Coldhearted Lover von Blaubeere20 ================================================================================ Kapitel 22: Du bist hier willkommen (K) --------------------------------------- Mein Herz setzte kurz aus, als ich sah, dass Joey mich zurückrief. “J-joey?”, brachte ich stotternd heraus und kaute an meinen Nägeln. “Kann ich für ein paar Nächte bei dir bleiben?”, fragte er, hörte sich total fertig und erschöpft an. Hatte ich richtig gehört? Er wollte eine Weile hier bleiben? Bei mir, dem verlogenen Geschäftsmann? Ein dicker Strick schien meine Kehle einzuschnüren. “Seto?”, kam es vom anderen Hörer. Sollte ich ihn wirklich zu mir lassen? Wenn er doch nur wüsste, was ich ihm alles verschwiegen habe. Kaum hörbar begann ich, zu sprechen; “Joey. Es würde mich riesig freuen, dich wieder einmal zu sehen. Die letzten Tage war ich sehr beschäftigt”. Ich klang völlig kaputt und schwächlich. Der Blonde drückte seine Freude aus, informierte mich dann aber kläglich über den Grund, einige Zeit bei mir bleiben zu wollen, oder besser gesagt, zu müssen. “Mir blutet das Herz”, gab ich leise, aber doch wahrnehmbar, von mir. So redete ich eigentlich nie, dieser Satz hat noch nie meinen Mund verlassen - und doch meinte ich ihn in diesem Moment ernst. Erst hielt ich ihn zum Idioten, und nun wird er von seiner Mutter hochkantig rausgeschmissen. “Du bist hier immer willkommen. Bis später”, ich legte auf. Ich stieß ein lautes Raunen aus und ließ mich in meinen Bürosessel plumpsen. Was hast du getan, was hast du getan, was hast du getan, Seto. Diese ewigen Schuldgefühle werden mich sicher länger, als eine Woche, verfolgen. Aber hey, Joey kommt dann vorbei und dann kannst du ihn wieder in den Arm nehmen. Beruhig’ dich, Kaiba. Alles wird wieder gut. Hoffentlich. Es klopfte an der Tür, worauf ich mich erschrack und schwören könnte, beinahe einen Herzinfarkt erlitten zu haben. “Herr Kaiba, ihr Kaffee”, kam es ernst von Roland. Ich versuchte, mich wieder zu fangen und so ernst, wie immer, zu schauen - dann gewährte ich ihm Einlass. Das Getränk wurde an meinen Tisch gestellt und ich dankte, bevor Roland den Raum wieder verließ. Ob Koffein diese wahnsinnigen Schuldgefühle ertränken konnte? Ich nippte an der Tasse und grübelte, wie ich es Joey sagen sollte. Wie ich es ihm sagen soll, dass ich ihn nur benutzt habe. Ich mag arrogant, rücksichtslos und kalt gewesen sein, doch einen Menschen zu benutzen, war sogar unter meiner Würde. Ich war zwar kalt, aber niemals verlogen. Es öffnete ein ganz seltsames Gefühl, über meine Charakterentwicklung nachzudenken. Und die Person, die ich vor einigen Tagen noch war. Ich trank meinen Kaffee leer, in der Hoffnung, er würde so schneller wirken. Tiefe Augenringe zierten mein Gesicht. Mein Blick war auf die Türe vor mir gerichtet - durch sie würde Joey hereintreten. Eine Weile starrte ich wie hypnotisiert einfach nur gerade aus. Wie viele Leute sind schon hier rein- und rausgegangen? Du hast es wirklich weit gebracht, Kaiba. Weil du immer deinen eisernen Willen beibehalten hast. Doch musstest du diesen Willen unbedingt mit Arroganz und Rücksichtslosigkeit mischen? Ich glaube, ich habe seit meiner Kindheit nicht mehr so viel über Gefühle gegrübelt. Nur noch über Zahlen, Daten, Fakten. Zahlen, Daten, Fakten. Dahlen, Zakten, Faten. Fahlen, Dakten, Zaten. Mein Kopf war jeden Tag kurz vorm Explodieren und meine anhaltende Erschöpfung ließ mich zu einem chronisch gereizten Menschen werden. Ich warf einen kurzen Blick in den Spiegel und bemerkte, dass ich wirklich, wirklich schlimm aussah. Man konnte mir meinen seelischen Zustand regelrecht vom Gesicht ablesen. Wenn du nur wüsstest, Joey. “Wie konntest du nur!”, schimpfte ich mit mir selber und spürte ein kühles Nass, das meine Wangen runtertropfte. Ein verschwommenes Arbeitszimmer war das Einzige, das ich noch wahrnahm. “Herr Kaiba, Besuch für Sie”, Roland klopfte an die Türe. “Einen Moment”, kam es kalt von mir, ehe ich mit einem Taschentuch über mein Gesicht fuhr. Das eisige Blau war plötzlich weg und übrig blieb ein gefolterter Blick. Als die Türe aufging, drehte ich mich mit meinem Sessel sofort nach hinten und schickte Roland wieder hinaus. “Seto”, hauchte Joey, bei dessen Stimme ich sofort Gänsehaut bekam. Warst du es wirklich? Ich musste mich ordentlich zusammenreißen, ganz ruhig und gelassen zu wirken. Ich gab keinen Ton von mir. “S-seto?”, Joey legte seinen Koffer ab und kam mit langsamen Schritten näher. Soll er dich so sehen? Soll er die Wahrheit über dich erfahren? Über dich, den neuen Seto Kaiba? Der Blonde ging um den Tisch herum und stand nun neben mir, sah mich von der Seite. Sehr schnell sah ich zu ihm, schwieg immer noch. Ich rechnete damit, dass er mich fragte, wie mein Tag war und wie es mir geht, doch stattdessen warf er sich einfach auf mich und umschlang meinen Körper mit seinen Armen. Es tat gut, es tat so gut. Und gleichzeitig fühlte ich mich so verdammt schäbig. Weißt du, wen du hier umarmst, mein Liebster? “Danke, dass ich hier bleiben darf!”, sagte er mit erleichtertem Ton und lag halb auf mir. “Du hast mir gefehlt…”, ich klang sehr emotionslos und mein Blick war gezielt nach vorne gerichtet, leer. Meine Arme waren ebenfalls um den Körper des Blonden gelegt, streichelten seinen Rücken. Du hast mir wirklich gefehlt. Aber wenn du alles erfährst, wirst du mir wahrscheinlich für immer “fehlen”. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)