Vorahnungen sind Erinnerungen, nur in falscher Richtung von jyorie (Red und Snow) ================================================================================ Kapitel 1: Liebe - Snow White ----------------------------- Liebe Snow drehte sich von der Seite zurück auf den Rücken und seufzte. Neben sich hörte sie leise, gleichmäßige Atemzüge. Snow verstand es nicht, wie zum Kuckuck konnte Red so schlafen? Ihr fehlte hier einfach alles, nicht zum Aushalten. Es gab keine Sterne, die sanft über ihr funkelten und generell war es viel zu ruhig und zu dunkel für ihren Geschmack. Keine Grillen die zirpten, kein Wind der durch die Blätter rauschte, gleich einem angenehmen Schlaflied, kein leises Knarren der Äste oder sonst irgendein Geräusch, das ihr verraten würde, wenn sich ihnen jemand näherte. Auch wenn ihre letzte Überlegung eher irrational war, da sie im Schutz von Großmutters Hütte übernachten durfte und hier sicher keine unliebsamen, nächtlichen Überraschungen oder den Besuch der Schergen der bösen Königin zu fürchten hatte. Frustriert und auch irgendwie wütend auf sich selbst und darüber, dass sie immer noch nicht eingeschlafen war, drehte sie sich schnaubend auf die Seite zurück. Bei der ruckartigen Drehung zog sie die Decke mit sich, die sie mit ihrer Freundin teilte. Im Halbschlaf tastete Red danach und zog ein wenig mehr als ihren Anteil des Lakens über sich und murrte. Snow rollte sich wieder auf den Rücken, die Decke war ihr momentan egal, ihr war es eh zu heiß und so starrte sie die einheitsschwarze Decke an. „Schlaf endlich“, murmelte Red schläfrig in ihr Kissen. „Ich kann nicht schlafen.“ Red schlang sich seufzend ihr Kissen um die Ohren. „Dein Charming wird morgen bestimmt schon am vereinbarten Treffpunkt ganz ungeduldig auf dich warten. Bitte hör endlich auf, dir Sorgen deswegen zu machen“, bettelte sie um ihre Ruhe. „Ich mache mir keine Sorgen und schon gar keine Gedanken über diesen hochnäsigen Prinz!“, meinte Snow konstatiert. „Doch, genau das tust du! Und wegen deinen geseufzten Gedanken kann ich nicht schlafen. Immer wenn du aufgeregt bist, wirst du unausstehlich, sobald du nichts mehr zu tun hast.“ „Stimmt doch gar nicht.“ „Ach nein?!“, verbesserte sich Red, „okay, dann bist du halt nicht aufgeregt, sondern so unausstehlich, weil du verliebt bist, bis über beide Ohren, und es nicht mehr aushalten kannst, ihn wieder zusehen.“ Mit dieser Stichelei zog sie den Rest der Decke an sich und hoffte endlich auf ihre Ruhe. „Du bist doof!“ „Dann bin ich halt doof, aber dafür hab ich Recht.“ „Hast du nicht.“ Red bekam einen beleidigten Stups in die Seite, woraufhin sie sich seufzend zu Snow hin drehte. Eigentlich konnte sie ja nichts dafür, dass Amor sie geküsst hatte und sie empfand Bedauer. Als beste Freundin stand man sich ja eigentlich in so einer Zeit bei. Spätestens bei dieser Überlegung hatte Red für sich eingestehen müssen, dass ihre verdiente Nachtruhe noch etwas auf sich warten lassen müsste. Also setzte sie sich langsam auf und tastete auf dem kleinen Schränkchen neben dem Bett, nach dem Zunderzeug und der Laterne. „Okay“, seufzte sie und rieb sich über die Augen, nachdem sie die Lampe zum Leuchten gebracht hatte, „Willst du reden?“ Snow war begeistert von dem Vorschlag, sie schien noch hellwach und setzte sich ebenfalls auf, wobei sie ihr Kissen vor dem Bauch knautschte und die Knie anzog. „Aber nur fürs Protokoll“, gab Snow vorweg, „ich bin nicht in diesen doofen, albernen Charming verliebt, kein Stück, es geht bei dem Treffen nur um ein Geschäft und das er ...“ Red kannte die folgende Ansprache schon Wort für Wort und konnte in Gedanken auswendig alles mitsprechen. Wie oft hatte sich Red das schon anhören müssen? Zehn Mal? Zwanzig Mal? Dreißig Mal heute? Oh man, - oder in dem Fall besser - oh Charming, schnapp sie dir, küss sie, flirte mit ihr oder tut sonst etwas, damit es aufhört, flehte sie in Gedanken. Auf die komplette Litanei dieser, an den Haaren herbei gezogenen Fakten, hatte sie keine Lust und schon gar nicht zu dieser fortgeschrittenen Stunde. Als Snow nach einem besonders langen Satz kurz Luft holte, hakte sich Red ein. „Nein, du bist nicht verliebt kein Stück, ich glaube dir ja“, unterbrach sie ihre Freundin. Bei Snows Grinsen auf diese Aussage hin, weil sie dachte Red endlich überzeugt zu haben, heulte der kleine, imaginäre Wolf in ihrem Kopf verzweifelt auf und wollte gegen die nächste Wand rennen. Tat diese Verblendung nicht weh? Red schluckte ihren sarkastischen Einwand herunter und begann stattdessen aufzuzählen: „Nur kann ich mir da einige Sachen nicht anders erklären, als das du verliebt in deinen Charming bist. Seit du ihn getroffen hast, läufst du singend und summend durch den Wald, dass du seit Tagen kein Wild mehr erlegen konntest und erklärst mir, dir würde der Sonnenschein und die Luft langen, weil du sowieso keinen Appetit verspürst. Deine Augen haben dieses verräterische Glänzen und dein verklärter Blick, wenn du über den Unhold, dieses gemeine Ekelpaket von Prinzen sprichst, erzählen Bände, von dem, was da drin los ist.“ Red deutete auf Snows linke Brust. „Außerdem hast du seit dem Überfall auf seine Kutsche kein anderes Thema mehr als nur noch ihn.“ Wenn das keine deutlichen Anzeichen dafür waren, dass Snow die Liebeskrankheit erwischt hatte, dann würde Red freiwillig einen Block Kreide fressen und behaupten sie sei die Mutter der sieben Geißlein. Snow wiegte entrückt ihren Kopf und hatte schon wieder dieses verzückte Grinsen aufgesetzt und den betörten Blick. Verträumt nickte sie. „Du hast noch vergessen, wie stattlich er gebaut ist und wie er mich bei den Trollen auf der Brücke beschützt hat und wie geschickt er kämpfen kann und was ...“ Snow verschwärmte sich schon wieder und Red verdrehte die Augen, diesmal ließ sie sie reden, vielleicht wurde es ja irgendwann besser, falls ihr der Gesprächsstoff jemals ausgehen würde. Irgendwann musste dieser Charming doch mal ausgelobt sein. Verliebte konnten sich wohl nur untereinander aushalten, für den Rest der Welt waren sie eine Plage. Musste Liebe schön sein, dass sich zwei Menschen so zum Idioten machen konnten und keiner der beiden davon etwas mitbekam. Red hoffte, dass es morgen nach dem Treffen besser werden würde. So gern sie Snow hatte, diesen Irrsinn hielt sie keine weitere Nacht mehr durch. „... und hast du dieses kleine Grübchen gesehen, das er hier neben bekommt, wenn er so hinreißend Lacht? Findest du nicht auch, dass er etwas Niedliches hat, wenn er ...“ Plötzlich polterte es gegen die Tür und Snow hielt in ihren Lobeshymnen auf Charming kurz inne. „Red, ich hab dir schon tausendmal gesagt, du sollst nachts das Licht löschen“, keifte plötzlich Granny von außen. Der schroffe Einwand der Großmutter hatte Snows Redefluss irgendwie ausbremsen können. Gerade wirkte sie so auf Red, als wenn sie aus ihrer Watte-Wölkchen-Welt wieder erwacht und fast zurück in die Wirklichkeit gekehrt wäre. „Ist okay Granny“, rief sie. Red beobachtete, wie sich Snow nach vorn beugte, wo sie die Lampe fest hielt. Snow öffnete das kleine Türchen des Windschutzes und blies hinein, so dass die Flamme erlosch. Dann legte sie sich einfach hin und kuschelte sich in Reds Decke ein. „Schlaf gut“, wünschte Snow noch und gähnte dabei. Wie von Zauberhand war sie gleichdarauf eingeschlafen, das Beutelchen mit dem Ring um ihren Hals fest umklammert. Fassungslos und zu ihrem Leidwesen nun hell wach, starrte Red in die entstandene Dunkelheit und fühlte sich wie von der Kutsche überrollt. Das hatte sie nun von ihrer Nachsicht und dem Drang, helfen zu wollen. Na toll, jetzt konnte sie nicht mehr einschlafen und hatte obendrein noch einen Anpfiff ihrer Großmutter abkassiert, diesmal ganz zu Unrecht. Vielen Dank für die Beta an: Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)