel. Verdammt, er hatte es ja noch nicht einmal geschafft sich auf Magnus’ Party nicht in eine Ratte verwandeln zu lassen. Er ließ sich das Glas abnehmen und erneut füllen. „Ich werde morgen ein paar meiner Sachen abholen.“, sagte er. Sein Gegenüber sah ihn an mit einer Mischung aus mangelnder Begeisterung darüber, dass er schon wieder vor hatte draußen herum zu laufen und Überraschung, dass er tatsächlich seinen Kram herbringen wollte. „Du willst also hier einziehen?“ Fragend hob er eine Augenbraue. Dann goss er sich selbst einen der blutigen Coctails ein und trank einen Schluck. Ein paar dunkelbraune Augen musterten ihn nachdenklich. Simon hob ergeben die Schultern. „Ist das Beste, denke ich. Ich kann meiner Mum nicht ständig eine Grippe vortäuschen und wenn ich ihr nich rund um die Uhr über den Weg laufe . . . Naya ich kann sie anrufen oder abends besuchen und mich soweit normal verhalten.“ Raphael nickte verstehend. „Okay.“, meinte er und verschwand auf den Flur. Als Raphael am darauf folgenden Abend die Tür zu Simons Zimmer öffnete, war dieser bereits verschwunden. Dieser verdammte Irdische war schwerer zu hüten als ein Sack Flöhe! Besagter hatte sich bereits bei Sonnenuntergang direkt auf den Weg nach Brooklyn gemacht. Er hatte sich mit Clarry bei Luke verabredet, da ihre Wohnung nach wie vor zerstört war und er zum Institut vorerst keinen Zugang mehr hatte. Nicht das er den offiziell jemals gehabt hätte . . . Der Werwolf öffnete ihm und zum ersten mal seit Tagen hatte er das Gefühl irgendwo wirklich willkommen zu sein. „Clarry ist auf ihrem Zimmer.“, meinte Luke und Simon nickte dankbar. Dankbar für alles, was Luke und Clarry für ihn taten, dass sie ihn trotz allem akzeptierten und nicht wie einen Mundi oder Schattenweltler behandelten. Das erste, was er warnahm, als er die Tür zum Gästezimmer öffnete, welches inoffizell Clarissas Zimmer war, war ein Schrei. „Verdammt, Simon!“ Das zweite, was er warnahm und was er sah, war, dass das rothaarige Mädchen im BH vor ihm stand. Hektisch griff sich nach einem Kleidungsstück und hielt es sich vor den Oberkörper, während Simon sie einen Augenblick nur geschockt anstarrte. „Raus!“, quiekte sie und er setzte sich endlich in Bewegung, schloss die Tür wieder und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Seine Wangen glühten und er konnte nicht sagen, wie peinlich ihm die Situation gerade war. Nicht, dass er seine beste Freundin noch nie nackt gesehen hatte. Aber das war, als sie beide noch zusammen im Sandkasten saßen! Als sich die Tür hinter ihm öffnete, wäre er beinahe nach hinten über gefallen, da er noch immer an dieser gelehnt hatte. Er sah Clarry verunsichert an und fuhr sich durchs Haar. „Tut mir leid . . . Wirklich!“, brachte er hervor und auch sie war deutlich rot im Gesicht, dafür nun aber wenigstens vollständig bekleidet. „Ähm, ja . . . Schon okay, war ja keine Absicht.“ Die junge Schattenjägerin beendete damit das peinliche Thema möglichst schnell und Simon war ihr im Stillen sehr dankbar dafür. Als er Jace wenig später in der Küche vorfand, überraschte ihn das wenig. Doch auch wenn er nicht gerade begeistert war, diesen arroganten Typen wieder einmal an ihrer Seite zu sehen, fiel ihm auf, dass es ihn nicht mehr so sehr traf, wie anfangs. Er konnte ihn einfach nicht leiden, mochte seine Art nicht und er wünschte sich etwas Besseres für Clarry. Diese brennende Eifersucht und das Gefühl, dass ihm jemand ins Herz stach, ließ jedoch allmählich nach. Zu dritt machten sie sich auf den Weg zu Simons Wohnung. Seine Mutter begrüßte Clarry herzlichst, warf ihrem Sohn besorgte Blicke zu und fragte zum zehnten mal, ob sie den Umzug aufgrund dessen, dass er noch immer etwas kränkelte, nicht lieber verschieben wollten und betrachtete Jace mit einer gewissen Skepsis. Simon beruhigte sie, indem er beteuerte, dass es ihm schon viel besser ging – tatsächlich sah er nun, da er regelmäßig Nahrung bekam, auch nicht mehr aus wie eine wandelnde Leiche . . . die er nun mal war – und dass er ja nur ein paar Dinge mitnehmen und sein altes Zimmer für Besuche bei ihr bestehen lassen wollte. So packte er seine wichtigsten Sachen ein und die zwei Schattenjäger halfen ihm beim Tragen. Sie hatten sich Lukes Pick Up geliehen, der selbst sie nicht fahren konnte, da er nicht in die Nähe des Hotels kommen wollte und durfte. Unterwegs legten sie allerdings einen Zwischenstopp im Jade Wolf ein. „Hi Simon!“ Maia begrüßte ihn einerseits erfreut, andererseits unsicher. Als er noch ein Mundi war, hatten sie sich angefreutet, doch jetzt verkomplizierte diese ganze Werwolf-Vampir-Geschichte die Sache. Das Wolfsmädchen hielt noch immer eine gewisse Distanz zu ihm und die erneute, unterschwellige Ablehnung nagte an ihm. Jace saß ihm gegenüber und verspeiße gerade einen großen Teller Bratnudeln, während Clarry neben ihm an einer Apfelschorle nippte, als vor der Tür einiger Tumult ausbrach. Luke erhob sich, um als Rudelführer nach dem Rechten zu sehen und der Schattenjäger hatte bereits seine Hand an einer seiner Seraphklingen. Auch Simon und Clarry folgten den beiden und fanden auf der Straße eine Traube von Leuten vor, die heftig zu diskutieren schienen. Drohendes Knurren ging durch die Menge, das Rudel wirkte mehr als angespannt und Luke bahnte sich einen Weg, um die Situation zu deeskalieren. Als Simons Blick auf den Vampir fiel, der dort stand, brannten sich Raphaels Augen förmlich in seine. „Ihr habt etwas, das mir gehört.“, sagte er an Luke gewandt. „Was willst du hier, Blutsauger!“, rief jemand aus der Menge. „Du hast hier nichts verloren!“ Raphael sah sich angespannt um, bereit, jederzeit zu reagieren. „Ich will nur meinen Jungen holen, dann seid ihr mich sofort wieder los.“ „Du hast unerlaubt unser Revier betreten, wir sollten dich töten!“, meldete Maia sich mit ungewohnt harter Stimme zu Wort. Luke legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter und Simon fragte sich, wie die Chancen wohl standen, dass sein Babysitter einen Angriff des Rudels überstehen würde. Vermutlich schlecht, schlussfolgerte er. Er trat einen Schritt vor und wandte sich an die Wölfe. „Schon okay, ich gehe mit ihm und wir verschwinden von hier.“ Jetzt bloß nichts falsches sagen, dachte er. Raphael trat neben ihn und Simon konnte einen Atem im Nacken fühlen. „Isst du wirklich so gerne chinesisch?“, flüsterte er vielsagend und in seiner Stimme klang Verärgerung, aber auch Besorgnis mit. Jace und Luke brachten die Meute unter Kontrolle und die zwei Vampire gingen zum Pick Up, wo Raphael sich ohne zu zögern ans Steuer setzte, allerdings angewiedert das Gesicht verzog, aufgrund des aufdringlichen Hundegeruchs im Wagen. „Du hast einen Führerschein?“, fragte Clarry offensichtlich verblüfft, nachdem sie die Erfahrung gemacht hatte, dass Schattenjäger und Unterweltler in der Regel eher das New Yorker U-Bahn Netz bevorzugten. Der Vampir hob irritiert eine Augenbraue. „Si? Natürlich. Wobei mir Motorräder lieber sind.“, fügte er grinsend hinzu. „Jetzt steig schon ein, Idiota. A buen paso. Ich muss nicht unbedingt noch länger hier bleiben.“ Simon kletterte auf den Beifahrersitz und Luke trat zu ihnen. „Alles okay. Aber ihr solltet wirklich von hier verschwinden.“ Dann warf er Raphael einen fragenden Blick zu. „Wie hast du ihn überhaupt hier gefunden?“ „Aufgespürt, er trägt mein Blut in sich.“, erwiederte dieser, als läge es offensichtlich auf der Hand. Luke sah irritiert aus. „Du weißt aber schon, dass nicht du, sondern Camille ihn verwandelt hat?“ warf er ein. „Si . . . pero . . . ist eine lange Geschichte.” Der Vampir wand sich und auf seinen Wangen zeichnete sich ein leichter Rorschimmer ab. „Da war er eine Ratte. Kleines . . . Missverständnis.“ Luke hob fragend eine Augenbraue und sah den beiden kopfschüttelnd nach, als der Wagen los fuhr und schließlich hinter einem Häuserblock verschwandt. „Da fährt er, mein Pick Up . . .“, stellte er resigniert fest und fragte sich, ob er ihn wohl je wieder bekommen würde. Kapitel 3: 3. Kapitel --------------------- Simon stand in seinem Zimmer im Hotel und verstaute gerade die letzten Klamotten in seinem Schrank. Dann ließ er sich erschöpft auf die Bettkante fallen. Fertig. Er sah sich in seinen neuen vier Wänden um und musste feststellen, dass er sich nun tatsächlich um einiges wohler fühlte. Das Zimmer war nich länger nur irgendein anonymes Hotelzimmer – es war jetzt sein Zimmer. Ein Gutes hatte das ganze Schlamassel ja, denn er hatte schon länger vorgehabt auszuziehen und nun den nötigen Tritt in den Hintern bekommen. Seiner Familie hatte er erzählt, er würde mit einem Bekannten zusammen in eine WG ziehen – was nicht einmal wirklich gelogen war. Allerdings graute es ihm vor dem Gedanken daran, was passieren würde wenn seine Mutter den Blutsauger eines Tages kennen lernen wollte und zum Dinner einladen würde. Er schüttelte den Kopf um den wirren Gedanken zu vertreiben. Nach einer Weile stand er auf und ging nach nebenan zu Raphael. Er öffnete die Zimmertür, ohne groß nachzudenken und fand sich dem Blutsauger gegenüber wieder, der mit freiem Oberkörper und noch geöffneter Jeans da stand und sich die nassen, schwarzen Haare gerade mit einem Handtuch trocken rubbelte. Dunkle Augen blitzten ihn überrascht an. „Hi?“ Okay – er sollte sich wirklich angewöhnen zu klopfen! Das war heute schon das zweite mal, dass ihm sowas passierte. Seine Wangen färbten sich rot, als er an die Situation mit Clarry am frühen Abend dachte, woraufhin Raphael ihm einen merkwürdigen Blick zuwarf und ihn ein bisschen zu lange musterte. Der Vampir trat auf ihn zu und Simon fiel auf, dass die Verletzung, die Camille ihm mit ihrem Messer zugefügt hatte, fast vollständig verschwunden war. Dafür blieb sein Blick an einer neuen, scheinbar frischen kleinen Wunde hängen. Einer leichten Verbrennung zwischen Hals und Brust, direkt unterhalb der Kette, die er um den Hals trug. „Was hast du da gemacht?“ Simon streckte in einer automatischen und unüberlegten Geste die Hand aus und fuhr mit seinen Fingern über besagte Stelle auf seiner Haut. Der Hispanoamerikater zuckte leicht zusammen, allerdings nicht vor Schmerz. Einen Augenblick lang blieb er stehen, musterte den jüngeren und schien etwas anderes sagen zu wollen, als er dann letztendlich tat. „Hab vorhin meine Mum besucht, bevor ich zum Jade Wolf gekommen bin.“, erklärte er. Dann wandte er sich ab, schmiss das Handtuch aufs Bett und kramte ein frisches T-Shirt aus seinem Schrank. „Hatte hier früher immer ein Krizufix dran hängen.“ Er deutete mit einer Hand auf seine Kette. „Jetzt kann ich es nicht mehr lange tragen, aber für einen kurzen Besuch geht das schon.“ Er zog sich das Shirt über und sah Simon an, der inzwischen eins und eins zusammen gezählt hatte. „Du bist noch gar nicht so lange ein Vampir.“, stelle er überrascht fest. Raphael hob die Schultern. „Ein paar Jahre . . .“, meinte er ausweichend und Simon betrachtete ihn auf einmal auf eine ganz andere Weise, als bisher. Er hatte sich nie Gedanken über die Verwandlung des anderen gemacht. Für ihn war er einfach der Anführer des New Yorker Clans gewesen, seit Camille sich diesen Posten verspielt hatte. Er hatte nie daran gedacht, dass er vielleicht mit den selben Problemen zu kämpfen hatte, wie er. Dass er eine menschliche Familie hatte. „Es ist schwer, oder?“, meinte er verständnisvoll und ihm lagen auf einmal so viele Fragen auf der Zunge. Einen Augenblick glaubte er eine gewisse Verletzlichkeit im Gesicht des Schattenweltlers zu erkennen. „Ich werde sie nicht mehr lange treffen können.“ Simon sah ihn fragend an und verstand nicht gleich. „Ich altere nicht. Ich besuche sie nun schon seit Jahren und habe mich kein Stück verändert.“, erklärte er. „Ich muss mir bald etwas einfallen lassen.“ Simon wollte etwas sagen, aber Raphaels Miene verschloss sich wieder und er wechselte das Thema. „Aber deshalb bist du sicher nicht gekommen, oder?“ „Ich ähm, wollte mich für vorhin entschuldigen. Ich wollte dich nicht in Schwierigkeiten bringen, ich hab nicht nachgedacht.“ Er hatte aber auch einfach nicht damit gerechnet, dass Raphael nach Cinatown konnen würde. Ärger war damit mehr als vorprogrammiert gewesen. Dieser hatte sich mitlerweile auf sein Bett gesetzt und zog nun seine Gitarre hervor und spielte gedankenverlohren etwas damit herum. „Schon okay. Ich hab gewusst, was ich riskiere, ich kann selbst auf mich aufpassen.“ Er hob den Blick von seinem Instrument und sah Simon an. „Was man von dir nicht behaupten kann.“ Ein Schumzeln umspielte die Lippen in seinem bleichen und doch attraktiven Gesicht. Dann stand er auf und legte seine Gitarre auf dem Bett ab. „Ich hatte dir versprochen, dir Tipps beim Spielen zu geben.“, sagte er und durchquerte den Raum. Er blickte über die Schulter, um zu sehen, ob Simon ihm folgte. Dieser war unübersehbar überrascht, allerdings nicht negativ. Er nickte und folgte ihm auf den Flur und zu seinem Zimmer. „Klar. Gerne!“ In Simons Zimmer sah Raphael sich interessiert um. Neben Klamotten, hatte er einige Bücher und viele CDs mitgebracht und als er die Cover überflog, erkannte er einige gute Bands darunter, die ihm selber sehr gefielen. Geschmack hatte der Junge, das hätte er gar nicht gedacht. Drei Fotos hatte er neben dem Bett an die Wand gehängt – eins davon zeigte ihn mit seiner besten Freundin Clarry. Simon hatte inzwischen seine Gitarre von der Wand genommen, die in einer Halterung gehangen hatte und setzt sich auf’s Bett. Der ältere Vampir wandte sich vom Regal ab, dessen Inhalt er neugierig gemustert hatte und ließ sich neben ihm auf die Matratze fallen. Er nahm ihm die Gitarre aus den Händen und begann sie zu stimmen. Angesichts seines guten Musikgeschmacks hatte er nun etwas Hoffnung, dass er vielleicht doch keine musikalische Vollkatastrophe war. Er sollte in seiner Vermutung einigermaßen Recht behalten. Simon spielte zwar nicht so gut wie er selbst, konnte aber den ein oder anderen Tipp recht schnell und gut umsetzen und sie verbrachten eine ganze Weile damit zu fachsimpeln. Einen Augenblick lang, vergaß Raphael alles andere. Vergaß, wie nervtötend anstrengend der Irdische war. Vergaß, dass Valentin als greifbare Bedrohung über der Schattenwelt hing. Vergaß, was es hieß, die Sonne nie wieder zu sehen. Er hatte auch die Zeit vollkommen vergessen. Als Simons Handy klingelte, war es schon nach 10Uhr morgens. Dadurch, dass das gesammte Hotel zugemauert war und kein Sonnenstrahl hinein drang, war die Tageszeit nicht immer gut einzuschätzen. Für Clarry jedoch, mit der Simon sich nun gut gelaunt unterhielt, hatte bereits ein neuer Tag begonnen. Raphael gähnte herzhaft, als Simon im Gespräch durchs Zimmer wanderte und schließlich für einen Augenblick im Bad verschwand, vermutlich um etwas Privatsphäre zu bekommen, und beschloss gleich ins Bett zu gehen. Sein Gedanke wurde jedoch abbrubt auf etwas völlig anderes gelenkt, als sein Blick auf einen noch nicht ausgeräumten Karton fiel. Oben drauf an der Seite steckte eine Broschüre, die seine Aufmerksamkeit erregt hatte und als er sie heraus zog, bestätigte sich sein Verdacht. Was zum . . . ?! Seine Augen flogen über den Titel und er blätterte die ersten Seiten auf, überflog sie eilig. Er warf einen Blick zur Badezimmertür und zögerte. Dann las er. . . . solltest du wissen, dass ich noch der gleiche Mensch bin, wie zuvor. Schwul zu sein, ist nicht das wichtigste an mir. Es ist lediglich ein Teil von der Person, die ich nun mal bin. Ich weiß, dass du möglicherweise eine vorgefasste Meinung über Homosexuelle hast . . . Als die Klinke der Badezimmertür herunter gedrückt wurde, fuhr Raphael zusammen, faltete das Heft zusammen und steckte es blitzschnell zurück in den Karton. Mit unschuldiger Miene saß er auf dem Bett und gab sich alle Mühe, sich nichts anmerken zu lassen. Scheiße, wenn er das gerade richtig verstanden hatte – und eigentlich gab es da kaum etwas falsch zu verstehen . . . Simon sah ihn fragend an. Vermutlich stand ihm die Verblüffung ins Gesicht geschrieben. Verlegen wandte er den Blick ab und kam auf seinen ursprünglichen Plan zurück. „Ich werd’ mal schlafen gehen.“, sagte er und stand auf. „Ist schon mitten am Tag, ich bin totmüde.“ „Eher tot und müde.“, erwiederte Simon trocken, dann grinste er. Raphael lachte leise. Sieh mal einer an, der Kleine findet seinen Humor wieder! „Ja, so in der Art.“, antwortete er schmunzelnd. _____________________________________________________________________________ Ich mag das 3. Kapitel, da die beiden anfangen sich besser kennen zu lernen und ihre Meinung über den anderen zu verändern. :3 Kapitel 4: 4. Kapitel --------------------- Simon ging die Straße zum Hotel hinunter und zog sein Handy aus der Hosentasche, dass zum siebten mal vibrierte. Eingehender Anruf von Raphael. Er verdrehte die Augen und drückte ihn kurzentschlossen weg. Er würde in zwanzig Metern eh zu Hause sein. Der Vampir führte sich wirklich schlimmer auf als seine Mutter früher. Seit dem Vorfall beim Jade Wolf vor zwei Wochen klettete der Unterweltler noch mehr an ihm, als vorher. Er wartete nur noch darauf, dass er ihn wieder im Hotel einsperrte und ihm gar nicht mehr erlaubte, vor die Tür zu gehen. Er drückte die Eingangstür auf und stieg die Treppe zu den oberen Etagen hinauf. Auf halber Strecke kam ihm ein ziemlich schlecht gelaunter Vampir entgegen. Raphaels dunkle Augen funkelten bedrohlich und seine Lippen hatten sich zu einem schmalen Strich verzogen. Er stellte sich ihm in den Weg und knurrte ihn wütend an. „Wo warst du, Idiota?!“ Simon blickte ihn genervt an und versuchte sich an ihm vorbei zu schieben, doch sein Gegenüber trat einen Schritt zur Seite und versperrte ihm den Weg. „Warum gehst du nicht ans Telefon?!“ Die Laune des Älteren sank heute Nacht wirklich verdächtig Richtung Nullpunkt. „Vielleicht solltest du mal was frühstücken, du bist echt ätzend, wenn du Hunger hast.“, konterte Simon und startete einen neuen Versuch, auf sein Zimmer zu gelangen. Raphael hielt ihn mit einer Hand auf der Brust zurück. Er war stärker, als er aussah. „Das würde ich, wenn ich noch Zeit dafür hätte und nicht ständig die halbe Stadt nach dir absuchen müsste!“, flüsterte er gereizt, wobei sein Gesicht nur wenige Zentimeter von Simons entfernt war. Einen Moment schwiegen sie sich an, dann erwiederte Simon: „Wenn es dich so brennend interessiert, ich war im Kino. Mit Clarry. Handys hat man dort für gewöhnlich eher auf lauflos . . !“ Das reichte, um das dünne Nervenkostüm des Vampirs zum Zerreißen zu bringen. Raphael packte ihn am Kragen, warf ihn herum und drückte ihn mit dem Rücken gegen die Wand. „Das ist ja auch so super wichtig zur Zeit!“, schrie er ihn an. „Ja! Oder soll ich etwa den Rest meines Lebens damit verbringen hier im Hotel zu hocken und Sudokus zu lösen?!“, blaffte er zurück. „Ach Verzeihung – den Rest meines Todes, meine ich natürlich! Verdammt, ich hab noch die Ewigkeit vor mir und fange jetzt schon an mich zu langweilen!“ Er hatte nun entgültig die Schnauze voll von Raphaels Verhalten und machte seinem angestauen Ärger Luft. Simon würde behaupten, der Blutsauger wurde bleich, wenn dieser das nicht ohnehin schon gewesen wäre. „Aburrir?! Ist ja super!“ Es folgte eine Reihe spanischer Flüche. Seine Hände hielten noch immer seinen Hemdkragen fest umklammert und er presste ihn unausweichlich mit seinem Körper gegen die Wand. „Was ist dein verdammtes Problem?!“ Simon hatte nach seinen Handgelenken gegriffen und veruschte vergeblich sich los zu machen. „Mi problema?! Dass du da draußen leichtfertig dein Leben auf’s Spiel setzt!“ Raphael war noch immer wütend, wich nun allerdings seinem Blick aus und lockerte seinen Griff leicht. Simon ließ den Kopf gegen die Tapete zurücksinken und hielt noch immer die Arme des anderen fest. „Was meinst du damit?“, harkte er nach, da ihn der veränderte Ausdruck im Gesicht seines Gegenübers stutzig gemacht hatte. „Camille ist tot.“ „Die Wölfe aber nicht.“ „Sie werden mir nichts tun.“ „Das weißt du nicht.“ Die braunen Augen des Südländers blickten tief in seine eigenen. „Außerdem ist Valentin noch da draußen.“, ergänzte er dann. Simon schwieg und sein Atem ging schnell von der aufgewühlten Situation. Im nächsten Moment ließ Raphael ihn los und wandte sich ab. Er blieb mit dem Rücken zu ihm stehen und schlug mit der Faust heftig gegen das Treppengeländer. „Ich hab dir dein verdammtes Leben gerettet! Mehrfach! No quiero perdente . . .“ Simon blickte den Schattelweltler verwirrt an. „Du machst dir Sorgen um mich?“ Er wusste, dass aller Ärger, den er anzettelte, auf Raphael zurück fiel. Gerade bekam er allerdings den Eindruck, dass dem Blutsauger wirklich etwas an ihm lag. „Hör mal, ich . . .“, setzte er an, doch Raphael schnitt ihm das Wort ab. „Vergiss es einfach, okay?“, knurrte er, stieß ihn beiseite und verschwand die Treppe runter. Erschlagen blieb Simon auf der Treppe stehen und sah ihm nach. Er fuhrt sich irritiert durch’s Haar und dreht sich schließlich um, um auf sein Zimmer zu gehen. Raphael bekam er die ganze restliche Nacht nicht mehr zu Geischt und am Morgen lag er noch lange wach und dachte nach. Wir Vampire achten auf einander. . . Kamen ihm seine Worte wieder in den Sinn und bevor er einschlief sah er immer wieder diese dunklen, funkelnden Augen vor sich. No quiero perdente . . . flüsterte eine Stimme in seinem Kopf, ehe er in einen kurzen, unruhigen Schlaf fiel. Die folgenden Tage verliefen verhältnismäßig ruhig. Raphael ging ihm mehr oder weniger aus dem Weg und Simon hielt sich überwiedend im Hotel auf. Es gab zwar keine weiteren Auseinandersetzungen, doch die schlechte Stimmung hing schwer und erdrückend in der Luft. Clarry verbrachte immer mehr Zeit mit Jace und ihr Kontakt beschränkte sich zur Zeit auf einige Telefonate. „Was ist los, dich bedrückt doch irgendetwas?“, hatte sie ihn eines Abends gefragt. Doch Simon konnte selbst nicht genau sagen, was es war. Er bekam Raphael und ihren Streit nicht aus dem Kopf, wünschte sich die unbefangenen Nächte zurück, in denen sie zusammen Musik gemacht und sich bis früh morgens unterhalten hatten. Als er sich an einem Abend endlich wieder mit seiner besten Freundin traf, hatten sie sich im Jade Wolf verabredet. Simon konnte einen Tapetenwechsel gut gebrauchen und saß nun der Rothaarigen gegenüber, die sich über einen Teller mit Frühlingsrollen her machte. Er selbst hatte ein Glas mit frischem Ziegenblut vor sich stehen, dass Luke für ihn aufgetrieben hatte. „Verdirbt dir das nicht den Appetit?“, fragte er zum dritten mal nach. Sie lächelte verständnisvoll und schüttelte den Kopf. „Nicht mehr. Wir müssen uns daran gewöhnen also . . . sollten wir das Beste darauß machen.“ Er sah sie an und empfand größten Respekt für die Akzeptanz, die sie ihm und seinen Problemen entgegen brachte. „Es sieht ja auch längst nicht mehr zu abartig aus, wie dein erster Versuch.“, fügte sie hinzu und Simon blickte verlegen und sein Glas. Das Blutbad auf dem Friedhof würden sie so schnell beide nicht vergessen. „Raphael hatte Recht. Man bekommt das unter Kontrolle.“ Clarry blickte auf und sah ihn fragend an. „Kommst du zurecht mit ihm?“ Ihre Stimme klang besorgt und Simon wandt sich unter ihrem Blick. „Ähm, ja. Schon. Irgendwie.“ „Irgendwie?“ Sie legte die Gabel beiseite und betrachtete ihn forschend. „Simon. . .“ „Er ist wirklich in Ordnung.“, begann dieser sein Clanoberhaupt zu verteidigen. „Ich mein – er hat mir das Leben gerettet. Und wusstest du, dass er sich für Musik interessiert?“ Die Schattenjägerin sah ihn an, als sei er auf den Kopf gefallen. „Hab ich irgendwas verpasst?“ Simon kam nicht mehr dazu, zu antworten, denn in der nächsten Sekunde krachte ein großer Wolf durch die Tür und riss ihn aus der Sitzecke. Völlig überrumpelt krachte er unsanft an die gegenüberliegende Wand und blieb benommen auf dem Boden liegen. Clarry schrie und war aufgesprungen, zog ein Engelsschwert, dass augenblicklich zu leuchten begann, als sie seinen Namen rief. „Was hast du getan?!“, schrie sie und richtete die Klinge gegen den Werwolf, der knurrend auf dem Gang des Restaurantes stand und Simon fixierte. Seine Muskelns waren angespannt und das Tier bereit zum erneuten Angriff. „Du wirst ihm kein Haar krümmen!“ Clarry wollte sich auf den Wolf stürzen, als Luke ihr zuvor kam. Ebenfalls ins Form eines übergroßen Hundes sprang er auf sein Rudelmitglied zu und holte ihn von den Füßen, ehe dieser sich wieder aufrappelte, und erneut den jungen Vampir attakierte, der sich am Boden wandt. Einige weitere Wölfe hatten sich versammelt, wagten es allerdings nicht, sich in den Streit mit ihrem Rudelführer einzumischen. Clarry stand wie versteinert da und konnte keinen klaren Gedanken fassen. Sie wusste nicht, was sie tun sollte, ohne in dem Gemenge selbst Simon oder Luke zu verletzen. Nach einigen Minuten jaulte der andere Wolf auf und blieb ergeben liegen, während Luke über ihm stand und ihn mit dem Maul an der Kehle gepackt nach unten drückte. Wenige Sekunden später verwandelten sich beide Männer zurück in ihre menschliche Form. Luke keuchte und starrte seinen Stellvertreter entsetzt an. “Alarick! Was zur Hölle tust du?!“ „Was tust du, verdammt?! Warum ist hier ein Blutsauger?!“ Clarry starrte die beiden mit weit aufgerissenen Augen an, dann rannte sich los und fiel neben Simon schlitternd auf die Knie. „Simon! Oh Gott, Simon!“ Der Junge regte sich nicht und tiefe Klauenspuren zogen sich quer über seinen Oberkörper. Verzweifelt zog sie seinen Kopf auf ihren Schoß und Tränen liefen über ihre Wangen, ohne das sie es bemerkte. Sie angelte mit zitternder Hand ihr Handy aus der Tasche und suchte im Adressbuch nach Jace’ Nummer. „Ruf Magnus an.“, unterbrach Luke sie, der sich in diesem Moment neben sie hockte und nahm ihr sanft aber bestimmt das Telefon aus der Hand. „Aber . . .“, wollte sie protestieren, als er den Anruf wegdrückte und stattdessen die Nummer des Hexenmeisters wählte. „Jace kann dir jetzt nicht helfen. Magnus wird ihn heilen.“ Er legte eine Hand auf ihre Schulter und drückte sanft zu. Dann sprach er einige schnelle Worte mit dem Warlock und schilderte in knappen Sätzen, was geschehen war. Als er aufgelegt hatte, wandte er sich an Alarick, der kleinlaut ein Stück entfernt saß und den drohenden Blicken seines Anführers auswich. „Simon ist Clarissas bester Freund und sie wie eine Tochter für mich!“, fuhr Luke ihn an und tat auf ihn zu. Der Wolf war eine Zeit nicht in der Stadt gewesen, um einige Angelegenheiten für das Rudel zu regeln. Als er zurück kam und sich plötzlich einem fremden Vampir gegenüber wiederfand, der die Dreistigkeit besaß, sich mitten in ihren Terretorium herum zu treiben, waren ihm die Sicherungen durchgebrannt. Clarry hörte dem lautstarken Wortwechsel nicht länger zu. Sie hielt Simon im Arm und betete, dass er das hier überstehen würde. Sie zuckte zusammen, als sich eine goldbraune, mit funkelnden Ringen besetzte Hand behutsam auf ihren Arm legte. Sie hatte kein Gefühl dafür, wie lange sie hier gesessen hatte, als Magnus Bane vorsichtig, aber bestimmt, ihre Umklammerung um den jungen Untoten löste. Seine Finger flogen über den Körper des Vampirs und blaue Funken tanzen über das blutverschmierte, zerfetzte Shirt. Der Atem des Jungen ging flach und sein Gesicht blieb reglos, als würde er schlafen. Minuten vergingen und Clarry hielt den Atem an, ihr ganzer Körper war verkrampft und Panik machte sich in ihr breit. Schreckliche Bilder schossen durch ihren Kopf, als sie sich daran erinnerte, wie Raphael auf den Stufen der Treppe vor dem Institut gehockt hatte und den leblosen Körper Simons beinahe zärtlich in seinen Armen hielt. Sie könnte ihn nicht noch einmal verlieren, das würde sie nicht ertragen! Wie durch dichten Nebel drang Magnus’ Stimme zu ihr durch, bis sie bemerkte, dass er sie anscheinend bereits mehrfach angesprochen hatte. „Er wird es überleben.“, sagte der Halbdämon ruhig. „Naya, soweit ein ohnehin schon Toter etwas überleben kann.“, fügte er mit schwarzem Humor und einem schiefen Grinsen hinzu. „Entschuldige.“ Er stand auf und trat beiseite. „Ihr solltet ihn hier wegbringen.“, sagte er an Luke gewandt, der nickte. „Ich fahr den Pick Up vor. Wir bringen ihn zu mir.“ _____________________________________________________________________________ Huii ein etwas emotionsgeladenes Kapitel. :D Auf das nächste Kapitel dürft ihr euch schon mal freuen, denn es wird endlich ein bisschen slashiger... ;) Kapitel 5: 5. Kapitel --------------------- Huhu ihr Lieben! ^-^ Ab dem 5. Kapitel gibt es endlich etwas mehr slash zu lesen ;) Ich wollte versuchen das Ganze etwas realistischer zu gestalten und sie nicht gleich nach zwei Zeilen ins Bett hüpfen zu lassen. :3 In dem Sinne, have fun _____________________________________________________________________________ Clarry wich Simon nicht von der Seite, als Luke seinen Geländewagen so dicht es ging an der Haustür parkte und anschließend mit Magnu’s Hilfe den Vampirjungen ins Haus brachte. Magnus sorgte mit einigem Fingerschnipsen und auffällig viel blauen Glitzerfunken dafür, dass Lukes Keller soweit umgestaltet wurde, dass es hier sogar richtig gemütlich wurde. Sie legten ihn auf einem großen Bett ab und Clarry fragte sich im Stillen, welcher Mundi nun wohl ein leergeräumtes Schlafzimmer vorfinden würde. Im Augenblick war ihr das jedoch ziemlich egal. Simon gab einen gequählten Laut von sich und verzog schmerzhaft das Gesicht. Clarry war sich nicht sicher, ob sie das schrecklich finden oder erleichtert sein sollte, dass er ein Lebenszeichen von sich gab. Sie stand am Kopfende des Bettes und hielt seine kalte Hand in ihrer, während Luke vorsichtig die Reste seines T-Shirts entfernte und seine Verletzungen verband. Er unterhielt sich leise mit Magnus, der mit seiner Magie noch etwas nachhielf und Clarry versicherte, dass ihr Freund wieder in Ordnung kommen würde. Als Luke fertig war, sah er Clarry an. „Du solltest Raphael anrufen und ihn informieren, warum Simon nicht zurück ins Hotel kommt.“, sagte er. Die Schattenjägerin blickte ihn mit wenig Begeisterung an, sah dann aber ein, dass Luke Recht hatte und es das einzig Vernünftige war. Sie nahm ihr Handy zurück, dass er ihr reichte und suchte die Nummer des Vampirs raus. Dieser fluchte am anderen Ende der Leitung lautstark, nachdem sie berichtet hatte, was im Jade Wolf passiert war. Nach einem kurzen Wortwechsel nahm sie das Handy vom Ohr und starrte es verwirrt an. Luke hob fragend eine Augenbraue. „Aufgelegt.“, beantwortete Clarry seinen Blick und wusste selbst nicht, was sie davon halten sollte. „Er sagt, er kommt hier her.“ Es dauerte keine fünfzehn Minuten, da hörten sie draußen das entfernte Knattern eines Motorrads, welches lauter wurde und schließlich vor dem Haus abgestellt wurde. Clarry, die im Keller geblieben war, hörte die Haustür aufgehen und gedämpftes Stimmgewirr vom Erdgeschoss zu ihr hinunter dringen. Dann eilte jemand die Treppenstufen hinunter und im nächsten Moment wurde die Tür aufgerissen. Raphael kam mit bleichem Geischt und verschlossener Miene herein und trat ohne Umschweife sofort zu ihr ans Bett. „Este maldito idiota!”, fluchte er und seine Augen flogen über Simons Oberkörper, der fast komplett einbandagiert war. „Qué haces sólo?”, fügte er dann leiser und sehr viel ruhiger, regelrecht besorgt, hinzu. Clarry warf ihm einen überraschten Blick zu. Sie kannte den Blutsauger nicht besonders gut und konnte nicht abstreiten, dass er sich bisher gut um Simon gekümmert hatte, seit dieser in eines der Kinder der Nacht verwandelt worden war. Dennoch war ihre erste Begegnung nicht besonders erfreulich gewesen, wodurch sich ihre Sympathie für den Vampir in Grenzen hielt. Als dieser jedoch nun hier neben ihr stand und mit blassen Fingern über den Verband ihres besten Freundes strich, bemerkte sie die offensichtliche Besorgnis, die darin mitschwank. Simon war Raphael nicht länger egal, erkannte sie. Und es würde nicht nur sie, sondern auch ihn treffen, wenn sie ihn verloren hätten. Magnus und Luke erschienen im Türrahmen und Raphael löste sich vom Anblick des verwundeten New Yorker Jungen. Er trat auf den Hexenmeister zu, zog ein Bündel Geldscheine aus der Hosentasche und reichte sie ihm. „Danke Magnus.“, sagte er und sah dem Halbdämon fest in die Augen. Clarry registrierte die Bezahlung im ersten Moment etwas irritiert, dann aber realisierte sie, dass es natürlich Magnus’ Job war, seine Kräfte an Unterweltler und Shadowhunter zu verkaufen. Ihre Mutter hatte ihn schließlich auch reichlich entlohnt dafür, dass er über Jahre immer wieder ihre Kindheitserinnerungen verschlossen hatte. Der Warlock sprach mitlerweile mit Luke und verabschiedete sich schließlich. Als der Werwolf kurz darauf wieder nach unten kam, sah er Clarry und Raphael fragend an. „Also, wir können jetzt nichts tun, außer abwarten . . .“ Er blickte zu Clarissa. „Du solltest versuchen etwas zu schlafen.“ Als sie energisch den Kopf schüttelte und widersprechen wollte, mischte Raphael sich ein. „Ist schon okay, Clarry, ich werde hier bleiben. Leg du dich hin, es ist mitten in der Nacht.“ Sie schien nicht überzeugt und wollte etwas erwiedern, doch Luke stimmte dem Vampir zu. „Es hift niemandem, wenn du hier stehst und dich verrückt machst. In ein paar Stunden geht die Sonne auf und die beiden sitzen so oder so hier fest. Sie werden also definitiv noch da sein, wenn du aufwachst. Leg dich bitte hin.“ Seiner Betonung nach, war es keine Bitte und das Mädchen gab nach, da es im Grunde Sinn machte, was die beiden Schattenwesen sagten und sie ohnehin völlig geschlaucht war. „Eine Bitte hätte ich dann aber noch . . .“, warf Raphael an Luke gewandt ein. „Mein Motorrad, es läuft mit Dämonenenergie . . .“ Der Werwolf nickte verstehend und hatte sich soetwas schon gedacht. „Ich werd mich drum kümmern.“, antwortete er und macht sich auf den Weg nach oben, um die Maschine vor dem nahenden Sonnenlicht zu schützen. Clarry schob er dabei sanft, aber bestimmt vor sich her und schloss die Tür hinter ihnen und die zwei Vampire damit im Keller ein. Raphael brauchte nicht lange, damit sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Er sah sich um, zog sich einen Sessel an das Bett heran und ließ sich darauf nieder. Dann betrachtete er seinen Schützling, der reglos da lag und doch selbst im Schlaf keine Entspannung zu finden schien. Seine Gesichtszüge wirkten verkrampft und er hatte offensichtlich Schmerzen. Der Vampir strecke seine Hand aus und strich ihm behutsam eine Strähne seiner etwas längeren, braunen Haare aus der Stirn, die ihm zerzaust ins Gesicht hing. Sein Atem ging flach, aber gleichmäßig. Er war sich sicher, dass es ihm bald wieder besser gehen würde. Er kannte Magnus schon lange und vertraute ihm und seinen Fähigkeiten. Alles Weitere würde Simons Körper allein schaffen und sich dank der Kräfte eines Vampirs von selbst heilen. Lange saß er in dieser Nacht an Simons Bett und betrachtete ihn. Unter seinem Verband zeichneten sich Muskeln ab, die er nicht erwartet hatte. Der Irdische hatte sich verändert, seit er zu einem der seinen geworden war. Sein unscheinbares Auftreten war einer gewissen Ausstrahlung gewichen. Kleine spitze Eckzähne blitzten zwischen seinen Lippen hervor und einen Augenblick lang blieben Raphaels Augen an ihnen hängen. Er musste auf einmal an die Broschüre denken, die er in seinen Sachen gefunden hatte und schluckte. Wohl wissend, dass der andere sein Tun nicht bemerken würde, strich er vorsichtig mit den Fingern über seine Wange, ließ sie an seinem Hals hinab wandern, hielt kurz Inne, eher er sie seine Brust entlang und über seinen flachen Bauch fahren ließ. Als eine dünne Bettdecke ihn stoppte, zog er die Hand entschlossen zurück. Er hatte kein Recht dazu. Außerdem, wollte er, wenn er ganz ehrlich zu sich selbst war, nicht drauf verzichten, Simons Reaktion mitzubekommen. Das Erste, was Simon war nahm, war ein dunkler Raum, der nicht sein Zimmer im Dumort war. Seine Augen, die an die Nacht gewöhnt waren, hatten zwar keine Schwierigkeiten damit, seine Umgebung wahr zu nehmen, doch hatte er nicht die geringste Ahnung, wo er sich befand. Als er sich aufsetzen wollte, spürte er einen stechenden Schmerz auf der Brust und ein Blick an sich hinab zeigte ihm auch den Grund dafür. Er verzichtete vorerst lieber auf einen zweiten Versuch und blieb liegen. Vorsichtig tastete er nach dem Verband und verzog schmerzhaft das Gesicht. Dann erinnerte er sich wieder, wie er mit Clarry beim Chinesen gesessen hatte – als einer der Wölfe ihn plötzlich angegriffen hatte. Warum genau oder was danach passiert war, hatte er keine Ahnung. Als er sich weiter umsah, entdeckte er die Gestalt, die neben ihm in einem Sessel zusammengesunken war und dabei halb auf seinem Bett hing. Raphael. Er lag mit dem Großteil seines Oberkörpers auf der Matratze, hatte einen Arm über Simons Bauch gelegt und wirre, schwarze Locken hingen ihm ins Gesicht. Der Vampir schlief. Einige Sekunden lang konnte er den Südländer nur ansehen. Einem Impuls nach, hätte er ihn am liebsten hochgehoben und vernünftig auf das Bett gelegt. Diese Haltung konnte einfach nicht bequem sein. Sein angeschlagener Körper jedoch hinderte ihn daran. Eine Weile ruhte sein Blick auf ihm und er stellte fest, wie friedlich der Blutsauger im Schlaf wirkte. Seine harte Maske, die arrogante, überhebliche und bestimmende Art – all das war wie weggefegt. Stattdessen sah er einfach nur einen Jungen spanischer Herkunft vor sich, der vor Jahren einen dummen Fehler begangen hatte und aufgrund dessen zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen war. Er sah so unglaublich jung aus, wenn man ledigtlich seinen Körper vor sich hatte, der nicht mehr in der Lage zu altern war und die durch die Jahre und Erfahrungen gezeichneten Gesichtszüge unschuldig dalagen. Simon tastete nach seinem Handy und fand es zu seiner eigenen Überraschung tatsächlich in seiner Hosentasche wieder. Ein Blick darauf sagte ihm, dass es gleich zwei Uhr mittags war. Er hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Er musste noch ein oder zwei mal wieder eingenickt sein, als er später erneut aufwachte, da sich etwas auf der Matratze bewegte. Verschlafen blinzelte er und sah in zwei dunkle Augen, die noch ebenso verpennt dreinblickten und auf ihn gerichtet waren. Raphael richtete sich auf und streckte sich, rieb sich den Nacken, den er sich offenbar ein wenig verlegen hatte. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf seinen Schützling. „Wie geht’s dir?“ Simon fasste an seine Brust und stellte überrascht fest, dass die Schmerzen beinahe verschwunden waren. „Schon viel besser.“, meinte er und setzte sich langsam auf. Der ältere Vampir stand auf, ging einmal um das Bett herum und kramte dort in einigen Sachen. Dann kam er zurück, legte frisches Verbandszeug auf der Matratze ab und setzte sich zu ihm auf die Bettkante. „Darf ich mal?“ Schlanke Finger machten sich geschickt daran, den Verband zu entfernen und Simon ließ ihn gewähren. Lange, parralel verlaufende Klauenspuren kamen darunter zum Vorschein und Raphael sog scharf die Luft ein. „Das ist schon gut verheilt. Aber wenn ich überlege, wie das gestern ausgesehen haben muss . . .“ Er brauchte den Satz nicht zu beenden, damit Simon wusste, in was für einer ernsten Lage er sich befunden hatte. Allmählich verstand er die paranoiden Versuche des Vampirs, ihn vom Jade Wolf fern zu halten und ein leicht schlechtes Gewissen breitete sich in ihm aus. „Genau das hast du befürchtet, oder?“, sagte er und blickte auf seinen Schoß, wo er an einem Zipfel der Bettdecke herum spielte. „Chinatown ist einfach keine Gegend für einen Vampir. Und hör endlich auf andauernd zu widersprechen und dich mir zu widersetzen.“ Raphael sah beschäftigt auf seine Hände, die sorgfältig einen neuen Verband um Simons Oberkörper wickelten. Er tat vielleicht so, als würde ihn die Situation nicht kratzen, aber Simon wusste es besser. Gegen zwei Uhr nachts ging es Simon wieder gut genug, um sich mit seinem Begleiter auf den Weg zurück zum Hotel zu machen. Dieser ließ sein Bike vorerst bei Luke stehen und griff aus Rücksicht auf Simon auf das New Yorker U-Bahn Netz zurück. Die Stadt war verhältnismäßig ruhig um diese Zeit, wenn man sich nicht in den Vierteln der feierwütigen Mundis aufhielt und auch die zwei Schattenwesen hatten sich hier in der Öffentlichkeit nicht viel zu sagen. Beide schienen ihren Gedanken nachzuhängen. Simon warf gelegentlich einen Blick auf Raphael, der sich in Schweigen hüllte. Erst im Hotel, schien der Vampir seine Sprache wieder zu finden. Er folgte Simon auf sein Zimmer und schloss die Tür hinter ihnen ab. Fragend sah der Jüngere ihn an und Raphael fuhr sich durch’s Haar, suchte nach den richtigen Worten. „Ich muss was mit dir besprechen.“, setzte dieser schließlich an. Jetzt kommt’s, dachte der Angesprochene und hatte keinen blassen Schimmer, was ihn erwartete. „Hab ich jetzt Hausarrest?“ Raphael verdrehte die Augen und schüttelte leicht genervt mit dem Kopf. „Du bist kein kleines Kind mehr, auch wenn du dich oft so verhälst.“ Unruhig tigerte er durch das Zimmer. „Was da gestern passiert ist . . . Ich kann dich nicht Rund um die Uhr überwachen.“ „Aber beinahe.“, bemerkte Simon spitz, dem diese Kletten-Nummer seit Wochen auf die Nerven ging. Raphael warf ihm einen bösen Blick zu, der ihn zum Schweigen brachte. „Ich mein’s ernst. Du musst lernen dir im Ernstfall selbst helfen zu können.“ Simon nickte, da es auch in seinen Augen Sinn machte. Er hatte keine Lust länger unnütz, wenn nicht sogar als zusätzliche Last, daneben zu stehen, wenn Gefahr drohte und sich beispielsweise von Izzy und Clarry retten zu lassen. „Okay.“, stimmte er zu. „Dann trainier mich.“ Er hob die Schultern wie um zu sagen, wo ist das Problem? Der Schwarzhaarige blieb mit dem Rücken zu ihm stehen und starrte sein Bücherregel an. „Da ist noch etwas.“ Fragend sah Simon ihn an und wartete. „Ich will etwas ausprobieren.“ Entschlossen drehte der Vampir sich um und kam auf Simon zu. „Du hast dich immer wieder vom Hotel angezogen gefühlt, nachdem du mich als Ratte gebissen hast.“, begann er zu erklären. Er sprach schnell, wie um sich selbst davon abzuhalten, jetzt noch einen Rückzieher zu machen. Unmittelbar vor dem jüngeren Kind der Nacht blieb er stehen und sah ihm in die braunen Augen. „Du hattest nur ein paar Tropfen getrunken und trotzdem hast du lange Zeit eine Wirkung gemerkt.“ Er zog ein Messer von seinem Gürtel und hob es an seine eigene Kehle. Simon starrte den anderen sprachlos an. Er hätte mit allem gerechnet, aber nicht damit. „Vampire können über ihr Blut eine Verbindung zueinander aufbauen.“, flüsterte er und zog die Klinge in einer langsamen, gekonnten Bewegung dicht an seiner Halsschlagader enlang. Sofort trat aus dem Schnitt ein leuchtend roter Blutstropfen hervor und bahnte sich langsam seinen Weg an Raphaels Hals hinab. Simons Herz schlug ihm bis zum Hals und er schluckte heftig. Er konnte seinen Blick nicht losreißen von dem, was der andere Vampir da tat. Um dem Anblick, der sich ihm bot, wiederstehen zu können, hätte sehr viel mehr Übung und Selbstbeherrschung gebraucht, als er nach seinen wenigen Wochen als wandelnde Fledermaus aufbringen konnte. Wie betäubt nahm er wahr, wie sich eine Hand an seine Hüfte legte. Das Messer fiel mit einem dumpfen Geräusch zu Boden, als Raphael es fallen ließ. Dann zog er den anderen am Bund seiner Jeans zu sich heran und überwandt die letzten Zentimeter zwischen ihnen. „Beiß mich.“, hauchte er ihm ins Ohr und legte den Kopf anbietend zur Seite. Und Simon biss zu. Mit aller Kraft schlug er seine Fänge in Raphaels Hals und klammerte sich gleichzeitig mit beiden Händen an ihm fest, schloss die Augen und trank in gierigen Schlücken sein Blut. Nichts, was er je zuvor gegessen oder getrunken hatte, hatte annähernd so gut geschmeckt. Er spürte regelrecht, wie die Kraft des anderen in ihn hinein ströhmte und das Tierblut, von dem er sich ernährte, war wirklich Nichts im Vergleich zu dem, was er hier kosten durfte. Als der größte Hunger gestillt war und er wieder irgendeinen klaren Gedanken fassen konnte, kurz von ihm abließ und sich über die Lippen leckte, befreite Raphael sich von ihm, drehte sich mit ihm herum und drängte ihn bestimmend zurück, bis er mit dem Rücken gegen die Wand krachte. Er packte ihn an den Schultern, hielt ihn fest und senkte seinen Kopf an Simons Hals. Einen Augenblick lang fühlte er seinen Atem hauchzart über seine empfindliche Haut streichen und ein Schauer ging durch seinen gesammten Körper. Dann drückten sich mit tödlicher Präzision zwei nadelspitze Eckzähne in sein Fleisch. Simon keuchte überrascht auf und ihm währen beinahe die Beine weggesackt, hätte der Vampir ihn nicht festgehalten. Er sah vor seinen Augen Sternchen tanzen und krallte sich an den Klamotten des anderen fest. „Oh . . . Fuck!“, kam es ihm über die Lippen und er hatte keine Chance den Gefühlen die ihn überrollten irgendetwas entgegenzusetzen. Panik machte sich in ihm breit, als er bemerkte, wie sein Körper auf diese Erfahrung reagierte und ein Teil von ihm wollte nicht, dass der andere seine Errektion bemerkte. Dummerweise war der restliche Anteil von ihm einfach nicht fähig zu reagieren und Raphael presste ihn zudem noch immer gegen die Wand, sodass ihm nicht besonders viel, um nicht zu sagen gar kein, Spielraum blieb. Er biss sich auf die Unterlippe, als dieser seine Hüfte vor schob und musste sich ein Aufstöhnen unterdrücken. Benebelt registrierte er allerdings, dass auch sein Gegenüber hart geworden war. Er gab den Versuch auf, irgendeinen brauchbaren Gedanken fassen zu wollen und ließ sich mitreißen, bis Raphael schließlich keuchend von ihm abließ und sich mit beiden Händen neben ihm an der Wand abstützte. Einen Augenblick lang sagte keiner von beiden ein Wort. Glühende braune Augen bohrten sich in seine eigenen und Simons Herz klopfte wie wild, seine Wangen waren gerötet und sein ganzer Körper glühte. Raphael war es schließlich, der sich aus seiner Starre löste, sich abbrubt von dem jüngeren losriss und herumwirbelte. Simon wusste nicht, wie ihm geschah, als der Vampir verschwandt und die Zimmertür lautstarkt hinter sich zu knallte. Er ließ sich an der Wand herunter rutschen und blieb eine ganze Weile auf dem Fußboden sitzen. In seinem Kopf herrschte das totale Chaos. Als er sich später zwang aufzustehen und sich ins Bett zu legen, war an Einschlafen nicht zu denken. Raphael befand sich zur selben Zeit nicht weit entfernt in seinem eignen Zimmer. Simon wusste das. Er konnte es fühlen. Kapitel 6: 6. Kapitel --------------------- Simon wachte am nächsten Abend nach einem unruhigen Tag auf, an dem er kaum Schlaf gefunden hatte. Das Erste, was er spürte, was Raphaels Anwesenheit im Gebäude. Er kostete ihn keine große Mühe genau zu wissen, wo der andere sich befand und er verstand nun, was der Sinn der Sache gewesen war. Sein Clanoberhaupt würde von nun an immer wissen, wo er ihn finden würde und ob es ihm gut ging. An sich deine nützliche Sache, musste Simon sich eingestehen. Wenn da nicht gefühlte hundert andere Dinge wären, die ihn gnadenlos davon abhielten, sich über sein neuerworbenes Sicherheitssystem zu freuen. Einmal angefangen damit, wie ihre kleine Zwischenmahlzeit letzte Nacht dezent aus dem Ruder gelaufen war. Er stand auf, ging zu seiner Zimmertür und schloss sie ab. Ihm war zur Zeit wirklich nicht danach, dem Blutsauger zu begegnen. Also beschloss er hier zu warten, bis der andere verschwunden war. Um sich die Zeit zu vertreiben, ging er erst einmal ins Bad, um zu duschen. Er zog sich das Shirt, dass er zum Schlafen getragen hatte, über den Kopf und betrachtete seinen verbundenen Oberkörper im Spiegel. Vorsichtig löste er den Verband und wickelte ihn Stück für Stück ab. Zu seinem Erstaunen war die Verletzung vollständig verheilt. Wow, an diesen netten Nebeneffekt seines neuen Lebens konnte er sich gewöhnen. Er tastete über die Klauenspuren, die sich nun nur noch als Narben quer über seine Brust zogen, spürte aber keine Schmerzen mehr. Dann ließ er seine Boxershorts auf den Kachelboden fallen, stellte das Wasser an und trat unter den warmen Strahl. Einen Moment schloss er die Augen und genoss die Dusche, wurde nun endgültig wach und versuchte die Erinnerungen an letzte Nacht einfach fort zu spühlen. So richtig gelingen wollte ihm das allerdings nicht. Im Gegenteil. Immer wieder tauchten Bilder vor seinem inneren Auge auf, wie der Vampir ihn gepackt und leidenschaftlich gegen die Wand gedrückt hatte. Er erinnerte sich an seine spitzen Eckzähne, die zwischen seinen Lippen hervor blitzen. An zwei tiefbraune Augen, die ihn ansahen und ihm eine Gänsehaut bescherten. Erschrocken öffnete er die Augen und fuhr sich mit den Händen über das Gesicht. Verdammt was war denn nur los mit ihm?! Ein Blick an sich hinab zeigte ihm, dass auch sein bestes Stück erneut auf die Erinnerungen ansprang. Klasse, er hatte einen Ständer, weil er an einen Vampirfürsten dachte, der ihn angeknabbert hatte. Am liebsten wäre er im Erdboden versunken, das konnte einfach alles nicht wahr sein. Dann redete er sich ein, dass er einfach wirklich, wirklich lange keinen Sex mehr gehabt hatte – was auch stimmte – und schob seine körperliche Reaktion darauf. Er lehnte sich zurück und ließ den Kopf gegen die gekachelte Wand fallen, schloss erneut die Augen und fühlte das warme Wasser seinen Körper hinab laufen, während er mit einer Hand an sich herunter wanderte. Mit geübten Bewegungen strich er über seine nasse Haut, näherte sich allmählich seiner Körpermitte, ehe er sein hartes Glied mit einer Hand umschloss und begann, sich selbst zu streicheln. Ein leises Seufzen entfuhr ihm und er griff fester zu, bewegte seine Hand an sich auf und ab. Als er nach einiger Zeit kurz vor dem Höhepunkt stand, sah er erneut den Südländer vor sich. Sah, wie dieser ihn im Streit auf der Treppe zwischen seinem Körper und der Wand eingeklemmt hatte. Wie nah er ihm gewesen war und seine Fantasie spielte ihm einen Streich, als er sich vorstellte, wie es gewesen wäre, wenn er diese letzten Zentimeter überwunden und diese Lippen auf seinen eigenen gefühlt hätte. Er stöhnte überrascht auf und konnte nicht verhindern, dass er bei diesem Gedanken kam und sich in seine Hand ergoss. Eine gefühlte Ewigkeit stand Simon einfach nur da. Das Wasser floss ihm über den Rücken und hatte längst alles fort gespühlt, was daran erinnern würde, was er gerade getan hatte. Und trotzdem war die Erkenntnis darüber noch da. Auch wenn er es zu leugnen versuchte, war ihm nur all zu bewusst, an was oder besser gesagt wen er da gerade gedacht hatte. Scheiße, scheiße, scheiße . . . Er drehte das Wasser ab und griff nach einem Handtuch, vergrub sein Gesicht darin. All das Durcheinander in seinem Schädel bereitete ihm Kopfschmerzen. Als er sich abtrocknete und zurück ins Schlafzimmer ging, wickelte er sich das Handtuch um die Hüften und wäre beinahe über etwas gestolpert. Er bückte sich und hob Raphaels Dolch auf. Einen Augenblick verkrampfte sich alles in ihm, dann nahm er ihn nach kurzem Überlegen mit ins Bad und spühlte das angetrocknete Blut im Waschbecken ab. Er schmiss ihn auf die hinterste Ecke seines Schreibtisches und zog sich an. Dann schireb er Clarry eine SMS. Es dauerte nicht lange, bis er eine Antwort erhielt. In einer Stunde vor dem Institut? Als er auf das riesige Gebäude zu kam, dass für Mundis nach einer alten, zerfallenen Kirche aussah, saß das rothaarige Mädchen bereits draußen auf den Treppenstufen. Mitlerweile konnte auch Simon erkennen, um was es sich bei diesem Trugbild tatsächlich handelte – dem New Yorker Institut für Shadowhunter. Clarry sprang auf und kam auf ihn zu, zog ihn zur Begrüßung in einer Umarmung an sich. Dann ging sie neben ihm her und einmal um das Gebäude herum. „Geht es dir gut? Du glaubst gar nicht wie sehr Luke das alles leid tut! Er macht sich total den Kopf und hat Alarick wohl ziemlich zusammengestaucht . . .“ Simon hob die Schultern, was sollte er dazu groß sagen. Die Feindschaft zwischen Vampiren und Werwölfen hatte selbst er mitlerweile mitbekommen und Alarick hatte nichts von ihm gewusst. Dass er als Stellvertreter des Rudels einen fremden Blutsauger auf seinem Grundstück angegriffen hatte, konnte er ihm nur bedingt verübeln. „Naya, was soll mir schon noch passieren, ich bin schon tot . . .“, meinte er mit einem schiefen, halbherzigen Grinsen und erntete dafür einen bösen Blick von Clarry. „Hör auf sowas zu sagen! Du bist immer noch die selbe Person für mich, das weißt du!“ Sie warf ihm einen Seitenblick zu. „Und du kannst nach wie vor verletzt und getötet werden.“ Simon blieb stehen. Sie befanden sich jetzt in einem Hinterhof, der von drei Seiten von hohen Steinmauern umrahmt wurde, welche größtenteils mit grünen Kletterpflanzen bewachsen waren. Trotz der späten Uhrzeit hing die Wärme des Spätsommertages noch in der Luft, aber Simon konnte eh nicht mehr frieren, seit er ein Vampir war. „Deshalb möchte ich, dass du mit mir trainierst.“, kam er auf sein Anliegen zurück. Clarry ließ ihre Tasche neben eine Steinmauer fallen und setzte sich auf diese. Sie runzelte die Stirn und sah ihn skeptisch an. „Ich versteh nicht ganz, warum du mich danach fragst. Jetzt plötzlich. Ich mein, okay, dass du dich nach dem Vorfall verteidigen können möchtest, verstehe ich. Aber warum ich?“ „Du bist meine beste Freundin, wen soll ich sonst fragen?“, gab Simon zurück, als wäre es das einzig Logische. Er hatte neben ihr Platz genommen und ließ die Beine von der kleinen Mauer baumeln. „Raphael? Luke? Keine Ahnung . . .“, erwiederte sie und zog ihre Handtasche heran. Sie griff hinein und holte ein dickes, altes Buch heraus, dann reichte sie es Simon. „Ich hab dir übrigens etwas mitgebracht.“, sagte sie mit einem Lächeln. „Ich dachte, das könnte dich vielleicht interessieren.“ Überrascht betrachtete der Schattenweltler den schweren Einband und klappte das Buch auf. „Jace hat es mir gegeben, es gehörte Hodge. Er meinte dort steht so ziemlich alles über die Kinder der Nacht drin. Ich dachte . . .“ Sie machte eine kurze Pause und wollte nichts Falsches sagen. „Wo ich doch in jedes Fettnäpfchen trete, sollte ich mich mal ein bisschen besser informieren?“, beendete Simon mit einem Zwinkern ihren Satz. Clarry sah ihn verlegen und entschuldigend an, doch Simon schmunzelte und nahm es ihr nicht übel. Dann klappte er das Buch zu, sah sie an und seine Miemik wurde wieder ernst. „Danke.“, sagte er nur und sah ihr fest in die Augen. Nachdem sie sich noch eine Weile unterhalten hatten und Clarry ihn auf den neusten Stand in Sachen Valentin gebracht hatte, hielt sie plötzlich mitten im Satz Inne. „Was hast du da?“ Sie musterte seinen Hals und hob fragend eine Augenbraue. Simon begriff erst nicht, wovon sie sprach, dann fasste er sich plötzlich panisch an den Hals und verdeckte die Stelle, an der Raphael ihn gebissen hatte, vor ihren interessierten Blicken. Dummerweise erregte seine auffällige Reaktion erst Recht ihre Aufmerksamkeit. Sie grinste breit und griff nach seiner Hand, versuchte sie beiseite zu ziehen. „Zeig doch mal!“, neckte sie ihn und ihre grünen Augen blitzten belustigt auf. „Das glaub ich ja jetzt nicht, du hast nen Knutschfleck!“, lachte sie. „Hab ich irgendwas verpasst?!“ Simon war knallrot angelaufen und wich ihrem Blick aus. „Das ist kein Knutschfleck.“, platzte er heraus, als er versuchte sich zu verteidigen. Im nächsten Moment biss er sich auf die Lippe, denn wenn er über seine Optionen nachdachte, war es vermutlich weit weniger schlimm, sie in dem Glauben zu lassen. „Ach nein? Was dann? Bist du auf den Hals gefallen, oder was?“ Ganz offensichtlich glaubte sie ihm kein Wort. Was . . . okay war. “Wer ist denn die Glückliche?” “Ach sei still.”, murrte er nur und konnte sie nicht ansehen. Sie grinste noch immer über das ganze Gesicht und Simon sprang von der Mauer herunter. „Trainieren wir jetzt?“, fragte er, um das Thema zu wechseln. Kapitel 7: 7. Kapitel --------------------- „Verdammt, konzentrier dich!“ Jace hatte Simon im Würgegriff und hielt ihm eine seiner Seraphklingen an die Kehle. Dann ließ er ihn los und trat einen Schritt zurück. „Was nützt dir deine Geschwindigkeit, wenn du nicht vorhersehen kannst, was ich tue.“ Ungeduldig fuhr der Schattenjäger sich durch die blonden Haare. „Ich hab dir das jetzt schon drei mal gezeigt.“ Clarissa saß auf ihrem Lieblingsplatz auf der Steinmauer und sah den zwei Jungs beim Nahmkampftraining im Hinterhof des Institus zu. „Vielleicht solltet ihr mal ’ne Pause machen.“, rief sie den beiden zu und Jace ging frustriert zu ihr hinüber. „Ich jedenfalls brauch eine!“, rief er und steckte sein Schwert zurück an seinen Gürtel. „Der Fledermausjunge raubst mir sonst noch den letzten Nerv.“ Simon beobachtete, wie Clarry ihm einen entschuldigenden Blick zuwarf und fragte sich, was um alles in der Welt ihn überhaupt dazu veranlasst hatte, Jace Morgenstern um Hilfe zu bitten. Simon sah Clarry bettellnd an und sie seufzte ergeben, hüpfte von ihrem Zuaschauerplatz herunter und ging zu ihm hinüber. Er dauerte keine zehn Minuten, da hatte sie ihn außer Gefecht gesetzt und mit dem Gesicht vorran gegen eine der Häuserwände gedrückt. Kopfschüttelnd ließ sie ihn los. „Noch mal.“ Etwa eine Stunde später ließ der Vampir sich fix und fertig auf den Boden fallen und fuhr sich durchs Haar. Er war heute einfach nur schlecht gewesen. Genauso wie die letzten drei Nächte. „Ist nicht mein Tag.“, murmelte er entschuldigend und Clarry setzte sich ihm gegenüber hin. Sie musterte ihn aus ihren grünen Augen und Simon konnte eine Spur Besorgnis darauß lesen. „Was ist los mit dir? Du bist überhaupt nicht bei der Sache.“ Simon zuckte mit den Schultern und rupfte abwesend Blätter von einem kleinen Strauch vor sich ab. „Alles in Ordnung bei dir?“, fragte Clarry noch einmal nach und er nickte nur. „Klar.“ Er konnte ihr schlecht sagen, was ihn seit Tagen beschäftigte. Andererseits – wenn nicht ihr, wem dann? „Findest du, dass ich mich sehr verändert habe?“, formulierte er schließlich gut überlegt. „Was meinst du, inwiefern verändert? Du bist ein Vampir, ja. Du kannst tagsüber nicht mehr nach draußen und der Simon, den ich mein halbes Leben lang kannte, war Vegetarier.“ Sie dachte kurz nach. „Aber du bist immer noch Simon.“ Er sah sie mit einem dankbaren Blick an, schien jedoch noch nicht überzeugt zu sein. „Naya . . . ich brauch zum Beispiel auch keine Brille mehr.“, versuchte er sich umständlich zu erklären. „Was ist, wenn ich mich in noch mehr Dingen verändere.“ Er musste daran denken, wie er vor einigen Tagen bei Luke in Clarrys Zimmer gestolpert und sie beim Umziehen erwischt hatte. Warum waren es nicht diese Bilder, die ständig vor seinem inneren Auge auftauchten? Sie sollten es sein und es gab eine Zeit, da wäre es wohl auch so gewesen. Die Schattenjägerin sah ihn schief an. „Ja, und du trägst deine Haare etwas anders. Dein Ernst?“ Sie lachte leise. „Wenn das deine einzige Sorge ist, beruhig dich.“ Sie lächelte. „Steht dir besser.“ Nein. Es war nicht seine einzige Sorge. Als Simon in einer der darauffolgenden Nächte mit Clarry und Alec trainierte, verspürte er auf einmal ein beklemmendes Gefühl in seiner Brust. Zuerst konnte er nicht einordnen, woher die Empfindung kam und versuchte sich wieder auf Alexander zu konzentireren. Doch seine Aufmerksamkeit wurde wie magnetisch zum Eingangstor des Hinterhofes gezogen. Als er sich dann doch umdrehte und eine Gestalt im Schatten entdeckte, die mit verschrenkten Armen an einer Säule lehnte, wurde ihm einiges klar. Raphael. Er fragte sich, wie lange der Vampir dort schon stand und ihn beobachtete. Auch die zwei Nephilim hatten den Unterweltler bemerkt. Da dieser jedoch keine Anstalten machte, zu ihnen hinüber zu kommen, wandte Alec sich schließlich wieder an Simon. „Weiter?“, forderte ihn auf und Simon nickte. Er hatte heute zum ersten mal tatsächlich das Gefühl, langsam Fortschritte zu machen. Als sie das Training eine ganze Weile später beendeten, warf Simon einen erneuten Blick zum Torbogen, doch er hatte es schon gewusst, bevor er hingesehen hatte. Das Clanoberhaupt war nicht mehr da. Alecs Handy klingelte und er angelte es aus seiner Hosentasche und entfernte sich ein Stück von ihnen. Simon ging auf Clarry zu, seine Augen hingen jedoch noch immer an der Stelle, an der der Vampifürst vor kurzem noch gestanden hatte. „Was weißt du über Raphael?“, fragte er sie schließlich mit nachdenklichem Gesichtsausdruck. Clarissa wirkte überrascht. „Was ich über ihn weiß . . .“ Sie dachte einen Augenblick nach. „Ich weiß, dass er als Jugendlicher von Gruselgeschichten über das Hotel gehört hatte und mit ein paar Freunden dort eingebrochen ist, nur so zum Spaß. Dort sind sie natürlich den Vampiren in die Arme gelaufen und waren im Gebäude Freiwild. Sie haben einen Tunnel benutzt, der in den Keller des Hotels führte. Raphael hat ihn uns gezeigt, als wir dich dort rausholen wollten und auf dem selben Weg sind dann auch Jace und ich hinein gekommen.“, erklärte sie. „Raphael hat euch den Weg ins Hotel gezeigt?“, unterbrach Simon sie und Verwirrung spiegelte sich auf seinem blassen Gesicht wieder. „Ja, schon. Das heißt zuerst gab er sich als Mensch aus und wollte uns warnen. Er hat versucht uns vom Dumort fern zu halten und daran zu hindern, dass wir dort eindringen.“ Verblüfft sah Simon seine beste Freundin an. „Ach . . .“, war das einzig Geistreiche, was ihm dazu einfiel. Clarry zuckte mit den Schultern. „Er wollte keinen Ärger mit dem Rat. Er hat es nie darauf angelegt, uns ins Hotel zu locken, im Gegenteil.“ Sie machte eine kurze Pause, ehe sie fort fuhr. „Naya und den Rest kennst du ja. Wir haben ihn als Geisel genommen und versucht gegen dich einzutauschen. Das hätte auch eigentlich geklappt, aber dann ist die Sache irgendwie doch eskaliert.“ Simon hörte ihr gebannt zu. Er hat es nie darauf angelegt, uns ins Hotel zu locken, klangen ihre Worte in seinem Kopf nach. Anders als Camille, dachte er. Die Vampirin hatte ihn später gezielt auf ihren Grund und Boden gelockt und um den Finger gewickelt, um sich im nächsten Moment auf ihn zu stürzen. Ich wollte nie, dass das passiert. Schossen ihm plötzlich Raphaels Worte durch den Kopf. Als er auf dem Friedhof wieder zu sich gekommen war und feststellen musste, was mit ihm passiert war, hatte er den Vampir von sich gestoßen und als Monster beschimpft. Aber er war kein Monster. „Alles okay?“, riss Clarry ihn aus seiner Erkenntnis. „Was? Ja . . .“ Er rappelte sich auf und klopfte sich den Dreck von der Hose. „Ich muss los.“ Clarry nickte und gähnte herzhaft. „Ja. Ich muss auch ins Bett.“ Er umarmte sie und zog sie kurz an sich, dann machte er sich auf den Weg zum Hotel. Reiß dich zusammen, ermahnte er sich selbst und zwang sich die Treppenstufen hoch zu gehen, obwohl er die Anwesenheit des anderen Blutsaugers ganz genau spüren konnte. Er konnte nicht ewig vor ihm weglaufen. Auf dem Weg zu seinem Zimmer kam er an Raphaels vorbei und seine Schritte verlangsamten sich. Er blieb stehen und zögerte. Unsicher sah er die verschlossene Tür an. Nachdem er gefühlte fünf Minuten dort gestanden und die Maserung des alten Holzes angestarrt hatte, hörte er Raphaels gedämpfte Stimme von drinnen. „Willst du dort Wurzeln schlagen, oder kommst du endlich rein, Chico?“ Simon zuckte zusammen, fasste sich dann aber ein Herz und drückte die Türklinke herunter. Der Vampir stand mit dem Rücken zu ihm und bediente eine Kaffeemaschine, was Simon veranlasste, skeptisch eine Augenbraue zu heben. Er beobachtete den Südländer in seinem Tun, welcher Espresso mit frischem Blut aus einer Karaffe auffüllte. „Was soll das sein? Bloody Macchiato?“, fragte er und riss sich von dem grotesken Anblick los. Raphael drehte sich um und lachte leise. „So in der Art.“ „Was soll das eigentlich werden, wenn es fertig ist?“, fragte der Ältere und lehnte sich mit dem Rücken an die Fensterbank, dessen Glasscheibe seit Ewigkeiten nicht mehr existierte und stattdessen fest vermauert worden war. „Dein Training mit den Nephilim.“, fügte er hinzu, als er Simons fragenden Blick wahrnahm. Er trank einen Schluck von seinem . . . Kaffee . . . und musterte ihn aufmerksam. „War doch deine Idee.“, konterte Simon und wanderte im Zimmer umher. „Ich kann mich wage daran erinnern, dass du mich dafür angeheuert hattest.“, erwiederte der Blutsauger spitz. „Wann stehst du endlich zu dem, was du bist und hörst auf überall anders nach Hilfe zu suchen, nur nicht hier.“ „Ich dachte nur . . . wegen . . .“ Simon brach ab und schluckte. „Dachtest was? Das ich dir jetzt nicht mehr helfen würde?“ Simon nickte stumm. „Idiota.“ Er stieß sich von der Fensterbank ab und schritt durch den Raum. „Morgen Nacht, ein Uhr.“, sagte er und sah ihm im Vorbeigehen noch einmal tief in die Augen. Dann verschwandt er aus dem Zimmer. Kapitel 8: 8. Kapitel --------------------- Hallo ihr Lieben Leser ^o^v Hier das nächste Kapitel, ich hoffe, es gefällt euch. ;) Ihr dürft mir übrigens ruhig Kommentar dalassen, ich möchte wie jeder andere gerne eure Meinung wissen, um weiter an meinem Schreibstil arbeiten zu können. Außerdem motiviert es ungemein. ;) LG Finn _____________________________________________________________________________ Eins musste Simon zugeben. Raphael war kein schlechter Lehrer. Nachdem sie vier Nächte in Folge zusammen trainiert hatten, stellte er sich längst nicht mehr so ungeschickt an und lernte, die Stärken seines neuen Körpers zu nutzen und gezielt einzusetzen. Auch der Umgang zwischen ihnen wurde allmählich wieder lockerer und ungezwungener. Hin und wieder flachste er sogar mit dem Vampir herum und wenn er nicht gerade Zeit mit Raphael verbrachte, hielt er sich meistens bei den Schattenjägern auf. China Town mied er vorerst, besuchte jedoch Luke gelegentlich und fand in ihm mehr als einmal einen Ansprechpartner, um sich in seinem neuen Leben zureckt zu finden. Als er eines Nachts noch lange in New York unterwegs gewesen war, sollte er jedoch erneut in Schwierigkeiten geraten. Es war schon sehr früh und er ziemlich müde, weshalb er beschloss mit der U-Bahn zurück zu fahren, welche jedoch wegen einer Baustelle umgeleitet wurde. Als Simon registrierte, dass er sich viel zu weit vom Dumort entfernt hatte, warf er einen Blick auf sein Handy und leichte Panik kroch in ihm hoch. In einer halben Stunde würde die Sonne aufgehen und er wusste nicht, ob er es bis dahin in den Stadtteil East Harlem schaffen würde. Er befand sich noch ganz in der Nähe vom Pandemonium. Er wollte das Smartphone gerade wieder in seine Hosentasche stecken, als es in seiner Hand vibrierte. Raphael: Kommst du nach Hause??? Er beeilte sich, eine Antwort zu tippen und war zum ersten mal froh über seinen Babysitter. Keine Minute später erhielt er eine weitere SMS. Bin in der Stadt. Komm Richtung Chelsea. Bin gleich bei dir. Eine gewisse Erleichterung macht sich in ihm breit, er drehte um und rannte die Straße Richtung Westen herunter. Beinahe wäre er in den Vampir hinein gekracht, als dieser etwa fünfzehn Minuten später seinen Weg kreuzte und schlitternd vor ihm zum Stehen kam. Raphael fasst ihn an den Schultern und schüttelte ihn unsanft. „Du dummes, dummes, Kind . . !“, brachte er außer Atem hervor, eher er ihn am Handgelenk packte und mit sich zog. „Komm hier lang!“ Sie liefen einige Seitengassen entlang und versuchten sich im Häuserschatten zu halten, während der Himmel sich langsam heller färbte. Simon kniff die Augen zusammen, als die Dämmerung begann ihn zu blenden. Der ältere Vampir knöpfte sich im Laufen das Hemd bis oben hin zu und Simon spürte, wie die aufgehende Sonne schmerzhaft auf seiner Haut zu brennen begann. Zum Glück hatte er wenigstens eine Jacke an, die ihn halbwegs schützte – Raphael hatte da nicht so viel Glück. Dieser zerrte ihn um eine Häuserecke und blieb dann abbrubt stehen, zog einen Schlüssel hervor und öffnete die Wohnungstür, vor der sie standen. Hektisch stolperten sie hinein und Raphael schlug die Tür hinter ihnen zu und sperrte damit die tödliche Sonne aus. Er atmete schnell und lehnte sich mit dem Rücken an die Haustür, um einen Moment zu verschnaufen. Dann fuhr er Simon an. „Qué estás pensando? Willst du uns eigentlich beide umbringen?!“ Der Raum in dem sie sich befanden war so stockdunkel, dass nicht mal die guten Augen eines Vampirs viel erkennen konnten. Simon rührte sich nicht vom Fleck, hörte Raphaels Schritte und wartete, was dieser vor hatte. Dann flackerten am anderen Ende des Zimmers zwei Kerzen auf und schließlich eine dritte. Das spärliche Licht reichte aus, damit er sich umsehen konnte. Sie befanden sich in einer kleinen Einzimmerwohnung mitten in der Stadt – mit der Besonderheit, dass sämmtliche Fenster absolut lichtundurchlässig vermauert waren. „Wo sind wir hier?“, fragte Simon, anstatt auf Raphaels Anraunzer einzugehen und sah sich weiter um. Ihm offenbarte sich das Zimmer eines Jugendlichen, in dem lauter persönliche Erinnerungen ruhten, Fotos an einer Pinnwand steckten und Poster von Musikbands an der Wand klebten. „In einem Unterschlupf von mir. Ich bin hier als Mundie gemeldet und hab hier gelebt, bevor ich dem Clan beigetreten und ins Hotel gezogen bin.“, erzählte er und fuhr sich vorsichtig über die nackten Unterarme. Verflucht, dass würde einen ordentlichen Sonnenbrand geben. Er ließ sich auf ein ausgeklapptes Schlafsofa am Ende des Raums fallen und streifte sich die Schuhe von den Füßen. „Verrate mir eins . . .“, sagte er nach einer Weile an Simon gewandt, der gerade seine Jacke ausgezogen und über eine Stuhllehne gelegt hatte. „Wie hast du es als Mundie bloß geschafft zu überleben?“ „Habe ich nicht.“, gab Simon nach kurzem Überlegen trocken zurück. „Ich bin gestorben. Und als ich wieder auferstanden bin, hab’ ich in deine dumme Fresse geblickt.“ Raphael sah ihn einen Moment lang verdattert an, dann konnte er nicht verhindern, dass sich sein Mund zu einem breiten Grinsen verzog und er lachte leise in sich hinein. „War doch ein schöner erster Anblick.“, erwiederte er selbstbewusst und griff nach einer Fernbedienung, die neben ihm im Regal gelegen hatte. „Eingebildet sind wir wohl heute gar nicht.“, meinte Simon, ging zu ihm hinüber und setzt sich neben ihn. „Ich? Immer.“, grinste Raphael ihn an. Er zappte durch die Programme und auch Simon zog sich schließlich seine Schuhe aus, rutschte nach hinten an die Sofalehne und machte es sich bequem. Bis zum Sonnenuntergang würden sie hier festsitzen und so fand er sich mit seinem Schicksal ab und verfolgte schließlich die Handlung des Films, den der ältere Vampir angelassen hatte. Später am Vormittag musste er eingenickt sein, denn er wachte davon auf, dass ihm jemand eine Decke über die Schultern zog. Er murmelte verschlafen etwas und streckte sich. Dann entdeckte er Raphael, der sich neben ihn gelegt hatte. „Schlaf weiter.“, meinte dieser leise und schloss die Augen. Der Flachbildschirm war ausgeschaltet und zwei der Kerzen bereits heruntergebrannt. Doch irgendetwas hielt ihn wach. Er lag auf der Seite und betrachtete im restlichen Lichtschimmer Raphaels Profiel, ließ seine Augen über die pechschwarzen Haare wandern und blieb an den spitzen Eckzähnen hängen, die zwischen seinen Lippen hervor schauten. Er wusste nicht, ob der andere seine Blicke gespürt hatte, merkte aber schließlich, wie dieser einen Arm unter der Decke um seine Hüfte legte. Im ersten Augenblick verspannte er sich und wagte es kaum zu atmen. Neugierige Finger tasteten sich an seiner Seite entlang und streichelten über sein T-Shirt, landeten schließlich an seinem Rücken und zogen ihn sanft aber bestimmt näher. Simon nahm den Atem des anderen an seinem Gesicht wahr, streckte zögerlich eine Hand aus und berührte den anderen an der Schulter. Schüchtern fuhr er über den dünnen Hemdstoff, spürte den Körper des anderen Vampirs darunter, bemerkte jede Muskelregung von ihm. Er tat es dem älteren gleich und schickte seine Hände zaghaft auf Erkundungstour, wanderte allmählich tiefer, verfing sich schließlich im Saum seines Hemdes und streichelte über die glatte Haut darunter. Als sich weiche Lippen auf seine eigenen legten, schaltete er seinen Kopf aus und erwiederte den Kuss. Raphael schob eine Hand hoch in seinen Nacken und zog ihn dichter an sich und Simon ging darauf ein. Er nahm den Geruch des anderen wahr, eine Mischung aus Deo und Aftershave, schmeckte seine Lippen und fühlte, wie sich der fremde Körper an seinen eigenen drängte. Er schlang seine Arme um ihn und vertiefte den Kuss, nahm nichts mehr wahr, außer diesem Augenblick und er wusste, dass dieser für immer in ihm eingebrannt bleiben würde. Raphaels Hände hatten sich mitlerweile unter sein Shirt verirrt, das ein ganzes Stück hochgeruscht war und erkundeten seinen Oberkörper, während er den Kuss aufrecht erhielt. Simon, der seine Augen geschlossen hatte, tastete nach den Knöpfen auf der Vorderseite von Raphaels Hemd und öffnete sich nach und nach. Er schob eine Hand zwischen sie und legte sie auf die durchtrainierte Brust, die sich mit jedem Atemzug hob und senkte. Fasziniert fuhr er über seine Muskeln und strich mehrfach wie zufällig über seine Brustwarzen, die unter seinen Berührungen hart wurden. Der Hispanoamerikaner seufzte leise in den Kuss und knabberte zärtlich an seiner Unterlippe, woraufhin Simon seinen Mund leicht öffnete und begann, seine Zunge mit der eigenen zu umspielen. Zwei nadelspitze Eckzähne pieksten in seine Lippen und er musste aufpassen, nicht versehendlich gebissen zu werden. Auch seine eigenen Fänge hatten sich verlängert und er verspürte auf einmal die große Lust, sie in Raphaels Hals zu versenken. Nur ungern löste er sich wieder von dem Schattenweltler, als dieser den Kuss unterbrach und ihn unter halbgeschlossenen Liedern anblickte. „Was du da neulich getan hast . . .“, keuchte Simon leise und sein totes Herz raste. „Mach das noch mal . . .“ Er legte seinen Kopf zur Seite und bedeutete Raphael unmissverständlich, was er gemeint hatte. Dieser jedoch schüttelte langsam den Kopf und legte eine Hand an Simons Wange, drehte sein Gesicht wieder zu sich. Endtäuschung zeichnete sich auf Simons Gesicht ab und er wich beschämt seinem Blick aus, aufgrund der Ablehnung. „Ein andermal.“, flüsterte Raphael und fuhr mit den Fingern durch Simons braunes, leicht gelocktes Haar. Er zog ihn zu einem erneuten, entschuldigenden Kuss heran und als Simon sich an den Körper des anderen presste, fühlte er zum zweiten mal sehr deutlich Raphaels Errektion durch die Jeans an seiner eigenen. Er wusste nicht, wie lange er so eng umschlungen mit dem Vampir dagelegen und ihn geküsst hatte, seine nackte Haut unter seinen Händen gefühlt hatte und den Rest der Welt vergaß. Irgendwann zog Raphael ihn an seine Brust, hielt ihn fest und ließ ihn nicht mehr los, bis sie beide eingeschlafen waren. Als Simon am Abend aufwachte, war der andere Vampir bereits aufgestanden. Er fuhr sich durchs Haar, rieb sich über die Augen und brauchte einen Moment, um seine Gedanken zu sortieren und sich bewusst zu werden, wo sie sich befanden und ob das, woran er sich zuletzt erinnerte, tatsächlich geschehen war. Er setzte sich auf und betrachtete den Älteren, der sich im Licht mehrerer Kerzen durch den Raum bewegte. Sein Hemd hing ihm noch immer offen über den Schultern und gab den Blick auf seinen Oberkörper frei. Simon schluckte, als ihm gefiel, was er da sah und machte auf sich aufmerksam. „Hi.“ Der Angesprochene drehte sich zu ihm um und lächelte, wobei seine Eckzähne hervorschauten. „Buenas noches, du Schlafmütze.“ Er ging zu seinem Kleiderschrank und suchte ein dunkelblaues T-Shirt heraus, dass er dem Jüngeren an den Kopf warf. „Zieh dich an, dann können wir auf dem Heimweg im Taki’s noch was frühstücken.“ Er zog sich selbst ein weißes Poloshirt heraus und verschwandt damit hinter der einzigen Tür, neben der Eingangstür, weshalb Simon das Badezimmer dort vermutete. „Taki’s?“, fragte er, bekam jedoch keine Antwort mehr und tauschte sein T-Shirt, das in der Tat arg zerknüllt war, gegen das von Raphael. Als dieser wieder heraus kam, verdrückte sich auch Simon kurz in’s Bad. Anschließend machten sie sich auf den Weg in die Stadt. An der Hauptstraße angekommen, winkte Raphael ein Taxi heran und sie fuhren Richtung Norden. Simon blickte immer wieder auf den Vampirchef, der nun Gel in den Haaren trug, frisch rasiert war und nach diesem Parfüm roch, dass er schon gestern wahrgenommen hatte und so schnell bestimmt nicht mehr vergessen würde. Unter dem aufgestellten Kragen seines Poloshirts funkelte seine Kette hervor, die er immer trug. Das er attraktiv war, konnte man nicht abstreiten. Er wurde aus seinen Tagträumen gerissen, als das Taxi vor einem unscheinbaren, grauen Gebäude hielt. Ein verwitterter Schriftzug in leuchtenden Neonbuchstaben hing windschief über der Eingangstür, auf die Raphael zusteuerte. TAKI’S Zwei Türsteher in langen, schwarzen Mänteln hatten sich davor platziert und musterten die zwei Vampire, nickten Raphael zu und ließen sie hinein. „Hi, Clancy.“, grüßte sein Begleiter im Vorbeigehen und als Simon einen Blick unter Clancys Kapuze erhaschte, stellte er erschrocken seine komplett rote Hautfarbe fest. Ein Mundi war das bestimmt nicht. Das Innere des Restaurantes überraschte ihn. Obwohl der Laden komplett fensterlos war, wirkte die liebevoll gestaltete Einrichtung hell und freundlich. Raphael ging zu einer der gemütlichen Sitzecken und nahm auf einer Bank Platz, rutsche durch, sodass Simon sich neben ihn setzen konnte. Simon schob eins der vielen bunt durcheinander gewürfelten Kissen beiseite und sein vampirischer Begleiter winkte ein blondes Mädchen heran, die Bluse und Schürze einer Servicekraft trug. „Zwei Gläser Lammblut und Fledermaus auf Toast, bitte.“, gab er ihre Bestellung auf und Simon hätte sich beinahe verschluckt. „Ein was?“, fragte er nach, ob er sich nicht verhört hatte. Der Blutsauger sah ihn belustigt an. „So was ähnliches wie French Toast. Super lecker, vertrau mir.“ Zwinkerte er. Simon war noch nicht ganz überzeugt. Sein Blick fiel auf Raphaels Arme, die Krebsrot waren, als hätte er im Hochsommer stundenlang uneingecremt in der Sonne gelegen. „Aua...“, entfuhr es ihm und er streckte eine Hand nach seinem Arm aus. „Das tut mir leid.“ Als er ihn genauer musterte, sah er, dass auch seine Wangen rot waren. Das allerdings, auch wenn es gemein klang, sah wirklich süß an ihm aus. „Schon okay, das heilt ja wieder.“, meinte Raphael ausweichend und wollte lieber nicht all zu genau darüber nachdenken, was noch alles hätte passieren können. „Sag mal . . .“, setzte Simon an und fummelte nervös an einer Serviette herum. Raphael hob fragend eine Augenbraue. „Si?“ „Warum-hast-du-mich-nicht-gebissen?“ Er sprach leise und zu schnell, aber der Vampir hatte ihn trotzdem verstanden. Er sah ihn einen Augenblick aus tiefbraunen Augen an, ehe er antwortete. „Weil es dann nicht dabei geblieben wäre.“, gab er ehrlich zu und ein freches Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. Simon lief rot an und wollte etwas erwiedern, doch die Kellnerin ersparte ihm dies glücklicherweise, als sie an ihren Tisch trat. Als er sie nun genauer betrachtete, fielen ihm ihre seltsamen Augen und ihre nicht menschliche Aussrahlung auf. „Was ist sie?“, fragte er Raphael, nachdem sie ihr Frühstück auf den Tisch gestellt hatte und wieder gegangen war. „Ein Feenwesen.“, antwortete der Vampir und griff nach seinem Glas. „Halb Dämon, halb Engel. Sie ist nett, aber trau ihnen besser nie über den Weg.“ Simon nickte und widmete sich dann seinem Teller mit dem angeblichen French Toast. Dieses sah ein wenig so aus, als hätte man es in rote Lebensmittelfarbe getaucht, aber er ahnte schon, dass die dunkelrote Färbung eine andere Ursache hatte. „Weißt du, dass ich seit meinem zehnten Lebensjahr Vegetarier war?“, merkte er an und schob sich todesmutig eine Gabel voll von dem seltsamen Gericht in den Mund, während Raphael ihn amüsiert betrachtete und dann den Kopf schüttelte. „Nein. Aber jetzt weiß ich es ja.“ Er zerteilte sein Toast ebenfalls mit Messer und Gabel, dann warf er seinem kleinen Schützling einen fragenden Blick zu. „Und? Schmeckt’s?“ Dieser nickte und murmelte mit vollem Mund: „Schmeckt fast so gut wie du.“ Kapitel 9: 9. Kapitel --------------------- Also mit diesem Kapitel hab ich mich ja ein wenig abgemüht. Dafür ist es jetzt wirklich lang geworden. ö-ö Und ich bin letztendlich doch sehr zufrieden mit dem Ergebnis :3 Eigentlich war das Kapitel ganz anders geplant, aber dann schweifte ich ab und es gefiel mir zu gut, um es zu ändern... LG, Finn _____________________________________________________________________________ Als Simon kurz vor Morgen nach Hause kam und auf sein Zimmer ging, führte ihn sein erster Weg ins Bad. Es war eine lange Nacht gewesen und er zog, nachdem er geduscht hatte, bequeme Jogginghosen und ein T-Shirt an. Barfuß ging er durch sein Zimmer, ließ sich auf’s Bett fallen und wollte nach einem seiner Comichefte greifen, als ihm etwas ins Auge fiel, dass auf seinem Kopfkissen lag. Verwundert griff er nach der kleinen Schachtel und besah sie sich genauer. Es handelte sich um eine Uhr, die vermutlich nicht ganz günstig gewesen war. Verdienten Vampire eigentlich Geld? Schoss es ihm durch den Kopf und er fragte sich einen Augenblick, wie der Clan eigentlich die Vereinnahmung des gesammten Hotels vor den Mundies geheim hielt. Er schüttelte den Gedankengang ab und faltete einen kleinen Zettel auseinander, den er an der Verpackung klebend entdeckte. „4Uhr früh – Vampir Zeit nach Hause zu kommen! ;-) Nicht mehr vergessen! “ Irritiert starrte Simon das Stück Papier an und schloss seine Hand darum. Er wusste, von wem er die Uhr bekommen hatte. Im ersten Moment merkte er, wie seine Wangen zu glühen begannen, dann schlich sich ein Schmunzeln auf sein Gesicht. Raphaels Zimmer war leer, wie er feststellen musste. Er spürte allerdings, dass der Vampir bereits zu Hause war, vermutlich jedoch noch im unteren Gebäudetrakt beschäftigt war. Simon war nicht gerade scharf auf viel Gesellschaft, also beschloss er auf seinem Zimmer zu warten und das Clanoberhaupt später abzupassen. So fuhr er seinen Laptop hoch, macht Musik an, streckte sich letztendlich doch auf seinem Bett aus und angelte den neusten Deadpool Comic vom Regalbrett. Gut drei Stunden später hatte er noch immer keine Schritte vor den Zimmern gehört und erwischte sich dabei, bereits seit mehreren Minuten die selbe Seite in seinem Heft anzustarren. Frustriert schlug er es zu und stand auf. Der Flur war komplett dunkel, als er die Treppe herunter und auf nackten Füßen über den kalten Marmorboden ging. Er war froh, dass er Temperaturen zwar noch wahr nahm, jedoch nicht mehr frieren konnte. In einer der Sofaecken brannte Licht und als er näher trat, entdeckte er Raphael. Der Vampir war allein und über eine Reihe von Zetteln gebeugt, die quer über den gesammten Tisch verteilt waren. Als er Simon bemerkte, sah er kurz auf, widmete sich dann allerdings wieder seinem Papierkram und schob einen Teil davon auf einem Haufen zusammen. Simon ging in die Küche und holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank, was er in letzter Zeit öfters tat, seit er herausgefunden hatte, dass Unterweltler seiner Art durchaus Alkohol trinken konnten. Er ging zurück in den Aufenthaltsraum und ließ sich neben Raphael auf der Couch nieder. Dieser raufte sich die schwarzen Haare und kritzelte mit einem Kugelschreiben auf einem der Papiere herum. „Ich muss die Woche über nach Idirs.“, sagte er schließlich und klang resigniert. „Verhandlungen mit deinen lieben Werwolf- und Nephilimfreunden.“ Raphaels Tonfall war eindeutig zu entnehmen, was er von dem Umgang hielt, den Simon pflegte. Der Jüngere rollte mit den Augen und nahm einen Schluck von seinem Bier. „Du wirst es überleben. Naya, oder welche Redewendung auch immer man unter Blutsaugern an dieser Stelle verwenden würde.“, erwiderte er mit einem schiefen Grinsen. Raphael warf ihm einen genervten Blick zu, aus dem Augenwinkel sah Simon jedoch ein Schmunzeln im Gesicht des Vampirs, der weiter seine Formulare ausfüllte. Simon leerte sein Beck’s und beobachtete den Südländer, dessen gebräunte Haut er allein seiner Herkunft zu verdanken hatte. Trotz seines Tains wirkte er bleich, vielleicht sogar noch blasser als sonst, fiel Simon auf. Die Ränder unter seinen Augen hatte er sicher nicht nur allein seiner Spezies zu verdanken. „Du siehst müde aus.“, stellte er schlicht fest, bevor er sich bewusste wurde, dies laut ausgesprochen zu haben. Raphael zuckte mit den Achseln, löste seinen Blick nicht von seiner Arbeit und einige Minuten war es still im Raum. Dann schmiss er den Kugelschreiber auf den Tisch und sich selbst rücklings in die Sofakissen. „Fertig für heute Nacht.“, seufzte er erschöpft und hob den Blick, sah Simon zum ersten mal direkt an. „Nacht ist gut, hast du mal auf die Uhr geguckt?“ Vielsagend schaute Simon auf seine neue Armbanduhr, die bereits frühen Vormittag verkündete, woraufhin Raphaels Gesicht kurz aufleuchtete. „Na wo hast du die denn her?“, fragte er belustigt. „Tya, ich weiß nicht . . .“, setzte Simon an, als Raphael sich an ihn lehnte und seine Stirn gegen Simons Schulter sinken ließ. „Ich bin müde . . .“, murmelte er in den schwarzen Stoff von Simons T-Shirt. Fast automatisch streckte dieser einen Arm nach dem älteren Vampir aus und fuhr ihm durch die dunklen leicht gelockten Haare, die ihm eh schon zerzaust ins Gesicht hingen. Eine Weile blieben sie einfach so sitzen, dann stupste Simon den Schwarzhaarigen sachte an. „Komm, ab ins Bett.“, meinte er. „Bevor du noch hier einschläfst.“ Angesprochener nickte stumm und Simon dachte, wie süß er war, wenn er müde war. Wobei süß nun wirklich nicht die passende Beschreibung für Rapha war. Einschüchternd vielleicht. Selbstbewusst, besserwisserisch, arrogant . . . Sein Blick fiel auf die braunen Augen die schläfrig glänzten und die leicht geröteten Wangen, auf der ansonsten blassen Haut. Süß. Er kam nicht drumrum, dieses Adjektiv hinzuzufügen. „Na los.“ Er zog den Blutsauger vom Sofa hoch und schob ihn die Treppe nach oben. An Raphaels Zimmertür zögerte er. Dass er in diesem Moment nicht genug Arsch in der Hose hatte, ihm nach zu gehen und sich kommentarlos an seiner Seite ins Bett zu legen, sollte Simon noch die gesammte folgende Woche lang bereuhen. Clarissa stellte geräuschvoll ihre Kaffeetasse auf dem Tisch vor ihnen ab und sah Simon vielsagend an. Dieser bemerkte ihren bohrenden Blick nicht sofort und starrte weiterhin das Smartphone in seinen Händen an, als wartete er darauf, dass es sich plötzlich in einen 500$ Schein verwandelte. Clarry räusperte sich. Simon sah auf. „Hm?“ „Meldet sie sich nicht?“ Verwirrung spiegelte sich auf Simons Gesicht wieder. „Was?“ Das rothaarige Mädchen lachte leise. „Na, ob sie dir nicht zurück schreibt. Deine Freundin?“ Sie hob vielsagend eine Augenbraue. Zwei haselnussbraune Augen starrten sie finster an. „Ich hab keine Freundin.“, murrte er knapp. „Bist du deshalb so schlecht drauf?“, fragte sie und schob sich eine Gabel von dem Käsekuchen in den Mund, den sie vor sich stehen hatte. Warum sie sich um 23Uhr zum Kaffeetrinken verabredete, wusste sie selbst nicht so genau. Sie würde vermutlich die halbe Nacht wach liegen, was sie dem Koffein dann zu verdanken hatte. Andererseits tat sie es Simon zu Liebe, denn ihr war nicht entgangen, dass es ihrem besten Freund in den letzten Tagen mies gegangen war. Also saß sie an einem Donnerstag Abend im Taki’s und ließ sich ihren tageszeitlichen Rhythmus durcheinander bringen. Simon stocherte mit einem Strohhalm in seinem Getränk herum, dessen Inhalt die junge Schattenjägerin besser gar nicht genauer kennen wollte. Der Vampir hatte bisher jedoch kaum etwas von seinem blutigen Drink angerührt. „Magst du nichts . . .“, setzte sie zögerlich an und ihr bester Freund schüttelte den Kopf, schob sein Glas von sich. „Keinen Hunger.“, murmelte er. Ein grünes Augenpaar musterte ihn besorgt. Dann verzog sich ihr Mund zu einem schiefen Lächeln. „Na sei froh, ich fress immer Kiloweise Schokolade, wenn ich Liebeskummer habe – “, setzte sie an, doch sein Knurren unterbrach sie jeh. „Ich hab aber keinen Liebeskummer!“ „Ist ja gut, sei doch nicht gleich so . . .“ Sie hob verwundert die Augenbrauen, dann blickte sie sich um, als ein Stuhl neben ihr vom Tisch gezogen wurde. Jace ließ sich darauf nieder und gab seiner Freundin einen flüchtigen Kuss, worauf Simons eh schon miese Laune verdächtig Richtung Nullpunkt sank. „Boa, nehmt euch ein Zimmer.“, beschwerte er sich und auch der blonde Schattenjäger sah nun verdutzt drein. „Was ist denn mit dir los, Fledermaus?“ Er schenkte dem Stimmungskiller keine weitere Beachtung und wandte sich wieder an Clarry. „Izzy hat vorhin mit Magnus telefoniert – oder Alec? – na jedenfalls kommen die wohl in Idris zu keiner wirklichen Einigung. Seit Valentin wieder im Spiel ist, geht alles drunter und drüber.“ Er nahm, während er erzählte, Simons Getränk in die Hand, warf einen Blick hinein, nur um angewiedert das Gesicht zu verziehen und das Glas weit von sich zu schieben. „Wann kommen eure Eltern zurück nach New York?“, fragte Clarissa nach. „Montag.“ Zwei Köpfe hoben sich und zwei fragende Augenpaare blickten Simon verwundert an. Und woher weißt du jetzt so genau bescheid? schienen sie zu sagen, während Simons Gesichtsausdruck ein eindeutiges was denn?! wiederspiegelte. „Raphael ist doch auch dort . . .“, erklärte er schließlich kleinlaut. Viel zu lange, im Übrigen, dachte er bei sich und verfolgte den Rest der Unterhaltung nicht mehr länger. Was er auch tat, er bekam den Latino nicht mehr aus seinem Kopf. Seit er sich diesen Sommer plötzlich auf dem Friedhof wiedergefunden hatte und feststellen musste, was mit ihm passiert war, war die Nacht in Raphaels alter Wohnung der erste Augenblick gewesen, in dem er einmal all seine Probleme vergessen können. Zum ersten mal hatte er etwas anderes im Kopf, als seine Sorge, wieso er nur in dieses ganze Schlamassel hinein geraten war, ob er seinen Hunger unter Kontrolle bekam und wie er jetzt mit seiner Familie umgehen sollte. Zwei tiefbraune Augen, waren es, die in seinen Gedanken herum schwirrten. Augen aus einem engelsgleichen Gesicht, die allem und jedem vernichtende Blicke zuwerfen konnten. Die zu einem Vampir gehörten, der über eine Zunge verfügte, die spitzer war, als seine Eckzähne. Der Unterweltler herumkommandierte, die um Jahrhunderte älter waren als er selbst. „ . . . oder etwa nicht?“ Simon spürte die Blicke der beiden Shadowhunters auf sich gerichtet und sah fragend auf. „Was?“ „Du hast mir überhaupt nicht zugehört, oder?“ Clarry hatte ihren Kuchen verputzt und stellte soeben ihre leere Kaffeetasse ab. „Der ist in Gedanken bei Lady Dracula.“, feixte Jace und erntete dafür einen vernichtenden Blick mit gefletschten Fängen von Simon. „Man, du bist aber auch empfindlich.“ Jace rollte mit den Augen, drehte sich zu der Bedienung um und zog sein Portmonai aus der Tasche. Simon schob seinen Stuhl zurück und stand auf. „Ich werd zurück zum Hotel.“, meinte er knapp und verließ kommentarlos das Restaurant, ohne sich noch einmal umzudrehen. Es gab Nächte, da hätte man einfach im Sarg bleiben sollen, dachte er, vergrub die Hände tief in seinen Hosentaschen und ging die Straße hinunter, eine alte, verbeulte Coladose vor sich her kickend. Er war gerade um die nächste Straßenecke gebogen, als er Schritte hinter sich hörte. Er drehte sich um und entdeckte das rothaarige Mädchen, dass ihm hinterher lief und schließlich nach Luft schnappend neben ihm stehen blieb. „Warte mal . . .“, rief sie und kam langsam wieder zu Atem. Die drückende Hitze des Tages war auf eine angenehme Temperatur abgekühlt und vereinzelte Wolken hingen mitlerweile am Nachthimmel. „Seit wann redest du nicht mehr mit mir?“ Er wollte ihr und ihrer Frage ausweichen, doch sie stellte sich ihm in den Weg und sah ihn entschlossen an, bis Simon schließlich seufzte und sich geschlagen gab. „Okay . . . Es ist jemand aus dem Hotel . . .“, gestand er und diesmal ließ sie ihn vorbei, schlenderte neben ihm her Richtung Stadtteil Harlem. Sie nickte langsam. „Und ist das schlecht? Ich mein . . . Ich würde mich für dich freuen! Und einige Vampire sind doch wirklich in Ordnung.“ Sie sah ermunternd zu ihm auf. „Du zum Beispiel.“ Ein kurzes Lächeln huschte über Simons Lippen. „Danke.“ Er überlegte eine Weile und starrte auf den gepflasterten Bürgersteig zu seinen Füßen. „Ich weiß nicht genau, was da ist.“, setzte er schließlich an. „Wir haben uns geküsst, aber nie drüber gesprochen.“ Sie sah ihn verständnisvoll an. „Und magst du sie? Also ist da mehr von deiner Seite aus?“ Im ersten Moment reagierte er irritiert. Sie? Klar . . . Clarry ging von einer der Vampirinnin aus seinem Clan aus und ehrlich gestanden, war ihm das zur Zeit auch ganz Recht so. Er wollte sich derzeit nicht damit befassen, wie sie, oder gar irgendjemand anders, auf sein Anbandeln mit Raphael reagieren würde. Er zuckte mit den Achseln und seufzte frustriert. „Nein. Ja . . . Keine Ahnung.“ Er sah zu ihr auf und schenkte ihr einen hilflosen Blick. Dann verpasste er der Coladose einen entgültigen Tritt, sodass sie bis zur nächsten Laterne flog und klappernd im Gebüsch verschwandt. Die prunkvollen und überteuerten Bauten der Upper East Side wichen mitlerweile immer kleiner und bescheidener werdenden Familienhäusern in dessen Gärten schlichte Schaukeln an Bäumen festgeknotet waren und Kindergelächter trotz der späten Uhrzeit zu vernehmen war. Die vielen Familien spanischer und italienischer Herkunft, die hier lebten, pflegten einen anderen Lebensstil und holten ihren Schlaf in der Siesta zur Zeit der brennenden Mittagshitze nach. Als sie in die nächste Seitenstraße einbogen, kickten ein paar Jungs mit einem alten Lederball auf der Straße, während zwei farbige Männer mit mit langen, perlenverzierten Dreadlocks auf der gegenüberliegenden Straßenseite Musik machten. Simon drängte sich die Frage auf, in welchem der Häuser wohl Raphaels Mum lebte, denn er wusste, dass er aus dieser Gegend stammte. Ein Stück entfernt sah man bereits das Hotel Dumort zwischen den Wohnblöcken in den Nachthimmel aufragen, umwogen von Schauergeschichten und seit Jahrzehnten unbewoht. So glaubten zumindest die Mundies. „Ist irgendwie kompliziert.“, sagte Simon schließlich und wusste, wie klischeehaft das klingen musste. Clarry nahm ihn in den Arm, bevor sich sich auf den Weg zur nächsten U-Bahn Station machte. „Ich hoffe du weißt, dass du mir immer alles sagen kannst.“, sagte sie und ihre grünen Augen verrieten, wie erst sie ihre Worte gemeint hatte. „Danke.“, erwiederte er, dann drehte er sich um und machte sich auf den Weg nach Hause. Ich werde darüber nachdenken . . . Das Wochenende schleppte sich dahin und Simon schlief am Tag schlecht. Er vermisste den nervtötenden Blutsauger mit jeder Nacht mehr und dieser fand anscheinend weder die Zeit, noch sah er einen größeren Sinn darin, ihm mehr als zwei, drei kurze SMS zu schreiben. Er dachte daran, wie widersprüchlich Raphael sein konnte. Wie kühl und distanziert er sich die meiste Zeit über der Welt und seinen Bewohnern gab und wie sehr diese Maske gebröckelt hatte, als er in seinen Armen gelegen hatte. Als Simon am Montag Mittag Schritte auf dem Flur hörte, lag er noch immer wach. Das Blut, das in seinen Adern floss, verriet ihm augenblicklich, um wen es sich handelte. Er hatte gewusst, dass Magnus ihn mit Hilfe eines Portals zurück nach New York befördern wollte. Bei dem Gedanken, dass sie dies mitten am Tag taten, war ihm jedoch nicht ganz wohl. Eine ganze Weile zwang er sich liegen zu bleiben und wälzte sich unruhig von einer Seite zur anderen. Er würde sicher totmüde sein, dachte er und versuchte wieder ein zu schlafen. Erfolglos. Letztendlich stand er auf und seine Füße trugen ihn beinahe automatisch nach nebenan zu seinem Mitbewohner. Leise schob er die Zimmertür auf und huschte hinein. Raphael lag in seinem Bett, schlief allerdings noch nicht. Seine Bettdecke raschelte, als er sich auf seinen Unterarmen aufstützte und gab den Blick auf seinen nackten Oberkörper frei, durch den Lichtschein zu erkennen, welcher aus dem Flur durch den Türspalt fiel. Dann schloss er die Tür hinter sich. „Simon?“ Seine Stimme klang überrascht und durchschnitt die Stille und Dunkelheit des Zimmers. Simon sagte nichts darauf. Er ging leise auf das Bett zu und krabbelte zu dem Älteren auf die Matratze. Verdammt, er hatte ihn vermisst! Zwei starke Hände griffen nach seinen Armen, zogen ihn zu sich heran und Simon schob sich zu dem Vampir hoch. Sein totes Herz schlug ihm bis zum Hals, als er sich zu ihm herunter beugte und seine Lippen die des anderen fanden. Seit Tagen hatte er ihre Küsse in Chelsea nicht mehr aus dem Kopf bekommen und sich insgeheim nach einer Wiederholung gesehnt. Raphael ging promt darauf ein. Der Vampir küsste ihn mit einem solchen Verlangen, dass es Simon schwer fiel zu glauben, dass er den Latino als einziger vermisst hatte. Raphaels Hand vergrub sich in seinen Haaren, während er mit der anderen unter Simons Shirt fuhr und über seine nackte Brust strich. Ein Schauer ging durch den Körper des Jüngeren und seine kalte Haut brannte unter den Fingern des anderen, die geschickt an ihm herunter wanderten und sich im Bund seiner Shorts verfingen. Simon hielt die Luft an und blinzelte in die Dunkelheit. Keiner von ihnen sagte ein Wort, als Raphael seine Hand in die Boxer schob. Der junge Vampir gab ein Zischen von sich und biss sich auf die Unterlippe. Er bog den Rücken durch und drängte sich dem anderen Schattenweltler entgegen. Für den Moment vergaß er sämmtliche Ängste und Bedenken. Raphael griff beherzter zu und begann ihn mit geübten Bewegungen zu massieren, löste den Kuss, um ihm mit der freien Hand ungeduldig das Shirt über den Kopf zu ziehen. Dann packte er ihn und warf ihn mit den Kräften eines Vampirs auf den Rücken und Simon fand sich plötzlich unter ihm wieder. Er krallte sich an Raphaels Hüfte fest, griff nach seiner Shorts und zog ihn mit einem Ruck an sich, bis sich dessen Errektion an seine eigenen presste. Beiden Vampiren entfuhr ein Keuchen. Simons Atem ging schneller, er fühlte viel zu viel nackte Haut auf sich und er konnte nicht sagen, ob er je etwas Vergleichbares empfunden hatte. Raphaels Mund wanderte inzwischen seinen Hals hinab, knabberte und saugte an seiner empfindlichen Haut und entlockte ihm ein leises Stöhnen. Neckend fuhr seine Zunge hervor und streichelte heiß über Simons kalte Haut, hinterließ brennende Spuren, während sie sich weiter gen Süden vortastete und begann, eine seiner Brustwarzen zu umspielen. Simon ließ den Kopf in den Nacken fallen und seine Augen schlossen sich von allein. Seine Hände fuhren über Raphaels Schultern und vergruben sich in seinem Haar, während der Ältere sich immer mehr seiner Körpermitte näherte und Simons Empfindungen sich überschlugen. Als Raphael freche Küsse auf seiner Shorts verteilte, unter der sich seine Männlichkeit nun überdeutlich abzeichnete, sog er scharf die Luft ein und all sein Blut schoss in seinen Schwanz. Er fühlte den warmen Artem durch den dünnen Stoff und sein Kopf schalltete entgültig auf stand by. Er krallte eine Hand ins Bettlaken und Raphael griff nach dem Bund seiner Shorts, zog sie herunter und verteilte hauchzarte Küsse auf der Innenseite seines Oberschenkels. Dann fuhr seine Zunge die gesammte Länge seines Schwanzes entlang, vom Ansatz bis zur Spitze. Simon stöhnte überrascht auf und schob das Becken vor, wurde jedoch zurück auf die Matratze gedrückt. „Oh, fuck . . !“, entfuhr es ihm, als der Südländer mit seiner Zungenspitze Simons Eichel umspielte, ehe er seine Errektion Stück für Stück in den Mund nahm und begann, es ihm besser zu besorgen, als es je eine Frau gekonnt hatte. Simon dachte im Augenblick nicht mehr darüber nach, was er hier mit einem Mann tat und dass er noch vor Kurzem nicht einmal im Traum auf die Idee gekommen wäre. Alles was er dachte, war, mit welcher Verzweiflung er diesen Kerl wollte. Dass er die ganze Woche an nichts anderes mehr hatte denken können, als an ihn. Als Rapael wieder zu ihm hoch rutschte und eine Hand an seinen Hintern wandern ließ, zuckte er im ersten Moment zusammen und verspannte sich. „Vertrau mir, Chico . . .“, flüsterte das Schattenwesen. „Ich werd dir nicht weh tun.“ Und auch wenn Simon es ansonsten als einziger nie befolgte, wenn Rapha ihm sagte, was er zu tun und zu lassen hatte, hörte er dieses mal auf ihn. Er sah mit klopfendem Herzen zu dem älteren Vampir auf, dessen Umrisse er in der Dunkelheit erkannte, hob eine Hand an sein Gesicht und fuhr mit dem Daumen über seine Wange. Raphael, der sein Leben auf den Kopf gestellt hatte. Der ihn vor sich selbst gerettet hatte. Der einzige, von dem er wusste, dass er wortlos verstand, womit er innerlich zu kämpfen hatte. Es fühlte sich seltsam an, den Latino auf diese Weise in sich zu spüren, aber er vertraute ihm und ließ sich darauf ein. Er schloss seine Augen und ließ seine Hand an seinem Oberkörper herab wandern und fuhr die definierten Muskeln nach, die im Kontrast zu Raphaels jugendlichem Gesicht standen. Nie zuvor war er einem so schönen Mann begegnet, dachte er, und ein wenig beneidete er seinen Liebhaber darum. Zögerlich und doch neugierig schob er seine Hand tiefer und schließlich unter den Saum von Raphaels Shots, fand seine Männlichkeit, die hart und schwer in seiner Hand lag und begann, daran auf und ab zu streicheln, entlockte ihm ein Stöhnen und genoss es zu wissen, dass er es war, der ihn dazu brachte. Raphael eroberte seine Lippen erneut mit seinem Mund und Simon schmeckte eine Mischung aus Rapha und sich selbst. Der Vampir küsste ihn nun mit mehr Verlangen, als zuvor und drängte sich ihm entgegen, keuchte immer wieder leise in den Kuss. Als der Ältere schließlich seine Hände packte und nach oben zog, sie über ihren Köpfen ins Laken drückte und fest hielt, seine Lippen auf Simons Halsschlagader sinken ließ, ging ein Schauer durch Simons Körper. Zwei messerscharfe Fangzähne fuhren über seinen Hals, hinterließen präzise Kratzer auf seiner blassen Haut, aus denen Blut hervor trat. Einen Moment hielt der Vampir inne – dann biss er zu. Simon stockte der Atem und die Gefühle, die ihn überrollten, brachten ihn nicht weniger um den Verstand, als schon beim ersten mal vor einigen Wochen. Er krallte sich ins Laken, seine Handgelenke noch immer fest von Raphael umschlossen, unfähig sich ihm zu entwinden, was er jedoch auch gar nicht gewollt hätte. Mit vernebelter Wahrnehmung registrierte er, wie Raphael, während er an seinem Hals trank, sich die Shorts herunter zog, neben das Bett griff und sich zwischen seine Beine kniete. „Vorsich, kalt . . .“, flüsterte der Vampir ihm zu und Simon zuckte zusammen, als er zuerst das Gelitgel und dann seinen Freund in sich eindringen fühlte. Er keuchte erschrocken auf, doch Rapha erstickte den anfänglichen Schmerz in einem erneuten Biss und seine Empfindungen wichen einem mehr als angenehmen Gefühl. Als Raphael ihn los ließ, um sich rechts und links von ihm abzustützen, schlag er seine Arme um ihn und zog den Unterweltler an sich, der begann sich in trägem Rhythmus ein Stück zurück zu ziehen, um erneut in ihn zu stoßen. Der Latino ließ seine Stirn auf Simons Schulter sinken und schloss die Augen, sodass seine dichten Wimpern auf seinen Wangen ruhten. Schwarze Locken hingen ihm ins Gesicht, die Wangen gerötet und zum ersten mal seit Jahren ließ er all seinen Schmerz von sich abfallen, all die Selbstdisziplin und Verbitterung. Manchmal, konnte die Liebe ein Hoffnungsschimmer sein, ein dringend benötigter Rettungsanker. Raphael betrachtete sich seit langsam nicht mehr als etwas menschliches, viel mehr als eine verdammte Seele, auf ewig verflucht. Er war ein Monster, mit dem Gesicht eines Caravaggio-Engels, wie Magnus Bane einst formuliert hatte. Ein Kind der Nacht, gestorben und wieder auferstanden im Blut seiner Liebsten, gezwungen auf Ewig mit dem zu leben, was geschehen war. Doch Simon schaffte es, sich langsam aber sicher einen Weg in sein totes Herz zu graben und diese Erkenntnis schnürte ihm die Kehle zu, als er den jungen Vampir fickte. Er griff mit einer Hand in seinen Nacken und zog sein Gesicht an seinen Hals. „Beiß mich, Chico . . .“, flüsterte er und Simon brauchte keine weitere Aufforderung. Köstlicher Schmerz durchfuhr Raphael, als er den Biss an seinem Hals spürte und eine Welle aus Hormonen überflutete ihn, als er den Kopf in den Nacken fallen ließ und laut aufstöhnte, während er tief in seinem Freund kam. „Dios, Mio . . .“ Er fühlte, wie sich Simon um ihn verengte, als auch er seinen Höhepunkt erreichte, während er sich an ihn krallte. Eine Weile sagte keiner von beiden ein Wort. Raphaels Atem beruhigte sich langsam wieder und einige Haarsträhnen klebten ihm schweißnass auf der Stirn. „Ich bin froh, dass du wieder zu Hause bist.“, durchbrach Simons leise Stimme schließlich die Stille. „Du hast mir gefehlt.“ Kapitel 10: 10. Kapitel ----------------------- # flashback # Raphael kauerte in einem prunkvollen Raum des Obergeschosses, welches einst in sanfte, himmelblaue Farbe getaucht worden war. Von seinem ursprünglichen Anstrich aber war dem Zimmer nicht viel geblieben. Rot in verschiedensten Schattierungen zierte die vier Wände nun. Tief dunkles Rot, in den Ecken, an denen es die Tapete ganz flächenweise bedeckte. Scheinbar warlos verteilt, an anderen Stellen, die Meterhoch bespritzt waren. Leuchtend rot, immer heller werden, dort, wo Kinderhände ihre Abdrücke hinterlassen hatten. Kinder, dessen Leichen nun den Großteil des Fußbodens ausfüllten. Achtlos verstreut, zum Teil übereinander, zum Teil als einzelnde von ihrem Körper getrennte Gliedmaße. „Raphael?“ In Mitten des Raums stand ein großer, schlanker Mann mit schwarzem Haar. Sein Gesicht spiegelte den Schock wieder, den er angesichts dieses Massackers verspürte. Seine Stimme klang sanft, mitfühlend und doch vollkommen entsetzt. Raphael hockte noch immer dort, wo das Hexenwesen ihn Kraft seiner Magie hingeschleudert hatte, mit dem Rücken an der Wand herab gerutscht, die Arme um seine Knie geschlungen. Er zitterte am ganzen Körper und trotz der irrsinnigen Hitze des Sommertages, welche zusammen mit einem Lichtkegel durch ein einziges großes Loch, dass in der Decke klaffte, hinein strömte, hatte eine Kälte von ihm Besitz ergriffen. Kälte, die der Tod mit sich brachte, wenn er einem Wesen sämmtliches Leben entzog. „Wo ist Louis Karnstein?“ Bernsteinfarbene Katzenaugen blickten auf das zusammen gesackte Etwas. Einen Jungen, von gerade einmal knapp 16 Jahren, fast noch ein Kind. Der Latino hatte schwarzes Haar, dass ihm in wirren Locken ins Gesicht hing. Dreck klebte ihm im Gesicht und an den Händen, mit deren Hilfe er sich vor erst wenigen Stunden aus seinem eigenen Grab befreit hatte. Tiefbraune, wunderschöne Augen blickten unter dunklen Wimpern empor und blickten den Hexenmeister unverwandt an. Sein Gesicht, dass unter anderen Umständen mehr als attraktiv gewesen wäre, war blutverschmiert. Der ganze Junge war voller Blut. Zwei nadelspitze Eckzähne leuchteten als einziges aus dem Schatten hervor, in dem er hockte. „Sie sind alle tot.“, flüsterte Raphael. Tränen liefen über seine Wangen, vermischten sich mit dem Blut und liefen in roten Spuren über seine bleichen Wangen. „Sie sind alle tot. Und ich auch.“ # flashback Ende # Simon fuhr aus dem Schlaf hoch und saß augenblicklich kerzengerade im Bett. Er schnappte nach Luft, die er nicht benötigte, und kalter Schweiß lief ihm über die Stirn. Er fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht. Einen Augenblick saß er da, starrte in die Dunkelheit seines Zimmers und beruhigte sich langsam wieder. Nur ein Traum, sagte er sich. Nur ein Traum. Doch er hielt die Stille nicht aus, schwang die nackten Füße über die Bettkannte und trat auf den Flur hinaus. Nur mit Boxershorts und einem alten T-Shirt bekleidet ging er die große Freitreppe hinunter und fand sich schließlich in der Küche wieder, wo er sich ein Glas Wasser nahm. Seine Übliche Nahrung hätte er im Augenblick beim besten Willen nicht herunter bekommen. Ein Blick auf die Uhr an der Wand verriet ihm, dass es gerade mal 16Uhr nachmittags war. Im Hotel war alles ruhig. Die Türklinke hinter ihm wurde herunter gedrückt und Simon fuhr zusammen, das Glas rutschte ihm aus der Hand und fiel mit einem Klirren zu Boden, wo es in tausend Stücke zersplitterte. Im nächsten Augenblick hörte er eine vertraute Stimme. „Ganz ruhig, ich bin’s.“ Raphael trat auf ihn zu, ohne den Scherben Beachtung zu schenken, und legte seine Arme um Simon, zog ihn sanft an sich. Keiner von ihnen sagte ein Wort und doch entspannte sich der junge Vampir in der Nähe des älteren allmählich. Er atmete tief durch und ließ seine Stirn an die Schulter des Latinos sinken. „Woher wusstest du, dass ich wach bin . . .“, fragte Simon leise. Raphael hob eine Hand und fuhr mit zwei Fingern die Hauptschlagader an Simons Hals nach. „Ich merke, wenn dir etwas passiert ist.“, erwiderte er. Simon war erleichtert, dass er nicht im Schlaf geschrien hatte oder dergleichen. Trotz der Bilder, die er noch immer glasklar vor Augen hatte, die Erinnerungen aufzeigten, in denen Camille ihm das Leben genommen hatte, er sich mit panischer Angst und brennendem Hunger unter der Erde wiedergefunden hatte, war ihm seine momentane Situation auf einmal peinlich. Er wollte sich von seinem Gegenüber los machen, dieser legte jedoch seine Hände auf Simons Arme und hielt ihn zurück. „Es ist okay.“, sprach er und sah ihn aus dunkelbraunen Augen an. „Wir alle hier kennen das, glaub mir.“ Und damit bezog er sich zweifelsfrei auf die Bewohner des Hotels. „Denn wir haben zu viel Schreckliches gesehen und erlebt. Sonst wären wir nicht, was wir heute sind.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)