Non nobis, sed nomini tuo da gloriam von _Shiho_ ================================================================================ Kapitel 1: (Craft) ------------------ Unablässig schien die heiße Mittagssonne auf die überfüllte Straße, die zum großen Prunktor führte. Seit Stunden wartete der junge Ritter darauf, dass er endlich sein Ziel erreichte. Zoll um Zoll schoben sich die Menschenmassen durch die geöffnete Pforte und Zoll um Zoll kam er seinem Ziel näher. Als der Ritter mit seiner Eskorte endlich durch die gewaltige Toranlage, dem sogenannte Jaffa – Tor, ritt, weiteten sich seine Augen bei dem vollen Anblick der Stadt. Die Dächer und Häuser Jerusalems erstrahlten in purem Gold. Die Luft war erfüllt von fremden, exotischen Gerüchen und Klängen. Neugierig sah sich der junge, schlanke Mann um. Die meisten Häuser waren aus einer einfachen Konstruktion aus Lehm oder Stein und Holz gefertigt. Bei vielen spannten sich bunte Tücher über den Eingängen, vor denen einige Hausbewohner ihre kleinen Stände aufgebaut hatten. Aufmerksam sah er den Verkäufern zu, wie sie versuchten, ihre kostbaren Waren, wie Schmuck und Stoffe, zu verkaufen. Plötzlich wurde der junge Ritter aus seinen Gedanken gerissen, als ihn jemand von der Seite her ansprach. „Mein Herr, wir haben Euer Kommen schon sehnsüchtig erwartet.“ Ein hochgewachsener Mann in einem weißen Mantel, auf dessen Vorderseite ein rotes Kreuz gemalt war, stand vor ihm und verbeugte sich. „Ich werde Euch zu unserem Ordenssitz geleiten. Bitte folgt mir.“ Langsam setzte sich die kleine Gruppe in Bewegung und folgte einer breiten gepflasterten Straße. An manchen Stellen ging es nur mühsam voran, vor allem an den Kreuzungen, an denen mehrere Hauptstraßen aufeinander trafen und wo sich viele Menschen befanden. In der Ferne war die Grabeskirche zu sehen, eines der größten Heiligtümer seines Glaubens. Es dauerte eine ganze Weile, bis ihr eigentliches Ziel in Sicht war. Als sie an einer kleinen Wegbiegung vorbei kamen, öffnete sich die Sicht vor ihnen. Im Herzen der Stadt lag eine gewaltige Anlage. Diese war noch größer, als es sich der junge Ritter erträumt hatte. Fasziniert blieb er stehen. „Dies ist unser Ordenssitz“, der Templer, der ihn vorhin begrüßt hatte, wies auf eine etwas kleinere Palastanlange innerhalb des riesigen Tempelviertels, „kommt, wir werden schon erwartet.“ Sie ritten durch eine weitere Toranlage, kleiner als das Stadttor von Jerusalem selbst, doch war dieses aus hochwertigen Steinarten gefertigt und mit allerlei Mustern verziert, weshalb man es „die schöne Pforte“ nannte. Links von ihnen ragte ein weiteres großes Gebäude auf, das durch seine zentrale Lage den größten Teil des Viertels beherrschte. Sie wandten sich nach rechts und folgten einer weiteren Straße. Ein weiteres kleines Tor passierend, kam die kleine Gruppe daraufhin in einen geräumigen Innenhof, in dem ein geschäftiges Treiben herrschte. Jedoch blieb keine Zeit, um sich es genau anzusehen. „Von hier aus gehen wir zu Fuß…wenn es Euch beliebt“ Da er als Einziger zum ersten Mal an diesem Ort war, folgte er den anderen eine schmale Treppe hinauf und betrat das Innere des Gebäudes durch eine Flügeltür. Nachdem sie einen langen Gang durchquert hatten, blieben sie wieder vor einer Tür stehen. Leise schwang diese auf und gab die Sicht in eine große, prunkvoll ausgestatte Halle frei. Direkt gegenüber der Tür befand sich ein Podest, auf dem sieben hohe Stühle standen, von denen der mittlere schon einem Thron glich. Hinter diesem hing das Wappen der Templer, schwarz und weiß, an der Wand. Der Rest der Halle war mit einfachen Tischen und Bänken aus Holz ausgestattet, die parallel zum breiten Mittelgang angeordnet waren. Außer einer Person war niemand anwesend. Seine Eskorte wartete, bis der junge Mann eingetreten war und folgte ihm. Zögernd ging der Ritter in Richtung des Podests. Während seiner Reise von seiner Heimat bis ins Heilige Land hatte er sich immer wieder ausgeträumt, wie dieser Moment sein würde. Seit ihn die Nachricht erreicht hatte, dass man ihn in eines der sieben hohen Ämter des Templerordens eingesetzt hatte, konnte er es kaum abwarten, endlich an dieser Stelle zu stehen. Die Person auf dem Podest erhob sich. Sie hatte die ganze Zeit auf dem mittleren Stuhl gesessen. „Seit willkommen, Craft von Greifenstein. Ich bin froh, dass Ihr so schnell hier her gekommen seid.“ „Vielen Dank, Großmeister. Es ist mir eine Ehre, das Amt des Großmarschalls zu bekleiden.“, der junge Ritter lächelte. „Ihr müsst erschöpft sein. Euer Knappe wird Euch in Eure Gemächer führen. Wir sehen uns dann später.“ Der ältere Mann hob die Hand und winkte. Sofort trat ein schlanker Junge aus einer hinteren Ecke des Raumes. Zögernd kam er auf Craft zu und stellte sich neben ihn. „Bitte folgt mir, Herr.“ Der Großmarschall folgte seinem neuen Knappen durch eine kleine Tür direkt neben dem Podest. Während sie eine kleine Wendeltreppe hinaufstiegen, schwieg der Kleine. Am Ende der Treppe gingen sie durch eine weitere Tür und kamen auf einen Gang, der auf einer Seite zum Innenhof her offen war und mit einem Geländer und Säulen versehen war. Neugierig stellte sich Craft an das Geländer und sah nach unten: wie auch schon bei seiner Ankunft war der Hof voll von Menschen. In einer Ecke sah er mehrere Knappen, die das Kämpfen mit Schwert und Schild übten und dabei von zwei Tempelrittern beaufsichtigt wurden, die ihnen hin und wieder etwas zu riefen. Auf der gegenüberliegenden Seite befanden sich die Stallungen, in denen auch Crafts Pferde in der Zwischenzeit untergebracht waren. Etwas weiter rechts davon befanden sich die Werkstätten der Handwerker, die für den Orden arbeiteten. Neben Sattlern und Färbern waren auch einige Schmiede anwesend, die nun unter seinem Befehl standen, denn als Großmarschall kümmerte er sich nicht nur um das Kriegswesen, sondern auch um die Waffen. Als der junge Ritter sich gerade weiter umschauen wollte, zog jemand an seinem Mantel. „Herr, wollt Ihr nicht weiter gehen? Ihr könnt Euch später etwas umsehen. Bitte kommt mit.“ Der kleine Knappe stand neben ihm und sah ihn eindringlich an. Ohne eine Antwort abzuwarten, ging der zierliche Junge weiter. Er hat sich mir noch nicht einmal vorgestellt… Craft seufzte und folgte ihm schließlich in einen kleinen Raum. „Dies ist Euer Arbeitszimmer. Und hier-,“ er deutete auf eine Tür aus dunklem Holz, „befindet sich Euer Schlafgemach. Mein Zimmer befindet sich gleich neben Euren Räumen. Wenn Ihr etwas benötigt oder wissen wollt, müsst Ihr mich nur rufen.“ Der Junge verbeugte sich tief und wollte gerade wieder den Raum verlassen, als Craft ihn am Arm festhielt. „Wie soll ich dich denn rufen, wenn ich deinen Namen nicht weiß?“, sagte er und lächelte spöttisch. Der Knappe sah ihn zunächst verdutzt an, doch dann weiteten sich seine Augen. „Oh nein…das…es tut mir Leid, Herr. Ich war so aufgeregt…ich - das ist das erste Mal, dass ich einem Ritter diene und dann gleich dem Großmarschall persönlich…Ich bin Veit.“ „Veit…danke, du darfst jetzt gehen…“ Der Junge nickte und wäre beinahe gegen die geschlossene Tür gerannt, wenn Craft sie nicht im letzten Moment geöffnet hätte. Ein bisschen schusselig, aber trotzdem nett. Er musste unweigerlich lächeln. Einige Zeit später klopfte es leise an der Tür. Craft hatte sich in der Zwischenzeit ausgiebig in seinen neuen Gemächern umgesehen und saß nun an einem breiten Tisch aus schwerem dunklem Holz. Er hatte die Beine lässig über die Armlehnen gelegt und wandte, als er das Geräusch vernahm seinen Kopf nach rechts in Richtung des Klopfens. Sekunden später öffnete sich die Tür und Veit trat ein. „Mein Herr, wenn Ihr möchtet, könnt Ihr Euch vor dem Abendessen die Stallungen und die Werkstätten ansehen.“ „Gerne, aber du musst mich begleiten!“ Der Junge räusperte sich und nickte dann. Dieses Mal gelangten sie über eine andere, breitere Treppe in den Hof. Veit erklärte ihm, dass die schmale Treppe, über die Craft mittags in das Gebäude gelangt war, häufig nur bei bestimmten Anlässen benutzt wurde, die breite Treppe aber von allen benutzt wurde, da diese ebenfalls eine direkte Verbindung zu der großen Halle, sowie den Schlafgemächern und Bädern aufwies. Die kleine Wendeltreppe wurde nur von den sieben höchsten Würdenträgern verwendet, da diese unmittelbar zu deren Gemächern führten. „Wie Ihr sicherlich schon bemerkt habt, Herr.“, fügte Veit hinzu. Offensichtlich war es ihm etwas unangenehm, seinem Herrn ständig alles zu erklären und zu zeigen. Zunächst besichtigten sie die Stallungen und der Großmarschall vergewisserte sich als Erstes, dass seine drei Pferde gut versorgt waren. Danach sah er sich die verschiedenen Werkstätten an und versuchte sich mit einigen Handwerkern zu unterhalten, obwohl er nur wenig Arabisch oder Hebräisch sprach. Als Letztes kam er zu einem Waffenschmied, der gerade am Amboss stand. Dieser verbeugte sich, als er den jungen Ritter bemerkte. Neben ihm stand ein weiterer, jedoch jüngerer Schmied. „Ihr müsst der neue Großmarschall sein. Ich bin Lienhart und das ist mein Sohn Naftali.“, der Schmied deutete auf den Jüngeren, der sich nun ebenfalls verbeugte. Craft war überrascht, dass der ältere Schmied seine Sprache akzentfrei beherrschte. Er wandte sich seinem Sohn zu und musterte ihn aufmerksam. Seine Haut war etwas dunkler als die seines Vaters und er hatte hellbraune Haare. Er war etwas kleiner als Craft, aber genauso schlank. „Ich habe schon viel von Euch und Eurer Kunst gehört, Schmied. Ich hoffe, wir werden gut zusammenarbeiten.“ Der junge Ritter lächelte, bevor er sich umwandte und zurück in seine Gemächer ging. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)