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('tis not too late) To Seek A Newer World

OneShots - 3. [TenTen]
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich weiß, ein wenig zu spät, aber ich hoffe, dass das trotzdem okay ist. :/ Jedenfalls ist das mein Beitrag zur 1. Runde des 4. Schreibturniers im Feder & Stift-Zirkel.

Das Thema, mit dem ich ziemlich zu kämpfen hatte: Schlechte Angewohnheiten, die man nur schwer wieder loswird.

Die Story ist AU und spielt in einer Welt, die ein wenig in der Zukunft von unserer liegt, also ein paar SciFi-Elemente hat, neben ein paar kleinen Fantasy-Elementen. Hauptcharakter ist Pein, ich hab ein wenig PeinKonan drin und es wird mit Waffen hantiert und geschossen. Im ersten Part gibt es auch ein paar Hints für Kindesmissbrauch. Es gibt auch ein paar böse Wörter.
Das ganze wächst übrigens aus (vermutlich zu vielen) Avengers-Fics. Sorry, not sorry.
Ich hab die Story ziemlich schnell schreiben müssen, weil ich ewig gebraucht habe, eine Idee zu finden, und dann musste ich das Ganze nochmal umschmeißen, weil mir kurzfristig etwas dazwischen kam und die Zeit für die ursprüngliche Idee einfach nicht gereicht hätte. Man sieht es der Geschichte hoffentlich nicht zu sehr an. :/ Ich mag sie eigentlich doch ganz gern, btw. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Okay, zweiter OS. Recht spät, aber nicht zu spät.

Er spielt in dem gleichen 'Verse wie der erste, aber handelt über andere Charaktere und zwar *drumroll* Neji und Hinata.

Sie sind hier noch Kinder. Mag sein, dass sie sich ein wenig zu erwachsen benehmen, aber sie wurden nicht erzogen wie normale Kinder, haben ein harsches Training hinter sich und Neji ist eh klüger als o815-Kind. Und die Genin im Manga sind auch nicht viel älter.
Neji ist teilweise auch ziemlich pampig, aber man kann ihm das wohl kaum verübeln.

Es ist übrigens ein wenig gewalttätig, das Kapitel, aber nichts, das über den Manga hinausgehen würde oder so. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
So, ich war eine Weile recht ratlos, was ich mit dieser OS-Sammlung machen sollte, weil das Schreibturnier abgebrochen wurde. Ich denke jetzt aber, ich werde sie einfach so weiterführen, wenn mir etwas einfällt.

Die Story ist mein Beitrag für die 2. Runde des 1. Storybingos. :D
Der Prompt ist Sternenhimmel und ich habe etwa fünf Ideen verworfen (eine hat über 4.ooo Worte, aber sie wollte nicht fertig geschrieben werden. :( Zumindest nicht in der Zeit, die ich hatte), und dann ist mir heute diese gekommen und sie ließ sich auch ganz gut runterschreiben. :3 Ich bin zufrieden damit.

Außer TenTen und ihrem OC!Papa (Theron Akers) tauchen nicht viele Charaktere auf. (Allerdings gibt's einen kleinen Hint auf NejiTen - kann aber auch anders gedeutet werden und wer nicht genau hinsieht, übersieht ihn sowieso.)

Die verwendeten Lyrics stammen aus Jeremiah Peacekeeper von den Poets of the Fall (hervorragende Band, btw). Deutet sie, wie ihr wollt. Komplett anzeigen

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Five times Pein's habit was bad (and one time it helped)

Pein hat diese schlechte Angewohnheit.

Er hat sie von seinem Vater übernommen, als er noch ein Kind war, und hat sie mit ins Erwachsenenalter genommen. Akio Uzumaki war kein freundlicher Mann, hart und streng und grausam nach dem Tod seiner Frau Kotone. Es war nie leicht, mit ihm zu leben, der selbst in einer rauen Umgebung aufgewachsen war, erzogen zu einem abgebrühten Soldaten, der nicht wusste, wie er seine Gefühle zu zeigen hatte oder wie er mit seinen Kindern umgehen musste.

Nachdem ihre Mutter weg war, wurde aus Nagato Pein und aus Kushina Schlampe und Pein begann, eine Pistole mit sich herumzutragen.
 

I

Akio gab ihm die seine erste Feuerwaffe in die Hand, da war seine Mutter noch am Leben und alles war gut. Oder so schien es Nagato zumindest, denn er wusste es nicht besser. Darum stellte er es nicht in Frage, als sein Vater ihn aus dem Haus rief, und kam angerannt, barfuß, nur in einer uralten, abgewetzten Jeans und einem löchrigen T-Shirt, das orangerote Haar in alle Richtungen abstehend. Seine ältere Schwester Kushina war auch da, in einem geblümten Sommerkleid, das ihr zu klein war und bedenklich über ihrer Brust spannte.

„Komm her, Junge, ich habe etwas für dich.“, sagte Akio und wie jedes Kind war Nagato begeistert über ein Geschenk. Der Revolver war klein, gemacht für Frauen, wie er später herausfinden würde, aber trotzdem zu groß für seine winzigen Hände.

Kushina stand daneben und sah zu, eine Hand geschlossen um den Griff der Jagdflinte, die sie schon seit Jahren ihr Eigen nannte und bei Nichtnutzung neben ihrem Bett an der Wand lehnte. Akio selbst lief nie ohne seiner Glock 19 herum, mit der er auf die Kojoten schoss, die nachts um das Haus herumstreunten, und die Ganger verjagte, die es wagten, seiner Familie und seinem Besitz zu nahe zu kommen. Für seinen Sohn war sie daher immer ein Symbol von Sicherheit und Schutz gewesen. Denn auf diese Weise, so versicherte Kotone stets, zeigte er, dass er seine Kinder liebte.

Der ungeladene Revolver wanderte zuerst auf Nagatos Nachttisch. Dann in sein Bett wie ein sehr harter Teddybär. Schließlich erlag Kotone ihrer Krankheit und Pein brauchte Schutz für sich selbst – vor seinem Vater.

Natürlich ging sein erster Griff zu dem kleinen Revolver, der inzwischen in seine Hände passte und dessen hartes, kaltes Metall vertraute Sicherheit versprach. Er brauchte Monate um sich an die Waffe in seinem Hosenbund zu gewöhnen.
 

II

„Hey, Mann, was hast du eigentlich immer mit dem Ding?“, erklang Harukis Stimme auf einmal hinter ihm und Peins Hand zuckte automatisch zu dem Messer, das er an den Oberschenkel geschnallt trug, während er herumfuhr, die Klinge bereits zur Hälfte aus dem Halfter.

Der junge Soldat hinter ihm trat erschrocken einen Schritt zurück und hob beide Hände um zu zeigen, dass er nicht bewaffnet war. Seine Augen waren erschrocken geweitet.

Pein zwang sich dazu, sich zu entspannen. „… sorry.“

„Ich wollte dich nicht erschrecken.“, stellte Haruki klar. Er hatte seine Gesichtszüge beinahe unter Kontrolle, aber Pein konnte genau die Gedanken erraten, die dem anderen Soldaten jetzt durch den Kopf gingen, und dazu musste er noch nicht einmal ein Telepath sein: Was ein Freak. „Aber denkst du nicht, dass du damit ein wenig übertreibst?“ Haruki machte eine Bewegung in Richtung des Messers um deutlich zu machen, über was genau er sprach.

„… womit?“

„Ständig das Ding mit dir rumzuschleppen. Wir sind hier nicht in feindlichem Gebiet, sondern im Ausbildungscamp. Entspann dich mal ein bisschen!“

Pein war neunzehn, gerade mit der Schule fertig und ohne Perspektiven, also hatte er sich der Armee angeschlossen, wie sein Vater und seine Schwester vor ihm es gemacht hatten. Während seiner Anfangszeit beim Militär war es ihm verboten, eine Pistole zu tragen, selbst eine so kleine wie der erste Revolver, den er von Akio bekommen hatte. Also hatte er zu einem Messer gewechselt. Während der Jahre, die er halb auf der Straße und halb in einem vernachlässigten Zuhause verbracht hatte, hatte er gelernt, wie er damit umzugehen hatte.

Seine Kumpel und Zimmergenossen warfen ihm seltsame Blicke zu, ein paar lachten und nannten es Paranoia. Vielleicht war es das auch, aber er brachte es einfach nicht über sich, die Waffe wegzugeben, auf den Schutz zu verzichten, die das harte Metall ihm versprach.

Jetzt warf er einen Blick darauf, sah auf und antwortete: „Ist wohl eine alte Angewohnheit, die ich nicht mehr so einfach loswerde.“ Er zuckte mit den Schultern, stand auf und ging davon.
 

III

Akatsuki hatte sich in einem alten, umgebauten Lagerhaus niedergelassen. Noch waren sie nur fünf, zusammengebracht durch eine schiefgelaufene Mission und danach zwangsweise ausgeschieden aus dem Militär. Statt aufzugeben hatte Kushina vorgeschlagen, ihre Expertise auf andere Weise zu nutzen und nun waren sie hier.

Pein lag auf dem unbequemen Sofa, das zu kurz für ihn war, so dass seine Beine über die Lehne ragten, eine Hand unter dem Kopfkissen, die andere lag auf seinem Bauch. Schlaf kam in der letzten Zeit nur noch selten zu ihm und er versuchte sich zu entspannen, wann immer er die Gelegenheit dafür bekam.

„… mir das!“ Kisame klang gereizt.

„…hatte das zuerst.“, war Kakuzus bruchstückchenhafte Antwort in dem gleichgültigen Tonfall, den er selten abzulegen schien.

„Aber ich bin…“

„Ihr seid solche Kinder.“, schaltete Sasori sich ein. „Gib es ihm schon.“

„Ich hab’s zuerst gefunden.“

„Na los! Er kann mehr damit anfangen.“

Das Rascheln von Kleidung ertönte, dann meinte Kisame erfreut: „Geh doch.“

„Wenn du mir das so unter die Nase reibst, schlag ich deine ein.“ Wenn man nicht wusste, dass Kisame und Kakuzu schon Jahre zusammenarbeiteten, dann würde man denken, dass sie sich hassten. In Wirklichkeit war das eine seltsame Art, die Zuneigung zueinander auszudrücken.

Pein hatte schon seltsamere Methoden erlebt, die seines eigenen Vaters beispielsweise.

„Hey, Brüderchen, du…“ Kushina griff nach seiner Schulter und er konnte nicht anders.

Im Reflex schnellte sein Körper nach oben, das Kissen flog zur Seite, als er die Pistole nach vorne riss, die er in der Hand hielt, um sie auf seine Schwester zu richten. Das Klicken des Hahns klang laut in der plötzlichen Stille.

„Verdammt, machst du das immer noch?!“, fauchte Kushina, anscheinend unbeeindruckt von dem Lauf, der sich an ihre Stirn presste. Die Sorge, die in ihren Augen geschrieben stand, galt nicht ihr selbst. „Lass das sein!“ Sie brauchte ihm nicht zu sagen, dass sie die Angewohnheit meinte, mit einer Waffe im Bett zu schlafen. Und er brauchte nicht zu antworten, dass es ihm schon lange nicht mehr möglich war, damit aufzuhören.

Langsam senkte Pein die Waffe und sicherte sie wieder. „Tut mir leid.“, sagte er und meinte es tatsächlich so. „Alte Gewohnheiten…“
 

IV

„Das hier sieht nicht wirklich so aus wie ein Treffpunkt.“, sagte Kisame und zog an seiner Zigarette. „Ich weiß, ich weiß, das ist der Sinn der Sache, aber wenn man sich schon solche Mühen gibt, das Treffen an einem ungewöhnlichen Ort stattfinden zu lassen, warum kann man sich nicht mal im Wohnzimmer einer netten alten Dame versammeln? Warum müssen es immer diese scheiß-hippen Clubs sein, an denen man sein eigenes Wort nicht versteht?“

„Hör auf zu jammern“, raunzte Deidara „und beweg lieber deinen Arsch. Mir ist kalt, hm.“

„Du bist so eine Memme.“, gab Kisame ungerührt zurück, die Taschen in die Hände seiner Jeans geschoben. Er hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, eine Jacke über sein Hemd zu ziehen, obwohl die Temperaturen tatsächlich empfindlich gesunken waren.

„Du würdest die Kälte auch nicht mögen, wenn du eine bestimmte Kerntemperatur aufrecht erhalten oder verrecken müsstest!“, schnappte Deidara. Er war das neueste Mitglied von Akatsuki und sie hatten sich noch nicht ganz daran gewöhnt, dass er als Pyrokinet ein paar andere Anforderungen hatte als ein Normalo.

Kisame pflückte seine Kippe von den Lippen und grinste. „Hättest ja zuhause bleiben und dich von Mama in Schals wickeln lassen können.“

„Hört auf zu streiten und kommt jetzt.“, fuhr Pein dazwischen, ehe Deidara auch nur zu einer Antwort ansetzen konnte. „Johnson wird nicht ewig warten.“ Dass sie den Deal heute über die Bühne bringen mussten, brauchte er nicht extra zu erwähnen.

Er setzte sich mit raschen Schritten in Bewegung, verließ die schlecht beleuchtete Gasse, in der sie ihren Wagen geparkt hatten, um auf den hell beleuchteten Gehsteig der gegenüberliegenden Straßenseite zuzugehen. Eine lange Schlange von beinahe ausschließlich jungen, exklusiv schönen Leuten in Partyaufmachung hatte sich vor den großen Flügeltüren des Gebäudes gebildet, in das sie hinein mussten.

Ohne viel Federlesens marschierte er an den wartenden Leuten vorbei, was ihm ein paar empörte Rufe und Flüche einbrachte, die er gekonnt ignorierte. Deidara und Kisame folgten ihm noch immer streitend, anscheinend ohne all die Leute überhaupt zu bemerken, die ihnen böse Blicke nachwarfen.

An der Tür standen drei bullige Männer, die als Rausschmeißer dienten und die Wartenden tröpfchenweise hindurchließen nach einem System, das Pein nicht erkennen konnte. Weiter hinten im Schatten des Torbogens stand ein vierter Mann, kleiner und schmaler als die anderen drei, aber ohne Zweifel der gefährlichste von ihnen allen. Er lehnte an der Wand, als würde ihn alles nichts angehen, die Arme vor der Brust verschränkt, die Augen allem Anschein nach geschlossen. Er bewegte sich nicht, als Pein und seine beiden Leute sich näherten, aber dennoch wusste der Rothaarige, dass er sie sofort bemerkt hatte, als sie sich der Tür näherten. Wie ein Tiger, der auf seine Beute wartete.

„Hey, ihr könnt nicht einfach…“, begann einer der Rausschmeißer, als sie an ihm vorbeispazieren wollten.

„Johnson erwartet uns.“, unterbrach ihn Pein kurzangebunden. „Du willst ihn doch nicht warten lassen.“

Der Mann zögerte, durch die Selbstverständlichkeit, mit der Pein ihn ignorierte hatte, aus dem Konzept gebracht. Auch seine beiden Kollegen rührten sich nicht, ehe einer, der ein Gesicht wie ein Mops hatte, sich fing und nach vorne trat. „Wir werden das abklären.“

„Eure Entscheidung.“, meldete Deidara sich zu Wort, als hätte das etwas zu bedeuten. Kisame grinste und schnippte seinen Zigarettenstummel in den Rinnstein. Die Männer wechselten Blicke.

„Ich kümmere mich darum.“, schaltete der Tiger sich plötzlich ein und trat vor. Seine Gesichtszüge waren scharf und kantig, seine Augen von einem erstaunlich hellen Blau. Er winkte seine Männer zur Seite, die dem erleichtert nachkamen. „Habt ihr, was wir brauchen?“

Pein nickte. „Können wir jetzt rein?“

„Erst, wenn du mir deine Waffe gibst.“, antwortete der Mann und streckte fordernd die Hand aus.

Pein erstarrte. Jetzt spürte er plötzlich wieder den vertrauten Druck der Pistole in seinem Hosenbund, den er meistens nur unbewusst wahrnahm. Die feinen Härchen in seinem Nacken stellten sich auf.

„Na los, oder soll ich Johnson sagen, dass seine Lieferung nicht kommt?“ Der Tiger senkte bedrohlich seine Stimme. Sie alle wussten genau, was das bedeuten würde, und Pein konnte das nicht zulassen.

Trotzdem brachte er es nicht über sich, diese eine simple Geste zu vollbringen – nach der Waffe greifen, sie langsam ziehen und sie seinem Gegenüber zu übergeben.

„Pein?“, fragte Kisame, die Stimme mit einer leicht besorgten Klangfärbung, was einem jedoch nur auffiel, wenn man den großen Mann kannte. Deidara spielte nervös mit dem Saum seiner Jacke.

„Ewig werde ich nicht warten.“, sagte der Blauäugige scharf und zuckte mit den Fingern.

Pein zwang sich, sich zu bewegen, auch wenn es ihm nahezu körperlich schmerzte. „Pass gut darauf auf. Ich brauche das wieder.“, wies er den anderen an, mehr um das Zögern zu überspielen als aus einem anderen Grund.

Die Pistole an der Tür zurückzulassen kostete ihn mehr Kraft als alles andere an dieser Mission, und er fühlte sich nackt und schutzlos, als er den Club betrat.
 

V

„Ist das dein Ernst?“ Konans Stimme riss ihn aus den Gedanken und er wandte sich von dem Kleiderschrank ab, um sich zu ihr umzudrehen. „Hm?“

Sie saß auf dem Bett, nur angetan mit einem seiner T-Shirts, das ihr viel zu groß war und aufreizend von ihrer Schulter gerutscht war um ein Stück ihrer blassen Haut freizulegen. An ihrem rechten Zeigefinger baumelte eine Glock 17. Er brauchte nicht lange um zu bemerken, dass die Waffe normalerweise unter seinem Kopfkissen lag.

„Was ist damit?“

„Sie lag unter dem Kissen.“ Sie lehnte auf der freien Hand, die hinter ihr auf dem Bett abgestützt war und ihre Brüste zeichneten verführerisch sich unter seinem T-Shirt hab.

Einen Moment brauchte er um zu verstehen, was sie ihm sagen wollte. Dann nickte er langsam und Konan legte den Kopf schief.

„… wie lange schläfst du schon mit einer Waffe im Bett?“, wollte sie nach einigen Sekunden Stille wissen.

Die korrekte Antwort lautete seit ich neun bin.

Die Antwort, die sie verdiente, war seit meine Mutter tot ist, weil dies den Kern des Problems ausdrückte.

Stattdessen drehte er sich wieder um und zuckte er mit den Schultern, als würde er sich nicht mehr genau an den Moment erinnern, an dem er entschieden hatte, den kleinen Revolver stets bei sich zu tragen. Als würde er nicht mehr genau wissen, wann Akio sich von einem Vater zu einem Feind entwickelt hatte.

Für einige Sekunden war es wieder still, dann hörte er, wie sie die Waffe auf dem Nachttisch ablegte, und einen Moment später glitten ihre Arme um seine Hüften und sie presste sich an ihn. Sie fragte nicht, was genau ihn dazu gebracht hatte, diese Angewohnheit aufzunehmen. Vielleicht würde sie später auf ihre eigene Art nachforschen. Vielleicht würde sie Kushina fragen. Höchstwahrscheinlich würde sie warten, bis er es ihr selbst erzählte.

Aber statt sich direkt danach zu erkundigen und auf ihn einzudringen, fragte sie: „Was hast du vor? Du interessierst dich doch sonst nicht so dafür, was du anhast.“
 

+ I

„Ich sagte doch, dass man nirgendwo sonst derartig himmlische Knödel bekommt, hm!“, triumphierte Deidara und gestikulierte wild mit seiner Gabel in Itachis Richtung.

Ärgerlich schlug Kisame seine Hand weg. „Wenn du mir mit diesem Ding ein Auge ausstichst, bringe ich dich um.“, knurrte er.

Deidara seufzte dramatisch. „Für diese Knödel würde ich auch sterben, hm.“

„Ach ja? Sollen wir es mal ausprobieren? Hier und jetzt?“ Kisame hob drohend seine Faust.

„Hier, hilf mir mal.“ Pein drehte sich zu Konan um, die hinter ihm stand, die Arme beladen mit noch mehr Essen. Ihre Hündin stand neben ihr, die eisblauen Augen himmelnd auf ihr Frauchen gerichtet.

Um sie herum feierten die Leute ihr seltsames kleines Straßenfest. Überall waren bunte Stoffgirlanden gespannt, Imbisskarren verkauften wie am laufend Band Essen von zweifelhafter Herkunft, die Musik war gerade laut genug, um nicht als störend empfunden zu werden, und Akatsuki feierte den Abschluss eines erfolgreichen Auftrags.

Pein stand von der einfachen Bank auf um seiner Freundin zu helfen. Hinter ihm brachen seine Leute in brüllendes Gelächter aus und jemand rief erfreut: „Mehr Essen! Her damit!“ Die Hündin bellte und Konan sagte etwa, aber Peins Blick war über ihre Schulter gerichtet auf eine kleine Gruppe Männer, die auf dem Mittelpunkt des Platzes zusammenstanden, auch wenn er im ersten Moment nicht genau den Finger darauf legen konnte, was an ihnen so interessant war. Sie trugen alle lange schwarze Mäntel, beinahe wie Uniformen, und etwas an der Art, wie sie sich hielten, sagte Pein, dass sie schwere Waffen trugen. Keiner von ihnen wirkte wie die Sicherheitskräfte, die vereinzelt über den Platz spazierten und Betrunkene in Schach hielten.

Er wollte gerade etwas zu seinen Leuten sagen, als die Bewaffneten ihre Mäntel aufrissen und zeigten, dass sie tatsächlich bis an die Zähne bewaffnet waren. Sie ließen den Leuten keine Zeit zu reagieren, sondern eröffneten das Feuer, einen Moment, nachdem Pein Konan hinter sich und zu Boden gerissen hatte. Eine andere Art von Lärm brach plötzlich über dem Platz zusammen, das Stakkato von Schnellfeuerwaffen, schreiende Menschen, die in völlige Hysterie ausbrachen.

Pein zögerte keine weitere Sekunde, sondern riss die eigene Pistole aus dem Hosenbund und schoss zurück.

Faith

Das gesamte Anwesen stand in Flammen. Rauch, Schreie und das Donnern von Schüssen erfüllte die Luft.

„Hier entlang!“, keuchte Daisuke und zerrte Hinata hinter sich her. Das Mädchen stolperte im Schockzustand über die eigenen Füße, fiel aber nicht. Mit der anderen Hand hielt es einen Plüschfuchs fest an den Körper gepresst.

Neji brauchte keine helfende Hand, damit er den Weg fand, aber der kleine Revolver wog schwer in seinen Fingern. Zudem trug er einen vollgepackten Rucksack, den Daisuke ihm vorhin in die Arme gedrückt hatte.

Der ältere Hyuuga, seit knapp einem halben Jahr ihr Martial Arts-Trainer, war es gewesen, der sie aus ihren Zimmern geholt hatte. Er hatte ihren Fluchtrucksack dabei gehabt und kaum die Zeit, ihnen zu erlauben, in zweckmäßigere Kleidung zu schlüpfen als den Schlafanzug. Hinata war den Anweisungen mechanisch gefolgt, während Neji versucht hatte, seine Gedanken zu sammeln um die richtigen Fragen zu stellen.

Doch dann waren die Geräusche der ersten Detonation zu ihnen herübergedrungen, gefolgt von drei weiteren, und Hinata hatte geschrien und der Lehrer hatte ihm mit einem gehetzten Blick den Rucksack überantwortet.
 

Jetzt waren sie hier und Daisuke blickte sich immer wieder um und Neji erhaschte ihn zum wiederholten Male dabei, wie er zu dem entfernt stehenden Gebäude hinüberblickte, in dem seit kurzer Zeit Hanabi mit den anderen ihrer Altersklasse untergebracht war. Es stand schon in Flammen und während sie noch hinsahen, stürzte der Dachstuhl ein. „Scheiße!“, fluchte Daisuke laut und Hinata zuckte zusammen.

„Hat jetztwohl keinen Sinn mehr.“, murmelte der Trainer und korrigierte seinen Weg leicht nach links, weg von Hanabi und dem eingestürzten Haus.

„Aber…!“, versuchte Neji zu protestieren und wurde langsamer.

Der Erwachsene griff nun auch nach seinem Arm, damit er den Anschluss nicht verlor. „Nicht stehen blieben!“, fauchte er. „Wir werden später nach Hanabi sehen. Wir müssen erst einmal Hinata in Sicherheit bringen! Das ist deine Aufgabe! Komm!“

„Wo gehen wir hin?“, wollte Neji wissen und stolperte beinahe über einen Stein. Er versuchte zu erkennen, was um ihn herum vorging, doch außer schattenhaften Silhouetten, die vor dem Schein der Feuer umherhuschten, konnte er nicht viel erkennen. Nur eines wusste er: es herrschte ein totales Chaos. Der Lärm um sie herum war ohrenbetäubend und der Geruch von Rauch und Blut erfüllte seine Nase.

„Zu einem sicheren Ort.“, erklärte Daisuke kurz angebunden und ließ ihn wieder los. „Bleib bei mir!“ Damit nahm er Hinata hoch und beschleunigte sein Tempo noch einmal. Neji hatte Mühe, selbst rennend mit ihm mitzuhalten. Der Rucksack stieß ihm in den Rücken und schien immer schwerer zu werden. Aber er wollte nicht darum bitten, langsamer zu machen und Daisuke hätte ihn vermutlich sowieso ignoriert.

Sie hatten keine Zeit dafür.
 

Kurz darauf erreichten sie eines der kleine Wäldchen, die überall auf dem Trainingsgelände verteilt waren. Daisuke hatte inzwischen sein Byakugan aktiviert und rannte einige Schritte in den Wald hinein. Er blieb stehen, als er sich sicher sein konnte, dass keiner ihrer Feinde sie sehen konnte, und hob den Kopf. Ohne sich zu bewegen blickte er sich konzentriert um.

Mit Hilfe der aktivierten Parafähigkeit, die bei ihnen in der Familie lag, hatte er ein 36o° Blickfeld mit nur einem winzigen toten Winkel und eine weitere Sicht, ohne, dass Gegenstände oder Lebewesen ihn beeinträchtigten. Die Wahrnehmung war zwar so stark unterschiedlich von dem normalen Sehen, dass junge Hyuuga den Sinn völlig neu lernen mussten, doch Daisuke war nicht mehr jung und hatte Kontrolle darüber.

Nach einigen Augenblicken nickte er und sie setzten sich wieder in Bewegung, noch immer zügig, aber nicht mehr ganz so schnell. In dem kleinen Wäldchen befand sich, wusste Neji, ein kleiner Bunker mit Kommandozentrale. Sollten sie sich dort verstecken, bis alles vorbei war? Würden die Angreifer sie nicht auch hier finden?
 

Kurz darauf tauchte der Eingang des Gebäudes zwischen den Bäumen auf, eine schwere Metalltür umgeben von Betonsäulen. Der Rest des Baus war unter der Erde vergaben und nicht zu erkennen. Die Tür stand offen und drei Leute warteten davor – Hiashi, das Oberhaupt des Clans, seine Mutter Haruko sowie eines der ranghöchsten Mitglieder des Clans außerhalb des Rates selbst, Hoheto.

Hiashis Gesicht hellte sich vor Erleichterung auf, als er Daisuke mit den beiden Kindern bemerkte. „Da seid ihr ja endlich.“, bemerkte Haruko. Sie trug ein elegantes, weißes Kostüm, auf dem kein Fleck zu sehen war, und hielt eine große Smith&Wesson in den manikürten Fingern, die Schusswaffe, die sie allen anderen vorzog.

In der anderen Hand hielt sie ihr Katana, eine lange, alte Waffe mit schwarzer Scheide. Irgendwo hatte sie ihre Schuhe verloren, so dass sie strumpfsockig da stand, und ihr schneeweißes Haar war perfekt frisiert. Sie war fast genauso hochgewachsen wie ihr Sohn neben ihr und hielt sich mit der gleichen rigiden Disziplin.

Neji hatte sie seit Woche nicht gesehen und hätte sie am liebsten mit einer freudigen Umarmung begrüßt. Ihre Anwesenheit bedeutete, dass alles gut werden würde – niemand widersetzte sich ihr. Doch Haruko duldete derlei nicht in der Öffentlichkeit.

„Wo ist Hanabi?“ Hiashis mühsam beherrschte Stimme schnitt durch Nejis Gedanken und riss seine Aufmerksamkeit auf sich. Er war ein großer, schlanker Mann mit der Präsenz eines Königs. Auf seinem strengen Gesicht zeichneten sich Besorgnis und Wut ab, obwohl er sich Mühe gab, es nicht zu zeigen. Er trug einen schwarzen Kampfanzug mit einem Messer am Oberschenkel, einer Desert Eagle am Gürtel und einem eigenen Katana auf dem Rücken, ein altes Erbstück, das schon seit dem Mittelalter oder früher in der Familie weitergegeben wurde.
 

Inzwischen hatte Hinata sich an ihren Vater geschmiegt, der sie seinerseits in einer festen Umarmung hielt. Er zeigte nicht oft, wie sehr er seine Töchter liebte, aber solche Momente machten seine Gefühle deutlich. Das verstand sogar Neji, jung wie er war.

Daisuke schüttelte den Kopf. „Wir konnten sie nicht mehr erreichen. Ich weiß nicht, ob sie das Gebäude rechtzeitig verlassen konnte.“

„Ich kümmere mich darum.“, sagte Hoheto von der Seite und verschwand ohne weiteres Geräusch im Unterholz.

Hiashi starrte ihm nach, doch ehe er etwas sagen konnte, schaltete Haruko sich kurzentschlossen ein: „Dafür haben wir jetzt keine Zeit. Kümmere dich um Hinata. Neji, komm her.“ Sie hatte Katana und Pistole abgelegt und hielt ihm eine abwartende Hand entgegen. Die Fürsorglichkeit, mit der sie ihn beiseite nahm, stand im Gegensatz zu ihrem harschen Tonfall.

Für einen Moment blickte sie ihn nur an und er starrte mit zusammengezogenen Augenbrauen zurück. Dann lächelte sie plötzlich, einen Augenblick lang. Es veränderte ihr ansonsten so ernstes, hartes Gesicht vollständig zu etwas, das einer Großmutter würdig war. Doch der Moment hielt nicht lange an.

Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter und drückte sie. „Hör zu, Neji. Etwas ist fürchterlich schief gegangen und wir sind in ernsten Schwierigkeiten – jemand hat uns aufs Korn genommen und feiert vermutlich schon seinen Erfolg, während wir noch gar nicht wissen, wer es ist. Aber auch, wenn unser Clan heute untergehen wird, ganz so leicht kriegen sie uns nicht klein. Hinata muss um jeden Preis überleben – sie ist die Erbin und in ihr überlebt der Clan. Schütze sie mit allem, was du hast.“
 

„Aber…“, begann er zu protestieren, doch sie schnitt ihm mit einer knappen Geste das Wort ab. „Weißt du, wo das Safehouse B-153-CL ist?“

Er nickte gehorsam.

„Dort ist der Treffpunkt für alle, die es bis Donnerstag dorthin schaffen.“

Er nickte erneut.

„Falls dort niemand von uns ist…“ Einen Moment verstummte sie und nahm sein Gesicht in beide Hände. Sie beugte sich vor um direkt in seine Augen blicken zu können. „Neji. Ich weiß nicht, was dann ist. Schlagt euch zum nächsten Safehouse durch oder kontaktiert einen unserer Verbündeten. Versprich mir nur eines: Halte dich und deine Cousine am Leben.“

Neji nickte. „Ich verspreche es.“ Er legte alle Überzeugung hinein, die er aufbringen konnte.

Niemand wollte Haruko Hyuuga enttäuschen, denn ihr Zorn war schrecklich. Aber für Neji war sie seine Großmutter. Er wollte nicht nur ihrer Wut entkommen. Er wollte sie stolz machen. Darum erwiderte er ihren scharfen Blick fest und entschlossen und sie nickte.

„Ich verlasse mich auf dich.“ Dann ließ sie ihn los und richtete sich wieder auf. „Denk daran, dass Hinata ohne dich verloren ist.“
 

Damit wandte sie sich wieder um, um eine kleine schwarze Reisetasche vom Boden aufzuheben. „Hier. Dort drin sind die wichtigsten Geheimnisse unseres Clans. Sie sind fast so wichtig wie Hinata. Behüte sie gut.“

Die Tasche war schwer, viel schwerer als der Rucksack, und Papier raschelte in ihrem Inneren, als Haruko sie ihm übergab. Schließlich zog sie einen USB-Stick aus der Tasche ihrer Kostümjacke. „Hierauf befindet sich der gesamte Inhalt unserer Server, mehrfach verschlüsselt. Den dritten Schatz, den du behüten musst.“ Neji nickte erneut und ließ sich den Stick um den Hals hängen.

„Ich verlasse mich auf dich.“, wiederholte sie. „Wir werden euch finden, falls wir uns am Safehouse verpassen.“
 

Sie trat von ihm zurück und wandte sich Hiashi zu, nachdem sie ihre Waffen wieder aufgehoben hatte. Das Oberhaupt des Clans hielt noch immer Hinata im Arm und versuchte, sie zu beruhigen. Haruko sah einen Moment zu, dann schüttelte sie den Kopf und trat vor. „Dafür haben wir jetzt keine Zeit. Reiß dich zusammen, Mädchen! Du bist eine Hyuuga, also trage den Kopf hoch und stelle dich der Herausforderung mit Stolz und Stärke!“

Hinata starrte sie erschrocken an und wagte nicht, auch nur einen Laut von sich zu geben. Hiashi erhob sich, ein kleines, bedauerndes Lächeln auf den Lippen. Seine Hand ruhte auf der Schulter des Mädchens. „Sei stark, Tochter.“, sagte er. „Neji wird auf dich aufpassen.“

Hinata schluchzte noch einmal auf und wischte sich dann mit dem Handrücken die Tränen weg. In dem anderen Arm hielt sie noch immer ihren Fuchs. Sie nickte, das Gesicht noch immer verheult, aber entschlossen. Ihre Augen waren riesig in ihrem blassen Gesicht.

„Gut.“, sagte Haruko zufrieden.
 

Daisuke half dem Mädchen, den Rucksack auf den Rücken zu nehmen, den Neji vorher noch getragen hatte, so dass der Junge die Tasche besser schultern konnte. Dann führte er sie in den Bunker.

Die Kinder drehten sich noch einmal kurz um, um einen letzten Blick auf die beiden Zurückbleibenden zu werfen. Hinata winkte ihnen schüchtern zu, eine Geste, die Hiashi kurz erwiderte. Haruko sah ihnen nur nach, hoch aufgerichtet und stolz und unbeugsam. Hinter ihnen brannte der Himmel.

Neji wiederholte noch einmal im Stillen das Versprechen, dass er seiner Großmutter gegeben hatte.
 

Sie folgten ihrem Lehrer tiefer in den Bunker hinein, bis sie zu einer Stelle kamen, von der Neji hätte schwören können, dass dort eine Mauer war. Doch nun führten Treppenstufen wie ein schwarzer Schlund in die Dunkelheit hinab.

„Ich werde die Tür hinter euch verschließen.“, erklärte Daisuke kurz angebunden. Seine Augen leuchteten hell in dem Dämmerlicht. „Dann ist der Gang nicht mehr zu sehen. Nur eine Handvoll Leute wissen davon, also solltet ihr unbeschadet zum Ausgang und von dort zum Safehouse gelangen. Nicht einmal eure Mütter waren eingeweiht. Es ist also der sicherste Weg nach draußen.“

„Und Vater?“ Hinatas Unterlippe zitterte und ihre Augen glänzten verdächtig, doch sie weinte nicht.

„Er wird einen anderen Weg finden.“, versicherte Daisuke ihr. „Hier.“ Aus einer seiner Hosentaschen zog er eine Taschenlampe und reichte sie Neji.

Dieser rückte noch einmal die Tasche zurecht und nahm sie entgegen. „Und du?“
 

„Ich finde auch einen Weg, kein Problem.“ Daisuke grinste sie keck an. Dann legte er jedem von ihnen eine Hand auf die Schulter. Für einen Moment wirkte er, als wolle er etwas Wichtiges sagen, doch dann schüttelte er mit einem leisen Lächeln den Kopf. „Ihr werdet das schon schaffen. Ihr gehört zu den besten, die ich je unterrichten durfte. Vor allem du, Neji. Ihr mögt noch jung sein, aber ihr habt alles, was ihr zum Überleben braucht.“ Damit trat er zurück. „Macht’s gut. Wir sehen uns in ein paar Tagen. Und jetzt, los mit euch.“ Er schob sie auf den Eingang zu.

Neji spähte misstrauisch hinunter und leuchtete dann mit der Taschenlampe hinein. Doch außer harten Betonstufen und kahlen Wänden war nichts zu sehen. Hinata stand neben ihm und zog die Nase hoch. Dann richtete sie ihr Stofftier im Arm und schob die freie Hand in Nejis. Sie fühlte sich schwielig und kräftig an, aber gleichzeitig auch sehr zerbrechlich.

„Haltet euch nach Osten, dann solltet ihr zu einer Straße gelangen. Viel Glück.“, wünschte Daisuke, als sie sich an den Abstieg machten. Hinter sich hörte Neji, wie die verborgene Tür sich mit kratzenden, schnarrenden Geräuschen schloss, aber er blickte nicht zurück. Und er zog Hinata stetig mit sich nach vorne, tiefer in die Erde hinein.
 

~~♠~~
 

Die Häuser um sie herum waren so hoch und standen so eng beieinander, dass der Himmel nur als ein schmaler, blauer Streifen zu sehen war. Feuertreppen und winzige Balkone sowie quer über die Straße gespannte Wäscheleinen schränkten den Blick noch weiter ein. Es roch nach in der Hitze vergammelndem Müll und Urin.

Hinata hatte schon die Nase kraus gezogen, als sie die Gasse betreten hatten. „Warum können wir nicht einfach die Hauptstraße nehmen?“, jammerte sie, ohne dabei vorwurfsvoll zu klingen. Sie wirkte einfach nur elend.

„Weil wir vorsichtig sein müssen.“, antwortete Neji kurz. Er klang patzig, das merkte er selber, auch wenn er sich alle Mühe gab, es nicht zu tun. Aber seine Cousine war dieses weinerliche Stück Elend schon, seit sie die Trainingsanlage verlassen hatten. Selbst Neji, gewöhnt an das unsichere, ängstliche Mädchen, und von Natur aus ein ruhiger Typ, hatte einen Punkt, an dem seine Geduld ein Ende fand.

Aber Hinata könnte doch auch einmal für sich selber denken! Es war doch klar, dass sie nach einem solchen Angriff auf ihre Familie nicht einfach irgendwohin spazieren konnten, ohne den Ort vorher zu überprüfen! Selbst wenn es eines ihrer eigenen Safehouses war! Ihre Feinde hatten immerhin auch das verborgene Trainingsgelände mit einer Sicherheit gefunden, die auf Verräter zurückschließen ließ.
 

So weit war Neji in den letzten Tagen zumindest gekommen. Während ihrer Flucht hatte er genug Zeit zum Nachdenken gehabt. Nachdem sie die Anlage verlassen hatten, hatte der Fluchttunnel sie in ein entfernt gelegenes Waldstück geführt. Von dort hatten sie über fünf Stunden gebraucht, um die Straße zu erreichen, von der Daisuke gesprochen hatte.

Zu diesem Zeitpunkt war es bereits hell gewesen und kurz darauf hatten sie es geschafft, einen Bus zu erwischen, der sie in das nahegelegene Dorf gebracht hatte. Von dort war es ein Einfaches gewesen, den Bus zu wechseln und die Stadt zu erreichen, in der sie sich nun befanden.

Der Treffpunkt, das Safehouse B-153-CL, war nun nicht mehr weit entfernt, doch noch wussten sie nicht, ob es wirklich sicher war. Und Neji würde ganz sicher nicht Hinatas Sicherheit aufs Spiel setzen und einfach so zum Haus spazieren. Was, wenn es bereits kompromittiert war? Sie würden direkt in die Falle tappen. Lieber hielt er Hinatas Gejammer noch etwas länger aus.
 

Zum Glück tauchte nun vor ihnen die Rückseite des Gebäudes auf, in dem sich Safehouse B-153-CL befand, nur einer unter all diesen Wohnblocks, die sie umgaben. Der Putz war einmal weiß gewesen, aber jetzt nur noch eine bröckelnde Mischung aus Grau und schmutzigem Grün, zumindest dort, wo es nicht mit verblassendem Graffiti bedeckt war.

An einigen Fenstern hingen Blumenkästen, andere dagegen waren blind oder von innen mit Zeitungspapier verklebt worden. Eine Treppe führte zu einem Kellereingang hinunter und eine weitere im Zickzack hinauf zum Dach.

Neji schob Hinata hinter einen der Müllcontainer, die in der Gasse aufgereiht waren und spähte die langen Reihen der Fenster hinauf. Er war schon einmal hier gewesen, wenn auch nur kurz und es war schon zwei Jahre her. Trotzdem erinnerte er sich noch daran, in welchem Stockwerk die Wohnung gelegen hatte – dem dritten – und welche der Fenster dazu gehört hatten.
 

Einige Minuten tat er nichts, als die Umgebung und das Gebäude im Blick zu halten, während Hinata hinter ihm leise und still atmete und sich nicht rührte. Wenigstens jetzt schien sie sich an ihr Training zu erinnern. Einmal kamen zwei Männer aus dem Keller um eine zu rauchen, einige Jugendliche stürmten in vollem Tempo die Straße hinunter, jemand schüttelte einen Teppich zum Fenster aus und ein Mädchen, etwa in ihrem Alter, goss die Blumen vor ihrem Zimmer. Ansonsten blieb alles still.

Also nahm Neji die Reisetasche von der Schulter und schob sie hinter den Müllcontainer. Dann wandte er sich Hinata zu. „Ich werde jetzt nachsehen, ob die Luft rein ist. Du wartest hier auf mich. Wenn ich in fünfzehn Minuten nicht zurück bin, nimmst du die Tasche und verschwindest von hier. Verstanden?“ Das Mädchen starrte ihn an und er fragte sich, ob sie wirklich verstand, was er von ihr wollte. Haruko hatte ihm gesagt, dass seine Cousine ohne ihn nicht zurecht kommen würde und anscheinend stimmte das.

Aber dann nickte Hinata entschlossen, ehe sie ihre Uhr unter dem Ärmel hervorzog, damit sie sie mit seiner vergleichen konnte. Nachdem sie festgestellt hatten, dass sie die gleiche Zeit anzeigten, wandte Neji sich noch einmal um und kam hinter dem Container hervor um rasch zum Kellereingang hinüberzurennen.
 

Niemand war vor der Tür zu sehen, also war es ihm ein leichtes, hinunter zu huschen und vorsichtig die Klinke zu betätigen. Die Türe öffnete sich glücklicherweise ohne Widerstand und er schlüpfte durch den schmalen Spalt. Der Gang dahinter war mit schummrigem Licht beleuchtet und mehrere Türen säumten ihn, außerdem führten zwei weitere Flure ab. Von irgendwoher drangen verzerrte Stimmen zu ihm herüber und das Geräusch von Metall, das auf Metall traf. Auf der gegenüberliegenden Seite des Ganges führte eine Treppe nach oben, aber ansonsten gab es nichts Interessantes zu sehen.

Neji zog die Tür hinter sich zu und lief auf die Treppe zu, so schnell und so leise er konnte. Niemand begegnete ihm und es war ihm ein leichtes, die Stufen nach oben zu steigen und die Eingangshalle zu erreichen. Sie war nicht sehr groß und einige der hellen Fliesen, die den Boden bedeckten, hatten Sprünge.

An einer Wand waren sehr viele Briefkästen angebracht und durch die beiden großen Fenster neben der Haustür viel Sonnenlicht. Gegenüber dem Eingang befanden sich eine Treppenaufgang sowie ein Aufzug. Rechts und links führten weitere Türen ab, vermutlich in die Wohnungen, die im Erdgeschoss lagen.
 

Auch hier war niemand zu sehen, also ging Neji vorsichtig zu den großen Fenstern hinüber und spähte hinaus. Dort lag die Hauptstraße; anders als die Gasse nach hinten war sie belebt. Autos säumten sie und Menschen tummelten sich auf den Gehsteigen. Neji ignorierte die Leute und konzentrierte sich stattdessen auf die Wagen.

Sollten ihre Feinde das Haus beobachten, würden sie es sich wie Polizisten in einem der Autos bequem machen. Aber die meisten von diesen waren leer. In einem saß ein junges Paar und stritt sich, aber niemand würde ein schreiendes Kleinkind mit auf eine Mission nehmen, so gut es die Tarnung auch unterstützte. Ein Mann mittleren Alters half einer alten Dame, aus dem Sitz aufzustehen, da waren zwei Klempner mit einem Klemmbrett, eine Ambulanz, ein paar Ganger und eine Gruppe Jugendlicher, die so tat, als wären die Ganger…

Sein Blick irrte zu dem Krankenwagen zurück. Die Sanitäter saßen nur da, mit dem perfekten Blick auf den Eingang des Gebäudes, in dem Neji sich befand. Sie machten keine Pause, denn da waren weder ein Imbiss noch Kaffeebecher zu sehen. Sie waren offensichtlich auch nicht wegen der Arbeit hier. Dafür waren es beide große, breitschultrige Männer… Ob…?
 

„Hey…!“ Die Stimme ließ ihn herumfahren und den Teenager anschauen, der da die Treppe heruntergekommen war. Er mochte sechzehn sein oder auch älter, mit einem Irokesenhaarschnitt und einer ganzen Reihe von Ringen in den Ohren sowie einem in der Nase. Seine Kleidung war kunstvoll zerrissen. Neji verfluchte sich, dass er nicht besser aufgepasst hatte und wich von dem Fenster zurück.

„Wer bist du denn?“, fragte der Punk und musterte ihn von unten bis oben.

Neji überlegte fieberhaft und antwortete dann: „Ich spiele verstecken mit meiner Cousine.“

Der andere Junge grinste. „In fremden Häusern? Verzieh dich.“ Er machte eine scheuchende Handbewegung. „Hier hast du nichts verloren.“

Nein, hatte er tatsächlich nicht. Diese Typen da draußen in dem Krankenwagen mussten zu ihren Feinden gehören, denn ein kurzer Blick über die Schulter verriet ihm, dass die Sanitäter noch immer den Eingang beobachteten.

„Also schön.“, grummelte Neji und wandte sich wieder der Kellertreppe zu. „Du bist schuld, wenn ich gegen meine Cousine verliere!“
 

Der Punk lachte. „Wo denkst du, gehst du hin?“ Er packte Neji am Kragen, auch wenn dieser versuchte, sich unter dem Griff wegzuducken, doch er war zu langsam. Die in sein T-Shirt verkrallten Finger waren wie aus Stahl. „Du kommst schön mit mir.“ Das Grinsen im Gesicht des Teenagers verwandelte sich zu einer gierigen Fratze und auch er blickte aus dem Fenster, dorthin wo der Krankenwagen stand…

Er arbeitet mit ihnen zusammen!, fuhr es Neji heftig durch den Kopf und er zappelte heftig.

„Wenn du hinten rausläufst, bringst du mir gar nichts.“, murrte der Junge, während er versuchte, Neji unter Kontrolle zu bringen.

Und wenn er vorne hinausging, würde dieser Typ ihn genau in die Arme der Sanitäter drücken und vermutlich dafür auch noch Geld dafür kassieren. Neji musste das um jeden Preis verhindern.

Blitzschnell griff er nach dem Daumen unter seinem Kinn und riss mit aller Macht daran. Ein erschreckend lautes Knacken ertönte, gefolgt von einem noch lauteren Schmerzensschrei und plötzlich war er frei. Mit einem Satz warf er sich herum und rannte los. „Du kleiner…!“, brüllte der Junge und jaulte dann wieder auf, vermutlich hatte er den gebrochenen Daumen falsch bewegt.
 

Neji ignorierte ihn und rannte die Stufen hinunter. Hinter sich hörte er keine Schritte, nur das Klappen der Haustür. Der Punk hatte sich also entschieden, die Sanitäter zu benachrichtigen, anstatt selbst die Verfolgung aufzunehmen, wie Neji gehofft hatte. Mit diesem Typen allein wäre er vermutlich fertig geworden oder zumindest mit Hinatas Hilfe.

Aber die Männer da draußen waren vermutlich Ex-Militärs, bestens trainiert und auch noch zu zweit. Selbst mit Hinata würde einer von denen alleine reichen um ihrer Flucht ein Ende zu setzen. Verdammt…!

Diesmal versuchte er nicht einmal, unauffällig zu sein, sondern stieß die Kellertür einfach auf und hetzte die Treppe hoch. „Neji!?“ Hinatas Stimme schrillte ihm hell und panisch entgegen und ihre Augen spähten weit aufgerissen hinter dem Müllcontainer hervor.

„Wir müssen hier weg.“, keuchte er und riss seine Tasche aus ihrem Versteck. Zum Glück hatte sie ihren Rucksack nicht abgelegt. „Jemand hat hier gewartet. Schnell!“ Er packte ihre Hand und zerrte sie hinter sich her, die Gasse nach unten. Wenn sie es schafften, die große Straße zu erreichen, von der aus sie hierhinein abgebogen waren, würden sie entkommen können. Ganz in der Nähe war außerdem eine U-Bahn-Station…
 

Hinata fing sich nach ein paar Metern und wurde schneller, doch sie ließ seine Hand nicht los. Das Ende der Gasse kam immer näher und er konnte schon die Menschen erkennen, die an ihrer Mündung vorbeiliefen un-

„Da sind sie!“, brüllte ein Mann hinter ihnen und dann hörte er, wie jemand die Verfolgung aufnahm, schwere, lange Schritte… Neji riskierte einen Blick über die Schulter. Es waren tatsächlich die Sanitäter, große, breitschultrige Männer in blauen Uniformen und Militärstiefeln. Einer von ihnen zog eine Pistole aus dem Gürtel und schoss. Neji duckte sich reflexartig und Hinata schrie auf, doch der Schuss ging daneben und irgendwo in die Wand.

„Nicht schießen, du Idiot! Siehst du nicht, wer das ist?!“, brüllte der zweite Verfolger. „Bleibt stehen, ihr kleinen Ratten!“

Neji beschleunigte sein Tempo, doch er wusste, dass die Männer schneller waren, und Hinata stolperte fast und er konnte ihre Jäger beinahe schon atmen hören und- Plötzlich rannten sie beinahe in einen riesigen Mann hinein, der einen erschrockenen Ruf ausstieß.

Hinata stotterte eine Entschuldigung, aber Neji ließ nicht zu, dass sie stehen blieb, sondern zerrte seine Cousine weiter hinter sich her, auf die Subway-Station zu, deren Schild sich nicht weit weg von ihnen aus dem Menschengewirr erhob.

„Passt ein bisschen auf, wo ihr hinrennt, Kinder!“, rief der Gigant ihnen hinterher, doch er klang eher gutmütig als verärgert, zumindest so lange, bis er beinahe ein zweites Mal umgerannt wurde. „Was zum Teufel soll das, ihr Wichser!?“, brüllte er diesmal los.

„Lassen Sie uns durch!“, verlangte einer der Verfolger.

„Oh nein, so leicht kommt ihr…“, kam die Antwort und der Rest des Satzes ging in allgemeinem Lärm unter.

Anscheinend hatte der riesige Passant ein Herz für Kinder, aber keines für bewaffnete Sanitäter. Neji gestattete sich ein Grinsen und kurz darauf hatten sie die Treppe zur U-Bahn erreicht, während ihre Verfolger noch versuchten, sich an dem Riesen vorbeizudrängen.
 

~~♠~~
 

In der Bahnhofshalle war es laut und Menschen drängten sich aneinander vorbei. Überall standen kleine Grüppchen herum, die auf einen Zug warteten, Gepäckstücke bei sich, oder auch einzeln oder zu zweit. Sogar eine Schulklasse mit aufgeregten Elfjährigen stand neben dem Bäckerstand und trug zu dem allgemeinen Lärm bei. Stimmengewirr erfüllte die Luft, zusammen mit den Geräuschen der Züge, dazu drang aus einigen der die Halle säumenden Läden Musik und hin und wieder schallte eine Ansage über die Lautsprecher.

Neji und Hinata hatten sich hinter einer der hohen Säulen gestellt, wo sie kaum zu sehen waren und niemandem im Weg standen. „D…da i…ist noch einer.“, sagte Hinata leise und deutete vorsichtig hinüber zum Zeitungsstand.

Neji entdeckte ihn schnell, einen hochgewachsenen, schlanken Mann im dunklen Anzug mit einer verräterischen Beule am Hosenbein. Jetzt hatten sie schon sieben feindliche Agenten entdeckt. Es war beinahe wie ein Spiel, ein gefährliches, riskantes Spiel, bei dem sie nur eine Chance auf den Sieg hatten und eine Niederlage auf jeden Fall einen schlimmen Ausgang hatte.
 

Es war nicht schwer gewesen, den Bahnhof zu erreichen, da sie einfach nur eine entsprechende U-Bahn hatten nehmen müssen. Mit der Masse an Menschen, die sich aus den Wagons gedrängt hatten, hatten sie sich einfach in die Halle schwemmen lassen, ohne dass ihnen jemand Beachtung geschenkt hatte. Sich hinter der Säule zu verbergen, war ein leichtes gewesen, aber jetzt steckten sie fest.

Denn auch ihr Feind war nicht dumm. Da sie sie am Safehouse gesehen hatten, bedeutete, dass sie wussten, dass die Kinder sich hier befanden. Natürlich wollten Neji und Hinata nun so schnell wie möglich aus der Stadt verschwinden, was logisch war, weswegen sie erwartet hatten, hier und jetzt auf mehr oder weniger unauffällige Verfolger zu stoßen, verborgen in der Menge und lauernd.

Das Byakugan hatte ihnen zwar geholfen, aber… Unwillig verzog Neji das Gesicht. Bei so vielen Feinden konnten sie kaum wagen, sich ein Ticket zu besorgen, geschwiege denn in einen Zug zu steigen. Aber aus der Stadt verschwinden mussten sie. Wenn sie das Safehouse gefunden hatten, war es wahrscheinlich, dass der Rest ihrer Unterschlupfe in dieser Stadt ebenfalls kompromittiert war und sie es auch nicht riskieren konnten, bei Kontaktleuten unterzukommen.
 

Und sowieso, keiner von ihnen beiden wusste, wer in Frage kommen würde. Vermutlich war die Hälfte von ihnen schon übergelaufen, gelockt mit dem Versprechen auf schnelles Geld oder auch nur Überleben und Sicherheit. Nein, sie mussten von hier weg. Am besten an das andere Ende des Landes und von dort in eine weitere Ecke und dann…

Weg und unsichtbar bleiben.

Untertauchen.

Und hoffen, dass Hiashi oder Daisuke ihre Versprechen wahr machten und sie fanden oder ein anderer Hyuuga sie aufspürte. Allerdings glaubte Neji nicht mehr daran. Die Feinde hatten das Trainingslager gefunden, eines der am besten gehüteten Anwesen des Clans. Sie hatten das Safehouse entdeckt und gewusst, dass sie hier warten mussten. Sie waren gut organisiert und gut ausgebildet und zahlreich.

Dass sie den Fluchtweg, den die Kinder genommen hatten, nicht entdeckt hatten, lag vermutlich nur daran, dass dieser nur einer Hand voll Leute bekannt gewesen war. Haruko hatte Recht gehabt, als sie gesagt hatte, der Clan würde untergehen, auch wenn noch genug Mitglieder der Familie am Leben waren.
 

Neji fragte sich, ob sie überlebt hatte. Ob es Hiashi und Daisuke gut ging? Was war mit Hanabi? Hatte das Feuer sie schon erwischt, noch ehe ihre Schwester das Anwesen überhaupt verlassen hatte, oder hatte sie jemand in Sicherheit gebracht? Wer sonst hatte fliehen können?

War es überhaupt einer gewesen?

Neji wusste es nicht, aber er wusste eines: er musste vom Schlimmsten ausgehen, davon, dass er und Hinata jetzt alleine waren und niemand anderes mehr da war. Dass ihre gesamte Familie ausgelöscht worden war in einer einzigen Nacht.

Gleichzeitig jedoch musste er vor Hinata so tun, als wäre das Gegenteil der Fall, auch wenn das Mädchen es eigentlich besser wusste. Aber sie war noch so jung, noch nicht einmal zehn… Außerdem – bevor er sich um irgendetwas anderes kümmern konnte, mussten er sie aus dieser Stadt bringen, aus der Gefahrenzone und irgendwohin, wo sie sicher waren.

Halte dich und deine Cousine am Leben. Haruko hatte ihm diese Aufgabe anvertraut und er wollte sie stolz machen. Er wollte, dass sie ihm eines ihrer so seltenen Lächeln schenkte und vielleicht sogar ein Schulterklopfen. Sie war keine einfache zufriedenzustellende Frau und sie verlangte viel, doch nie etwas, das man nicht leisten konnte. Also konnte Neji diese Aufgabe schaffen.

Ihre Stimme klang noch in seinem Kopf nach. Ich verlasse mich auf dich.
 

Und selbst wenn sie bereits tot war. Er würde sie stolz machen. Entschlossen ließ Neji den Blick noch einmal durch die Halle gleiten, über die Menschen und all das Gepäck und die vielen Bänke, die hier standen und über die sieben feindlichen Agenten, die sie aus der Menge herausgepickt hatten. Er konnte sich nicht einmal sicher sein, dass das alle waren. Vermutlich nicht.

Ganz in der Nähe befand sich ein Stand, der Nippes feilbot, den nur ein Tourist brauchen konnte – Karten, Sonnenbrillen, Mützen, Andenken, Postkarten, Regenschirme und anderen Blödsinn. Die kleine Gruppe von Kartenautomaten befand sich ein ganzes Stück davon entfernt, direkt neben dem Bäckerstand.

Brauchten sie überhaupt Karten? Sie konnten sich einfach ohne Tickets auf den Zug schleichen. Aber wenn ein Schaffner kam? Sie durften auf keinen Fall auffallen, ansonsten würde jemand nach ihren Eltern fragen und wo sie hingingen und warum sie alleine unterwegs waren. Das würde dafür führen, dass die Polizei verständigt würde und dann würden sie erst recht auf dem Präsentierteller sitzen.

Also Fahrkarten. Das Geld war – noch – kein Problem, in ihrer Fluchttasche befand sich genug, dass sie einige Zeit überleben konnten. Alles, was er tun musste, war ungesehen zu einem Kartenautomaten zu kommen und dann wieder zurück. Vor den Automaten selbst standen genug Leute, dass er zwischen ihnen verschwinden konnte.
 

Sein Blick irrte wieder zurück zu dem Touristand und er traf eine Entscheidung. „Warte hier.“, befahl er Hinata, die nickte und sich zwischen ihre Gepäckstücke auf den Boden kauerte, die Säule im Rücken.

Neji schloss für einen Moment die Augen, um die Gedanken zu sammeln, und versuchte, sich an alles zu erinnern, was seine Trainer ihm über solche Situationen beigebracht hatten. Bloß nicht auffallen.

Dann machte er sich mit eiligen, aber nicht hastigen Schritten auf zum Automaten, den Kopf gesenkt, aber nicht zu sehr, und als er an dem Stand vorbeiging, nahm er ohne hinzusehen oder stehenzubleiben eine der Baseballcaps mit. Niemand bemerkte es und mit einer geübten Bewegung schob er seine Haare darunter, als er sie aufsetzte.

So getarnt schlüpfte er von einer Gruppe Passanten zur nächsten und nutzte die wartenden oder herumeilenden Menschen als Deckung. Trotzdem achtete er auf seine Umgebung und die bereits identifizierten Agenten. Er wünschte, er könnte das Byakugan aktivieren, doch in diesem Zustand war es verräterisch und seine blassen Augen waren schon auffallend genug. Er fragte sich, ob er sich und Hinata Sonnenbrillen besorgen sollte, aber das würde bei ihnen beinahe schon lächerlich aussehen.
 

Die Anspannung begleitete ihn bis zum Kartenautomaten und er erwartete jeden Moment, dass jemand einen lauten Ruf ausstieß und auf ihn hinwies oder sich eine große, schwere Hand sich auf seine Schulter legte und ihn unauffällig zur Seite bugsierte. Vielleicht ein Messer oder ein Pistolenlauf im Rücken…

Doch er schaffte es unbeschadet zu den Automaten und stellte sich in die Menge, die sie umgaben, darauf wartend, dass er an die Reihe kam. Die Leute um ihn herum beachteten ihn kaum und ihm war das nur recht so.

Stattdessen heftete er den Blick auf die Anzeigetafel, die über dem Eingang zu den Bahnsteigen hing. Wo sollten sie hin? So weit weg von hier wie möglich und so schnell wie möglich und am besten in einem Zug, der voll war. Er versuchte, aus den Gesprächen um ihn herum herauszuhören, wo diese Reisenden hinwollten, aber der Lärm, den die Schüler in der Nähe verursachten, war zu laut, als dass er viel verstehen konnte. Auch war es nicht leicht, durch auf-den-Bildschirm-des-Ticketautomaten-starren herauszufinden, wo die Ziele lagen.
 

Aber die meisten Leute gingen in völlig verschiedene Richtungen, was ihm nicht weiterhalf. Ein alter Mann, der ewig brauchte und dann doch kein Ticket löste, schien sich nur darüber informieren zu wollen, wie die Züge am nächsten Tag fuhren, während alle anderen um ihn herum genervt aufstöhnten.

Nejis Blick löste sich rasch von ihm und glitt über die Leute um ihn herum, die Geschäftsmänner in ihren feinen Anzügen, die beiden feindlichen Agenten, die er von seiner Position aus sehen konnte und nicht einmal in seine Richtung blinzelten, die Schulklasse mit den beiden genervten Lehrerinnen, eine Familie, die gehetzt in Richtung der Gleise rannte, drei kleine Kinder, die es für ein Spiel hielten, ständig vor ihren erschöpften Müttern davonzulaufen… Er hielt inne. Sein Blick irrte zurück. Eine Schulklasse. Und die Kinder waren auch nicht älter als er; zwischen ihnen würden weder Hinata noch er auffallen. Die Lösung lag auf der Hand.
 

Vorsichtig schob er sich durch die Menge der Wartenden um näher an die Klasse heranzukommen. Vielleicht schnappte er ihr Ziel auf oder die Zeit, in der sie fahren mussten, oder etwas anderes, das ihm half, herauszufinden, welchen Zug sie nahmen. Das war gar nicht so leicht, die Kinder interessierten sich nicht dafür, sondern plapperten über anderes Zeug. Die beiden Lehrerinnen wirkten völlig erschöpft und mussten ihre Schüler immer wieder ermahnen, da sie herumrannten, als hätten sie Hummeln in der Hose.

„Da schau.“, sagte die eine Lehrerin plötzlich etwas zu laut und deutete auf die Anzeigetafel. „Unser Zug hat zehn Minuten Verspätung. Auch das noch!“

Ihre Kollegin stöhnte genervt auf, aber für Neji war es genau das, was er gebraucht hatte. Er drehte sich zur Tafel um und fand rasch den Zug, von dem die Frau gesprochen hatte. Einen Moment später löste er die Tickets vor dem jungen Pärchen, das sowieso eher mit sich selbst beschäftigt war, und machte sich dann wieder auf den Weg zu Hinata zurück, wobei er einen zweiten Hut mitgehen ließ.

Das Problem würde sein, Hinata und ihr Gepäck ungesehen zur Klasse hinüberzubringen.
 

„Okay.“, sagte er, als er seine Cousine wieder erreichte, die ein erschrockenes Quietschen von sich gab und ihn mit geweiteten Augen anstarrte, ehe sie ihn erkannte. Hastig rappelte sie sich auf.

„Wir gehen auf den gleichen Zug wie die Schüler da drüben. So können wir uns zwischen ihnen verstecken.“ Neji hob die drei Tickets, die er besorgt hatte – eines für sich, eines für Hinata und eines für die imaginäre Mutter, mit der sie ihre Tante besuchten. Sollte ein Schaffner nach ihr fragen, würden sie ihm einfach erzählen, sie wäre gerade auf der Toilette.

Hinata nickte ob des Plans und runzelte die Stirn. „Wi…wie kommen wir da rüber?“

Neji reichte ihr das zweite Basecap und half ihr, es aufzusetzen, so dass ihr Gesicht auf den ersten Blick verborgen war. „Wir machen es so wie ich gerade, von einer Menschentraube zur nächsten.“

Hinata spähte um die Säule herum und nickte dann. Ihre Unterlippe zitterte, aber sie ließ sich ansonsten nicht anmerken, wie viel Angst sie hatte.
 

„Wir müssen unsere Feinde im Blick haben. Hier, nimm wieder den Rucksack.“ Er reichte ihr das Gepäckstück, aus dem oben der rotweiße Kopf des Plüschfuchses herausschaute, und nahm selbst die schwerere Tasche auf. „Tu einfach so, als wäre niemand von ihnen da und halte den Kopf gesenkt.“, befahl Neji ihr und nahm dann wieder ihre Hand. Das schien sie zu beruhigen.

Diesmal ging er in die andere Richtung und steuerte eine Gruppe chinesischer Touristen an, zwischen denen sie sich verstecken konnte. Eine ältere Dame lächelte sie an, als sie sich zwischen den Leuten durchdrängten, und der dunkel gekleidete Agent in der Nähe starrte in eine andere Richtung, als hätte er dort jemanden gesehen. Die Gelegenheit nutzend beschleunigte Neji sein Tempo und rannte mit seiner Cousine im Schlepptau zu den Bänken hinüber, wo sie sich neben eine streitende Großfamilie stellten. Niemand beachtete sie.

„Da schau.“, sagte Hinata leise und deutete vorsichtig zu einem anderen Feind hinüber, der sich aufmerksam in der Halle umsah, eine zusammengefaltete Zeitung unter den Arm geklemmt. Er schaute direkt zu ihnen herüber, auch wenn er sie noch nicht bemerkt zu haben schien… Wenn Neji raten müsste, würde er vermuten, dass sich in der Zeitung eine Pistole befand. Aber auch diese Typen wären nicht so dumm, in einer vollen Bahnhofshalle herumzuballern.

Oder?
 

Neji wandte sich wieder ab, Starren lenkte Aufmerksamkeit auf sich. Und außerdem machten die Schüler sich auf, zum Gleis hinüberzugehen. „Wir müssen uns beeilen.“, murmelte er und Hinata nickte heftig, dass ihre langen Haare flogen.

Aber der Mann blickte immer noch in ihre Richtung und- Eine Gruppe Teenager schob sich zwischen sie und Neji zerrte Hinata hinter sich her, die dadurch beinahe über ihre eigenen Füße gefallen wäre. Sie nutzten die Teenies als Deckung, aber als er einen gehetzten Blick zu der Schulklasse warf, bemerkte er, dass sie sich schon beinahe in Bewegung gesetzt hatte. Eine der Lehrerinnen winkte die Klasse hinter sich her, während die zweite einige Nachzügler zusammentrieb.

Sollten Neji und Hinata einen Sprint riskieren? Aber das würde definitiv Aufmerksamkeit erregen und… „Hey man, du bist so ein Waschlappen!“, rief einer der Jungs neben ihnen plötzlich und tanzte, einen Arm in die Höhe gereckt, davon.

„Gib das wieder her!“, brüllte ein zweiter und Hinata quiekte erschrocken auf, aber außer Neji bemerkte das niemand. Der erste Junge lachte nur und jetzt stürzte auch der andere nach vorne, in der Hoffnung sich wieder zurückzuholen, was ihm gestohlen worden war, und Neji beschloss, die Gelegenheit zu nutzen.

Das Glück schien auf ihrer Seite zu sein – hoffentlich hielt es, bis sie im Zug saßen oder gar, alles hinter sich gelassen hatten.
 

Hinata hatte einen ähnlichen Gedanken gehabt, denn sie liefen beide zur gleichen Zeit los, nutzten die beiden Streithähne als Deckung, die eh alle Aufmerksamkeit auf sich zogen, und duckten sich hinter dem Bäckerstand entlang. Die Schüler waren schon einige Meter entfernt, aber gleich hatten sie zu ihnen aufgeschlosse-

Nejis Blick fiel auf eine hochgewachsene, schlanke Frau, die mit gerunzelter Stirn auf den kleinen Aufruhr starrte, den die Teenager verursachten. Sie trug ein elegantes Kostüm und eine Aktentasche und unter ihrem Blazer gab es eine verdächtige Wölbung und vorhin hatten sie sie nicht gesehen. War sie auch eine Agentin?

„Wa…was ist?“, stotterte Hinata, weil er so plötzlich stehen blieb und die Frau wandte den Kopf und Neji riss seine Cousine hinter eine andere Säule. Mit klopfendem Herzen schlich er um den dicken Steinpfeiler herum und spähte auf der anderen Seite hervor. Die Frau hatte noch immer diesen konzentrierten Blick und ging nun einige Schritte auf hochhackigen Schuhen in die Richtung des Bäckers.

Sie bewegte sich wie ein Raubtier und Neji hatte nun keinen Zweifel mehr, dass sie auch zu den Feinden gehörte. Aber sie hatte sie noch nicht bemerkt und jetzt … bot sie ihnen eine Öffnung, weil sie sich von ihrem Platz entfernte.

„Komm, schnell jetzt.“, flüsterte er Hinata zu, die atemlos nickte und gemeinsam rannten sie los, hinter der Frau durch, unter den Armen eines Paares durch und hinter den Schülern her. Diese bemerkten sie gar nicht, zu sehr waren sie mit sich selbst beschäftigt. Und sowieso waren sie nicht die einzigen, die gerade jetzt zu den Bahnsteigen wollten. Schließlich hatten sie die Bahnhofshalle verlassen und strebten den Gleisen zu und dann sahen sie auch schon ihren Zug einfahren.
 

~~♠~~
 

Vorsichtig stellte Neji die kleine Box auf einer umgedrehten Kiste ab und schob sich an weiteren Behältern vorbei. Die Kisten um ihn herum waren von völlig unterschiedlichen Größen, wobei die kleineste etwa so groß ist wie eine Obstkiste, und stapelten sich mannshoch rechts und links. Schmale Gänge zogen Wege durch das Lager wie ein Labyrinth und einige Regale etwas weiter entfernt beinhalteten noch mehr, allerdings kleinere Boxen.

„Hinata?“, rief er leise. Sie hatten in der Lagerhalle Unterschlupf gesucht und wollten einige Tage abwarten, bis sich der Stand der Dinge etwas zu ihren Gunsten verändert hatte, ehe sie noch einmal die Stadt wechselten.

Für den Moment waren sie hier allerdings sicher genug. Nur tagsüber mussten sie ein wenig aufpassen, damit die Arbeiter sie nicht fanden, doch es gab immer genügen Orte, an denen sie sich verstecken konnten.
 

Hinata hockte auf einer der Decken, die sie gefunden hatten, und hatte eine weitere um sich gewickelt, so dass kaum mehr als ihr Kopf herausschaute. In der Hand hielt sie eine Taschenlampe und ließ den Lichtkegel über die Holzwände um sie herum wandern. Aus der Öffnung, die die Decke freigab, schaute auch der Kopf des Plüschfuchses, den Hinata im Arm hielt. Als sie ihn kommen hörte, flitzte der Lichtkegel auf ihn zu und er musste die Augen vor der Helligkeit verschließen.

„Ent…Entschuldigung.“, stammelte sie und nahm die Taschenlampe wieder herunter, so dass sie den Boden anleuchtete.

Neji runzelte die Stirn und stellte die Tüte mit dem Essbaren neben ihrem Gepäck ab. „Was ist?“, wollte er wissen und setzte sich neben sie auf die Decken.

Das Mädchen schüttelte den Kopf und antwortete: „Nichts.“ Doch ihre Stimme zitterte und strafte der Worte Lügen. Er wusste, dass sie ihn angelogen hatte. Er wusste allerdings nicht, wie er sie darauf hinweisen sollte. Oder ob er das überhaupt wollte.

Also saßen sie nur einen Augenblick schweigend nebeneinander und er wollte gerade aufstehen, damit sie etwas essen konnte, als sie herausplatzte: „Vater ist tot, oder?“ Sie schluckte vernehmlich und fügte dann hinzu: „Und Großmutter auch und Daisuke und Ha…Hanabi alle anderen. Sie sind alle tot!“
 

Den letzten Satz jaulte sie regelrecht in die Halle und Neji war froh, dass sie die einzigen Anwesenden waren. Auf der anderen Seite – wenn jetzt nur jemand hier wäre, der mehr mit heulenden, verzweifelten Cousinen anfangen konnte als er. Wie sollte er damit zurecht kommen? Niemand hatte ihm das je gesagt. All sein Training half hier nichts.

Vielleicht sollte er einfach gehen und warten, bis sie sich wieder beruhigt hatte. Es war nicht so, als ob sie die einzige in dieser Situation wäre, er saß immerhin im gleichen Boot wie sie. Ich verlasse mich auf dich. Harukos Stimme hallte in seinem Kopf nach und er wusste, dass er Hinata nicht einfach hier sitzen und ihrem Schmerz überlassen konnte.

Also legte er einen Arm um ihre Schulter und zog sie an sich. „Das glaube ich nicht.“, antwortete Neji. „Wir wissen gar nicht, was passiert ist. Wir wissen nur, dass wir sie nicht am Treffpunkt treffen konnten, weil die Bösen schon da waren.“

Hinata schluchzte und weinte immer noch, also hatte seine kleine Ansprache nicht geholfen. „Komm schon. Niemand kriegt Hiashi-sama so leicht klein.“

„A…aber… Aber es waren so viele!“, jammerte Hinata.

„Na und? Wir sind auch viele. Und Großmutter war bei ihm. Niemand schlägt Großmutter!“
 

Hinata schluchzte, aber ihr Weinen war leiser geworden und sie zog heftig die Nase hoch. Hatten sie Taschentücher da? Sie sah ihn von unten her an und ihr Gesicht stand zwischen Schmerz und Hoffnung und was sie jetzt wollte war, …

Ja, was wollte sie?

Nichts anderes als Neji auch.

Sie wollte nach Hause. Sie wollte, dass das alles nicht geschehen war. Sie wollte ihren Vater und ihre Schwester und den Rest ihrer Familie.

Aber sie wussten beide, dass sie das nicht haben konnte, also musste er ihr das nächstbeste sagen. Vielleicht konnte er seine Worte selber glauben, wenn er sie nur oft genug wiederholte.

„Hinata…“, begann er fest und suchte fieberhaft nach den richtigen Worten. Um die Pause zu überbrücken, griff er nach ihren Händen, in denen sie noch immer die Taschenlampe hielt. „Dein Vater ist nicht tot. Unsere Großmutter ist nicht tot.“ Über Daisuke sagte er nichts – bei Hiashi und Haruko konnte er selbst in einer solch katastrophalen Situation an ein Überleben glauben, aber Daisuke war nicht wie sie. Hanabi erwähnte er ebenfalls nicht.

„Wir müssen nur warten, dann finden sie uns schon. Bis dahin müssen wir weitermachen. Weiterleben. Wie wir es versprochen haben.“ Er zumindest hatte das getan und er hatte geschworen, auch seine Cousine am Leben zu halten und er würde eher durch die Hölle gehen, als dieses Versprechen zu brechen.

„Unser altes Leben mag vielleicht vorbei sein, aber wir sind noch da. Wir haben es auch da raus geschafft und aus der Stadt und sie haben uns am Bahnhof noch nicht einmal bemerkt. Wir sind besser als sie. Und jetzt, da sie noch nicht einmal wissen, wo wir sind, werden sie uns nie einholen. Also werden wir warten, bis uns Hiashi-sama oder Großmutter oder jemand anderes findet. Wir werden leben. Und wir werden zurückkehren. Wir werden herausfinden, wer die sind und dann werden wir dafür sorgen, dass sie uns nie wieder etwas tun können.“

Er dachte an den Abschied zurück, vor dem Bunker, und was Haruko zu ihm gesagt hatte, einen Schwur, den er wieder und wieder erneuerte, wann immer er selbst Zweifel bekam. Aber er dachte auch daran, was sie seiner Cousine gesagt hatte.

„Denkst du auch manchmal daran, was Großmutter dir gesagt hat?“, fragte er sie und Hinata schüttelte den Kopf und zuckte gleichzeitig mit den Schultern, was ein Ja bedeuten konnte. Er würde davon ausgehen. „Du bist eine Hyuuga, also trage den Kopf hoch und stelle dich der Herausforderung mit Stolz und Stärke! Und danach wollen wir leben. In Ordnung?“

Hinatas Gesicht hatte, während er sprach, seinen Ausdruck verändert und er hatte es sehen können, wie ihr Mut zurückkehrte. Die Verzweiflung war daraus verschwunden und der Schmerz schwächer geworden. Die Hoffnung dagegen strahlte nun auch aus ihren Augen.

Nun, zumindest sie glaubte ihm.

Jetzt musste er es nur noch selbst tun.

„Und dann finden wir Vater und Großmutter wieder, ja?“, fragte sie aufgeregt. „Und Hanabi?“

Neji schenkte ihr ein wackeliges Lächeln und nickte, wagte aber nicht, etwas zu sagen. Er wollte nicht lügen. Trotzdem schien sie wieder besserer Dinge zu sein und ihm fiel wieder ein, warum er heute unbedingt nach draußen hatte gehen wollen, obwohl sie es noch einen Tag ohne weitere Verpflegung geschafft hätten. Diesmal schenkte er ihr ein ehrliches Lächeln. „Ich hab noch eine Überraschung für dich.“

„Für mich?“, wollte sie mit gerunzelter Stirn wissen. „Aber warum denn?“ Sie schien es tatsächlich vergessen zu haben.

Er rappelte sich auf und ging zu der Kiste zurück, wo er die kleine Box abgestellt hatte, und kehrte mit dieser zurück. Es war ein kleiner, weißer Kartonbehälter mit einer pinken Schleife drum herum. Vorsichtig trug er den Schatz zu ihr hinüber und setzte sich ihr gegenüber auf den Boden, ehe er ihr die kleine Kiste reichte. „Alles Gute zum Geburtstag.“

Hinata starrte ihn mit offenem Mund an. Dann füllten sich ihre Augen erneut mit Tränen.

„Hi…Hinata… Lass das sein.“ Er tätschelte ihr beruhigend den Kopf. Hatte er nicht gerade genau das verhindert? „Hier, mach auf. Ich habe Hunger und du musst erst auspacken.“

Zögernd nahm sie das Geschenk entgegen und löste die Schleife, um den Decke herunterzuziehen. Das Lächeln, das sich über ihr Gesicht ausbreitete, war strahlend und für einen Moment schien sie ihre missliche Lage vergessen zu haben.

Der Karton war im Inneren in vier Fächer aufgeteilt worden. In drei davon lagen drei kleine Törtchen, schön verziert mit bunten Toppings und Zuckerstreuseln. Im vierten saß ein winziger Fuchs aus rotem Plüsch, nicht größer als die Cupcakes. Vorsichtig nahm sie das Tierchen heraus und sah es an. Dann blickte sie auf. „Danke, Neji.“, flüsterte sie und drückte den kleinen Stofffuchs an sich.
 

Ich verlasse mich auf dich.
 


 

~~♠~~~♤~~~♠~~
 


 

Zwei Jahre später
 

Das weiße Tischtuch hing bis ganz auf den Boden, ließ aber durch seine Farbe genug Licht durch, dass er Hinatas helle Augen sehen konnte. In der Hand hielt Neji den kleinen Revolver, den er damals mit aus dem Trainingskomplex mitgenommen hatte. Hinata kniete neben ihm, den Kopf lauschend schief gelegt.

Weder sie noch Neji hatten das Byakugan aktiviert, im Moment verließen sie sich nur auf ihre Ohren. Sollte man sie finden, mit der Fähigkeit in Nutzung, würde man sofort wissen, wer sie waren. Und das war schlecht. Bis jetzt hatten sie nur überlebt, weil niemand wusste, dass sie Hyuuga waren.

Stattdessen verließen sie sich auf ihre anderen Fähigkeiten, die, die sie von ihrer Familie mit auf den Weg bekommen hatten, und die, die sie sich während der letzten beiden Jahre auf der Straße angeeignet hatten. Sie würden hier schon herauskommen, ohne dass ihnen ein Drogenbaron die Kehlen aufgeschlitzt hatte.

Hätte einer von ihnen geahnt, dass sie über den Schauplatz eines Mordes stolpern würden, hätten sie nicht diese Abkürzung genommen. Aber jetzt war es schon zu spät und sowieso war alles schief gegangen, seit sie in dieses Gebäude geflüchtet waren. Nicht nur, dass mindestens ein Dutzend Männer hinter ihnen her waren, die sie tot sehen wollten, nein, dann war am anderen Ende des Gebäudes eine Schießerei ausgebrochen. Wer wusste schon, wer sich da mit dieser Drogengang angelegt hatte?

Neji und Hinata hatten beschlossen, sich erstmal zu verstecken und die Sache abzuwarten. Inzwischen war es wieder still, nur noch vereinzelt fielen Schüsse und das meiste war weit entfernt. In diesen Part des Gebäudes war noch niemand gekommen.

Als die Tür klappte, zuckte Hinata heftig zusammen und Neji legte ihr eine Hand auf den Arm, um sie zur Ruhe zu mahnen. Leise Schritte wanderten durch den Raum und sie konnten durch das Tischtuch eine Silhouette sehen, die zu den Fenstern hinüber ging. Kurz darauf machte die Gestalt wieder kehrt und lief auf ihren Tisch zu.

Hin und wieder blieb die Person stehen, aber Neji konnte nicht erkennen, was sie tat. Als sie direkt neben ihnen stoppte, hielten auch die beiden Kinder den Atem an. Gleich würde die Person weitergehen, sie in Ruhe lassen, so dass sie das ganze aussitzen und in ihren Unterschlupf zurückkehren konnte und-

Das Tischtuch wurde hochgehoben und sie blickten direkt in das Gesicht einer schlanken Frau, die sich zu ihnen hinunterbeugte. Sie trug einen schwarzen Kampfanzug, eine Glock und ein Kampfmesser an den Beinen sowie eine Shotgun in der Hand, allerdings am Lauf, so dass sie keine Chance hatte, die Waffe zu nutzen, wenn es zu einem Kampf kommen würde. Ein langer, roter Zopf fiel ihr über die Schulter bis auf den Boden.

Ihr hübsches Gesicht war offen und freundlich, die vollen Lippen zu einem Lächeln hochgezogen. „Hallo.“, sagte sie und ihr Gesichtsausdruck blieb liebenswürdig, unbeeindruckt von dem Lauf des Revolvers, der auf ihr Gesicht gerichtet war. „Ich glaube, wir stehen auf derselben Seite. Ich bin Kushina. Und wer seid ihr?“

The Great Hunter

.

He takes on the world all in a stride

And your wounds will be his scars
 

Die Sterne funkelten kalt am schwarzen Himmel, fern und unnahbar. Dazwischen hing der Sichelmond wie eine scharfe Klinge. Das silberne Licht brachte den Schnee zum Glitzern, was aus der Finsternis der Nacht ein mattes Dämmerlicht machte und die Schatten blau verfärbte. Es reichte nicht jedoch dafür, die Bäume, Felsen und Büsche um sie herum deutlicher zu machen als zu dunklen Silhouetten.

TenTen kauerte im Schnee, der durch ihre Hose sickerte, das Nachtsichtfernglas vor die Augen gepresst, und spähte zu dem kleinen Haus am See hinüber. Es war alles still und beinahe dunkel, nur in einem Fenster war Licht und das unstete Flackern ließ vermuten, dass es sich dabei um eine Kerze handelte.

Trotzdem hieß das nicht, dass der Bewohner schlief und selbst wenn – auch das hatte nicht viel zu bedeuten. Sie musste vorsichtig sein. Allein der Weg zu der Hütte würde vermint und von Fallen gespickt sein, wenn sie ihre Beute richtig kannte.

Langsam setzte sie das Fernglas ab und starrte mit ausdruckslosem Gesicht in das Tal hinab. Unberührter Schnee bedeckte den Boden. Bäume zeichneten kahle und dunkle Silhouetten in den hellen Hintergrund, wie Scherenschnitte. Eine kleine Herde Rehe wanderte am Ufer entlang und in der Ferne war der Ruf eines Waldkauzes zu hören.

Die Berge und die Sterne spiegelten sich auf der glatten Oberfläche des Sees, der so ruhig war wie Glas. Sie folgte den Bildern und sah nach oben in die weite, endlose Fläche des sternenbedeckten Firmaments, ein Anblick, der ihr schon immer den Atem geraubt hatte und der sie stets mit einem bittersüßen Schmerz erfüllte und den Erinnerungen an ihren Vater.

Der Himmel war wolkenlos und klar und von hier wirkte alles so nah, auch wenn sie ihn niemals berühren konnte, ihn oder die tausenden Sterne, die auf ihm verteilt waren wie Diamanten auf einem jettschwarzen Tuch. Sie seufzte leise und ihr Blick irrte für einen Moment über die kleinen funkelnden Lichter, bis er auf dem vertrauten Sternbild hängen blieb, das ihr in den letzten Jahren immer wieder die Kraft gegeben hatte, weiterzumachen, wieder aufzustehen und niemals aufzugeben.

Orion, der Jäger.

Und da waren auch seine treuen Hunde, die Konstellationen Canis Major und Canis Minor mit Sirius und Prokyon.

Ihr Vater war es gewesen, der ihr alles über die Sterne und die Geschichten hinter ihren Namen erzählt hatte, allen voran Orion. Letztendlich war er es gewesen, der sie hierher geführt hatte, der sie geleitet und gestärkt hatte, und dem sie die innere Kraft zu verdanken hatte, der ihr immer und immer wieder Mut und Energie gegeben hatte. Selbst in den Situationen, in denen sie am Ende war, so fertig, dass sie beinahe unter all der Last zusammengebrochen war.

Der sie immer wieder einen Weg finden ließ. Sie zog den Anhänger unter ihrer Jacke hervor, der ihr Vater ihr geschenkt hatte, ein silberner Kreis mit einer Nachbildung des Sternbildes Orion aus winzigen Diamanten darauf, und küsste ihn; ein letztes Gebet oder vielleicht war es eine Bitte. Sie schloss die Faust so fest darum, dass sie die Kanten selbst durch ihre Handschuhe fühlen konnte, und starrte wieder auf das so vertraute Sternbild.

Die Jagd neigte sich ihrem Ende zu.

Sie fragte sich, ob ihr Vater stolz auf sie wäre. Von Rache hatte er nie viel gehalten.
 

~~*~~☆~~*~~
 

„Da, siehst du? Dieser leuchtende Stern dort ist Sirius. Er ist ein Teil von Canis Major, dem Großen Hund, dort, siehst du ihn?“ Die Finger ihres Vaters fuhren die Linien nach, die das Sternbild formten, und TenTen reckte den Kopf um zu sehen, welche er meinte.

Theron hatte große Hände, wahre Pranken, gewaltig und kräftig, die Eisenstangen biegen konnten, die so dick waren wie TenTens Finger. Aber sie waren auch sanft und sicher und TenTen fühlte sich immer geschützt, wenn er ihre Hand in seiner hielt. Nichts würde das je ändern können.

Der Boden war hart unter ihrem Rücken, trotz der dicken Decken, die sie mitgebracht hatten, und ein Stein pikste sie in die Rippen, aber ihr Kopf lag auf seiner Schulter, so dass sie besser sehen konnte. Es war so kalt, dass ihr Atem in weißen Wölkchen vor ihrem Gesicht stand, und ihre in warme Handschuhe gekleideten Finger steif und taub waren.

„Dort ist der Kleine Hund, Canis Minor mit Prokyon.“ Er deutete direkt auf den letztgenannten Stern, ein hell leuchtender Punkt inmitten von anderen, schwächeren Punkten. „Sie begleiten stets ihren Herrn. Denn dort…“ Sein ausgestreckter Zeigefinger wanderte zur Seite weiter. „… ist Orion selbst.“ Seine Stimme trug einen seltsam andächtigen Tonfall. „Siehst du die drei Sterne in einer Reihe? Das ist Orions Gürtel, Mintaka, Alnilam und Alnitak. Dank ihnen ist er eines der bekanntesten und am leichtesten zu erkennenden Bilder am Himmel.“

TenTen starrte nach oben, ergriffen von der weiten, unantastbaren Schönheit, die der Winterhimmel ihr bot. Der Anblick ließ sie die Kälte vergessen und den ungemütlichen Stein und nur ihres Vaters ruhige, tiefe Stimme hielt sie am Boden und in der Wirklichkeit fest, wenn ihre Phantasie drohte, sie davonzutragen.

Sie prägte sich den Anblick gut ein, damit sie die Bilder morgen auch noch finden würde und am Tag danach und in einem Jahr und für ihr ganzes Leben lang: die beiden Hunde und ihren Herrn mit seinem prächtigen Gürtel. Sie wollte niemals eine der Konstellationen vergessen, die ihr Vater ihr zeigte.

„Wärest du ein Junge geworden, würdest du Orion heißen.“, durchschnitt Therons Stimme die Stille und sie konnte an seinem Tonfall hören, dass er jenes schiefe Grinsen trug, das ihre Mutter so geliebt hatte.

Sie wandte den Kopf, um zu ihm hochzusehen, aber mehr als sein Kinn und die Linie seines Unterkiefers konnte sie nicht erkennen. „Warum?“, fragte sie schließlich und wandte sich wieder den Sternen zu.

Dies war nicht die erste Nacht, die sie auf diese Weise verbrachten und inzwischen wusste sie, dass sie hinter jedem der Sternbilder eine Geschichte erwarten konnte, eine kleine Erzählung, die erklärte, woher der Name kaum und in welcher Beziehung es zu den anderen Konstellationen stand.

„Orion ist der Große Jäger.“, erklärte Theron mit ebenmäßiger, angenehmer Stimme, die wie gemacht schien zum Erzählen. „Er war der Sohn von Poseidon und Euryale und sein Talent als Jäger war weithin gerühmt und bekannt. Es war sogar so groß, dass sogar Artemis auf ihn aufmerksam wurde, die Göttin der Jagd, und wie wir alle wissen, mochte sie Männer nicht sonderlich. Aber die beiden wurden Freunde und gingen oft gemeinsam zur Hatz. Seine Jagdhunde Sirius und Prokyon begleiteten ihn stets, auch in den Himmel hinauf.“ TenTens Blick wanderte kurz zurück zu Canis Minor und Canis Major, ehe er sich wieder auf den Jäger selbst heftete.

Für einen Moment war Theron still und starrte nachdenklich in den Himmel hinauf, bis seine Tochter unruhig wurde. „Wie ging es weiter?“, wollte sie wissen.

„Apollo, ihr Zwillingsbruder, jedoch wurde eifersüchtig und ihm gefiel es nicht, dass seine Schwester so viel Zeit mit diesem sterblichen Mann verbrachte. Also forderte er sie zu einer Wette heraus. Siehst du diesen kleinen Punkt dort draußen im Meer?, sagte er und deutete darauf. Ich wette mit dir, du triffst ihn nicht mit deinen Pfeilen. Artemis jedoch lachte nur darüber – natürlich konnte sie das! Und sie bewies es auch sofort, indem sie Pfeil und Bogen zückte und ihr Ziel abschoss. Natürlich traf sie es.“

Wieder verfiel Theron einen Moment in Schweigen, aber er fuhr fort, ehe TenTen nachfragen musste. „Doch der Punkt am Horizont war nichts anderes gewesen als Orions Kopf und so tötete sie ihren geschätzten Freund. Artemis, außer sich vor Trauer, versetzte ihn daraufhin als Sternbild in den Himmel, wo er auf immerdar seiner Lieblingsbeschäftigung, der Jagd, nachgehen konnte, die treuen Hunde an der Seite.“

TenTen sinnierte einen Moment darüber nach. „Das gefiel ihm bestimmt.“, erklärte sie dann. „Sie hat ihn bestimmt oft besucht und dann konnten sie wieder gemeinsam auf die Jagd gehen.“

Theron lachte, ging aber nicht auf den ungewöhnlichen Standpunkt ein. „Man sagt, dass darum sein Kopfstern nicht so hell ist wie die beiden Schultersterne, Beteigeuze und Bellatrix.“

„Weil einen Schuss in die Schulter hätte er überlebt.“

„Genau. Und du bist ja meine kleine Jägerin.“, brachte er das Thema auf die ursprüngliche Frage zurück. „Das wusste ich schon, bevor du geboren wurdest, dass du dieses Talent mit Orion teilst.“

„Hm-hm.“, stimmte sie zu, ein Lächeln auf dem Gesicht.

„Deiner Mutter gefiel der Name übrigens nicht, ihr gefiel Kiyoshi besser. Also haben wir einen Deal gemacht: wenn du ein Junge bist, darf ich dir den Vornamen geben und sie dir den zweiten, wenn du ein Mädchen bist, dann umgekehrt.“

„Und Mama hat gewonnen.“

Theron lachte wieder, ein beruhigendes Geräusch, das als ein Rumpeln in seiner Brust begann, so dass sie es spürte, ehe sie es hörte. „Ich würde es nicht als ‚gewinnen‘ bezeichnen. Wir waren beide die großen Gewinner, immerhin haben wir dich bekommen. Aber ja, wenn du es so nennen willst. Darum hast du den ungewöhnlichsten Namen von allen.“

Sie setzte sich auf und strahlte ihn an. Schon öfter hatten Erwachsene sie – meist in missbilligendem oder gar entsetzten Tonfall – gefragt, was um alles in der Welt ihre Eltern geritten hatte, sie TenTen Atalante zu nennen, und jetzt wusste sie die Antwort. Was sie allerdings nicht davon abhalten würde, diese dreiste Frage jedes Mal mit einer heftigen Antwort abzuschmettern.

Sie war stolz auf ihren Namen. Warum auch nicht? Der doppelte Himmel und die Jägerin, die schneller rannte als jeder andere. Niemand würde sie je von etwas anderem überzeugen können.

„Und Atalante war auch eine große Jägerin, die nur besiegt wurde, weil ihr Gegner einen gemeinen Trick anwandte!“, erklärte sie laut, obwohl ihr Vater diese Geschichte natürlich kannte – immerhin hatte er sie ihr schon tausendmal erzählt.

„Genau!“, stimmte Theron zu und setzte sich ebenfalls auf. Dann wurde sein Gesicht plötzlich ernst. „Ich habe etwas für dich.“, meinte er und zog ein dunkles Säckchen aus der Jackentasche hervor. „Damit du immer etwas hast, um dich daran zu erinnern, was du bist und das es niemanden gibt, der darin besser ist als du.“

Damit schaltete er die Taschenlampe ein, die sie dabei hatten, um ihr genug Licht zu geben, das Geschenk richtig zu sehen. Sie nahm den kleinen Beutel entgegen, löste die Kordel und kippte den Inhalt vorsichtig in ihre Hand. Es war eine silberne Kette mit einem Anhänger so groß wie eine Ein-Dollar-Münze. Acht Diamanten, kleiner noch als Stecknadelköpfe, waren darin eingelassen und funkelten im Schein der Taschenlampe wie die echten Sterne am Himmel.

„Das ist Orion!“, bemerkte sie, sofort, das Abbild der Sterne noch vor Augen, und fuhr vorsichtig mit dem Finger darüber.

„Das stimmt.“, antwortete ihr Vater und sein Gesicht war zu einem breiten Lächeln verzogen. Er fuhr ihr zärtlich durch das lose Haar. „Du bist im Moment noch meine kleine Jägerin. Aber eines Tages wirst du noch das gefährlichste Wild zur Strecke bringen, das all seine anderen Verfolger selbst gerissen hat. Pass nur auf!“
 

~~*~~★~~*~~
 

Ihr Vater war ihr Ein und Alles, die einzige Person, die ihr in dieser Welt etwas bedeutete, und als er verschwunden war, war für sie die Welt zusammengebrochen. An das Jahr danach konnte sie sich kaum mehr erinnern, wohl aber an den Tag, an dem man ihn für tot erklärt hatte, und an ihren Entschluss, ihn zu finden und seinen Mörder zur Strecke zu bringen. Diesen Menschen, er ihr so brutal den Boden unter den Füßen weggerissen hatte.

Für den Tod ihres Vaters. Für das Mädchen, dessen Herz er gebrochen hatte. Für all das Leid, dass er verursacht hatte.
 

Als sie Jahre später Therons Leiche fand – oder das, was davon übrig geblieben war – als sie ihn beerdigte und an seinem Grab stand, wurde dieser Entschluss zu einer eisenharten Gewissheit und die Vergeltung das einzige Ziel, eine unumstößliche Tatsache.
 

~~*~~☆~~*~~
 

Von Rache hatte ihr Vater nie viel gehalten.

Theron war selbst ein Killer gewesen, hatte selbst Gefährten und Freunde verloren und hatte im Auftrag seiner Regierung gemordet. Noch heute war er eine Legende unter jenen, die auf der Schattenseite der Welt wanderten, und sie nannten ihn noch immer ehrfürchtig Ghost, den Geist, jenen Namen, den er sich verdient hatte, noch ehe TenTen geboren worden war.

Trotz allem war er für TenTen immer der Beschützer gewesen, der Helfer und der Unterstützer. Der Mentor. Der, der verzieh, auch wenn es ihm zum Nachteil gereichte. Rache, hatte er immer gesagt, bringt nichts als nur noch mehr Hass und Unglück, eine Lektion, die er selbst durch harte Erfahrung gelernt hatte.

Aber hier ging es um Gerechtigkeit.

Neji hatte ihr das gezeigt und ihr gleichzeitig den Pfad gewiesen, wie sie dies schaffen konnte. Wie sie auf diese Weise ihr eigenes Messer in das Herz dieses Monsters stieß, das ihr den Vater genommen hatte, und es noch einmal herumdrehe, ohne ihr Finger wirklich schmutzig zu machen und sie nicht mit Blut zu beflecken.

Mit ruhigen, sicheren Bewegungen verstaute sie das Fernglas in ihrem Rucksack und schwang diesen auf den Rücken, ehe sie ihr Gewehr vom Boden aufsammelte. Mit einem letzten Blick auf den Großen Jäger am Himmelszelt machte sie sich entschlossen an den schweren Abstieg, bei dem sie keinerlei Aufmerksamkeit auf sich ziehen durfte.

Denn dort unten wartete eine Beute auf sie und es war die gefährlichste von allen. TenTen hatte die Aufgabe, sie lebendig zu fangen, so schwer diese auch war, denn diese Beute war selbst ein Raubtier.

Eines, das mit Verstand und Kalkül handelte, aus Lust und für die pure Freude am Morden, wie ein tollwütiges Tier, das man erschoss, wenn man es fand, nur mit der berechnenden Intelligenz eines Genies. Jemand musste es zur Strecke bringen und den Behörden übergeben, aber bis jetzt waren alle gescheitert und eine Spur von Leichen folgte ihm. Es war sein Pech, dass sich seine Wege mit TenTens gekreuzt hatten, auch wenn es sie Jahre gekostet hatte, bis sie hier stand.

Aber für jedes Raubtier gab es einen Jäger, der es erlegen konnte.
 

And all the while his stars and moon shine brightly
 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Irgendwie scheint Kushina hier immer in Situationen zu geraten, in denen sie den Lauf einer Waffe im Gesicht hat. XD

Ich hatte keinen Testleser für diese Story, bin aber ganz zufrieden mit ihr. (Nur nicht so mit der Bahnhof-Szene, die hat mich ewig Zeit gekostet und ist nicht so wirklich toll. :/)

Ich hoffe, es hat jemandem gefallen. ^^~
Bis dann
Sorca~ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hat's jemandem gefallen? :)

Es gibt übrigens noch andere Geschichten über Orion und wie er in den Himmel gelangte - ich hab nur die Variante ausgesucht, die mir am besten in die Story passte.
Ich weiß, TenTens Name ist etwas ungewöhnlich, aber ich hab ihn dem 'verse angepasst. Aber da wir noch nicht einmal ihren offiziellen Nachnamen kennen, war mir das eigentlich egal.

Bis nächstes Mal
Gruß
Arian


PS. Das heißt jetzt übrigens nicht, dass alle meine Bingo-OS hier landen. Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (7)

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Von:  moonlight_005
2016-01-01T23:38:53+00:00 02.01.2016 00:38
Das erste, was mir auffiel war der Titel, den finde ich total toll ♥ und auch die kleine Einblendung mit der Sternenkunde, gepaart mit griechischer Mythologie gefiel mir super und es passte auch zu ihrem Charakter, weil das ja ein Hobby von ihr ist, nicht wahr? und anscheinend hat sie Neji schon getroffen. Langsam begreife ich, dass du die Story Stückchen für Stückchen zusammen baust. Sehr interessant. Haben die alle eigentlich den gleichen Feind oder gibt es da Unterschied? Du schaffst es wirklich uns hier die Brocken hinzuschmeißen und ganz gemein zu locken und sie uns dann doch wieder wegzunehmen. Ich hoffe, das hier wandert nicht in deine "Mach ich irgendwann mal fertig - Datei" XDD Es klingt viel versprechend und ziemlich neu, weil ich von dir meist High-Fantasy gewohnt bin ^^ Aber es ist nicht schlecht :)
Von:  moonlight_005
2016-01-01T23:27:04+00:00 02.01.2016 00:27
Ah! Langsam kapier ich es, deine kleinen Brocken hängen alle zusammen xDD
Wen ich am liebsten mochte, war Haruka. So eine taffe Oma passt genau in den Hyuga - Clan. Sogar vom Namen her *g* Sehr cool, ich hoffe echt, dass sie noch lebt - ich mochte ihr Verhältnis zu Neji. Wie alt ist der eigentlich? Ich konnte es absolut nicht heraus lesen. Hinata ist etwas weinerlich, dann wiederum reißt sie sich tapfer zusammen. Du hast ihr kindliches Alter auf jeden Fall besser getroffen, als ich es bisher geschafft habe ^^ Sind die Hyuga wirklich alle tot? Diese ganzen Szenenwechsel packen mich total - ich will das wissen, damn it!!! btw. was ist das für ein Setting? Liest sich irgendwie wie ein Bandenkrieg oder ein Western *lol* Alle haben Pistolen und so ^^ Und der Titel - Faith, also Vertrauen: ist das darauf bezogen, dass Haruka Neji vertraut, dass er auf Hinata aufpasst oder aus Nejis Sicht, dass die Familie oder Teile noch leben und sie irgendwann holen kommen?

alles Liebe
moony
Von:  moonlight_005
2016-01-01T22:53:21+00:00 01.01.2016 23:53
Ich bin jetzt mal hier angefangen zu lesen. Hörte sich irgendwie interessant an. :) und natürlich haben deine Charaktere bzw. Pairs es mir angetan *lol* Ich finde die Idee hinter diesem os sehr gut. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, was der Clou an der Sache ist und der Aha-Effekt kam dann ganz am Ende, was mir sehr gefiel, weil ich mich gerne überraschen lasse und es nicht sofort offensichtlich war.
Allerdings haben mich die ständigen Zeitwechsel etwas irritiert. Ich musste mich andauernd umorientieren; ich weiß dass das Stil ist, aber es ist trotzdem nicht ganz einfach dem zu folgen. Es fühlt sich ein bisschen an, als wäre das aus einer großen Geschichte geflückt worden und du wirfst uns einzelne Brocken hin ohne groß was zu erklären, aber wie ich dich kenne, hast du garantiert noch was in der Hinterhand, mit dem du das ergänzt. So etwas wie: Wo kam Konan plötzlich her? Wie kommt Pein von da nach da nach da - you know? Mal schauen, was noch so kommt XD
Von:  Votani
2015-10-19T14:02:26+00:00 19.10.2015 16:02
Ich dachte, ich nutze mal die Gelegenheit, um den OS zu lesen. TenTen ist immer noch mein Liebling, obwohl ihr Charakter ja doch eher aus der Fanwork-Feder stammt, als aus der von Kishimoto. u_u Na gut... Aber mir hat die Geschichte wirklich gut gefallen. Sie passt sehr gut in diese Welt und ich stell sie mir immer noch wie einen richtigen Waffenschrank vor, was sie alles von ihrem Vater hat. Ihr Hintergrund gefaellt mir wirklich gut.
Aber nicht nur das, ich mochte es auch, wie du die Geschichte aufgezogen hast. Ich liebe Sternen und kenn mich mit Orion und all den Sternen auch gut aus, weswegen es toll war, dass jemand das endlich mal in eine Geschichte aufgreift und es einen Charakter zuschreibt, der sie gernauso gern hat. *-* Ich haette sehr gern mehr ueber TenTen, ihren Vater und NejiTen gelesen. Nejis Erwaehnen wirkt in dem OS glatt ein bisschen ueberfluessig, weil man ja gar nichts ueber ihn erfaehrt. Wie haben sie sich kennen gelernt? Was macht er? Wie stehen sie zueinander? Wo ist er im Moment, in dem TenTen den Moerder ihres Vaters stellt?
Es ist zuuuuuu wenig, ich moechte mehr!!! :D Jedenfalls hoffe ich, dass du noch etwas ueber TenTen + NejiTen in diesem 'verse schreibst. Ich wuerde es definitiv lesen!
Von:  fahnm
2015-10-11T20:08:22+00:00 11.10.2015 22:08
Hammer Kapitel
Von:  Kupoviech
2015-06-24T16:41:13+00:00 24.06.2015 18:41
Okay, eins Vorweg:

Ich kenne mich nicht so gut mit Naruto aus.
Die Serie kenne ich zwar und auch die meisten Charaktere, allerdings nicht gut genug um bewerten zu können wie gut du die Charaktere getroffen hast. Sorry.
Aber ich habe versprochen dir einen Kommentar da zu lassen, also tue ich das auch ;)

Die Umsetzung des vorgegebenen Themas "Entlaufene Prinzessin" finde ich sehr gut von dir umgesetzt.
Es drückt einem nicht direkt aufs Auge, aber die Kunst besteht hier darin, dass so fein und subtil eingebaut wurde. Unter anderem mithilfe der Charakterwahl.
Zudem lässt sich das Kapitel auch wunderbar auf ein Kriegsszenario übertragen, fern der Ninja und Fandomwelt von Naruto.
Die Bahnhofsszene fand ich daher gut beschrieben, auch das Zusammenspiel der Figuren.
Besonders die eindrucksvolle, letzte Begegnung bzw. Abschied von der Großmutter.
Was mir mehr Schwierigkeiten bereitet hat, war der Anfang, ich kam da nur Schwerin den Lesefluss.
Aber das ist eher meine persönliche Meinung. Dafür las sich das Kapitel später umso spannender und ich war gefesselt bis auch das letzte Wort gelesen war.
Mich hat auch die Länge nicht gestört. In den 8000 Wörtern steckt hält Qualität.
Es gibt keine über flüssigen Umschreibungen und alles ist auf den Punkt gebracht und zwar so, dass weder Emotionen noch Spannung verloren gehen.

Also großes Kompliment. Mir hat es sehr gut gefallen

LG
Kupo
Von:  Votani
2015-05-04T13:28:33+00:00 04.05.2015 15:28
So, ich kam endlich dazu auch den Rest des OS zu lesen. Wurde ja auch mal Zeit. :‘) Im Grunde weisst du ja bereits, wie die Geschichte finde. Ich mag sie. Ich mag alles mit Pein + Konan und ich mag die Angewohnheit, die du dir ausgesucht hast. Sie ist auch ziemlich gut in die FF eingebaut und wirklich nicht zu uebersehen. Dabei muss ich zugeben, dass es in der zweiten + dritten Szene etwas aufgesetzt wirkt, weil Pein dort beide Male etwas mit „alte Angewohnheiten“ sagt. Ansonsten find ich es klasse und am Ende hat es sich doch ausgezahlt und er konnte sich und Konan beschuetzen.
Man merkt, dass der OS zu etwas Groesserem gehoert. Einerseits stecken da so viel Details drin, so dass es nur die Spitze des Eisbergs ist, was wirklich gut, andererseits wirkt es ein klein wenig herausgerissen. Aber du hast das mit Kushina geaendert, was nun viel besser herueberkommt. Ich kann mir die beiden sogar richtig gut als Geschwister vorstellen + ich liebe diese Geschwisterkiste. Darueber wuerde ich gern mehr lesen. Vielleicht in der naechsten Runde? :D


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