Warum erwachsen werden von Amunet ================================================================================ Kapitel 10: Kapitel 10 ---------------------- Peter war schlecht gelaunt. Sehr schlecht. Es war bereits abends und die Dämmerung hatte eingesetzt, doch das war nicht der Grund für seine üble Laune. Den ganzen Tag war er alleine gewesen. Als er aufgewacht war, war Hook schon an Deck gewesen und hatte sich kein einziges Mal bei ihm blicken lassen. Nur einer der Matrosen war zwei Mal gekommen und hatte ihm Essen und Trinken gebracht und den Eimer für die Notdurft ausgewechselt. Doch davon abgesehen, war dies Peters einziger Besuch gewesen. Er war gelangweilt. So sehr es ihm missfallen hatte, von Hook kommandiert zu werden, es hatte ihm wenigstens für eine Weile die Langweile vertrieben und ihn beschäftigt. Aber ohne das wurde fast wahnsinnig, denn zum einen war Peter ein Junge, der es gewohnt war, den ganzen Tag umher zu streifen und Action zu haben, und zum anderen kannte er, nach zwei Tagen in der kleinen Kabine, jeden Winkel. Ein anderer und nicht unwesentlicher Punkt war sein Fußgelenk. Dort, wo er sich die Haut abgeschürft hatte, war die Wunde entzündet. Es tat weh und wurde immer schlimmer. Eigentlich hatte er es für sich behalten wollen, denn er wollte kein Stück auf Hooks Hilfe angewiesen sein, doch wenn es noch schlimmer wurde, musste er etwas sagen. Der Hauptgrund für Peters schlechte Stimmung war jedoch ein anderer. Peter war sauer, weil Hook ihm ganz offenkundig aus dem Weg ging. Dies brachte ihn wiederum dazu, an die gestrige Nacht zu denken, noch mehr, als er es ohnehin schon getan hatte und daran, was der Kuss bedeuten sollte. Er begriff, dass Hook ihn nur geküsst hatte, um ihm zu zeigen, wie wenig Ahnung er von Erwachsenen hatte. Zumindest traf dies beim ersten Kuss zu, doch was sollte der zweite, der flüchtige Kuss, ein paar Stunden später bedeuten? Sobald Peter daran dachte, bekam er ein merkwürdiges Kribbeln im Bauch. Der Appetit verging ihm und fast glaubte er, dass er seekrank wäre, wäre er nicht schlau genug, um zu wissen, dass seine Gedanken und Erinnerungen im Zusammenhang dieses Phänomens standen. Aber vielleicht wurde er doch krank. Dass Hook ihn geküsst hatte war ja das eine, das andere jedoch, dass es Peter gefallen hatte. Er fühlte sich schuldig deshalb. Wenn doch nur Glöckchen hier wäre. Glöckchen könnte ihm erklären, was hier geschah und ihn vielleicht befreien. Ein bisschen Feenstaub, sein Dolch und Peter würde irgendwie die Fessel lösen können und von Bord fliegen. Er hatte keine Lust, weiterhin hier zu versauern. Außerdem sollte er weg sein, ehe Hook das Wahrheitsserum in Händen hielt. Zwar wusste Peter nicht, was Hook dachte, über ihn oder von ihm zu erfahren, aber er wollte keineswegs herausbekommen, was sich tatsächlich in seinem Kopf befand. Vielleicht sollte er Hook einlullen? Ihn auf sicherer Seite wähnen lassen, nur um dann in einem günstigen Moment zuzuschlagen und abzuhauen? Die Tür wurde laut aufgestoßen und zwei Männer kamen herein. Erstaunt sah Peter zu, wie die Piraten einen hölzernen Zuber in den Raum stellten. Drei weitere folgten und kippten je zwei Eimer heißen Wassers hinein, kaum dass der Zuber stand. Eine ganze Weile gingen die Männer vom Deck hin und her, um immer neue Eimer heißen Wassers zu holen. Neugierig betrachtete Peter das Spektakel. Was sollte das werden? Erst als der Zuber zu Dreivierteln gefüllt war, verschwanden die Männer. Langsam stand Peter auf, lief hin und sah in den Bottich hinein. Da war nur Wasser, sonst nichts. „Ah, du hast mein Geschenk schon entdeckt.“ „Was für ein Geschenk?“ Ein unheilvolles Lächeln umspielte Hooks Gesicht. „Du darfst baden.“ „Baden? Warum das denn?“ „Nun, nimm es mir nicht übel, doch dein Gestank beleidigt meine Nase.“ Peters Hände ballten sich fest zu Fäusten aufgrund dieser Unverschämtheit. Er stank nicht! Gut, er hatte seit ein paar Tagen keinen Wasserkontakt mehr gehabt, aber das lag nur daran, dass er durch die Gefangenschaft weder unterm Wasserfall baden gekonnt hatte, noch in einer der kleinen Buchten von Nimmerland schwimmen gewesen war. „Du brauchst gar nicht so finster dreinschauen“, sagte Hook nonchalant. „Das Bad wird dir gut tun.“ „Und wie soll das gehen?“, antworte Peter eisig und deutete auf die Fußfessel. „Nun, tatsächlich stellt dies eine Herausforderung dar. Vielleicht bin ich geneigt, dir die Kette abzunehmen.“ „Abzunehmen?“, hakte Peter misstrauisch nach. „Natürlich wirst du verstehen, dass ich dir keine Chance zur Flucht geben kann und dir hiermit“, er deutete auf seine Pistole, „der guten alten Magarete, dein Todesurteil vor Augen halte, solltest du einen Fluchtversuch unternehmen.“ Peters Augen leuchteten auf, wenn das alles war, was Hook aufbot, um ihn an der Flucht zu hindern, dann war er schon so gut wie weg. Jedem auf Nimmerland war bekannt, dass Peter flink und geschmeidig fliegen konnte, wie ein Blatt im Wind. Keine Kugel konnte ihn im Flug treffen, denn sonst wäre er schon lange tot. Sollte Hook dies wirklich vergessen haben? Nun, hatte er nicht. „Selbstverständlich wirst du während deines Bades Fesseln tragen. Der Unterschied besteht schlicht daran, dass Seil im Gegensatz zu Metall nicht rostet. Doch das soll dich nicht kümmern.“ Abermals wurde die Tür aufgestoßen. Die Männer, welche nun hineinkamen waren die gleichen, die ihm ein paar Tage zuvor die Ketten angebracht hatten. Ihre Gesichter waren ernst und man konnte ihnen nur zu deutlich ansehen, dass sie keine Lust hatten, sich schon wieder um die Ketten ihres Gefangen zu kümmern. Brutal wurde Peter gepackt und festgehalten. Einer der Piraten legte ihm ziemlich grob an den Händen Stricke an, doch als wäre dies nicht genug, griff ein anderer nach seinem freien Bein und band auch dort ein Seil herum. Es war ein sehr langer Strick, länger noch als die Kette, die er trug. Erst als er so verschnürt war, kamen Hammer und Meißel zum Einsatz. Sie taten ihm weh, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Selbst Hook blieb dieses Mal im Raum und sah scheinbar gelangweilt zu, wie die Bolzen herausgeschlagen wurden und die Kette von Peters Knöchel entfernt wurde. Ihr Blick traf sich, als Peter versuchte, den Schmerz zu unterdrücken. Um jeglichen Schmerzensschrei zu unterdrücken, biss er sich auf die Lippe, bis diese zu bluten begann. Trotz und Sturheit starrten Hook an, der, ohne dass Peter dies wissen konnte, den Jungen in diesem Moment für seine Stärke bewunderte. Nach wenigen Minuten war alles vorbei. Die Piraten verließen den Raum und ließen Hook mit Peter alleine. „Komm her“, befahl Hook und Peter stand mit zittrigen Beinen auf, doch er blieb stehen. „Ich sagte, du sollst herkommen.“ „Warum? Dir kann es doch egal sein, wie ich rieche.“ „Du vergisst deinen Ton“, sagte Hook mit hochgezogenen Augenbrauen. „Und wenn schon“, gab Peter trotzig zurück. „Wenn ich dich holen muss, ertränke ich dich im Zuber.“ „Immer noch besser, als weiter gequält zu werden.“ „Ich quäle dich? Du hast doch keine Ahnung, was Folter und Qual wirklich ist. Das Einzige, was ich dich lehre, ist Demut.“ „Gehört küssen auch dazu?“ Obwohl Peters Frage mehr als nur berechtigt war, wurde Hook erstaunlich rot um die Nasenspitze. Peter fand das faszinierend, denn er verstand nicht, weshalb. Zumindest nicht im ersten Moment. Wenn er aber eine Sekunde darüber nachdachte, dann kam er zu dem Entschluss, dass es Hook peinlich sein musste. Konnte es sein, dass auch Hook Schuld wegen des Kusses empfand? Doch wenn ja, weshalb hatte er ihn überhaupt geküsst? Peter wurde jedoch die Möglichkeit genommen, noch weiter darüber nachzudenken, als Hook auf ihn zukam. Instinktiv versuchte er, Hook auszuweichen, aber seine wackligen Beine ließen ihn direkt in Hooks Arme stolpern. Der Kapitän roch gut. Nach Salzwasser und Sonne, stellte Peter fest, dann wurde er plötzlich auf die starken Arme genommen. Egal wie sehr er strampelte und schimpfte, kurz später wurde er platschend in den Zuber geworfen. Wie ein begossener Pudel stierte er Hook finster an, während das Wasser aus seinen blonden Locken über sein Gesicht tropfte. Der Piratenkapitän lachte genüsslich, ehe er zu seinem Schrank hinüberging und einen kleinen, flachen Koffer herausholte. Er öffnete ihn und murmelte mehr zu sich, als zu Peter: „Mal sehen, welchen Duft wir für dich finden.“ „Was für ein Duft?“ „Du glaubst doch nicht, dass das bisschen heiße Wasser den Gestank von deinem Körper wäscht?“ Nun, eigentlich glaubte Peter das schon, denn schließlich badete er immer nur im Wasser und bisher hatte sich noch niemand über seinen Geruch beschwert. Weder die Feen, noch die verlorenen Jungs oder Wendy. „Wir nehmen das hier“, sagte Hook triumphierend und hielt ein Fläschchen mit einer transparenten Flüssigkeit hoch. „Flieder dürfte sich an dir hervorragend machen.“ „Ich bin doch kein Mädchen!“, fauchte Peter. „Genau deshalb“, grinste Hook ihn unverschämt zufrieden an und tropfte wenige Tropfen der Flüssigkeit ins Wasser. Natürlich roch das Parfüm gut, aber Peter wollte es auf keinen Fall zugeben und beschwerte sich stattdessen recht kindisch über den Gestank. Falls er aber geglaubt hatte, Hook würde dies etwas ausmachen, irrte er sich gewaltig. Der Pirat holte aus einer anderen Schublade des Schrankes ein Stück Seife hervor und hielt sie Peter hin. „Was soll ich damit?“, zischte Peter erbost, „Wie du siehst, sind meine Hände gefesselt. Wie soll ich mich waschen?“ Tatsächlich sah Kapitän James Hook so aus, als hätte er diesen Umstand bei seinem genialen Plan unbeachtet gelassen. Mit der Hand führ er sich übers Haar, als würde er kurz nachdenken und dann kam ihm eine Idee. „Wenn das so ist, werde ich dir heute bei deinem Bad behilflich sein.“ Fortsetzung folgt… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)