Tradition von robin-chan ================================================================================ Kapitel 1: ♛ ------------ Davids rechtes Bein wippte im Sekundentakt. Ob vor Nervosität oder Neugierde konnte er ungewöhnlich schwer einschätzen, vielleicht eine Mischung aus beidem. Der Grund saß ihm gegenüber. Regina Mills hatte ihm überraschenderweise einen Besuch abgestattet. Weder suchte sie Emma auf noch seine Frau, sie wollte tatsächlich zu ihm. Eine Seltenheit. Und doch verschwieg die ehemalige Böse Königin den Anlass. Seit er sie in die Wohnung gelassen hatte, kam kein Wort über ihre Lippen. Selbst als er fragte, ob sie einen Kaffee wollte, hatte sie bloß genickt. »Regina, du musst mir schon einen Happen zuwerfen, ich bin kein Hellseher«, startete er den nächsten Versuch, die Bürgermeisterin in ein Gespräch zu verwickeln. Wie die Male zuvor blieb eine Antwort aus und so trank er einen Schluck Kaffee; kam anschließend nicht um ein hörbares Seufzen. Diese Frau konnte wahrhaft an seinen Nerven zerren. In solchen Augenblicken erkannte er die Gemeinsamkeit zu seiner Tochter, die selbst oft Probleme hatte, etwas auszusprechen, das ihr sichtlich auf der Zunge lag, aber unangenehm war. Schwach hob Regina ihren Kopf an; ihre Fingerspitzen strichen ununterbrochen den Tassenrand entlang. Ihre Gedanken flogen wild durcheinander, das Herz pochte intensiver als üblich. Sie war angespannt und unwillkürlich stellte sie sich die Frage, ob sie einen Fehler machte. Noch konnte sie einen Rückzieher machen, David einen Bären aufbinden. Ja, Regina Mills bekam kalte Füße. »Zoff mit Snow?« »Nein.« »Henry geht es gut?« »Alles in Ordnung«, erwiderte sie sogleich und nickte bekräftigend. Wäre sie wegen ihres Sohnes hier, wüssten sie alle unlängst Bescheid, aber sie verstand, warum David Fragen stellte. Er wollte dahinter kommen und so nach und nach die möglichen Gründe ihres Besuches ausschließen. Ein Spielchen, das sich hinaus ziehen konnte. Ob er Verdacht hegte? »Also doch Emma.« Warum sonst? Für Probleme anderer Art brauchte sie ihn nicht aufsuchen. Würde sie vermutlich nie, so schätzte er Regina jedenfalls ein. Egal wie sehr sich ihre Beziehung zum Besseren gewandelt hatte, manche Sorgen besprachen sie dennoch nicht miteinander. Lediglich dann, wenn es die Situation erforderte, aber dabei spielte ihnen immer ein Bösewicht übel mit und bislang herrschte in der Stadt eine ungewohnte Ruhe. Umso mehr musste Emma dahinter stecken. »Habt ihr gestritten?« David musternd, hob Regina eine Augenbraue. Dachte er tatsächlich, sie suchte ihn für Beziehungsprobleme auf und fragte nach Rat? Die Charmings galten durchaus als Vorzeigepaar, aber lag er falsch. Bisher hatte sie es nicht so gehandhabt und diese Einstellung würde sie auch in Zukunft beibehalten. Alles musste sie nicht nach draußen tragen und die bisherigen Streitereien hatten sie ohne das Zutun von Emmas Eltern geklärt. Regina musste sich endlich entscheiden. Entweder machte sie kehrt oder sie enthüllte endlich ihr Anliegen und brachte den unangenehmen Teil endlich hinter sich. »Wir haben keine Probleme.« »Dann sag mir endlich, was los ist, Regina. Ich kann keine Gedanken lesen!«, verteidigte sich David. Zudem hatte Regina nicht ewig Zeit, denn schon bald kam seine Frau nach Hause und er bezweifelte, dass das Gespräch dadurch besser in die Gänge kam. Vermutlich wurde es vertagt. Unbeholfen, so fühlte sich Regina. All die durchgespielten und einstudierten Szenarien waren ihr entfallen. Nervosität spielte mit und sie biss sich in die Unterlippe. Welchen Eindruck sie erweckte, wollte sie gar nicht erst wissen. Die ehemals Böse Königin, die eine Arme anführte und ganze Ländereien eingenommen hatte, saß beinah eingeschüchtert vor einem Hirten, der seine Position als Prinz einem glücklicher Schicksalsfügung verdankte. Sogar in dieser Welt hörte sich ihre Lage verrückt an. Eine Bürgermeisterin und ein gewöhnlicher Scheriff, aber verband sie ein sehr wichtiger Mensch. Unwillkürlich glitt ihre Hand in die rechte Manteltasche, umfasste den Gegenstand, der sich darin verbarg. Sie sah Emma vor sich und sogleich wurde sie in ihrem Tun bestärkt. Sie wollte all das und Regina musste sich ermahnen, endlich aufzuhören davon zu laufen. Tief atmete sie durch, sah David zum ersten Mal direkt in die Augen, ehe sie eine kleine, schwarze Schatulle in die Mitte des Tisches, direkt zwischen sie legte. Dennoch flatterten ihre Nerven, dem musste sie allerdings standhalten und sie durfte nicht ausweichen. Regina nahm jede Reaktion wahr. Wie sein Körper zuckend erstarrte. Sie sah es in seinen Augen, er hatte sofort erkannt, worauf sie hinaus wollte. Der Anblick der Schatulle reichte. »Ich habe schreckliche Dinge getan. Der Fluch hat alldem die Krone aufgesetzt, aber ich bereue ihn nicht. Er hat neben Henry auch Emma in mein Leben gebracht. So sehr ich sie verteufelt habe, so sehr habe ich mein Herz an sie verloren«, erklärte sie und erkannte, wie David sich aus der Starre löste und vorsichtig nach der kleinen Schatulle griff. Als er diese öffnete, hörte sie in laut einatmen. Der Ring, der sich darin befand, untermauerte die Gedanken, die er sich wohl machte. Der Ring machte das Kommende noch realer. »David, ich möchte dich um die Hand deiner Tochter bitten.« Und dann dehnte sich die Zeit unnatürlich in die Länge. Sekunden, die sich nach der Ewigkeit anfühlten. David schien sie zu ignorieren, starrte unentwegt auf diesen Ring, murmelte ein »Ich hätt ‘s mir denken können!«, das nicht ihren Ohren bestimmt war. Reginas Mundwinkel zuckten verräterisch. Steilvorlangen dieser Art, die nahm sie normalerweise dankend an. Nicht während sie um seinen Segen bat. Zum ersten Mal biss sich Regina lieber auf die Zunge. Dafür war ihr diese Frage zu wichtig. »Nein.« Jegliche Farbe wich aus Reginas Gesicht. Ein kleines Wort reichte und versetzte ihr einen mächtigen Dämpfer. »Regina«, fing er sogleich an, als er ihre Reaktion erkannte und schüttelte den Kopf, »ich habe mich nicht entschieden. Beantworte mir eine einfache Frage. Was tust du in diesem Fall?« David schloss die Schatulle und legte sie zurück, sodass sie neuerlich zwischen ihnen stand. Seine Augen suchten die ihrigen. Der anfängliche Schock war verpufft und eine ernste Miene stand ihm ins Gesicht geschrieben. Wie sie wollte auch er eine Antwort. »Ich möchte Emma heiraten. So oder so, mit oder ohne deinen Segen, ich werde sie fragen«, sprudelte die Antwort aus ihr heraus. Sie brauchte keine Bedenkzeit. Lange hatte sie über den nächsten Schritt ihrer Beziehung nachgedacht. Vor fast drei Jahren zog Emma bei ihr ein und seitdem lebten sie als Familie. Regina wollte offiziell eine richtige Familie werden. Und sollte David dagegen sein, so würde sie ihr Vorhaben durchziehen, unter allen Umständen. Solange Emma sie nicht abwies, konnte sie auf jede andere Meinung verzichten. »Warum bist du dann hier?« »Wir stammen aus einem sehr klischeebehafteten Land und Zeitalter, das gewisse Traditionen wahrt. David, ich habe eine dementsprechende Erziehung genossen und bei Emma … ich möchte alles richtig machen, aber bist du gegen eine Heirat, vergesse ich sämtlich Etikette.« »Und du bist dir sicher … zu hundert Prozent? Keine Entscheidung aus einer Laune heraus? Gebe ich dir meine Erlaubnis dulde ich keinen Rückzieher.« David hatte sich indes zurückgelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt. Sein Bein wippte in einem schnelleren Takt. »Rückzieher«, wiederholte Regina belächelnd. Leicht beugte sie sich vor. »Kannst du dir vorstellen, wie lange ich den Ring schon bei mir trage? Wie viele Male ich im letzten Moment wirklich einen Rückzieher gemacht habe? Heute bin ich hier, habe mich durchgerungen, eben weil ich das möchte. Ich liebe Emma. Sie und Henry sind mein Leben. Das habe ich oft genug bewiesen und sollte es notwendig sein, dann höre ich nie auf.« Regina bemerkte die Anspannung und musste feststellen, wie sehr ihre Nerven darunter litten. Das flaue Gefühl in ihrer Magengrube verschlimmerte es zunehmend. Hatte sie sich zu viel erwartet? Vielleicht hatte er bisher stets darauf gehofft, die Beziehung würde zerbrechen und ihr Vorhaben, Emma einen Antrag zu machen, zerstörte den Hoffnungsschimmer. Plötzlich wich sie seinem fixierenden Blick aus, starrte lieber auf die schwarze Schatulle. Vermutlich ein törichter Gedanke, er akzeptierte sie tatsächlich als offizielle Schwiegertochter – bei den komplizierten Familienverhältnissen auch kein Wunder. Dann dachte sie an ihre Freundin. Emma liebte sie. Davids Meinung spielte eine zweitrangige Rolle. Warum machte sie sich so einen Kopf darum, was er dachte? Am Ende entschied Emma, ob sie sie heiraten wollte. »Regina«, ermahnte David und wartete bis diese wieder aufsah, »du bist über deinen Schatten gesprungen. Ich kann mir vorstellen, wie schwer dir das gefallen ist. Bisher hast du meine Meinung immerhin gekonnt ignoriert. Tradition hin oder her, doch wie ich sehe, ist sie dir zum ersten Mal wichtig.« Obwohl er sich anders gab, hatte er längst eine Entscheidung getroffen. Er kannte Regina und sie war nie eine Frau gewesen, die aus einem einfachen Bauchgefühl heraus entschied und sofort zur Tat schritt. Suchte sie ihn auf, so hatte sie lange darüber nachgedacht und war fest entschlossen. David oblag es nicht, sich zwischen die beiden zu stellen. Denn selbst, wenn er noch einen Groll gegen Regina hegen würde, sah er wie glücklich seine Tochter war. »Wir sind schon eine merkwürdige Familie«, seufzte er und rieb sich den Nacken. Wie er einst schon gesagt hatte, er war glücklich, dass sie nie ein Familienfest feierten, denn dabei konnte recht schnell der Überblick verloren gehen. Die Stiefmutter seiner Frau sollte nun seine Schwiegertochter werden. »Also, hast du bereits einen Plan? Der Antrag muss in Erinnerung bleiben, ich kann dir helfen!« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)