Mondsüchtig von Kekune ================================================================================ Kapitel 1: Neumond ------------------ Kapitel 1 // Neumond Zuerst die Tageszeit, dann das Licht. Das erste Mal als er ihn sah, war es Abend. Kein später Abend, aber auch kein Nachmittag mehr. So, dass die Sonnenstrahlen noch durch das Herbstlaub und die Baumkronen in den Wald hindurchdringen konnten. Wenn es Sommer gewesen wäre, hätten sie die Lichtung in helles Gold getaucht, so vertrieben sie lediglich die Dunkelheit, die mit dem Dickicht einherging. Es hätte auch später Nachmittag sein können, wenn Stiles sich nicht sicher gewesen wäre, dass er und Scott nun schon einige Zeit nach dem Inhalator suchten, den sein Freund am vorigen Abend verloren hatte. Gefunden hatten sie diesen noch immer nicht. Zuerst die Umgebung, dann die Beteiligten. Das erste Mal, als er ihn sah, erschreckte er sich. Nicht aus Schock, eher aus Verwunderung klopfte er Scott aufmerksamkeitssuchend auf die Schulter, während Derek Hale zwischen mehreren Bäumen stand und sie misstrauisch beäugte. Stiles hatte nur einen Blick riskiert und wusste bereits, wen er vor sich hatte. Sein Mund stand offen, seine Hand wanderte zu seinem Kopf, um nervös über seine Haare zu streichen. Scott neben ihm verhielt sich ruhig, hatte die Gestalt vor ihm vielleicht noch gar nicht realisiert. Er selbst stand gar nicht regungslos. Gut, zugegeben, wann tat Stiles Stilinski das schon? Zuerst die Person, dann die Emotionen. Das erste Mal, als er ihn sah, lehnte Derek sie ab. Sein Blick war starr, das Gesicht zu einer kalten Maske verzogen. Die Hände hatte er in den Taschen seiner schwarzen Lederjacke vergraben. Eine Jacke, die geheimnisvolle, mysteriöse Kerle mit zu vielen Muskeln trugen. An Stiles hätte sie lächerlich ausgesehen. Aus irgendeinem Grund mochte er sie trotzdem. Lydia hätte sie gefallen. Männer wie Derek würden Lydia gefallen. Nun - Stiles gefiel Lydia. Ihre langen rotblonden Locken, die bemalten vollen Lippen und das Selbstbewusstsein, mit welchem sie ihre Hüften umherwirbelte und ihr Gang die Schulflure füllte. Gerade daran hatte er denken müssen, als er Derek auf der Lichtung betrachtete. Vielleicht nicht gerade an die Hüften, während sie sich in der rhythmischen Melodie eines Clubs umherdrehten, aber an den Stolz. Lydias Stolz. Dereks Stolz. Die Selbstachtung, mit der sie und Derek sich schmückten und die den Wald neben ihnen mit dessen Aura durchdrang. Ganz in Gedanken bekam er nicht mit, dass Derek das Wort an sie gerichtet hatte. Aber Stiles kannte die Geschichte des Mannes schon, weil es kaum etwas gab, was sich vor seinen neugierigen Augen verschließen konnte. Weil es kaum etwas gab, mit dem er sich nicht beschäftigte, was ihn nicht interessierte. Und Derek Hale interessierte ihn unaussprechlich. "Das hier ist Privatgelände!" Der in dunklen Farben gekleidete Mann näherte sich ihnen, stand nur noch einen Meter von Stiles entfernt und zog seine Augenbrauen genervt in die Höhe. Anscheinend hatte er keine große Lust auf ein Aufeinandertreffen mit nur irgendeinem anderen menschlichen Wesen, hatte aber wohl damit gerechnet. Zumindest konnte Stiles dies seinem Gesichtsausdruck deutlich entnehmen. "Sorry, Mann, das wussten wir nicht. Kommt nicht wieder vor." Natürlich war es Stiles, der zuerst seine Sprache wiedergefunden hatte. Es brauchte schon einiges mehr, um einer Plaudertasche wie ihm den Redeschwall zu unterbrechen. Während Scott sich noch sammelte, übergoss er Derek bereits mit seinen Worten. Und der Himmel wusste, dass Stiles sicher nicht gestoppt hätte, wenn Derek nicht den Inhalator aus seiner Jackentasche gezogen und ihnen zugeworfen hätte. Ein stilles Zeichen dafür, dass seine Selbstbeherrschung sich dem Ende zuneigte und Stiles seine Expressionen lieber für sich behalten sollte. Um sein Verhalten zu verstärken, drehte der Hale sich herum und verschwand zwischen den Bäumen, ohne zurückzuschauen oder sie noch eines letzten Blickes zu würdigen. Die Ansage war überdeutlich und Stiles ärgerte sich darüber, dass man ihn einfach abgebrochen hatte und man ihm wieder einmal nicht zuhörte. Etwas, das er von Scott durchaus schon kannte. Eigentlich konnte er das seinem besten Freund ja nicht verübeln. Seine Hyperaktivität ging sogar ihm selbst auf die Nerven, wenn er länger als eine halbe Stunde auf sich alleine gestellt war. Wie sein Vater das aushielt, blieb ihm manchmal selbst ein Rätsel, jedoch würde er nur deshalb seinen Charakter sicher nicht überdenken. Sobald er sich wieder gefangen hatte, stieß er "Derek Hale" hervor. Nur seinen Namen, eine kleine Phrase lediglich und für Scott in diesem Moment komplett zusammenhangslos. "Das ist Derek Hale. Da bin ich mir ganz sicher, er ist nur ein paar Jahre älter als wir.", erläuterte er diesem. Sein Mund stand immer noch offen, als er Derek hinterherstarrte und nur ein verwirrter Seitenblick Scotts brachte ihn dazu, diesen wieder zu schließen. Ein wenig hatte diese Begegnung sein langweiliges Leben doch aus der Bahn geworfen. Das konnte durchaus interessant werden. Zumindest wenn er die Möglichkeit hatte, der ganzen Sache ein bisschen nachzugehen und diese wollte er sich sicher nicht nehmen lassen. * Zuerst die Tageszeit, dann das Licht. Das zweite Mal als er ihn sah, war es Nachmittag. Kein Mittag mehr, aber auch noch nicht Abend. Die Sonnenstrahlen hatten sich zwischen den Blättern versteckt und wollten nicht wirklich auf die Lichtung dringen, auf der das Polizeiauto des Sheriffs, Stiles Vater, geparkt hatte. Und wieder war es Derek Hale, der ihn an diesen Ort gerufen oder vielmehr gelockt hatte. Stiles wollte unbedingt mit ihm reden, nachdem dieser nun auf den Rücksitz des Wagens hinter das Gitterfenster verbannt worden war. Eine bessere Gelegenheit konnte sich ihm dafür gar nicht bieten. Derek wurde festgehalten und konnte seine Fragen dieses Mal nicht durch bloßes weggehen oder ignorieren abhalten. Gerade nach dem letzten Abend hatten sich seine Wissenslücken zugespitzt und nun, da er sich der Existenz der Werwölfe sicher war, musste er seine neuen Informationen direkt aus der Quelle beziehen. Zumindest wenn er konnte. Da Stiles Neugierde sowieso Antworten finden wollte, hatte er sich dieser Mission angenommen. Und die Gelegenheit am Arbeitsplatz seines Vaters vorbeizusehen, war sehr günstig gekommen. Besonders da er Scott als Freund zur Seite stehen und dieser sich selbst mit dem Thema nicht wirklich auseinander setzen wollte. Zuerst die Umgebung, dann die Beteiligten. Das zweite Mal als er ihn sah, war er vorbereitet. Nicht aus Angst, eher aus dem Willen heraus, sein Ziel zu erreichen, setze er sich auf den Rücksitz des Autos, statt das offene Gespräch mit Derek zu suchen. "Hör zu: ich habe keine Angst vor dir! Nur damit du das weißt." Der Blick des Angeklagten war böse, er traktierte ihn mit einer solchen Intensität, dass es ihn schauderte und sich kalter Schweiß auf seinem Rücken bildete. "Okay, vielleicht habe ich ein bisschen Angst. Allerdings tut das hier gar nichts zur Sache. Ich bin wegen etwas anderem hier. Der Frauenleiche, die Scott und ich gefunden haben. Ich bin mir sehr sicher, du weißt, worum es geht. Warum hast du sie getötet?" Stiles meinte es ernst, trotz Dereks drohender Körperhaltung zog er sich nicht zurück, sondern beharrte auf eine Antwort. Er bekam jedoch keine. Keine, die seine Frage auch nur im Geringsten beantwortet hätte. "Warum interessierst du dich für mich? Dein Freund ist das eigentliche Problem. Und weißt du was, ich selbst kann ihn jetzt nicht mehr aufhalten, aber vertraue mir, du solltest es tun." Stiles vertraute Derek. Wieso wusste er nicht genau. Etwas in seiner Stimme vermittelte ihm die Ernsthaftigkeit der Situation, jedoch war das nicht der eigentliche Grund. Da war noch etwas anderes, etwas, das ihn davon überzogen wollte, Dereks Worten Glauben zu schenken. Etwas, das er nicht zuordnen konnte. Noch nicht, wie sich bald herausstellen würde. Zuerst die Person, dann die Emotionen. Das zweite Mal als er ihn sah, war er besorgt. Stiles nahm diesen Hauch von Sorge wahr, als er ging. Die Autotür hinter sich schließen wollte und sich noch einmal umdrehte, Derek ins Gesicht blickte. Auch dieser hatte ihn angesehen. Ihre Augen hätten sich genau getroffen, wenn Sheriff Stilinski seinen Sohn nicht am Arm gepackt und anschließend an der Kapuze auf die Lichtung gezogen hätte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)