Spuren im Sand von _Yang (Reflektion eines Killers) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Ihr hektischer Atem war das einzige Geräusch in der dreckigen Gasse, in die er sie getrieben hatte. Ihr Blick hatte etwas von einem gehetzten Tier, das seinem Jäger gegenüber stand. Lauernd trat er ihr entgegen, darauf gefasst, dass sie im nächsten Moment wieder zu Atem kommen konnte. Menschen konnten in solchen Situationen ungeahnte Kräfte entwickeln. Wie dumm, dass er seine Waffe verloren hatte. Seine Schuhe traten eine zerbeulte Blechdose beiseite, die scheppernd an der steinernen Hauswand abprallte und neben den Mülltüten liegen blieb. Ihre Schultern hoben und senkten sich hastig, ihre Blick huschte rastlos umher, auf der Suche nach einem Ausweg. Es gab keinen mehr. Hinter ihr die nackte Betonwand, die ihren Weg abschnitt, zu ihren Seiten blinde Hauswände, die in den dunklen Nachthimmel ragten, und vor ihr, nun, da stand er. "Nichts Persönliches", hatte er gesagt, warum, wusste er nicht mehr. Es war nicht seine Art, sich zu rechtfertigen. Ihre Fäuste, die ihn schmerzhaft trafen, weil er sie unterschätzt hatte, und Blessuren für die nächsten Tage hinterließen. Dann ihr Gesicht, das blau anlief, ihr unglaublich hübsches Gesicht. Es war eine Schande. Es war brutal, weil sie sich wie eine Irre wehrte. Es war nur ein Job. Stöhnend wachte er auf und blinzelte gegen die helle Sonne, die durch die tiefhängenden Zweige auf ihn hinabschien. Er richtete sich vorsichtig in der Hängematte auf und registrierte, dass er sich auf dem abgeschiedenen Strand der kleinen Insel befand, nicht in der Gasse von damals, mit ihrem Blut an seinen Händen. Mit einem Seufzen ließ er sich zurücksinken und betrachtete die schöne Aussicht, um sich wieder zu entspannen. Es war früher Abend, die Sonne stand tief und ließ die Wellen auf dem Meer hell funkeln. Der kleine Strand war leer, nur die Spuren im Sand zeugten noch von anderen Gästen, die sich bereits auf den Heimweg gemacht hatten. Auf der anderen Seite des Strandes befand sich die Strandbar mit ihrem Strohdach. Er konnte sehen, wie die Angestellten dort die Gläser wuschen und die Tische reinigten, es war wohl an der Zeit, die Bar zu schließen. Eine angenehme Brise kam auf und ließ ihn in der Hängematte sacht schaukeln. Selbst hier draußen holten sie ihn immer wieder ein, seine Erinnerungen. Sie ließen ihn nachts nicht los, sodass er sich fragte, ob er jemals mit ihnen Frieden schließen könnte. Sie, das waren die Toten, die er zu verantworten hatte. Es war bestimmt nicht das Leben, das er für sich ausgesucht hätte. Aber manchmal hatte man keine Wahl. Und so bitter es klingen mochte, er war verdammt gut darin, fremde Leben zu beenden. Das Blau des Himmels über ihm verdunkelte sich allmählich, bekam einen orangefarbenen Schimmer und färbte sich schließlich tiefrot. Blutrot, dachte er, und setzte sich auf. Niemand war mehr hier, selbst die Strandbar hatte in der Zwischenzeit geschlossen und ihre Angestellten waren nach Hause gegangen. Er schwang sich aus der Hängematte. Seine Schritte trugen ihn durch den Sand hinunter ans Meer. Wellen schlugen ihm immer wieder gegen die Füße, während er am Meer entlang schritt. Er drehte sich um und beobachtete, wie das Wasser seine Spuren im Sand verwischte, bis sie nicht mehr zu sehen waren. Wenn er doch auch so einfach verschwinden könnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)