When the leaves fall... von Vienne (...I'm here for you) ================================================================================ Kapitel 1: ...I'm here for you ------------------------------ When the leaves fall… …I’m here for you Das Laub raschelte laut in den Baumkronen. Es war bunt gefärbt und schmückte die Straßen in herbstlichen Farben. Die Sonne schien vom blauen Himmel und wärmte die Straßen Tokios. Die Menschen genossen die letzten warmen Strahlen und sammelten sich in den Straßencafés oder den Parks der Stadt. Keiner konnte sagen, wie lange das gute Wetter noch anhalten würde. Und auf die nasskalte Seite dieser Jahreszeit hatte keiner in der Millionenmetropolen Lust. Das junge Mädchen rannte die Straßen entlang. Achtete dabei nur unwesentlich auf die Menschen in ihrer unmittelbaren Umgebung und kassierte so einige hinterher gerufene Flüche und Verwünschungen. Doch Usagi war es ziemlich egal. Sie wollte nur so schnell wie möglich an den sichersten Ort, den sie kannte. Das Crown. Ihre Freundinnen warteten dort auf sie. So wie immer wenn sie nachsitzen musste. Normalerweise war es ihr relativ egal, wenn sie noch eine Stunde länger in der Schule saß oder Strafarbeiten aufgebrummt bekam, weil sie zu spät kam oder nicht aufgepasst hatte im Unterricht. Aber seit das neue Semester nach den Sommerferien begonnen hatte, war es beinahe schon unerträglich für sie geworden. Und das war einzig und allein die Schuld des neuen Mitschülers, der nach den Ferien zu ihr in die Klasse gekommen war. Zugegeben: Er war schon ein wenig wie sie. Kam dauernd zu spät und passte manchmal nicht auf in den Stunden. Doch langsam aber sicher kam es Usagi so vor, als würde er das mit Absicht machen, nur um mit ihr nachsitzen zu können. Anfangs hatte sie versucht, ihn zu ignorieren. Fühlte sich sogar ein wenig geschmeichelt ob seines Interesse an ihr. Aber jetzt war er so aufdringlich, dass er sie regelmäßig zur Weißglut trieb. Den Spitznamen, den er ihr ungefragt verpasst hatte, hasste sie noch mehr als den, den ihr Mamoru gegeben hatte. Ihr bisheriger liebster Erzfeind. Diesen Platz hatte der Oberstufenschüler jedoch jetzt verloren. Sie bog in den Jubaan-Park ein, der eine willkommene Abkürzung in Richtung Ziel bot. Das Mädchen hatte keinen Blick für das bunte Laub oder für den Drachen, den zwei Grundschüler steigen ließen. “Schätzchen, jetzt bleib doch mal stehen!” Usagi kam ins Straucheln. Die Stimme hinter ihr ließ ihr einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Sie begriff gar nicht, warum der Typ sie permanent verfolgte. Er wartete sogar vor dem Mädchenklo in der Schule auf sie. Sie traute sich nur noch in Gesellschaft von Makoto und Ami irgendwo hin. Flüchtig sah sie über ihre Schulter und ihren Mitschüler, der hinter ihr her hechtete. Er war viel schneller als sie und es war sicherlich ein leichtes für ihn, sie innerhalb der nächsten fünfzig Meter einzuholen. Sie fluchte und rannte, den Blick immer noch wütend auf ihn gerichtet, blindlinks weiter. “Autsch!” Das Mädchen zuckte zusammen. Sie war unsanft auf ihrem Hinterteil gelandet und schaute erschrocken auf. Ihr eigentlicher Lieblingsfeind stand vor ihr und schaute sie säuerlich an. Binnen Sekunden stand sie wieder auf ihren Beinen, sah ihn flehend an: ”Hilf mir.” “Was?”, Mamoru starrte sie verwirrt an. “Hilf mir bitte, Mamoru.” ”Wobei denn?” ”Erklär ich dir später. Spiel einfach nur mit.” ”Aha.” ”Bitte.” Der Oberstufenschüler hörte den flehenden Unterton. Seine Neugierde war geweckt: ”Okay. Aber auf deine Erklärung bin ich echt gespannt, Odango.” Usagi nickte nur. Hilfe suchend umschlang sie seinen Arm. Seinen irritierten und überraschenden Blick ignorierend, schaute sie vorsichtig in die Richtung, aus der ihr Mitschüler angerannt kam. Sein Blick verriet nichts Gutes. Instinktiv suchte sie Schutz bei Mamoru. “Wer ist der Kerl?” ”Ein neuer Mitschüler. Ich kann ihn nicht leiden.” Der junge Mann wollte noch eine weitere Frage stellen, doch genau in dem Moment wurde er unsanft angerempelt. Von Usagis neuem Mitschüler. Verblüfft schaute er ihn an. Er war einen halben Kopf kleiner als er selbst und schaute ihn mehr als feindselig an. Mamoru zog fragend die Augenbraue hoch und umfasste seine liebste Feindin an der Taille. Zog sie näher an sich ran. Er konnte augenblicklich nachvollziehen, warum sie den Kerl nicht mochte. “Wer ist das, Schätzchen?” “Ja genau, Usako. Wer ist das?” Noch bevor das Mädchen etwas sagen konnte, wurde sie von ihrem Mitschüler rüde unterbrochen: ”Mein Name ist Seiya Kou und du lässt gefälligst deine dreckigen Griffel von meiner Freundin.” Mamoru wusste nicht, ob er leise oder schallend laut lachen sollte. Die Situation war einfach zu komisch. Diese halbe Portion war tatsächlich in Usagi verschossen. Und das auf heftigste Art und Weise. Wahrscheinlich hätte er auch einen Lachkrampf bekommen, hätte er nicht den seltsamen Blick von diesem Seiya gesehen. Denn der schaute ihn kampfeslustige an und den Oberstufenschüler beschlich das leise Gefühl, dass er wirklich das Mädchen neben sich vor diesem durchgeknallten Typen schützen sollte. Er räusperte sich und schaute hinab zu der Blondine: ”Hattest du vor, dich von mir zu trennen?” Usagis Herz schlug ihr vor Erleichterung bis zum Hals. Mamoru spielte das Spiel mit. Mit festem Blick schaute sie zu ihm auf und schüttelte den Kopf: “Natürlich nicht. Ich bin glücklich mit dir.” ”Und warum meint er dann, du wärst seine Freundin?” Das Mädchen hob nur bedauernd die Schultern und schaute zu Seiya: ”Lass mich in Ruhe.” Der Mittelstufenschüler schaute sie entsetzt an. Er konnte nicht glauben, was er da zu Ohren bekam: ”Du hast einen Freund?” “Ja.” “Das glaub ich nicht.” ”Es ist aber so. Usako und ich sind jetzt seit einem halben Jahr zusammen.” ”Dich hab ich nicht gefragt.” “Mir egal. Ich hab dich ja auch nicht gebeten, meiner Freundin nachzustellen. Lass sie in Ruhe.” ”Ich denk nicht daran. Sie gehört mir.”, mit diesen Worten drehte sich Seiya wütend um und rannte davon. Usagi zitterte am ganzen Körper und Tränen bahnten sich ihren Weg. Der Typ war furchteinflösend. Ängstlich sah sie ihm hinterher. Bis jetzt war er nett zu ihr gewesen. Doch gerade eben hatte er ihr eine andere Seite gezeigt. “Alles okay?”, Mamoru sah besorgt zu ihr hinab. Ihm war nicht entgangen, dass sie sich an ihn geklammert hatte und am ganzen Leib zitterte. Sein Blick folgte ihrem. Dieser Seiya bereitete ihm Bauchschmerzen. “Bringst du mich ins Crown?”, ihre Stimme war leise. “Na klar.”, er nickte nur. Er nahm ihre kleine Hand in seine und lenkte sie durch den Park. Nebenbei schrieb er eine Nachricht mit seinem Handy an Motoki. Dem jungen Mann war klar, dass ihr jetzt nur ein Schokoshake mit doppelter Sahne und extra vielen Schokostreuseln helfen konnte. Das und ihre Freundinnen und Motoki. Sie mussten einen Plan finden, um die Blondine vor diesem durchgeknallten Mitschüler zu schützen. Es war kaum was los, als sie eine Viertelstunde später im Crown ankamen. Motoki eilte schon zusammen mit Makoto auf Usagi und Mamoru zu. Die Brünette nahm sie sofort in die Arme und begleitete sie zum Stammtisch der Mädchen. Diese sahen sie besorgt an. Von Motoki hatten sie bereits erfahren, dass es ihrer Freundin nicht gut ging und etwas mit dem neuen Mitschüler vorgefallen war. Minako und Rei kannten Seiya nur aus den Erzählungen von Ami, Makoto und Usagi. Aber er war ihnen sofort unsymphatisch gewesen. “Was ist denn passiert?”, Motoki hatte für sich und Mamoru einen Stuhl zum Tisch der fünf Mädchen gestellt. Nahm mit seinem besten Freund darauf Platz. “Seiya ist passiert.”, zitternd nahm Usagi einen Schluck ihres Schokoshakes. “Er hat ihr nachgestellt.” Die Blicke der Clique wanderten zu dem Schwarzhaarigen. “Er hat es wieder geschafft, mit mir zusammen nachzusitzen. Frau Haruna hat mich eher gehen lassen, also bin ich los gerannt. Ich wollte so schnell wie möglich zu euch. Aber er kam hinterher. Als ich kurz hinter mich schaute, bin ich in Mamoru reingerannt. Zum Glück. Ich hätte nicht gewusst, was ich ohne deine Hilfe gemacht hätte, Mamoru.” Usagi konnte ihre Tränen nicht mehr zurück halten. Ungehalten rannen sie ihre Wangen hinab. Dankbar nahm sie von Ami ein Taschentuch entgegen. Am Tisch herrschte betretenes Schweigen. Es war noch nie vorgekommen, dass das Mädchen den Oberstufenschüler bei seinem Namen nannte. Sonst war er immer nur ihr Baka. Sie hatte sich auch noch nie bei ihm bedankt. Doch scheinbar schweißte diese Situation die beiden Streithähne eng zusammen. “Was habt ihr gemacht?”, Minako schaute Mamoru fragend an. “Naja, er fauchte mich an, dass ich meine dreckigen Griffel von Usagi lassen soll, weil sie seine Freundin ist. Dann hab ich sie gefragt, um ihn halt zu schocken, ob sie sich denn von mir trennen will.” ”Trennen will?”, die Mädchen und Motoki starrten sowohl Usagi als auch Mamoru mit offenem Mund an. Beide wurden augenblick mehr als nur rot im Gesicht. “Ihr habt so getan, als wärt ihr zusammen?” ”Ja, Ami. Ich meine, was hätte ich denn sagen sollen? Das wir liebste und beste Feinde sind?”, die Stimme des Oberstufenschülers klang ein wenig herausfordernd, “Wir haben ihm erzählt, dass wir seit einem halben Jahr ein Paar sind. Dann wurde er wütend und hat uns mehr oder weniger gedroht.” ”Gedroht?”, Motokis Stimme klang besorgt. ”Ja. Mamoru sagte ihm, er solle mich in Ruhe lassen. Aber Seiya meinte nur, dass er das nicht tun wird und ich ihm gehöre.” “Was für ein Freak.” Alle Blicke wanderten zu Makoto. “Was machen wir nun?”, Rei strich Usagi, die zwischen ihr und Minako saß, über den Rücken, “Wir müssen sie schützen. Irgendwie.” ”In der Schule können wir auf sie aufpassen.”, überlegte Ami laut, “Ich denke mal, dass Naru und Umino auch auf sie achten würden, wenn wir sie darum bitten. Nach der Schule gehen wir dann zusammen heim.” ”Und wenn ich nachsitzen muss? Du hast doch dann noch deinen Privatunterricht und Mako ihre Koch-AG.” “Dann hol ich dich ab.” Usagi sah zu Mamoru, der sich mit verschränkten Armen zurückgelehnt hatte und sie ernst ansah: ”Du hast doch dann immer bis vier oder?” “Ja.” ”Ich hab immer kurz nach drei Schulschluss. Bis vier schaff ich es locker an deiner Schule zu sein. Ich warte dann einfach unten vorm Haupteingang.” “Kein schlechter Plan.”, stimmte Rei ihm zu, “Er bringt dich dann hierher. Oder nach Hause. Je nach dem.” Das Mädchen neben ihr starrte etwas ungläubig in die Runde. Nickte nur stumm. Sie war unglaublich froh, dass sie solche Freunde hatte. Abrupt stand sie auf und zog alle hoch. Umarmte erst ihre Freundinnen, dann Motoki und zum Schluss auch Mamoru. Ihn sogar ein bisschen länger als die anderen. Sie legte ihren Kopf an seine Schulter, murmelte ein Danke und spürte, wie er sie enger an sich zog. Bemerkte seinen warmen Atem an ihrem Ohr: ”Keine Sorge, Odango. Ich beschütz dich vor diesem Schwachmat.” ”Danke.” *************************************** Es waren mittlerweile Ende Oktober. Seit drei Wochen holte Mamoru Usagi jetzt fast täglich von der Schule ab. Zu ihrem Selbstschutz hatte es das Mädchen sogar geschafft, am Morgen auch fast immer pünktlich zu sein, um so nicht nachsitzen zu müssen. Ihre Freunde Naru und Umino stupsten sie im Unterricht regelmäßig an, damit sie aufmerksam blieb. Sie fühlte sich wieder halbwegs sicher. Auch wenn Seiya ihr auf dem Schulgang noch immer auf Schritt und Tritt folgte. Aber wenigstens quatschte er sie nicht mehr dumm von der Seite an. Zumindest nicht mehr so häufig. Dummerweise hatte er allerdings auch dafür gesorgt, dass jetzt jeder glaubte, Usagi wäre mit einem Oberstufenschüler liiert. Die Mädchen aus ihrer Klasse hatten sie tagelang Löcher in den Bauch gefragt. Sie weichte den Fragen aus. Erzählte Mamoru davon und der meinte, sie solle was erfinden. Was sie auch tat. Mittlerweile freute sie sich sogar darauf, wenn er nachmittags vor der Schule auf sie wartete. So wie am heutigen Freitag. Schnell war sie die Stufen hinunter geeilt, hatte ihre Schuhe getauscht und war nach draußen gerannt. Sie hatte heute Putzdienst gehabt und musste somit ein wenig länger bleiben. “Hallo Mamoru.”, sie kam ihm lachend entgegen. Instinktiv umarmte sie ihn. Erst hatte sie es nur deshalb getan, weil sie wusste, dass Seiya sie öfters noch beobachtete. Mittlerweile tat sie es einfach, weil sie es wollte. Der junge Mann erwiderte ihre Umarmung. Er musste zugeben, dass er es mittlerweile sehr angenehm fand, einen Teil seines Nachmittages mit ihr zu verbringen. Sie stritten kaum noch und lachten viel mehr zusammen. “Wie war dein Tag?” “Ganz okay. Hab meinen Mathetest wieder bekommen.” ”Und?” ”Siebzig Prozent.” ”Gratuliere!”, er lächelte sie an, “Wie war Seiya drauf?” “Er hat einen dummen Spruch nach dem anderen losgelassen. Und er nennt mich immer noch Schätzchen.”, sie harkte sich bei ihm ein, “Außerdem bezweifelt er, dass wir beide wirklich zusammen sind. Er prahlte vor den anderen Jungs herum, dass ich bis Weihnachten mit ihm zusammen sein werde.” Bei ihren letzten Worten war sie ein wenig rot geworden und schaute verlegen weg. Direkt in Richtung Schultor und somit zu Seiya, der dort angelehnt an der Mauer stand. Feindselig starrte er zu ihr hin und sie zupfte an Mamorus Jackett seiner Schuluniform. “Was denn?” ”Da vorne.” Er folgte ihrem Blick. Schneller als es ihm und ihr lieb war, waren sie auch schon auf gleicher Höhe mit Usagis Mitschüler. Das Mädchen drückte sich näher an ihren Bodyguard. Sie war unfähig, auch nur ein Wort zu sagen. Am liebsten hätte sie ihn ignoriert. Genauso wie es Mamoru getan hätte. Aber Seiya ließ ihnen keine Chance dazu. Stellte sich ihnen in den Weg: ”Wisst ihr was komisch ist?” Beide schwiegen. “Ihr seid seit einem halben Jahr zusammen. Aber ich hab noch nie gesehen, dass ihr euch geküsst habt.” “Spionierst du uns hinterher?”, Mamoru kannte die Antwort bereits, doch er wollte sie aus dem Mund des jungen Mannes vor ihm hören. “Und wenn schon. Ist doch mein gutes Recht. Immerhin ist das Schätzchen meine Freundin.” ”Ich bin nicht dein Schätzchen. Merk dir das.”, Usagis Stimme klang eher wie ein Knurren. “Ach komm schon. Was findest du an dem? Er passt doch gar nicht zu dir.” ”Ich passe sehr gut zu ihm. Mach dir darüber mal keine Gedanken.” ”Ich glaube euch trotzdem nicht, dass ihr ein echtes Paar seid.” Das vermeindliche Pärchen wusste, worauf er hinaus wollte. Zwar holte Mamoru sie immer ab, auch wenn Ami und Makoto mit dabei waren, und sie hielten Händchen. Aber mehr eben nicht. Es war kein Wunder, dass Seiya ihnen langsam aber sicher nicht mehr glaubte. Usagi wurde leicht nervös. “Hör mal du Möchtegern-Macho.”, Mamoru war vorgetreten und tippte seinem scheinbaren Konkurrenten auf die Brust, “Usako kann nichts dafür, dass sie sich in mich und nicht in dich verliebt hat. Ich kam dir halt zuvor. Pech gehabt. Und als ihr Freund will ich, dass du aufhörst, ihr hinterher zu rennen. Unsere Beziehung geht dich nichts an. Musst dir auch keine Gedanken darum machen, wann wir uns küssen oder sonst was tun. Das ist unser Ding. Nicht deins. Ich sag dir nur eins: Sie küsst fantastisch. Und nun entschuldige uns bitte. Wir wollen heute Abend noch zum Erntedankfest gehen. Du weißt schon. So ein kitschiges Date mit Lagerfeuer und Mondschein. Alles was verliebte Pärchen eben gerne machen. Stimmt’s Hase?” Die Angesprochene wandte ihren Blick von ihrem Mitschüler ab und Mamoru zu. Nickte nur lächelnd, stellte sich auf die Zehenspitzen und hauchte Mamoru einen Kuss auf die Wange. Dann sah sie wieder zu Seiya: ”Genau, Mamo-chan. Kitschig und romantisch.” Sie schmiegte sich an Mamoru und lief dann langsam mit ihm zusammen los. Sie ließen Seiya einfach stehen und mussten sich zusammenreißen, nicht laut loszulachen. Sie beschleunigten ein wenig ihre Schritte und bogen um die nächste Straßenecke und noch um eine weitere, bevor sie dann doch in einen mittleren Lachkrampf ausbrachen. Der Abend war über Tokio herein gebrochen und die Temperaturen ein ganzes Stück gesunken. Der Himmel war fast wolkenfrei. Nur ab und an durchzogen ihn einige Schleierwolken und verdeckten so für kurze Zeit die Sicht auf die Sterne und den Sichelmond. Der Wind wehte leise durch die Bäume und auf dem See des Jubaan-Park kräuselte sich das Wasser. Bunte Lichter spiegelten sich darin. Musik drang über die Grasflächen. Usagi hatte sich bei Minako und Ami untergeharkt und schlenderte mit ihnen, sowie mit Rei und Makoto über den Platz. Sie liebte dieses Erntedankfest, dass so ganz anders war als das ursprünglich japanische und das mehr als Dank für die Arbeit gefeiert wurde. In den letzten Jahren war dieses jetzige Fest aus Europa und Amerika zu ihnen auf die Insel gekommen. Das Mädchen ließ ihren Blick schweifen und sah die geschmückten Stände. Überall stand Stroh und Kürbisse kullerten herum. An einem Stand wurde der schönste Erntedankkorb prämiert. Sie zog ihre Freundinnen zu einem Stand, der geschnitzte Figuren ausstellte. Mamoru und Motoki liefen einige Schritte hinter den Mädchen. Yuichiro war ebenfalls bei diesem lustigen Abend dabei. Rei fand die Idee, ihn mitzunehmen, nicht gerade prickelnd. Doch nachdem sie von Mamoru und Usagi erfahren hatten, wie Seiya sich wieder aufgeführt hatte, befand sie schlussendlich jedoch auch, dass es besser wäre, er käme mit. Drei junge Männer konnten den Mittelstufenschüler sicher besser in Schach halten. “War eine gute Idee von dir und Usagi, hierher zu gehen.”, Motoki schlug seinem besten Freund freundschaftlich auf die Schulter. “Naja, es war wie immer eher ein Notlüge. Aber weil dieser Kerl uns eh schon hinterher spioniert, mussten wir es ja doch wahrmachen und her kommen. Super übrigens, dass ihr alle mitgekommen seid.” “Na hör mal! Ist doch selbstverständlich. Außerdem sind wie so viel mehr und wenn Seiya wirklich heute Abend hier auftaucht, dann sind wir in der Überzahl.” Yuichiro wollte gerade auch seinen Zuspruch zu diesem Abend geben, wurde aber von einem Schrei, verbunden mit seinem Namen, unterbrochen. Verwundert drehte er sich um und sah Rei, die ihn zu sich rüber rief. Ohne noch an seinen Satz oder die jungen Männer neben sich zu denken, rannte er auch schon in ihre Richtung. Die beiden Zurückgelassenen schauten ihm nur lachend hinterher, bevor sie sich auch langsam in diese Richtung bewegten. Mamorus Blick war fest auf Usagi gerichtet. Er ließ sie nur mehr ungern aus den Augen. Sie sah schön aus heute Abend. Wie die anderen Mädchen auch hatte sie sich gegen Hosen entschieden. Ihre langen Beine steckten in flachen Stiefeln und in schwarzen Baumwollstrumpfhosen. Darüber trug sie einen schwarz-weiß gestreiften, leicht ausgestellten Rock. Dazu eine dicke Strickjacke mit falschem Fellkragen und eine Steppweste. Sie sah gelöst aus und fröhlich. Seine Beziehung zu ihr hatte sich seit dem Tag im Park und seiner Hilfe sehr gewandelt. Er war froh, ihr helfen zu können. Und es ihm gefiel ihm, dass er mehr mit ihr lachen konnte. Sie war gar nicht so eine Weichbirne, wie er immer gedacht hatte. Vielleicht war sie in der Schule nicht so schlau wie Ami, aber abgesehen davon war sie recht clever. Er konnte sich unglaublicherweise wunderbar mit ihr über Gott und die Welt unterhalten. Und schnell hatte er festgestellt, dass sie oftmals der gleichen Ansicht waren. Sie hatten viel mehr gemein, als er bis vor kurzem noch gedacht hätte. Motoki entging es nicht, wie sich sein bester Freund verhielt. Er sah die Blicke, die sich Mamoru und Usagi zu warfen. Bemerkte, wie sich Mamoru freute, wenn er mit dem Mädchen zusammen war und seine Augen dabei leuchteten. Der Blonde hatte schon mit der restlichen Clique darüber gesprochen. Auch den Mädchen war es aufgefallen. Erst hatten sowohl er als auch die Freundinnen geglaubt, es läge am Waffenstillstand. Doch mittlerweile hatten sie alle das Gefühl, dass da etwas ganz anderes dahinter steckte. Von Tag zu Tag gingen die beiden ehemaligen Streithähne gefühlvoller miteinander um. Er brachte ihr den Milchshake, sie ihm seinen Kaffee. Er hielt ihre Hand von der Schule bis ins Crown, sie lehnte sich im Café an ihn. Er schrieb ihr am Abend Nachrichten aufs Handy, sie rief ihn in den Schulpausen an. Für die Freunde wirkten die beiden nicht mehr wie ein falsches Liebespaar. Es war das ganze Gegenteil der Fall. Nur die beiden Hauptpersonen merkten es nicht. Was nach den monatelangen Streitereien auch wenig verwunderlich war. Motoki kickte einen Stein mit der Fußspitze weg und seufzte laut auf. Ohne das es den beiden jungen Männern aufgefallen wäre, waren sie stehen geblieben. Nur wenige Schritte von den restlichen Freunden entfernt, die wild schnatternd die geschnitzten kleinen Kunstwerke bestaunten. “Wie lange willst du eigentlich noch so tun, als würdest du nichts für Usagi empfinden?” “Was?”, Mamoru schaute verwirrt zu seinem besten Freund. “Du hast dich in sie verliebt, oder?” “Quatsch! Wir spielen das doch nur wegen diesem durchgeknallten Seiya.” ”Du nennst sie Usako. Und sag jetzt bloß nicht, dass du das auch nur wegen dem Typen machst. Du nennst sie auch so, wenn wir im Crown sind. Außerdem haben Ami und Mako geschworen, und das auf Amis voraussichtliches Stipendium an der Tôdai, dass du sie auch auf dem Heimweg so nennst. Mina hat zufällig eine eurer Nachrichten gelesen, die ihr euch abends schickt. Also gib schon zu, dass du ihn sie verliebt bist.” Mamoru war rot geworden. Und schneller als es ihm lieb war, hatten auch Rei und Makoto das Gespräch mitbekommen. Die Mädchen grinsten den Schwarzhaarigen breit an und nickten. Die Brünette flüsterte Ami was ins Ohr, worauf die sich nun auch zu den beiden Jungs umdrehte und lachte. In Windeseile machte es die Runde. Nur eine bekam davon nichts mit: Usagi. Sehr zu Mamorus Glück. “Warum sagst du es ihr nicht einfach?”, Minako sah ihn fragend an. “Was soll er wem sagen?!” Zu früh gefreut. Usagi schaute neugierig zwischen ihrer blonden Freundin und ihm hin und her. “Was hast du denn Mamo-chan?” Das Mädchen hatte die Distanz zu ihm jetzt gänzlich überwunden. Unbewusst legte sie eine Hand auf seine Brust. Fühlte die weiche Wolle des grünen Pullovers unter ihren Fingern. Sah zu ihm auf. Ertrank ein wenig in seinen Augen, als er ihren Blick erwiderte. Den anderen war die Spannung zwischen den beiden nicht entgangen. Wissend grinsten sie sich an. Scheinbar hatte ihr vermeintliches Pärchen alles um sich herum vergessen. Das Grinsen aller wurde breiter, als sie sahen, wie Mamoru seine Hände auf Usagis Taille platzierte. Immer noch schwieg er, während die Blondine ihn unverwandt ansah. “Ich...ähm...”, Mamoru hatte keine Ahnung, was er ihr sagen sollte. Er stotterte und kam sich vor wie ein dummer Schuljunge, der die einfachste Matheaufgabe an der Tafel nicht lösen konnte. “Er wollte nicht zugeben, dass er noch Hunger hat.” Dankbar blickte der Oberstufenschüler zu Yuichiro, der ihm zur Hilfe geeilt war. “Du wolltest mir nicht sagen, dass du noch hungrig bist?”, verwundert sah Usagi Mamoru an, der nur nickte und sich verlegen am Kopf kratzte. “Na das trifft sich gut. Ich bin’s nämlich auch noch.” Alle um sie herum brachen in schallendes Gelächter aus und Usagi stimmte mit ein. Ihr war klar, warum alle lachten. Immerhin hatten sie alle erst vor ihrem Aufbruch im Crown Hamburger und Pommes verdrückt und das in rauen Mengen. Aber das war eben typisch für sie und das Mädchen machte auch keinen Hehl daraus. Sie aß eben gerne und viel. War ein Genussmensch. “Dann geht ihr mal noch was essen und wir treffen uns dann später bei der Verleihung für den schönsten Erntedankkorb.”, Motoki hatte sich bereits abgewandt. Minako und Ami hatten sich bei ihm eingeharkt. Er lächelte seinem Freund aufmunternd zu und diesem war bewusst, was er damit meinte. Auch Yuichiro, der Rei und Makoto links und rechts an seiner Seite hatte, nickte ihm zu. Und die Mädchen taten es ohnehin. Scheinbar wussten alle, was er tun sollte. Das er sich trauen und es sich eingestehen sollte. Er sah, wie die anderen in der Menge verschwanden und dann an sich herunter. Usagis Hand lag immer noch auf seiner Brust und seine Hände auf ihrer Taille. Unweigerlich fragte er sich, ob sie wirklich so gut zusammen passten. Und je öfter er es sich fragte, desto häufiger war die Antwort ein klares und lautes Ja. Sie passten mehr als gut zusammen. “Was magst du denn essen?”, das Mädchen stupste ihm gegen die Nase und holte ihn so aus seinen Gedanken zurück. “Hm, da vorne war ein Stand mit frischem und selbstegebackenem Kürbisbrot. Was hälst du davon?” “Oh ja! Unbedingt!” “Gut, dann folge mir.”, er nahm sie an der Hand. Spürte, wie sich ihre Finger verschlangen und sie ihn mit der anderen Hand am Oberarm erfasste. Sie war ihm nah. Und er genoss es. Genauso wie sie es tat. Sie fühlte sich bei ihm geborgen. Noch immer war das Mädchen dankbar dafür, dass er sich erst auf dieses Spielchen gegen Seiya einließ und jetzt auch noch seit geraumer Zeit ihren Bodyguard spielte. Er gab ihr Sicherheit. Jeden Tag freute sie sich mehr darauf, ihn wiederzusehen. Sie liebte es mittlerweile, abends im Bett zu liegen und noch ein wenig mit ihm übers Handy zu schreiben. Sie grinste breit, wenn ihre Mitschülerinnen ihr einen neidischen Blick zu warfen, wenn sie in den Pausen mit ihm telefonierte. Widerstandslos ließ sie es zu, dass er sie näher an sich ranzog. Sie spürte, wie sein Arm auf ihrer Schulter ruhte und hob ihre Hand, um sie dort mit seiner zu verbinden. Mit der anderen Hand wanderte sie über seinen unteren Rücken. Ließ sie dort verharren. So nah beieinander erreichten sie den Stand, den sie gesucht hatten. Sie reihten sich in die Schlange ein. Warfen sich dabei Blicke zu. Tauschten Witzeleien aus und kicherten darüber. Nebenbei suchte Mamoru nach seinem Portemonnaie. Als sie dran waren, bestellte er ein kleines Kürbisbrot für sich und eines für Usagi. Beide mit Sauerrahm. Er bezahlte und sie gingen etwas beiseite. Zwischen die Stände und suchten sich eine ruhige Bank, wo sie essen konnten. Eigentlich hatte er keinen Hunger. Dieses flaue Gefühl im Magen rührte eher von ihrer Nähe her, als von einem knurrenden Magen. Usagi spürte seine Blicke auf sich. So wie immer wenn sie zusammen waren. Von Anfang an hatte er sie immer beobachtet. Seit ihrem ersten Aufeinandertreffen letzten Sommer. Doch seit dem Vorfall mit Seiya hatten sich seine Blicke verändert. Von Tag zu Tag waren sie netter geworden. Liebevoller. Er schaffte es, dass sie ein flatterndes Gefühl in der Magengegend bekam. Sobald er ihre Hand ergriff, konnte sie gar nicht mehr anders, als zu lächeln. Ihre Feindschaft hatte sich in Freundschaft gewandelt. Und Usagi war sich nicht einmal mehr sicher, ob es nicht sogar noch mehr war. Sie hatte von den Anzeichen einer Verliebtheit in den Mädchenmagazinen gelesen, die Minako immer mit sich rumtrug. Da stand was von heftigem Herzklopfen. Etwas von leichten und angenehmen Schwindelgefühlen. Permanentes Lächeln in der Nähe einer gewissen Person. Das Genießen der Zweisamkeit. Man gab dem anderen einen Kosenamen. All das traf auf sie zu. Sie hatte diese Symptome, wenn er bei ihr war. Wenn sie mit ihm zusammen war. Dann war sie seine Usako und er ihr Mamo-chan. “Warte, Usako.” “Hm?”, sie schreckte aus ihren Gedankengänge auf und bekam nur flüchtig mit, wie er ihren Mundwinkel bereits mit einer Serviette abtupfte. Verwirrt griff sie sich nachträglich an die Stelle. Sah ihn fragend an. “Du hattest da Sauerrahm.” “Oh. Danke.” “Gern geschehen. Wobei du niedlich damit ausgesehen hast.” ”Mamoru!”, sie klang gespielt empört. “Was denn, stimmt halt.”, er grinste sie an. Sein Brot hatte er längst gegessen. Sie rempelte ihn freundschaftlich an, um sich gleich danach an ihn zu lehnen. Schluckte den letzten Bissen runter. Das war auch besser so. Denn kaum war dies geschehen, schlang Mamoru seine Arme von hinten um sie und lehnte seine Stirn auf ihre Schulter. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Sie zitterte leicht, was ihn irritierte: ”Ist dir kalt?” ”Nein.” ”Warum zitterst du dann?”, seine Stimme war ungewohnt rau. Auch sein Herz schlug unabhänig von ihrem in einem ungesunden Rhythmus. Er hatte Schwierigkeiten, seine Atmung zu kontrollieren. Auch wenn sie in den letzten Tagen öfters in einer Umarmung versunken waren, war diese Situation vollkommen anders. “Wegen dir.” ”Wegen mir?” ”Du machst mich nervös.” Er schwieg. “Seit drei Wochen spielen wir dieses Spiel. Tun so, als seien wir ein Paar. Aber, aber...” “Aber was?”, er zog sie noch näher an sich heran. “Die Welten vermischen sich. Schau uns doch an, Mamo-chan. Wir halten Händchen, kuscheln in der Öffentlichkeit. Wir sind mehr ein echtes als ein falsches Paar.”, Usagi hatte sich zu ihm umgedreht. Schaute ihn über die Schulter hinweg an. In ihren Augen hatten sich unweigerlich Tränen gebildet. Ihre Hand fuhr über seine Wange. Ihre Augen fanden seine: ”Ich kann das nicht mehr spielen.” Mamoru wollte gerade antworten, als sie ein lautes Poltern hinter sich vernahmen. Erschrocken drehten sie sich um. Hinter all den Mülltonnen trat Seiya hervor. Sein Blick irritierte beide. Es lag etwas triumphierendes darin. Sein Lächeln war kalt und passte zu dem, was seine Augen sprachen. Lässig, mit den Händen in den Taschen seiner Jeans, kam er auf sie zu. Schritt um Schritt. Usagi bekam es mit der Angst zu tun. Ihre Finger krallten sich in Mamorus Pullover und er zog sie näher an sich heran. Beiden war klar, was dieser Blick bedeutete. “Hast du uns wieder hinterher spioniert.”, es war keine Frage mehr, die Mamoru stellte. Eher eine Feststellung. “Und wenn schon? Ich weiß, was ich wissen muss. Und somit kommt mein Schätzchen jetzt mit mir mit.”, Seiya versuchte das Mädchen am Oberarm zu fassen, doch Mamoru schlug seinen Armen weg. Baute sich vor ihm auf: ”Ruf einen der anderen an.” Wie in Trance nickte die Blondine, folgte Mamorus Anweisung und zückte ihr Handy. Wählte Motokis Nummer und beobachtete dabei die beiden Jungs vor sich. “Sie gehört mir, du Lackaffe. Sie ist mein Schätzchen.” ”Usako gehört niemanden. Und falls du es eben nicht mitbekommen hast, du hast uns gerade die romantische Stimmung versaut.” “Welche romantische Stimmung? Nur weil du sie umarmt hast. Ich hab gehört, dass ihr nur so getan habt, als wärd ihr zusammen. Das war doch nur Tarnung.” ”Nichts war Tarnung.” “Klar war es das. Und scheinbar wollte sie dir gerade einen Laufpass geben.”, Seiya wandte sich von seinem Kontrahenten ab und dem Mädchen zu, “Ich bin froh, dass du endlich zu Vernunft gekommen bist, Schätzchen. Komm her und wir gehen. So ein lahmes Erntedankfest ist doch nichts für uns. Drüben im Nachbarbezirk gibt’s ein Weinfest. Da lassen wir es uns gut gehen.” Ihr Mitschüler drängte sich an Mamoru vorbei und kam auf sie zu. Streckte die Hand nach ihr aus. Sie wich zurück. Nur einige Schritte. Bekam Panik. Sah wie ihr eigentliches Date Seiya an der Schulter packte, ihn herumwirbelte. Sie hörte sich schreien. Wusste nicht, was sie tun sollte.Tränen rannen unkontrolliert ihre Wangen hinab. “Mamo-chan.”, sie rannte zu ihm und bekam einen Schlag ab. Geschockt ging sie zu Boden. Hielt sich die Wange und sah hinauf. Binnen Sekunden kniete Mamoru neben ihr, nahm sie in den Arm. Tröstete sie. Beide bekamen aus dem Augenwinkel heraus mit, wie zwei weitere Personen Seiya zur Seite rissen.Yuichiro und Motoki. Sie drückten den vor Wut schnaubenden Schüler gegen einen nahestehenden Baum. Gaben ihm keine Gelegenheit zum Wehren oder zur Flucht. Die Mädchen rannten zu ihrer immer noch am Boden kauernden Freundin. Halfen ihr und Mamoru auf die Beine. Besahen sich die rote Wange. “Alles okay?”, Rei nahm sie in die Arme. “Was ist denn nur passiert?”, Minako sah verwirrt hin und her. “Das muss man kühlen.”, kam es von Ami. “Zum Glück hast du uns angerufen.”, Makoto klang ein wenig erleichtert. In schnellen Sätzen klärte Mamoru die Situation auf. Natürlich ließ es sich Makoto nicht nehmen und ging zu ihrem Mitschüler hinüber. Er wurde immer noch von den beiden jungen Männern festgehalten. Eine Tatsache die die Brünette schamlos ausnutzte. Schwungvoll holte sie aus und binnen Sekunden zierte ein roter Handabdruck Seiyas linke Wange. Geschockt sah er sie an. Sah die Wut in ihren Augen. “Kommst du Usagi noch einmal so nah, dann garantiere ich dir, wirst du dir noch mehr davon einfangen.” ”Tust du unserer Freundin weh, tun wir dir weh.”, Rei war hinzugekommen. “Und das wird echt nicht schön für dich.”, Minako grinste ihn fies an. “Da wird auch kein Arzt mehr helfen können.”, Ami sah ihn herablassend an. “Hast du die Mädels verstanden?”, Yuichiro riss ihn zu sich. “Ich würde an deiner Stelle nicken.”, Motoki knurrte leise aber bedrohlich und wandte sich dann an Usagi, die in Mamorus Armen lag, “Wollt ihr ihm noch was sagen.” Beide schüttelten den Kopf. “Gut. Los Yuichiro, bringen wir ihn zu den Sicherheitskräften.” Der Genannte nickte nur und schleifte mit dem Blonden den Schwarzhaarigen zwischen sich hinter den Ständen entlang. Die Mädchen folgten den beiden. Sie wussten, dass ihre Freundin jetzt sowieso alleine sein wollte. Sie alle lächelten noch einmal in die Richtung des Pärchens und verschwanden dann mit den jungen Männern. Usagi blickte zu Mamoru. Strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht: ”Geht’s dir gut?” ”Ja. Er hat ja dich erwischt und nicht mich. Tut es sehr weh?” ”Nein. Geht schon. Pocht ein wenig.” ”Tut mir leid.” ”Muss es nicht.” “Das kann ich nie wieder gut machen.”, er seufzte und schaute zu Boden. “Hey! Es ist alles gut. Ich bin nicht aus Zucker. Ich ärgere mich nur darüber, dass er die ganze Stimmung versaut hat.” Überrascht schaute Mamoru sie an. Sah den leichten Rotschimmer um ihre Nase. Er brauchte nicht lange nachzudenken, um zu wissen, was sie genau damit meinte. Stumm zog er sie zur Bank zurück. Platzierte sie auf seinem Schoß. Vergrub sein Gesicht in ihrer Halsbeuge. Was auch immer in den letzten zehn Minuten vorgefallen war, war mit einem Schlag wie ausgelöscht. Die vertraute Stimmung war wieder da. Die Nähe. Das Herzklopfen. Usagi schlang ihre Arme um seinen Hals. Wenn ihr Wange jetzt noch pochte, so merkte sie es nicht. Es wurde von ihrem klopfenden Herzen überdeckt. “Du hast vorhin gesagt, du kannst das nicht mehr spielen.” Das Mädchen schwieg. “Wenn ich ehrlich sein soll, muss ich dir gestehen, dass ich es auch nicht mehr kann. Ich will es auch nicht mehr. Ich will das Spiel Realität werden lassen. Ich will mit dir zusammen sein. Immer. Und in echt. Nicht nur weil wir es vorgaukeln. Seiya hat seine Lektion gelernt. Er wird sich nicht mehr in deine Nähe trauen.” “Hälst du mich denn aus?”, ihre Hände ruhten jetzt auf seinen Wangen und sie sah ihn durchdringend an. “Ich hab dich die letzten drei Wochen ausgehalten. Wir waren uns viel näher als jemals zuvor. Du hast mich verzaubert. Ich will dich aushalten.” “Ich will dich auch aushalten.” Mamoru schob einen Arm unter ihre Kniekehlen, legte den anderen um ihre Taille. Dann stand er abrupt mit ihr auf und drehte sich wie ein kleines Kind im Kreis. Lachte dabei genauso ausgiebig wie sie. Nach einiger Zeit stoppte er. Ließ sie sich wieder auf ihre eigenen Beine stellen. Zog sie dennoch näher an sich heran. “Du musst mir noch eine Frage beantworten, Mamo-chan.” ”Welche denn?”, er sah sie fragend an. Doch statt zu antworten, legte sie ihre Hände in seinen Nacken und näherte sich seinem Gesicht. Ihre Nasenspitzen berührten sich und ihre Lippen folgten diesem Beispiel. Sanft lagen sie aufeinander. Er erwiderte ihren Kuss zärtlich und sie verloren sich für eine kleine Ewigkeit darin. “Küsse ich fantastisch?”, sie entfernte sich ein wenig von ihm. Grinste ihn an. “Gilt es als positive Antwort, wenn ich sage, ich hätte gerne noch mehr davon?” Usagi lachte nur und nickte. Ließ sich wieder in seine Arme ziehen und Mamoru legte seine Lippen erneut auf ihre. ******************************************* Die Sonne stand am Himmel und keine Wolke trübte die Sicht. Das Laub war bereits bunt verfärbt. Es war ein relativer warmer Tag im Oktober. Die bereits gefallenen Blätter raschelten unter den Füßen der Parkbesucher und der Kies knirschte. Einige Enten schnatterten im See des Jubaan-Parks und ältere Damen plauderten über ihre zahlreichen Enkelkinder. Mamoru saß auf einer Bank direkt am See und hielt ein Buch in der Hand. Gelegentlich sah er auf seine Uhr, nur um festzustellen, dass die Zeit nicht schneller vorbei ging. Er ließ seinen Blick schweifen. Aber nur kurz. Denn binnen Sekunden hatte sich seine Sicht verdunkelt und alles war mehr oder weniger schwarz. Er spürte zwei zarte Hände auf seinen Augen und konnte sich ein Grinsen nicht verzweifeln. Ihm war sofort klar, wer hinter ihm stand. Doch ihr zuliebe spielte er das Spielchen mit. “Wer bin ich?” Ihre reizende Stimme drang an sein Ohr: ”Ich habe nicht die leiseste Ahnung.” ”Rate mal.”, Usagi war bewusst, dass er ohnehin wusste, wer es war. Aber solange er mitmachte, konnte sie auch fortfahren. “Rei?” ”Nein.” ”Motoki?” ”Nein.”, sie musste kichern. “Hm, ich hab wirklich keine Ahnung.” ”Ein Versuch hast du noch.” “Vielleicht so ein schmieriger kleiner Mitschüler meiner Usako?”, er umfasste ihre Hände und hob sie sich vom Gesicht. Legte den Kopf in den Nacken und sah seiner Prinzessin direkt in die Augen. Sah das Leuchten darin und in Sekundenschnelle spürte er ihre Lippen auf seinen. Erwiderte ihren Liebesbeweis. “Musstest du lange warten. Ich hab mich wirklich beeilt.” “Ich weiß.”, er zog sie um die Bank herum und auf seinen Schoß. Bettete seinen Kopf in ihre Halsbeuge. Hauchte ihr leichte Küsse auf die zarte Haut. Fest hielt er sie im Arm. Ihre blonden Haare kitzelten ihn ein wenig. Verträumt glitten ihre Finger durch seine Haare. Usagi seufzte bei jedem Kuss leise auf. Sie liebte diese Intimität zwischen ihm und sich selbst. Liebte seine kleinen Liebesbeweise. Und mittlerweile war es ihr nicht einmal mehr unangenehm, wenn dies vor ihren gemeinsamen Freunden geschah. Die hatten sich ohnehin an den Anblick gewöhnt. Lediglich vor ihren Eltern hielten sie sich ein wenig zurück. Oder zumindest solange bis sie alleine in ihrem Zimmer waren. Anfangs war sie immer zu ihm in sein Appartement gekommen. Irgendwann jedoch wollten ihre Eltern den jungen Mann kennen lernen. Ihr Vater war erst strikt gegen die Beziehung gewesen, aber dank ihrer Mutter konnte er schnell besänftigt werden. Solange ihre schulischen Leistungen nicht schlechter wurden, war es letzten Endes doch in Ordnung für ihn. Und tatsächlich hatten sich ihre Leistung sehr verbessert. Sie war so gut geworden, dass sie ohne Probleme die Aufnahme auf die Oberschule geschafft hatte. “Ein Jahr.” Seine leise Stimme drang an ihr Ohr. Und sie konnte nicht anders als lächeln: ”Ein Jahr.” “Nie und nimmer hätte ich vorher gedacht, dass ich es mit so einem verrückten Mädchen wie dir jemals aushalten würde.” “Und doch sind seit dem zwölf Monate vergangen. Wir sollten Seiya fast schon dankbar sein dafür.” “Aber nur bedingt. Wenigstens hat er sich danach bei dir entschuldigt.” ”Danach ist gut.” Mamoru war ihr hohles Auflachen nicht entgangen. Er wusste, was sie meinte: An dem Abend des Erntedankfestes hatte Seiya statt ihm Usagi mit der flachen Hand im Gesicht erwischt, worauf diese zu Boden gegangen war. Danach beförderten Motoki und Yuichiro ihn vom Gelände. Und der Mittelstufenschüler hatte sich auch erst einige Wochen später bei Usagi und ihm entschuldigt. Als er dann doch eingesehen hatte, dass sein Schwarm mit Mamoru fest zusammen war. Ob er die Entschuldigung ehrlich meinte, darüber war sich die Clique bis heute nicht einig. Aber wenigstens ließ er sie beide seitdem in Ruhe. Ohnehin konnte Mamoru nichts und niemand mehr dazu bringen, seine Usako auch nur noch für einen Tag alleine zu lassen. Wo sie war, war auch er. Und mittlerweile sogar auf seiner Schule. Sie hatte es mit Hilfe von Ami geschafft. Sanft strich er ihr über die Wange, hauchte ihr einen zarten Kuss auf die Lippen. Usagi genoss seine Lippen und Liebesbekundungen. Sie genoss sie jeden Tag aufs Neue. In den ganzen letzten dreihundertfünfundsechzig Tagen. Alles hatten sie geteilt. Wirklich alles. Und sie war erstaunt darüber, dass sie sich tatsächlich jeden Tag erneut in ihn verliebte und das immer heftiger und stärker. Sie erinnerte sich an seine Liebeserklärung an dem Abend des Festes: Vor all ihren Freunden machte er es öffentlich, dass sie und er jetzt offiziell ein Paar waren. Dann hatte Mamoru sie angesehen und seine Worte trieben ihr Freudestränen in die Augen. So wie jetzt bei der bloßen Erinnerung daran. Mamoru war es nicht entgangen und er unterbrach leicht besorgt den Kuss. Sah sie an: ”Was hast du?” “Nichts, es ist alles in Ordnung. Ich musste nur gerade an deine Worte von vor einem Jahr denken.” Er lächelte. Genau wie sie. “Du erinnerst dich noch daran?!” ”Ja.”, sie nickte, “Ich erinnere mich an alles, was zwischen uns war. Und bei manchem frischst du meine Erinnerungen ja auch immer wundervoll auf.” Der Oberstufenschüler grinste sie schief und mit einem Rotschimmer um die Nase an. “Wenn die Blätter fallen...”, sie ertrank in seinen Augen. “Bin ich für dich da. Letzten Herbst, diesen Herbst. Und alle die noch folgen werden. Ich liebe dich, Usako!” “Ich liebe dich auch, Mamo-chan.” Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)