Coming of age von -Moonshine- ================================================================================ Kapitel 1: ----------- „Schlag dir das sofort aus dem Kopf!“, keifte Bunny aufgebracht und schnaubte erschüttert, sodass ihre Nasenlöcher bebten. Vor ihr stand ihr kleiner Klon, das nervigste und lästigste Kind, das jemals auf dieser Erde geweilt hatte, und verlangte ein Date mit ihrem Freund. Mit IHREM Freund! Glaubte man es? „Aber“, beharrte Chibiusa angespannt, „es ist vollkommen normal, dass junge Mädchen eine Verabredung mit ihren Vätern haben. Es ist sogar wissenschaftlich erwiesen, dass das die Entwicklung fördert und das Selbstbewusstsein steigert!“ Bunny starrte sie fassungslos an. Doch Chibiusa war noch nicht fertig. Sie hielt ihr ein Magazin unter die Nase und tippte auf ein kleines Foto einer blonden Frau im Business-Look. „Die bekannte amerikanische Wissenschaftlerin Harper Jackson hat sogar einen Artikel darüber veröffentlicht, der um die Welt ging!“ Triumphierend baute sich die Kleine vor Bunny auf. „Sie forscht an der renommierten Harvard Universität. Na, was sagst du jetzt?“ „Nein.“ Bestimmt schüttelte Bunny den Kopf. „Mamoru ist MEIN Freund, und du lässt gefälligst deine Griffel von ihm!“ Chibiusa verlor ihre Geduld schnell angesichts ihrer selbstgerechten Haltung. „Du KANNST dich nicht vor Fakten verstecken, Bunny!“, schrie sie. „Irgendwann wird Mamoru dich gegen eine viel bessere und klügere Freundin austauschen!“ Und mit diesen Worten rauschte sie beleidigt davon, ließ eine perplexe Makoto und eine vor Wut schäumende Bunny zurück. „Diese kleine...“, knurrte diese zornig. „Was fällt ihr ein?!“ Makoto lächelte nachsichtig. „Beruhige dich, Bunny. Sie ist doch bloß ein Kind“, versuchte sie ihre Freundin aufzuheitern. „Sie weiß sicherlich nicht, was sie da redet... Sag mal, triffst du dich nachher nicht noch mit Mamoru?“ Der Ablenkungsversuch funktionierte wie erwartet, und Bunny kam schnell auf andere Gedanken und nickte eifrig. „Ja. Wir wollen das neue Café in der Nähe vom Einkaufszentrum ausprobieren. Und Mamoru möchte noch unbedingt in seinen Lieblingsbuchladen, der ist gleich nebenan.“ Makoto deutete auf den Laptop, der vor ihnen stand. Sie hatte eine neue Seite aufgerufen und das Foto einer Standhütte erschien zügig auf dem Bildschirm. „Was hältst du davon?“ Bunny und Makoto waren auserkoren worden, einen Kurztrip zum Strand zu planen. Die Mädchen wollten sich nach der anstrengenden Lernphase etwas gönnen und für ein Wochenende entspannen. „Wie viele Zimmer hat es denn? Es sieht klein aus.“ „Aber gemütlich.“ Makoto scrollte weiter runter, um sich die Details anzuschauen. Dann verzog sie das Gesicht. „Ein Schlafzimmer mit einem Bett. Das könnte etwas eng werden, oder?“ Aber Bunny war mit ihren Gedanken schon ganz woanders. Wie gemütlich wäre es erst, mit Mamoru in einem so kleinen Strandhaus zu hausen? Sie errötete ob ihrer Vorstellung und wandte sich schnell Makoto zu, der sie nur halb zugehört hatte. „Ja, stimmt“, nickte sie schnell, ohne wirklich zu wissen, worum es ging. „Das ist gar nicht so einfach. Wir müssen etwas finden, was eine gute Lage hat, vom Preis her stimmt und natürlich groß genug ist. Puh, kein Wunder, dass die anderen das an uns weitergegeben haben.“ „Ja.“ Bunny nickte beherzt. „Ganz schön gemein.“ Ein Ächzen und Stöhnen ertönte hinter ihnen und die Mädchen drehten sich um. Kenji, Bunnys Vater, betrat die Küche. In den Armen hielt er sich auftürmende Fotoalben, hinter denen sein Kopf nur noch zu erahnen war. „Was machst du da, Papa?“, wollte Bunny erstaunt wissen. „Deine Mutter hat mich gebeten, das Dachzimmer auszuräumen, wenn ich Zeit habe, damit Chibiusa dort einziehen kann.“ Bunnys Mutter war mit ihrem Bruder Shingo über das Wochenende zu Verwandten auf dem Land herausgefahren. Seitdem schien ihr Vater etwas verloren und wusste nichts so recht mit sich anzufangen. „Sind das alte Fotoalben?“, fragte Makoto interessiert und schob den Laptop beiseite, damit Kenji die Alben auf dem Tisch abladen konnte. Er nickte, wischte mit mit dem Handrücken ein paar Schweißtropfen von der Stirn und nahm das erste Fotoalbum in die Hand, das obenauf lag, um es auf einer beliebigen Seite aufzuschlagen. „Ich weiß bloß nicht, wohin mit dem ganzen Kram.“ Er zuckte die Schultern und dann erschien ein Lächeln auf seinem Gesicht. „Schau mal, Bunny. Weißt du noch?“ Makoto und Bunny streckten beide die Köpfe, um besser sehen zu können. Kenji deutete auf ein Bild. Darauf abgebildet war eine kleine Bunny mit zwei Zöpfen, die fasziniert vor einem großen Wassertank voller bunter, kleiner Fische stand. Sie hatte die Nase an die Scheibe gedrückt und ihre Augen fest auf das Geschehen gerichtet. „Die Delphine mochtest du aber am liebsten.“ Sie nickte. Sie hatte es fast vergessen, aber nun fiel ihr alles wieder ein. Die Ausflüge mit ihrem Vater gehörten zu den glücklichsten Erinnerungen aus ihrer Kindheit. Am besten hatte ihr das Aquarium gefallen – sie waren fast schon Stammgäste gewesen. Aber ob Zoo oder ein einfacher Spielplatz, sie hatte die Zeit, die nur ihr mit ihrem Vater gehörte, sehr genossen. Vor allem, nachdem ihr Bruder Shingo auf der Welt war und so ziemlich jegliche Aufmerksamkeit beanspruchte. Makoto kicherte und unterbrach damit Bunnys Gedankengänge. „Und hier, was machst du denn da?“ „Sie hat Gespenst gespielt und Löcher in das Bettlaken geschnitten“, erklärte Kenji lachend. „Mama war ziemlich sauer“, schmollte Bunny. Nur zu gut erinnerte sie sich daran, wie ihre Mutter getobt hatte, weil sie kein einziges weißes Bettlaken mehr hatte. Zu allem Überfluss war es nicht dabei geblieben. Bunny hatte sich mit der Schere auch an der Lieblingsbluse ihrer Mutter vergriffen... Makoto seufzte wohlig. „Ich liebe es, alte Kinderfotos anzuschauen. All die Erinnerungen... Die Zeit vergeht wirklich sehr schnell, oder? Es scheint, als wäre ich erst gestern mit meinem Exfreund zusammen gekommen.“ Kenji nickte geschäftig. „Ich lasse euch Mädels die Alben da, wenn ihr noch weiter gucken wollt. Ich muss noch weiter ausräumen und heute Abend zu allem Überfluss einen Artikel für die Arbeit fertig schreiben.“ Während Makoto sich weiter die Fotos ansah, überlegte Bunny. Sie vermisst die Zeit mit ihrem Vater, hatte sie doch gar nicht gemerkt, wie sie sich mehr und mehr voneinander entfernt hatten, seitdem sie den Sailorkriegern angehörte und über ihre wahre Identität Bescheid wusste. Mit Mamoru, Chibiusa, ihren Freundinnen, der Schule und den immer neuen Feinden hatte sie immer weniger Zeit für ihre Familie gefunden, die sie wirklich sehr liebte. „Hey Papa?“, fragte sie und sah Kenji nach, der gerade dabei war, wieder aus der Küche zu gehen, sich aber vorher noch ein Reisbällchen aus dem Kühlschrank stibitzt hatte. Ihr Vater drehte sich um und blickte sie mit vollen Backen an. „Ja?“ „Kann ich dir bei den Fotos helfen, nachher?“ Früher hatten sie das oft zusammen gemacht. Während Kenji seine Artikel editierte, suchte sie die schönsten Fotos aus, die er geknipst hatte, damit er sie im Anschluss dem Artikel hinzufügen konnte. Sein Gesicht hellte sich auf. „Ja, natürlich!“ Mit neuer Motivation und ein paar Zentimeter größer machte er sich wieder an seine undankbare Aufgabe. Als es klingelte, hörten Makoto und Bunny schnelle, trippelnde Schritte, die die Treppe hinunterrasten. Eindeutig Chibiusa. Sie öffnete die Tür, man hörte ein paar Gesprächsfetzen, und dann betraten Mamoru, der gekommen war, um Bunny zu ihrem Date abzuholen, und Chibiusa, die sich an seinen Arm geklammert hatte und Bunny feindlich ansah, den Raum. Mamoru lächelte entschuldigend. Er wusste genau, was Bunny auf die Palme brachte. „Hallo ihr zwei.“ Bunny stand auf und begrüßte ihren Freund durch einen kurzen Kuss auf die Wange, Chibiusas giftige Blicke ignorierte sie dabei gekonnt. Mamoru blickte vom Tisch, der voll beladen war mit Laptop und Fotoalben, zu den Mädchen hinüber. „Bist du fertig?“, wollte er verblüfft wissen. „Oder braucht ihr noch eine Weile.“ Makoto verstand einen Wink, wenn sie einen hörte, und erhob sich sofort. „Ich wollte gerade gehen, ich hab nämlich auch noch Pläne für heute“, entschuldigte sie sich und zwinkerte Bunny komplizenhaft zu. „Nein, bleib doch, Mako.“ Diese lächelte und wandte sich Mamoru zu. „Es gibt eine Planänderung.“ Er zog die Augenbrauen hoch und Chibiusa starrte misstrauisch zu ihr auf. Bunny musste tief einatmen, um sich für das zu wappnen, was sie sagen wollte – konnte sie es doch selbst fast nicht glauben. „Geh doch mit Chibiusa zu dem Café, ja? Ich habe Papa versprochen, ihm heute zu helfen.“ Sie war sich sicher, Mamoru würde nicht böse sein. Er würde das schon verstehen. Und sie wusste auch, dass er gerne Zeit mit Chibiusa verbrachte. Er war der erste Mensch, zu dem sie damals Vertrauen gefasst hatte. Sie war nervig, lästig und ein Klotz am Bein, aber sie verdiente, wie alle Mädchen, etwas Zeit mit ihrem Vater. Ganz unabhängig davon, was irgendwelche bekannten Wissenschaftlerinnen in irgendwelchen doofen Magazinen schrieben. Bunny wusste nicht genau, wer überraschter war von ihrem Vorschlag: Makoto, Mamoru oder Chibiusa selbst, die den Mund vor lauter Staunen gar nicht mehr zu kriegen konnte. Makoto war die erste, die sich fing. Sie setzte sich wieder an ihren Platz und lächelte Mamoru, der das ganze für einen Trick zu halten schien, aufmunternd zu. „Ja!“, rief Chibiusa dann. „Komm schon, Mamoru! Lass uns gehen! Ich kenne da einen ganz tollen Schmuckladen, den muss ich dir unbedingt zeigen!“ Sie zog ihn am Arm, doch er bewegte sich kein Stück. Skeptisch blickte er Bunny an, als könnte er nicht ganz glauben, dass sie es ernst meinte. „Bist du dir sicher?“, hakte er nochmal nach. Sie nickte schnell und bestimmt, bevor sie es sich noch anders überlegte. „Ja, geht nur. Wir können es ja jederzeit nachholen.“ Dann fiel ihr noch etwas sehr Wichtiges ein. „Aber bring mir ein Törtchen mit!“ „Ähm, okay.“ Ihr Freund kratzte sich am Kopf und stand immer noch unschlüssig im Gang herum, während Chibiusa vergeblich versuchte, ihn vom Fleck zu bewegen. „Komm. Schon. Mamoru! Beweg. Dich. Endlich!“ Er gab nach und ließ sich mitziehen, warf Bunny jedoch abermals ein entschuldigendes, wenn auch verwirrtes, Lächeln zu, und hob die freie Hand zum Abschiedsgruß. Bunny drehte sich zu Makoto um, die sie stolz angrinste. „Das war ziemlich erwachsen von dir, Bunny“, bemerkte sie. Bunny hatte allerdings gemischte Gefühle. „Danke“, sagte sie unschlüssig. „Sie werden sicher Spaß haben, und ich denke, du verbesserst damit dein Verhältnis zu Chibiusa. Mamoru schaut sowieso keine andere an außer dir.“ Das gab ihr das Selbstvertrauen, das sie gebraucht hatte, um an ihre Entscheidung zu glauben. Bunny nickte. „Du hast Recht, Mako. Schade nur um die leckeren Kuchen, die mir jetzt entgehen!“ Makoto lachte. „Wenn du willst, kannst du Minako und mich zum Shoppen begleiten. Ich brauche ein neues Outfit für mein Date morgen. Der Junge erinnert mich total an meinen Exfreund“, schwärmte Makoto und ihre Augen leuchteten auf. Bunny nickte begeistert. Durch süße Outfits zu stöbern war eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen! „Gehen wir jetzt sofort?“, wollte sie ungeduldig wissen. Nun waren beide Mädchen nicht mehr zu halten vor Vorfreude und Motivation. „Ja klar! Ich rufe Minako an, dass wir sie bei dem Brunnen treffen!“ Bunny nickte und schlüpfte schnell in ihre Schuhe. Die Fotoalben und den Laptop ließen sie auf dem Tisch zurück. „Tschüss, Papa!“, rief Bunny in Richtung Treppe und hoffte, dass ihr Vater sie hören konnte. „Ich gehe mit Mako kurz weg, aber heute Abend bin ich wieder da, um dir zu helfen!“ „In Ordnung!“, kam es aus den Tiefen des Obergeschosses zu ihr herunter. „Bis später, Bunny!“ Zufrieden trat sie aus der Tür, ihre Freundin an ihrer Seite. Und den Abend würde sie mit einem ihr liebsten Menschen auf der Welt verbringen: ihrem Vater. Es war doch ein ziemlich guter Tag heute. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)