Höllenfeuer von Feldteufel ================================================================================ Kapitel 10: Kapitel 10 ---------------------- Kapitel 10 Es war nicht leicht gewesen sich dazu zu entscheiden, Marylin allein im Hotel zurück zu lassen. Besonders Chino hatte sich um ihr Wohl gesorgt. Artemis ohne Begleitung gehen zu lassen, widerstrebte ihm allerdings ebenso. Kaum hatten sie Marylin in ihr Bett verfrachtet, war die Polizistin bereits eingeschlafen. Ihr war es zwar nicht gut gegangen, aber Anzeichen, dass sie sich demnächst übergeben oder vollständig die Kontrolle über sich verlieren würde, hatte es nicht gegeben. Somit war es für Chino das kleinere Übel gewesen, zusätzlich hatte er die Tür abgeschlossen und den Schlüssel eingesteckt. Zusätzlich zu der verschlossenen Tür hatte Artemis Marylin die Armbrust in das Zimmer gelegt. Um den Exorzismus durchführen zu können, hatten sie nur das Nötigste mitgenommen. Artemis hätte seinen Ausflug eigentlich mit Ethos absprechen müssen, dafür jedoch keine Zeit gesehen. Er wusste nicht, wo Ethos sich genau aufhielt und sich daher an das gehalten, was er in seiner Ausbildung gelernt hatte. Und diese besagte, dass einer Besessenheit schnellstmöglich nachgegangen werden musste. Es bestand immer die Möglichkeit, dass so die Übernahme durch einen Dämonen verhindert oder dieser frühzeitig ausgeschaltet werden konnte. Je weniger Feinde die Kirche besaß, desto besser. Mit reiner Nächstenliebe hatte dies eher weniger zu tun. Als Artemis und Chino vor einer Gasse ankamen, sah Artemis noch einmal auf den Zettel, welchen er bekommen hatte, um die Adresse abzugleichen. Einladend sah die kleine Seitenstraße nicht aus, auch der Geruch war alles andere als angenehm, aber etwas anderes in dem ärmlich wirkenden Viertel zu erwarten wäre reines Wunschdenken gewesen. Ein weiteres Mal bestätigte sich, dass Reich und Arm direkte Nachbarn sein konnten, ohne dass der eine von den Zuständen des anderen Notiz nahm. An den Hauswänden stapelte sich der Müll zu hohen Türmen auf, die Pfützen auf dem Boden wiesen eine bräunliche Farbe auf, die darauf schließen ließ, dass sich nicht nur Regenwasser dort gesammelt hatte. Erneut fielen Artemis die vielen Katzen auf, die auf Mülltonnen, zerplatzen Säcken oder vor den in die Höhe ragenden Hausmauern saßen. Sie starrten ihn und Chino an, verfolgten jede noch so kleine Bewegung, die die beiden ausführten, sprangen von ihren Plätzen herunter und schlichen sich zurück haltend heran. Zusammen wirkten sie wie ein Schwarm, der Chino und Artemis immer weiter in die Richtung einer der Treppen lenkte, die nach unten führte. Er hätte es niemals zugegeben, aber die Anwesenheit von Chino beruhigte Artemis zunehmend. Zusammen stiegen sie die Treppen hinab und standen wenig später vor einem Türrahmen, welcher mit einem schweren Stück Stoff abgehangen worden war. „Hallo, ist jemand da?“, rief Artemis, denn zum Anklopfen gab es keinen geeigneten Untergrund. Im Inneren regte sich etwas, ein Rascheln ertönte und der Vorhang wurde zur Seite gezogen. Wieder stand der Mann mit den langen blonden Haaren vor ihnen. „Bitte, treten Sie doch ein“, sagte er mit zittriger Stimme und trat beiseite, hielt zudem den Vorhang auf. „Meiner Tochter geht es immer schlechter. Sie liegt ganz hinten. Gehen Sie einfach durch.“ Da die Räumlichkeiten des Mannes nicht sonderlich ausladend waren, konnten Artemis und Chino den Gang in das besagte Zimmer nicht verfehlen. Kaum hatte Artemis den ersten Fuß in den Raum gesetzt, schaute er sich auch schon skeptisch um. Die Wände waren kahl, lediglich der nackte Beton schimmerte in einer gräulichen Farbe. Der Teppich wiederum besaß eine kaum zu definierende Farbe und schaute wenig einladend aus. An einigen Stellen war er aufgerissen und legte den Blick auf den nackten Beton frei. Elektrisches Licht gab es nicht, zwei große Kerzen auf Ständern zeugten von den einzigen Lichtquellen. Am Ende des Raumes stand ein Bett, in dem eine Gestalt lag und sich unter Schmerzen zu krümmen schien. Die rabenschwarzen Haare waren vollkommen verfilzt, die Haut unnatürlich blass. Blaue eingerissene Fingernägel krallten sich in das Lacken, wenn die Person sich unter lauten Flüchen aufbäumte und das Rückgrat in unnatürlichen Formen durchbog. Da die Haare über die Augen des Mädchens fielen, war nur ihr grotesk verzerrter Mund zu sehen, der an einigen Stellen blutete. Bei den zischenden Lauten war es kein Wunder, wenn sie sich das eine oder andere Mal auf die Zunge oder die Lippen gebissen hatte. „Wer seid ihr?“, krächzte die Stimme des Mädchens. Chino und der Mann namens Brooklyn McKenzey waren inzwischen ebenfalls eingetreten. Vorsichtig schloss der Mann den Vorhang hinter ihnen und lief an das Bett. Als er das Mädchen anfassen wollte, schlug diese wild um sich und versuchte, ihn zu kratzen. Artemis sah, dass ihre Handgelenke mit einem Seil an das Bett gefesselt worden waren, so dass sie ihre Arme höchstens auf Brusthöhe heben und senken konnte. Wenigstens hatte sie noch nicht versucht, sich zu befreien, trotz des ihr zur Verfügung stehenden Freiraumes. „Mr. McKenzey? Bitte treten Sie zurück. Ich würde mir Ihre Tochter gerne etwas genauer ansehen.“ Während Chino vor dem Vorhang wartete, wich McKenzey einige Schritte zurück und ließ den Priester gewähren. „Sarah ist ihr Name, richtig?“ „Ja, genau, Sarah.“ Noch immer kam Artemis die Situation seltsam vor, die Sorge, die das Gesicht des Mannes widerspiegelte und sein ängstlicher Ton wirkten jedoch nicht gespielt. Auch Chino fühlte sich unwohl, wie Artemis mit einem Blick zur Seite feststellte. Der Priester kniete sich auf den Boden, so dass er mit Sarah auf Augenhöhe sprechen konnte. Seiner Einschätzung nach war das Mädchen höchstens sechzehn Jahre alt. „Wie geht es dir, Sarah?“ „Verpiss' dich du Arschloch!“ Indem sie versuchte, Artemis ins Gesicht zu spucken, demonstrierte Sarah dem Priester den Grad ihrer Abneigung. „Du scheiß Priester! Du kriegst mich nicht, du kriegst mich nicht.“ Kaum hatte sie den letzten Satz beendet, atmete Sarah tief durch und grunzte dabei wie ein wildes Tier. Ihre braunen Augen verdrehten sich, die Pupillen wanderten nach innen. Zudem krampfte ihr gesamter Körper, als durchzöge sie ein unkontrollierbares Zucken. Etwas Schaum bildete sich und lief ihr Kinn herunter. Erschrocken schlug ihr Vater, der die ganze Zeit hinter Artemis gestanden hatte, die Hände vor sein Gesicht. Artemis hingegen öffnete seine Tasche und holte einen Rosenkranz, sowie eine alte in Leder gebundene Bibel hervor. „Können wir sie hier irgendwo aufrecht festbinden?“ Anstatt zu antworten schüttelte McKenzey nur wild den Kopf. Seine Augen waren vor Angst geweitet, Panik schien in ihm aufzusteigen. „Haben Sie nicht einmal einen Stuhl, den Sie holen könnten?“ Weiteres Kopfschütteln. „Na super...“, seufzte Artemis und wand sich erneut dem Mädchen zu, dazu stemmte er die Hände in die Hüften und überlegte. „Die einzige Möglichkeit, die ich hier sehe ist, sie fester an dem Bettgestell festzubinden. Ihre Füße müssen ebenfalls am anderen Ende festgebunden werden.“ „Ist das denn wirklich notwendig?“ „Ja, ist es. Zu Ihrer Beruhigung; mein Kollege da hinten ist Arzt. Sollte es Ihrer Tochter gesundheitlich so schlecht gehen, dass wir die Austreibung abbrechen müssten, ist sie bei ihm in besten Händen. Allerdings will ich auch nicht das Risiko eingehen, von Ihrer Tochter zerkratz zu werden. Außerdem wird die Austreibung mehr Erfolg haben, wenn der Dämon sich nicht in dem Körper zur Wehr setzen kann.“ „In Ordnung. Wie Sie es sagen, Pater.“ Sofort machte der Mann sich daran, die Stricke, mit denen er die Handgelenke seiner Tochter an das Bett gebunden hatte, zu lösen und so zu zerschneiden und zu verknoten, dass sie sich nicht mehr bewegen konnte. Artemis warf Chino einen Blick zu, dieser nickte als Antwort, dass er verstanden hätte. Unter seinen Lumpen hatte der Mann die ganze Zeit über ein Messer versteckt gehalten, das er ebenso als Waffe hätte benutzen können. Von nun an würde Chino darauf besonders Acht geben. Wieder griff Artemis in seine Tasche und holte ein Paar weißer Gummihandschuhe heraus, welche er sich überstreifte. Als nächstes nahm er eine Spritze, spießte die Nadel in die Gummiabdichtung eines kleinen Glases mit einer klaren Flüssigkeit und zog die Spritze langsam auf. Dabei schaute er zu McKenzey hinüber. „Eine Frage habe ich noch, bevor ich gleich anfange. Haben Sie schon einmal irgendwelche Straftaten begangen? Jemanden getötet, Kinder vergewaltigt, richtig schlimmes Zeug, das Sie nicht mal Ihrem besten Freund oder Ihrer Mutter beichten würden?“ Empört über diese Frage kniff McKenzey die Augen zusammen. Es dauerte einige Sekunden, bis er sich dazu in der Lage sah, auf diese beleidigende Frage einzugehen. „Natürlich nicht!“ „Gut, dann hat niemand in diesem Raum etwas zu befürchten, falls der Dämon sich kurzfristig dazu entscheiden sollte, sich einen neuen Körper zu suchen. Ich rate Ihnen aber dringend, sich mal mit Ihrer Tochter auseinander zu setzen. Falls es sich hier um einen echten Dämonen handelt, wird er sich den Körper Ihrer Tochter nicht umsonst als Wirt ausgesucht haben.“ „Was wollen Sie damit sagen? Dass Sarah jemandem etwas angetan haben soll?!“ „Davon können Sie ausgehen. Vorausgesetzt, es handelt sich hierbei nicht um eine psychische Erkrankung. Dämonen suchen sich keine guten Menschen als Opfer.“ Obwohl McKenzey zu weiterem Prostest angesetzt hatte, ignorierte Artemis diesen und widmete sich stattdessen wieder Sarah. Er spritzte ihr das Serum, zog die Handschuhe aus, trat etwas nach hinten und wartete darauf, dass sie mit dem Kinn auf ihre Brust gesunken war, dann bewaffnete er sich mit dem Rosenkranz, welchen er sich um den Hals hing. Im Grunde wusste Artemis, dass, sollte Sarah tatsächlich von einem Dämon heimgesucht worden sein, kaum eine reale Chance auf Rettung bestand. Normalerweise ging die Besetzung so schnell vonstatten, dass der Mensch sich kaum zur Wehr setzen konnte. Wie stark und schmerzhaft eine solche Begegnung werden konnte, hatte Artemis am eigenen Leib erfahren, weshalb er kaum jemanden einen Vorwurf machen konnte, wenn sich dazu durchgerungen wurde, dem Dämon seinen Körper und Geist zu überlassen, nur damit die Qualen endlich ein Ende fanden. Es war aber auch schon vorgekommen, dass sich der Dämon austreiben ließ und sich dazu entschlossen hatte, einen anderen Menschen zu befallen. Bevor Artemis mit dem Ritual begann, winkte er noch einmal Chino zu sich. „Ich habe ihr ein Beruhigungsmittel gespritzt, das zwar ihren Körper, aber nicht ihren Geist beeinträchtigt. Bevor ich anfange, möchte ich noch einmal deine Meinung als Arzt einholen. Ist dieses Mädchen besessen oder leidet sie an einer psychischen Krankheit?“ Chino trat etwas näher an Sarah heran, nahm ihren Kopf in die Hand und zog die unteren Augenlider nach unten. Das Mädchen gab daraufhin weitere Flüche von sich und versuchte mit allerletzter Kraft, Chino in die Hand zu beißen. „Sie ist wirklich besessen. Sei vorsichtig, Artemis. Ich glaube, der Dämon könnte nicht allzu schwach sein“, flüsterte Chino und trat zur Seite, entfernte sich allerdings nicht allzu weit von dem Bett. Da Artemis nicht in der Lage war, die Auren von schwächeren Dämonen zu spüren, war ihm der Einfall gekommen, auf Chino zurück zu greifen. Dem fremden Mann würde die Erklärung, es hier mit einem Arzt zu tun zu haben, sicherlich reichen, ohne dass sie Verdacht auf sich ziehen würden. Außerdem hatte Artemis, durch Chinos Anwesenheit, bereits genügend Reize, die auf ihn einwirkten, so dass er eine weitere dämonische Aura auch gar nicht hätte wahrnehmen können. Seitdem sie die Bar verlassen hatten, drohte sein Schädel nahezu zu explodieren und auch die Schmerzmittel besaßen nur eine bedingte Wirkung. Aus diesen Gründen würde er versuchen, das Ritual so schnell wie es ihm möglich war durchzuführen. Artemis holte eine weitere kleine Flasche aus seiner Tasche und öffnete diese. Zusätzlich nahm er ein handflächengroßes Kreuz aus Eisen an sich, das er dem Mädchen entgegen streckte. „Ich beginne jetzt mit dem Ritual. Deshalb möchte ich Sie bitten, ruhig zu sein und in keinem Fall einzugreifen. Wenn Sie dies nicht können, verlassen Sie uns bitte. Ich kann Ihnen versichern, dass Ihre Tochter wirklich in den allerbesten Händen ist. Wenn Sie bleiben, bitte ich Sie gleich, wenn ich mit der ersten Litanei anfange, zu antworten. Als Katholik kennen Sie die Litanei doch oder? “ Wortlos schaute der Mann Artemis streng und entschlossen an und verharrte auf seinem Platz, was Artemis zu der Annahme führte, dass er dem Exorzismus beiwohnen wollte. Nicht immer war das die beste Entscheidung, aber wenn die Angehörigen bei ihren Liebsten bleiben wollten, war das durchaus verständlich. Mit der einen Hand verteilte Artemis das Wasser aus dem Fläschchen, auf dem ein Etikett mit der Aufschrift „Weihwasser“ prangte, mit der anderen hielt er das Eisenkreuz an die Stirn des Mädchens. Bei dem Kontakt mit dem kreuzförmigen Metall schrie sie wild auf und beschimpfte Artemis auf einer Sprache, die dieser nicht kannte. Nichtsdestotrotz behielt Artemis Ruhe und schenkte den schändlichen Ausführungen des Mädchens kaum Beachtung. Nachdem er die Flasche mit dem Wasser geleert hatte, schloss er sein verbleibendes Auge und legte eine Hand auf den Kopf des Mädchens. „Christus, erbarme dich.“ „Christus, erbarme dich“, antworteten Chino und McKenzey im Chor. „Gott Vater im Himmel.“ „Erbarme dich unser.“ „Heilige Engel Gottes.“ „Bittet für uns.“ „Durch die Sendung des Heiligen Geistes.“ „Herr, befreie uns.“ Artemis nahm seine Hand von dem Kopf des Mädchens. Chino lehnte sich auf den hinteren Teil des Bettes. Für ihn war die Mitsprache der Litanei zwar nicht tödlich, zehrte jedoch an seinen Kräften. Ein stechender Schmerz fuhr durch seine Brust und drohte ihn von innen heraus zu lähmen. Er wusste, dass die reine Ankunft bei einer Austreibung ihn nicht umbringen würde, dass sie ihm nicht sonderlich gut tat, war ihm nur allzu bewusst gewesen. Für einen kurzen Augenblick war Sarah in sich gekehrt und rezitierte leise einige unverständliche Sätze vor sich hin, dann kicherte sie und hob ihren Kopf in Artemis‘ Richtung. „Du glaubst, dass mich das beeindruckt, Priester? Ich scheiß auf deine Worte und auf deinen Gott. Dein Jesus Christi und dein Heiliger Geist sind nichts weiter als wertloser Dreck, auf den alle Dämonen scheißen.“ Das Lachen, das das Mädchen kurz darauf ausstieß, ließ Artemis das Blut in den Adern gefrieren. Ihre helle und krächzende Stimme hatte sich verdunkelt und war einer tiefen, grollenden Männerstimme gewichen. Immer stärker rüttelte sie an ihren Fesseln, zog so fest daran, dass sich die Seile in ihr Fleisch zogen und dort schwach blutende Stellen hinterließen. Diese Zeichen waren äußerst schlecht, da sie bewiesen, dass kaum noch etwas Menschliches in dem Körper vor ihnen zu stecken schien. Artemis musste sich beeilen. Als nächstes umschloss er das Kreuz mit beiden Händen, schloss ein weiteres Mal sein Auge und fing an zu beten. „Vater unser der du bist im Himmel. Geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Dein tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, die auch wir vergeben unseren Schuldigern.“ Während Artemis, zusammen mit Chino und dem Vater des Mädchens, das Vater Unser aufsagte, meinte er, die Stimme des Mannes hinter sich näher kommen zu hören. „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.“ „Amen“, ertönte es zeitgleich vor und hinter Artemis. Durch die Aggressivität der beiden Stimmen gewarnt, öffnete Artemis sein Auge wieder, sah sich allerdings außer Stande, noch etwas gegen das, was sich gerade abspielte, zu unternehmen. Das Mädchen hatte sowohl ihre Arme, als auch die Beine aus den Fesseln befreit und griff nach Artemis‘ rechten Arm. Durch die Stärke, mit der das Mädchen zudrückte, verlor Artemis das Kreuz aus der Hand und hörte nur noch, wie es klimpernd auf dem Boden aufkam, als jemand seinen linken Arm packte und seinen Oberkörper so einige Zentimeter nach hinten drehte. Sofort durchfuhr Artemis ein stechender Schmerz. Neben ihm stand McKenzey, hielt ihn fest und grinste ihn triumphierend an. Als Artemis seinen Blick senkte, stellte er fest, dass ein Messer unterhalb seiner Rippen durch seine Kleidung und die darunter liegende Haut gedrungen war. Ethos hatte sich dazu überreden lassen, noch einmal mit Pater Berry in dessen Büro in die Innenstadt zu fahren. Noch immer hatte er Bedenken aufgrund des Abendprogramms seines Kollegen Artemis, versuchte jedoch, diese zu verdrängen und sich zu beruhigen. Artemis wusste, wie wichtig Marylin war und so unzuverlässig er manchmal auch sein mochte, eine Zeugin wissentlich in Gefahr zu bringen, das würde selbst ihm nicht einfallen. Allem Anschein nach tat es Pater Berry unheimlich leid, dass ihm der Fehler mit der Spurensicherung unterlaufen war. Zum Trost hatte er Ethos versprochen, diesem die Akte über Daniel Simmons zur Verfügung zu stellen. Zwar musste sich eine Akte über den toten Geweihten im Vatikan befinden, die vor Ort angelegte Akte sollte jedoch auf dem allerneuesten Stand sein und auch Kleinigkeiten, die dem Vatikan als unwichtig erschienen, berücksichtigen. Von diesem Standpunkt aus gesehen hatte Ethos beschlossen, wäre es nicht verkehrt, einen Blick hinein zu riskieren. „Hat Pater Simmons Ihnen gegenüber vielleicht etwas erwähnt, das Sie als auffällig bezeichnen würden? Seltsame Treffen, plötzliche Geheimniskrämerei oder dergleichen?“ „Nein, nicht dass ich wüsste. Er verhielt sich völlig normal. Ich habe keine Unauffälligkeit feststellen können. Ebenso wenig die anderen Priester, die mit ihm zu tun hatten. Dadurch, dass er im Geheimen agiert hat, hatte Pater Simmons kaum Kontakt zu den anderen Mitarbeitern meiner Kirche.“ Schweigend saß Ethos an dem ausladenden Schreibtisch von Berry und blätterte einige Papiere hin und her. Die Front eines der Dokumente zeigte die schwarzweiß Fotografie eines heiter lächelnden Mannes mit kurzen Haaren in einem Talar. Ethos nahm das Foto und schaute es sich genauer an. Er hatte den Mann noch nie gesehen und doch spürte er, wie er bei dessen Anblick eine Verbindung zu ihm aufzubauen begann. Was als dumpfes Gefühl in seinem Magen anfing endete in der Gewissheit, dass Daniel Simmons mehr als ein bloßer Kollege für ihn gewesen war. „Würden Sie mich vielleicht für einige Minuten alleine lassen? Ich würde gerne kurz im Vatikan anrufen, falls Sie nichts dagegen haben.“ „Aber sicher“, entgegnete Berry höflich. „Ich werde mir in der Zwischenzeit einen Tee machen. Möchten Sie ebenfalls einen?“ „Gerne.“ Nickend verschwand Berry aus dem Büro, so dass Ethos endlich seinen Anruf tätigen konnte. „Monsignore Nikolas?“ Pater Ethos? So spät noch auf den Beinen? „Entschuldigen Sie die späte Störung, aber ich konnte Ihnen eben gerade nicht über alles berichten, das mich besorgt. Pater Berry und einige Polizisten waren in der Nähe.“ Ich habe mir bereits gedacht, dass Ihr verlängerter Aufenthalt in London einen tieferen Sinn beinhaltet. Der Prälat klang besorgt. „Leider habe ich einige weitere beunruhigende Entdeckungen gemacht. Einer der Toten bei dem Angriff auf das Museum war ein verdeckter Geweihter, der zum Schutz des Artefaktes abgestellt worden ist.“ Das ist ja schrecklich! „Nicht nur das, es wurde auch eine Münze bei ihm gefunden, die, meiner Meinung nach, im Vatikan geprägt worden ist. Auf der Münze wurden die Fingerabdrücke von Pater Daniel Simmons, dem Geweihten, identifiziert. Die Polizei hat uns erst vor kurzem darüber informiert, da die Leiche erst untersucht werden musste und Pater Simmons‘ Fingerabdrücke nicht im örtlichen Register von Verbrechern auftauchten. Im Moment sitze ich mit seiner Akte in Berrys Büro. Vielleicht könnten Sie Steve damit beauftragen, die hausinterne Akte von Pater Simmons heraus zu suchen.“ Je mehr Sie mir erzählen, desto bizarrer wird der Fall. Sobald Sie sich wieder zurück in Rom befinden, sollten wir eine Krisensitzung einberufen und entscheiden, welche weiteren Schritte wir einleiten wollen. „Dem stimme ich zu, das wäre ein Anfang. Aber abgesehen davon gehe ich mittlerweile davon aus, dass die Sammelaktion der Dämonen nicht nur Pater Artemis und mich betrifft. Meine persönliche Meinung ist, dass die Dämonen auch wussten, dass Pater Simmons das Artefakt bewachte. Und wann und wo und in welchem Umfang er eingesetzt worden ist, was seine Schwächen sind und so weiter. Anscheinend wurde er in sehr kurzer Zeit getötet. Ein Geweihter sollte, selbst für sehr starke Dämonen, ein größeres Hindernis darstellen.“ Haben Sie Pater Berry bereits über Ihre Vermutung in Kenntnis gesetzt, damit er andere Priester und Mitarbeiter der Kirche warnen kann? „Das habe ich. Indirekt macht er uns große Verwürfe. Er meinte, wenn er das eher gewusst hätte und wir besser arbeiten würden, wäre es vielleicht gar nicht erst zu diesem Zwischenfall gekommen.“ Eine kurze Pause entstand. Und ich hoffe, Sie sind ruhig geblieben bei diesen Anschuldigungen?, fragte der Prälat vorsichtig. „Ja, natürlich. Aber wir sollten das als Anreiz sehen, weitere Priester darüber zu informieren. Ebenso Dämonen, welche für uns arbeiten. Wie Sie wissen, war auch Chino Estevez wenig begeistert, als er davon erfahren hat.“ Ich werde mich mit einigen anderen Ratsmitgliedern darüber beraten, was Vorrang hat. Der Schutz unserer Angestellten oder das Allgemeinwohl der Institution der Kirche. „Bitte beeilen Sie sich damit, ich möchte nicht noch einmal stellvertretend für den Tod eines Kollegen gerade stehen.“ Wie Sie wissen tue ich mein Bestes, Pater Ethos. Für Sie und für alle anderen Mitarbeiter unserer Kirche. Doch in gewissen Entscheidungen sind mir die Hände gebunden. „Ja, das verstehe ich, Euer Hochwürden.“ Gibt es sonst noch etwas, das ich dringend wissen sollte? „Nein, ansonsten ist alles in Ordnung. Pater Artemis und Herr Estevez kümmern sich um unsere Zeugin und ich versuche alles, was an Informationen für uns von Nutzen sein könnte, aus Pater Berry heraus zu bekommen.“ Dann wünsche ich Ihnen allen viel Erfolg dabei. Ich weiß, dass ich meine besten Mitarbeiter geschickt habe und dass, ganz besonders Sie, Pater Ethos, das Richtige tun und der Kirche einen beachtlichen Fortschritt in dieser Angelegenheit erbringen werden. „Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen, Euer Hochwürden.“ Mit diesen Worten legte Ethos den Telefonhörer zurück in die Gabel. Gerade rechtzeitig, denn Pater Berry kam bereits mit zwei Tassen Tee durch die Tür. Ethos bedankte sich und widmete sich wieder der Akte. Zunächst fand er nichts, das ihm besonders vorkam, als er den Lebenslauf von Simmons durchkämmte, wurde er das erste Mal stutzig. „Hier steht, dass Pater Simmons erst seit wenigen Jahren zu Ihnen versetzt wurde. Was hat er davor gemacht?“ „Das weiß ich leider nicht“, seufzte Berry. „Wie Sie wissen, erfahren wir nicht viel über die Vergangenheit der Priester, die wir zugewiesen bekommen, insofern es sich um geweihte handelt.“ Ethos wusste dies nur allzu gut. Die Vergangenheit der Geweihten unterlag der strengsten Geheimhaltung. Dies war auch durchaus sinnvoll, denn es hatte einen Grund, warum es Geweihte waren, die irgendwann einmal in ihrem Leben einem Dämon gegenüber gestanden hatten. Um bei anderen Priestern keine Vorurteile hervorzurufen, die eine Zusammenarbeit erschwerte, wussten nur einige wenige im Vatikan, was es mit der Vergangenheit seiner kostbarsten Mitarbeiter auf sich hatte. Allerdings führte dies nicht automatisch zu dem gewünschten Erfolg. Meistens waren diejenigen unter den Kollegen, die keine Geweihte waren, dennoch misstrauisch ihren Mitstreitern gegenüber. Solange niemand wusste, was sie getan hatten, entstanden die merkwürdigsten Geschichten. Und dabei stellte Ethos immer wieder fest, dass die menschliche Phantasie die Grenzen der Realität und Absurdität gern überschritt. Dennoch hätte es sein können, dass Simmons von sich aus etwas erzählt hätte, aber das würde Ethos vermutlich niemals erfahren, wie es aussah. Schweigens schaute sich Ethos das Foto genauer an. Plötzlich hielt er inne und nahm das Foto so dicht an seine Augen, dass er es fast damit berührte. Verwirrt schaute Berry zu Ethos hinüber, bis dieser das Bild wieder sinken ließ. „Auf dem Foto hier“, begann Ethos und zeigte auf den Kragen von Simmons Gewand. „Was ist der Gegenstand, den Pater Simmons am Revers trägt?“ „Das? Das ist eine Brosche. Die hatte er immer dabei gehabt und getragen. Angeblich stammt sie von seiner verstorbenen Mutter.“ „Das ist ungewöhnlich. Normalerweise tragen Priester so etwas nicht.“ „Was Sie nicht sagen. Wie Sie es an sich selbst sehen, gibt es Ausnahmen“, antwortete Berry gereizt und wand sich Ethos zu. „Es ist doch immer das Gleiche. Wenn Sie etwas Besonderes sind, so wie Simmons, dann dürfen Sie halt Dinge, die andere nicht dürfen. Oder wie Sie, weiße Kleidung tragen. Man erkennt nicht mal Ihren Kollar, da er sich kaum von dem Rest Ihrer Kleidung abhebt.“ Ethos schwieg einen Augenblick, damit Berry sich beruhigen konnte. Objektiv betrachtet konnte Ethos nachvollziehen, weshalb Pater Berry so sauer war. Auf Außenstehende mussten die Privilegien, mit denen die Geweihten nahezu überhäuft wurden, extrem unfair wirken. Andererseits hatten die anderen Priester nicht einmal den Hauch einer Vorstellung dessen, was ein Geweihter in seinem Leben bereits hatte durchmachen müssen. Für Ethos war es nie einfach gewesen, mit seiner Vergangenheit abzuschließen, obwohl er eine Fähigkeit besaß, die für die Kirche von immenser Wichtigkeit war. Diese Tatsache konnte sein Gewissen immerhin etwas beruhigen. Einige seiner Kollegen, wie etwa Artemis, hatten wesentlich weniger Glück gehabt. Von der Seite aus gesehen waren die den Priestern gewährten Gefälligkeiten nur kleine Tropfen auf einem sehr heißen Stein. Sie sollten ihnen ihr Leben ein kleines Bisschen erleichtern. Inzwischen hatte Berry sich wieder beruhigt und schlürfte genüsslich seinen Tee. Um nicht weiterhin Zwiespalt zu streuen, entschloss sich Ethos dazu, die Herkunft der Brosche auf einem anderen Weg zu studieren. Nikolas sollte es veranlassen, dass er sie als Beweisstück zugeschickt bekommen würde. Obwohl die Akte nicht sonderlich dick war, brauchte Ethos lange, um sie durchzusehen. Jedes noch so kleine Detail konnte den alles entscheidenden Hinweis darüber liefern, was hier eigentlich los war. Nach einer Stunde und einem erkalteten Tee später packte Ethos die Dokumente zusammen und verstaute sie. Heute Abend würde er zu keinem Ergebnis mehr kommen. Er bedankte sich bei Pater Berry, wünschte diesem alles Gute für die Zukunft und nahm sich ein Taxi zum Hotel Savoy. Fluchend stürzte sich Chino auf McKenzey und riss diesen von Artemis los. Durch das Mitsprechen des Gebetes hatte er nicht nur an Kraft verloren, auch seine Schnelligkeit und sein Urteilsvermögen hatten sich deutlich verringert. Er hatte noch gesehen, wie der Mann ebenfalls an Kraft zu verlieren schien, während er mit Artemis das Vater Unser rezitierte, den Ernst der Situation jedoch nicht schnell genug erfassen können. Wie ein Blitz hatte sich McKenzey auf Artemis zu bewegt und ihm das Messer in den Leib gestoßen. Sofort waren alle Lebensgeister zurück in Chino gefahren und er hatte sich von dem Bett los gerissen, um zum Angriff über zu gehen. Als er den Mann auf den Boden gerungen hatte und auf dessen Brustkorb kniete, erkannte Chino, dass sich seine Augen ebenfalls rot gefärbt hatten, genau wie seine eigenen. Bei Dämonen, die durch irgendetwas stark erregt wurden, sei es Panik, Wut oder der reine Überlebensinstinkt, verdrängte ein leuchtendes, glutähnliches Rot die Farbe ihres menschlichen Wirtes. Die Transformation ermöglichte es den Dämonen, besser im Dunkeln zu sehen und mehr Bilder als das menschliche Auge pro Sekunde wahrnehmen zu können. Dies erklärte, warum einige von ihnen blitzschnell reagieren konnten. Normalen Menschen kam dies konsequenterweise übernatürlich vor. Auch Chino bemerkte, dass die graue Decke, in welche der Dämon gehüllt gewesen war, verschwunden war. Unter dieser trug McKenzey ein cremefarbenes Oberteil, das vereinzelnd von künstlerischen smaragdgrünen Bestickungen durchzogen wurde. An der Brust wurde es zusammen gebunden, so dass ein tiefer Ausschnitt entstand, der den Blick auf einen Teil der Brust des Dämons freigab. Um die Hüften trug er einen Gürtel, der mit einer Vielzahl an Schwertern und Messern in verschiedenen Größen und Formen bestückt war. Die weit geschnittene und farblich zum Oberteil passende Hose, die er trug, bot die Möglichkeit, weitere Waffen zu verstecken. Während Chino McKenzey am Boden festhielt, befreite sich Artemis aus dem Griff des Mädchens, welches ihn, mit ebenfalls rot leuchtenden Augen, grinsend anstarrte. Mit einem kräftigen Ruck zog sich Artemis das Messer aus der Seite, wodurch die Wunde sofort zu bluten begann. Zum Glück handelte es sich um ein kleineres Messer, dessen Länge vermutlich nicht ausgereicht hatte, um den Lungenflügel zu beschädigen (das hätte Artemis mit Sicherheit bereits gespürt), die Schmerzen durchfuhren ihn trotzdem wie ein rasender Pfeil. Gerade noch rechtzeitig wich er dem Dämon aus, als der von der Matratze aus auf ihn zu sprang. Polternd knallte der Körper des Dämons auf den harten Boden, doch er rappelte sich kurz danach erneut auf, um zu einem weiteren Sprung anzusetzen. Daneben wälzten sich Chino und McKenzey wie zwei sich raufende Kinder auf dem Boden, was der Situation eine groteske Art von Komik verlieh. Unter seinem Hemd hatte Artemis glücklicherweise ein eigenes Messer versteckt gehalten, welches er nun heraus zog, um sich seinem Feind zu stellen. So ein Pech, dass er die Armbrust bei Marylin gelassen hatte. Auf allen Vieren kroch der Dämon um Artemis herum, anscheinend hatte er seinen Angriff per Sprung doch noch einmal überdacht. Die Atmung des Dämons ging schwer und rasselnd, so dass Artemis, trotz der Dunkelheit, keine Probleme hatte, die Position seines Gegners ausfindig zu machen. Ein lautes Fauchen durchriss die kurze Stille. McKenzey hatte es geschafft, Chino am Hinterkopf zu packen. Als er sich aufrichtete, ließ er seinen Arm nach unten schnellen, wodurch Chinos Stirn hart auf eine der unverkleideten Stellen direkt auf den Betonboden aufkam. Die Haut platzte auf und Blut lief ihm die Stirn herunter. Davon ließ sich Chino nicht unterkriegen und ging erneut zum Gegenangriff über, nachdem er sich wieder hatte befreien können. Bevor Artemis Chino zur Hilfe eilen konnte, musste er sich erst einmal des anderen Dämons entledigen. Mehr als starke und gefederte Sprünge schien der Dämon nicht zu bieten zu haben. Hätte es sich um einen starken Dämonen gehandelt, hätte dieser Artemis längst größeren Schaden zugefügt oder es zumindest versucht. Durch gekonntes Ausweichen brachte sich Artemis außerhalb der Reichweite des schwarzhaarigen Dämons, nebenbei griff er unter die rechte Seite seines Hemdes. Dort hatte er einen Messergürtel versteckt, was den Angriff auf der linken Seite noch ärgerlicher erschienen ließ. Hätte McKenzey ihn dort verwunden wollen, hätten die Messer eventuell einen größeren Schaden verhindert. Artemis erkannte seine Chance, als der Dämon auf ihn zusprang und er sich vor eine der Wände manövriert hatte. Artemis nutzte den Schwung seines Gegners, packte diesen am Hals und schleuderte ihn mit voller Wucht gegen die Wand. Wütend fing der Dämon an um sich zu schlagen, dabei zerkratzte er Artemis das Handgelenk, mit welchem er den Dämonen gegen die Wand drückte. Unter dem Ärmel seines Hemdes sammelte sich Blut, doch die Wunde brannte mehr, als dass sie lebensgefährlich gewesen wäre. Die Messer hatte Artemis sich zwischen seine Finger geklemmt. Völlig außer sich und mit wütenden Schreien schlug er immer wieder auf den Kopf des Dämons ein, bis dieser sich nicht mehr rührte und leblos in sich zusammen sank. Schwer atmend ließ er den Dämon los und beobachtete, wie dieser auf den Boden glitt, dabei eine Blutspur hinter sich her ziehend. Als er sich umdrehen und nach Chino sehen wollte, stand plötzlich McKenzey vor ihm. „Mag sein, dass du diesen Amateur erledigt hast, aber ich bin da ein etwas anderes Kaliber.“ In seiner Hand hielt McKenzey ein dünnes Schwert, dessen Spitze auf Artemis‘ Herz zielte. In der Ferne nahm Artemis ein gequältes Stöhnen wahr, offensichtlich war auch Chino verletzt. Mittlerweile zollte die Wunde, die ihm an der Seite zugefügt wurde, ihren Tribut. Artemis merkte, wie sich seine Kleidung immer stärker vollsog, dazu wurde ihm leicht schwindelig. McKenzey setzte sich in Bewegung und ging auf Artemis los. Zwar konnte Artemis verhindern, von dem Schwert getroffen zu werden, doch dafür traf ihn sein Gegner mit dem Ellenbogen in das Gesicht, wodurch er die Messer fallen ließ. Artemis‘ Lippe platzte auf, sein Kopf wurde gegen die Wand gedrückt. Durch die Wucht des Aufpralls kurz außer Gefacht gesetzt, rutschte auch Artemis die Wand hinunter und schlug neben der Leiche des Dämons auf. Aus dem Augenwinkel sah Artemis die Spitze des Schwertes auf sich zukommen. Er rollte sich zur Seite, griff mit beiden Händen den Körper des toten Dämons und überschlug sich mit ihm, so dass er nun halb unter ihm lag. Der zweite Schwertschlag ging so in den Körper des Dämons und verfehlte Artemis nur knapp. Sofort sprang der Priester auf, dazu schob er den toten Leib von sich weg, der somit vollkommen von dem Schwert aufgespießt wurde. Lange hielt dies McKenzey nicht auf, er warf das Schwert zur Seite und zog stattdessen einen großen Krummsäbel. Die kurze Atempause, die Artemis dadurch erlangt hatte, nutzte er, um seine Messer wieder aufzunehmen. „Glaubst du wirklich, dass die paar Zahnstocher dir dabei helfen werden, mich zu töten?“, fragte McKenzey spöttisch und wiegte seine Waffe schwer in der Hand. „Die Messer vielleicht nicht“, antwortete Artemis, ebenfalls in einem belustigten Ton. „Aber das hier vielleicht.“ Indem er hinter seinen Kopf griff, lockerte Artemis seine Augenklappe. Die unteren Fäden glitten über sein Gesicht und mit einer nahezu theatralischen Handbewegung riss er das schwarze Stück Stoff zur Seite. Was zum Vorschein kam, zauberte einen irritierten Ausdruck in das Gesicht seines Gegners. Vorsichtig vergrößerte McKenzey den Abstand zu Artemis, indem er langsam zurück wich. „Was… was ist das…“ „Das, mein Freund, solltest du dir sehr gut einprägen. Es wird der Grund für deinen grausamen und qualvollen Tod sein.“ Einige Haarsträhnen hatten sich aus Artemis‘ Zopf gelöst und hingen diesem lose in das Gesicht. Dennoch konnten sie das pulsierende Glühen seines rechten Auges, das McKenzey mit tödlicher Präzession erfasst hatte, nicht verdecken. Es leuchtete in einem tiefen Rot, wie bei den anwesenden und noch lebenden Dämonen. Plötzlich verunsichert starrte McKenzey in Artemis‘ Auge, als würde es ihn in eine tiefe Hypnose ziehen. Die Überlegenheit, die er bis vor wenigen Sekunden noch verspürt hatte, wich in einem einzigen Atemzug aus ihm heraus. Die Chancen, als Sieger aus diesem Kampf hervorzugehen, hatten sich soeben drastisch geändert. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)