Love can find us on a cold day von -Luna- (Winter-OS-Projekt) ================================================================================ Kapitel 1: Winter-OS -------------------- Es war im letzten Jahr während der Weihnachtsfeier im Crown gewesen, dass Usagi und Mamoru zusammen unter einem Mistelzweig standen. In Usagis Augen war dies ein schicksalhafter, womöglich alles verändernder Zufall gewesen, denn der Weihnachtsbrauch besagte: "Küssen sich zwei Menschen unter einen Zweig, werden sie ein glückliches Paar." Und so gab es ihr die nötige Hoffnung, dass doch mehr zwischen ihnen sein könnte, als sie bisher angenommen hatte. Und dass ihre Liebe, entgegen ihrer Annahme, eben nicht auf Ewig einseitig sein würde. Eigentlich hatte sie ja nie vorgehabt, sich in ihn zu verlieben. In Mamoru, diesen ungehobelten, überheblichen, aber doch wunderschönen und anbetungswürdigen jungen Mann, der sie seit Jahren regelmäßig auf die Palme und gleichzeitig auch so um den Verstand brachte. Der sie, nur mit einem Blick aus seinen funkelnden dunkelblauen Augen, alles um sich herum vergessen lassen konnte. Es war einfach so geschehen... Und immer wenn Usagi an jenen Kuss unter dem Mistelzweig zurückdachte, kam es ihr vor, als wäre es erst gestern gewesen. Als hätte sie gerade erst zu ihm aufgeschaut und darauf gewartet hatte, dass er den ersten Schritt machen würde. Sekunden, die ihr wie endlos lange Minuten vorkamen, waren vergangen, bis er die Situation endlich erfasst und sich langsam zu ihr hinunter gebeugt hatte. Ihr Herz hatte dabei derart heftig in ihrer Brust gehämmert, dass sie dachte, jeder könnte ihren Herzschlag hören, als sich seine warmen und weichen Lippen sanft auf die ihren legten. Sicherlich war es nur ein flüchtiger, fast schüchterner Kuss gewesen, aber dennoch wusste sie, dass sie ihn in ihrem ganzen Leben nie wieder vergessen würde. Ihren ersten Kuss. ❅ Unterdessen war es bereits Mitte Januar und sie hatten sich seit diesem Abend nicht mehr gesehen. In der Hoffnung sie würde ihn endlich antreffen, war Usagi fast jeden Nachmittag nach Arbeitsende am Crown ran gefahren. Anfangs hatte sie noch regelmäßig bei Motoki nachgefragt, was mit Mamoru wäre, nachdem sie immer wieder feststellen musste, dass er nicht da war und auch nichts von sich hören ließ. Eine bittere Enttäuschung machte sich jedoch immer mehr in ihr breit, als sie Tag ein, Tag aus die gleiche Antwort von Motoki erhielt: Er würde wohl gerade intensiv an seiner Doktorarbeit schreiben und sich nur gelegentlich einen Coffee to go bei ihm holen. Und so trank sie ihren heißen Kakao aus und verabschiedete sich meist nach einem kurzen Smalltalk mit ihrem besten Freund auch schon wieder. Den Rest des Nachmittags verbrachte sie daheim oder sie machte sich noch auf den Weg zu ihren Eltern, denn auch die Treffen mit dem Mädchen, die damals so gut wie täglich stattfanden, hatten sich mittlerweile auf zweimal, höchstens dreimal pro Woche reduziert. Dies war jedoch mehr dem Umstand geschuldet, dass jede mit ihrem beruflichen Werdegang oder dem Studium beschäftigt war und sich dadurch auch ihre Freizeit deutlich einschränkte. ❅ Seit einer Woche hielt der Frost nun schon Nacht für Nacht Einzug in Tokio. Usagi war sich, noch bevor der Wetterbericht es angekündigt hatte, sicher gewesen, dass dies der Vorbote für den bald folgenden Wintereinbruch sein würde, nachdem der gesamte Dezember ungewöhnlich mild gewesen war. Und tatsächlich. Ein kurzer Blick nach draußen verriet ihr am frühen Montagmorgen, dass in der vergangenen Nacht ein Schneesturm über Tokio hinweg gefegt sein musste. Alles war schneebedeckt und eine wunderschöne weiße Winterlandschaft tat sich vor ihr auf. Leider war dies das einzig Schöne, was sie dem Schnee abgewinnen konnte, denn es bedeutete eben auch, dass sie eher aufstehen und aus dem Haus musste, um ihr Auto freizuschaufeln und fahrtüchtig zu machen, damit sie pünktlich auf Arbeit ankam. Schneller als sonst hatte sie sich ihre warmen Sachen und ihre weißen Winterboots angezogen. Doch noch bevor Usagi los musste, nutzte sie die letzten Minuten, um die Fenster aufzureißen und zu lüften. Tief atmete sie die klare, aber doch sehr kühle Winterluft ein und betrachtete die vor ihr liegende Winterlandschaft, die zu dieser Zeit noch vollständig unberührt erschien. Und auch wenn die Aussicht berauschend war, so hielt sie es nicht länger als nötig aus, denn die Kälte hatte sich rasant in ihrer Wohnung ausgebreitet. Fröstelnd strich sie sich mit den Händen über die Oberarme und versuchte sich warm zu halten. Nachdem der eisige Wind ihr aber ein paar Schneeflocken ins Gesicht geweht hatte, wollte sie nur noch das Fenster schließen und sich gemächlich auf dem Weg zur Arbeit machen. Mit der Hand am Fenstergriff war sie gerade dabei das Fenster zu schließen, als ihre Katze Luna die Chance nutzte und in letzter Sekunde an ihr vorbei schlüpfte. In Windeseile war sie auf das Fensterbrett gelangt und von dort durch das noch halb geöffnete Fenster hinaus gesprungen. »Luna, nein! Komm zurück!«, rief Usagi schockiert, lehnte sich leicht aus dem Fenster und blickte nach links und nach rechts. Nirgends war die kleine Katze zu entdecken, obwohl sich das schwarze Fell doch eigentlich deutlich von der weißen, schneebedeckten Landschaft hätte abheben müssen. Beinahe panisch schloss Usagi das Fenster nun gänzlich. Stolperte mehrfach, als sie durch die Wohnung eilte und nach ihrem Wintermantel griff, der bereits über dem Stuhl hing. In Rekordzeit war sie vollständig angezogen und mit einem Paar Handschuhe und dem passenden Wollschal, ihrer Handtasche und dem Schlüssel in der Hand aus der Wohnung gerannt. Mit einem lauten Knall fiel die Tür ins Schloss, als sie bereits die Treppe des Wohnhauses hinunter rannte. Das eisige Wind schlug ihr erbarmungslos entgegen und pfiff ihr um die Ohren, als sie aus der massiven Haustür trat. Den Schal halb über das Gesicht gezogen und dick eingemummelt machte sie sich auf den Weg, lief einfach gerade aus, vorbei an zahlreichen zugeschneiten Autos, unter denen sich auch ihres befinden musste. Das Laufen war beschwerlicher als gedacht, denn kein Gehweg war geräumt und der Schnee reichte ihr fast bis zu den Knien. Lediglich die Straßen waren halbwegs befahrbar. Und doch ließ sie sich nicht davon abhalten, durch den tiefen Schnee zu waten und nach Luna zu suchen. Wiederholt rief sie ihren Namen, lockte sie und lief dabei immer weiter von ihrer Wohnung weg. Verzweifelt blickte sie um sich, als sie feststellte, dass sie sich bereits im Juban-Park befand. Durch den Schnee, der ringsherum alles bedeckte, hatte sie kurzzeitig den Überblick verloren und so war sie schnurstracks auf den zugefroren See zugelaufen. Gerade noch rechtzeitig hatte sie den naheliegenden Steg wahrgenommen und war abrupt stehengeblieben. Kurz dankte sie ihrem Schutzengel, dass sie nicht noch weiter gelaufen war, denn wer wusste schon, wie dick die Eisschicht war und ob sie nicht hätte einbrechen können. Nachdem sie sich noch einmal nach allen Seiten umgeschaut hatte, kramte sie in ihrer Tasche nach ihrem Handy. Neben der kurzzeitigen Orientierungslosigkeit hatte sie auch jegliches Zeitgefühl verloren und sie hätte nicht sagen können, ob sie schon 5 oder 15 Minuten durch den Schnee irrte. Ein kurzer Blick auf das hell erleuchtete Display ließ sie jedoch erschrocken innehalten. Seit sage und schreibe 25 Minuten war sie auf der Suche nach Luna, dabei kam es ihr nicht mal ansatzweise so lange vor. "Oh nein! Das kann doch einfach nicht wahr sein", murmelte sie, denn ihr blieb keine Zeit mehr und sie musste die Suche abbrechen. Inständig hoffte sie, dass Luna die paar Stunden, die sie zur Arbeit musste, unbeschadet überstehen würde. Fluchend blieb Usagi an ihrem Auto stehen. Dass sie es noch von Schnee und Eis befreien musste, hatte sie durch Lunas Verschwinden und der Suche nach ihr völlig vergessen. Mit dem Eiskratzer und einem Handfeger machte sie sich fix ans Werk, denn die Zeit drängte und sie wollte keineswegs zu spät bei ihrer Ausbildungsstätte ankommen. Dabei machte ihr die beißende Kälte mehr zu schaffen, als sie zuvor angenommen hatte und trotz der körperlichen Anstrengung fühlte sie sich bereits nach wenigen Minuten völlig durchgefroren. Zähneklappernd rieb sie immer wieder ihre Hände, die trotz der Handschuhe brannten wie Feuer. Erleichtert seufzte sie, als das kleine Auto endlich von Schnee und Eis befreit war und sie einsteigen konnte. Mit der rechten Hand drehte sie den Schlüssel im Zündschloss und ......... Nichts! Nach mehreren erfolglosen Versuchen das Auto zu starten, schlug sie schimpfend mit den Fäusten gegen das Lenkrad. Hatte sich heute eigentlich alles gegen sie verschworen? Scheinbar blieb ihr nichts anderes übrig, als bei ihrer Ausbilderin anzurufen und sich für diesen Tag ab- und krank zu melden. Das Telefonat war schnell erledigt und Frau Tanaka sehr verständnisvoll, nachdem sie ihr ihre Misere erklärt hatte. Die ältere Frau hatte ihr natürlich viel Erfolg bei der Suche nach ihrer Katze gewünscht und dass sie sich bei dem Wetter nichts wegholen sollte. Höflich hatte sich Usagi bedankt und verabschiedet, ehe sie die rote Hörertaste ihres Handys betätigte. Frierend betrachtete sie Minuten später den Motor ihres eingefrorenen Autos, als ein roter Sportwagen neben ihr hielt und sie von dem lauten Motorengeräusch erschrocken herumfuhr. Noch ehe das Fenster auf der Beifahrerseite heruntergelassen wurde und Mamoru sich leicht über den Sitz lehnte, um sie besser sehen zu können, wusste sie bereits, dass er es war. »Guten Morgen Odango. Alles klar bei dir? Du wirkst ein wenig ... hm... festgefroren.« Er lachte und die Wut stieg augenblicklich in Usagi hoch. War er gerade etwa schadenfroh? Oder klang sein Lachen nur in ihren Ohren so gehässig? Missmutig presste sie die Lippen aufeinander. Seit Wochen sahen sie sich heute das erste Mal wieder und er war einfach wie eh und je - ein Baka durch und durch. Dabei hatte sie doch gedacht und auch gehofft, dass der Kuss etwas zwischen ihnen verändern würde. Dass der Weihnachtszauber irgendwie dafür gesorgt hatte, dass er auch endlich spüren würde, dass da etwas Besonderes zwischen ihnen war. Ein irrsinnige Annahme, wie sie nun feststellen musste. Warum machte sie sich aber auch immer wieder Hoffnung? Nur um dann doch bitter enttäuscht zu werden? »Gar nichts ist klar! Aber schön, dass du dich auf meine Kosten amüsieren kannst, Baka!«, fauchte Usagi ihn an. Ihr wurde gerade alles zu viel. Das Verschwinden von Luna. Ihr nicht anspringendes Auto. Und nun kam auch noch Mamoru, der nichts Besseres zu tun hatte, als sich über sie lustig zu machen und sie auszulachen. Tränen der Wut stiegen ihr in die Augen. Konnte es bei diesem jetzt schon verkorksten Wochenstart eigentlich noch schlimmer kommen? Ihre Woche oder zumindest der Tag waren erfahrungsgemäß jetzt schon gelaufen. Schnell wandte sie sich ab, denn er sollte ihre Tränen nicht sehen. Genauso wenig sollte er denken, sie sei immer noch die Heulsuse von früher. Nein, diese Zeit hatte sie lange hinter sich gelassen. Mamoru hatte sie jedoch aufmerksam beobachtet. Die Tränen in ihren Augenwinkel, die so verdächtig geschimmert hatten, waren ihm nicht entgangen und es tat ihm mit einem Mal leid, was er gesagt hatte. »Hey Odan....Usagi - bitte entschuldige! Brauchst du vielleicht Hilfe? Oder kann ich dich irgendwo hinfahren?«, fragte er beschwichtigend, doch sie rührte sich nicht. Er sah nur ihre Schultern beben und ohrfeigte sich gedanklich selbst. 'Chiba, du Vollidiot!' Dabei hatte er sich doch fest vorgenommen, nicht mehr so zu ihr zu sein. Zu ihr, seinem kleinen Weihnachtsengel, die ihn mit ihrem Kuss unter dem Mistelzweig zwar völlig überrumpelt, dabei jedoch sein Herz zum Schmelzen gebracht hatte. »Usagi? Bitte sag doch was...«, bat er sie erneut. Keine Antwort. Keine Reaktion. Sie strafte ihn - sehr zu seinem Missfallen und eben doch berechtigterweise - mit Ignoranz. Nur konnte und wollte er es nicht dabei belassen. Und so stellte er kurzerhand den Motor seines Wagens ab, stieg aus und lief zu ihr herum. Zaghaft berührte er sie an der Schulter, doch sie zuckte nur kurz zusammen und versteifte sich. »Bitte lass mich doch einfach in Ruhe! Ich muss meine Katze Luna suchen gehen«, sagte sie ein wenig zu forsch, riss sich los und machte einen Schritt von ihm weg. Sie wollte Abstand zwischen sich bringen, um wieder Herr über ihre Gefühle zu werden. Um der Sehnsucht in ihrem Herzen und dem Verlangen nach ihm Einhalt zu gebieten. Doch es war wie verhext... Ihre Hände ballten sich zu Fäusten, als die Tränen schlussendlich doch aus ihren Augenwinkeln drängten. Wie schaffte er es nur immer wieder, ihre erfolgreich verdrängten Gefühle aufflammen zu lassen? Warum konnte ihr Herz nicht einfach loslassen? Warum konnte sie nicht von ihm lassen? Mamoru hatte sofort verstanden, was geschehen war und warum sie so reagierte. Sie sorgte um ihre Katze, dann sprang auch noch ihr Auto nicht an und tja... zu allem Überfluss kam auch noch er daher. Irgendwie musste er das einfach wieder gutmachen, denn das schlechte Gewissen nagte bereits an ihm. »Ich helfe dir bei der Suche!«, sagte er entschlossen. Überrascht blickte Usagi zu dem Schwarzhaarigen, als er nach ihrem Handgelenk griff und sie mit sich zog. Stumm ließ sie ihn gewähren. Sicherlich konnte er bei der Suche hilfreich sein. ❅ Über 2 Stunden waren sie bereits auf der Suche. Usagis wachsende Besorgnis war deutlich spürbar, aber auch den auffrischenden eisigen Wind nahm Mamoru wahr. Mit gerunzelter Stirn blickte er zu der dunklen Wolkenfront empor, die über ihnen aufzog und nichts Gutes verhieß. Zunehmend verdunkelte sich die Umgebung und der eisige Wind blies ihnen fortlaufend kleine Schneeflocken ins Gesicht, die eine weitreichende und klare Sicht fast unmöglich machten. Sein Gesicht brannte von der beißenden Kälte und die Augen tränten ununterbrochen, während er seine Finger und seine Füße kaum noch spürte. Bislang hatte er es jedoch stumm ertragen, nachdem er immer wieder Usagis verzweifelten Gesichtsausdruck wahrgenommen hatte. Dabei musste es ihr genauso gehen, zumal sie bereits weitaus länger der Kälte ausgesetzt war, als er selbst. Seit einigen Minuten überlegte er nun schon fieberhaft, wie er Usagi dazu brachte, die Suche nach ihrer Katze vorerst abzubrechen. Sie mussten sich dringend aufwärmen. Und mit Sicherheit würde es auch bald sehr ungemütlich werden, wenn der erneut heraufziehende Schneesturm erst einmal richtig Fahrt aufgenommen hatte. An der Schulter hielt er sie kurz zurück: »Usagi? Lass uns bitte erst mal zurückgehen und Schutz vor dem beginnenden Schneesturm suchen.« »Wenn du gehen möchtest, dann geh! Aber ich lasse mich von etwas Wind und Schnee nicht abschrecken und werde weiter nach Luna suchen.« »Bitte sei doch ein mal vernünftig und nicht ständig so starrsinnig....« Abrupt fuhr Usagi zu ihm herum. »Tut mir leid, dass ich in deinen Augen scheinbar ein unvernünftiger Mensch bin. Aber so bin ich nun mal, ob es dir passt oder nicht.« Wütend ballte sie die Fäuste. Sie musste sich dringend Luft machen, um nicht irgendwann an ihren Gedanken und Gefühlen zu ersticken, die sie fortlaufend in sich reingefressen hatte. Schon im nächsten Moment sprudelte es aus ihr raus: »Sicher sage ich oft Sachen, die vielleicht undurchdacht sind. Aber dafür sind sie ehrlich gemeint und kommen von Herzen. Und ja, ich tue genauso oft Dinge, die in manchen Augen verrückt, kindisch oder was weiß ich, erscheinen. Aber meistens bedeutet es mir etwas. Und es steckt soviel mehr dahinter, als andere annehmen....« Usagi wandte sich wieder von ihm ab. »Aber weißt du was das Unvernünftigste und Dümmste war, was ich jemals getan habe? - Dich letztes Weihnachten unter dem Mistelzweig zu küssen, um dann festzustellen, dass es dir rein gar nichts bedeutet hat.« Ihre letzten Worte waren kaum mehr als ein Flüstern gewesen. Und dann rannte sie los und ließ einen völlig perplexen Mamoru zurück. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis dieser begriff, was sie soeben gesagt und von sich preisgegeben hatte. Er war doch so ein Hornochse. Natürlich hatte ihr der Kuss mehr bedeutet... Er erinnerte sich selbst noch genau, wie sie mit geröteten Wangen zu ihm aufgeblickt hatte; wie ihre blaue Augen gefunkelt und ihn ihr engelsgleicher Anblick verzaubert hatte, ehe er sich zu ihr hinunter gebeugt und sanft ihre weichen Lippen geküsst hatte. Ja, auch ihm hatte der Kuss so viel mehr bedeutet und trotzdem war er nicht in der Lage gewesen, ihr seine Gefühle, die er schon so lange für sie hegte, zu gestehen. Nur deshalb zog er sich für einige Zeit zurück. Er fand sie zwischen zwei Bäumen im Schnee kniend. Die Hände schützend vor ihrem Gesicht und schluchzend, zitterte sie am ganzen Körper. Ob vor Kälte oder vom Weinen vermochte er nicht zu sagen. Ohne jegliche Gegenwehr ließ sie sich von ihm hochnehmen und er nahm zur Kenntnis, wie sie erschöpft ihren Kopf gegen seine Brust lehnte. 'Und ich bin schuld daran', schoss es ihm in den Kopf, während er mit aller Kraft gegen den Wind an lief. Mühsam kämpfte er sich mit Usagi auf dem Arm zurück zum Wohnkomplex. ❅ Niedergeschlagen ließ sich Usagi auf der riesigen grauen Couch nieder und zog die Knie an ihren Körper. Verstohlen musterte sie Mamoru und verfolgte, wie er nach einer Heizdecke griff, die er ihr dann reichte: »Hier! Wärm' dich erst einmal ein bisschen auf. In der Zwischenzeit werde ich uns noch etwas Warmes zu trinken machen, so dass wir in gut einer Stunde noch einmal gemeinsam nach deiner Katze suchen können. Bin gleich wieder da!« Für wenige Minuten verschwand der Schwarzhaarige in der angrenzenden Küche und sie hörte, wie Geschirr klapperte; der Kühlschrank auf und wieder zu gemacht wurde; und die Mikrowelle leise pingte. Mit einer großen Tasse in der Hand kam er kurz darauf zurück ins Wohnzimmer. Direkt vor ihr auf dem Tisch stellte er den heißen Kakao mit einer riesigen Sahnehaube, etwas Zimt und Kakaopulver darüber gestreut, sowie einem Cookie am Rand, ab. Bei diesem köstlichen Anblick lief ihr regelrecht das Wasser im Mund zusammen. Und doch griff sie nicht sofort nach der Tasse. Angestrengt überlegte sie, was auf einmal los war. Wieso er sich plötzlich so viel Mühe gab... Als sie aufblickte, sah sie, dass Mamoru sie intensiv musterte und dabei zu überlegen schien. Ihre Blicke trafen sich, blieben aneinander hängen. Kurz räusperte er sich, bevor er sprach: »Usagi, kann ich dich einen Moment allein lassen? Ich muss noch einmal ganz kurz runter, mein Portemonnaie und das Kaminholz aus dem Auto holen.« Zaghaft nickte die Blondine, griff nach der Tasse und nippte zaghaft an dem heißen Kakao. Gedankenverloren leckte sie sich im nächsten Moment die Sahne von den Lippen und war sich ihrer Wirkung dabei scheinbar nicht bewusst. Mamoru wandte sich ab und atmete mehrfach tief durch. Dieser Anblick war fast zu viel für ihn und für seine Selbstkontrolle. Schon vor ihrem Kuss beim Weihnachtsfest hatte ihr Anblick sein Herz insgeheim einen Takt höher schlagen lassen. Er wusste, was dies bedeutet, konnte es sich jedoch ewig nicht eingestehen. Dabei ließ sie ihn nicht einmal mehr nachts los, wenn sie sich in seine Träume schlich. Träume, die so real erschienen, dass er am nächsten Morgen aufwachte und neben sich tastete. Noch immer schwer atmend schloss er die Tür hinter sich und eilte die Treppe hinunter. Unten angekommen, blies ihm augenblicklich der kalte Wind entgegen, als er die schwere Eingangstür öffnete. Schnell klappte er sich den Kragen seiner schwarzen Winterjacke nach oben, ehe er aus dem Hauseingang nach draußen trat. Es war tatsächlich ein neuerlicher, noch stärkerer Schneesturm aufgezogen, der mit Eiseskälte und weiterem Schneefall über Tokio hinweg fegte. Mit schnellen Schritten lief er zu seinem Auto, dass noch immer an der Stelle am Straßenrand stand, wo er zuvor Usagi angetroffen hatte. Die Tür und das Schloss waren bereits zugeeist und er musste etwas fester ziehen, ehe sich die Fahrertür öffnete. Schnell griff er nach seinem Portemonnaie und betätigte den Hebel für den Kofferraum, um dort den Sack Kaminholz herauszuholen. Vollbeladen eilte Mamoru zurück zum Wohnhaus, wo ein leises Maunzen in den Büschen neben dem Eingang seine Aufmerksamkeit erregte. In der Hoffnung es wäre vielleicht Usagis Katze, stellte er den Sack mit dem Kaminholz ab und ging in die Hocke. Dass der eisige Wind seine Augen tränen ließen und er von Neuem das Gefühl in seinen Händen und Füßen verlor, war ihm in diesem Moment egal. Für ihn zählte gerade nur, dass Usagi ihre Katze zurückbekam und er nicht mehr die Besorgnis und Verzweiflung in ihrem Blick sah. Er wollte sie Lächeln sehen; ein Lächeln was bis zu ihren Augen reichte und sie strahlen ließ. So wie zu Weihnachten, als sie unter dem Mistelzweig standen und er auf sie hinab blickte. Vorsichtig schob er einige Äste und Zweige beiseite, griff an einer kleinen Ziertanne vorbei und spürte weiches Fell. Bingo! Ein kleines weiches Köpfchen schob sich in seine Hand und er spürte das leichte Vibrieren, während das Kätzchen schnurrte. Sofort nutzte er die Gelegenheit, um das kleines Geschöpf zu packen und aus dem Gebüsch zu ziehen. Zum Vorschein kam tatsächlich eine kleine schwarze Katze mit einer sichelförmigen Blesse auf der Stirn, die ängstlich maunzte und am ganzen Körper zitterte. Schnell schob Mamoru sie unter seine Jacke, um sie sicher und warm zu halten. Doch sie wehrte sich, maunzte verzweifelt und wandte sich hin und her. »Sssscht, ist ja gut! Ich bring dich ja schon zu deiner Besitzerin«, sagte er leise, zog den Reißverschluss seiner Jacke wieder hoch und griff nach dem Sack mit dem Holz, ehe er die Tür aufstieß und im warmen Inneren des Wohnhauses verschwand. ❅ Usagi blickte abwartend zwischen Tür und der laut tickenden Wanduhr hin und her. Allmählich verlor sie die Geduld. Seit über 10 Minuten war Mamoru nun schon weg und sie fragte sich, was so lange dauerte, vom Auto ein Portemonnaie und einen Sack Holz zu holen. Hatte er etwa die Ruhe weg? Kümmerte es ihn so wenig, dass sie hier wie auf heißen Kohlen saß? Sie wollte einfach nicht länger untätig bleiben und warten müssen. Nein, nicht solange Luna noch immer da draußen war. Allein und schutzlos. Gerade als sie sich erheben wollte, hörte sie, wie der Schlüssel im Schloss umgedreht wurde. Kaum hatte er die Wohnung betreten, fixierte er sie mit seinen blauen Augen und blieb abrupt in der Tür stehen. Scheinbar hatte er sofort erkannt, dass sie imstande war, zu gehen. »Es tut mir leid, aber ich kann einfach nicht länger tatenlos hier rumsitzen, solange meine Katze dort draußen ist«, entgegnete sie und griff nach Jacke, die neben ihr auf der Couch gelegen hatte. Mit gesenktem Kopf lief sie auf ihn zu, darum bemüht seinem durchdringenden Blick auszuweichen. Sie ahnte, dass er sie zurückhalten würde. Tatsächlich stellte Mamoru sich ihr in den Weg und griff nach ihrem Handgelenk: »Usagi, so warte doch. Du kannst da gerade nicht raus. Es tobt noch immer ein fürchterlicher Schneesturm da draußen. Es ist bitterkalt und du würdest eh kaum etwas sehen. Außerdem....« Sofort unterbrach ihn Usagi und riss sich von ihm los: »Und was 'außerdem'? Warum willst du mich hier festhalten? Verdammt nochmal, ich versteh dich einfach nicht, Mamoru. Du bist mal so, mal so, und ich bin es wirklich langsam leid. Vielleicht ist es einfach besser, wenn wir uns ab jetzt aus den Weg gehen!« Wie vom Donner gerührt stand er da und blickte starr auf sie hinunter. Hatte er es gerade richtig verstanden? Sie wollte ihn also nicht mehr sehen? Einfach so? Warum fällte sie von einer Sekunde auf die Nächste eine Entscheidung, ohne ihm auch nur den Ansatz einer Chance auf Erklärung zu geben? Dabei hatte er seit vorhin die Hoffnung gehegt, dass sie sich endlich annähern würden. Dass es eine Chance auf einen Neuanfang für sie gab, nachdem er sich so langsam im Klaren darüber geworden war, was er wirklich wollte. Was er fühlte und wonach er sich sehnte. Er sehnte sich nach ihr. Einfach nur nach ihr. Nach Usagi. Seinem Odango. Nein, nach seiner Usako, die ihn mit einem einzigen Kuss in eine andere Welt katapultiert hatte. Die ihn alles um sich herum vergessen ließ und sein Herz zu rasen brachte, sobald sie ihn nur aus ihren großen blauen Augen ansah. Wut stieg in ihm auf... Wut über sich selbst, weil er es verbockt hatte und weil Usagi ihm nicht einmal eine klitzekleine Chance gab. Unbewusst ballte er die Fäuste und presste seine Unterkiefer aufeinander. Eine leichte Bewegung unter seiner Jacke brachte ihn jedoch ins Hier und Jetzt zurück. »Warte!«, murmelte er und öffnete den Reißverschluss seiner Jacke. »Bevor du gehst, solltest du deine Katze mitnehmen.« Schnell drückte er ihr das kleine schwarze Fellknäuel in die Hand, ehe er sich abrupt abwandte, damit sie nicht sah, wie sehr ihn ihre Worte und ihre plötzliche Zurückweisung verletzten. Verdutzt blickte Usagi zu dem Schwarzhaarigen. Stockte, als er ihr etwas Weiches in die Hände legte. Konnte kaum fassen, dass er ihr ihre Katze zurückgebracht hatte. Erleichtert drückte sie Luna behutsam an sich. Alle Sorge und auch ihre Verzweiflung waren in diesem Moment vergessen und sie war Mamoru einfach nur unheimlich dankbar. Doch noch ehe sie etwas sagen und ihm danken konnte, war er aus dem Flur bereits verschwunden und hatte sie zurückgelassen. ❅ Den ganzen Abend saß Usagi auf der Couch und schmuste mit Luna. Eingehüllt in eine warme Kuscheldecke spürte sie die Wärme der kleinen Katze, die sich liebevoll an sie schmiegte, während sie ihren Kopf kraulte. Bis auf das Schnurren und das Rauschen der Heizung war es mucksmäuschenstill in der Wohnung. Seufzend blickte die Blondine nach draußen. Nur noch wenige Schneeflocken fielen vom Himmel, nachdem es den ganzen Nachmittag gestürmt hatte und Tokio von einer weißen Schneemasse bedeckt wurde. Ihre Gedanken drifteten währenddessen zurück zu dem Moment, als Mamoru mit Luna auf dem Arm vor ihr gestanden hatte. Zu gern hätte sie ihm noch gedankt, dass er sie ihr zurückgebracht hatte. Noch einmal seufzte sie tief und gestand sich ein, dass sie es nicht verhindern konnte, dass er sich rigoros und unaufhörlich in ihre Gedanken schlich. Immer wieder hatte sie sein Bild vor Augen hatte und dies allein reichte schon aus, um ihr Herz höher schlagen zu lassen. Dabei wollte sie das doch alles nicht mehr. Sie wollte Abstand von ihm, um ihre Gefühlswelt wieder zu ordnen. Sie wollte zur Ruhe kommen und sich nicht fortlaufend über ihn und seine anmaßende Art ärgern. Doch je länger sie versuchte, sich einzureden, dass es einfach besser für ihren Seelenfrieden war, wenn sie sich aus dem Weg gehen würden, umso absurder kam es ihr vor. Kurz kam ihr sogar in den Sinn, dass sie es womöglich sogar vermissen würde, sich mit ihm zu fetzen und sich Beleidigungen an den Kopf zu werfen. Ja, sie würde es vermissen, ihn einfach nur sehen zu können. Schon im nächsten Augenblick wurde ihr wieder bewusst, dass sie vor Stunden selbst dafür gesorgt hatte, dass er sich nun von ihr abwandte. Immerhin hatte sie ihm unmissverständlich klar gemacht, dass sie ihn nicht mehr sehen wollte und dass es besser wäre, wenn sie sich aus dem Weg gingen. Und das alles nur, weil sie selbst mit ihren Gefühlen nicht klar kam. Weil sie selbst zu feige war, ihm endlich klar zu sagen, was sie dachte und fühlte. Dass es sie verletzte, dass er ihr aus dem Weg ging und ihr seit dem Kuss bei der Weihnachtsfeier scheinbar nichts mehr zu sagen hatte. Aber hatte sie ihn jemals danach gefragt, warum? Nein, hatte sie nicht... Sie verstand plötzlich ihr eigenes Verhalten nicht mehr und schüttelte über sich selbst den Kopf. Wie bescheuert war sie eigentlich? »Meinst du, ich sollte noch mal zu ihm, Luna?« Fragend blickte Usagi auf die kleine Katze in ihrem Arm, die fast wie zur Bestätigung kurz maunzte. »Wirklich?« Wieder maunzte die kleine Katze, erhob sich aus ihrer Umarmung und schlüpfte unter der Decke vor. »Jaja, ist ja schon gut. Ich werde ja schon zu ihm rüber gehen!«, schmunzelte Usagi und erhob sich ebenfalls. Mit einem langen Mantel über ihrer schwarzen Leggings und dem roten Pulli schlüpfte sie in ein Paar schwarze Boots, griff nach ihrem Schlüsselbund und verließ die Wohnung, um sich auf den Weg zu Mamoru zu machen. Da sie nur vier Aufgänge neben ihm wohnte, war es ein kurzer Weg. Selbst der Meter hohe Schnee und die Dunkelheit machten ihr nichts aus. Je mehr sie sich seiner Wohnung näherte, umso intensiver kribbelte ihr Körper. Und ehe sie sich versah, stand sie vor seiner Wohnung und hatte bereits auf den Klingelknopf gedrückt. 'Was tue ich hier eigentlich?', fragte sie sich mit einem Mal und war kurz davor, einen Rückzieher zu machen, als die Tür mit einem Ruck geöffnet wurde und ein mürrisch drein blickender Mamoru vor ihr stand. Beinahe wäre ihr das Herz in die Hose gerutscht und sie musste sie zwingen, nicht doch noch die Flucht zu ergreifen. »Ähm, Hi!« »Was willst du?« »Kann ich kurz reinkommen?« Wortlos trat er einen Schritt beiseite und deutete ihr mit einer Handbewegung an, einzutreten. Unsicher blieb Usagi im Flur stehen und starrte betreten auf die Spitzen ihrer Stiefel, während Mamoru sich mit verschränkten Armen an die gegenüberliegende Wand lehnte und sie stirnrunzelnd betrachtete. »Ich wollte dir noch danken, dass du mir Luna zurückgebracht hast. Ich wäre wohl sonst umgekommen vor Sorge....« »Und deswegen kommst du um diese späte Zeit extra rüber? Um mir das zu sagen?« »Warum bist du denn auf einmal so wütend?« »Verdammt Usagi, noch vor wenigen Stunden machst du mir unmissverständlich klar, dass wir uns lieber aus dem Weg gehen sollten und dann stehst du spät abends doch wieder vor meiner Tür. Weißt du überhaupt was du willst?« »Ja...«, entgegnete sie leicht verunsichert. »Und was?? Was willst du?«, fuhr er sie regelrecht an, bereute dies aber schon im nächsten Moment. »Dich!«, flüsterte sie und kämpfte in diesen Moment gegen die Tränen an, die sich bereits in ihren Augenwinkeln sammelten. Unaufhaltsam drängten sie hinaus, liefen heiß über ihre Wangen, bevor sie beschämt den Kopf zur Seite drehte. Überrascht blickte Mamoru zu ihr hinüber. Haderte mit sich, nicht einfach zu ihr zu gehen und sie in den Arm zu nehmen, als er es verräterisch auf ihren Wangen glänzen sah. »Ich wollte immer nur dich, Mamoru! Und das, obwohl ich eigentlich schon von Anfang an wusste, dass du nie das Gleiche empfinden würdest, wie ich für dich.« Mit hängenden Schultern drehte sie sich zur Tür. »Es tut mir leid! Es war ein Fehler, hierher zu kommen....« »Du hast mich bisher nie nach meinen Gefühlen gefragt, Usagi«, erwiderte er und stellte sich ihr in den Weg. Schnell wandte sie wieder ihren Kopf ab und verbarg ihr Gesicht vor ihm. Er sollte ihre Tränen nicht sehen. Sollte nicht sehen, wie sehr sie die Liebe schmerzte, die sie für ihn empfand. »Was du von mir hältst, hast du mir aber oft genug zu verstehen gegeben«, flüsterte sie mit Tränen erstickter Stimme. »Verdammt nochmal Usagi, das hatte doch nie etwas zu bedeuten. Das hatte rein gar nichts mit meinen Gefühlen für dich zu tun...« Verzweifelt fuhr er sich durch das pechschwarze Haar. Machte einen Schritt auf sie zu, um dann doch wieder direkt inne zu halten. Was tat er hier eigentlich? Warum schaffte sie es immer wieder, ihn erst auf 180 und gleichzeitig so um den Verstand zu bringen? Ihre Hand griff an ihm vorbei. Berührte bereits die kalte Klinke, als er einen weiteren Schritt auf sie zu machte und sie damit in die Ecke drängte. Nur noch Millimeter trennten sie voneinander und er roch ihren süßlichen Duft. Wage erinnerte es ihn an Pfirsich und Vanille. »Ich will nicht, dass du gehst!« Seine Stimme war leise. Kaum mehr als ein Flüstern. Aber dennoch eindringlich und es jagte Usagi einen Schauer über den Rücken. Stoßweise atmete sie ein und wieder aus. Seine Nähe, die Wärme seines Körpers und der Duft nach Rosen, der von ihm ausging, vernebelten ihr die Sinne. Für einen kurzen Moment schloss sie ihre Augen. Fast hätte sie meinen können, sein Herz schlagen zu hören. »Wäre das nicht wieder unvernünftig?«, murmelte sie und Mamoru konnte sich ein kurzes Lachen nicht verkneifen. Da war sie wieder. Seine Usako. Die Frau, an die er sein Herz verloren hatte. Vorsichtig umfasste er mit der Hand ihr Kinn und zwang sie damit, den Kopf ein wenig anzuheben. Ihre blauen Augen glänzten noch immer von den Tränen und doch waren sie so glasklar, dass er augenblicklich in ihnen versank. »Ich würde nicht wollen, dass du jemals anders wärst. Weil, so wie du bist, bist du perfekt!« »Aber... aber... gerade weil ich so bin, wie ich bin, dachte ich, ich würde nie eine Chance bei dir haben. Ich dachte, ich wäre in deinen Augen auf Ewig das tollpatschige und verheulte Odango...« »Du bist so viel mehr als das, Usako!«, hauchte Mamoru nah an ihren Lippen. Vermutlich hätte Usagi darauf wieder etwas geantwortet, hätte er sie nicht gestoppt und ihre Lippen mit seinen verschlossen. Denn endlich hatte er den Mut gefunden, einen Schritt weiter zu gehen. Und endlich wusste er, wie es sich anfühlte, den Menschen im Arm zu halten, zu küssen und ihm nahe zu sein, den man so sehr liebte. ❅ Eine noch nie dagewesene Leidenschaft hatte von ihnen Besitz ergriffen, als sie sich ineinander verloren. Die ganze Nacht hatten sie sich geliebt, hatten den Körper des anderen erkundet und verwöhnt, bis sie völlig erschöpft, aber eng umschlungen, eingeschlafen waren. Die ersten Sonnenstrahlen durchbrachen am nächsten Morgen die dichte Wolkendecke und fielen durch das große Fenster in Mamorus Wohnung. Usagi stand direkt davor und zeichnete mit dem Finger die glitzernden Eisblumen an der Scheibe nach, die die Eiseskälte in der Nacht hinterlassen hatte. »Du bist schon wach?«, murmelte Mamoru hinter ihr und blinzelte Richtung Fenster. »Hm ja, ich konnte einfach nicht mehr schlafen«, antworte Usagi und blickte weiterhin nach draußen. »Du wirkst nachdenklich. Was ist los?« Kurz blickte sie über ihre Schulter hinter sich. Überlegte, wie sie es am besten formulierte, was ihr schon so lange auf dem Herzen lag. Sollte sie ihn einfach gerade heraus fragen? Aber was wäre, wenn er nicht so reagierte, wie sie es sich erhoffte? Seufzend ließ sie die Schultern hängen. Irgendwann musste sie ja so oder so mit ihm sprechen. »Was ist das gerade zwischen uns?«, fragte sie mit zittriger Stimme. Stirnrunzelnd blickte der Schwarzhaarige zu ihr. »Was meinst du?« »Naja, bisher hast du nie gesagt, was du wirklich fühlst.«, antwortete sie leise. »Und nun möchtest du es von mir hören?« »Ja!« Es raschelte und sie hörte, wie er sich erhob. Sofort wusste sie, dass er sogleich hinter sie treten würde. Doch was war dann? Würde er ihr nun ins Gesicht sagen wollen, dass es ein einmaliger Ausrutscher war, als sie sich ihrer Lust hingegeben hatten? Dass er aber nicht genug für sie empfand, um mit ihr eine Beziehung führen zu können? Ihre Gedanken überschlugen sich beinahe, doch dann schlangen sich seine Arme um ihren Körper und sie spürte seinen warmen Atem an ihrem Hals. Ihre Anspannung fiel von ihr ab, als er kurz ihre nackte Schulter und ihren Nacken liebkoste. Eng aneinander geschmiegt, verfolgten beide, wie der Schnee vom Himmel hinab fiel. »Schau! Jede Schneeflocke ist zwar eine unter vielen, doch wenn man sie näher betrachtet, so ist sie doch einzigartig und wunderschön! Genau wie du...« Usagi hörte, wie er tief Luft holte. Spürte, wie sich sein Brustkorb hob und wieder senkte, als er ausatmete. Gespannt wartete sie darauf, dass er weiter sprach. »Usako, zu Weihnachten hast du mir mit dem Kuss nicht nur den Atem geraubt, sondern auch endgültig das Herz gestohlen.« »Heißt das, dass ich dir nicht völlig egal bin? Dass du mehr für mich empfindest?« »Du warst mir noch nie egal, Usako! Und ja, ich empfinde mehr für dich...mehr, als du ahnst und mehr, als ich mir bisher eingestehen wollte.« Eine kurze Stille herrschte zwischen ihnen, doch sie war keineswegs unangenehm. Usagi genoss es, wie sich sein nackter Körper an ihren presste. Seine Wärme und sein Duft hüllten sie ein und ließen sie beinahe schweben. »Liebst du mich?«, fragte sie mit pochendem Herzen. »Ja........ Ja, ich liebe dich, Usako!« ❅ "We are like a snowflake, all different in our own beautiful way." (Unknown) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)