Kopfkino von Rabenkralle ================================================================================ Kapitel 1: Zahn der Zeit (Temari & Shikamaru) --------------------------------------------- Temari betrachtete sich im Spiegel. Sie verzog den Mund zu einem Grinsen und zu den Fältchen an ihren Augen gesellten sich Lachfalten – unschöne Lachfalten. Der Zahn der Zeit hatte unbarmherzig an ihr gedreht und sie fühlte sich grauenvoll. Ernüchtert wandte sie sich von dem Anblick der alten Frau los und ging zurück ins Wohnzimmer. Sie fläzte sich auf die Couch, wie sie es als Teenager gerne gemacht hatte und drückte ein Kissen zwischen ihren Händen. Ihre Hände … Sie waren trocken und rau vom täglichen Abwaschen und da sie sie nicht großartig pflegte, sahen sie nun aus wie die von einer Sechzigjährigen. Furchtbar. Shikamaru sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Ich bin alt“, murmelte sie. „Faltig und alt.“ „Du bist gerade mal fünfunddreißig“, erwiderte er. „Das ist doch nicht alt.“ „Du hast auch gut reden. Du hast schließlich noch ein paar Jahre bis hierhin.“ „Und? Die Zeit bliebt nun mal nicht stehen.“ „Vielen Dank, das tröstet mich“, sagte sie sarkastisch und vergrub ihre Finger in den Bezug. Er seufzte. Er wusste nicht, ob es sie aufheitern würde, aber den Versuch war es wert, bevor er den Rest des Abends ihre schlechte Laune über sich ergehen lassen musste. „Pack deine Midlife-Crisis mal schön wieder weg. Sie ist nämlich mindestens zehn Jahre zu früh dran.“ „Sehr lustig“, entgegnete Temari trocken. „Hast du mich schon angesehen?“ „Jeden Tag mindestens tausend Mal“, sagte er. Sie rollte in Anbetracht seiner Übertreibung die Augen und er setzte nach: „Du siehst noch genauso gut aus wie vor fünfzehn Jahren.“ „Du legst es drauf an, die nächsten vier Wochen auf der Couch zu schlafen, was? Wie zwanzig … Verarschen kann ich mich auch selbst!“ „Ich sag dir was“, fuhr Shikamaru unbeirrt fort. „Egal, ob noch mal fünfzehn, dreißig oder wie viele Jahre auch immer vergehen: Ich liebe dich auch noch, wenn du wirklich irgendwann alt bist.“ Sie ließ das Kissen los. Eine gewisse Erleichterung machte sich in ihr breit und ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. „Gibst du mir das auch schriftlich?“ Kapitel 2: Sprachlosigkeit (Shikamaru, Ino, Chouji) --------------------------------------------------- Ino starrte Shikamaru verstimmt an. „Du bist zu spät!“, bemerkte sie. Er ignorierte sie, setzte sich auf seinen Platz im Yakiniku Q und seufzte. Chouji, der sich gerade einen Nachschlag nehmen wollte, hielt inne und schaute seinen besten Freund an. „Alles in Ordnung?“, fragte er besorgt. „Klar“, erwiderte er tonlos. Ino zog die Augenbrauen zusammen und musterte ihren ehemaligen Teamkollegen ausgiebig. Irgendetwas schmeckte ihr nicht an dem Ganzen. „Jetzt rück schon mit der Sprache raus!“, forderte sie ihn auf. „Das hier ist unser erstes Treffen seit drei Wochen und ich hab keine Lust, mir das durch deine schlechte Laune vermiesen zu lassen.“ Shikamaru erwiderte ihren Blick. „Ich hab keine schlechte Laune“, legte er fest. „Überhaupt nicht.“ „Hast du mal wieder euren Jahrestag vergessen?“ „Nein. Außerdem war der schon im Juli.“ „Dann habt ihr euch gestritten? Oder gibt’s mal wieder Probleme mit deiner Mutter?“ „Nein und nein.“ Ino verpasste ihm einen Stoß mit dem Ellenbogen in die Seite. „Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen und sag’s endlich!“, forderte sie ihn auf. „Dieses Herumgedruckse ist sonst auch nicht deine Art.“ „Okay, okay“, gab er nach. „Temari ist schwanger!“ „Dann bekommt meine Tochter ja bald einen Spielkameraden, was?“, bemerkte Chouji mit einem Grinsen. Ino zog die Augenbrauen nach oben und lächelte. „Wow, dann müssen Sai und ich uns wohl ranhalten.“ Kapitel 3: Die anstrengendste Mutter der Welt (Inojin, Chouchou, Shikadai, Temari) ---------------------------------------------------------------------------------- Temari fuhr sich mit den Fingerspitzen über die Stirn und massierte ihre Schläfen. Verdrießlich blickte sie nach links. Dieses unaufhörliche Gezeter der Kinder, die an ihrem Esstisch saßen, löste Kopfschmerzen in ihr aus. Sie umfasste ihre Gabel fester und ließ sie auf ihren Teller fallen. Ein lautes Klirren, dann war es still. Inojin und Chouchou schauten sie kurz an, dann stritten sie sich weiter. Shikadai beobachtete aus den Augenwinkeln seine Freunde, dann wanderte sein Blick zu seiner Mutter. Intuitiv zog er die Schultern ein, sank tiefer in den Stuhl, auf dem er saß, und hielt sich die Ohren zu. Gerade noch rechtzeitig. Temari schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. „Verdammt noch mal!“, fluchte sie los. „Könnt ihr nicht endlich Ruhe geben? Es gibt hier Leute, die noch am Essen sind!“ Inojin setzte als Entschuldigung ein Lächeln auf und Chouchou runzelte die Stirn. „Apropos Essen“, sagte das Mädchen. „Wo bleibt eigentlich der Nachtisch? Bei Tante Ino und bei Mama gibt es immer welchen.“ Temari sah sie mit zusammengezogenen Augenbrauen an. „Erst in fremden Häusern Lärm machen und dann auch noch meckern?“, fragte sie. „Haben deine Eltern dir keinen Anstand beigebracht?“ Als sie Inojins schadenfrohes Grinsen bemerkte, setzte sie nach: „Und du hör auf, so zu grinsen. Sonst schmeiß ich dich gleich raus“ – ihr Blick fiel wieder auf Chouchou – „Wenn ihr euch nicht benehmen könnt, schmeiß ich euch beide raus!“ Die zwei Kinder murmelten im Duett ein „Entschuldigung.“ Es klang monoton und gelangweilt und machte den Reaktionen ihres eigenen Sohnes ernsthaft Konkurrenz, aber Temari beließ es dabei. Die Vorstellung reizte sie nicht, dass Ino und Karui heute Abend aufkreuzten und eine Diskussion über angemessenes Verhalten vom Zaun brachen. „Gibt’s jetzt trotzdem noch einen Nachtisch?“, fragte Chouchou. Inojin schlug sich die Hand vor die Stirn. Für ihn grenzte es an Größenwahn, dass sie diese Furie wirklich noch nach etwas zum Essen fragte. Wortlos sprang Temari von ihrem Platz auf und stürmte aus der Küche. „Chouchous Mutter ist schon eine Klasse für sich“, bemerkte Inojin und wandte sich an seinen besten Freund, „und ich dachte immer, dass sich meine Mutter leicht auf die Palme bringen lässt, aber deine stellt unsere meilenweit in den Schatten. Du hast wirklich die anstrengendste Mutter der Welt!“ Shikadai seufzte. „Das täuscht“, meinte er. „Wenn sie nicht gerade wütend ist, ist sie eigentlich ganz cool.“ Kapitel 4: Kontraste (Sai, Chouji, Shikamaru) --------------------------------------------- „Ich halt’s nicht mehr aus, Leute!“, seufzte Sai. „Ino ist den ganzen Tag nur am Meckern, weil es ihr ja so schlecht geht.“ „Sie hat auch früher schon ständig gemeckert“, erwiderte Shikamaru. „Von daher wusstest du, worauf du dich einlässt, oder?“ „Ja, schon, aber seit sie schwanger ist, ist es noch viel schlimmer geworden“, sagte er. „Irgendwas passt ihr immer nicht und sie zieht sich an jeder Kleinigkeit hoch. Das ist so ätzend! Wie soll ich das nur die nächsten fünf Monate nur überstehen?“ Chouji legte ihm zum Trost die Hand auf die Schulter. „Ich kann dich voll und ganz verstehen“, meinte er. „Karui ist den ganzen Tag nur angespannt. Sie mault mich sogar an, wenn ich gar nichts gesagt habe! Hier drückt was, dort drückt was … Und diese Stimmungsschwankungen!“ „Die sind wirklich das Allerschlimmste!“, pflichtete Sai ihm bei. „In der einen Sekunde lacht sie noch, in der nächsten schreit sie herum und dann bricht sie in Tränen aus! Diese Hormone sind mir unheimlich.“ „Allerdings.“ Chouji nickte. „Ich versteh nicht, wie diesen Dingern so die Stimmung vermiesen lassen kann. Natürlich, es ist eine Umstellung für den Körper, aber das ist lächerlich. Ich bin froh, wenn sie es in sechs Wochen hinter sich hat.“ „Wenigstens dauert es bei euch nicht mehr so lange. Du Glücklicher …“ Deprimiert schwenkte Sai sein Wasserglas in der Hand. „Ich würde mich am liebsten das nächste halbe Jahr in Luft auflösen.“ „Wenn es mal so leicht wäre … Denken wir einfach daran, dass irgendwann der Tag kommt, an dem es wieder besser wird.“ „Da bin ich mir bei Ino nicht so sicher.“ „Ich mir bei Karui auch nicht, aber hoffen wir einfach das Beste.“ Chouji wandte sich zu seinem besten Freund um. „Und wie sieht’s bei euch so aus?“, fragte er. „Du bist schließlich mit der anspruchvollsten Frau von uns Dreien zusammen.“ Shikamaru zuckte mit den Schultern, doch es gelang ihm nicht, das kleine amüsierte Grinsen zu unterdrücken. „Versteh schon“, sagte Sai. „Unsere Probleme sind in Gegensatz zu deinen wahrscheinlich Peanuts.“ Chouji lachte. „Natürlich, gegen Temari kommen Ino und Karui definitiv nicht an. Dann können wir uns wohl glücklich schätzen, was?“ Er schüttelte den Kopf. „Ich sag’s euch nur ungern“, entgegnete er und grinste, „aber sie ist sanft, gelassen und nichts kann sie aus der Ruhe bringen. Diese Schwangerschaft ist für mich die reinste Wohltat!“ Kapitel 5: Wie Hund und Katz (Kiba & Tamaki) -------------------------------------------- „Hunde sind besser!“ „Nein, Katzen sind besser!“ Kiba zog die Augenbrauen zusammen und musterte seine Freundin. Sie war hübsch und intelligent, aber was Tiere betraf, hatte sie wirklich keinen guten Geschmack. „Hunde sind die treueren Gefährten“, argumentierte er. „Ja, sie lassen sich abrichten und tanzen nach deiner Pfeife“, bemerkte Tamaki ironisch. „Aber Katzen lassen sich nicht erziehen. Sie behalten ihren eigenen Kopf und sind somit eigenständige Wesen.“ „Akamaru ist auch ein eigenständiges Wesen.“ Er kraulte ihm hinter den Ohren. „Stimmt’s Akamaru?!“ Der Hund stimmte ihm mit einem Bellen zu und siegessicher wandte sich Kiba wieder an seine Freundin. Diese belächelte ihn nur. „Siehst du“, sagte sie. „Er stimmt dir nur zu, weil du ihn so abgerichtet hast. Oder, Akamaru?“ Er bellte abermals und Kiba verging sein Grinsen. „Danke, Kumpel“, murmelte er angesäuert und stellte das Kraulen ein. Akamaru warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu, ging ein paar Schritte weiter und legte sich zu Tamakis Füßen. Diese warf ihrem Freund ein überlegenes Lächeln zu, beugte sich vor und strich dem Hund sanft über das Fell. Kiba beobachtete, wie sich Akamaru auf den Rücken drehte und seine Rute über den Boden hin und her schwang. Das machte sein Gefährte immer, wenn ihm etwas besonders gefiel. Das hatte er noch nie bei einem anderen als bei ihm gemacht und jetzt auch noch ausgerechnet bei einer Katzenliebhaberin? Nicht zu fassen … Er spürte ein Gewicht auf seinem Oberschenkel und er senkte den Blick. Eine von Tamakis Katzen hatte sich in seinem Schoß zusammengerollt. Kiba schürzte skeptisch die Lippen, dann fing er an, sie im Brustbereich zu streicheln. Er rechnete damit, dass sie gleich wieder aufsprang – Katzen konnten ihn nicht besonders leiden –, doch sie schloss die Augen und gab ein entspanntes Schnurren von sich. Er seufzte, lugte zu seiner Freundin herüber und er musste schmunzeln. Ja, vielleicht waren diese eigenwilligen Katzen doch nicht ganz so übel, wie er immer geglaubt hatte. Kapitel 6: Farbe bekennen (Ino & Inojin) ---------------------------------------- „Mama, warum bin ich so blass?“ Ino hielt inne. Sie hatte geahnt, dass ihr Sohn eines Tages diese Frage stellen würde, aber dass er es schon im Alter von vier Jahren tun würde, damit hatte sie nicht gerechnet. „Weil dein Papa es auch ist“, antwortete sie. „Das hast du von ihm.“ Inojin schaute seine Mutter mit großen Augen an. „Und warum ist Papa so blass?“ „Weil“, setzte sie an und pausierte einen Moment. Das war tatsächlich eine gute Frage. Sie wusste nicht, warum Sai diese dermaßen helle Hautfarbe hatte und sie hatte ihn nie danach gefragt. Weil es für sie keine Rolle spielte und weil er es wahrscheinlich selbst nicht wusste. „Weil“, wiederholte Ino, „er im Untergrund aufgewachsen ist.“ „Warum ist er im Untergrund aufgewachsen?“, fragte ihr Sohn weiter. „Das ist, weil …“ Sie stockte erneut. „… er von klein auf einer geheimen Einheit angehört hat und deswegen als Kind selten die Sonne gesehen hat.“ Inojin schürzte die Lippen. „Aber ich sehe doch jeden Tag die Sonne“, sagte er, „warum bekomme ich dann keine Farbe?“ „Das liegt an den Genen.“ „Was sind Gene?“ Ino seufzte. Wie sollte sie das einem Kleinkind erklären? Verdammt, wo hatte ihr Sohn nur diese Fragen her …? Sie öffnete gerade den Mund, um ihm zu antworten, da fragte er: „Kann Papa mich nicht einfach mit seinen Farben anmalen?“ Sie lachte innerlich. „Ich weiß nicht“, erwiderte sie schließlich. „Lauf doch zu ihm und frag ihn mal.“ „Gut, mach ich!“, flötete Inojin, sprang vom Stuhl und hechtete los. Glück gehabt, dachte Ino und atmete erleichtert aus. Kapitel 7: Auf Geschenksuche (Temari, Ino, Karui) ------------------------------------------------- „Ich hasse Weihnachten!“, fluchte Temari. „Warum denn?“, fragte Ino und runzelte die Stirn. „Mir gefällt die Feiertagsstimmung und das Gewusel durch die Geschäfte in den Wochen davor. Ich liebe es, Geschenke auszusuchen.“ „Ich nicht“, erwiderte sie. „Ich weiß nie, was ich schenken soll.“ Ino musste lachen. „Ja, ja, wie lustig“, kommentierte Temari sarkastisch. „Sei froh, dass du nicht zwei Männer zu Hause hast, die an nichts wirklich Interesse haben.“ „Das bin ich auch“, sagte sie und legte ihrer Freundin zum Trost die Hand auf die Schulter. „Sai und Inojin bekommen jedes Jahr ihre neuen Malfarben – mal Acryl, mal Aquarell, je nachdem – und dann sind sie zufrieden.“ „Du Glückliche“, murmelte sie und wandte sich um. „Karui, was schenkst du deinen beiden denn?“ Die Angesprochene grinste. „Ein Fünf-Gänge-Menü“, antwortete sie. „Ein herzhaftes Essen und alle sind glücklich.“ Temari seufzte und murmelte: „Ihr glaubt nicht, wie sehr ich euch beneide …“ Kapitel 8: Das schönste Weihnachtsgeschenk (Sarada & Sasuke) ------------------------------------------------------------ Lustlos riss Sarada das Papier von ihrem Geschenk und warf es beiseite. Sie musterte das Malset, das sie sich gewünscht hatte. Sie schenkte ihren Großeltern ein falsches Lächeln und griff nach dem nächsten Präsent. Es war das Tierlexikon, das ganz oben auf ihrer Liste gestanden hatte, doch sie konnte sich nicht darüber freuen. „Danke, Mum“, murmelte sie tonlos. Sakura runzelte die Stirn. „Was ist denn los, Liebes?“, fragte sie besorgt. Sarada nahm sich eins der Plätzchen, die sie zusammen mit ihrer Oma gebacken hatte, um ihrer Mutter nicht gleich antworten zu müssen. Als sie den letzten Bissen hinuntergeschluckt hatte, erwiderte sie: „Nichts. Gar nichts.“ Dann schlug sie das Buch auf und blätterte ein wenig darin herum, ohne die schönen Tierbilder darin wirklich anzusehen. „Was hat sie denn?“, fragte Haruno Mebuki ihre Tochter. „Sie ist schon die ganze Zeit so niedergeschlagen. „Sie vermisst ihren Vater“, sagte sie und seufzte. „Es ist jetzt schon das dritte Weihnachtsfest in Folge, an dem er arbeiten muss. Sasuke nimmt diesen Sicherheitskram sehr ernst.“ „Er nimmt ihn wohl zu ernst“, erwiderte Mebuki. „Gerade jetzt in Zeiten des Friedens könnte er doch wenigstens an den Feiertagen mal Fünfe gerade sein lassen.“ „Na ja, so ist er eben.“ Sakura lächelte schief. „Kann man nicht …“ Sie brach ab, als sie hörte, wie die Haustür auf und zu ging und auch Sarada sah von ihrem Buch auf und fixierte ihren Blick auf den Türrahmen. Da nichts weiter passierte, schaute sie enttäuscht wieder weg, doch … „Tut mir leid, dass ich so spät bin“, meinte Sasuke und trat ins Wohnzimmer. „So ein Idiot hat geglaubt, er könnte mich mit einem einfachen Henge austricksen.“ Sakuras Augen huschten zu ihrer Tochter. Sie konnte gerade noch erkennen, wie das Mädchen über das ganze Gesicht strahlte und aufsprang. „Papa!“, rief sie und fiel ihrem Vater um den Hals. „Endlich bist du da!“ Sasuke rang einen Moment nach Luft, dann hob er sie auf die Arme und fragte: „Möchtest du mir nicht deine schönen Geschenke zeigen?“ Sarada schüttelte den Kopf und lächelte. „Nein, sie sind nicht so besonders.“ Sie lächelte, umarmte ihn erneut und sagte: „Dass du hier bist, ist für mich das schönste Weihnachtsgeschenk!“ Kapitel 9: Ein Dorf zum Abgewöhnen (Kankurou, Temari & Shikamaru) ----------------------------------------------------------------- Kankurou lehnte an der Wand, starrte verdrossen vor sich hin und nahm die Stimmen, die aus dem Büro des Hokage tönten, gar nicht richtig wahr. Seine Hand wanderte zu seinem Rücken und der Schriftrolle, die er dort mit sich trug und mit denen er seine Marionetten beschwor. Er biss die Zähne zusammen. Gaara war eingeladen, Temari ging auch hin, nur er war mal wieder außen vor gelassen worden. Wie immer. Und das machte ihn stinksauer. „Bist du etwa immer noch beleidigt, weil du keine Einladung zu Narutos Hochzeit bekommen hast?“, riss die Stimme seiner Schwester ihn aus den Gedanken. „Ich bin nicht beleidigt“, knurrte er. „Doch bist du“, legte Temari fest und erntete einen bösen Blick von ihrem Bruder, der sie allerdings kalt ließ. Sie klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter und setzte nach: „Sieh es mal so: Du bist im Gegensatz zu Gaara weder mit Naruto, noch mit dieser Hinata befreundet. Warum sollten sie dich also einladen?“ „Du bist auch nicht mit den beiden befreundet und trotzdem erwünscht!“ „Aber nur, weil Shikamaru mich mitnimmt“, erwiderte sie. „Du hättest dir ja auch Sakura angeln können. Dann wärst du auch mit dabei.“ „Ha, ha“ – Kankurou lachte humorlos – „Bei ihr hätte ich doch nicht die geringste Chance, so verliebt, wie sie in diesen Sasuke ist.“ „Er ist aber immer noch auf Reisen“, argumentierte sie. „Wenn du Sakura rechtzeitig gefragt hättest, hätte sie dich sicher als Begleitung mitgenommen.“ „Danke für den tollen Tipp!“, murrte er sarkastisch. „Er kommt nur ein paar Wochen zu spät.“ „Es ist doch nur eine dumme Hochzeit von Leuten, die du kaum kennst! Komm drüber hinweg und mach dir anderweitig einen schönen Abend.“ Temari stieß ihm den Ellenbogen in die Seite und zwinkerte ihm zu. Er erwiderte es mit einem verständnislosen Blick. „Es ist Samstag!“, sagte sie. „Geh feiern, lass deinen Charme spielen und mach dir ein hübsches Mädel klar! Du hast die Gästewohnung die ganze Nacht für dich.“ „Und wenn Gaara vorzeitig von der Hochzeit geht?“ „Warum sollte Gaara vorzeitig gehen? Er schläft fast nicht und er würde niemals auch nur eine Sekunde freiwillig von der Hochzeitsfeier seines besten Freundes verpassen.“ „Und was ist mit dir?“ Seine Schwester sah ihn einen Moment lang mit hochgezogenen Augenbrauen an, dann lachte sie. „Was ist so lustig?“, schmetterte Kankurou ihr missgelaunt entgegen. „Ich werde wohl tatsächlich nicht lange auf der Hochzeit bleiben“, gab Temari zurück und ein belustigtes Lächeln umspielte ihre Lippen, „aber dass du ernsthaft glaubst, dass ich zum Schlafen in die Wohnung komme … Darüber kann man nur lachen!“ „Sorry, dass ich den Witz nicht verstehe“, knurrte er. Ihr Lächeln wurde noch breiter, dann sagte sie: „Gut, dann eben für die ganz naiven Leute wie dich.“ Sie machte eine dramatische Pause, in der ihr Bruder sie grimmig anblickte. Als er kurz davor war, sie anzuschnauzen, fuhr sie fort: „Shikamaru und ich haben uns jetzt drei Monate lang nicht gesehen. Meinst du, wir haben nichts Besseres zu tun, als auf so einer langweiligen Veranstaltung herumzuhängen?“ Er verzog eine irritierte Miene, die sie abermals zum Lachen brachte. „Du bist ja wirklich schwer von Begriff!“, merkte sie amüsiert an. „Aber damit du nicht dumm sterben musst: Wir sind zusammen. Und wenn man eine Fernbeziehung führt, in der man sich nur alle paar Monate sieht, was wird man dann als Erstes tun?“ Er starrte sie an und öffnete den Mund, doch es kam kein Ton heraus. „Bingo“, sagte sie zu allem Überfluss. „Was, du treibst es mit ihm?“, fragte er entsetzt. „Ich dachte, er wäre nicht dein Typ!“ Sie zuckte mit den Schultern. „Tja, wo die Liebe hinfällt“, meinte sie. „Nicht, dass du denkst, ich würde nur zum Spaß mit einem Mann schlafen, der drei Tage von meiner Heimat entfernt wohnt. Nur für Sex wäre mir der Aufwand wirklich zu hoch.“ „Das beruhigt mich“, erwiderte er ironisch. „Hast du noch mehr Details für mich?“ „Du meinst, wie ich ihn in das nächstbeste leere Zimmer schleppe, wenn ich ihn nachher sehe, ihm die Klamotten vom Leib reiße und mich –“ Jemand räusperte sich, Temari sah ein süffisantes Grinsen über Kankurous Gesicht huschen und sie wandte sich in die Richtung, aus die der Laut gekommen war. „Was für eine nette Überraschung!“, sagte sie mit einem Lächeln. „Was machst du denn schon hier?“ „Wie es aussieht, Privatgespräche über mich belauschen“, erwiderte Shikamaru monoton. „Ach, das war doch nur Spaß.“ Sie winkte ab, als wäre sie sich keiner Schuld bewusst und blickte wieder zu ihrem Bruder. „In Wirklichkeit sind wir natürlich total anständig und machen es auf gar keinen Fall vor der Hochzeitsnacht.“ Kankurou rollte mit den Augen, murmelte ein „Wer’s glaubt“ und fragte humorlos: „Und was führt dich her? Außer die Aussicht darauf, es meiner Schwester zu besorgen, meine ich?“ Er verzog keine Mine und erwiderte: „Ich soll den Kazekage und seinen wundervollen Anhang, der auf gar keinen Fall zu viel ausplaudert, zu ihrer Gästewohnung begleiten.“ „Wie nett“, kommentierte er, „aber überflüssig.“ „Anweisung ist Anweisung.“ „Tatsächlich? Würdest du dich auch an die Anweisung halten, wenn ich dir sage, dass du die Finger von Temari lassen sollst?“ „Du bist nicht in der Position, mir Anweisungen zu geben“, entgegnete Shikamaru gefasst, „tut mir leid.“ In Kankurous Inneren brodelte es. Seine gelassene Art und Weise war eine ausgesprochen gute Eigenschaft für einen Shinobi, aber in diesem Fall machte sie ihn einfach nur fuchsig. Und wenn er dann noch daran dachte, was der Kerl offensichtlich mit seiner Schwester trieb … Wenn sie ihn nicht lieben würde, könnte er sich auf etwas gefasst machen, doch so waren ihm wohl oder übel die Hände gebunden. „Schön, dass ihr das so schnell geklärt habt“, warf Temari ein, bevor das Gesicht ihres Bruders vor Wut noch rot anlief. Anschließend packte sie Shikamarus Arm und sagte: „Dann können wir ja gehen.“ „Augenblick noch!“, protestierte ihr Bruder. „Gaara –“ „Ich bin sicher, ihr beide findet den Weg alleine“, unterbrach sie ihn, ging los und ihr Freund ließ sich widerstandslos von ihr mitziehen. Kankurou blinzelte. „Hey“, rief er aufgebracht, „wie war das noch mit den Anweisungen?“ „Du kannst mir vielleicht keine geben“, gab Shikamaru zurück, „sie aber schon!“ Ein erneutes Blinzeln. Das war doch nicht zu fassen … „Sag Gaara, dass ich ihn auf der Hochzeit sehe“, sagte Temari. „Und dich sehe ich dann irgendwann, wenn ich vom Shougispielen“ – der Anflug eines Grinsens entging Kankurou nicht – „genug habe. Und vergiss nicht, dich heute Abend schön zu amüsieren.“ „Ich werde mich garantiert besser amüsieren als du!“ „Das bezweifle ich“, rief sie belustigt, dann verschwand sie mit Shikamaru an der Treppe. Er seufzte. Das bezweifelte er leider auch, aber wenigstens wusste er nun, wie wenig er dieses Land mochte. Er hatte in Konoha keine Freunde, also konnte er auf die Teilnahme an der dämlichen Hochzeit pfeifen und seine Schwester hatte mit einem Typen angebandelt, für den sie wahrscheinlich irgendwann Sunagakure für immer den Rücken zukehren würde. Gott, dieses Scheißdorf war wirklich zum Abgewöhnen! Kapitel 10: Kinder (Inojin & Shikadai) -------------------------------------- „Ich bin total neidisch auf dich!“, sagte Inojin plötzlich. Shikadai schaute sich um, um nachzusehen, ob jemand hinter ihm stand, doch da war niemand. „Auf mich?“, fragte er und sein Freund nickte. „Warum denn?“ „Du hast so eine erfolgreiche Verwandtschaft!“, antwortete er. „Dein Onkel ist Kazekage, dein Vater der Berater vom Hokage und deine Mutter ist immerhin Jounin!“ „Und was soll so toll daran sein?“ „Ich find’s toll, wenn man im Leben etwas geschafft hat, mit dem man etwas in der Welt bewirken kann.“ Shikadai runzelte die Stirn. „Gut, vielleicht stinken deine Eltern in der Hinsicht gegen meine ein bisschen ab“, gab er zu, „aber so übel sind sie doch auch nicht.“ „Na ja, mein Vater war mal bei den Ne, aber guck doch mal, was er jetzt macht: Er führt mit meiner Mama zusammen einen Blumenladen und verkauft nebenbei ein paar Gemälde.“ „Und?“ „Und?“, empörte sich Inojin. „Du weißt gar nicht, was für ein Glück du hast, dass du solche Connections hast.“ „Von mir aus kannst du sie haben“, erwiderte er. „Das interessiert mich nicht. Momentan braucht die Welt nicht noch einen Weltverbesserer.“ „Und wenn wir erwachsen sind?“ „Wir sind doch erst acht!“, bemerkte Shikadai. „Du kannst dich ja mit diesem Erwachsenenkram beschäftigen, wenn du lustig bist, aber ich bleibe erstmal noch ein paar Jahre ein Kind.“ Inojin starrte seinen Freund an und seufzte. „Okay, wahrscheinlich hast du Recht“, sagte er. „Aber den Ball hole ich trotzdem nicht für dich vom Baum.“ „Das ist unfair!“, beschwerte sich Shikadai. „Du weißt genau, dass mir da oben schwindelig wird.“ „Tut mir leid“ – Inojin grinste breit – „aber meine Mama hat gesagt, Kinder dürfen nicht auf Bäume klettern!“ Kapitel 11: Einer dieser Momente (Temari) ----------------------------------------- Temari trocknete sich ab. Sie fühlte sich frisch, wohl und – der altbekannte Spruch traf zu – wie neu geboren. Nach einem Tag mit Babykotze auf dem T-Shirt und hormonbedingten, spontanen Schweißausbrüchen gab es für sie tatsächlich nichts Besseres, als geduscht aus der Wanne zu steigen. Ein Gefühl, das leider nicht lange anhalten würde, wie sie wusste, da ihr Sohn sie fast jeden Abend mit ihrer eigenen Milch bespuckte. Besonders dann, wenn sie glaubte, dass er doch mal alles drin behielt, überzeugte er sie rasch vom Gegenteil. Als ob er sie mit Absicht ärgerte. Es war lächerlich, das von einem gerade mal sechs Monate altem Baby zu denken, doch wenn ihr wieder mal der säuerliche und vergorene Geruch in die Nase stieg, fiel es ihr schwer, etwas anderes zu glauben. Sie zog sich frische Unterwäsche an und als sie an sich herabschaute, blieb ihr Blick an ihrem Bauch haften. Obwohl ihr noch einige Schwangerschaftskilos auf der Hüfte klebten, sah er nicht übermäßig speckig aus und selbst wenn es doch so gewesen wäre, hätte es sie vermutlich weniger gestört. Zumindest weniger als die Streifen – drei links, vier rechts und zwei direkt am Bauchnabel –, die sie auf so unästhetische Weise verschönerten. Sie waren immer noch von einem leuchtenden Rot und weit vom Verblassen entfernt. Shikamaru beteuerte zwar immer wieder, dass sie ihn nicht störten, doch wie sollte er sich auch an etwas stören, das er ohnehin kaum zu Gesicht bekam? Die Male, die sie seit der Geburt miteinander geschlafen hatten, konnte sie an einer Hand abzählen. Es war nicht so, dass es sie frustrierte, aber wenn sie an früher dachte, wirkte es doch ein wenig ernüchternd auf sie. Ihr war allerdings bewusst, dass es zum Großteil an ihr selbst lag. Da Shikadai ein unmögliches Schlafverhalten an den Tag und vor allem an die Nacht legte, generell wenig schlief und viel beschäftigt werden wollte, war sie immer froh, wenn sie ihre Ruhe hatte. Viel Zeit und vor allem Lust blieb da nicht, aber das war im Moment, da er noch so klein war, okay für sie. Muttersein brachte immer Entbehrungen mit sich, das hatte sie schon lange, bevor er das Licht der Welt erblickt hatte, gewusst. Temari warf sich ihr langes Lieblings-T-Shirt über, das sie gerne zum Schlafen trug – auch auf die Gefahr hin, dass es morgen früh wieder in Brustnähe durchgeweicht war und ohne Ende Fettflecken aufwies und ging zum Spiegel. Sie hatte vom Schlafmangel dunkle Ringe unter den Augen und ihre Haut wirkte generell etwas fahl, doch da sie es momentan nicht ändern konnte, hatte sie sich damit arrangiert. Anfangs hatte sie sich noch die Mühe gemacht und Make-up aufgetragen, wenn sie nach draußen ging, um sich Inos Sticheleien über ihr ungesundes Aussehen nicht anhören zu müssen, aber das hatte sie schon vor Wochen aufgeben. Sie hatte ihre Kommentare einfach ignoriert und schließlich hatte sie sich die Sprüche gespart. Sie musste zugeben, dass sie ein wenig neidisch auf Ino war. Inojin war ein pflegeleichter Vielschläfer, der nachts nur einmal wach wurde, und er hatte seiner Mutter nicht einen lästigen Schwangerschaftsstreifen hinterlassen. Tatsächlich lief Ino seit einigen Tagen wieder bauchfrei herum, und das, obwohl die Geburt erst drei Monate her war. Für Temari war es irgendwie surreal, dass sich das Glück so dermaßen auf eine Person konzentriert hatte und sie selbst so dermaßen ignoriert hatte. Sie griff nach dem Ring, den sie auf die Ablage gelegt hatte, und steckte ihn sich an den linken Ringfinger. Kritisch musterte sie ihn. Im Feuerreich war es nicht üblich, den Ehering auch im Alltag zu tragen und alle in ihrem Bekanntenkreis steckten ihre nur zu besonderen Anlässen an, aber sie trug ihren fast ohne Ausnahme. Shikamaru tat es mit seinem genauso, mit dem Unterschied, dass er den Ring an einer Kette um den Hals trug. Er schien irgendwie ganz erpicht darauf zu sein, der Welt zu zeigen, dass er nicht mehr zu haben war und das schmeichelte und irritierte sie zugleich. Letzteres vor allem, wenn sie daran dachte, wie oft er betont hatte, wie unnötig und anstrengend eine Ehe sein musste, was ihn letztendlich aber nicht davon abgehalten hatte, ihr doch einen Antrag zu machen. Die Geschichte wirkte im Rückblick schon ein wenig abstrus auf sie, aber sie beschwerte sich nicht, denn sie hatte damals nicht ohne Grund sofort mit Ja geantwortet. Sie kämmte sich ihre Haare, band sie im Nacken zusammen – das hatte sie sich vor Kurzem angewöhnt, als ihr Sohn anfing, mit Begeisterung an ihren offenen Haaren zu ziehen –, hing das nasse Badetuch über den Wannenrand und verließ das Badezimmer. Temari ging ins Schlafzimmer, durchsuchte den Schrank nach einer kurzen Hose, die sie zum Schlafen anziehen konnte und blieb am Fenster stehen. Draußen wogen sich die Blätter der Bäume im Wind sanft hin und her und ein Anflug Wehmut überkam sie. Sie vermisste die Reisen, die fremden Orte, die sie dabei besucht hatte; die Freiheit, die sie verspürt hatte, wenn sie nachts im Freien unter dem Sternenhimmel eingeschlafen war; aber vor allem vermisste sie es, nach einer Mission nach Hause zu kommen. Das Zuhause, das längst nicht mehr ihr Zuhause war: Die Wüste. Die viel zu heiße, zu trockene, in wunderschönen Gelb- und Brauntönen schimmernde Wüste. Zuletzt war sie vor über einem Jahr dort gewesen und sie hatte seitdem nicht oft einen Gedanken an ihre Heimat verschwendet, aber nun traf sie die Erkenntnis, wie sehr sie das alles vermisste, umso härter. Sie schüttelte den Kopf, trat zurück auf den Flur und zog die Tür hinter sich zu. Sie schlug die Richtung zum Wohnzimmer ein. Das Wohnzimmer, in dem ihr kleiner Sohn sie bis zum Schlafengehen belagern und irgendwann mit einem Schwall Milch beglücken würde. Ihre Schritte wurden langsamer und als sie bemerkte, dass sie nichts hörte, blieb sie stehen. Es war ruhig. Zu ruhig. Und das machte sie skeptisch. Mit besorgter Miene stürmte sie in den Raum – und hielt augenblicklich inne. Ungläubig blinzelte sie, doch da sich das Bild, das sich ihr bot, auch nach dem dritten Mal nicht änderte, entspannte sie sich. Ihre beiden Jungs saßen im Sessel und schliefen. Das alleine hätte schon gereicht, um sie aus der Fassung zu bringen, doch das ganze Szenario war so ungewohnt und unerwartet für sie, dass sie lachen musste. Shikamaru hielt seinen Sohn, der auf seiner Brust lag, fest umklammert und Shikadais kleine Hand hatte sich um die Kette geschlossen, die um den Hals seines Vaters hing. Temari Lachen ging in ein zufriedenes Lächeln über. Genau dies war einer dieser Momente, der ihr bewusst machte, wie glücklich sie trotz ihrer alltäglichen Sorgen als Mutter war. Kapitel 12: Alles so einfach (Temari, Ino, Karui) ------------------------------------------------- „Ich bin schon total gespannt auf den Geburtsvorbereitungskurs“, sagte Ino begeistert. „Nächste Woche geht’s los.“ Karui tätschelte ihre ausgeprägte Sechs-Monats-Kugel. „Das glaub ich dir“, sagte sie. „Du musst mir alles haarklein erzählen!“ „Mach ich.“ Die zwei Frauen lachten und Temari verdrehte innerlich die Augen. Die Treffen mit den beiden gingen ihr schon seit Monaten auf die Nerven, besonders seit Karui ihre Schwangerschaft bekannt gegeben hatte. Sie redeten über nichts anderes mehr als Schwangerschaft, Geburt und Babys allgemein und da Temari keinen Reiz verspürte, sich über diese eintönigen Themen auszutauschen und die meiste Zeit schweigend dabei saß, es sei denn, sie wurde nach ihrer Meinung gefragt, fühlte sie sich ziemlich fehl am Platz. Das Gespräch über einen Kurs, den sie selbst für total überflüssig hielt, war nur die Spitze des Eisberges. Atemübungen … Als ob sich eine Kunoichi mit so etwas beschäftigen musste! Sie verstand wirklich nicht, wie man sich auf so einen albernen Unsinn freuen konnte. „Ich hoffe ja“, fuhr Ino fort, „dass es für die Geburt wirklich etwas bringt. Da hab ich nämlich schon ein bisschen Schiss vor.“ „Bleib einfach gelassen“, redete Karui ihr gut zu. „Bis jetzt ist noch jedes Kind irgendwie auf die Welt gekommen.“ Temari unterdrückte angesichts dieser dämlichen Floskel ein Seufzen. Wenn sie sich heute nicht ausgerechnet bei ihr zu Hause getroffen hätten, wäre sie schon längst aufgestanden und gegangen, aber so … Sie konnte zwei schwangere Frauen doch nicht einfach vor die Tür setzen, nur weil sie sich über Dinge unterhielten, die sie nervten – zumal sich Ino und Karui sicher auch nicht ohne Weiteres hinausschmeißen ließen. „Stimmt“, erwiderte Ino amüsiert, „das eine mehr, das andere weniger freiwillig. Oder, Temari?“ Ihr verschleierter Blick der Langeweile lichtete sich. „Wenn du das sagst …“, gab sie monoton zurück. Karui prustete los. „Na, gerade du weißt das doch am besten!“ Sie deutete ein Achselzucken an, sagte aber weiter nichts. „Hat dir eigentlich schon mal jemand gesagt, dass Shikamaru ganz schlimm auf dich abgefärbt hat?“, fragte Ino kritisch. „In puncto Desinteresse machst du ihm ernsthaft Konkurrenz.“ „Wenn euch ein gescheites Gesprächsthema einfällt, misch ich gerne wieder mit“, meinte Temari ruhig. „Aber euer ›Schwangerschaft hier, Babys da!‹ kann ich echt nicht mehr hören!“ Ino schaute sie empört an und Karui bemerkte: „Aber du weißt schon, was du da gerade auf dem Arm hast?!“ „Und?“, gab sie zurück und strich ihrem Sohn, der auf den Tag genau fünf Wochen alt war, schützend über die dunklen Haare. „Nur, weil ich vor euch ein Kind bekommen habe, heißt das nicht, dass ich mich ununterbrochen darüber unterhalten muss.“ „Aber hat man nicht gerade dann Redebedarf?“, fragte Karui. „Nicht, wenn man mit nichts anderem mehr zugetextet wird“, antwortete sie. „Yoshino will jedes noch so kleine Detail von seinem Tagesablauf wissen und gibt mir ohne Pause irgendwelche dämlichen Ratschläge, Shikamaru redet auch von nichts anderem und Bekannte und sogar wildfremde Leute auf der Straße quatschen mich unaufgefordert an. Wahrscheinlich bin ich bei euch damit an der völlig falschen Adresse, aber wenn ich nicht bald ein kinderfreies Gespräch führen darf, drehe ich durch!“ Ino sah sie verblüfft an, holte einmal tief Luft und lächelte breit in die Runde. „Hab ich eigentlich schon erzählt“, begann sie, „was Sai gestern im Blumenladen passiert ist? Irgendein gutaussehender Kerl kam an und hat einen sündhaft teuren Strauß gekauft. Und jetzt ratet mal, wem er den geschenkt hat …“ Temari blinzelte. Wenn doch nur alles so einfach wie dieser Themawechsel wäre … Kapitel 13: Erwachsenenkram (Shikadai & Kankurou) ------------------------------------------------- Erwachsenenkram Shikadai legte mit einem Jubelschrei die letzte Karte ab, präsentierte seinem Gegenspieler ein breites Grinsen und bemerkte: „Du hast schon wieder verloren!“ Kankurou seufzte und legte sein Blatt ab. „Du hast in Kartenspielen genau so ein unverschämtes Glück wie deine Mutter.“ „Mama hat nicht nur Glück, sie schummelt auch.“ Sein Onkel setzte eine fragende Miene auf und der Junge lehnte sich an und lachte los. „Sag bloß, du hast noch nie bemerkt, dass sie manchmal mehrere Karten auf einmal ablegt?!“, stichelte er. Perplex von dieser Offenbarung zog er die Stirn kraus. „Wie bitte?“ Sein Neffe nickte. „Sie hat dich und Papa gestern den ganzen Abend reingelegt … Ich hab’s gesehen – im Gegensatz zu euch.“ „Und warum sollte sie so etwas Bescheuertes tun?“ „Weil sie gewinnen möchte“, sagte er, „und weil sie meint, dass es ausgleichende Gerechtigkeit dafür ist, dass sie gegen Papa immer beim Shōgi verliert.“ Er schnaubte kurz vor Belustigung und bemerkte: „Was für eine blöde Frage …“ „Aber –“ Kankurou räusperte und besann sich, um vor diesem Dreikäsehoch nicht wie ein totaler Volltrottel dazustehen. „Du redest Unfug. So etwas macht sie nicht. Zumindest nicht, wenn sie gegen ihren Lieblingsbruder spielt.“ „Doch“, legte Shikadai fest, „macht sie. Onkel Gaara ist ja nicht hier.“ Er schnaufte verstimmt – was für eine Unverschämtheit! –, beschloss aber, die Ruhe zu bewahren. „Und das hast du dir von ihr abgeguckt?“, fragte er beherrscht. „Abgeguckt?“, wiederholte er und schüttelte den Kopf. „Nein, sie hat es mir beigebracht.“ „Sie hat was?“, empörte er sich. „Das glaub ich dir nicht. Das würde sie niemals tun.“ Der Junge fläzte sich auf die Couch und lachte abermals. „Hat sie aber“, sagte er dann. „Sie hat mir ein paar gute Tricks beigebracht.“ Kankurou starrte ihn ungläubig an, schien sich dann aber wieder zu fangen. „Gut“, meinte er, „mal angenommen, dass sie das tatsächlich getan hat: Was hat sie davon, wenn sie ihrem naseweisen Sohn beibringt, wie man beim Maumau seine Mitspieler bescheißt?“ Shikadai hob tadelnd die Augenbrauen. „Das letzte Wort hab ich jetzt nicht gehört.“ „Ja, ja.“ Sein Onkel winkte ab. „Deine Mutter ist zum Glück nicht hier und irgendwann schnappst du solche Begriffe ohnehin …“ Plötzlich stieß er ein Knurren aus. „Lenk nicht vom Thema ab.“ „Tue ich doch gar nicht.“ „Doch!“ „Nein.“ „Rotzbengel!“, fluchte Kankurou. „Sei froh, dass du mein Neffe bist, ansonsten würde ich dich …“ „Was für ein Glück“, erwiderte der Junge gelangweilt und gähnte demonstrativ. Dieser Kommentar brachte seinen Onkel endgültig auf die Palme. „Okay, das war’s!“ Energisch schlug er mit der flachen Hand auf den Tisch. „Das hier war das letzte Mal, dass ich auf dich aufpasse! Ich lass mich doch nicht von einem achtjährigen Rotzlöffel wie dir verarschen!“ „Nicht?“, flötete Shikadai vergnügt. „Kommt mir gerade irgendwie nicht so vor.“ „Es reicht! Zieh deine Jacke an! Ich bring dich sofort zu deinen Eltern!“ Er verschränkte die Hände hinter dem Kopf, lehnte sich noch weiter zurück und sah ihn mit einer Gleichmütigkeit an, die sein Vater nicht besser hinbekommen hätte. „Weißt du denn überhaupt, wo sie sind?“, fragte er monoton. „Natürlich!“, fuhr Kankurou ihn an und sprang auf. „Sie sind …“ Er brach ab. Er versuchte sich zu erinnern, ob Temari irgendeinen konkreten Ort genannt hatte, doch das hatte sie nicht. Seine Schwester hatte nicht die kleinste Andeutung fallen lassen, wohin sie mit ihrem Gatten gehen wollte, damit er für den Notfall wusste, wohin er sich wenden konnte. Sie hatte nicht einmal erwähnt, wie lange sie wegbleiben würden. Scheiße, hatte sie sich mit Shikamaru etwa aus dem Staub gemacht? Wenn ja, hieß das, dass dieser neunmalkluge Bengel an ihm hängen blieb! Verdammt, das konnte doch nicht wahr sein! „Du weißt es also nicht“, bemerkte Shikadai. Sein Onkel warf ihm einen missgelaunten Blick zu und setzte sich wieder. „Offensichtlich nicht“, gab er zähneknirschend zu. „Hast du vielleicht eine Idee, wo sie sein könnten?“ „Ich?“ Er lachte. „Nein.“ „Fällt dir kein Restaurant oder eine Eisdiele oder so was Ähnliches ein, zu der ihr oft geht?“ „Nö“, sagte er. „Ich glaube auch nicht, dass sie Essen gegangen sind.“ „Und was machen sie deiner Meinung nach dann?“ Der Junge zuckte die Achseln. „Wahrscheinlich irgendeinen Erwachsenenkram.“ Die Antwort verschlug Kankurou die Sprache. Natürlich machte es Sinn, dass sich die beiden irgendwo ein Zimmer genommen hatten, um ungestört ihren ehelichen Pflichten nachgehen zu können, aber … Nein, das konnte dieses Kind unmöglich meinen. „Erwachsenenkram?“ Shikadai blickte ihn an und verzog keine Miene. „Na, küssen und so Zeugs.“ So Zeugs? Was bitte meinte er mit so Zeugs? O Gott, konnte es sein, dass seine Schwester und sein Schwager ihr Liebesleben vor ihrem Sohn auslebten? Wenn sie ihn auf so unmoralische Weise beim Kartenspielen übers Ohr haute, konnte sie zu allem fähig sein … Er fröstelte. Wenn sich diese Vorstellung als Tatsache herausstellte, war Temari die längste Zeit seine Schwester gewesen, das stand mal fest. Er betrachtete wieder seinen Neffen, der immer noch völlig unbeteiligt da saß. Immerhin machte er nicht den Eindruck, dass er ein Trauma davongetragen hatte, doch die Frage kam ihm trotzdem nur schwer über die Lippen. „Was denn zum Beispiel?“, wollte er wissen. „Ich sagte doch: Küssen und so einen Kram“, wiederholte Shikadai im Ansatz genervt. „Und was“ – Kankurou holte tief Luft, denn er traute sich kaum, noch einmal nachzuhaken – „bedeutet Kram?“ Ein erneutes Schulterzucken kam von dem Jungen. „Du muss doch irgendeine Definition für diesen Begriff haben!“ Shikadai verschränkte die Arme und dachte nach. „Hm“, machte er, „manchmal liegen Mama und Papa zusammen im Bett und kuscheln oder so.“ Kankurou hob fragend eine Braue. „Kuscheln oder so?“ „Mama sagt, es ist Erwachsenenkram“, antwortete er ungeduldig. „Ich bin gerade mal acht! Was versteh ich also schon davon?“ Sein Onkel atmete erleichtert auf. Jetzt musste er Temari doch nicht von der kurzen Liste seiner Familienmitglieder streichen. „Was ich aber ein bisschen komisch finde“, warf Shikadai ein. „Wenn ich manchmal nachts zu Mama und Papa ins Zimmer komme, weil ich nicht einschlafen kann oder schlecht geträumt habe und frage, ob ich bei ihnen schlafen darf“ – er hob zur Verteidigung die Hände – „was natürlich nie vorkommt –, schicken sie mich immer noch mal aufs Klo, selbst wenn ich gerade von da herkomme.“ Er runzelte die Stirn und fragte: „Weißt du, warum sie das machen, Onkel Kankurou?“ Diesmal war er es, der herzhaft loslachte. Er musste so sehr lachen, dass sein Groll auf seinen Neffen augenblicklich verpuffte. „Ach, Kleiner“, begann er und legte ihm eine Hand auf die Schulter, „das kann ich dir leider nicht sagen.“ Shikadai schürzte die Lippen. „Warum denn nicht?“ Kankurou lachte noch lauter. „Weil es Erwachsenenkram ist!“ Kapitel 14: Von Bienen und Blumen (Sai & Inojin) ------------------------------------------------ Von Bienen und Blumen „Papa?“ Inojin sah seinem Vater neugierig über die Schulter. „Wo kommen eigentlich die Babys her?“ Sai, der gerade etwas zeichnete, hielt perplex inne. Wie kam ein Kind im jungen Alter von sechs Jahren auf so eine Frage? Und warum hatte er sie nicht seiner Mutter gestellt? Ino hatte ein Talent dafür, die Nachforschungen ihres Sohnes altersgerecht zu erklären und wusste meist eine Antwort. Aber er selbst hatte nicht den blassesten Schimmer davon. Er seufzte, platzierte seinen rechten Daumen und Zeigefinger an seinem Kinn und dachte nach. „Das passiert“, setzte er an, „wenn zwei Menschen sich mögen.“ „Dann haben Boruto und Sarada auch bald ein Baby?“ „Bloß nicht“, rutschte es Sai heraus, der die Vorstellung außerordentlich gruselig und fragwürdig fand. „Ich meinte, nein, die beiden sind noch zu jung dafür.“ „Wie alt muss man denn dafür sein?“, fragte Inojin weiter und seine Augen funkelten ihn neugierig an. „Sehr viel älter als du und deine Klassenkameraden.“ „Und wie alt genau?“ Diese Fragen … Gott, warum konnte er sich nicht wie eine seiner Tinten-Bestien bei Regen in Nichts auflösen? „Mindestens achtzehn“, kam es ihm im Affekt in den Sinn. „Am besten noch ein bisschen älter.“ „Wie alt warst du denn, Papa?“ „Dreiundzwanzig.“ Inojin blinzelte. „Und warum?“ Warum, warum … Das konnte doch unmöglich sein Ernst sein! Wo waren nur die feindlichen Shinobi geblieben, die einen hinterrücks mit einem Kunai erstachen? „Weil es halt so ist“, antwortete er, da ihm partout keine kindgerechte Erklärung einfallen wollte. „Hm“, machte der Junge unzufrieden. „Chouchou sagt, es hat irgendwas mit Bienen und Blumen zu tun.“ Bingo, endlich eine Ausrede. Ino wäre sofort auf diese Idee gekommen – wie wahrscheinlich jeder Mensch, der nicht isoliert von normalen Menschen aufgewachsen war. Zwölf Jahre nach Ne hatte er immer noch einiges zu lernen … Sai nickte. „Genau so ist es.“ „Und was machen die Bienen und die Blumen genau?“ „Die Biene sammelt Blütenstaub und bestäubt damit die Blume, damit weitere Blumen entstehen können.“ Inojin zog die Stirn kraus, als stellte ihn diese Antwort nicht zufrieden, dann lächelte er plötzlich. „Dann bist du die Biene und Mama und ich sind Blumen?“ „Ja“, erwiderte sein Vater nach kurzem Zögern, „so kann man es sehen.“ Erleichtert und in der Hoffnung, dass sich die Fragerunde erledigt hatte, setzte er den Bleistift wieder auf das Papier. „Aber wenn es dann immer nur Blumen gibt“, unterbrach der Junge die Stille, „müssten die Bienen dann nicht irgendwann aussterben? Und was ist dann mit all den anderen Pflanzen und Tieren, die es gibt? Sind sie dann für immer tot?“ Zu früh gefreut. Jetzt musste er sich rasch etwas einfallen lassen, sonst … „Oder werden ein paar Blumen zu Bienen und die bestäuben dann alles, was es auf der Welt gibt?“ Sai schaute seinen Sohn verblüfft an. Es war immer wieder erstaunlich, auf was für seltsame Ideen er kam. „Meinst du denn, dass das Sinn macht?“, fragte er. Inojin verschränkte die Arme und nickte. „Mama mag Blumen, weil sie eine ist und du kannst mit deinem Ninjutsu in der Luft fliegen wie eine Biene“, sagte er selbstsicher. „Natürlich macht das Sinn!“ Er lachte und lief mit großen Schritten davon. Sai sah ihm mit hochgezogenen Brauen nach. Ein aufrichtiges Lächeln umspielte seine Lippen. Kapitel 15: Eine Sonnenblume (Himawari & Hinata) ------------------------------------------------ Eine Sonnenblume „Mama, warum heiße ich so, wie ich heiße?“ Hinata legte ihre Essstäbchen neben die Schüssel und blickte ihre Tochter an, die ihr gegenüber saß. „Weil Himawari ein schöner Name ist“, erklärte sie mit einem Lächeln. „Oder gefällt er dir etwa nicht?“ Das Mädchen schüttelte den Kopf. „Nein, er ist hübsch“, sagte sie. „Das meint sogar Boruto und wenn er das sagt, muss es einfach stimmen.“ Ihre Mutter schmunzelte und faltete die Hände vor sich auf dem Tisch. „Warum fragst du dann?“ „Wir haben heute im Unterricht über Namen geredet“, antwortete Himawari. „Und als mich die Lehrerin gefragt hat, ob ich denn weiß, warum ich so heiße, konnte ich ihr nicht antworten.“ „Und du möchtest ihr gerne eine Antwort darauf geben?“ „Nein“, sagte sie, „ich möchte es einfach selbst wissen … Also warum heiße ich so?“ „Weil Sonnenblumen meine Lieblingsblumen sind.“ Erneut lächelte Hinata ihr zu. „Und weil du aus dem Hyuuga-Clan abstammst.“ „Du meinst den Clan, zu dem Opa Hiashi gehört?“ Ihre Mutter nickte. „Und was heißt Hyuuga?“, fragte sie neugierig weiter. „Hat es auch etwas mit Sonnenblumen zu tun?“ „Ja, so in etwa“, antwortete Hinata. „Es bedeutet in der Sonne.“ „In der Sonne?“, wiederholte Himawari und legte den Kopf schief. „Hmm …“ Sie schaute etwas nachdenklich drein, dann fuhr sie fort: „Ich mag die Sonne.“ „Wirklich?“ Das Mädchen nickte eifrig. „Natürlich!“, sagte sie und lachte. „Ich muss sie einfach mögen, schließlich hat Opa denselben Namen wie sie!“ Kapitel 16: Eine bescheuerte Tradition (Shikamaru, Temari, Mirai) ----------------------------------------------------------------- Eine bescheuerte Tradition Shikamaru betrat mit einem breiten Lächeln das Wohnzimmer. „Ich werde Patenonkel!“ „Ach, tatsächlich?“, erwiderte Temari, ohne von der Zeitung, die sie gerade las, aufzusehen. „Ja, im Dezember ist es so weit“, antwortete er, ließ sich aber von ihrem Desinteresse die Laune nicht verderben. „Erst Ino, jetzt Chouji ...“, bemerkte sie beiläufig, „Tja, was für ein Pech, dass der Nachwuchs von den beiden allein nicht ausreicht, um eure komische Tradition aufrecht zu erhalten.“ „Ein bisschen Zeit bleibt uns doch noch, damit alle Kinder in einen Jahrgang kommen.“ Temari blickte auf und starrte ihn ausdruckslos an. „Wenn du mir damit etwas Bestimmtes sagen möchtest“, sagte sie beherrscht und zog eine Augenbraue nach oben, „ich höre.“ Shikamaru grinste – ihr scharfer Tonfall konnte ihm heute nicht die Laune verderben – und ließ sich neben ihr auf die Couch fallen. „Ist Mirai noch da?“, fragte er. „Ja, sie ist eben auf Toilette gegangen. Kurenai –“ Sie brach ab, als sie im Flur das laute Getrappel der Vierjährigen hörte. „Guck mal, Onkel Shikamaru!“, rief sie, als sie ins Zimmer stürmte und wedelte wild mit der rechten Hand herum. Abrupt sprang Temari von der Couch auf und luchste dem Mädchen den Gegenstand, den sie festhielt, ab. „Wo hast du denn das her?“, fragte sie mit einer ungewohnten Unsicherheit in der Stimme. „Das hab ich eben im Müll gefunden“, flötete Mirai fröhlich. „Ich wollte es Onkel Shikamaru zeigen, weil ich dachte, dass er sich vielleicht genauso wie du darüber freut, Tante Temari.“ Shikamaru sah die beiden mit hochgezogenen Augenbrauen an. Er hatte nicht den kleinsten Schimmer, wovon die Zwei sprachen. „Was ist es denn?“, fragte er arglos. Temari zögerte einen Moment, dann reichte sie ihm das auf den ersten Blick unscheinbare Ding. „Hier“ – sie verschränkte die Arme und wandte sich ab – „wie es aussieht, ist eure bescheuerte Ino-Shika-Chou-Tradition für die nächste Generation gesichert.“ Fassungslos betrachtete Shikamaru den positiven Schwangerschaftstest in seinen Händen. Kapitel 17: Plätzchenbacken (Boruto, Himawari, Hinata) ------------------------------------------------------ Himawari legte ihren Zeigefinger an die Unterlippe und murmelte: „Welche Form jetzt?“ Hinata beobachtete sie mit einem Lächeln. Ihre Tochter so begeistert beim Plätzchenbacken zu sehen, war immer das Schönste an der Vorweihnachtszeit. „Wie wäre es mit der Sternschnuppe?“, schlug sie vor, da sich das Mädchen nicht entscheiden konnte. „Au, ja!“ Himawari klatschte in die Hände und kicherte. „Die mag Papa auch am liebsten!“ Sie griff die Form und stach motiviert die ersten Kekse aus. Boruto, der am Tisch saß, warf einen verdrossenen Blick auf seine Schwester. Es war ihm unbegreiflich, warum sie sich für einen Idioten von Vater, der nie zu Hause war, solch eine Mühe gab. Er erinnerte sich, dass sein alter Herr in den letzten Jahren mehrmals versprochen hatte, mit Himawari zusammen Plätzchen zu backen. Und wo war er? Natürlich im Büro, um seinen dämlichen Pflichten als Hokage nachzukommen. Wut stieg in ihm auf und er malträtierte seine Lippe mit den Zähnen. Seine Versprechen waren keinen Pfifferling wert! Dieser dumme Kerl verdiente eine großartige Tochter wie Himawari nicht. Boruto wandte sich ab und schnappte seinen Handheld. Er musste sich dringend ablenken, bevor er noch ausrastete … Er spielte einen Moment, doch der Spaß wollte nicht so recht aufkommen. Er überlegte, ob er einfach zu Shikadai oder Inojin gehen sollte, angesichts des Datums schien ihm das jedoch keine allzu gute Idee zu sein. Shikadais Onkel aus Sunagakure war zu Besuch und Inojin musste um die Uhrzeit auf den Blumenladen aufpassen. Nein, die beiden waren keine Option, wenn er sich von deren Müttern kein Donnerwetter einheimsen lassen wollte. Und Mitsuki? Zu Hause traf man ihn in den seltensten Fällen an und er hatte keinen Schimmer, wo dieser sich gerade herumtrieb. Boruto seufzte. Dann hatte er keine Wahl, außer blöd am Küchentisch herumzusitzen und seiner Mutter und seiner Schwester beim Backen zuzusehen … Wie deprimierend. Himawaris Kichern drang wieder an sein Ohr. „Nii-chan!“, rief sie heiter. „Backe doch mit uns mit!“ „Danke, verzichte“, murrte er, nahm sich die Tageszeitung und schlug sie auf. Die dämliche Visage des Hokage glotzte ihm von der Titelseite entgegen. Am liebsten hätte er das Bild herausgerissen und zu tausend Schnipsel verarbeitet, doch er genügte sich mit raschem Weiterblättern. Sein Idiotenvater war es nicht wert, dass er seiner Schwester und seiner Mutter die Stimmung versaute. Desinteressiert begann er, einen Artikel über Inuzukas Hundezucht zu lesen, als er Getrappel hörte und ihm anschließend etwas am Arm zog. Genervt sah er auf. „Och, bitte, Nii-chan!“ Himawari strahlte ihn an. „Wenn du mir bei den Keksen hilfst, musst du mir auch nichts mehr zu Weihnachten schenken!“ Ihr Bruder atmete tief durch. Er hatte wirklich keine Lust auf so einen lästigen Zeitvertreib. Wenn er seine kleine Schwester nur nicht so gern hätte … Ein Schmunzeln huschte über sein Gesicht. „Zu spät“, erwiderte er und wuschelte Himawari durch die Haare, „hab schon was gekauft!“ Das Mädchen legte den Kopf schief und blies nachdenklich die Wangen auf. Schließlich grinste sie. Es war ein so dreistes Grinsen, das er noch nie bei ihr gesehen hatte. „Und wenn ich dir verspreche“, sagte sie langsam, „dich ein Jahr lang nicht mit Hilfe meines Byakugan zu vermöbeln?“ Ein kurzer Schauer lief Boruto über den Rücken, als er sich an das letzte Mal erinnerte. Himawaris Dreistigkeit zum Trotz: Das war definitiv ein guter Deal. Er lachte. „Okay, überredet, Schwesterherz!“ Das Mädchen lief zurück zur Arbeitsstelle und hüpfte auf den Tritt. „Siehst du, Mama?“, flötete sie. „Man braucht nur ein paar gute Argumente!“ Hinata lachte, dann schaute sie ihren Sohn sanft an. Dieser grinste zurück und schlenderte zu den beiden herüber. „Was soll ich machen?“, fragte er. „Noch ein paar Sternschnuppen!“ Himawari schob ihm die zweite Form herüber. „Davon brauchen wir ganz viele für Papa!“ Boruto schluckte. Die Liebe zu seiner Schwester in allen Ehren: Für seinen Vater würde er nicht einmal einen Krümel ausstechen. Er schob die Form zu seiner Mutter herüber. „Macht ihr beide die Sternschnuppen, ich mache normale Sterne.“ Himawari schüttelte vehement den Kopf. „Ich möchte aber, dass wir die Sternschnuppen machen!“ Boruto runzelte vor Ärger die Stirn, bemühte sich aber, diesen nicht an seiner Schwester auszulassen. „Ich möchte aber lieber Sterne machen“, entgegnete er ruhig. „Die mag Mama nämlich am liebsten.“ „Ja, wenn sie aus Schokoteig sind“, gab das Mädchen schmollend zurück. „Aber den machen wir erst nachher.“ Ihr Bruder stieß ein Seufzen aus. „Gut, dann esse ich eben die hellen Sterne.“ „Du Egoist!“, wetterte Himawari. „Klar, dass du nur Kekse machen willst, um sie dann selbst zu essen.“ „Das ist gar nicht –“ Er brach ab. Jetzt verdarb er seiner Schwester und seiner Mutter doch die Laune. Und das nur, weil er sich weigerte, Sternschnuppen auszustechen. Wenn bloß sein Vater nicht in diesem Kontext gefallen wäre … Als ob der sich für eine Keksform interessierte. Der stopfte ohnehin alles in sich hinein! Widerstrebend streckte er den Arm nach der Sternschnuppenform aus, da hörte er, wie die Haustür zugeschlagen wurde und jemand über den Flur hechtete. Nach Luft japsend stolperte sein Vater in die Küche. „Ihr … habt schon … angefangen?“, keuchte dieser. Boruto glaubte, sein alter Herr war einer Herzattacke nah, und die Schadenfreude in Anbetracht des Anblicks, dass er völlig verschwitzt und verschnauft war, erheiterte ihn. „Wir haben die doppelte Menge gemacht“, sagte Himawari. „Damit Opa und Tante Hanabi auch noch was abbekommen.“ Hinata setzte ein entschuldigendes Lächeln auf. „Tut mir leid, dass wir nicht auf dich gewartet haben.“ Naruto schüttelte den Kopf und tat enttäuscht. „Dabei bin ich extra eine Stunde eher gegangen ...“ Boruto blickte in eine andere Richtung und verdrehte genervt die Augen. So ein Idiot … Der Hokage raffte seine Ärmel und stellte sich neben seine Tochter. „Was soll ich machen?“ Himawari reichte ihm eine Form. „Sterne für Nii-chan!“ Naruto musterte seinen Sohn, grinste auf seine Art und Weise, die Boruto äußerst dümmlich fand, und rief: „Dann mal los!“ Boruto schlug sich aufgrund dieser Albernheit die Hand vor die Stirn. Während er die Sternschnuppenform griff, beobachtete er seinen alten Herrn und ein Schmunzeln huschte über seine Lippen. Sein Vater war wirklich ein Trottel. Manchmal jedoch ein recht Liebenswerter, musste er zugeben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)