Mattaku Orokana Nanika von Sajor (Wir haben auch keine Ahnung was wir tun.) ================================================================================ Kapitel 2: Das zweite. ---------------------- ~Luna Meine Augen weiteten sich, nachdem ich erst einmal ein paar Sekunden gebraucht hatte, um das was ich hörte zu verarbeiten. Ich ließ von meinem Arm ab, denn den Schmerz unterdrückte nun die Aufruhr, die sich durch meinen Körper zog. Langsam drehte ich meinen Kopf in die Richtung der Stimme, nur um dort einen Jungen in meinem Alter hocken zu sehen. Er schien hoch gewachsen zu sein und seine Sachen hatten bereits so einiges überleben müssen. Ich nahm sein Gesicht nur verschwommen durch Tränen war, doch wusste ich das seine Augen direkt in die meinen blickten. Ich wusste, dass er mir durch seine bloße Anwesenheit vermutlich das Leben rettete. Irgendwann realisierte ich erneut die Bedeutung seiner Worte und öffnete meinen Mund leicht um Luft zu holen und zu antworten, jedoch durchfuhr mich in genau diesem Moment eine weitere Welle des Schmerzes. Meine Hände gingen zum Saum des Kleides, welches bereits Blutgetränkt und zerrissen war. Mit der Kraft die mir noch blieb, zog ich daran um einen Streifen des Stoffes abzulösen. Er war gerade so lang genug, als das ich ihn um mein Bein schlingen konnte und es vorerst abschnüren, damit wenigstens der Schmerz nachließ. Mein Atem ging daraufhin schwer, regelrecht keuchend. Meine Lippen, trocken von der ganzen Aufregung, klebten aneinander, bis ich es tatsächlich schaffte zu reden. "Ich war sogar bis gerade eben auf dem Weg zu einem, meinem Vater um genau zu sein." Ich schaute den Jungen wieder an. Mir wurde beigebracht niemals so viel Schwäche in der Öffentlichkeit zu zeigen, niemals jemanden zu nah an mich ran zu lassen. Niemals um Hilfe zu fragen, denn ein jeder würde so eine Situation schamlos ausnutzen und einen wucherischen Lohn verlangen. Doch in dieser Situation war wenigstens eine dieser Sachen unmöglich. "Sieht so aus als wäre das hier nicht mein Tag..." Ich schluckte tief, versuchte damit alles negative der letzten Stunden zu verdauen. Mein Blick wanderte weiter auf dem Boden vor ihm und es bildete sich ein leichtes Lächeln auf meinem Gesicht. Und mit einer ruhigen und monotonen Stimme sprach ich weiter: "Mit dem Bein komme ich jedenfalls keinen Meter." ~Sajor Mit einem Kopf schütteln schaute ich auf ihr Bein und überlegte kurz. "Dein Vater ist Arzt? Dann ist es doch perfekt dann wird es ja wohl auch nichts kosten. Glück gehabt, bei so einem Bein kann das schon recht teuer werden. Wo ist er? Wenn du willst hole ich ihn her." murmelte ich leise und schaute mich um. Es war niemand in Arztgewändern zu sehen also musste es wohl bedeuten sie war alleine. Aber wieso? War sie wirklich so dämlich dass sie sich in dieser Zeit alleine auf den Zentralplatz traut?!? Zudem gab es nicht besonders viele Ärzte in der näheren Umgebung. Ihre Stände waren entweder mitten im Getümmel oder ganz am Rand des Marktes. "Sag mal, wo genau ist dein Vater?" fragte ich sie und sah sie nochmal genauer an. Ihre Kleidung war wahrscheinlich schon mehr wert als alles was in meinem Zimmer stand, auch wenn sie komplett zerfetzt war. Ihr Körper war schmal und ihre Haare hatten einen ungewöhnlich, starken, lilanen Ton. Ich hatte das Gefühl sie schon mal irgendwo gesehen zu haben... aber wo? Es könnte sein das ich sie einfach nur schon ein paar mal gesehen habe als ich über den Markt gerannt bin. Ich kannte jeden Händler, jeden Bewohner der Stadt. Vielleicht nicht persönlich, aber zumindest von Gesicht und Verhalten her. Fremde erkannte man normalerweise sehr leicht, aber sie hatte etwas vertrautes. Aber das musste mir nun egal sein. Ich musste sie so schnell es geht zu einem Arzt bringen, bei so einer... "Wunde" würde sie nicht lange überleben, vor allem wenn sie weiterhin schutzlos auf dem Boden gelegen hätte. Es gab genug Leute die diese Situation am liebsten ausgenutzt hätten, aber solange ich hier saß, hätten sich die meisten zumindest fern halten dürfen. Obwohl... wir waren nur zwei Kinder, von denen eins sogar verletzt, komplett wehrlos war... Wir mussten hier schnell weg, das war klar. Wieso hatte ich mich hierauf eingelassen? Ich brachte mich für eine Unbekannte einfach so in Gefahr, wie dumm war ich eigentlich? Hatte ich aus den letzten Jahren denn gar nichts gelernt?? Wir mussten uns beeilen! Ich packte ihren Arm und legte ihn über meine Schulter. "Es ist mir egal ob du mir vertraust oder nicht, wir müssen hier weg. Wenn wir weiter hier herum liegen sind wir tot. Also sag mir sofort wo dein Vater ist, ich bringe dich zu ihm. Du bringst mich sonst noch in Schwierigkeiten." ~Luna Was vorher wie unmöglich schien passierte nun: Ich stand wieder. Mein Gesicht verzehrte sich zwar vor Schmerz aber das war es wert. Wie benommen klammerte ich mich an den Jungen neben mir. Seine Stimme war tief und beruhigend. Die gesamte Situation zusammen mit diesem Klang hypnotisierte mich regelrecht. Es war als hätte ich sie bereits irgendwo, irgendwann gehört. Die Wahrscheinlichkeit dass ich mir das aber nur einbildete war mehr als hoch. In diesem Zustand hätte ich es mir zugetraut nur bunte Kakteen zu sehen. Ich wollte nicht mehr. Es war zu viel für einen Tag. "Ich weiß nicht..." säuselte ich letzten Endes vor mich hin. "Vermutlich... vermutlich sind sie wieder daheim. In der Richtung." Ich hob meinen Arm und mit einem Fingerzeig wies ich den Weg. Kurz darauf erschlaffte er wieder, Energie zu sparen war erst einmal meine Priorität. Die Frage war, sollte ich diesem Jungen wirklich vertrauen? Ein Fremder der auf einmal auftaucht und mir sogar helfen will, müsste doch durchaus verdächtig sein. Egal war es mir trotzdem. Ob ich nun hier hilflos auf dem Boden lag bis man am nächsten Morgen nur eine Leiche fand oder er mich sonst wo hin verschleppte, machte nun auch keinen allzu großen Unterschied aus. Doch er ging mehr als nur behutsam vor. Mein Arm über seiner Schulter, musste er sich leicht bücken damit es überhaupt funktionieren konnte. Am liebsten würde ich ihm sagen, dass er mich einfach zurück lassen solle, immerhin brachte ich ihn hiermit auch in Gefahr. Aber momentan wollte ich einfach nur nach Hause. Natürlich würde ich dafür sorgen dass er für die Umstände entlohnt werden würde... so wir er wirkte, wäre er sicher nicht von ein Wenig Hilfe abgeneigt. Aber zuerst musste ich das hier irgendwie überstehen. Falls das Bein zu guter Letzt nicht mehr zu retten sein würde, hätte ich keine Chance in dieser Welt weiterhin zu überleben. ~Sajor Langsam fing ich an in die Richtung zu stolpern in die sie gewiesen hatte. Sie war nicht besonders schwer, aber es war ungewohnt so zu laufen, vor allem während ich einen anderen Menschen stützte, und dann kam sie mir noch so klein vor. Es war schon fast nervig ihr zu helfen, aber sterben lassen konnte ich sie trotzdem nicht einfach so. Wir drängelten uns durch die Menschenmassen und ich versuchte nicht die Richtung zu verlieren. Wir wurden von allen Richtungen angerempelt, als wenn wir nicht einmal existieren würden. Als wir uns langsam dem Stadttor näherten schaute ich sie noch einmal an. Sie schien erschöpft zu sein. wir hatten kein weiteres Wort mehr bisher miteinander gewechselt. Glücklicherweise wurde es langsam leerer und leiser, aber dafür auch dunkler und somit gefährlicher. "Wohnst du in der Stadt, oder ist dein Vater Fahrender Händler? Oder Fahrender Arzt, oder was auch immer..." Solche Leute waren in der Gesellschaft meist hoch angesehen, da es nicht viele von ihnen gab, besonders nicht viele gute. Allerdings... wenn ihr Vater Fahrender Händler, oder halt Arzt wäre, dann würden sie nicht mehr weit weg sein. Die Meisten schlugen ihr Lager direkt vor den Toren auf, oder unmittelbar in der Nähe davon. Ich konnte nur hoffen das sie nicht gleich in einer anderen Stadt wohnen würde, denn bis dahin hätte sie es auf keinen Fall überleben, zu mindestens wenn es so weiter gegangen wäre. Als ich einen recht großen Stein sah, setzte ich sie kurz darauf und streckte mich, wobei ich meine Wirbelsäule knacken hörte. Warum hatte ich ihr geholfen? wusste es selbst nicht, aber naja, in diesem Moment war es zu spät einen Rückzieher zu machen. Die Sonne war schon so gut wie untergegangen und die Abendröte war schon fast verschwunden. Man konnte langsam die Sterne am Himmel erkennen und Schmerzen machten sich in meinen Beinen breit. Ich setzte mich neben sie und betrachtete schweigend ihr Bein. ~Luna "Warum genau hilfst du mir eigentlich?" fragte ich leise. Ich wollte ihn das bereits seitdem er neben mir hockte fragen, aber bisher hatte ich mich der Antwort darauf nicht stellen wollen. Insgesamt hatte ich nichts auf dem Weg hier her gesagt. Es war schwierig genug gewesen, zu laufen und nicht immer wieder vor Schmerz aufzuschreien. Inzwischen hatte ich mich fast daran gewöhnt, mit einer ausdruckslosen Mine ließ es sich um einiges leichter ertragen. Theoretisch müsste man das Bein nur wieder einrenken und die Wunden desinfizieren, jedoch könnte es passieren, dass ich zum Krüppel würde, wenn man danach keine ordentlichen Schienen anlegt. Wir müssten sowieso bald an dem Stadttor sein, dann müssten wir nur am Wall nach rechts in eine Gasse abbiegen und wir wären in wenigen Minuten da... Nur waren wenige Minuten wohl bereits zu viel. Der Junge neben mir schien ziemlich betroffen vom schiefen Gang zu sein. Lange würde er das hier nicht mehr mitmachen können. Sollten wir angegriffen werden, würde vermutlich auch er nicht mehr schnell genug entkommen können. Er riskierte hier wirklich sein Leben für mich... mich, eine Wildfremde. Als ich zu ihm rüber schaute, bemerkte ich erst einmal, wie er mein Bein regelrecht mit seinem Blick durchbohrte. Er war vollkommen darauf fixiert, vermutlich genauso wie ich in Gedanken versunken. Trotzdem versuchte ich es mit einer weiteren Frage. "Und wie heißt du?" ~Sajor Mit einem naiven Lächeln schaute ich sie an und zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung, mir war einfach danach." Dann stellte ich mich wieder hin und reichte ihr meine Hand. "Aber wenn du mir nicht vertrauen willst, dann tu es nicht. Sterben würdest du so oder so." Ich schaute Richtung Stadttor und überlegte wie lange es noch dauern würde bis es absolut dunkel geworden wäre. Aber darüber durfte ich mir keine Gedanken machen. Hätte ich in diesem Moment darüber nachgedacht, wäre ich sofort nach hause gerannt und hätte sie zurückgelassen und sie wäre gestorben, aber das konnte ich nicht. "Wir müssen uns beeilen. Wenn wir jetzt zu lange rasten sind wir schneller tot als wie wir brauchen um anzukommen." Die Menschen kamen langsam aus der Zentrale der Stadt um zu ihren Lagern zurückzukehren. Allerdings konnte man nie wissen ob all diese Leute wirklich nur Händler waren. Unter ihnen tummelten sich liebend gerne Eigenwillige, welche ihre eigene Justiz verbreiten wollten. Da konnte es auch mal gut sein das sie einfach nur nicht wollten das man auf einem Stein sitzt, sondern auf einer bequemeren Sitzfläche um nicht zu primitiv zu wirken. Menschen waren in meinen Augen abscheulich. Durch ihre Ansichten waren sie geblendet. "Und meinen Namen verrate ich dir erst wenn wir heil aus dieser Sache raus kommen." Ich hatte keine Lust das meine letzten Worte "Ich heiße..." gewesen wären. Dafür war mir der Atemzug zum fliehen zu wertvoll. ~Luna Zögernd nahm ich seine Hand und stütze mich auf mein heiles Bein. Auch es war inzwischen durchzogen von Krämpfen und gab langsam nach. An einem Tag so viel zu laufen war ich nicht gewohnt, vor allem nicht auf einem Fuß allein. Und damit stand ich vor ihm, versuchte wieder Augenkontakt zu bekommen. "Sterben will ich heute noch nicht. Irgendwie muss ich mich ja noch bei dir für all das bedanken können." meinte ich nur und erwiderte das Lächeln, das eben noch seine Lippen geschmückt hatten. Dieser Junge war interessant. Meine Neugier stand innerhalb dieses kurzen Zeitraumes wie in Flammen. Ich wollte mehr über ihn und seine Gedankengänge erfahren. Wollte seine Motive verstehen. Wir würden das hier überstehen und danach würde er mich erst einmal nicht so leicht abhängen können. Negative Gedanken wie verflogen, deutete ich ihm mich wieder zu stützen und los zu laufen. Und noch während wir die ersten Schritte gingen, verschwand die Sonne am Horizont und allein der Mond und ein wenig Kerzenlicht aus den Häusern beleuchteten die Straße. Es war mehr als nur unheimlich. Es war mir, als hörte ich aus allen Richtungen Geräusche, wenn doch das einzige was durch die Straße hallte unsere Schritte waren. Der Ton wurde von mal zu mal stumpfer und nach kurzer Zeit sahen wir das Haupttor vor uns liegen. Prächtig ragte es gen Himmel, prunkvoll beleuchtet sah man einige kleine Gestalten auf ihm wandern, die Wachen wie ich hoffte. "Wir müssen gleich rechts einbiegen..." Meine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Ich schaute mich während des gesamten Weges nur konzentriert um, beide Augen zuckten von Haus zu Haus, von Gasse zu Gasse um schnellstmöglich Gefahrenquellen ausfindig zu machen. Zu unserem Glück sah ich allerdings nichts. Dennoch wurde ich das Gefühl nicht los, dass uns jemand beobachtete, jemand folgte. Mein ganzer Körper war am zittern. ~Sajor Wir gingen langsam aber sicher den Pfad entlang und schauten uns panisch um. Selbst ich merkte wie aufgeregt sie war, aber mir ging es ja kaum besser. Mit panischen Blicken flüchtete ich über unser Umfeld und versuchte immer im Schatten Deckung zu finden. Obwohl ich Angst hatte, Angst zu sterben, musste ich weiter. Selbst wenn ich jetzt umdrehen würde, währen meine Chancen zu überleben geringer als diesen Weg zu nehmen... Als ich wieder anfing meinen Rücken zu spüren geriet ich noch mehr in Panik. Ich konnte nicht nachgeben, vor allem nicht jetzt! Ich musste voran kommen, egal was es mich kostete. Wenn ich hier sterben würde, was hätte ich in meinem Leben erreicht? Ich war noch viel zu jung und habe immer nur versucht für mich selbst zu leben. Mit einem wütendem Blick schaute ich grade nach vorne und verstärkte meine Schritte. "Stütz dich mehr auf mich. Wir müssen schneller werden und ich denke ich hab noch ein wenig mehr Kraft als du." Ich hatte weder eine Ahnung wie weit es war, noch ob uns jemand... oder etwas... verfolgt. Die wichtigste Frage für mich aber war: Wer ist sie? Ich schien sie zu kennen aber trotzdem war sie mir vollkommen fremd. Sie hatte etwas vertrautes aber gleichzeitig etwas vollkommen unbekanntes. Es war unmöglich das ich sie vorher jemals gesehen hätte, an solche Haare würde ich mich eindeutig erinnern. Oder liegt es einfach nur zu weit zurück? Mir flogen mehr Fragen durch den Kopf als Antworten, aber genau diese lenkten mich von dem Schmerz in meinem Körper ab. Ich wollte nicht daran denken wie sich mein Körper nun wohl wirklich anfühlte, ob vielleicht jemand direkt hinter uns steht und nur darauf wartet uns zu töten. Mein Blick blieb stur geradeaus, ich achtete nicht mehr auf unser Umfeld, diese Aufgabe hatte ich unbewusst ihr übertragen. ~Luna Jetzt da wir endlich in der Gasse in der sich mein Haus befand waren, fühlte ich mich wenigstens ein wenig sicherer. Dieser Teil der Stadt war noch mit am ruhigsten, da hier fast nur Einwohner entlang gingen und kaum fremde diesen Weg nutzten oder kannten. Davon abgesehen gab es hier keine weiteren Abzweige, was bedeutete das kaum Versteckmöglichkeiten für Mörder vor uns lagen. Einzig und allein die Möglichkeit dass uns jemand verfolgte, bestand noch. Doch durch meine eher lautes vor mich hin stolpern, konnte man nicht hören, ob da noch jemand anderes auf diesem Weg wandelte. Meine Augenlider wurden langsam von dem gedimmten Licht schwer und mein letztes bisschen Kraft schien zu schwinden. Womit genau hatte ich das verdient? Vermutlich würde genau in letzter Sekunde jemand aus dem nichts auftauchen und uns bedrohen. Jungchen hier drüben würde mich loslassen und um sein Leben rennen und ich würde morgen früh tot von meinen eigenen Eltern aufgelesen werden. Unsere Erfolgsaussichten waren inzwischen so sehr gestiegen... wieso musste ich mir nach wie vor solche Sachen vorstellen? Im hinteren Teil meines Kopfes wünschte ich mir natürlich auch, nicht allein sterben zu müssen, aber ich könnte es ihm genauso wenig übelnehmen, sich selbst zu retten. Immerhin hatte er bis hierhin sein bestes gegeben und ist an die Grenzen seiner eigenen Kräfte geraten. Doch dann sah ich es. Das einzige Haus, dass immer noch hell beleuchtet war. Das Licht das aus seinen Fenstern strömte war regelrecht blendend und erhellte selbst den Nachthimmel über ihm so sehr, dass man dort keine Sterne mehr sah. Ich zupfte am Ärmel meines Retters und deutete mit einem Nicken auf das Haus. "Das dort ist es." erklärte ich und erstrahlte in dem größten Lächeln zu dem ich im Moment noch im Stande war. ~Sajor Ich versuchte nicht mich schon zu entspannen. Im Gegenteil, ich legte noch einen Gang zu, um so schnell wie möglich zu diesem Haus zu kommen. Vor meinen Augen fingen die Lichter an zu verschwimmen... aber wieso mir? Sie hatte das verletzte Bein... sie war fast am verbluten... und mir verging das Licht? Wieso? War ich wirklich so schwach? Selbst wenn ich es versuchen würde, zu diesem Haus würde ich es nicht mehr schaffen... egal was ich tun würde. Meine Beine gaben unter mir nach und ich sackte zusammen. Meine Hand versuchte sie noch ein wenig zu stützen und ich lächelte sie an. "Schaffst du es noch bis zum Haus? Ich denke ich schlafe hier ne Runde. Sieht so bequem aus." sagte ich und versuchte keinen Muskel zu regen. Noch stand sie vor mir, auf einem Bein, erschöpft und schwach. Die Frage war nur noch... wie lange? Mein Körper wurde schwerer und ich überlegte ob ich mich vielleicht versuchen sollte voran zu rollen? Aber das war wohl zu bescheuert, selbst für mich. Durch meine zerrissene Kleidung spürte ich die Steine unter meinen Beinen, und ich hatte das Gefühl als hätten sie sich immer tiefer in meinen Körper gebohrt. Nun zeigte sich wohl die Erschöpfung vom ganzen Tag... dem Arbeiten, der Panik und dem unendlichem Fußmarsch durch die halbe Stadt. All dies war dann wohl am Ende doch zu viel geworden. "T.. tut mir... leid..." summte ich leise und schaute ihr erschöpft in die Augen. Mein Lächeln verschwand nicht von meinem Gesicht, da ich nicht mit einem weinerlichem Gesicht aufgeben wollte. ~Luna Hektisch schaute ich hin und her, erst zum Haus dann zu dem Jungen der neben mir zusammengebrochen war und wieder zurück. Mir wahr mehr als nur unwohl bei dem Gedanken ihn dort liegen zu lassen, wenn auch nur für ein paar Augenblicke um Hilfe zu holen. "Entschuldigen ist das letzte was du gerade tun solltest." Entschlossenen Blickes visierte ich mein Ziel an und - so affig es sich auch anhören mag - hüpfte los auf meinem zitternden, noch halbwegs zu gebrauchenden Bein. Als ich mich endgültig von ihm losgelöst hatte, merkte ich erst einmal wie stark er mich die ganze Zeit gestützt hatte. Kein Wunder das er nach dem ganzen weg derartig erschöpft war. Und ich fand dieses Durchhaltungsvermögens mehr als nur beeindruckend. Mit jedem Meter den ich schaffte merkte ich wie mir nun doch das Bewusstsein entschwand. Der provisorische Verband an meinem Bein lockerte sich bis er zum Schluss ganz abfiel. Blut durchströmte das halbtote Bein nun wieder. Ich glaubte zu diesem Zeitpunkt den schlimmsten Schmerz den es gab zu spüren und schrie fast auf. Ein weiteres mal biss ich mir vorher in den Arm mit dem Unterschied dass dieses mal Blut an jenem herunter lief. Ich keuchte. Wenn ich jetzt die Konzentration verlor würde ich einschlafen und nie wieder aufwachen. Für kurze Zeit kam mir der Gedanke gar nicht mal so abwegig vor. Sämtliche Schmerzen würden verschwinden, ich würde niemanden mehr zur Last fallen und vor allem könnte ich dadurch dieser ekelhaften Welt entfliehen. Doch dann erinnerte ich mich an die Figur hinter mir, die nur weil ich so eine verdammte Idiotin war dort lag. Ich konnte nicht aufgeben. Noch nicht. Das war meine Schuld. Meine allein und niemand sollte deswegen leiden müssen. Ohne es wirklich zu merken war ich jedoch angekommen. Die Tür die ich schon so oft durchschritten hatte lag vor mir. Ich klopfte nicht mit meinen Händen. Viel eher stieß ich mit meinem ganzen Körper gegen die Tür. Und tatsächlich hörte ich Schritte und aufgeregte Stimmen. Vor mir wurde es hell und ich erkannte gerade so die Umrisse meines Vater. Das letzte was ich murmeln konnte bevor mich die Schwärze der Bewusstlosigkeit umschlang war: "Helft ihm... irgendwie..." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)