Ein Faible für Monster von TilyaDraug (Die Frau, die Drachen zu sehr liebte) ================================================================================ Kapitel 9: Einhornhaar ---------------------- Um zwei Uhr Morgens hämmerte es fordernd gegen Tilyas Zimmertüre. Die Alverliekin war ein notorischer Frühaufsteher, aber für sie begann der Tag trotz allem gute drei Stunden später. "Draug!", schnitt eine ölige Stimme durch die Stille der Nacht. Tilya schreckte hoch; noch halb am Träumen fiel ihr nachtsichtiger Blick auf die Mantodexe auf ihrem Nachttisch. "Hallo, mein Hübscher", säuselte sie schlaftrunken. "Hast du mich geweckt?" "Draug! Was erlauben Sie sich eigentlich? Öffnen Sie sofort die Tür!" "Ach du Sch... Moment, ich komme!" Hastig taumelte Tilya zur Tür, immer noch nicht richtig in der Realität angekommen, riss sie die Tür auf, und sah eine vampirähnliche Gestalt auf der Schwelle, die sie nicht sofort zuzuordnen vermochte. Ihr fiel in diesem Moment nur ihre gruselige Begegnung mit den beiden Nachtwesen aus der Nocturngasse ein, und sie zog die Tür sofort wieder zu. "Oh, nää! Verschwinden Sie, Mister, ich verkauf Ihnen nichts von meinem Blut...", murmelte sie todmüde, doch Snape setzte schnell einen Fuß in den Raum. "Was fällt Ihnen ein, Draug; haben Sie den Verstand verloren?", verlangte Snape in barschem Tonfall zu erfahren, dann blickte er verständnislos an Tilya hinab. "Sagen Sie, schlafen Sie immer in Ihrer Rüstung?" Jetzt erst registrierte Tilya, wen sie da vor sich hatte. "Ähm... nein, eigentlich eher weniger. Ich bin wohl beim Lesen eingeschlafen, und..." "Dann sind Sie jetzt sicher ausgeruht genug, um Ihre Verbundenheit für Hogwarts unter Beweis zu stellen, und sich nützlich zu machen. Sie werden mich in den verbotenen Wald begleiten, und mir bei der Beschaffung einiger magischen Zutaten assistieren. Ihr Freund, der Wildhüter schien doch so angetan von ihrer Begabung zu sein." "Kommt er mit?", fragte Tilya hoffnungsvoll. "Nein, tut er nicht", erwiderte Snape kühl. "Wieso fragen Sie? Trauen Sie sich nicht allein mit mir in den Wald?" Tilya sparte sich darauf einen Kommentar. Schweigend folgte sie Snape durch das vereinsamte Schloss nach draußen. Der Mond stand voll am klaren Sternenhimmel. Sehnsüchtig schielte sie zu Hagrids Hütte hinüber, in der man schwaches Kerzenlicht flackern sah. Snapes schwarzer Umhang wehte unheilverkündend in der Nachtluft, und erinnerte Tilya irgendwie an die Gewänder der Dementoren, die draußen vor dem Schloss postiert waren. Sie hatte das Gefühl, zu ihrer eigenen Beerdigung laufen zu müssen, mit diesem gruseligen Lehrer als ihren Totengräber... Sie fröstelte. Ihr war, als wäre sie die Hauptfigur in einer Gruselgeschichte. Die Hauptfigur mit nicht allzu großer Lebenserwartung... Tilya litt nicht unbedingt an Paranoia, doch beschäftigten sie momentan die verschiedenen Möglichkeiten, die sich der vampiresker Pseudo-Mentor zunutze machen könnte, um sie hier draußen unbemerkt ins Jenseits zu befördern. "Professor Slytherin, warum heißt der verbotene Wald eigentlich 'verbotener Wald'?", versuchte sie, ein Gespräch zu beginnen. "Mein Name ist  S n a p e", schnarrte der Schwarzhaarige nachdrücklich. "Merken Sie sich das endlich, Draug. Warum der Wald diesen Namen trägt, liegt doch auf der Hand." "Aber für wen ist er verboten?", bohrte Tilya weiter nach. Snape wirbelte auf dem Absatz herum, um ihr endlich den nervtötenden Mund zu verbieten, wurde aber von Tilyas effekthaschenden Augen irritiert, in denen sich das Vollmondlicht eindrucksvoll brach. Er hoffte, dass diese auffälligen Blickfänger nicht die Aufmerksamkeit von der unangenehmeren Sorte von Waldbewohnern auf sich ziehen würden. "In erster Linie ist er verboten für die Schüler", schnarrte er dann ungeduldig. "Also nicht für mich", stellte Tilya zufrieden fest. Severus rang mit sich. Einerseits wäre es ihm eine Genugtuung gewesen, der neugierigen Alverliekin den Zugang zum Wald zu verwehren, andererseits konnte er doch darauf spekulieren, dass sie vielleicht eines Tages von einem ihrer Ausflüge nicht zurückkam, und sich somit alle Probleme von selbst lösen würden. Leider hatte man ihm jedoch die Verantwortung für sie übertragen. " Streng genommen gehört dieser Wald zum Gelände von Hogwarts und unterliegt damit der Aufsichtspflicht der Schule. Sie dürfen ihn also jederzeit in der Begleitung einer Lehrkraft betreten", erklärte er ihr dann kompromissbereit. "Zum Beispiel in Begleitung von Hagrid", warf Tilya dazwischen, erntete jedoch nur ein mürrisches Schnaufen des Slytherins als Antwort. "Wonach genau suchen wir überhaupt?", wollte sie dann wissen. Severus gingen diese ganzen erzwungenen Unterhaltungen allmählich auf die Nerven. "Nichts als Wolfswurz und Einhornhaar, und jetzt halten Sie endlich den Schnabel und konzentrieren sich, Draug!" "Einhornhaar kenne ich nicht. Ist das eine Art Flussgras? Aber Wolfswurz sagt mir was,- das ist doch das Zeug, das wie Eisenhut aussieht, oder?" Statt etwas darauf zu erwidern, starrte Severus die Alverliekin mit einem derart vernichtenden Blick an, dass sich ihr tatsächlich die Federn sträubten. "Ähm... Professor, erlauben Sie noch eine Frage?" "...W  a  s ?" "Wo genau wächst Einhornhaar üblicherweise?" Snape funkelte sie derart bedrohlich an, dass Tilya sich, in der festen Überzeugung, gleich eine gescheuert zu bekommen, instinktiv duckte. "...Auf...    ...Einhörnern...", kam es dann gedehnt zwischen den zusammengepressten Zähnen des Schwarzhaarigen hervor. Als die beiden eine längere Zeit erfolglos durch den Wald gestreift waren, erkannten Tilyas nachtsichtige Augen endlich das gesuchte Kraut in einiger Entfernung neben einer kleinen Lichtung auf einem Hügel. "Eins zu Null für mich", flötete sie gut gelaunt, und zwinkerte Snape schelmisch zu, bekam aber nur einen seiner üblichen tödlich-finsteren Blick von ihm zurück. "Ich hol schon...", nuschelte sie kleinlaut, und stieg die Anhöhe hinauf. Gedankenverloren erntete sie behutsam etwas Wolfswurz ab, und verstaute sie in ihrer Tasche, als sie plötzlich Snapes Stimme hörte,- nicht scharf und schneidend, sondern bedächtig flüsternd. "Draug! Einhorn auf neun Uhr!" Tilya richtete sich auf, und betrachtete angestrengt den Waldboden, der sich zu ihrer Linken erstreckte. Nur Kieselsteine, altes Laub, Nesseln, Klee... nichts außergewöhnliches. "Ich seh kein Horn!", rief sie verwirrt zurück. "Bei Merlin, seien Sie  s t i l l !", zischte es erregt aus dem Dickicht. "Und bewegen Sie sich vorsichtig, verdammt noch mal! Es kommt zu Ihnen!" "WAS kommt zu mir?", quäkte Tilya alarmiert, doch dann sah sie es. "Scheiße...!" Das Vieh war ein garstiges, pferdeähnliches Monstrum, seine ekelhaft dichte Behaarung leuchtete unnatürlich weiß, und auf seinem Kopf thronte ein spitzes Mordinstrument, welches es genau auf die schreckensbleiche Alverliekin gerichtet hatte. Nun hatte Tilya endlich eine Vorstellung, wer oder was ein Einhorn war. Und sie war alles andere als angetan davon. "Oh, heiliger Drachendreck... helfen Sie mir bitte, Mister Slytherin!" "Ich heiße PROFESSOR  S N A P E, bei Merlin!", kam es ungehalten aus dem Unterholz. "Und ich kann nicht zu Ihnen kommen, in Gegenwart von männlichen Wesen ergreifen Einhörner die Flucht!" "Na, das soll es doch auch!" "Seien Sie nicht albern, es tut Ihnen nichts." "Warum kommt es dann immer näher?" "Es ist neugierig. Und es scheint tatsächlich ein weibliches Wesen in Ihnen zu erkennen, Draug. So befremdlich dies auch für alle Beteiligten sein mag... "I...Ich komme jetzt zu Ihnen rüber, Professor..." "Unterstehen Sie sich!" Tilya wand sich vor Widerwillen, als das Einhorn seine samtigen Nüstern an ihrer Schulter rieb. "Igitt, ich halte das nicht aus! Was, zum Donnerwetter, will dieses haarige Biest von mir?" Langsam platzte Snape der Kragen. "Nun streicheln sie ihm schon endlich die Mähne, das kann doch wohl nicht Ihr Ernst sein, Draug! Stellen Sie sich nicht so an! Fassen Sie dem Tier ins Haar, dann werden ein paar Strähnen an Ihren Fingern hängen bleiben!" "Was verlangen Sie da von mir?", plärrte Tilya, die immer noch hilflos vor dem Einhorn kniete, und schüttelte sich angeekelt. "In diese filzige Matte pack ich bestimmt nicht mit bloßen Händen rein!" Sie nahm ihren Mut zusammen, und rappelte sich auf, um kurzerhand die Flucht zu ergreifen. Das Einhorn schnupperte kurz an ihr, dann warf es sich plötzlich herum, und jagte seinerseits davon. Tilya schlotterten die Knie, als sie sich erleichtert den Angstschweiß von der glänzenden Stirn wischte. Snape stieß einen knurrenden Laut der Verärgerung aus, und tigerte missmutig zu Tilya auf die Lichtung. Wäre diese Landplage doch mal besser auf dem Boden geblieben! Das Einhorn hatte nun nämlich etwas an Tilya bemerkt, was ihm vorher nicht aufgefallen zu sein schien, und dieser Umstand hatte es letzten Endes verscheucht. "Gratulation, Ms Draug", ätzte er. "Damit konnte ja nun wirklich niemand rechnen." "Womit?", fragte die Federhaarige außer Atem. "Dass es tatsächlich jemanden gegeben hat, der entweder so blind und taub oder wahlweise so geschmackfrei war, um Sie von Ihrem Status als unberührte Jungfrau zu entledigen." Tilya schürzte verständnislos die Lippen. "Ich verstehe kein Wort... Aber sehen Sie mal!" Mit spitzen Fingern pflückte sie ein Büschel weißer Haare von einem herunterhängenden Ast, die das Tier bei seiner überstürzten Flucht verloren haben musste. "Pfui, Teufel... Hier... nehmen Sie die Fussel... Sind wir jetzt fertig?" "Noch lange nicht, Draug. Es wartet noch eine Menge Arbeit auf uns..." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)